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Der Spiegel 09-2015 (21.02.2015)

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Der Spiegel 09-2015 (21.02.2015)

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  • Unser Krieg? Deutsche Kmpfer gegen IS-Terror

    Montag um 20.15 Uhr

    Dazu weiter um 21.00 Uhr:

    hart aber fair

    Flchtlingen

    eine Heimat geben

  • Seit 23 Jahren reisen mehr als 20 000 Dele-gierte aus allen Lndern der Erde von Kon-ferenz zu Konferenz, um das Weltklima zu ret-ten ohne Erfolg. Ist das berraschend? Oderzwangslufig? Schlieen sich Kapitalismus undKlimaschutz gegenseitig aus, wie die kanadi-sche Autorin Naomi Klein in ihrem neuenBuch (und im SPIEGEL-Gesprch) behauptet?Ein vierkpfiges SPIEGEL-Team geht diesenFragen in der Titelgeschichte nach: Alexander

    Jung und Horand Knaup sprachen mit Experten in Berlin und Lima, dem Tagungs -ort des jngsten Gipfels, Samiha Shafy lie sich in Louisiana von Indianern vomStamm der Pointe-au-Chien mit dem Boot ber einen Friedhof fahren, der imWasser versunken ist. Peking-Korrespondent Bernhard Zand besuchte die StadtXingtai, zwei Bahnstunden von Peking entfernt und bis vor Kurzem die dreckigsteStadt Chinas. Heute liegt sie an zweiter Stelle. Nicht weil das Klima besser geworden wre Xingtai wurde von Baoding berholt. Seiten 56, 64

    Vergangenen Montag machten sichSPIEGEL-Autor Christian Neef und Fotograf Dmitrij Beljakow auf den Weg indie Ostukraine. Sie wollten die Schlachtum den Eisenbahnknotenpunkt Debalzewebeschreiben. Beide hatten bislang berwie-gend das Gebiet der Rebellen bereist, dieVolksrepubliken Donezk und Luhansk.Diesmal wollten sie die Kmpfe auf derukrainischen Seite verfolgen das Voran-kommen war dort wegen der zahlreichen Checkpoints noch schwieriger. Neefund Beljakow hatten zwar Akkreditierungen frs Kriegsgebiet, aber unterschied-liche Psse. Deutschland gut, riefen die Soldaten, wenn sie Neefs deutschenPass sahen; Beljakows russische Papiere hingegen fhrten zu wtenden Debatten.Putin, argwhnten die Kontrolleure, habe die Separatisten trotz des MinskerWaffenstillstands zu weiterem militrischen Vorgehen ermuntert. Seite 94

    Wenn einer wei, wie man Rckschlge wegsteckt,dann der berlebensknstler Rdiger Nehberg.In der neuen Ausgabe von SPIEGELWissen Richtigscheitern wie Niederlagen zum Erfolg fhren berich-tet er, was das Leben ihn gelehrt hat. Eine Reportageaus dem Silicon Valley beleuchtet das Scheitern-ist-gut-Credo amerikanischer Grnder, das im risikoscheuenDeutschland befremdlich klingt. Daneben erklrt SPIE-GELWissen, mit welchem Rstzeug man Misserfolge inBeruf oder Beziehung berwindet. Das Heft (mit neuerCover-Gestaltung) ist ab Dienstag im Handel.

    Diese Zeichen vom SPIEGEL-Titelbild be-deuten: Junge Leute kommen ohne Emojis

    nicht mehr aus, whrend ltere sich ans Bewhrte klammern. Die Geschichteber den Siegeszug der Bildersprache in Chat-Diensten und E-Mails beginntauf Seite 114.

    5DER SPIEGEL 9 / 2015

    Betr.: Titel, Ukraine, SPIEGELWissen, Emojis

    Das deutsche Nachrichten-Magazin

    Hausmitteilung

    Das deutsche Nachrichten-Magazin

    Shafy in Louisiana

    Neef, Beljakow bei Debalzewe

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  • 6 Titelbild: Montage DER SPIEGEL, Fotos dpa

    Neue Runde imWhrungspokerEurokrise Im Streit um dengriechischen Schuldenberg liegen die Positionen der neuen Athener Regierung und der Geberlnder noch immer weit auseinander. Msste der Krisenstaat aus der Whrungsunion aus -scheiden, wre das ein Fiaskofr Griechenland aber waswrde im Rest Europas pas -sieren? Seite 20

    Aufmarsch derRoboterIndustrie Roboter werden immer schneller, kleiner undklger, sie verndern grund -legend die Produktion in den Fabriken. Deutschland ist eineWeltmacht in der Automatisie-rungstechnik. Doch Konzernewie Google oder Apple steigennun in groem Stil in das Ge-schft ein und spielen ihreSoftware-Power aus. Seite 70

    Frauen hinter GitternFernsehen Die Amerikanerin Piper Kerman hatte eine Elite-Universitt besucht und ein erfolgreiches Leben vor sich. Dochdann geriet sie an einen Drogenring und ins Gefngnis. Aus ihrenErinnerungen wurde die Netflix-Serie Orange Is the New Blackmit Taylor Schilling (o.). Sie handelt davon, wie man als weieMittelschichtsfrau in einem US-Gefngnis berlebt. Seite 126

    Poroschenkos TrmmerlandschaftUkraine Nach der Niederlage im Kessel von Debalzewe sinddie Regierungstruppen massiv geschwcht. Prsident Petro Poroschenko lie Kerntruppen seiner Armee lieber sterben, als die Soldaten rechtzeitig abzuziehen. Trotz des Abkom-mens von Minsk ist der Krieg am Rande Europas noch nichtgestoppt. Seite 94

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    Finanzminister Schuble

  • In diesem Heft

    7DER SPIEGEL 9 / 2015

    Peter Zingler,

    Drehbuchautor, sa zwlfJahre lang im Gefngnis, bevor er mit Fernsehkrimis Erfolg hatte. Seine Autobio-grafie wurde jetzt verfilmt ein Lebensweg, der mit einerharten, elternlosen Kindheitbegann. Seite 86

    Der verliebte Emoji,

    gelb und gut gelaunt, stammtaus Japan, jetzt erobert er dieWelt. Zusammen mit seines-gleichen bildet das Lachge-sicht ein Alphabet der Gefh-le, ohne das kaum noch einChat auskommt. Seite 114

    Naomi Klein,

    Aktivistin und Autorin, for-dert eine Abkehr vom Kapita-lismus, um die Welt vor einerkatastrophalen Erwrmungzu retten: Die physikalischeWahrheit knnen wir nichtverndern, aber die politischeWirklichkeit. Seite 64

    Farbige Seitenzahlen markieren die Themen von der Titelseite.

    Titel

    56 Klimawandel Der verheizte Planet Bestandsaufnahme des kollektiven Versagens vor dem entscheidenden Klimagipfel in Paris

    64 Globalisierung SPIEGEL-Gesprch mitder Autorin Naomi Klein ber den grtenFeind des Klimas: den Kapitalismus

    Deutschland

    12 Leitartikel Warum sich die deutscheParteiendemokratie reformieren muss

    15 Marinehubschrauber nicht seetauglich /CSU stellt Mindestlohn infrage / Grne fr hheren Dieselpreis / Kolumne:Der schwarze Kanal

    20 Euro Was passiert, wenn Griechenland ausder Whrungsunion ausscheidet?

    26 Zeitgeschichte Wie Kanzler Kohl 1990trickste, um Griechenland keine Reparationen zahlen zu mssen

    28 Strom Seehofer pokert um jeden Leitungs-mast und torpediert die Energiewende

    29 Einwurf Was man ber die Beine von FDP-Wahlsiegerin Katja Suding denken darf

    30 Militr Die Regierung will 500 Millionenausgeben, verschleiert aber den Grund

    31 Ermittlungen Wurden Parlamentarier inThringen bestochen?

    32 Quereinsteiger Der Politikprofessor Dietmar Herz berichtet im SPIEGEL-Gesprch ber seine kuriosen Erfahrungenin der Erfurter Landespolitik

    36 Medizin Das unmenschliche Geschft mitSterbenskranken

    39 Religion Wie konservative Christen undrechte Populisten kooperieren

    40 Asyl Das Schicksal minderjhrigerFlchtlinge in Bayern

    42 Berlin Der schwierige Kampf gegen die Htchenspieler

    43 Bildung Sparprogramm in Deutschland griechische Schulen krzen Lehrergehlter

    44 Strafjustiz Schuldig trotz Freispruch: Straburg rgt deutsche Richter

    Gesellschaft

    46 Sechserpack: Zunge raus / Martin-Luther-Figur wird zum Playmobil-Verkaufshit

    47 Eine E-Mail und ihre Geschichte Der ganz alltgliche Antisemitismus

    48 Agrarwende Ein grner Landwirtschafts -minister legt sich mit Massentierhaltern an

    54 Homestory Familirer Kleinkrieg um dieBildschirmzeiten der Kinder

    Wirtschaft

    68 DGB ruft Bahngewerkschaft zur Migungauf / Ex-Politikerduo soll Tarifstreit der Lufthansa schlichten / Volkswagensamerikanischer Albtraum

    70 Industrie Eine neue Roboter-Generationtreibt die Automatisierung voran

    74 Soziales Der DGB will gegen Ausnahmenbei der Rente mit 63 klagen

    75 Infrastruktur Stdte und Kommunen sollenmehr investieren aber wie?

    77 Einzelhandel Unzureichende Kontrollen bei angeblich nachhaltigem Holz

    78 Konzerne Sony sucht verzweifelt Anschlussan die Zukunft

    82 Wohnen Ob die Mietpreisbremse greift,entscheidet sich an einer einzigen Zahl

    Medien

    85 Manipulationen schocken Pressefoto-Jury /Schreibt Bunte von Gala ab?

    86 Autoren In seinen Drehbchern verarbeitet Peter Zingler seine Erfahrungen als ehemaliger Krimineller

    89 Presse Interview mit Wirtschaftswoche-Chefredakteurin Miriam Meckel ber den geplanten Umbau des Magazins

    Ausland

    92 Die iranische Anwltin Nasrin Sotudeber ihre Rolle in dem Film Taxi /Ultraorthodoxe Frauenpartei in Israel

    94 Ukraine Der verzweifelte Kampf um Debalzewe und die Folgen

    98 Dnemark Wie zwei Mnner radikaleDschihadisten auffangen

    102 Libyen Der Islamische Staat baut seinenEinfluss in dem Brgerkriegsland aus

    104 Global Village Ein US-Unternehmer verkauft Luxus-Vans mit integriertem Brooder Spa fr das Leben im Dauerstau

    Sport

    107 Mega-Event Cricket-WM / Prozessauftaktgegen Ex-Fuballprofi Ren Schnitzler

    108 Fuball Wie Trainer Carlo Ancelotti dem tglichen Wahnsinn bei Real Madridbegegnet

    111 Computersport Die weltbesten Spieler locken ein Massenpublikum an

    Wissenschaft

    112 Gefhrliches Sexspielzeug / Hsslich,aber praktisch Triumph der Datenbrille /Petunien als Gentech-PR

    114 Internet Linguisten erforschen Emojis, die bunte, neue Weltsprache der Gefhle

    118 Psychologie Der britische Wissenschafts -autor David Adam hat ein Buch berZwangsstrungen geschrieben vor allember seine eigenen

    120 Umwelt Sgen, Benzin, Giftspritzen wie sich genervte Gartenbesitzer strenderBume entledigen

    122 Tiere Im Mittelalter wurden Schweineoder Hunde vor Gericht gestellt, wenn sieetwas verbrochen hatten

    Kultur

    124 Brief-Hinterlassenschaft des angriffs-lustigen Journalisten Hunter S. Thompson /Frauenprotest in der Trkei wegen der Ermordung einer Studentin / Kolumne:Mein Leben als Frau

    126 Fernsehen Die US-Serie Orange Is the New Black ber die Sitten in einem Frauengefngnis

    132 Kino Julianne Moores Oscar-verdchtigeRolle als Alzheimer-Patientin

    134 Comics Das seltsame Leben des Asterix-Miterfinders Albert Uderzo

    136 Pop Oasis-Grnder Noel Gallagher im SPIEGEL-Gesprch ber Ruhm und Paranoia

    140 Buchkritik Milan Kunderas neuer Roman

    8 Briefe

    129 Bestseller

    142 Impressum

    143 Nachrufe

    144 Personalien

    146 Hohlspiegel/Rckspiegel

    Wegweiser frInformanten:

    www.spiegel.de/

    briefkasten

  • Briefe

    Ein Bauernopfer de luxeNr. 8/2015 In einem Land gleich nebenan Ukraine-

    Krieg: Europas Angst vor dem Flchenbrand

    100 Jahre nach Beginn des Ersten und 70Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegshtte kaum jemand geglaubt, dass so eineKonfrontation noch mal auf unserem Kontinent eskalieren wrde. Interessen,falscher Stolz und Machtstreben auf dereinen Seite, Ohnmacht der Opfer und Vertriebenen auf der anderen Seite. Wasbleibt, ist verbrannte Erde, wofr nur? Rainer Szymanski, Grnheide (Brandenb.)

