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2. LIEDERABEND CLAUDE DEBUSSY, DER TONMALER ODER DES MONSIEUR CROCHE DIE SONNENUNTERGÄNGE

DER TONMALER ODER DIE SONNENUNTERGÄNGE

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2. LIEDERABEND

CLAUDE DEBUSSY,DER TONMALERODER

DESMONSIEUR CROCHEDIE SONNENUNTERGÄNGE

2. LIEDERABEND – CLAUDE DEBUSSY, DER TONMALER ODER DIE SONNENUNTERGÄNGE DES MONSIEUR CROCHE

Claude Debussy (1862 – 1918) Apparition, CD 57 (1926) Ballades des femmes de Paris, L 119 Nr. 3 (1910) aus Ballades de Villon, CD 126 (1910)

La chevelure, Nr. 2 aus Trois chansons de Bilitis, CD 97 (1899)

Cloches à travers les feuilles, Nr. 1 aus Images pour piano 2, CD 120 (1908)

Defleurs,Nr.3 aus Proses lyriques, CD 90 (1895)

Green, Nr. 5 aus Ariettes oubliées

Uliana Alexyuk Sopran Ilkin Alpay SopranAlexandra Kadurina Mezzosopran Renatus Meszar BassbaritonGunnar Schmidt Schauspieler François Salignat Klavier

François Salignat, Pascal Paul-Harang & Patric Seibert Konzept Pascal Paul-Harang Übersetzung

SEI RUHIG, O MEIN SCHMERZ, UND HALTE STILL! DEN ABEND WOLLTEST DU, SIEH DA, ER KOMMT. EINE DÜSTERE STIMMUNG LEGT SICH AUF DIE STADT,DEN EINEN BRINGT SIE RUHE, DEN ANDEREN KUMMER.

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03.02.20 19.00 KLEINES HAUSDauer ca. 1 ½ Stunden, eine Pause

Clair de lune, Nr. 3 aus Fêtes galantes 1, CD 86 (1903)

Colloque sentimental, Nr. 3 aus Fêtes galantes 2, CD 114 (1904)

La mer est plus belle aus Trois mélodies, CD 85 (1901)

Golliwog’s cake-walk, Nr. 6 aus Children’s corner, CD 119 (1908)

Les ingénus, Nr. 1 aus Fêtes galantes 2 Mouvement, Nr. 3 aus Images pour piano 1, CD 105 (1905)

Je tremble en voyant ton visage, Nr. 3 aus Le promenoir des deux amants, L 118 (1910)

Noël des enfants qui n’ont pas de maison, CD 147 (1916)

Recueillement, Nr. 4 aus Cinq poèmes de Baudelaire, CD 70 (1902 – 1904)

L’isle joyeuse, CD 109 (1904)

Die Reihenfolge der Lieder am Abend kann von der gedruckten abweichen.

MEINE TRÄUMEREI PFLEGTE MICH ZU QUÄLEN UND BERAUSCHTE SICH SCHADENFROH AN DIESEM DUFT VON TRAURIGKEIT

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Claude Debussy (1862 – 1915)

ApparitionText von Stéphane Mallarmé(1842–1898)

La lune s‘attristait. Des séraphins en pleurs rêvant, l‘archet aux doigts, dans le calmedesfleursvaporeuses,tiraient de mourantes violesde blancs sanglots glissant sur l‘azur des corolles.C‘était le jour béni de ton premier baiser.

Ma songerie aimant à me martyrisers‘enivrait savamment du parfum de tris-tesseque même sans regret et sans déboire laissela cueillaison d‘un rêve au cœur qui l‘a cueilli.J‘errais donc, l‘œil rivé sur le pavé vieilli

quand avec du soleil aux cheveux, dans la rueet dans le soir, tu m‘es en riant apparueet j‘ai cru voir la fée au chapeau de clarté

qui jadis sur mes beaux sommeils d‘enfant gâté passait, laissant toujours de ses mains mal ferméesneiger de blancs bouquets d‘étoiles parfumées.

Erscheinung

Traurig war der Mond. Seraphim in Tränenträumten in der duftigen Stille der Blumen vor sich hin,ihren schmachtenden Violinen entlockten sie weiße Seufzer, die auf die blauen Blü-tenflossen.Es war ein hehrer Tag: Du gabst mir deinen ersten Kuss.MeineTräumereipflegtemichzuquälen,und berauschte sich schadenfroh an die-sem Duft von Traurigkeit,dienachdemgepflücktenTraumebleibt– selbst ohne Bitternis oder Abfuhr – im träumenden Herzen.

