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D er Minister steht oben auf einer Bühne, die Sonne streicht über sein Gesicht, dann spricht er ein paar freundliche Worte zum Publikum. Alexan- der Dobrindt genießt den Auftritt an der Autobahn 7. Hier kann er sich als Macher präsentieren, als Herr über neue Fahr- bahnen und Brücken. An diesem Septembertag darf sich Dobrindt besonders freuen. An der Auto- bahnmeisterei Quickborn gibt der Minister den Startschuss für den Ausbau der Stre- cke nördlich von Hamburg. Über 65 Kilo- meter wird die A7 auf bis zu acht Spuren erweitert. Dutzende Brücken müssen er- neuert werden, es ist eine der größten Au- tobahnbaustellen der kommenden Jahre. Und das Beste für den Verkehrsminister ist: Hunderte Millionen Euro Baukosten muss er nicht aus seinem Haushalt be- streiten. Erstmals sei es gelungen, „insti- tutionelle Anleger“ per „Projektanleihe“ an der Finanzierung der Autobahn zu beteiligen, sagt der CSU-Mann auf der Bühne. Die Zuhörer klatschen, kurz darauf ent- hüllt der Minister ein Bauschild, dann gibt es Schnittchen. Doch was er mit einer „Pro- jektanleihe“ meint und wer genau die „in- stitutionellen Anleger“ sein sollen, erklärt Dobrindt an diesem Tag nicht. Der Ausbau der A7 im Norden steht für eines der wichtigsten Projekte der Großen Koalition. SPD und Union wollen Auto- bahnen, Brücken und Wasserstraßen er- neuern, etliche Milliarden Euro sollen in- vestiert werden. Weil der Staat jedoch klamm ist und die Schuldenbremse die Finanzierung weiterer Großbaustellen auf Kredit erschwert, sollen vermehrt soge- nannte institutionelle Investoren zum Zuge kommen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Ga- briel (SPD) hat eine Expertenkommission berufen, in der Spitzenmanager etwa der Deutschen Bank und der Allianz sitzen. Sie soll privaten Investoren den Weg be- reiten. Im Bundesfinanzministerium von Wolfgang Schäuble (CDU) wird überlegt, alle Fernstraßen von einer eigenen Gesell- schaft betreiben zu lassen. Diese könnte sich ihre Mittel auch bei Fonds und Ver- sicherungen besorgen. Und Verkehrsmi- nister Dobrindt kündigte Anfang Januar bereits weitere Projekte an, die von Groß- anlegern finanziert werden sollen, zum Beispiel den Ausbau der A3 bei Erlangen und der A57 bei Köln. Dobrindts Rezept für die Sanierung der Infrastruktur heißt Öffentlich-Private Part- nerschaften, kurz ÖPP: Investoren finan- zieren, bauen und betreiben neue Auto- bahnen. Im Gegenzug erhalten sie vom Staat über Jahrzehnte üppige Vergütungen. Im Fall der A7 richtet sich ihre Bezahlung nach dem Zustand der Autobahn: Rollt der Verkehr, fließt das Geld für die priva- ten Betreiber. Es soll ein Modell zum Nut- zen aller sein – Autofahrer erhalten neue 42 DER SPIEGEL 8 / 2015 FOTO: JOHANNES ARLT / DER SPIEGEL Offene Rechnung Verkehr Die Bundesregierung will mehr Autobahnen privat finanzieren lassen. Das Beispiel der A7 nördlich von Hamburg zeigt, dass vor allem Investoren und Berater daran verdienen.

DER SPIEGEL 2015.08: Offene Rechnung

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Die Bundesregierung will mehr Autobahnen privat finanzieren lassen. Das Beispiel der A7 nördlich von Hamburg zeigt, dass vor allem Investoren und Berater daran verdienen.

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Page 1: DER SPIEGEL 2015.08: Offene Rechnung

Der Minister steht oben auf einerBühne, die Sonne streicht über seinGesicht, dann spricht er ein paar

freundliche Worte zum Publikum. Alexan-der Dobrindt genießt den Auftritt an derAutobahn 7. Hier kann er sich als Macherpräsentieren, als Herr über neue Fahr -bahnen und Brücken.