    Hauptargumentation zur Legitimation desKrieges ist seitens der Separatisten undRusslands der Schutz der russischen Min-derheit vor Diskriminierung und rassisti-schen An- und bergriffen. Meine Frau istethnische Russin aus Donezk, wir warenoft dort. In der Familie sowie im Freun-deskreis gab es bis Anfang 2014 niemalsein Gefhl von Diskriminierung aufgrundeiner russischen Herkunft. Und auch imAlltag gab es keinerlei Probleme oder Ani-mositten zwischen den richtigen Ukrai-nern und der russischen Minderheit.Diese Art von dumpfer Propaganda ist aufniedrigstem Niveau, funktioniert abernach dem Zweiten Weltkrieg immer nochund ist dazu fhig, eine monstrse Mord-maschine in Gang zu setzen (zu halten).Bert Wenzlawski, Oer-Erkenschwick (NRW)

    Nachdem ich die Bundeskanzlerin und denfranzsischen Prsidenten gemeinsam inKiew gesehen habe, fhle ich als in Berlingeborener Wahlsterreicher erstmals so etwas wie Stolz, ein Europer zu sein.Thomas Pierburg, Linz

    Seit dem Friedensvertrag von Brest-Li-towsk von 1918 waren die meisten Abkom-men ber diese Region lediglich Fotogra-fien der aktuellen Machtverhltnisse. MitMinsk II ist das nicht anders. Da kannKiew noch so viel Autonomie gewhren,Putin wird sich die Gebiete nicht wiedernehmen lassen. Eine Lsung wre eineVolksabstimmung unter Uno-Kontrolle. Eswird wohl auf eine Teilung hinauslaufen.Klaus Spiegel, St. Ingbert (Saarl.)

    Die Ukraine wird so oder so immer mitRussland verbunden bleiben. Dazu ist imGroen Vaterlndischen Krieg zu viel rus-sisches Blut fr die Befreiung Kiews undCharkows geflossen.Karl Romstedt, Blankenfelde-Mahlow (Brandenb.)

    Die Revolution des Westteils der Ukraine(offensichtlich durch die USA und die EUuntersttzt) gegen die gewhlte Regierungin Kiew wird letztlich als legitim betrach-tet; die Revolution des Ostteils der Ukraine(eventuell von Russland untersttzt) gegendie dann durch Revolution an die Machtgekommene neue Regierung wird vehe-ment als illegitim betrachtet. Die anschei-nend voreingenommene Haltung des Wes-tens kommt auch darin zum Ausdruck,dass Putin fr alle drei anderen Parteienvon vornherein als Schuldiger feststand.Rainer Trul, Stockach (Bad.-Wrtt.)

    Die Ukraine wird mittelfristig ein Bauern-opfer de luxe. Zu gefhrlich fr den Wes-ten, wenn ein Turm, der Knig oder gardie Dame fallen wrde.Raffaele Ferdinando Schacher, Goldach (Schweiz)

    Nur dann, wenn Putin den Landweg zurKrim erobert hat, kann er sie auch ausrei-chend versorgen. Die Kmpfe werden sichsicher bald nach Sden verlagern. Hans-Martin Kaup, Lage (NRW)

    Die Sowjetunion scheiterte an einer ge-messen an ihrem Herrschaftsanspruch zuschwachen wirtschaftlichen Basis. Jetztmacht Putin denselben Fehler. Je mehrLand er erobert, desto mehr Kostgngerwerden sich an ihn wenden. Die Ukrainesollte sich statt aussichtslos gegen ber-legenes Material zu kmpfen auf ihrenWestteil zurckziehen und mit westlicherHilfe ein blhendes Land aufbauen, sodassdie Separatisten eine Mauer bauen mssen,um ihr Volk zu behalten. Der Rest ist Ge-duld. Wir Deutsche kennen das doch.Martin Stemmrich, Essen (NRW)

    Klar positionierter ArtikelNr. 7/2015 Das neue Gesetz hilft den Prostituierten

    wenig

    Chapeau, Cordula Meyer, fr diesen Leit-artikel, der das einzig vernnftige Modellzur Prostitution propagiert, nmlich dasnordische Modell.Isabel Busch, Bonn

    Sie bringen in wenigen Zeilen alles aufden Punkt, was es zum System Prostitutionund dem neuen Gesetz zu sagen gibt. Sarah Rubal, Rodgau (Hessen)

    Selten wenn berhaupt ist in der deut-schen Mediendebatte der schwedischeDenkansatz zur Prostitution so zutreffendzusammengefasst worden wie hier. Christian Berg, Schwedische Botschaft, Berlin

    Die Legalisierung der Prostitution hat ein-deutig ihr Ziel verfehlt, aber man kannimmer noch die Richtung ndern. Ein Ver-such wre es wert, denn schlimmer kannes hier diesbezglich nicht mehr werden. Isabelle Terrones, Hrth (NRW)

    Ihr Vorschlag fhrt schlichtweg dazu, dassbigotterweise alle Mnner, die Prostituierteaufsuchen, kriminalisiert werden es seidenn, sie gehen ins Ausland, wo sicherlichgenau deswegen der brutale Menschen-handel noch verstrkt blhen wird. Dr. Jrgen Broschart, Hamburg

    Eine gesellschaftliche Aufwertung derProstitution, eine Entkriminalisierung undVerbesserung der Arbeitsbedingungen vonProstituierten sind dringend erforderlich.Ich hoffe sehr, dass wir diese Form derDienstleistung irgendwann als das akzep-tieren, was es ist: ein ehrliches Geschft.Dr. Sven Thomsen, Essen

    Gewalt gegen Frauen und die Ausbeutungvon Prostituierten wird man am besten be-kmpfen knnen, wenn Prostitution legalist und die rechtliche Position von Prosti-tuierten gegenber ihrem Zuhlter so starkist wie die von anderen Arbeitnehmern. Peter Schneider, Berlin

    ber den klar positionierten Artikel habeich mich sehr gefreut, insbesondere weil diemeisten groen Wochenzeitungen um dasThema herumeiern oder gar den Sexkaufund die damit verbundenen Grausamkeitenverharmlosen beziehungsweise ignorieren.Dr. Renate Walther, Mhl Rosin (Meckl.-Vorp.)

    8 DER SPIEGEL 9 / 2015

    Mir kommt ein alter Spruch in den Sinn: Eine Unze Frieden ist mehr wert als eine Tonne Sieg.Lis Jger, Mauer (Bad.-Wrtt.)

    Lcherliche BehauptungenNr. 3/2015 Das Regime von Baschar al-Assad hat die

    Plne fr den Bau einer Atombombe nicht aufgegeben

    Mohammad Javad Zarif, der Auenminis-ter der Islamischen Republik Iran, hat er-klrt, dass uns derartige Behauptungen lcherlich erscheinen. Sie werden meistaufgestellt, um Angst vor den friedlicheniranischen Atomprogrammen zu verbrei-ten, obwohl Iran mehrmals erklrt hat,dass es niemals von der friedlichen Nut-zung der Nuklearenergie abweichen wird.Warum werden in dem Artikel andere Ln-der der Region, die 200 atomare Spreng-kpfe besitzen und eine Bedrohung fr dieWelt darstellen, nicht erwhnt?Huschang Mohammadi, Botschaft Iran, Berlin

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  • Briefe

    An den Haaren herbeiziehenNr. 7/2015 Der Tod von Tue Albayrak was in der

    Nacht wirklich geschah

    Ihr Artikel liest sich leider so, als wre alldas nur eine Verkettung unglcklicher Um-stnde gewesen: Htten die Mdchen kei-ne zu groe Klappe gehabt, htten sie sicheinfach getrollt, statt vor dem Restaurantnoch eine Zigarette zu rauchen, htteTue keinen Ohrring getragen, ja danngbe es sie noch. Mit Verlaub: Da machtsich der vermeintliche Intellekt des Autorszum Bttel des Tters, der Worten nur gro-be Ttlichkeiten entgegenzusetzen hatte.Christian Stempfle, Mnchen

    Selbst die widerlichste sexuelle Beleidi-gung der Mutter des Tters schmlert dieSchuld von Sanel M. nicht im Geringsten.Man muss Beleidigungen aushalten kn-nen, und wer beleidigt und emotional ver-letzt, hat trotzdem das Recht auf physischeUnversehrtheit. Insofern bleibt der Tterder Tter und das Opfer das Opfer und Sanels Schuld unvermindert.Ulli Berger, Herrenberg (Bad.-Wrtt.)

    Man sollte nicht jedes unbedeutende De-tail im Umfeld der Opfer zur Entlastungder Tter an den Haaren herbeiziehen.Ohne den finalen Schlag des Sanel M. wreTue eindeutig noch am Leben. In einemzivilisierten Land sollte es immer mglichsein, dass auch junge Frauen nach einernchtlichen Sause wieder unverletzt nachHause kommen. Selbst wenn sie frech sindund nicht klein beigeben wollen.Wolfgang Schmidt, Lage (NRW)

    Die Berichterstattung begnstigt mittler-weile eine regelrechte chtung von Leutenmit Nahrungsmittelunvertrglichkeiten. Ichentschuldige mich hier mal fr alle, die je-mandem, der das Glck hat, alles essen zuknnen, durch ihren Verzichtswahn dieSonne ein Stck verdunkelt haben.Andrea Mller, Bretten (Bad.-Wrtt.)

    10 DER SPIEGEL 9 / 2015

    Lachen Sie nicht ber unsNr. 7/2015 Das Geschft mit der Angst vor dem

    falschen Essen

    Gut zwei Drittel meiner Patienten geht esdeutlich besser, nachdem sie konsequentihre Ernhrung umgestellt haben. Das Pro-blem in der Behandlung der Nahrungsun-vertrglichkeiten besteht in der Diagnostik.Und die Krux liegt in der Ernhrungsbera-tung, denn ohne Beachtung der versteck-ten Nahrungsmittel und ohne beharrlicheUmsetzung wird der Erfolg fraglich.Dr. med. Antonius Pollmann, Hamburg

    Ich bin auf einem Bauernhof gesund grogeworden. Dass sich bei mir jemals eineLaktoseintoleranz einstellen wrde undich feststellen msste, dass Weizen in mei-ner Ernhrung zu Darmentzndungenfhrt darber htte ich frher herzhaftgelacht. Bis ich es am eigenen Leibe er -lebte und jahrelang litt. Nach einer selbstverordneten Eliminationsdit bin ich be-schwerdefrei. Deshalb: Lachen Sie nichtber uns es knnte auch Sie treffen!Anne-Kathrin Schulze, Ehra-Lessien (Nieders.)

    Hervorragende ArbeitNr. 7/2015 Christoph Maria Frhder legt sich mit der

    Tagesschau an

    Mit seiner Pauschalkritik geht Frhder zuweit. Natrlich gibt es Bedenkentrger undVerhinderer im Journalismus. Unertrglichauch die Parteimitgliedschaften ffentlich-rechtlicher Journalisten, die der Karriereoft dienlicher sind als fachliches Knnen.Doch Frhder ist lange genug im Geschftund wei natrlich: Tagesschau und Ta-gesthemen sind keine investigativen Ma-gazine, sondern Informationssendungen.Insofern: nichts gegen Faktenvermittlung.Ich halte die dort geleistete Arbeit oft frhervorragend. Und warum dieser Rund-umschlag gegen das System der ARD-Korrespondenten? Andere Sender und Zei-tungen haben auch Korrespondenten mitfestgelegten Berichterstattungsgebieten.Reinhard Behm, ehem. ARD-Korrespondent, Frankfurt a. M.