So schweifte ich, mein Blick starrte auf dasaltePflaster,als am Abend in der Straße mit Sonnen-licht im Haardu mir erschienst mit lachendem Gesicht:Da glaubte ich, jene Fee im Strahlenkranz zu sehen,die mich, verwöhntes Kind, in meinem schönen Schlummer einst besuchteund aus ihren halbverschlossenen Händenweiße Sträuße duftender Sterne schneien ließ.

SpleenText von Paul Verlaine

Les roses étaient toutes rougeset les lierres étaient tout noirs.

Chère, pour peu que tu te bougesrenaissent tous mes désespoirs.

Le ciel était trop bleu, trop tendre,la mer trop verte et l‘air trop doux.

Je crains toujours, ce qu‘est d‘attendrequelque fuite atroce de vous.

Du houx à la feuille vernieet du luisant buis je suis las,

etdelacampagneinfinieet de tout, fors de vous, hélas!

Spleen

So rot waren die Rosenund so schwarz der Efeu.

Liebste, ein Wink von dirundmeineganzeVerzweiflungistneuerwacht.Zu blau, zu zart war der Himmel,das Meer zu grün, die Luft zu mild.

Stets fürchte ich, – das kommt davon, dei-ner zu harren! dass du – ach, wie schreck-lich!–michfliehst.Des Lacks der Stechpalme bin ich müde,ebenso des glänzenden Buchsbaums,

und der endlosen Landschaften,und alles, ach! nur deiner nicht!

ZU BLAU, ZU ZART WAR DER HIMMEL,DAS MEER ZU GRÜN, DIE LUFT ZU MILD.

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Ballades des femmes de ParisText von François Villon (1431 – 1463)

Quoy qu‘on tient belles langagièresFlorentines, Veniciennesassez pour estre messaigièreset mesmement les anciennes;mais, soient Lombardes, Romaines

Genevoises, à mes perilsPiemontoises, Savoysiennes –il n‘est bon bec que de Paris.

De beau parler tiennent chayeresce dit-on Napolitaineset que sont bonnes cacquetièresAllemandes et Bruciennes;soient Grecques, Egyptiennesde Hongrie ou d‘aultre païsEspaignolles ou Castellannes –il n‘est bon bec que de Paris.

Brettes, Suysses,n‘y sçavent guèrresne Gasconnes et Tholouzaines;du Petit Pont deux harangères les conclu-ront et les LorrainesAnglesches ou Callaisiennes(ay-je beaucoup de lieux compris?)Picardes, de Valenciennes –il n‘est bon bec que de Paris.

Prince, aux dames parisiennesde bien parler donnez le prix;quoy qu‘on die d‘Italiennesil n‘est bon bec que de Paris.

Balladen über die Frauen von ParisÜbersetzung von Paul Zech

Schöne Frauen gibt es überallauf der weit und breiten Erdenwelt,ob am Tiber oder Senegal,im Palast und im Zigeunerzelt,ob sie braun sind oder schwarz verbrannt,ob von Flandern oder Samarkand,Japanesin oder Niggerweib,Ebenholz- und Alabasterleib:Keine Frau auf Erden küsst so süßwie die schönen Frauen von Paris.

Auch in Polen und in Wien und Rom,in der Steppe und vom Kaukasusbis zum Nil und Amazonenstromsind die Frauen wild nach einem Kuss.Auch in Preußen, Holland und Madrid,(Eskimo und Lappen zählen mit!)wird von früh bis Mitternacht geküsst.Aber dass ihr auch noch dieses wisst:Keine Frau auf Erden küsst so süß,wie die schönen Frauen von Paris.

Selbst die Fraun im grauen Altertum:Königin von Saba, Niobe,Dalila, Astarte, und der Ruhmder Lucinde, Sappho, Kandacé,Helena, Lacmé und Potiphar,muss verblassen und ins Nichts zergehnwie der weiße Schnee, der gestern war.Nur das Wort, das soll hier bleiben stehn:Keine Frau auf Erden küsst so süß,wie die schönen Frauen von Paris.

Drum hab ich nicht lange nachgedachtund auf ihren Leib dies Lied gemacht:Keine Frau auf Erden küsst so süß,wie die schönen Frauen von Paris.

La chevelureText von Pierre Louÿs (1870 – 1925)

Il m‘a dit: „Cette nuit, j‘ai rêvéj‘avais ta chevelure autour de mon cou.

