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Der Unterelbe-„Salzkeil“ Eine morphodynamische Bewertung Von HANS—JOACHIM DAMMSCHNEIDER Zusammenfassung Anhand der integrierenden Bewertung umfangreicher hydrographischer Meßreihen kann festgestellt werden, daß für den morphodynamisch kritischen Unterelbeabschnitt vor der Insel Rhinplatte (hier: intensive Unterhaltungsbaggerungen) der Parameter Salzgehalt eine sehr bedeu— tende Rolle spielt. In dieser Hinsicht systemsteuernd wirkt in erster Linie das Oberwasser der Elbe, welches bei Unterschreiten der „kritischen“ Grenze von 500 m3/s sowohl das Vordringen eines bodennahen Dichtestroms (incl. eines damit verbundenen bodennahen Materialtransports) auslöst, als auch vor allem eine (wasserbaulich negative) Veränderung der Gesamt—Morphodyna- mik durch tendenzielle Absenkung des Parameters „Wasserstand“, Verringerung der „Ebbdauer- überschüsse“ und Verlangsamung der „Strömungsgeschwindigkeiten“ bewirkt. Durch einen im Längsprofil der Unterelbe relativ zu großen Hauptelbe—Querschnitt entsteht auf diese Weise ein episodisches, d. h. zeitlich begrenztes Ansteigen der Sedimentationsraten, die aller Wahrscheinlichkeit nach besonders durch die tendenzielle Verschiebung des Flutstromanteils zu Lasten des Ebbstromanteils erhöht werden: Ein bodennaher Materialtransport kann unter diesen Umständen, unterstützt vom Dichtestrom, ein relatives „Mehr“ an Feinstsediment aus dem Bereich des Krautsander Watts/der Brammerbank bis auf Höhe Krautsand/Rhinplatte-Süd führen. Summary T/Je evalzration of namerous ljydrograp/Jic time series low t/Jat salz’nity plays an z’mportant role in t/Je morphological development and tlJe associated need for intensive dredging of t/Je “critical” oater Elbe secti072 before R/Jinplatte Island. T/Je river flow rate i5 a primavjr factor affecting t/Je salinity intmsion. W/Jen t/Jis i5 [e55 t/Jan 500 m3/S, bot/J a near bottom density cm‘rent anal its associated material transport as well as a general ClJange in t/Je total mm'pbodynamics occm: T/Je latter includes a redztction in water level, velocities anal ebb tide dm'ation. An episoa'ic i. e. time limited ina‘ease in t/Je sedimentation rate occars dae t0 t/Je relatively [arge main cross section in t/Jis Elbe reaC/J. T/Jis sediinentation i5 probably atrilmtable t0 tbe increase in t/Je ood tide dm‘ation relative t0 t/Jat of t/Je €191? tia'e. A near bottom material transport ca.22 lae in/Jancea’ by density ein-rents, anal t/Jas transfer relatively more fine sea'iment from t/Je Krazttsand inter—tidal zone and t/Je Brammerban/e t0 t/Je Upper Krautsand/R/Jinplatte. I n h a l t l. Untersuchungsgebiet und Problemansprache ......................... 30 2. Datenaufnahme und Bewertungsstrategie ........................... 35 3. Zeitliche und räumliche Veränderlichkeit des Chloridgehaltes im Unterelbebereich zwischen Brammerbank und Schwarztonnensand ...................... 37 3.1 Station 1 bei km 678,2 (Brammerbank) .......................... 37 3.2 Station 2 bei km 675,5 (Krautsander Watt) ........................ 39 3.3 Station 3 bei km 672,4 (Rhinplatte—Süd) ......................... 40 3.4 Station 4 bei km 669,5 (Schwarztonnensand) ....................... 40 3.5 Der Chloridgehalt im Längsprofil ............................. 42 4. Salzgehalt und Oberwasser .................................. 44 5. Schwebstoffgehalt und Strömungsgeschwindigkeit ...................... 46 6. Schriftenverzeichnis ...................................... 49

Der Unterelbe-„Salzkeil“ — Eine morphodynamische … · lerwettern) und Elb—km 675 (Bereich Glückstadt, siehe Abb. 1). ... um ein WSA—seitiges Meßprogramm als auch ein

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Der Unterelbe-„Salzkeil“ —

Eine morphodynamische Bewertung

Von HANS—JOACHIM DAMMSCHNEIDER

Zusammenfassung

Anhand der integrierenden Bewertung umfangreicher hydrographischer Meßreihen kannfestgestellt werden, daß für den morphodynamisch kritischen Unterelbeabschnitt vor der InselRhinplatte (hier: intensive Unterhaltungsbaggerungen) der Parameter Salzgehalt eine sehr bedeu—tende Rolle spielt. In dieser Hinsicht systemsteuernd wirkt in erster Linie das Oberwasser derElbe, welches bei Unterschreiten der „kritischen“ Grenze von 500 m3/s sowohl das Vordringeneines bodennahen Dichtestroms (incl. eines damit verbundenen bodennahen Materialtransports)auslöst, als auch vor allem eine (wasserbaulich negative) Veränderung der Gesamt—Morphodyna-mik durch tendenzielle Absenkung des Parameters „Wasserstand“, Verringerung der „Ebbdauer-überschüsse“ und Verlangsamung der „Strömungsgeschwindigkeiten“ bewirkt.Durch einen im Längsprofil der Unterelbe relativ zu großen Hauptelbe—Querschnitt entsteht

auf diese Weise ein episodisches, d. h. zeitlich begrenztes Ansteigen der Sedimentationsraten, diealler Wahrscheinlichkeit nach besonders durch die tendenzielle Verschiebung des Flutstromanteilszu Lasten des Ebbstromanteils erhöht werden: Ein bodennaher Materialtransport kann unterdiesen Umständen, unterstützt vom Dichtestrom, ein relatives „Mehr“ an Feinstsediment aus demBereich des Krautsander Watts/der Brammerbank bis auf Höhe Krautsand/Rhinplatte-Südführen.