    Ein Lob fr den SPIEGEL, dass Herr Frh-der ein Podium fr seine Kritik bekommt. Renate von Trne, Bad Elster (Sachsen)

    Tarnen der SchildkrtenkehleNr. 7/2015 Politik ohne Schlips

    Die Krawatte ist in Ungnade gefallen, weildie meisten beim Hemdenkauf vergessen,dass der Hals mit der Zeit dicker und derKragen enger wird. Daher der Befreiungs-schlag. So kommt es zu schief sitzendenKragen und herausquellendem Brusthaar.Mnner: Kauft richtig sitzende Hemden.Jrgen Martin, Eching (Bayern)

    Die meisten Verantwortungstrger sindreiferen Alters. Fr sie gilt der Grundsatz:Alte Mnner haben hssliche Hlse. Siehaben allen Grund, ihre Schildkrtenkeh-len mittels Krawatten zu tarnen.Dr. Alfred Troesch, Zollikon (Schweiz)

    Die krawattenlose Praxis in der hohen Poli -tik wirkt auf mich wie eine unangemesse-ne Anbiederung an das einfache Volk. Vonden Politikern erwarte ich nicht nur, dasssie ihrer Verantwortung gerecht werden,sondern auch, dass sie wenigstens ein Min-destma an bella figura ausstrahlen.Dr. Jrg Rengel, Berlin

    Die Redaktion behlt sich vor, Leserbriefe ge-

    krzt und auch elektronisch zu verffent lichen:

    [email protected]

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    20 preisgekrnte Meisterwerke auf DVD und Blu-ray

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    Aviator Chicago Die durch die Hlle gehen

    Der englische Patient Der ewige Grtner

    Good Will Hunting Gottes Werk und Teufels Beitrag

    Leaving Las Vegas Das Leben ist schn

    Der letzte Kaiser Million Dollar Baby

    Das Piano Pulp Fiction Die Reifeprfung

    Die Reise der Pinguine There Will Be Blood

    Tiger & Dragon Der Beginn einer Legende

    Zimmer mit Aussicht

  • Der Tter ist

    in uns allen.Schuld nach Ferdinand von Schirach

    Mit Moritz Bleibtreu als Anwalt Kronbergfreitags | 21:15 Uhr im ZDF

  • In Artikel 21 des Grundgesetzes steht ein schlichter, klarerSatz: Die Parteien wirken bei der politischen Willensbil-dung des Volkes mit. Er ist eine Lehre aus der WeimarerRepublik, die auch an der Verachtung fr die Parteien zu-grunde gegangen war. Gerade weil die Verfassungsvter woll-ten, dass die Parteien den demokratischen Streit organisieren,gewhrten sie ihnen das sogenannte Parteienprivileg. DieParteien haben ihre Chance genutzt, so viel kann man heutesagen allerdings anders als gedacht.

    Im Jahr 2013 erhielten sie 153 Millionen Euro an staatlichenZuwendungen. Wer Abteilungsleiter in einem Ministeriumwerden will oder von einer Karriere als Richter trumt, tutgut daran, sich rechtzeitig das richtige Parteibuch zu besorgen.Krzlich durfte der bayerische Finanzminister Markus Sderbei einem Gastauftritt in einerFernsehsoap des BayerischenRundfunks erklren, warum ereine ganz dufte Politik macht.An Politiker in Vorabendserienhatte der Parlamentarische Rateher nicht gedacht, als er Arti-kel 21 verfasste.

    Es ist Zeit, die Privilegien derParteien zu beschneiden. DieKlage ber den Staat als Beuteder Parteien ist nicht neu. Neuallerdings ist, dass die Kluft zwi-schen der Machtanmaung derParteien und ihrem Wert fr dieDemokratie immer grer wird.

    Die Wahlen in Hamburg sinddafr ein gutes Beispiel. Dortgewann nicht die SPD, sondernein Mann namens Olaf Scholz.Die SPD war fr Scholz nur dasInstrument zur Organisation desWahlkampfs. Im Bund sieht esnicht anders aus. Angela Merkelhat die CDU nach ihrem Willen geformt, die Partei ist fr dieKanzlerin die Formation zur Komplettierung ihrer Macht.

    Natrlich ging es bei Wahlen in Deutschland immer auchum Personen. Aber die Parteien gaben jahrzehntelang dieLeitplanken vor, die Kandidaten nicht durchschlagen durften.Das hat sich verndert. Die SPD bekam von Gerhard Schrderdie Agenda 2010 verordnet, Merkel rckte die CDU so weitnach links, dass das Programm ohne groe nderungen aufeinem SPD-Parteitag angenommen wrde. Alles tummeltsich jetzt in der Mitte.

    Das ist nicht verboten. Aber die groen Volksparteien han-deln so gegen den Geist des Grundgesetzes; sie organisierennicht den Kampf der Ideen, sondern bilden die Kulisse frdie Auftritte ihrer Spitzenleute. Sie verkommen zu staatlichsubventionierten Event-Agenturen.

    Die Brger haben aus dieser Entwicklung eine verstnd -liche Konsequenz gezogen: Sie engagieren sich nicht mehr in

    den Parteien. Warum sollten sie Zeit und Energie investieren,wenn ihre Meinung am Ende doch nicht gefragt ist? In denvergangenen 20 Jahren hat die SPD fast die Hlfte ihrer Mit-glieder verloren, bei der CDU sieht es nicht viel besser aus.

    Die Privilegien der Parteien waren gerechtfertigt, solangesie lebendige Organismen waren und als Bindeglied zwischenden Regierenden und den Regierten dienten. Es ist kein Zufall, dass die SPD ihre Bltezeit unter Willy Brandt er -lebte, der versprach, mehr Demokratie zu wagen. Damalsstrmten Zehntausende junge Menschen in die SPD. In -zwischen sind die Parteitage von CDU und SPD nur nochdie Simu lation von Teilhabe. Artikel 21 ist nicht mehr die Basis einer Parteiendemokratie, sondern das Alibi fr denMachtmissbrauch der Parteien.

    Deshalb muss sich das Partei-ensystem reformieren. Es istskandals, dass die Parteien beider Bundestagswahl ber dieListenaufstellung einen derartgroen Einfluss auf die Zusam-mensetzung des Parlaments haben. Mehr als die Hlfte der631 Bundestagsabgeordnetenverdankt ihren Sitz den Partei-en, nicht dem Votum des Br-gers. Entsprechend hrig sinddiese Parlamentarier, wenn dieFhrung Gefolgschaft verlangt.

    Es gibt Wege, das zu ndern.Die Parteien knnten die Kan-didatenaufstellung fr Brgerohne Parteibuch ffnen, wie dasbei den Prsidentschaftswahlenin den USA lngst blich ist. Inmanchen deutschen Bundesln-dern ist es Tradition, dass dieWhler mit ihrer Stimme dieKandidatenlisten der Parteien

    verndern knnen. Das muss auch im Bund mglich sein.Helfen wrde auch mehr Transparenz: Wie kann es sein, dassdie Richter fr das Bundesverfassungsgericht in einem geheimtagenden Gremium berufen werden, in dem nur eine Regelgilt: Whlt ihr heute unseren schwarzen Kandidaten, berufenwir morgen euren roten? In den USA mssen sich die Kandi-daten fr den Supreme Court wenigstens einer ffentlichenAnhrung stellen.

    Und der ffentliche Rundfunk muss aus dem Klammergriffder Parteien befreit werden. In Deutschland konnte der Spre-cher von Angela Merkel direkt Intendant des BayerischenRundfunks werden. Fllt das unter den Begriff Staatsferne?

    Die Parteien mssen sich in den Dienst der Demokratiestellen, das ist die Idee des Grundgesetzes. Sie sollten derOrt der politischen Debatte sein. Wenn sie nur noch den Auf-stieg ihrer Funktionre befrdern, haben sie ihre Privilegienverspielt. Ren Pfister

    12 DER SPIEGEL 9 / 2015

    Ein Mann namens ScholzBeispiel Hamburg: Weil Personen Wahlen entscheiden, sollten Parteien ihre Privilegien verlieren.

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  • dann Mnchen und Passaufolgen, Eichsttt 2017. InRottenburg-Stuttgart brau-che die Bewertung der Immobilien noch Zeit,ebenso in Mnster. AndereDizesen publizieren ihrVermgen bereits mehroder weniger detailliert darunter Augsburg, Bam-berg, Berlin, Essen, Hildes-heim, Limburg, Mainz undTrier. Besonders transpa-rent zeigen sich die Dize-sen Osnabrck und Speyer:Sie schlsseln ihren Besitzgetrennt nach Bistum, Bi-schflichem Stuhl, Dom -kapitel und Versorgungs -

    kassen auf. Fr 2013 kamSpeyer auf eine Gesamt-summe von rund 445 Millio-nen Euro, Osnabrck aufetwa 287 Millionen Euro.Wrzburg gab dagegen an,dass eine Bewertung desGesamtvermgens nach einer tausendjhrigen Ge-schichte des Bistums mitzahlreichen Rechtstrgernnicht mglich sei. ZweiBistmer haben die Anfra-ge nicht beantwortet. Alsder SPIEGEL 2010 schoneinmal nach den Verm-genswerten fragte, verwei-gerten 25 von 27 Dizesendie Auskunft. sr, was

    Ein internes Gutachten des Luftfahrtamtsder Bundeswehr warnt davor, dass derneu zu beschaffende MarinehubschrauberMH90 nicht ber Nord- und Ostsee ein -gesetzt werden drfe, lege man die inter -national gltigen Bestimmungen zugrun-de. Der Helikopter erreiche danach ledig-lich die Flugleistungsklasse 3. Damit sind unter anderem Starts und Landungenin dicht besiedeltem Gebiet sowie medizi -nische Noteinstze untersagt, und der Betrieb einer Rettungswinde ist nur einge-schrnkt zugelassen. Vor allem aber sei der Betrieb ber Gebieten mit schwie -rigen Umgebungs bedingungen nicht erlaubt, schreiben die Beamten des Luft-fahrtamts. Als solches Gebiet ist auch das

    offene Meer nrdlich des 45. Breitengra-des definiert also auch die Nord- undOstsee. Dort sollen die Marinehubschrau-ber vor allem eingesetzt werden. Die Be-amten raten dringend davon ab, sich mitAusnahmeregelungen ber die internatio-nalen Sicherheitsstandards hinwegzuset-zen. Fr ein neu zu beschaffendes Luft-fahrzeug in der Grenklasse des MH90drften keine Ausnahmen notwendigsein. Die 18 Hubschrauber sind Teil einesBeschaffungsvertrags ber 168 Helikopterim Wert von rund 8,5 Milliarden Euro.Kommende Woche will sich Verteidigungs-ministerin Ursula von der Leyen (CDU)trotz der internen Warnungen den Dealvom Parlament genehmigen lassen. gt

    15DER SPIEGEL 9 / 2015

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    Ein Impressum mit dem Verzeichnis der Namenskrzel aller Redakteure finden Sie unter www.spiegel.de/kuerzel

    Bundeswehr-Helikopter

    Rstung

    Marinehubschrauber nicht seetauglich

    Soziales

    CSU will Mindest-lohn zurckdrehenDie CSU stellt grundlegendeElemente des Mindestlohn-kompromisses der GroenKoalition infrage. In einemSchreiben an Bundessozialmi-nisterin Andrea Nahles (SPD)fordert die Chefin der Lan-desgruppe im Bundestag, Ger-da Hasselfeldt, schnellstmg-lich Nachbesserungen undnderungen, die allen Betrof-fenen Rechtssicherheit garan-tieren und brokratische Be-lastungen auf das absolut Not-wendige reduzieren. Bis alleUnklarheiten beseitigt sei-en, solle die Kontrolle berdie Einhaltung der Dokumen-tationspflichten ausgesetztwerden. Hasselfeldt nenntneun Korrekturwnsche. Siefordert unter anderem, Mini-jobs aus der Dokumentations-pflicht zu entlassen und denAufzeichnungszwang auch injenen Branchen zu lockern,die als besonders anfllig frSchwarzarbeit gelten. Dafrmsse die Gehaltsschwellevon 2958 auf 1900 Euro sin-ken. Auerdem will die CSUmehr Praktika vom Mindest-lohn ausnehmen und dieAuftraggeberhaftung frBetriebe beschrnken, wenndiese Subunternehmer be-schftigen. In SPD-Kreisenwird das als Affront und Abkehr von den Vereinbarun-gen zum Mindestlohn gewer-tet. mad, cos