J‘avais tes cheveux comme un collier noirautour de ma nuque et sur ma poitrine.“

„Je les caressais, et c‘étaient les miens,

et nous étions liés pour toujours ainsipar la même chevelure,la bouche sur la boucheainsi que deux lauriers n‘ont souvent qu‘une racine.“

„Et peu à peu, il m‘a semblétant nos membres étaient confondusque je devenais toi-mêmeou que tu entrais en moi comme mon songe.“

Quand il eut achevéil mit doucement ses mains sur mes épauleset il me regarda d‘un regard si tendreque je baissai les yeux avec un frisson.

Das Haar

Er sprach zu mir: „Heute Nacht habe ich geträumt, ich hätte dein Haar um meinem Hals.Deine Haare waren wie ein schwarzes Geschmeide um meinen Nacken und auf meiner Brust.“„Ich streichelte sie, als seien es meine eigenen,so waren wir für alle Zeit verbunden,durch dasselbe Haar, Mund an Mund,so wie zwei Lorbeeren oft nur eineWurzel haben.“

„Und nach und nach, so schien es mir,verwirrten sich unsere Glieder so,auf dass ich du wurde,oder du gingst wie mein Traum in mich hinein.“

Als er zu Ende war,legte er seine Hände sanft auf meine Schultern,und schaute mich so zärtlich an,dass ich schaudernd die Augen niederschlug.

NACH UND NACH VERWIRRTEN SICH UNSERE GLIEDER SO, DASS ICH DU WURDE.

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Von Blumen

In der trostlos grünen Trübsaldes Treibhauses der Schmerzenumschlingen die Blumen mein Herzmit ihren bösen Stielen.Ach! Meine lieben Hände, wann naht ihrwieder meinem Kopf, um ihn zärtlich zu entschlingen?Die großen violetten Schwertlilien verletzten arg deine Augen,indem sie deinen Blick zu spiegeln schienen –Augen, ihr wart das Wasser der Träumerei,in das meine Träume so sacht eintauchten,eingeschlossen in ihrer Farbe.Und die Lilien, fahle blütenduftende Wasserstrahlen,haben ihre weiße Anmut eingebüßtund sind nur noch arme Kranke ohne Son-ne.Sonne! Du Freundin der bösen Blumen,Mörderin der Träume, Mörderin der Wunschbilder, du Segen der elenden See-len!Kommt, rettende Hände!Zerbrecht die Glasscheiben der Lüge,zerbrecht die Glasscheiben der Flüche,an zu viel Sonne stirbt meine Seele!Schimären! Nimmer erblüht die Freude meiner Augen wieder,und müde sind meine Hände, zu beten,müde sind meine Augen, zu weinen!Ewig erschallt der verrückte Lärmder schwarzen Blüten der Trübsal,die tropfenweise auf meinen Kopf fallen,im Grün des Treibhauses der Schmerzen!

De fleursText von Claude Debussy

Dans l‘ennui si désolément vertde la serre de douleur,lesfleursenlacentmoncoeurde leurs tiges méchantes.Ah! quand reviendront autour de ma têteles chères mains si tendrement désen-laceuses?Les grands Iris violetsviolèrent méchamment tes yeux,ensemblantlesrefléter–Eux, qui furent l‘eau du songeoù plongèrent mes rêves si doucement,enclos en leur couleur.Et les lys, blancs jets d‘eau de pistils em-baumés,ont perdu leur grâce blanche,et ne sont plus que pauvres malades sans soleil.Soleil!amidesfleursmauvaises,tueur de rêves, tueur d‘illusions,ce pain béni des âmes misérables!

Venez! Les mains salvatrices!Brisez les vitres de mensonge,brisezlesvitresdemaléfice,mon âme meurt de trop de soleil!Mirages! Plusnerefleuriralajoiedemesyeux,et mes mains sont lasses de prier,mes yeux sont las de pleurer!Eternellement ce bruit foudes pétales noirs de l‘ennui,tombant goutte à goutte sur ma tête,dans le vert de la serre de douleur.

Grün

Hier hast du Früchte, Blumen, Blätter und Zweigeund hier hast du mein Herz dazu: Es schlägt für dich allein.Zerreiß es nicht mit deinen weißen Händen,möge die schlichte Gabe deinen schönen Augen lieb sein.