Summary

T/Je evalzration of namerous ljydrograp/Jic time series low t/Jat salz’nity plays an z’mportantrole in t/Je morphological development and tlJe associated need for intensive dredging of t/Je“critical” oater Elbe secti072 before R/Jinplatte Island. T/Je river flow rate i5 a primavjr factoraffecting t/Je salinity intmsion. W/Jen t/Jis i5 [e55 t/Jan 500 m3/S, bot/J a near bottom density cm‘rentanal its associated material transport as well as a general ClJange in t/Je total mm'pbodynamics occm:T/Je latter includes a redztction in water level, velocities anal ebb tide dm'ation.An episoa'ic i. e. time limited ina‘ease in t/Je sedimentation rate occars dae t0 t/Je relatively

[arge main cross section in t/Jis Elbe reaC/J. T/Jis sediinentation i5 probably atrilmtable t0 tbe increasein t/Je flood tide dm‘ation relative t0 t/Jat of t/Je €191? tia'e. A near bottom material transport ca.22 laein/Jancea’ by density ein-rents, anal t/Jas transfer relatively more fine sea'iment from t/Je Krazttsandinter—tidal zone and t/Je Brammerban/e t0 t/Je Upper Krautsand/R/Jinplatte.

I n h a l t

l. Untersuchungsgebiet und Problemansprache ......................... 302. Datenaufnahme und Bewertungsstrategie ........................... 353. Zeitliche und räumliche Veränderlichkeit des Chloridgehaltes im Unterelbebereichzwischen Brammerbank und Schwarztonnensand ...................... 373.1 Station 1 bei km 678,2 (Brammerbank) .......................... 373.2 Station 2 bei km 675,5 (Krautsander Watt) ........................ 393.3 Station 3 bei km 672,4 (Rhinplatte—Süd) ......................... 403.4 Station 4 bei km 669,5 (Schwarztonnensand) ....................... 403.5 Der Chloridgehalt im Längsprofil ............................. 42

4. Salzgehalt und Oberwasser .................................. 445. Schwebstoffgehalt und Strömungsgeschwindigkeit ...................... 466. Schriftenverzeichnis ...................................... 49

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1. Untersuchungsgebiet und Problemansprache

Es ist bekannt, daß in Abhängigkeit von der Oberwasserführung der Elbe eine Verschie—bung der ästuarinen Brackwasserzone eintritt. Nach langläufiger Erfahrung befindet sich derobere Grenzbereich chloridreicheren (Boden-)Wassers im Mittel zwischen Elb—km 690 (Hol-lerwettern) und Elb—km 675 (Bereich Glückstadt, siehe Abb. 1).

Es ist jedoch auch bekannt, daß bei sehr geringen Oberwasserabflüssen (S 500 m3/s) einnachweisbarer „Salzkeil“ bis in den Bereich Schwarztonnensand (km 665) vorstoßen kann.

Da sowohl der I-Iauptelbebereich des o. a. Kerngebietes (Insel Rhinplatte/Krautsand) alsauch der Rand— bzw. Flachwasserbereich im Großraum der Brammerbank/des KrautsanderWattes in Hinblick auf die natürlichen Materialumlagerungen intensiv beobachtet werdenmuß (Grund: umfangreiche Sedimentbewegungen; s. DAMMSCHNEIDER, 1988), sollte demaperiodischen Vor-stoßen eines chloridreichen Wasserkörpers aus morphodynamischer Sichtverstärkte Beachtung geschenkt werden.(*)

Dies ist so zu verstehen, daß in ästuarinen Mischungszonen ein potentiell materialfällen—der/-ausflockender Prozeß stattfinden kann, der zu hohen Sedimentationsraten führt. Beson—ders augenfällig wird dies beispielsweise im Bereich des Schleusenvorhafens bei Brunsbüttel(NOK).Aber auch im Strom der Elbe können solche Verkopplungen von Systemeinflüssen zu

wasserbaulich negativen Vorgängen führen. Bisher ist allerdings kein unmittelbarer Nachweisfür die morphodynamische Wirksamkeit veränderlicher Salzeinflüsse, beispielsweise imBereich der bekannten Baggerstelle „Rhinplatte“ (Elb-Kilometer 671—676), geführt worden.Zwar liegen Dauermessungen der Leitfähigkeit aus dem Strombereich bei Bielenberg

(Meßstation der NWK, km 667.5) oder bei Krautsand (WSA Hamburg, km 672.4) vor,jedoch handelt es sich hierbei um nur bedingt bewertbare Ganglinien aus Wasseroberflächen-Beprobungen.Die eigentliche Problemzone, nämlich die sogenannte „Baggerstelle Rhinplatte“, befindet

sich jedoch im Tiefwasser — es ist geradezu das Hauptmerkmal der hier stattfindendenSedimentationen, daß diese als Massenproblem (l) nur im Fahrrinnenbereich zu beobachtensind (s. DAMMSCHNEIDER, 1989).