An diesem Septembertag darf sich Dobrindt besonders freuen. An der Auto-bahnmeisterei Quickborn gibt der Ministerden Startschuss für den Ausbau der Stre-cke nördlich von Hamburg. Über 65 Kilo-meter wird die A7 auf bis zu acht Spurenerweitert. Dutzende Brücken müssen er-neuert werden, es ist eine der größten Au-tobahnbaustellen der kommenden Jahre.

Und das Beste für den Verkehrsministerist: Hunderte Millionen Euro Baukostenmuss er nicht aus seinem Haushalt be -streiten. Erstmals sei es gelungen, „insti-tutionelle Anleger“ per „Projektanleihe“an der Finanzierung der Autobahn zu

betei ligen, sagt der CSU-Mann auf derBühne.

Die Zuhörer klatschen, kurz darauf ent-hüllt der Minister ein Bauschild, dann gibtes Schnittchen. Doch was er mit einer „Pro-jektanleihe“ meint und wer genau die „in-stitutionellen Anleger“ sein sollen, erklärtDobrindt an diesem Tag nicht.

Der Ausbau der A7 im Norden steht füreines der wichtigsten Projekte der GroßenKoalition. SPD und Union wollen Auto-bahnen, Brücken und Wasserstraßen er-neuern, etliche Milliarden Euro sollen in-vestiert werden. Weil der Staat jedochklamm ist und die Schuldenbremse die Finanzierung weiterer Großbaustellen aufKredit erschwert, sollen vermehrt soge-nannte institutionelle Investoren zumZuge kommen.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Ga-briel (SPD) hat eine Expertenkommissionberufen, in der Spitzenmanager etwa derDeutschen Bank und der Allianz sitzen.

Sie soll privaten Investoren den Weg be-reiten. Im Bundesfinanzministerium vonWolfgang Schäuble (CDU) wird überlegt,alle Fernstraßen von einer eigenen Gesell-schaft be treiben zu lassen. Diese könntesich ihre Mittel auch bei Fonds und Ver -sicherungen besorgen. Und Verkehrsmi -nister Dobrindt kündigte Anfang Januarbereits weitere Projekte an, die von Groß-anlegern finanziert werden sollen, zumBeispiel den Ausbau der A3 bei Erlangenund der A57 bei Köln.

Dobrindts Rezept für die Sanierung derInfrastruktur heißt Öffentlich-Private Part-nerschaften, kurz ÖPP: Investoren finan-zieren, bauen und betreiben neue Auto-bahnen. Im Gegenzug erhalten sie vomStaat über Jahrzehnte üppige Vergütungen.Im Fall der A7 richtet sich ihre Bezahlungnach dem Zustand der Autobahn: Rolltder Verkehr, fließt das Geld für die priva-ten Betreiber. Es soll ein Modell zum Nut-zen aller sein – Autofahrer erhalten neue

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Offene RechnungVerkehr Die Bundesregierung will mehr Autobahnen privat finanzieren lassen. Das Beispiel derA7 nördlich von Hamburg zeigt, dass vor allem Investoren und Berater daran verdienen.

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Deutschland

Straßen, der Bund vermeidet hohe ein -malige Ausgaben, und für die Finanz- undBaubranche gibt es ein auf Jahre garan-tiertes Milliardengeschäft.

Doch kann diese Rechnung aufgehen?Oder lassen die neuen Finanzierungs-

modelle bedrohliche Schattenhaushalteentstehen, die spätere Generationen be -lasten? Wer profitiert wirklich, wenn dieöffentliche Hand eine ihrer Kernaufga-ben – das Bereitstellen von Infrastruktur –an Private überträgt?

Mehr Offenheit würde helfen, die Vor-und Nachteile des öffentlichen und des pri-vaten Bauens zu bewerten. Doch der Staathält die ÖPP-Verträge mit der Industriemeistens unter Verschluss. Auch über dieAkteure der neuen Privatisierungswelle istnur wenig bekannt.

Die Investoren

Hinter dem Essener Hauptbahnhof reihensich die Bürotürme von RWE und Evonik

aneinander, sie haben der alten Kohle- undStahlstadt ein neues Gesicht verpasst.Nicht weit entfernt residiert in einem Alt-bau die Hochtief AG. Der Industriekon-zern hat im Sommer den Zuschlag für dieA7 erhalten. In den nächsten 30 Jahrenwird Hochtief das etwa 60 Kilometer langeTeilstück zwischen Hamburg und Bordes-holm betreiben.