Vor dir stehe ich noch ganz von Tau bedeckt,den mir der Morgenwind an der Stirn ge-frieren lässt.Zu deinen Füßen lass mich zu Kräften kom-men, dass meine Müdigkeitvon den kostbaren Momenten der Erholung träumen kann.

Lass meinen Kopf auf deiner jungen Brust rollen,in ihm klingen noch deine letzten Küsse nach;lass ihn von dem Liebessturm ausruhen,dass ich ein wenig schlafe, da du selbst zur Ruhe kommst.

GreenText von Paul Verlaine

Voicidesfruits,desfleurs,desfeuillesetdes brancheset puis voici mon coeur qui ne bat que pour vous.Ne le déchirez pas avec vos deux mains blancheset qu’à vos yeux si beaux l’humble présent soit doux.

J’arrive tout couvert encore de roséeque le vent du matin vient glacer à mon front.Souffrezquemafatigueàvospiedsreposéerêve des chers instants qui la délasseront.

Sur votre jeune sein laissez rouler ma têtetoute sonore encor de vos derniers baisers;laissez-la s’apaiser de la bonne tempête,et que je dorme un peu puisque vous re-posez.

MÜDE SIND MEINE HÄNDE,ZU BETEN, MÜDE SIND MEINE AUGEN, ZU WEINEN!

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Licht des Mondes

Deine Seele ist eine erlesene Landschaft,durch die reizende Maskierte spazieren,

Laute spielend und tanzend, und beinahetraurig in ihren wunderlichen Verkleidungen!

In Moll besingen sieden Sieg der Liebe und die Gunst des Le-bens.Sie scheinen ihr Glück nicht zu fassen,Und ihr Lied verschmilzt mit dem Mond-schein.

Mit dem stillen, traurigen und schönen Mondschein,der die Vögel in den Bäumen zum Träumen bringtund die Wasserspiele vor Verzückung zum Schluchzen –die hohen, schlanken Wasserspiele in den Marmorbecken.

Liebesgeflüster

Im alten, einsamen, eisigen Parksind eben zwei Gestalten gegangen.TotsindihreAugenundschlaffihreLip-pen,und ihre Worte kann man kaum vernehmen.Im alten, einsamen, eisigen Parkhaben zwei Gespenster die Vergangenheit beschworen.„Erinnerst du dich an unsere einstige Ver-zückung?“„Warum wollen Sie denn, dass ich mich daran erinnere?“„Lässt mein Name noch immer dein Herz

Clair de luneText von Paul Verlaine

Votre âme est un paysage choisique vont charmant masques et bergamasquesjouant du luth et dansant et quasitristes sous leurs déguisements fantasques.

Tout en chantant sur le mode mineurl‘amour vainqueur et la vie opportune.

Ils n‘ont pas l‘air de croire à leur bonheur

et leur chanson se mêle au clair de lune.

Au calme clair de lune triste et beau,

qui fait rêver les oiseaux dans les arbres

et sangloter d‘extase les jets d‘eau,

les grands jets d‘eau sveltes parmi les marbres.

Colloque sentimentalText von Paul Verlaine

Dans le vieux parc solitaire et glacé, deux formes ont tout à l’heure passé.Leurs yeux sont morts et leur lèvres sont molles, et l’on entend à peine leurs paroles.Dans le vieux parc solitaire et glacé, deux spectres ont évoqué le passé.

„Te souvient-il de notre extase ancienne?“

„Pourquoi voulez-vous donc qu’il m’en souvienne?“„Ton cœur bat-il toujours à mon

schlagen?Siehst du noch meine Seele im Traum?“„Nein.“„Ach! Die schönen, unsagbaren Glücks-tage, als unsere Lippen sich vereinigten!“ „Das mag sein.“„Wie blau war der Himmel und groß die Hoffnung!“„DiebesiegteHoffnungistzumschwarzenHimmelentflohen.“So gingen sie durch wilde Haferfelder,und nur die Nacht vernahm ihre Worte.

Das Meer ist schöner

Das Meer ist schönerals alle Kathedralen,eine treue Amme,ein röchelndes Wiegenlied,das Meer, auf demdie heilige Maria betet!

Es hat alle Gaben,schreckliche und die milde.Ich höre seine Vergebung,das Grollen seines Zorns.Seine unermessliche Weitehat nichts von Starrsinn.