    Katholische Kirche

    Bistmer enthllenVermgenNach der Transparenzoffen -sive des Erzbistums Kln,das am Mittwoch erstmalssein Milliardenvermgen verffentlichte, wollen 13 weitere deutsche Dize-sen nachziehen. Das ergabeine SPIEGEL-Umfrage beiden 26 brigen Erzbistmernund Bistmern. Demnachwollen Aachen, Dresden,Grlitz, Hamburg, Freiburg,Fulda, Magdeburg und Pader-born noch in diesem JahrZahlen vorlegen. 2016 wollen

    Klner Dom

  • Mindestlohn und die Arbeits-stttenverordnung. Das istnicht unsere Agenda. DieCDU muss stattdessen diePartei sein, die die digitaleUmwlzung unserer Wirt-schaft entschieden als Chancebegreift. Wann gibt es end-lich freies WLAN, wann diebessere Frderung von Wag-niskapital? Im Jahr 2015 mussda mal was passieren!SPIEGEL: Ihre Konkurrenz amrechten Rand, die AfD, setztlngst auf andere Themenund instrumentalisiert dieAngst vor Flchtlingen. Hatdie CDU das Thema unter-schtzt?Spahn: Die AfD wird stark,weil die Politik nicht konse-quent ist. Die Brger nehmen

    genau wahr, dass viele, derenAntrag auf Asyl abgelehntwurde, trotzdem in Deutsch-land bleiben. Es reicht nicht,immer nur zu sagen: Wir haben das Gesetz zu den si-cheren Drittstaaten gendert.Dadurch allein reist noch niemand aus. Wir mssenAusreisepflichtige konse-quent zurckschicken, sonstdroht die Akzeptanz in derBevlkerung fr die Flchtlin-ge, deren Leben wirklich be-droht ist, verloren zu gehen. SPIEGEL: Die CDU soll alsowieder als Law-and-Order-Partei Profil gewinnen?Spahn: Nein, wir gewinnenProfil als Partei von Ma undMitte. Wir stehen zwischenden linken Multikulti-Gut-

    menschen und den Rechts -populisten von Pegida undAfD. Machen wir uns nichtsvor: Zuwanderung aus isla -mischen Lndern verndertin Teilen das Klima in unse-rem Land. Wenn ich mit meinem Freund durch Berlingehe, muss ich mir auf ein-mal wieder dumme Sprcheanhren, weil ich schwul bin.Mdchen sollen nicht am ge-meinsamen Schwimmunter-richt teilnehmen drfen. Undauf deutschen Straen hrenwir wieder Sprche wie Ju-den ins Gas und die kom-men nicht nur von Neonazis.Wir haben auch Antisemitis-mus importiert. SPIEGEL: Was kann die Politikdagegen tun?Spahn: Es gilt die klare An -sage: Auf unsere Werte wieGleichberechtigung und Freiheit gibt es keinen Rabatt.Viele der Zugewandertenschtzen ja genau diese Frei-heit. Wer aber unsere offeneGesellschaft fr verdorbenund verweichlicht hlt oderwer in einem Gottesstaat leben will, dem kann ich ein-fach nur sagen: Geh und suchdir ein anderes Land.

    Interview: Peter Mller

    kologie

    Grne fr hheren Dieselpreis

    Namhafte Grne wollen wegen des billigenRohls den Preis fr Dieselkraftstoff anheben. Ernsthafter Klimaschutz mussauch unbequeme Wege gehen, heit es in einem gemeinsamen Papier des poli -tischen Bundesgeschftsfhrers MichaelKellner und der Bundestagsabgeordnetenund Klimaexpertin Annalena Baerbock.Wenn wir Grne weiter Treiber in der Kli-mapolitik sein wollen, dann gilt es, die Diskussion ber Preise, die auch die ko -

    logische Wahrheit sagen, wieder strker zu thematisieren, schreiben sie. Deshalb pldieren die Grnen-Politiker fr ein Ende der Besserstellung von Diesel gegenber Benzin, vor allem weildie Verbrennung von Diesel mehr CO2freisetzt. Auerdem soll unter anderemdie Steuerbefreiung fr Kerosin in Deutsch-land ab geschafft werden. Gleichzeitig wollen die Grnen-Politiker Bahnfahrtensteuerlich frdern. flo

    16 DER SPIEGEL 9 / 2015

    Deutschland

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    Parteien

    Importierter Antisemitismus

    Jens Spahn, 34,

    ist einer der profi-

    liertesten jnge-

    ren Politiker der

    Union. Im vergan-

    genen Dezember

    setzte sich der

    Bundestagsabge-

    ordnete aus dem Mnsterland

    in einer Kampfkandidatur bei

    der Wahl ins CDU-Prsidium

    durch.

    SPIEGEL: Herr Spahn, dieCDU-Fhrung versucht dasDesaster bei der Hamburg-Wahl kleinzureden. Magere16 Prozent fr die Union, ist das wirklich nur ein regio-nales Ergebnis?Spahn: Es ist ein unerwartetbitteres Ergebnis. Klar, gegenOlaf Scholz als sehr beliebtenBrgermeister war es echtschwer. Aber wir mssen unsschon die Frage stellen, wa-rum in den Bundes lndernmittlerweile die Grnen anmehr Regierungen beteiligtsind als die Union. SPIEGEL: Sobald der Kanzler-bonus wegfllt, sieht es dster aus fr die CDU.Spahn: Die Landtagswahlenzeigen jedenfalls, dass sichgute Umfragen im Bund nichtautomatisch auf die Lnderbertragen. Wir mssen abseits von Personen strker herausstreichen, wofr wirstehen, erst recht in dieserGroen Koalition. Das giltfr die Wirtschaftspolitik,aber auch fr Themen wieAsyl, Integration und InnereSicherheit. Die bewegen dieMenschen derzeit enorm.SPIEGEL: Das Dumme ist nur,dass heute keiner mehr sorecht wei, wofr die CDUsteht.Spahn: Wir haben die richti-gen Themen und Werte, mssen die aber auch strkernach auen tragen. Ein Bei-spiel: Auf unserem Parteitagim Dezember haben wir end-lich wieder die Wirtschafts -politik in den Fokus genom-men. Und worber diskutie-ren wir zum Jahresauftakt?ber einen brokratischen Abschiebung von Flchtlingen

  • AfD

    Rechte unerwnscht

    Die nationalkonservative Alternative fr Deutschland(AfD) will zwei prominenteNeumitglieder loswerden. Dabei handelt es sich um denrechten Verleger Gtz Ku -bitschek und dessen EhefrauEllen Kositza aus dem Lan-desverband Sachsen-Anhalt.Kubitschek war Hauptrednerbeim Aufmarsch der Leipzi-ger Legida-Bewegung, wo erPolitiker als Maulwerkerschmhte und forderte: Wirmssen dafr sorgen, dassdieses Land unser Landbleibt. Seine Frau beklagteim ZDF, sie sei aus Offen-

    bach geflohen, weil es dortin der Innenstadt schon 90 Prozent Auslnder gebe.AfD-Chef Bernd Lucke be-teuert stets, seine Partei habeein ausgeklgeltes Aufnahme-verfahren, das eine Unter-wanderung durch Rechte verhindere. Dieses hat offen-bar an der Basis versagt. DieAfD-Fhrung hat nun erst-mals von einem neuen Rechtaus der Parteisatzung Ge-brauch gemacht: Nachdemder Bundesvorstand ber dieMitgliedsantrge Kenntnis erlangte, hat er den Antrgenfristgerecht widersprochen,sagt Vorstandsmitglied Patricia Casale, damit sindsie abgelehnt. ama

    17DER SPIEGEL 9 / 2015

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    Manchmal frage ich mich, was inden Kpfen von Leuten vorgeht,wenn sie in die Wahlkabine gehen, um ihr Kreuz zu machen.Tausend Whler, die am Sonntagin Hamburg fr die AfD gestimmthaben, waren vorher fr die Gr-nen, wie die Meinungsforscher he-rausgefunden haben. Dass jemandvon der CDU zur AfD wechselt,liegt auf der Hand. Beide Parteien

    werben schlielich damit, dass ihnen das Konservativeam Herzen liegt. Auch die vielen Stimmen aus dem Lagerder SPD lassen sich so erklren. Aber was bringt jeman-den dazu, von der grnen Regenbogentruppe zur Parteides strengen Herrn Lucke zu wechseln? Ist es Selbsthass?Will er seinen Mitgrnen einen Denkzettel verpassen?Oder hat er einfach die Nase voll von Politik und meint,dass es eh egal ist, wen er whlt?

    Je erfolgreicher die AfD ist, desto fter taucht jetzt dieFrage auf, warum Menschen berhaupt AfD whlen. Esgibt da verschiedene Erklrungen. Fr den CDU-General-sekretr besteht die AfD vor allem aus Leuten, die sichnach der vermeintlich heilen Welt der alten Bundes -republik zurcksehnen. In der Frankfurter Allgemeinenwiederum habe ich gelesen, dass AfD-Whler Besitz-standspopulisten seien, wie in dem Artikel Menschen ge-nannt wurden, die an ihrem Wohlstand hngen und nunbefrchten, dass alles den Bach runtergeht. Beide Motiveklangen so, als ob man sie besser nicht laut nennen sollte.

    Ich persnlich denke gern an die heile Welt unter Helmut Kohl zurck. Als das Nostalgiebuch GenerationGolf auf den Markt kam, in dem von den Karottenhosenbis zur Popper-Tolle noch einmal alles von damals auf -lebte, gehrte ich zu den Erstkufern. Ich wei auchnicht, was an Besitzstandspopulismus schlimm sein soll.Nur Masochisten oder sehr altruistisch veranlagte Men-schen knnen es gut finden, wenn sich ihr Wohlstand auf-lst. Die meisten Leute tun viel, um ihren Lebensstan-dard zu halten. Man kann sogar sagen, dass unser ganzesWirtschaftssystem darauf basiert.

    An der AfD verstehe ich nicht, warum sie stndig gegenMenschen stnkern muss, nur weil diese an Allah statt an Gott glauben. Die AfD-Jugend wirbt mit vier krftigenjungen Mnnern, die versprechen, mit der Kuscheljustizin Deutschland aufzurumen. Auf einem anderen Plakatsieht man fnf Frauen im Bikini, die gegen zu viel Gleich-macherei im Geschlechterverhltnis sind. Man kann demIslam alles Mgliche vorwerfen, aber Kuscheljustiz zhlt definitiv nicht dazu. Auch was die Gleichmacherei angeht,ist die muslimische Welt gegen Verirrungen gefeit.

    Mein Problem mit der AfD ist nicht, dass sie zu konser-vativ ist. Ich bin auch gegen Kuscheljustiz. Mir ist sie ein-fach zu pietistisch veranlagt. Das evangelische Pfarrhaushat schon bei der Grndung der Grnen eine wichtigeRolle gespielt. Jetzt hat es uns Bernd Lucke und FraukePetry beschert, was einer der Grnde sein mag, warumsich Whler der kopartei zur AfD hingezogen fhlen.Leider sind Pietisten in der Politik oft furchtbare Nerven-sgen, auch das haben die Grnen zur Genge bewiesen.

    An dieser Stelle schreiben Jan Fleischhauer und Jakob Augstein im Wechsel.