Hochauflösende Messungen von Systemzusammenhängen waren bisher einzig im Wat-tenbereich der Insel Rhinplatte möglich (s. Abb. 2). Die Ergebnisse zeigen (nach DAMM-SCHNEIDER, 1989), daß zwar sehr wohl ein Bezug zwischen Oberwasser, Strömungsgeschwin—digkeiten und Sedimentniveauveränderungen vorhanden ist, jedoch ergibt sich keine signifi-kante Korrelation zum Auftreten von Mindertiefen im Fahrrinnensektor.Der charakteristische Typus des Fahrrinneneintriebs vor der Insel Rhinplatte ist gekenn—

zeichnet durch einen

schlagartigen, aperiodischen und massenhaften

Anfall von sogenanntem „fluid mud“, der sich in Form eines „influvialen Schwemmfächers“flächenhaft ausbreitet.Fluid-mud kann als ein Material angesprochen werden, dessen Zusammensetzung zu

über 60 O/o aus Ton und Schluff (Fraktionen < 0,063 mm) besteht. Es weist eine sehr hohe

("") Das Untersuchungsprogramm „Salzkeil“ wurde vom Verfasser in seiner Tätigkeit als Leiter desgewässerkundlichen Büros des XVSA Hamburg initiiert. Bei dem Vorhaben handelt es sich sowohlum ein WSA—seitiges Meßprogramm als auch ein Forschungsunternehmen, das der Verfasser imRahmen eines Lehrauftrages mit Unterstützung der Universität Hamburg (Prof. Dr. G. Borchert)durchführte.

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Abb. 2: Bereich des Fahrrinnen-Eintriebs vor der Insel Rhinplatte (Unterelbe). Lage der Schlick—Meßstellenverteilung im Bereich der Insel-Watten (aus DAMMSCHNEIDER, 1989)

Wassersättigung auf und ist damit außerordentlich mobil: Bei vor Ort durchgeführtenSedimentansprachen rinnt das Material im wahrsten Sinne des Wortes „durch die Finger“. DerAnteil organischer Substanz ist (hier) meist überraschend gering und überschreitet so gut wienie 5 % des Trockengewichtes.

Wie erwähnt, geht das Auftreten von Mindertiefen nach bisherigen Untersuchungen innahezu allen Fällen einher mit dem „Einfließen“ von fluid—mud.Der nautische Nachweis der Mindertiefen ist in vielen Fällen mit Problemen verbunden,

da fluid—mud mit einer Dichte zwischen 1,2 und 1,4 Gamma nicht in jedem Fall durchEcholotungen reproduzierbar aufgenommen werden kann. Häufig ist die Mindertiefe nur alssogenannter „doppelter Horizont“ (DAMMSCHNEIDER, 1986) im Echoschrieb erkennbar.Dabei dürfte dieser obere fluid—mud—Horizont in vielen Fällen noch schiffbar sein (ASTER undMEYER, 1990), was jedoch aus Sicherheitsgründen (nautische Tiefe) im Bereich der Unterelbenicht praktiziert werden kann.

Unbekannt ist die Herkunft bzw. die Entstehung des fluid—mud. Kartenauswertungen,Analysen der Eintrieb-Sukzessionen, Verteilungsstatistiken der Baggereinsatzhäufigkeiten(S.DAMMSCHNEIDER, 1986) und flächenhafte Materialbeprobungen (BAEHR, 1990; s.Abb. 3)deuten einen Materialtransport aus den oberstromig der Rhinplatte gelegenen Bereichen vorBielenberg an.

Gezielte Messungen der Strömungsbedingungen bzw. der Variabilität der Sohlenverän-derungen zeigen bisher allerdings keine Hinweise auf die äußeren Entstehungs- und Bewe—gungsbedingungen von fluid-mud bzw. dem Fahrrinneneintrieb allgemein. Zwar sind bei—spielsweise gerade im Bereich vor der Insel Rhinplatte (km 672) bereits in Strömungsmeß-

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K/ Glückstadt

Schleswig—Holstein

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KrautsanderWatt

Abbildung 3: Ton— und Schluffverteilung imBereich der Hauptelbe bei"Rhinplatte Süd"(Elb—Kilometer 669 — 675)

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Abb. 3: Sedimentverteilung im Bereich der Insel Rhinplatte. Darstellung der Ton- und Schlufffraktion< 0,063 mm (in Gewicht-‘70) aus der Tiefwasser-Rasterbeprobung vom Juni 1989 (aus T. BAEHR, "1990)

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Abb. 4: Strömungs—Dauermessung bei Elb—Kilometer 672,5, nördlicher T0nnenstrich, Oberflächen— und„3 m über der Sohle“—Messung (Aufzeichnung des WSA Hamburg)

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fortlfd. Messungen (16 Mlnuten) der Tage

— Pegel Krautsand + Tlefe u.KN

Abb. 5: Sohlenniveau—Dauermessung bei Unterelbe—km 672, Tiefwasserbereich nahe der nördlichenFahrrinnenkante (Ausschnitt der Meßreihe vom 14. bis 25. 8. 1989)

reihen überraschende Geschwindigkeitseinbrüche aufgetreten, deren Ursache durchaus mitdem Transport von fluid-mud („zähes Wasser“) gesehen werden könnten (s. Abb. 4), konti—nuierliche Materialbeprobungen und im festen Zeitraster von 15 Minuten (l) an gleicher Stelledurchgeführte Sohlenhöhenkontrollen über eine volle Woche von einem fest stationiertenPonton aus erwiesen sich dann (zeitraumbedingt?) aber als ergebnislos — ein Eintrieb/fluid-mud—Transport fand während der bisher einmaligen Beobachtungsreihe (14.8.—25.8.1989,s. Abb. 5) nicht statt.("’)Hier bestehen (naturbedingt) Defizite im Wissensstand. Dies gilt insbesondere hinsicht—

lich der Wirkung des bei geringem Oberwasser stromauf bis in diesen Raum vorstoßendenbodennahen „Salz“-Wassers, dessen Existenz und Veränderlichkeit ebenfalls bereits anhandder Dauermessung vor der Insel Rhinplatte (14. 8.—25. 8. 1989) gezeigt werden kann(s.Abb. 6).Der in Abhängigkeit von der Oberwasserführung mit dem Flutstrom als „Salzkeil“ von

See her auftretende Vorstoß chloridreichen Bodenwassers besitzt mit größter Wahrscheinlich—keit einen (wenn auch nicht exakt definierten) Einfluß auf die Entstehung von fluid—mud.