Oh! Wie geduldig,wenn auch gemein!Ein freundlicher Hauch geistertüber den Wellen und singt uns:„IhrHoffnungslosenwerdet ohne Leiden sterben!“

Und unter dem Himmel,der sich darin fröhlich spiegelt,erstrahlt es blau, rosa, grau und grün...Schöner als alle,besser als wir!

seul nom?Toujours vois-tu mon âme en rêve?“„Non.“„Ah! Les beaux jours de bonheur indicible où nous joignions nos bouches!“„C’est possible.“„Qu’il était bleu, le ciel, et grand l’espoir!“

„L’espoir a fui, vaincu, vers le ciel noir.“

Tels ils marchaient dans les avoines folles,et la nuit seule entendit leurs paroles.

La mer est plus belleText von Paul Verlaine

La mer est plus belleque les cathédrales,nourricefidèle,berceuse de râles,la mer qui priela Vierge Marie!

Elle a tous les donsterribles et doux.J‘entends ses pardonsgronder ses courroux.Cette immensitén‘a rien d‘entêté.

O! si patiente,même quand méchante!Unsouffleamihantela vague, et nous chante:„Vous sans espérance,mourezsanssouffrance!“

Et puis sous les cieuxqui s‘y rient plus clairs,elle a des airs bleus, roses, gris et verts...Plus belle que tous,meilleure que nous!

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Die Arglosen

Die hohen Absätze machten den langen Röckenzuschaffen,so dass je nach Boden und WindeineWadeunverhoffterschien,dieallzuoft prompt bedeckt wurde! Wie liebten wir dies Verstellspiel!

ManchmalvergriffsichderStacheleinerlästigen Mückeam Hals einer Schönen unter dem Laub,da blitzten weiße Nacken auf,der Anblick beglückte unsere jungen, liebestollen Augen.

Der Abend sank, ein zwielichtiger Herbstabend:Traumverloren schmiegten sich die Schönen an uns,und was sie uns dann leise vorlogen,lässt unsere Seele seither beben und staunen.

Ich zittere, denn ich sehe dein Antlitz

Ich zittere, denn ich sehe dein AntlitzmitmeinemVerlangendahinfließen,und ich fürchte, meine SeufzerließenesSchiffbruchleiden.

Hüte dich vor solchem Missgeschickund vertraue nicht so sorglosdiesem launischen Elementalle Schätze der Natur an.

Möchtest du mich durch ein süßes Privilegüber die Menschen stellen? So lasse mich aus deinen Händen trinken, falls deren Schnee nicht durch das Wasser schmilzt.

Les ingénusText von Paul Verlaine

Les hauts talons luttaient avec les longues jupes,en sorte que, selon le terrain et le vent,parfois luisaient des bas de jambes, trop souvent interceptés!Et nous aimions ce jeu de dupes!

Parfois aussi le dard d‘un insecte jalouxinquiétait le col des belles sous les branches,et c‘étaient des éclairs soudains des nu-ques blanches,et ce regal comblait nos jeunes yeux de fous.

Le soir tombait, un soir equivoque d‘automne:Les belles se pendant rêveuses à nos bras,

dirent alors des mots si spéciaux, tout bas,que notre âme, depuis ce temps, tremble et s‘étonne.

Je tremble en voyant ton visageText von Tristan L‘Hermite François(1601 – 1655)

Je tremble en voyant ton visageflotteravecquemesdésirs,tant j‘ai de peur que mes soupirsne lui fassent faire naufrage.

De crainte de cette aventure ne commets pas si librementàcetinfidèleélémenttous les trésors de la Nature.

Veux-tu, par un doux privilège,me mettre au-dessus des humains?Fais-moi boire au creux de tes mains,si l‘eau n‘en dissout point la neige.

Weihnachten der Kinder, die kein Haus mehr haben

Wir haben kein Haus mehr!Die Feinde haben uns alles genommen,bis hin auf unser kleines Bett!Die Schule haben sie niedergebrannt und unseren Lehrer mit.Die Kirche haben sie niedergebrannt und Monsieur Jesus Christus mit!Und auch den alten armen Mann, der nicht fliehenkonnte!WirhabenkeinHausmehr!Die Feinde haben uns alles genommen,bis hin zu unserem kleinen Bett!Natürlich ist Papa an der Front,unsere arme Mama starb,bevor sie dies alles sehen konnte.Nun, was wird aus uns werden?Weihnachtsfest! O kleines Weihnachtsfest! Geh nicht zu ihnen,geh nie wieder zu ihnen, bestraft sie!Räche die Kinder Frankreichs!Die kleinen Belgier, die kleinen Serben,und die kleinen Polen auch!Vergib uns, wenn wir jemanden vergessen haben.Weihnachtsfest! Weihnachtsfest! Und bloß kein Spielzeug! Sorge dafür, dass wir unser täglich Brot wiederhaben.Wir haben kein Haus mehr!Die Feinde haben uns alles genommen,bis hin zu unserem kleinen Bett!Die Schule haben sie niedergebrannt und unseren Lehrer mit.Die Kirche haben sie niedergebrannt und Monsieur Jesus Christus mit!Und auch den alten armen Mann, der nicht fliehenkonnte!Weihnachtsfest! Erhöre uns! Wir haben keine Schuhe mehr:Aber den Kindern Frankreichs gib den Sieg!