    Jan Fleischhauer Der schwarze Kanal

    Aus dem PfarrhausVerteidigung

    Kein Geld fr Airbus

    Im Streit mit Airbus hlt dasVerteidigungsministeriumeine Zahlung von gut 500 Mil-lionen Euro als Faustpfandzurck. Hintergrund sind dieLieferprobleme beim neuenBundeswehr-TransportfliegerA400M. Die Auszahlung derSumme war eigentlich fllig,weil Airbus eine Entschdi-gung fr erst erteilte, spteraber zurckgezogene Auftr-ge zusteht: Die Bundeswehrnimmt statt der geplanten 180 nur 143 Eurofighter-Kampfjets ab, die ebenfallsvon Airbus mit hergestelltwerden. Dennoch stoppteRstungsstaatssekretrin Katrin Suder die Kompensa -tionsleistung. Sie will dieSumme mit eigenen Forde-rungen an Airbus verrechnen,

    die sie wegen der Liefer -verzgerung bei der A400Merhebt. Von der dringend er-warteten Transportmaschinesollten 2015 laut Plan fnfStck an die Bundeswehrbergeben werden. Da esaber beim Bau des Rumpfsneue Probleme gibt, ist frag-lich, ob in diesem Jahr ber-haupt ein A400M geliefertwird. Gegenber Bundestags-abgeordneten sagte Suder,die Verzgerungen htten zueinem Vertrauensverlust gegenber Airbus gefhrt;das Ministerium wolle nunhart ber Ausgleichszahlun-gen verhandeln. General -inspekteur Volker Wiekerkndigte an, dass die jahr-zehntealten Transall-Trans-portflugzeuge wegen der Probleme bei der A400M biszum Ende des Jahrzehntsweiterfliegen sollen. mgb

    Airbus A400M

  • Der Augenzeuge

    Karneval ist nichts fr FeiglingeGerhard Baller, 64, engagiert sich seit 1995 beim Braunschwei-

    ger Karneval, seit knapp drei Jahren ist er als Zugmarschall

    fr den Umzug zustndig. Nach einer Terrorwarnung musste er

    den berhmten Schoduvel absagen.

    Es war alles startklar am Karnevalssonntag: Das Wetterstimmte, die Stimmung war super, 121 Wagen mit den tollsten Motiven standen bereit. Um zehn Uhr bekam icheinen Anruf aus dem Polizeiprsidium, keine zehn Minu-ten spter sa ich gemeinsam mit dem Oberbrgermeisterund Leuten vom Staatsschutz in einer Besprechung. Diesagten: Es habe eine Terrorwarnung gegeben, der Umzugmsse abgesagt werden, die Entscheidung sei alternativlos.

    Ich dachte: Das darf nicht wahr sein. Meine Knie habengezittert, mein Kopf war leer, ich habe geweint. Ich binnicht so hart veranlagt, ich stecke das nicht einfach weg.Ein Jahr lang haben wir fr den Umzug gearbeitet, unddann wurden wir um den Lohn betrogen! An die nchstenStunden kann ich mich kaum erinnern. Ich wei aber, dassin Braunschweig eine gespenstische Stimmung herrschte.An Karneval tobt in den Straen normalerweise das Le-ben, diesmal war die Stadt wie ausgestorben. Sonst feiernwir bis sptabends in der Stadthalle, aber an diesem Sonn-tag war sie fast leer. Ich lag um neun Uhr abends im Bett.

    Einen Tag spter hatte ich den schlimmsten Schockberwunden. Aber Braunschweig hat sich verndert: Wirwissen jetzt, dass wir verletzlich sind. Zum Glck habe ichnette Nachrichten aus der ganzen Welt bekommen, jederhat die Absage verstanden. Wie auch nicht? Man stellesich vor, es wre tatschlich etwas passiert!

    Jetzt geht es um Schadensbegrenzung. 30 Tonnen Sig-keiten sind brig geblieben, und ich kmmere mich da-rum, dass unter anderem 60000 Waffeln an Kindergrtenund Schulen in Braunschweig und Umgebung verteilt wer-den. Einiges geht auch in die Ukraine, in das trkisch-kur-dische Grenzgebiet und an ein Kinderheim in Rumnien.Viel frische verderbliche Ware musste an den Tafeln frBedrftige vorbei entsorgt werden. Der finanzielle Scha-den ist noch nicht absehbar, aber ich bin Optimist, da wer-den wir schon heil rauskommen.

    Karneval ist nichts fr Feiglinge, das steht fest. Es machtzwar Angst, nicht zu wissen, wer der Gegner ist. Doch die Lehre muss trotz allem sein: Wir drfen nicht hassen.Uns bleibt jetzt ein Jahr, um Kraft zu tanken. Und dernchste Schoduvel wird wieder grandios. Zum ersten Malwerden unsere muslimischen Mitbrger mit einem Wagendabei sein und als kostmierte Radengel, die den Zugbeschtzen. Aufgezeichnet von Anna-Lena Roth

    Zeitgeschichte

    Tote im Kalten Krieg

    Der Kalte Krieg ist inDeutschland brutaler gefhrtworden als bislang bekannt.Das zeigt eine Studie des Historikers Enrico Heitzer(Bhlau Verlag) ber dieKampfgruppe gegen Un-menschlichkeit e.V. (KgU).Die KgU wurde 1948 gegrn-det und prsentierte sich als humanitre Organisation,die Menschenrechtsverletzun-gen in der DDR dokumen -tierte und Opfern des SED- Regimes half. Ihr Schwer-punkt (Heitzer) lag jedochwoanders: Sie unterhielt einSpionagenetz mit mehrerenHundert V-Mnnern, verbteSabotageakte in der DDRund betrieb psychologischeKriegfhrung. KgU-Leute be-schdigten Strom- und Tele-fonleitungen, zerstrten Ma-schinen. Nach Einschtzung

    der CIA ver ursachte der Ver-ein Schden in Millionen -hhe. Ab 1949 finanzierte derUS-Geheimdienst die KgU,ohne diese vollstndig kon-trollieren zu knnen. Von derKgU zu verantwortende To-desflle lassen sich laut Heit-zer aus den Unterlagen nichtnachweisen. Sicher ist, dassdie KgU in Leipzig 1951Brandanschlge mit Phos -phorampullen auf belebteHO- Lden durchfhrte. Auchdie Sprengung von Schleusenund Eisenbahn brcken wur-de vorbereitet, doch die Tterflogen auf. Die Stasi und dersowjetische Geheimdienstverfolgten die KgU mit gro-er Hrte. Ins gesamt wurdenwenigstens 1072 KgU-Leuteverhaftet. Die Sowjets er-schossen mindestens 121 vonihnen, die DDR richtete 5 hin.Als die CIA 1959 den Geld-hahn zudrehte, lste sich dieKgU auf. klw

    Hauptstadtflughafen

    Alte Bekannte

    Die Auftragsvergabe zur un-abhngigen berprfung desManagements beim Haupt-stadtflughafen BER wecktZweifel. Das ber 300000Euro teure Mngelgutachtensoll ausgerechnet eine Bieter-gemeinschaft aus drei Unter-nehmen schreiben, von de-nen zwei bereits als Beraterauf der Payroll der Flugha-fengesellschaft standen. Dieeine Firma ist das BerlinerBeratungsunternehmenSNPC. Es wurde vom ehe -maligen Regierenden Brger-meister Dietrich Stobbe(SPD) gegrndet und wirdgeleitet vom Exberliner Wirtschaftssenator WolfgangBranoner (CDU). Es erstellteim Jahr 2006 laut firmen -eigener Referenzliste fr die

    Flughafengesellschaft einePotenzanalyse. Das zweiteUnternehmen ist die Quat-tron Management Consultingaus Frankfurt am Main. Die-se Firma wurde sogar schonzweimal fr den BER enga-giert. Die Berater haben imAuftrag der Flughafengesell-schaft Beschaffungskostenanalysiert und dabei nach eigenen Angaben Einspar-potenziale in Hhe von meh-reren Millionen Euro iden -tifiziert. Auerdem widmetesich das Unternehmen be-reits in der Vergangenheitder BER-Verwaltung. Insiderhalten es fr fraglich, dassdiese Unternehmen die not-wendige Unabhngigkeit haben, um den BER-Eigen -tmern, dem Bund und denLndern Berlin und Branden-burg, ein realistisches Bildder Managementdefizite zuzeichnen. Demnchst wirdsich der Haushaltsausschussdes Bundestags mit der Auf-tragsvergabe beschftigen.Die Unternehmen wollensich zu ihrem bisherigen En-gagement am BER nicht u-ern. Ein Flughafensprechersagt: Die Vergabe war nachRecht und Gesetz. was

    18 DER SPIEGEL 9 / 2015

    Deutschland

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    Flughafen BER

  • Fr Druckfehler keine Haftung.Lidl Dienstleistung GmbH & Co. KG, Rtelstr. 30, 74166 Neckarsulm

    Namen und Anschrift der regional ttigen Unternehmen nden Sie unter www.lidl.de/ lialsuche oder 0800 4353361.

  • Griechischer Finanzminister Varoufakis Deutscher Finanzminister Schuble

    EZB-Prsident Draghi EU-Kommissionsprsident Juncker

    20 DER SPIEGEL 9 / 2015

  • Deutschland

    Es war am Mittwoch dieser Woche,als 30 Top-Manager einer deutschenGrobank zeitgleich eine SMS undeine E-Mail erhielten. Unmittelbar daraufklingelten ihre Handys. Eine automatischeStimme meldete sich, nannte ein Code-wort zur Autorisierung und eine Nummer,unter der sich alle Empfnger um 8.30 Uhrin eine Telefonkonferenz mit dem Vor-stand der Bank einwhlen sollten.

    Plan Grexit war angelaufen, ein aufDutzenden DIN-A4-Seiten nieder gelegterLeifaden, der vorgibt, wie die Fhrungs-krfte des Geldhauses auf ein AusscheidenGriechenlands aus dem Euro zu reagierenhaben.

    Jeder der rund 30 Bankmanager musstefr seinen Bereich die Notfallvorgaben abarbeiten. Aufsichtsrat, Behrden undBundesfinanzministerium waren zu infor-mieren, groe Investoren zu beruhigen.Wie viele Verluste drohen, weil die Banknoch Anleihen aus Griechenland hlt? Wasndert sich fr den Geldverkehr mit demNicht-mehr-Euroland?

    Auch die bankinterne Krisenkommuni-kation lief an. Fr die Mitarbeiter wurdenAnleitungen zum Umgang mit der neuenLage ins Intranet gestellt, Kunden und Ak-tionre wurden informiert.

    Pnktlich um 18 Uhr war die Krise vor-bei, Feierabend. Plan Grexit war eineTrockenbung, mehr nicht. Noch nicht.

    berall in Europa werden in diesen Tagen hnliche Szenarien durchgespielt.Unternehmen, Banken und Regierungenbereiten sich auf einen Krisenfall vor, derin den Statuten der Whrungsunion nichtvorgesehen ist: der Austritt eines Landesaus der Eurozone.

    Am Donnerstag beantragte die neue Regierung von Premierminister Alexis Tsipras die Verlngerung der Finanzhilfe,ohne jedoch die Bedingungen der Euro-gruppe zu erfllen, so befand zumindestFinanzminister Wolfgang Schuble. Kanz-lerin Angela Merkel telefonierte mit Tsi-pras, dann wurde weiterverhandelt. Dochselbst wenn noch ein Kompromiss gefun-den werden sollte, ist das Pokerspiel nichtbeendet. Beide Seiten mssen sich auf einen neuen Plan verstndigen, wie dasLand saniert werden kann.

    Griechenlands Geldgeber, die nun In-stitutionen und nicht mehr Troika hei-en, mssen mit Athen nicht nur ber

    Zinsstze und Zahlungsfristen verhandeln,sondern auch ber Mindestlhne und Ren-tenerhhungen. Und stets wird ber denKonferenztischen jenes Wort schweben,das die Finanzmrkte fr den Fall desScheiterns erfunden haben: Grexit, der Ab-schied des Landes aus dem Euroraum.

    Es wrde ein hartes Ringen. Auf der ei-nen Seite stehen die Anhnger von Tsipraslinkspopulistischer Syriza-Partei, von de-nen viele noch in der K-Gruppen-Welt derSiebzigerjahre leben. Auf der anderen Sei-te haben sich die Finanzminister der 18 Eu-rostaaten untergehakt, um die Wahlver-sprechen von Tsipras Partei zu torpedie-ren. Syriza will mehr Staatsausgaben, dieEurogruppe weniger. Athen fordert zustz-liche Beamtenstellen, die Etatminister ver-langen Einschnitte im ffentlichen Dienst.Die Eurogruppe hlt Privatisierungen frvordringlich, die Tsipras-Regierung hat dasentsprechende Programm erst einmal ge-stoppt.

    Auch das Klima ist vergiftet. Wochen-lang hatten Premier Tsipras und AthensFinanzminister Giannis Varoufakis denPartnern milliardenschwere Forderungenprsentiert, ohne auch nur einen beziffer-baren Vorschlag vorzulegen, wie die Plnebezahlt werden sollen. Schlielich hatteSchuble den Griechen ein Ultimatum ge-stellt, und zwar in seinem berchtigtenDenglisch, das er gern verwendet, wennes ernst wird. Am 28. Februar, 24 Uhr,befand er, is over.