Dies kann indirekt allein daraus geschlossen werden, daß das Auftreten von Mindertiefenbzw. die Notwendigkeit zu Fahrwasserbaggerungen in enger Kopplung zur Intensität derOberwasserführung steht:Die Wahrscheinlichkeit des Fahrwassereintriebs vor der Insel Rhinplatte steigt dann

extrem an, wenn der Oberwasserabfluß die Marke von 500 m3/s unterschreitet (s. Abb. 7).

(’i') Anmerkung zur Sohlenniveau—Dauermessung vor der Insel Rhinplatte, Abb. 5: Das Sohlen—niveau schwankt in einer Größenordnung von rd. i 10 cm um den Wert von 10,5 m unter KN.Es besteht zwischen dem 15.8.1989 und dem 18. 8. 1989 ein gewisser Trend zur Sohlabsenkung(statistisch ca. 5 cm), jedoch ist der Einfluß der halbtidigen Wasserstandsveränderlichkeit deut—licher erkennbar — bezogen auf KN treten „große“ Wassertiefen eher bei Tide—Niedrigwasser,„kleine“ Wassertiefen eher bei Tide—Hochwasser auf. Es könnte sich hierbei auch um denunfreiwillig dokumentierten Effekt eines Wasser-Spiegelgefälles zwischen Pegel und Meßstellehandeln. Eine absolute Verifizierung der Wirkung der Tide(—strömung) auf das Sohlenniveau istdeshalb z. Zt. noch offen.

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Thw-Erelgnisse 14.8.-25.8.1989

—*— Leitfähigkelt (Thw) + Q ND

Abb. 6: Leitfähigkeits—Dauermessung bei Unterelbe-km 672. Darstellung des Verhältnisses „Leitfähig—keit“ zu „Oberwasser“ (Meßreihe vom 14. 8. bis 25. 8. 1989, Datenaufnahme fortlaufend jeweils bei

Thw)

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Monate/Jahr

+ Baggermenge l:l Tage Q"500 "13/399

Abb. 7: Oberwasserveränderungen der Elbe und Baggermengen—Entwicklung im Bereich „Rhinplatte“zwischen Januar 1987 und Dezember 1990 (nach Unterlagen des WSA Hamburg)

Nun ist es im Grunde jedem Fachmann klar, daß nicht „das“ Oberwasser zu Mindertie—fen führt. Vielmehr trägt eine Verminderung der Oberwasserführung über eine Kette vonSystemabhängigkeiten tendenziell bei zua) einem Absinken der Tidehochwasserstände,b) Verminderung der Ebbdauerüberschüsse,c) Verringerung der mittleren Strömungsgeschwindigkeiten undd) einem Vorstoßen des Salzwasserkeils stromauf.

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Die Punkte a) bis c) sind (nach DAMMSCHNEIDER, 1989) im Bereich der Inselwatten auf derRhinplatte nachweislich sedimentologisch wirksam. D. h., der Einfluß der Parameter „Tide—hochwasserstand“, „Ebbdauer“ und „mittlere Strömungsgeschwindigkeit“ läßt sich mittelbarin der Veränderung der Sedimentniveaus der Inselwatten ablesen.Die Wirksamkeit der Salzgehaltsschwankungen hinsichtlich einer Schlickbildung oder

Sediment—„Massen“—Veränderung läßt sich allerdings bisher nicht direkt belegen — hier bestehteine Lücke, die zu füllen ist.

2. Datenaufnahme und Bewertungsstrategie

Für den Untersuchungsraum wurde eine Meßstrategie aufgestellt, die die Bewertung allererforderlichen Parameter nicht nur in ihrer räumlichen Verteilung erlaubt, sondern auch dieWertvariabilität in zeitlicher Entwicklung aufdeckt.

Dazu wurden nach entsprechenden Vorbereitungen folgende (schwimmende) Meßstatio-nen definiert und letztlich am 22.5. 1990 bzw. 7. 8. 1990 ganztidig positioniert:

a) Meßfahrzeug 1 bei km 678,2, südlicher Tonnenstrichb) Meßfahrzeug 2 bei km 675,5, südlicher Tonnenstrichc) Meßfahrzeug 3 bei km 672,4, südlicher Tonnenstrichd) Meßfahrzeug 4 bei km 669,5, südlicher Tonnenstriche) Meßfahrzeug 5 im Längsprofil strommittig zwischen km 684,5 und km 655;

mit dem Kenterpunkt „Flut auf Ebbe“ stromauf fahrendf) Strommeßkette 8 bei km 674,2, nördlicher Tonnenstrich, Sohlen— und Oberflächengerätg) Strommeßkette 7 bei km 673,6, nördlicher Tonnenstrich, Sohlen- und Oberflächengeräth) Strommeßkette 6 bei km 673,0, nördlicher Tonnenstrich, Sohlen— und Oberflächengeräti) Strommeßkette 5 bei km 672,1, nördlicher Tonnenstrich, Sohlen— und Oberflächengerätj) Strommeßkette 4 bei km 671,2, nördlicher Tonnenstrich, Sohlen— und Oberflächengerätk) Strommeßkette 3 bei km 670,5, nördlicher Tonnenstrich, Sohlen- und Oberflächengerät

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Zeitraum der Salzgehaltsmessungen

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Abb. 8: Strömungs— und Wasserstandsverhältnisse am 22. 5. 1990 im Meßgebiet zwischen Elb-Kilometer675,5 und 670,5

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l) Strommeßkette 2 bei km 669,7, nördlicher Tonnenstrich, Sohlen- und Oberflächengerätm) Strommeßkette 1 bei km 668,5, nördlicher Tonnenstrich, Sohlen— und Oberflächengerät

Zwei der Vier verankerten Meßstationen und ein gesondertes flexibles Beprobungsfahrzeugstellte das WSA Hamburg (MS Twielenfleth; MS Brammer; MS Libelle), ebenso wie dieStrömungsmeßgeräte (Aanderaa RCM4) vom WSA Hamburg eingesetzt wurden. Unterstütztwurde das Vorhaben vom Forschungszentrum Geesthacht (GKSS) durch die Bereitstellungdes Meßpontons „ODAS“ und vom Amt für Strom— und Hafenbau Hamburg durch Einsatzdes Meßschiffes „Nige Wark“. Studenten des Instituts für Geographie der UniversitätHamburg beteiligten sich im Rahmen eines Projektpraktikums aktiv an den Naturmessungenund sorgten für die umfangreichen Laborauswertungen. Allen Institutionen, Mitarbeitern undStudenten sei an dieser Stelle sehr herzlich für ihr Engagement gedankt.