Noël des enfants qui n‘ont plus de maisonsText von Claude Debussy

Nous n‘avons plus de maisons!Les ennemis ont tout pris,Jusqu‘à notre petit lit!Ils ont brûlé l‘école et notre maître aussi.

Ils ont brûlé l‘église et monsieur Jésus-Christ!Et le vieux pauvre qui n‘a pas pu s‘en aller!Nous n‘avons plus de maisons!Les ennemis ont tout pris,jusqu‘à notre petit lit!Bien sûr! papa est à la guerre,pauvre maman est morteavant d‘avoir vu tout ça.Qu‘est-ce que l‘on va faire?Noël! petit Noël! n‘allez pas chez eux,n‘allez plus jamais chez eux,punissez-les!Vengez les enfants de France!Les petits Belges, les petits Serbes,et les petits Polonais aussi!Si nous en oublions, pardonnez-nous.

Noël! Noël! surtout, pas de joujoux,tâchez de nous redonner le pain quotidien.

Nous n‘avons plus de maisons!Les ennemis ont tout pris,jusqu‘à notre petit lit!Ils ont brûlé l‘école et notre maître aussi.

Ils ont brûlé l‘église et monsieur Jésus-Christ!Et le vieux pauvre qui n‘a pas pu s‘en aller!

Noël! écoutez-nous, nous n‘avons plus de petits sabots:Mais donnez la victoire aux enfants de France!

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Andacht

Sei ruhig, o mein Schmerz, und halte still!Den Abend wolltest du, sieh da, er kommt.Eine düstere Stimmung legt sich auf die Stadt,

den einen bringt sie Ruhe, den anderen Kummer. Während der gemeine Haufen der Sterblichen, gepeitscht vom Spaß, dem gnadenlosen Scharfrichter, sich ein schlechtes Gewissen kauft,o du mein Schmerz, gib mir die Hand, komm zu mir her.

Von ihnen weg! Sieh, wie die toten Jahrein alten Gewändern vom Balkon des Him-mels herunterwinken,und wie die lächelnde Sehnsucht aus den tiefsten Wassern auftaucht,wie die Sonne in einem Gewölbe untergeht,und sieh dies Leichentuch, das vom Osten über uns gezogen wird,

höre, lieber Schmerz, höre, die milde Nacht heranschreiten!

RecueillementText von Charles Baudelaire (1821 – 1867)

Sois sage, ô ma Douleur, et tiens-toi plus tranquille.Tu réclamais le Soir; il descend; le voici.Une atmosphère obscure enveloppe la ville,aux uns portant la paix, aux autres le souci.Pendant que des mortels la multitude vile,sous le fouet du plaisir, ce bourreau sans merci,va cueillir des remords dans la fête servile,ma douleur, donne-moi la main; viens par ici.

Loin d‘eux. Vois se pencher les défuntes années,sur les balcons du ciel, en robes surannées,surgir du fond des eaux le regret souriant.

Le soleil moribond s‘endormir sous une arche,et, comme un long linceul traînant à l‘Orient,entends, ma chère, entends la douce nuit qui marche!