    Manche Szenen folgten dem Skript: Re-bellische Halbstarke gegen gestrengen Fa-milienvater. Das wirkte demtigend aufviele Griechen und ist wohl kaum geeignet,die anstehende Aufgabe lsbar zu machen:die eigentlich unvereinbaren Positionen derbeiden Seiten irgendwie anzugleichen.

    Soll das gelingen, msste vor allem Tsi-pras Konzessionen machen. Sicher knnteer einige Erleichterungen beim Schulden-dienst herausholen und durchsetzen, dassdie soziale Schieflage der bisherigen Pro-gramme begradigt wird. Doch zugleichmsste er zugestehen, dass Athen weiterspart und sich den Reformauflagen seinerGeldgeber beugt. Es wre das genaue Ge-genteil von dem, was Tsipras seinen Wh-lern versprochen hat.

    Die andere Variante ist GriechenlandsAusstieg aus der Whrungsunion, dessenEffekte beide Seiten insgeheim kalkulieren:

    Was bedeutet der Euroverzicht fr dieWirtschaft Griechenlands? Wie hoch sinddie Kosten fr die Eurozone? Und nichtzuletzt: Was wren die politischen Folgen,sollte sich Athen von Europa abwenden?

    Auch die Europische Zentralbank(EZB) bereitet sich auf einen Ausstieg Griechenlands aus der Whrungsunion vor.Zu diesem Zweck fhren Mitarbeiter be-reits interne Planspiele durch, wie der Restder Eurozone zusammengehalten werdenknnte. In den vergangenen Tagen sei dieWahrscheinlichkeit eines Grexits gestiegen,so EZB-Mitarbeiter. Allen Dementis zumTrotz drngen die Frankfurter Whrungs-hter die Griechen dazu, endlich Kapital-verkehrskontrollen einzufhren. Nach Er-kenntnissen der EZB berweisen die Grie-chen tglich mehr als eine Milliarde Euroins Ausland.

    Niemand will den Grexit, so beteuernalle Beteiligten. Doch am Ende knnte erunvermeidlich sein, weil der politische Gra-ben zwischen Athen und Brssel nicht zuberbrcken ist.

    Die Zentrale

    Am Koumoundourou-Platz schlgt dasHerz der Partei. Erstaunlicherweise schlgtes noch, angesichts des Tabakqualms, derin den sieben Etagen des Syriza-Haupt-quartiers hngt, eines Broturms inmittenvon Athens Chinatown.

    Die Parteispitze ist gerade im Parlament,ein neuer Staatsprsident muss gewhltwerden. Aber das Basislager von Syrizaist die parteieigene Cafeteria im erstenStock.

    Mnner mit grauen Bartstoppeln undCordjackett, Kommunisten allesamt, aberundogmatisch!, und in unzhligen Stra-tegiesitzungen gesthlt und geruchert. Sowie Alekos Kalivis, Politbromitglied vonSyriza, Gewerkschaftsfhrer und mit 61Jahren Bankangestellter im Ruhestand.Die deutschen und europischen Elitenwollen uns im Keim ersticken, langer Zugaus der Zigarette, weshalb? Griechenlanddarf kein Vorbild werden.

    Und wenn das die Eurogruppe nichtberzeugt? Es muss sie berzeugen. Sonstwre es so, als htte es gar keine Wahlengegeben. Es gibt jedenfalls keine Lsung,bei der wir uns selbst aufgeben mssten.

    Auch wenn wir im Kampf fallen, sagtGeorgia Filiou, die Bedienung des Cafs

    21DER SPIEGEL 9 / 2015

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    Letzte Ausfahrt GrexitEuro Athen und Brssel ringen um einen Kompromiss im Schuldenstreit, doch dieVorstellungen sind kaum vereinbar. Banken, Unternehmen und Regierungen rechnenden Ernstfall durch: Was passiert, wenn Griechenland die Whrungsunion verlsst?

  • vom Splbecken aus, dann fallen wir erhobenen Hauptes. Sie trocknet sich dieHnde ab, klickt auf ihrem Laptop herumund erzhlt von den 180 Milliarden, dieihr Deutschen uns noch vom Krieg herschuldet.

    Es ist eine eigene Welt, dieses Haupt-quartier. Internationalistisch, aber auchsonderbar abgeschirmt und heimelig. Einpolitisches Manufactum, in dem es sienoch gibt, die guten alten Gewissheiten.Nur: Aus dieser Welt kommt die neue Re-gierung eines europischen Staates im 21.Jahrhundert. Und: Aus dieser Welt kommtder Rckhalt, auf den Tsipras setzt. Wieviele Enttuschungen kann er seinen An-hngern zumuten?

    Ich habe mein Leben lang darauf ge-wartet, dass die Wut gegen das Systemauch die Mittelschicht ergreift, sagt Vassilios Primikiris. Jetzt ist es so weit.Der 63-jhrige Ansthesist war in Italienim Exil, als in Athen die Obristen herrsch-ten. Jetzt sitzt er im Zentralkomitee vonSyriza.

    Er sagt, Syriza sei verurteilt zum Erfolg.Und natrlich habe seine Regierung Druck-mittel: Ein Grexit wre fr alle Seiten dieteuerste Lsung. Und danach wrden sichdie Haie ein neues Opfer suchen, Italien,Spanien. Frau Merkel, Primikiris spucktdie Silben gleichsam aus, ist die Toten-

    grberin Europas, aber, das alte ZK-Mit-glied drckt sich aus dem Stuhl hoch, Tsi-pras wirkt nur scheinbar so allein wie Iphi-genie. Er ist es nicht. Und sterben wirdAgamemnon, der Herrscher.

    Der Kommissar

    Valdis Dombrovskis ist ein nchternerMann. Der neue Vizeprsident der EU-Kommission ist gelernter Physiker und hatsich im geschwtzigen Brssel den Ruf er-worben, einer derjenigen Politiker zu sein,die nur dann reden, wenn sie etwas zu sa-gen haben. Den Schweiger nennen sieihn.

    Zudem wei der 43-jhrige Lette, wieman ein Land durch die Krise bringt. Alsder baltische Staat 2009 von den Turbulen-zen der Finanzkrise erfasst wurde, redu-zierte er als damaliger Ministerprsident(Motto: Einer muss es ja tun) die Zahlder Staatsdiener um 30 Prozent und krzteden brigen die Lhne um 40 Prozent.Zwei Jahre spter war das Land wieder aufWachstumskurs. Voraussetzung ist, dassein Land das Vertrauen der Finanzmrktezurckgewinnt, sagte der Lette damals.

    Nun ist er der ranghchste Whrungs-politiker der EU-Kommission, der seineharte Haltung im Schuldenstreit auch aufdie eigenen politischen Erfahrungen grn-det. Nach dem Programm erhlt Grie-

    chenland Geld nur unter gewissen Bedin-gungen, sagt er, das wird auch nach dem1. Mrz so bleiben.

    Dombrovskis versteht die Griechennicht. Vor den Wahlen im Januar hattesich die Lage des Landes verbessert. DieAthener Regierung nahm mehr Geld ein,als sie ausgab, wenn man die Zinsen he-rausrechnet. Die Wirtschaft wuchs, unddie Industrielnderorganisation OECD be-scheinigte dem Land beeindruckendeFortschritte.

    Damals htte Athen gute Chancen ge-habt, neue Hilfen aus Brssel zu bekom-men. Das htte der Regierung grerenSpielraum verschafft, selbst ber ihrenHaushalt zu entscheiden. Tsipras Wahlsiegaber hat die Lage radikal verndert. Grie-chenlands Brger zahlten vorsorglich schoneinmal weniger Steuern, weil der neue Pre-mier im Wahlkampf niedrigere Abgabenversprochen hatte. Und die Unternehmenstrichen aus Angst vor der Linksregierungihre Investitionen zusammen. Nun sind dieLcher im Staatsetat wieder so gro wiefrher.

    Die ersten Schritte der neuen grie-chischen Regierung htten jede Hoffnungauf mehr Spielraum zunichtegemacht,heit es nun in Brssel, jetzt bleibt denGriechen nichts anderes brig, als ein um-fassendes drittes Hilfsprogramm zu bean-

    22 DER SPIEGEL 9 / 2015

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    Hafen von Pirus: 2015 wird fr die griechische Wirtschaft ein verlorenes Jahr

  • Deutschland

    tragen. Und Dombrovskis, der Mann, derseinen Landsleuten jahrelang Sparen undVerzicht gepredigt hat, versprt wenig Nei-gung, den Griechen allzu weit entgegen-zukommen. Eine Haltung, die viele Finanz-minister teilen. Die anstehenden Verhand-lungen, heit es in der Eurogruppe, wer-den hrter als alles, was wir bis jetzt erlebthaben.

    Die Grexit-Rechnung

    Als Vorstand der Deutsch-GriechischenHandelskammer muss sich Athanassios Kelemis schon von Amts wegen dafr einsetzen, dass mglichst viele Unterneh-men nach Griechenland kommen. Norma-lerweise. Doch jetzt fllt selbst ihm esschwer, fr sein Land Reklame zu machen.Ohne klare Aussichten knne er ehrlicher-weise nur davon abraten, sein Geld in Griechenland zu investieren: Alle warten,was passiert, sagt er. 2015 wird fr diegriechische Wirtschaft ein verlorenes Jahr.

    Der Austritt Griechenlands ist angeblichkein Thema bei den Gesprchen zwischenAthen und Brssel. In Wahrheit rechneninzwischen alle mit der Mglichkeit, dasses am Ende doch zum Grexit kommt. Ent-weder aus Versehen oder in der Einsicht,dass ein Ende mit Schrecken mglicher-weise doch besser sein knnte als einSchrecken ohne Ende.

    Sollte Griechenland aus dem Euro stol-pern, msste die Regierung ber Nachtneues Geld in Umlauf bringen, das gegen-ber dem Euro sofort an Wert verlierenwrde. Ein Chaos wre die Folge, zunchstjedenfalls. Banken gerieten ins Wanken,die Zinsstze wrden nach oben schnellen,Firmen gingen pleite. Die Zahl der Insol-venzen wrde 2015 um 50 Prozent steigenund im Jahr danach noch einmal um 30Prozent, sagt Ludovic Subran voraus, Chef-konom des Kreditversicherers Euler Her-

    mes. Sogar der grte Stromversorger desLandes, der Staatskonzern PPC, wrdewahrscheinlich zahlungsunfhig, erwar-tet die Ratingagentur Standard & Poors.

    Um zu verhindern, dass die Brger ihreKonten plndern, msste der Zahlungsver-kehr vorbergehend eingeschrnkt werden.berweisungen ins Ausland wrden ver -boten; Abhebungen an Bankautomaten begrenzt, Liefervertrge storniert. Medika-mente und auslndische Lebensmittel w-ren womglich nur noch auf dem Schwarz-markt gegen harte Whrung zu bekommen.

    Als Folge der Abwertung wrde sich diegriechische Staatsverschuldung von derzeit175 Prozent auf 230 Prozent erhhen,schtzen Analysten der Commerzbank.Athen knnte einen Groteil der Kreditenicht mehr bedienen, das Land wre, zu-mindest teilweise, zahlungsunfhig.

    Wie die Menschen in einem solchen Fallreagieren, lsst sich kaum vorhersagen. AlsArgentinien 2002 die Staatspleite erklrte,kam es zu Straenschlachten und Plnde-rungen.

    Das Beispiel Argentinien zeigt auch, wielange es dauern kann, bis sich die Wirt-schaft von einer solchen Krise wieder er-holt. Zigtausende oft gut ausgebildete Ar-gentinier haben ihr Land verlassen; vieleGriechen wrden es ihnen gleichtun. Auchdas Vertrauen internationaler Anlegerwre erschttert. Der griechische Staat ht-te vermutlich jahrelang Probleme, an Geldzu kommen.

    Doch mit der neuen, billigeren Whrungergben sich auch Chancen. Weil grie-chische Waren auf den Auslandsmrktenschlagartig gnstiger wrden, knnte etwadie vor einigen Jahren verschwundene Tex-tilindustrie neu entstehen, glaubt Ifo-ChefHans-Werner Sinn.