In einem Konferenzzimmer empfängtNikolaus Graf von Matuschka zum Ge-spräch, Hochtief-Vorstand und ÖPP-Lob-byist der deutschen Bauindustrie. Wer Ma-tuschka, 51, zuhört, fühlt sich bald an denneoliberalen Zeitgeist vor der Finanzkriseerinnert, als die Privatisierungspolitik inDeutschland ihre letzte Hochphase erlebte.„Der Staat muss sich überlegen, welcheAufgaben er in Zukunft noch selber erle-digen möchte“, sagt der Manager. ÖPP-Projekte seien eine „kostengünstige, siche-re und schnelle Alternative“ zur konven-tionellen Vergabe der Bauaufträge.

Stimmt das? Hochtief hat sich für dasA7-Projekt mit dem Dutch InfrastructureFund, kurz Dif, zusammengeschlossen.Die Investmentfirma geht mit dem Geldvon Großanlegern auf Einkaufstour, jüngstinvestierte sie etwa in französische Gefäng-nisse und Solarparks. Anlegern versprichtDif, die „Renditen zu maximieren“.

Für die A7 haben Hochtief und Dif dieProjektgesellschaft Via Solutions Nord gegründet, der auch eine regionale Bau -firma angehört. Das Konsortium musste770 Millionen Euro für den Ausbau auf -treiben. Die Gesellschafter bringen dabeinur 55 Mil lionen ein, der Bund schießt rund 285 Millionen dazu, den Rest sammel-te das Konsor tium am Kapi-talmarkt ein.

Das Herzstück der kom -plexen Finanzierung ist eineProjektanleihe über 429 Mil-lionen Euro. Sieben Inves -toren hat Hochtief dafür ge-funden, darunter die Versi-cherungen Axa und Sun Life.Viele Finanzkonzerne findenderzeit kaum noch rendite-trächtige Geschäfte. Auto-bahnen sind zwar nicht be-sonders sexy, weil sie geringeGewinne versprechen. Zin-sen von drei Prozent wie beider A7 sind aber immer nochhöher als bei vielen Staatsan-leihen. Ein Sprecher des Axa-Konzerns drückt es so aus:„In der derzeitigen Niedrig-zinsphase diversifizieren wirunser Kapitalanlageportfolioweiter, indem wir auch inderartige Infrastrukturfinan-zierungen investieren.“

Zudem ist das Risiko ge-ring. Die Europäische In -

vestitionsbank hat das Projekt mit 86 Mil-lionen Euro gegen höhere Baukosten abgesichert: Sollte beim Ausbau der A7etwas schiefgehen, springt die EU-Staats-bank ein.

Auch für Hochtief ist die A7 ein gutesGeschäft. Das Konsortium mit Dif soll inden nächsten 30 Jahren eine Vergütungvon insgesamt mehr als einer MilliardeEuro für den Ausbau und den Betrieb des60 Kilometer langen Teilstücks vom Bunderhalten. Kein Wunder, dass Hochtief aufÖPP-Modelle setzt. Laut Geschäftsberichtsoll das Bauvolumen in diesem Bereichvon 300 Millionen Euro jährlich auf eineMilliarde Euro steigen.

Von einer Privatisierung der Autobah-nen will Matuschka allerdings nichts wis-sen, er spricht lieber von einer neuen Formder „Arbeitsteilung“. Sein Konzern könneder öffentlichen Hand helfen, den Investi-tionsstau zu beseitigen, sagt der Manager.„Wir haben eine große Aufgabe, die erfülltwerden muss.“

Der Kritiker

Holger Mühlenkamp untersucht seit vielenJahren die Finanzierung von Autobahnen.Der BWL-Professor von der Universitätfür Verwaltungswissenschaften in Speyerbetont gern, dass er Ökonom sei, dass esihm um Effizienz gehe. Der Staat machenicht alles besser. „Ich bin kein Ideologe“,sagt Mühlenkamp.

Doch für ÖPP-Projekte hat Mühlen-kamp wenig übrig. Das fange schon beimNamen an: „Öffentlich-Private Partner-schaften ist ein Suggestivbegriff – die privaten Investoren sind keine Partner,

das sind Vertragsparteien,die ihren Gewinn optimierenwollen.“

Er bestreitet nicht, dassKonsortien die Autobahnenerst mal günstiger ausbauenkönnen als der Staat. DasProblem sei, was danach pas -siere. Die privaten Bauher-ren könnten versuchen, ihreErlöse mithilfe von „Ver -tragslücken“ in die Höhe zu treiben.