ULIANA ALEXYUK Sopran

Die ukrainische Sopranistin stammt aus Kiew und war von 2009 bis 2011 Mitglied im Opernstudio des Moskauer Bolschoi Thea-ters, wo sie 2010 als Erste Dame in der Zau-berflöte debütierte. Als Opernstudio-Mit-glied der Houston Grand Opera debütierte sie 2013/14 in den USA und wurde u. a. als Gilda in Rigoletto und Ivette in Weinbergs Passagierin gefeiert. Seit der Spielzeit 2014/15 gastierte sie am STAATSTHEATER u. a. als Musetta in La bohème. In der fol-genden Spielzeit kam sie fest ins Ensemble und sang seither u. a. Nanetta in Falstaff, Giulietta in I Capuleti e i Montecchi, Blonde in Die Entführung aus dem Serail, Frasquita in Carmen, Adina in Der Liebestrank, Ivette in Weinbergs Passagierin, Waldvogel in Sieg-fried, Servilia in La clemenza di Tito, Celia in Lucio Silla sowie die Titelrolle in Gounods Roméo et Juliette. In der Spielzeit 2019/20 ist sie u. a. mit der Titelpartie im Schlauen Füchslein, als Pamina in der Zauberflöte, Gretel in Hänsel und Gretel sowie als Olym-pia in Hoffmanns Erzählungen zu erleben.

ILKIN ALPAY Sopran

Die türkische Sopranistin studierte Gesang und Philosophie in ihrer Heimatstadt Ankara und gewann 2016 gewann den 1. Preis beim 18. Siemens-Gesangswettbewerb Istanbul. Seit 2016 ist sie Mitglied im Opernstudio des STAATSTHEATERS, wo sie zunächst Parti-en wie Gianetta im Liebestrank, Papagena in der Zauberflöte, Taumännchen in Hänsel und Gretel, Cupido in Semele und Barbarina in der Hochzeit des Figaro übernahm. 2017 debütierte sie mit einem Solo Recital in der New Yorker Carnegie Hall sowie als Solistin in Ahmed Adnan Sayguns Yunus Emre Ora-torio im Berliner Konzerthaus. Zuletzt war sie u. a. als Schopfhenne/Specht im Schlau-en Füchslein, Magd Amelias in Simon Boc-canegra, Ännchen im Freischütz sowie als Yniold in Pelleas und Melisande zu erleben. Während ihres Masterstudiums an der Hochschule für Musik Karlsruhe erhielt sie 2020 das Bayreuth-Stipendium der Richard-Wagner-Stipendienstiftung. Ab März 2020 singt sie die Titelpartie in Grigori Frids Mo-nooper Das Tagebuch der Anne Frank.

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RENATUS MESZAR Bassbariton

Der studierte Kirchenmusiker gab seinOperndebüt bei der Münchner Musikthea-ter-Biennale 1990. Von 1992 bis 1995 warer Mitglied des NDR-Rundfunkchores,bevor er 1995 als Solist ans StaatstheaterBraunschweig wechselte. 2006/07 wechsel-te der Preisträger mehrerer internationaler Gesangswettbewerbe ans Nationalthea-ter Weimar. Nach einem Engagement an der Oper Bonn wechselte Meszar 2012 ans STAATSTHEATER, wo er bisher u. a. Landgraf in Tannhäuser, Swallow in Peter Grimes, Sarastro in Die Zauberflöte, Wotan und Wanderer im Ring des Nibelungen, Ge-neral Groves in Doctor Atomic, die Titelpar-tie im Fliegenden Holländer, Hans Sachs in Die Meistersinger von Nürnberg, Amfortas in Parsifal, König Marke in Tristan und Isol-de, Banquo in Macbeth und Hermann Levi in Wahnfried sang. In der Spielzeit 2019/20 ist er u. a. als Sprecher in der Zauberflöte, Golaud in Pelleas und Melisande, Orest in Elektra, Leporello in Don Giovanni sowie mit der Titelpartie in Wozzeck zu erleben.

ALEXANDRA KADURINA Mezzosopran

Die Kiever Mezzospranistin gehört dem Ensemble des STAATSTHEATERS seit 2017/18 an. Hier sang sie Sesto in Titus, Smeton in Anna Bolena, Stéphano in Roméo et Juliette, Ino in Semele, Wellgunde in Rheingold, Grimgerde in Walküre und Flora in La traviata. Große Erfolge feierte sie am Moskauer Bolshoi-Theater als Dorabella in Floris Vissers Così fan tutte, Lel in einer Neu-inszenierung von Rimski-Korsakovs Schnee-flöckchen, Cherubino in der Hochzeit des Figaro, Octavian im Rosenkavalier sowie als Fjodor in Boris Godunow. An der Komischen Oper Berlin gastierte sie als Muse / Nicklaus in Hoffmanns Erzählungen, eine Partie, die sie auch in Floris Vissers Karlsruher Neuin-szenierung sang. An der Pariser Oper und am Teatro Real in Madrid war sie in Philippe Fenelons Kirschgarten zu hören. Sie studier-te am Konservatorium ihrer Heimatstadt und vervollständigte ihre Ausbildung im Opern-studio des Bolshoi-Theaters. In der Spielzeit 2019/20 übernimmt sie u. a. die weibliche Titelpartie in Pelleas und Melisande.