    Auch mit billigen Urlaubsangebotenknnte das Land punkten. Derzeit leidendie Ferienziele darunter, dass sie teurersind als die Konkurrenz in der benachbar-ten Trkei, obwohl das Wasser und derHimmel dort nicht weniger blau sind. Von einem Grexit wrde vor allem diegriechische Tourismusbranche stark profi-tieren, sagt der frhere Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Thomas Mayer.

    Nur: Wie stark wrde Griechenlands Export- und Ferienbranche angekurbelt?Und vor allem: Wann wrde der Boomeinsetzen?

    Die Experten des Kieler Instituts frWeltwirtschaft (IfW) jedenfalls habenZweifel, ob die Wiedereinfhrung derDrachme langfristig wirklich hlfe. Eineplumpe Abwertung ndert an den struk-turellen Problemen Griechenlands garnichts, so Stefan Kooths, Leiter des IfW-Prognosezentrums. Ganz hnlich sieht dasauch der IWF. Ein Austritt aus dem Eurowre fr Griechenland mit deutlich hhe-ren Kosten verbunden als die Fortsetzung

    23DER SPIEGEL 9 / 2015

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    Fr die neue griechische Regierung aberbte der Geldwechsel einen womglichentscheidenden Vorteil: Sie knnte belie-big viele Geldscheine drucken, um soforteinen Groteil ihrer Wahlversprechen zubezahlen.

    Europas Dilemma

    Fr die Wirtschaft der Eurozone sind dieGrexit-Risiken berschaubar. Die Europi-sche Zentralbank wrde die Whrungs unionmit allen Mitteln verteidigen. Und auch diePolitik hlt mit dem Rettungsschirm ESMinzwischen ein wirksames Instrument bereit,um Lnder im Notfall mit Geld zu versor-gen. Die Mittel des Fonds, eine halbe BillionEuro, sind noch weitgehend unangetastet.Die Eurogruppe habe Brandmauern ge-gen einen Grexit errichtet, die ein ber-springen der Krise auf andere Lnder ver-hindern knnten, loben Experten des IWF.

    Am wichtigsten aber: Die Lnder an derPeripherie der Whrungsunion sind heute

    lngst nicht mehr so krisenanfllig wie beiAusbruch der Euroturbulenzen 2010. Zwarwrden die Renditen fr spanische und ita-lienische Staatsanleihen im Gefolge einesGrexits geringfgig steigen, schtzen dieExperten der Commerzbank. Doch die Ge-fahr eines Crashs besteht nicht.

    Dafr mssten die Geberlnder wohl fi-nanzielle Verluste verbuchen. Allein 240Milliarden Euro vergaben die Partnerln-der, der europische Rettungsfonds undder IWF an Griechenland. Direkt und in-direkt haftet Deutschland in einer Gren-ordnung von fast 65 Milliarden Euro. Schei-det Griechenland aus der Whrungsunionaus, wrde Berlin einen groen Teil dieseGeldes nicht wiederbekommen.

    Die gute Nachricht: In den nchsten Jah-ren wrden sich die Verluste kaum bemerk-bar machen. Schon jetzt bedient Griechen-

    * Die bersetzung der Karikatur lautet: Die Verhandlunghat begonnen. Sprechblase eins: Wir bestehen darauf,Seife aus eurem Fett zu machen. Sprechblase zwei: Wirdiskutieren ber Dngemittel aus eurer Asche!

    land seine Verbindlichkeiten kaum, Zins undTilgung der Rettungspakete sind bis 2020ausgesetzt. Erst danach msste der deutscheFinanzminister die Ausflle verbuchen.

    Dafr knnte der Grexit an anderer Stel-le Kosten verursachen. Denn Griechenlandhtte als EU-Mitglied, das es bleiben mch-te, die Mglichkeit, sogenannte Zahlungs-bilanzhilfen aus Brssel zu beantragen. Da-bei handelt es sich um Geld, das Lndernauerhalb der Eurozone gewhrt werdenkann, wenn sie in Schieflage geraten. Zu-vor nahmen schon Ungarn oder Lettlanddie Hilfen in Anspruch.

    Noch grer wre freilich der politischeSchaden. Fr Europas Rettungspolitikerwre der Grexit eine schwere Schlappe.Fnf Jahre lang haben sie versucht, Athenum beinahe jeden Preis im Euro zu halten.Nun mssten sie frchten, dass sich dasstrategisch wichtige Land am Sdostranddes Kontinents politisch nach Russlandoder China orientiert.

    Fazit: Fr Griechenland wre der Aus-tritt aus der Eurozone ein kaum kalkulier-bares wirtschaftliches Abenteuer, politischaber knnte er sich auszahlen. Fr die Eu-rozone ist es genau umgekehrt.

    Kein Wunder, dass sich bei den Verhand-lungen in den vergangenen Wochen ersteRisse in den vermeintlich festgefgten Fron-ten zeigten. Athens Finanzminister Varou-fakis etwa machte seinen Ressortkollegenmehrfach Zugestndnisse, die sein Premier-minister aus Athen wieder einkassierte.

    Auch Europa zeigte sich alles andere alsgeschlossen. Whrend der Chef der EU-Kommission Jean-Claude Juncker auf ei-nen Kompromiss hinarbeitete, agierteDeutschlands Ressortchef Schuble, alswre ihm der Ausstieg Griechenlands so-wieso am liebsten. Sogar SPD-Chef SigmarGabriel meldete Widerspruch an.

    Noch immer wre es am besten fr alleBeteiligten, sie knnten sich auf einenKompromiss einigen. Fr Griechenlandwre es kaum verkraftbar, nach den Hr-ten des Reformprogramms auch noch dasChaos einer Whrungsreform zu durchlei-den. Die Eurozone dagegen kann es nichtzulassen, dass Athen Sonderrechte ver-langt, die keiner anderen Regierung zuge-billigt werden. Ein Deal ist mglich. Dochje lnger die Verhandlungen dauern, destofraglicher ist, ob die Bereitschaft dazuberhaupt noch vorhanden ist.

    Die Verhandlungsfhrer jedenfalls mach-ten klar, dass ihr Spielraum begrenzt ist.Griechenland kann den Vertrag zum Hilfs-programm nicht mehr erfllen, sagte Tsi-pras. Deshalb muss er modifiziert werden.Kanzlerin Angela Merkel dagegen befand:Solidaritt und eigene Anstrengungen sindzwei Seiten derselben Medaille.

    Nikolaus Blome, Martin Hesse, Alexander Neubacher, Christian Reiermann, Michael Sauga,

    Christoph Schult, Alexander Smoltczyk

    25DER SPIEGEL 9 / 2015

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  • Wenn Sigmar Gabriel, der Vize-kanzler, gefragt wird, was er vonReparationen fr Griechenlandhlt, wird er einsilbig. Er meidet den Blickin die Kamera, er spricht leiser. Denn Gabriel, der mit seinem Vater brach, weildieser ein Nazi gewesen war, teilt nunNazi-Opfern mit, dass sie zu spt dran seien.

    Es gebe eine klare rechtliche Antwort,so sagte er es Anfang Februar bei einemFernsehauftritt. Seit mindestens einemVierteljahrhundert, meint die Bundesre-gierung, schuldet sie Griechenland nichtsmehr. Sptestens mit den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen, sagte Gabriel, sind allediese Themen beendet worden.

    Wirklich?Deutsche Politiker zeigen sich betroffen,

    wenn sie ber die Verbrechen in Griechen-land whrend des Zweiten Weltkriegs spre-chen; Bundesprsident Joachim Gauckweinte im vorigen Jahr im Dorf Lingiades,wo 1943 die 1. Gebirgsdivision mehr als 80 Frauen, Kinder und alte Mnner ermor-det hatte. Sobald die Griechen aber Repa-rationen verlangen, reagieren die Vertreterder Bundesregierung so schmallippig wiejetzt der Vizekanzler.

    Die Rolle der Bundesregierung ist aller-dings fragwrdig. Juristisch betrachtet istder Fall ungeklrt, die Griechen haben denInternationalen Gerichtshof nie angerufen.Wer die Frage der Reparationen aber histo -risch betrachtet, versteht nicht nur besser,warum die neue griechische Regierung dieForderungen mit solcher Vehemenz vortrgt.

    Er erkennt auch, dass die Bundesregie-rung 1990 trickste, um nichts an die Grie-chen und andere Kriegsgegner zahlen zumssen. Das zeigen Unterlagen aus demRevolutionsjahr 1989/90, die der SPIEGELausgewertet hat. Kanzler Helmut Kohl undAuenminister Hans-Dietrich Genscher ta-ten in den Verhandlungen ber die deut-sche Einheit alles dafr, Reparationsforde-rungen zu vermeiden. Sie hielten Lnderwie Griechenland vom Verhandlungstischfern und drehten Formulierungen, bis sieihnen passten.

    Den griechischen Forderungen gehen,das immerhin ist unbestritten, schrecklicheVerbrechen und Verwstungen unter derdeutschen Militrbesatzung voraus. Min-destens hunderttausend Menschen starbenin der Hungersnot 1941/42, Folge der Aus-plnderung des Landes durch die Wehr-macht. Mehr als 50000 Juden aus Griechen-

    land wurden in Auschwitz vergast, zudemZehntausende Zivilisten als Shnema-nahmen fr Anschlge der Partisanen er-schossen, erhngt oder verbrannt.

    Die Verluste der Griechen waren grerals in jedem anderen nichtslawischen Gebiet, bilanziert der Historiker HagenFleischer, der fhrende Experte in dieserFrage: alle groen Eisenbahnbrcken ge-sprengt, mehr als hunderttausend Huserzerstrt, fast alle Handelsschiffe versenkt.

    Benito Mussolini hatte Griechenland 1940berfallen; Adolf Hitler musste ihm zu Hilfeeilen, weil die Griechen hartnckig Wider-stand leisteten. Die nahmen spter fr sichin Anspruch, indirekt den Krieg entschie-den zu haben: Auch aufgrund des Griechen-landfeldzugs verzgerte sich Hitlers Angriffauf die Sowjetunion; die Wehrmacht holtediesen Zeitverlust nicht auf und scheitertedaher so die griechische Lesart mit ihrerBlitzkrieg-Strategie vor Moskau.

    Nach Kriegsende hofften die Griechenauch deswegen auf umfassende Entsch-digung. Allerdings gab es weder Melde -register noch Katastermter, die Schdenwurden geschtzt. Die Regierung in Athenverlangte 1945 knapp 14 Milliarden DollarReparationen mehr, als die Alliierten fr

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    Die Furcht vor dem F-WortZeitgeschichte Kanzler Kohl trickste 1990, um den Griechen keine Reparationen zahlen zu mssen. Heute will die Regierung davon nichts wissen und weist alle Ansprche zurck.

    Deutsche Besatzer vor der Akropolis in Athen 1941

  • Deutschland

    alle Weststaaten gemeinsam vorgesehenhatten. Unter dem Druck der USA halbier-ten die Griechen ihre Forderungen. Dochstatt gut 7 Milliarden erhielten sie nach ei-genen Angaben in den NachkriegsjahrenGter und Anlagen fr gerade einmal 25 Millionen Dollar, whrend sich Briten,Franzosen und insbesondere Sowjets Re-parationen in Milliardenhhe sicherten.

    Als Griechenland 1953 wie die west -lichen Siegerstaaten das Londoner Schul-denabkommen unterzeichnete, versprachder deutsche Chefunterhndler HermannJosef Abs, alle Forderungen zu prfen,wenn der Abschluss eines Friedens vertragsoder hnlicher Abkommen gelungen sei.Schon damals ging es auch um einen zins-losen Kredit, den die Bank von Griechen-land 1942 der deutschen Militrverwaltunghatte gewhren mssen und der, alsKriegsunrecht, wohl Reparationsforderun-gen begrnden kann. Heute zhlt die Rck-zahlung dieses Kredits zu den Kernforde-rungen des Premierministers Alexis Tsipras.

    Ein griechischer Minister erzhlte spter,Adenauers Nachfolger Ludwig Erhardhabe ihm 1965 versprochen, man werdedie Zwangsanleihe zurckzahlen, sobalddie Wiedervereinigung unter Dach undFach sei. Nach Angaben der Bundes -regierung findet sich die Aussage Erhardsin keinem offiziellen Dokument. Aller-dings entsprach sie der Logik des Londo-ner Schuldenabkommens; und als 1989 dieMauer fiel, waren auch schon bald Repa-rationsforderungen in der griechischen ffentlichkeit zu vernehmen.