Kein Vertrag könne alleEntwicklungen der kommen-den 30 Jahre abdecken, sagtMühlenkamp. Was passierezum Beispiel, wenn die EUin der Zwischenzeit über -große Lastkraftwagen, „Gi -ga liner“, zulasse, die einen größeren Verschleiß der Straßen verursachten? Imschlechtesten Fall mache derBetreiber neue Kosten gel-tend. Dann würden die Pro-jekte schnell teurer. SolcheRisiken ließen sich aber nicht

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Baustelle auf der A7 bei Hamburg

A7

A7

Bau-

abschnitte

Bordes-holm

Neumünster

Norder-stedt

Kaltenkirchen

Quickborn

Schnelsen

HAMBURG

Streckenlänge65 kmBauzeitEnde 2014 bis Ende 2018Ausgaben des Bundes bis 2044:1,55 Mrd. €

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prüfen, weil die Verträge, wie bei der A7,geheim blieben.

Auf Politiker wie Alexander Dobrindtist Mühlenkamp nicht gut zu sprechen.Der Minister lasse sich auf ÖPP ein, weiler in Zeiten der Schuldenbremse ansons-ten immer weniger Autobahnen bauenkönne. Doch die Ausgaben verschwändenja nicht. Sie würden nur auf die privatenBetreiber ausgelagert, die sich ihre Kostenspäter vom Staat erstatten ließen.

Der Professor spricht von „erheblichenSchattenhaushalten“ und davon, dass zukünftigen Generationen finanzielleSpielräume genommen würden. Ähnlichargumentiert der Bundesrechnungshof,der im Sommer 2014 ein vernichtendesGutachten zu ÖPP-Modellen für den Bun-destag verfasste. Die Prüfer kommen zudem Schluss, dass die bisherigen Projektedeutlich teurer seien als die her -kömmlichen Vergaben. Für Holger Müh-lenkamp steht fest: „Da ist eine große Koalition aus Politik, Industrie und Ban-kenwirtschaft auf Kosten des Steuer -zahlers am Werk.“

Die Berater

Ein Büro an den Hohen Bleichen, in besterHamburger Lage. Beim hanseatischen Ab-leger der Kanzlei Freshfields BruckhausDeringer sieht es fast aus wie in einem Mu-seum. An den Wänden hängen Werke vonJoseph Beuys und Sigmar Polke. Die Kon-ferenzräume heißen „Zivilcourage“, „Tole -ranz“ oder „Krawall“.

Freshfields-Partner Michael Schäfer, 50,kümmert sich nicht nur um das Kunstkon-zept des Hauses, sondern auch um Öffent-lich-Private Partnerschaften. Wie kaum einZweiter hat Schäfer den deutschen ÖPP-Markt vorangetrieben. 2003 schrieb er imAuftrag der Bundesregierung am erstengrößeren Gutachten zur Einführung vonÖPP-Modellen mit. Im Bundestag trat erim Jahr zuvor als Experte für das ThemaFern straßenprivatisierung auf.

Einige Jahre später half Schäfer einerLobbyorganisation der Finanzwirtschaftnamens Initiative Finanzstandort Deutsch-land, die ÖPP Deutschland AG zu grün-den. Die halbstaatliche Beratungsgesell-schaft soll Bund, Ländern und Kommunenbei der privaten Finanzierung ihrer Infra-struktur helfen. Schäfer verfasste mit sei-nen Leuten das Rechtsgutachten.

Er war auch 2007 dabei, als es in Ge-sprächen mit Vertretern des Bundesfinanz-ministeriums darum ging, den Fahrplanfür die Gründung der ÖPP DeutschlandAG abzustimmen. Die Vorarbeiten habenspäter wohl nicht geschadet. Hochtief si-cherte sich bei der A7 die Expertise desFreshfields-Juristen – und erhielt schließ-lich den Zuschlag für den Ausbau.

Das Gespräch mit Schäfer dauert zweiStunden. Es geht viel um Effizienzgewinne

bei ÖPP: die angeblich bessere Qualitätder Straßen, die Entlastung des Haushalts.Ähnlich wie Matuschka von Hochtiefzeichnet der Anwalt das Bild eines über-forderten Staats, der Großprojekte wie dieA7 privaten Betreibern überlassen sollte.