GUNNAR SCHMIDT Schauspieler

Gunnar Schmidt wurde 1966 in Kiel geborenund absolvierte seine Schauspielausbildungin Hamburg. Zunächst spielte er im SchmidtsTivoli auf der Hamburger Reeperbahn undgastierte am Deutschen Schauspielhaus.Sein erstes Festengagement führte ihn nachWilhelmshaven.WeitereberuflicheStatio-nen waren das Theater „Die Tonne“ in Reut-lingen, die Städtischen Bühnen in Münster und das Landestheater in Tübingen. Seit 2002 ist der Vater von vier Kindern am STAATSTHEATER KARLSRUHE engagiert. Hier spielte er u. a. in Cabaret, Eine Fami-lie und in dem Musical Big Money. In den letzten Jahren stand er in Spamalot, Small Town Boy, Der Krüppel von Inishmaan, Terror und Tiger und Löwe auf der Bühne. In der Spielzeit 2019/20 ist er in Stolpersteine Staatstheater, Am Königsweg, Mein Jahr ohne Udo Jürgens sowie Struwwelpeter – Shockheaded Peter zu sehen. Außerdem ist er als Erzähler und Spieler in zahlreichen Kinderkammerkonzerten und Kammerkon-zerten zu erleben.

FRANÇOIS SALIGNAT Klavier

François Salignat studierte Klavier und Liedbegleitung am Konservatorium Lyon und an der Londoner Guildhall School sowie Korrepetition am National Opera Studio London. In England erhielt er u. a. den Ge-rald Moore-Preis. Zu seinen Lehrern zählen Graham Johnson, Malcom Martineau, Roger Vignoles und Semion Skigin. Solistisch trat er mit dem European Union Youth Orchestra, London Arts Orchestra und Hamburger Phil-harmonischen Orchester auf. Als Korrepeti-tor wirkte er an den Opern Hamburg, Brüs-sel, Frankfurt a. M., Mannheim und Mainz sowie seit 2016 am STAATSTHEATER. Er assistierte bei den Innsbrucker und Bregen-zer Festspielen und leitet ein Kammermusik-Festival in Burgund. Seine CD Being Beau-teous mit der Sopranistin Eva Resch wurde für den Preis der Deutschen Schallplatten Kritik 2016 nominiert. Er ist Lehrbeauftragter Korrepetitor an der Opernschule der Hoch-schule für Musik Karlsruhe. Ab Juni 2020 übernimmt er die künstleriche Leitung des KIT Kammerorchesters.

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IMPRESSUM

HERAUSGEBER STAATSTHEATER KARLSRUHE

GENERALINTENDANT Peter Spuhler

GESCHÄFTSFÜHRENDER DIREKTORJohannes Graf-Hauber

OPERNDIREKTORIN Nicole Braunger

REDAKTION Deborah Maier

MITARBEITAnna Guerrini

KONZEPT DOUBLE STANDARDS BERLIN www.doublestandards.net

GESTALTUNGCarla Maruscha Fellenz

DRUCK medialogik GmbH, Karlsruhe

BILDNACHWEISE

Titel Ariel Oscar GreíthS. 3 akg-imagesS. 7 akg-imagesS. 22 Ariel Oscar GreíthS. 23 Felix Grünschloß

TEXTNACHWEISE Urheber, die nicht zu erreichen waren, werden zwecks nachträglicher Rechte-abgeltung um Nachricht gebeten.

STAATSTHEATER KARLSRUHE 2018/19Programm Nr. 570WWW.STAATSTHEATER.KARLSRUHE.DE

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LIEDERABEND-ABONNENT*IN

LIEDERABENDE19/20

3. Liederabend – Invitation au Voyage – Einladung zur ReiseLieder von Strauss, Duparc & Tosti sowie von spanischen und italienischen Komponisten01.03.20 KLEINES HAUS

4. Liederabend – Yüksek TürkieKlassische und Volksmusik aus der Türkei11.04.20 KLEINES HAUS

5. Liederabend – Fahrende GesellenLieder von Mahler, Ravel und weiteren, darunter koreanischen Komponisten20.06.20 KLEINES HAUS

UND IHR LIED VERSCHWIMMT MIT DEM LICHT DES MONDES.