Je Meßstation wurden folgende Parameter über die gesamte Tide des 22.5.1990 auf—genommen:I. Chloridgehalt und Leitfähigkeit, fortlaufend alle 15 Minuten an Sohle und Oberfläche;insgesamt wurden 482 Wasserproben auf ihren Chloridgehalt analysiert

II. Schwebstoffgehalt an der Sohle (Position 2 fortlaufend, Position 1 und 3 zweimalig)Die Messungen begannen am 22. 5. 1990 um 7 Uhr und endeten um 21:30 Uhr des Tages.Damit konnte tatsächlich eine volle Tide zusammenhängend aufgenommen werden (s. Abb. 8).Die ersten Messungen erfassen die Bedingungen zum Ende des morgendlichen Ebb-

stroms. Kenterpunkt der Strömung trat an Position 2 um 9:00 Uhr ein. Die Flutphase wurdeohne Unterbrechung beprobt; Kenterpunkt Flut auf Ebbe war an Station 2 um 14:45 Uhr. Dienachmittägliche bzw. abendliche Kenterung von Ebbe auf Flut wurde um 21:40 Uhr auf—genommen (Station 2).

Während der Meßkampagne traten zwar an der Station 4 (km 669,5) zweimalig Störun-gen der Sohlenwasserbeprobung auf, jedoch war dies, wie sich zeigen läßt, ohne Einfluß aufdie Bewertungsmöglichkeit der Datenreihen.Alle Strömungsmeßgeräte wurden bereits am Morgen des 18. 5. 1990 ausgelegt. Bis auf

das Sohlengerät der Station 3 (km 672,4), das am 21. 5. wegen technischer Störungenunbewertbar wurde, und der Station 1 (km 668,5), die während der Meßperiode ausfiel,konnten im l—Minuten—Takt präzise Stromgeschwindigkeiten den Salzgehaltsmessungen zurSeite gestellt werden.

Damit ist das Ziel der Meßkampagnen meßtechnisch klar umrissen: Es sollten umfassendzeitaufgelöste Raumdaten zur Systeminterpretation bereitgestellt werden.

Dies gelingt aus logistischen Gründen bisher meist nur für die Dauer von maximal einerTide. Darüber hinaus variieren jedoch die Naturdaten in mittelfristiger Sicht (Tage/Wochen)in einem durch Einzelmeßkampagnen nicht absolut abzudeckenden Rahmen. Durch dieKombination von Einzelmessungen mit teils zusätzlich vorhandenen (älteren) Dauermessun—gen wird erreicht, daß die tendenzielle Raumdynamik dennoch relativ präzise erfaßt werdenkann — was im ersten Ansatz zur wasserbaulichen Beurteilung hinreichend genügt.

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3. Zeitliche und räumliche Veränderlichkeit desChloridgehaltes im Unterelbebereich zwischen Brammerbank

und Schwarztonnensand

3.1 Station 1 bei km 678,2 (Brammerbank)

Die Station Nr. 1 wurde bei Elb—Kilometer 678,2 eingerichtet (s. Abb. 1), mithin also ineinem Stromabschnitt, an dem in jedem Fall die stromauf vorstoßende „Zunge“ des Chlorid-reicheren Flutwasserkörpers nachweisbar sein sollte. Tatsächlich wurde vom Verfasser bereitsim Jahr 1988 zweimalig an dieser Stelle eine volle Tide beprobt, so daß grundsätzlicheGanglinienstrukturen bekannt sind.Darüber hinaus besteht 1800 m stromab dieses Punktes seit über 10 Jahren ein mehrfach

auf Chloridgehalte geprüftes Meß—Querprofil. So kann behauptet werden, daß die nachfol—gend geschilderten Chlorid-Ganglinien hinreichend repräsentativ sind, um einer Raumbewer-tung zu dienen.

Zunächst fällt auf, daß bis 13 Uhr im laufenden Flutstrom bei steigendem Salzgehalt einesehr starke Parallelität der Oberflächen- und Sohlen-Chloridwerte zu beobachten ist(s.Abb. 9). Hieraus darf geschlossen werden, daß an dieser Meßstelle eine sehr gute turbu—lente Durchmischung der gesamten Wassersäule stattfindet.Die Absolutheit der Strömungsgeschwindigkeiten spielt für die Bewertung der Raumpro—

zesse allerdings eine vergleichsweise untergeordnete Rolle, während das nach Thw einset—zende Unterschreiten eines ganz bestimmten Wasserstandes, nämlich von 610 cm PN (PegelBrokdorf),— einen starken Anstieg der Chloridwerte, verbunden mit einer— erheblichen „Unruhe“ der Chloridwertemit sich bringt.