    Kohl und Genscher frchteten damalseine Friedenskonferenz, auf der die 53Kriegsgegner Deutschlands alte Rechnun-gen prsentierten. In ihrer Ablehnungwussten sie viele Deutsche und wichtigeMedien auch den SPIEGEL hinter sich.Die Forderung nach einem Reparations-verzicht werde hierzulande breite Zustim-mung finden, notierten Beamte am 27.Februar 1990 fr Kanzler Kohl. Der erklr-te, Reparationen seien inakzeptabel.

    Die Deutschen hatten knapp ein Viertelihres Territoriums verloren; sie hatten mitihren Reparationsleistungen und sogenann-ten Wiedergutmachungszahlungen mehrgetan als jeder andere Verlierer eines Krie-ges in der modernen Geschichte. Da gerietgelegentlich aus dem Blick, dass auch ihreVerbrechen beispiellos waren.

    Um eine Solidarisierung der einstigenKriegsgegner zu verhindern, drckte Gen-scher aufs Tempo: Eile ist geboten, weilder Kreis derer, die mitreden wollen, stn -dig wachsen wird. Zum Glck fr die Deut-schen wollten auch die Siegermchte lieberim kleinen Kreis ber die Einheit verhan-deln. So vereinbarten Briten, Amerikaner,Franzosen und Sowjets mit der Bundesre-gierung und der DDR-Regierung im Februar1990 die Zwei-plus-Vier-Verhandlungen.

    Als der italienische Auenminister Gianni De Michelis in einer Nato-Sitzungein Mitspracherecht verlangte, blaffte Genscher ihn an: You are not part of thegame, du darfst nicht mitspielen. DieGriechen htten dasselbe zu hren bekom-men, wenn sie ihre Stimme erhoben ht-ten, rumt ein Mitglied der damaligendeutschen Delegation heute ein.

    Athen und die anderen kleineren Kriegs-gegner setzten Hoffnung auf die vier gro-en Siegermchte. Doch Frankreichs Pr-sident Franois Mitterrand erklrte, seinLand sei von der Reparationenfrage nichtbetroffen. US-Prsident George Bush se-nior zeigte Verstndnis, als Kohl klagte,dass man nicht 50 Jahre nach Kriegsendenoch einmal mit Reparationen anfangenknne. Und die Briten warnte der Kanzler:Wer die Neonazis strken wolle, mssenur in dieser Frage nachgeben.

    Allein die Sowjets hielten das ThemaReparationen im Spiel, aus eigenem Inter -esse. Sie wollten Geld fr sich, und sie be-harrten auf einem Friedensvertrag, weilBonn immer erklrt hatte, auf die Ost -gebiete endgltig nur in einem solchen Dokument verzichten zu wollen.

    Den Deutschen aber war bewusst, dassein Friedensvertrag sie verpflichtet htte,mit den Griechen und allen anderen berReparationen zu reden so sah es das Londoner Schuldenabkommen vor. Daranknne man schon aus finanziellen Er -wgungen kein Interesse haben, erklrteStaatssekretr Friedrich Voss in einem Kabinettsausschuss. Die Lsung lautete:den Friedensvertrag nicht Friedensvertragzu nennen. Wie steht es mit anderen Wor-ten fr dieselbe Sache?, fragte am 28. Feb-ruar 1990 ein amerikanischer Diplomat ei-nen deutschen Kollegen.

    Auenminister Genscher sprach bei sei-nem sowjetischen Kollegen Eduard Sche-wardnadse vor: Ein Friedensvertrag wreein Schritt rckwrts und ein Begriff derVergangenheit, aber selbstverstndlichgebe es Fragen, die definitiv beantwortetwerden mssten. Er bot also eine Grenz-regelung an, wenn die Sowjets nur auf dasF-Wort verzichteten.

    Schon beim zweiten Treffen der Zwei-plus-Vier-Delegationen am 30. April 1990hatten die Deutschen Erfolg. Von einemFriedensvertrag sprach keiner mehr, dieDiplomaten einigten sich auf die Formu-lierung Abschlieende vlkerrechtlicheRegelung und Ablsung der Vier-Mchte-Rechte und -Verantwortlichkeiten.

    Im Mai 1990 gab Moskau seinen Wider-stand endgltig auf. Das Thema Repara-tionen schien erledigt, Finnland und ande-re Staaten verzichteten offiziell auf An-sprche. Was aber machte Griechenland?

    Die Griechen htten sich in dieser Sachenicht gemeldet, so erinnert sich Dieter Kas-trup, Leiter der westdeutschen Delegationbei den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen.Zwar verkndete der damalige Minister-prsident Konstantinos Mitsotakis im April1990 in seiner Heimat, er werde Entsch-digungen fr Zerstrungen und Krediteverlangen. Doch in Bonn wurde er nichtvorstellig.

    Fnf Jahre dauerte es, bis die grie-chische Botschaft im Auswrtigen Amteine Verbalnote vortrug und darin die Bundesregierung erstmals offiziell zur Auf-nahme von Verhandlungen aufforderte.Die aber lehnte ab. So viele Jahre nachKriegsende habe die Reparationsfrageihre Berechtigung verloren.

    Seitdem der Vertrag, der nicht Friedens-vertrag heien durfte, in Kraft getreten ist,beharren die Deutschen darauf, dass essich selbstredend genau darum handle: ei-nen Friedensvertrag.

    Ein vertrauliches Gutachten der Wissen-schaftlichen Dienste des Bundestags hltfest: Athen htte 1990 formell Protest ein-legen knnen und, wenn es htte sicher-stellen wollen, dass es seiner Ansprcheauch zuknftig nicht verlustig gehen wr-de, wohl auch mssen.

    Vielleicht wird die neue griechische Regierung jetzt vor den InternationalenGerichtshof in Den Haag ziehen; noch istunbekannt, welchen Betrag Tsipras ber-haupt fordert. Athen knnte immerhin vor-bringen, dass die Zwei-plus-Vier-Verhand-lungen als unzulssige Absprachen zulas-ten Dritter anzusehen seien.

    Die Bundesregierung hingegen erwecktgern den Eindruck, fr ein Gerichtsverfah-ren gerstet zu sein und das Recht auf ihrerSeite zu wissen. Auf ein vielfach vorgetra-genes Argument sollte sie allerdings besserverzichten: dass Reparationen nach so vie-len Jahren ohne jede Przedenz seien.Bis vor Kurzem zahlte Berlin fr Zinsrck-stnde, die aus den Reparationen des Ers-ten Weltkriegs resultierten und deren Fl-ligkeit im Londoner Schuldenabkommenverschoben war auf die Zeit nach derEinheit. Die letzte Zahlung leistete dieBundesrepublik fast ein Jahrhundert nachKriegsende, am 3. Oktober 2010.

    Klaus Wiegrefe

    27DER SPIEGEL 9 / 2015

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    Koalitionspartner Genscher, Kohl 1990 in Bonn

    Eile ist geboten

  • Im oberfrnkischen Pegnitz haben sieprobehalber schon mal eine Strommast-attrappe angezndet. Fast die halbeStadt war auf den Beinen und wrmte sich am Feuer. Der Brgermeister hielteine Rede; ein Pfarrer spendete seinen Segen. Dann dauerte es nur noch wenigeMinuten, bis der brennende Holzmast unter dem Beifall des Publikums in sichzusammenfiel.

    Brgerwut wie in Pegnitz gefhrdet die Energiewende, das wichtigste innen-politische Projekt der Groen Koalition.Seit sich herumgesprochen hat, dass die Regierung neue Stromtrassen durchDeutschland ziehen will, um die Wind-kraftrder im Norden mit den Stromver-brauchern im Sden zu verbinden, sinddie betroffenen Gemeinden in Aufruhr.Vor allem in Bayern lst die Aussicht aufStahltrme und Stromleitungen Protestaus. Sollten die Bagger kommen, werdenSteine fliegen, heit es etwa beim frnki-schen Brgerverein Gegenstrom. Bay-erns Ministerprsident Horst Seehofer(CSU) hat klargemacht, dass er die neuen

    Leitungen so nicht akzeptiert, obwohl erim Koalitionsvertrag und im Bundesrat seine Zustimmung zum Netzausbau gege-ben hat.

    Um das Projekt zu retten, ist Energie-minister Sigmar Gabriel (SPD) nun bereit,den Bayern Zugestndnisse zu machen.Vor dem Treffen der Koalitionsspitzen amkommenden Dienstag hat er Seehofer ei-nen Vorschlag unterbreitet, wie die Lei-tungsplne verndert werden knnten,ohne die Energiewende insgesamt zu ge-fhrden. Seehofer knnte sich bei seinenLeuten demnach als Sachwalter bayeri-scher Sonderinteressen feiern lassen. DenSchaden htten freilich die Stromkundenin ganz Deutschland, denn die zustz -lichen Kosten schlgen sich auf ihrer Rech-nung nieder.

    Zunchst bezieht sich Gabriels Vor-schlag auf die geplante Sd-Ost-Leitung,die Gleichstrom von Wolmirstedt in Sach-sen-Anhalt bis ins bayerische Gundrem-mingen fhren soll, wo derzeit noch einAtomkraftwerk Dienst tut. Wie aus Minis-teriumskreisen verlautet, soll nach denneuen Plnen die Trasse, wo immer mg-lich, entlang der bestehenden Wechsel-stromleitungen verlegt werden. Die neuenStrommasten unterschieden sich hchs-tens um ein paar Meter Hhe von den alten. Von Monstermasten knne keineRede sein, heit es im Gabriel-Ministe -rium.

    Leider wrde die neue Leitung aber ln-ger als bislang geplant und damit auchteurer. Zumal berall dort, wo es keine be-stehenden Verbindungen gibt, Kabel in derErde vergraben werden sollen. Der neuePlan stamme von den Netzbetreibern undsei vom Ministerium an Seehofer ber -

    geben worden, heit es aus dem HauseGabriel.

    Werden Gabriels Zugestndnisse rei-chen, damit Seehofer seinen Widerstandaufgibt? Der bayerische Ministerprsidentwei, dass er sich wohl bewegen muss, umnicht als Blockierer zu gelten. Allzu weitmuss er Gabriel aber auch nicht entgegen-kommen. Eine Mglichkeit wre, dass See-hofer dem Vorschlag fr eine berarbeiteteSd-Ost-Trasse zustimmen wird und beiden anderen strittigen Fragen dann umsohrter auftritt.

    Etwa im Streit um SuedLink, die zweiteGleichstromtrasse, die von Wilster inSchleswig-Holstein bis ins bayerische Gra-fenrheinfeld verlaufen soll. Energieminis-ter Gabriel hlt die Leitung fr unverzicht-bar, um das berangebot an Windstromim bevlkerungsarmen Norden in den wirt-schaftsstarken Sden zu transportieren, woin den nchsten Jahren fnf Atomkraft-werke abgeschaltet werden sollen. See -hofer hingegen lehnt diese Trasse ab. Erbestreitet, dass die Stromleitung wirklichgebraucht werde. Dass Hessens Minister-prsident Volker Bouffier (CDU) inzwi-schen hnliche Zweifel hegt, bestrkt See-hofer in seinem Widerstand.

    Andererseits: Ganz sicher ist sich Bay-erns Landesvater offenbar doch nicht, undso verlangt er von Gabriel nun Unterstt-zung fr mglichst zwei moderne Gaskraft-werke, die zum Einsatz kmen, falls in Bay-ern doch einmal der Strom knapp wrde.Bereits vor einigen Wochen traf sich See-hofer dazu mit E.on-Chef Johannes Teyssen.Dessen Energiekonzern betreibt mithilfekrftiger Subventionen bereits ein Gaskraft-werk im bayerischen Irsching, das ohne dieExtrafrderung lngst htte geschlossenwerden mssen. Bayern will, dass der Wei-terbetrieb von Irsching ermglicht wird,sagt Bayerns Energieministerin Ilse Aigner.

    Zwar lehnt es Gabriel bislang ab, unren-table Kraftwerke mit dem Geld der Strom-kunden dauerhaft am Leben zu halten.Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel istoffiziell dagegen. Doch hinter vorgehalte-ner Hand wird im Wir