Spricht man Schäfer aber auf seine Lob-byarbeit in Sachen ÖPP an, verschwindetdas Lächeln, und sein Blick schweift ausdem Fenster. Das Thema ist dem Anwaltunangenehm, am Ende möchte er wie folgtzitiert werden: „Die ÖPP-Beratung nimmtinsgesamt in unserer Beratungspraxis ei-nen verhältnismäßig kleinen Raum ein.“

Tatsächlich waren bei Freshfields inHamburg, Frankfurt, München und Lon-don allein in Sachen A7 zwölf Anwältebeteiligt. Schäfer und seine Kollegen wa-ren bislang bei jedem ÖPP-Projekt aufDeutschlands Autobahnen als Berater da-bei, insgesamt in neun Fällen.

Nicht nur bei Freshfields fällt auf, dassdieselben Leute kassieren, die seit Jahrenals Lobbyisten von Öffentlich-Privaten Part-nerschaften auftreten. Sie erhalten satte Ho-norare für Leistungen, die nie anfielen, träteder Bund wie bisher üblich als Bauherr auf.

Michael Werner von der Kanzlei NortonRose Fulbright etwa war zwischen 2002und 2007 Mitglied in zwei Kommissionenim Bundestag, die sich mit ÖPP-Modellenbeschäftigten. Für eine Projektarbeitsgrup-pe „Öffentlich-Private Partnerschaften“der Fraktionen von Union und SPD ver-schickte er Einladungen und Arbeitspa-piere. Auch danach blieb Werner dem The-ma treu – mit seiner Kanzlei beriet er dasBundesverkehrsministerium bei der A7.

Problematisch erscheint auch die Rollevon Hans Wilhelm Alfen. Der BWL-Pro-fessor aus Weimar arbeitete früher beiHochtief und leitete zuletzt ein jährliches„Betriebswirtschaftliches Symposium-

Bau“, das sich selbst mal als „eine der be-deutendsten Veranstaltungen zum ThemaÖPP“ bezeichnete. Hochtief hat das Sym-posium seit 2009 mit insgesamt 38000 Eurogesponsert. Alfen gehörte nun zu dem Be-raterteam, das den Bund bei der Vergabedes A7-Projekts unterstützte. Den Ver-dacht einer zu großen Nähe zu Hochtiefweist er auf Anfrage zurück. Das Sympo-sium werde von der Uni Weimar veran-staltet – er sei nur der „Spiritus Rector“.

Der Arbeiter

Jürgen Frankl, 47, rollt mit einem orange-farbenen Minilaster über die A7. Der Stre-ckenwart kennt jedes Schlagloch zwischenKilometer 90 und 144, von der Landesgren-ze Hamburg bis Neumünster – das ist seinEinsatzgebiet.

Seit 27 Jahren ist Frankl für die Auto-bahn- und Straßenmeisterei Quickborn un-terwegs, rund 40000 Kilometer im Jahr, ersperrt Ölspuren ab oder sichert Unfallstel-len. Kommt Frankl an einer Fußgänger-brücke vorbei, spricht er nicht von einerBrücke, sondern von Bauwerk 415. „Manidentifiziert sich mit dem Job“, sagt er.

Der Streckenwart stellt sich schon aufseinen Abschied ein, am 30. April ist seinletzter Arbeitstag auf der A7. Auf seineralten Strecke darf Frankl dann nicht mehrfahren. Der Abschnitt wird in die Obhutder privaten Betreiber übergeben.

Das Konsortium um Hochtief hat bereitsStellen ausgeschrieben, Frankl könntewechseln und die A7 künftig im Auftragder Privatwirtschaft betreuen. Doch derHüne mit dem Irokesen-Haarschnitt willbei seinen Kollegen von der Autobahnmeis-terei bleiben, die bald nur noch Straßen-meisterei heißt. Frankl wird in Zukunft aufLandstraßen unterwegs sein. „Ein büschenschade ist das schon“, sagt er. Sven Becker

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Vorstand Matuschka (o.), Kritiker Mühlenkamp (M.), Berater Schäfer (u.), Streckenwart Frankl

Rollt der Verkehr, fließt das Geld