Ursache ist das Wiederauftauchen der Brammerbank. Denn ab 13:30 Uhr wird bei nochlaufendem, aber ausklingendem Flutstrom (Wasserstand Brokdorf = 610 cm PN = — 10 cm

Chlorld (ppm) Pegel (cm/PN)0° Oborwnur - 401 maluo 700

2250 _ ...................................................................................................... _ 6602000 _ ...................................................... . ............................ . ......... _ 6001750 _ ....................................................... . ..................................... _ 5501500 _ .......................................................+............................... 5001250 _ ......................................... .......................... .4 4501000 _ .......................................................... + .................................... _ 400750 .................................................................................................. _ 350500 _....._._ ...... I+'"+" ................................................... +........ __..+-.‚. ...... _ 300250 _.+'............................................................................................. r250O

_LJ J LI I I I I l I I I I | I I I I I I I I I I I I I I I I I I | I I I I I I I I I I I I I I I l I I I0

7:00 9:00 11:00 13:00 15:00 17:00 19:00 21:00

Zelt (h)

-*- Sohle "+" Oberfläche — Pegel Brokdorf

Abb. 9: Chloridgehalt am 22. 5. 1990 bei Elb—Kilometer 678,2 (Station 1), südlicher Tonnenstrich,Probenentnahme an Sohle und Oberfläche (Wasserstand: Pegel Brokdorf)

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KN = Beginn des Trockenfallens der Brammerbank—Außenkante/-sände) eine plötzlicheQuerschnittseinengung verursacht. In Folge wird weiterhin die Meßstelle von der flächenhaf-ten Überströmung der Brammerbank abgeschnitten.

Es darf angenommen werden, daß während dieser Zeit in zunehmendem Maße mit einercoriolisbedingten Rechtsablenkung des Stromes, welche chloridreiches Bodenwasser pulsendan der abtauchenden Brammerbank vorbeischiebt, jene zu verzeichnenden „unruhigen“Spitzenwerte im Salzgehalt verursacht werden.

Daß eine coriolisbedingte Rechtsablenkung des Chloridtransportes tatsächlich existiert,ist beispielsweise allein daran ablesbar, daß am Meßtag (22.5.1990) der sohlennahe Chlorid—gehalt in der tiefen Fahrrinne (> 13,5 In KN) bei Kenterpunkt einen deutlich geringeren Wertaufweist (1400 ppm gegenüber 2430 ppm, s. Abb. 17) als auf der hier angesprochenen und imflacheren Bereich (l) befindlichen Station 1 (9,5 m KN). Dies deutet ohne Frage auf eine sehrstarke Rechtskomponente des Chloridvorstoßes bzw. ein Einfließen von Bodenwasser hohenChloridgehaltes aus dem Bereich der Freiburg-Bank — was zwangsläufig auch zu hohenChloridwerten binnenseitig der Brammerbank führen muß (s. dazu Abschnitt 3.2 und 3.5).

Stützend für die These einer Rechtsablenkung kann eine Messung vorn 10. 8. 1988angeführt werden, die als Querprofilaufnahme des Chloridgehaltes bei km 679,8 stattfand(s. Abb. 11).Hier ist zu erkennen, daß die Meßlotrechte ,A‘, gelegen im unterstromigen Bereich der

südlichen (binnenseitigen) Umströmung der Brammerbank, im Beginn des Flutstroms bis aufeinen Zeitraum von 1,5 Stunden höhere Chloridwerte aufweist, als die in Strommitte aufgleicher Linie (Außenkante der Brammerbank) befindliche Station ,B‘ bzw. gar der Nord—bereich der Hauptelbe (Station ,C‘).Hier deutet sich demnach tendenziell an, daß im Zuge der starken Rechtsablenkung des

Flutstroms (Coriolis—bedingt) sehr Viel chloridhaltiges Wasser in eine Umströmung derBrammerbank gelenkt wird.

Chlorld (ppm) V (mm/sec) / Pegel (cm/PN)0 1000

2250_ ......................................9F??.'.‘E".‘..‘.'..‘.'..'.'.f‘.9.‘..'!‘.‘“.’.’.‘„'.‘?.„_ 900

2000_ ............................................................................................. _

800

1750... ............................................................... . .............................. _

700Ebbetrom

1500........................................................................... _

600

1250............................................................................................. .._,

500

1000............................................................................... ...

400

750 ............................................... ‘.\ ................................. z 300

500 .._‚+'......... ___+__. +........................ _ 200. .+ + 7“.“‘\.. . . - + ----- "T . ..... __250

„.+..+...‘

........................................................................+‚f100

lllllllllllllllllllllllllllll llllllilllllllllllllllll

7:00 9:00 11:00 13:00 16:00 17:00 19:00 21:00

Zeit (h)

-'— Sohle "+' Oberfläche — Strömung — Pegel Kraute.

Abb. 10: Chloridgehalt am 22.5. 1990 bei Elb—Kilometer 675,5 (Station 2), südlicher Tonnenstrich,Probenentnahme an Sohle und Oberfläche (Strömung = Sohlenmessung/Wasserstand: Pegel Krautsand)

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OChlorid (ppm)

1375125011251000075750625,500

Oborwnnr - 382 malno

ollllllllllIIlIIlIlIlJJ_I_LllIIIIllIIIIIIIIIIIIIIIIIJJIIII

I l I I I I I I I | I I I

8:00 10:00 12:00 14:00 18:00 18:00 20:00 22:00Zelt (h)

-—'— Lotrechte A —*— Lotrechte B + Lotrechte C

Abb. 11: Chloridgehalt am 10. 8. 1988 bei Elb—Kilometer 679,8, Querprofilaufnahme „Sohle“ und„Oberfläche“ in den Lotrechten ,A‘ (Südbereich: binnenseitige Einströmung zur Brammerbank), ,B‘

(Mitte: Außenkante Brammerbank) und ,C‘ (Nordbereich: Hollerwettern)

3.2 Station 2 bei km 675,5 (Krautsander Watt)

Von Station 1 zu Station 2 reduziert sich der Kenterpunkt-Chloridgehalt auf einerDistanz von nur 2700 m um nahezu 60 %. Vorgreifend auf Abschnitt 3.5 handelt es sich hierum jenen Stromabschnitt, der den größten Längsprofil-Gradienten aufweist. Das bedeutetauch, daß die Station 2 hinter der eigentlichen „harten“ Chlorid—Front liegt und dadurch imVergleich zur 2700 m stromab gelegenen Station 1 einen harmonischen, das heißt ungestörte-ren Ganglinienverlauf, besitzt (s. Abb. 10).Auch wird an dieser Station deutlich, daß der Salzgehalt eher eine Funktion der zeitlichen

Entwicklung der von See angelieferten Tidemasse ist, als der absoluten Strömungsgeschwin—digkeit. Ein besonderer Anstieg des Salzgehaltes wird deshalb auch erst ab rd. 13:00 Uhrerreicht, während zu dieser Zeit die Flutstromgeschwindigkeiten bereits stark abzusinkenbeginnen.

Interessant ist der Vergleich des Chloridgehaltes zwischen dieser Position 2 (südlicherTonnenstrich, Wassertiefe rd. 10 m KN) und einem Meßpunkt im gleichen Kilometer in Mitteder Fahrrinne (Wassertiefe 13,5 m KN), beprobt während des Kenterpunktes Flut auf Ebbe(Maximalwert, s. Längsprofil in Abb. 16).

Während im „flacheren“ Bereich der Position 2 nur ein Wert von 976 ppm erreicht wird,liegt dieser im Tiefwasser bei nahezu dem doppelten Betrag (1896 ppm). Dies erscheint aufden ersten Blick insofern „logisch“, als dichteres chloridreiches Bodenwasser sich in dentiefsten Bereichen des Profils sammelt, steht jedoch im Widerspruch zu den Ergebnissen ausStation 1 (Abschnitt 3.1).

Denn wie beschrieben, zeigt im Tiefwasser-Längsprofil die stromab benachbarte Station1 auf Höhe km 678,2 bzw. sogar bei km 681,5 (Hollerwettern, s.Abb. 16) bei Kenterpunkrdeutlich niedrigere Werte!

Diese scheinbar atypische Verteilung kann eigentlich nur so gedeutet werden, daß imZuge der Umströmung der Brammerbank salzreiches Wasser bei km 682 (Freiburg) konzen—

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triert aus der Hauptelbe „abgeleitet“ wird und auf diese Weise bei der „Wiedereinleitung“ indie Hauptelbe bei km 677 hier zu ungewöhnlich hohen Chloridgehalten im Tiefwasser führt(s. „Rechtsablenkung“ in Abschnitt 3.1 und Abb. 17, zur Theorie eines „sichelartigen“Chloridvorstoßes).

3.3 Station 3 bei km 672,4 (Rhinplatte-Süd)

Bei Elb—Kilometer 672,4 (Station 3) ist gegenüber der unterstromigen Station 2 beikm 675,5, d. h. auf nur 3100 m Distanz, der Chloridgehalt im Maximum wiederum starkreduziert worden (rd. 50 0/o). Die Verlaufskurve ist nach Abbildung 12 ähnlich der bei Station 2,allerdings wird das Chlorid—Maximum rd. 45 Minuten früher erreicht!

Ohne daß im einzelnen dafür eine detaillierte Erklärung geliefert werden kann, steht zuvermuten, daß auch hier der binnenseitig der Brammerbank bzw. des Krautsander Watts„voreilende“ relativ erhöhte Chloridgehalt aus der Umströmung (Rechtsablenkung) dieUrsache sein dürfte. Bekannt ist nämlich, daß die Wurzelzone des Krautsander Watts beiStrom—Kilometer 675 eine Überströmungsrinne aufweist, über die mit dem Flutstrom aus demBereich „Einmündung Wischhafener Süderelbe“ sehr Viel Feinmaterial in Richtung Hauptelbe„geschüttet“ wird (s. DAMMSCHNEIDER, 1988) — der Bezug zur Überführung von Chlorid-reichem „Umströmungswasser“ in die Hauptelbe (unterstromig der Meßstelle) ist gedanklichnaheliegend.

3.4 Station 4 bei km 669,5 (Schwarztonnensand)

Im Stromabschnitt zwischen km 672,4 (Station 3) und km 669,5 (Station 4) fällt dieSpitze des Chloridgehaltes um vergleichsweise geringe 30% ab — die Salzzunge dünntstromauf offensichtlich langsamer aus.

Chlorld (ppm) Pegel (cm PN)00 700

Oberwnnr - 401 malno700

._ ..........................................................................................................._650

600 600

500 550

400 "7500300 450

200 400

100 350

lIIliLlJJJlllllllllllllllllllllllIILJlllllllIllllllllll307:00 9:00 11:00 13:00 15:00 17:00 19:00 21:00

Zelt (h)

+ Sohle “+" Oberfläche — Pegel KrauteandAbb. 12: Chloridgehalt am 22. 5. 1990 bei Elb-Kilometer 672,4 (Station 3), südlicher Tonnenstrich,

Probenentnahme an Sohle und Oberfläche (Wasserstand: Pegel Krautsand)

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Chlorld (ppm) Pegel (cm/PN)0 700

Oborwnnr - 401 malooo

700._. ..........................................................................................................._

650

600

500

400 . -

200

100llllllllllllllllllIlllIllllllllllllllllllllllllllllllll 3 0

7:00 9:00 11:00 13:00 15:00 17:00 19:00 21:00Zelt (h)

—'— Sohle "+" Oberfläche '— Pegel Krautsand

Abb. 13: Chloridgehalt am 22. 5. 1990 bei Elb-Kilometer 669,5 (Station 4), südlicher Tonnenstrich,Probenentnahme an Sohle und Oberfläche (Wasserstand: Pegel Krautsand)

Nach Abb. 13 ist evident, daß in der ersten Hälfte der Flutphase eine gute Durch—mischung der Wassersäule zu beobachten ist. Erkenntlich wird dies an den sehr geringenSalzgehaltsunterschieden zwischen Sohle und Oberfläche.Ab 12 Uhr nehmen die Unterschiede zwischen Sohle und Oberfläche jedoch stark zu —

eine Deutung ist problematisch, da dies Phänomen auch über Ebbstrom anhält.Auffällig sind die im Laufe des Ebbstroms (zwischen 17 Uhr und 20 Uhr) ansteigenden

Sohlen-Chloridwerte. Diese Beobachtung kann bereits bei der unterstromig gelegenen Station3 gemacht werden. Es muß vermutet werden, daß ein (unbekannter) Einleiter oberstromig derMeßstelle der Elbe „Salze“ zuführt, die mit dem Ebbstrom mündungswärts transportiertwerden.

3.5 Der Chloridgehalt im Längsprofil

Die vier Meßstationen waren am 22.5. 1990 jeweils rd. 3000 m im Längsprofil aufeinan—derfolgend angeordnet.Wie Abbildung 14 zeigt, tritt der größte Sprung des stromauf abnehmenden Chlorid—

gehaltes zwischen km 678,2 (Station 1) und km 675,5 (Station 2) in Erscheinung. Hier liegt imwesentlichen die „Frontlinie“ des ästuarinen Salzkeils der Unterelbe.

Auch die Abb. 15 belegt dies sehr deutlich: Über die Strecke dünnt der Chloridgehalt aus.Während von 13:30 Uhr auf 15:30 Uhr (dann: in zeitlicher Nähe zum Kenterpunkt) beikm 678,2 (Position 1) noch eine signifikante Steigerung des Salzgehaltes zu verzeichnen ist,verändert sich bei km 672,4 (Position 3) der Wert nur noch relativ geringfügig. Die Position 4(km 669,5) stellt bei der Messung vom 22. 5. 1990 nahezu die Spitze der Salzzunge dar, die nurnoch im letzten Flutast die Meßstelle tangiert.

Das in Abb. 16 dargestellte Chlorid-Längsprofil scheint die bereits angedeutete Hypo—these einer die Brammerbank umströmenden „Salzsichel“ zu bestätigen.

Dargestellt wird hier ein zusätzlich zu den regulären vier Meßstationen aufgemessenes

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0Chlorld (ppm)

2250.a

ofierwaaaarI4o1fi3/aec.

........ ........ ...... -........ ........ ....... .......

2000_ ....... ........5........ 3........ ........5....... ä ...... ........5........ .......

„50_ ....... ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ .......1500_ ....... ........ ........ ....... ....... ...... ........ ........ ....... .......1250- ....... ........ ........ ........ ........ ...... ........ ........ ....... ........ ........ .......1000.—

I I I I 'I I 2 I Z I C

750-

500—

01|IilllilIIiIIIiIIIiIIIiIIIiIIlilIlilllirllilllilllilll

7:00 9:00 11:00 13:00 16:00 17:00 19:00 21:00Zelt (h)

+km678‚2 +km675‚5 +km672‚4 ‘5—km869‚5Abb. H: to1idgehalt de1 Unterelbe am 22.5.1990 bei den Meßstationen ,‘1 (km 678,2), ‚2‘ (675,5), ‚3‘

(km 672,4) und ‚4‘ (km 669,5)

0Chlorld (ppm) In Strommltte

Oberwasser - 401 malaeo2250

_ . ..............................................................................................................

2000-.................................................................................................................1750-...............................................................................................................‚500- ............................................................................................................1250-................................................................................................................1000- ...............................................................................................................750- .............................................................................................................500- ...............................................................................................................260

._ ..................................................................................................................

Durchatrömung Brammarbank/Krautaander Watt0 IlllllllllllIIIIIIIIIIIIITIIIIIIIIIIIIFIIIIIIIIIIIIIIIIIII

885 880 875 870 885 880 855EIb-km

H“ Oberfläche —'— Sohle (>13‚5m KN)Abb. 15: „Salzkeil“-Darstellung im Unterelbebereich zwischen Kilometer 678,2 und 669,5 für die

Messung am 22. 5. 1990

dynamisches Längsprofil (Beprobung vorn stromauf den Kenterpunkt begleitenden Meßfahr—zeug MS Libelle). Der Chloridgehalt wurde an neun Längsprofil—Punkten jeweils— bei Kenterpunkt des Stromes— in Strommitte— an der Sohle bzw. Oberflächeaufgenommen.

Es zeigt das bereits in Abschnitt 3.2 kommentierte Ergebnis, daß ziemlich genau aufHöhe der Durchströmung zwischen Brammerbank und Krautsander Watt, und damit imBereich des „Wiedereintritts“ der südlichen Umströmung der Brammerbank, ein gestörtesChlorid—Längsprofil zu beobachten ist — mit großer Wahrscheinlichkeit eine Folge des

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0Chlorld (ppm)

2250 i : : : :2000- ......... .....\\

......... ......... .........8t.t|o:n'| 12;.“ (‚(16:00 in"

1750 .. ......... ......... .........x\.\.......... .........

Btntlo’na'iä’.’1’6"äi'iä'1‘6' 'Ü'h-r-.....

1500 _. . . . . . . . .

1250 ‘

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750 ‘

500 “

250 -

O 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12tsdm stromauf EIb-km 680,0

Beprobungezelt

—+ 11:30 +13:30 'r'” 16:30

Abb. 16: Chlorid—Längsprofil vom 22. 5. 1990, beprobt je angegebenem Standort bei Kenterpunkt Flutauf Ebbe in Strommitte

coriolisbedingt erfolgenden und sichelartig verlaufenden Vorstoßes chloridreicheren Flut—strom—Wassers aus dem Bereich der „Ableitung“ bei Elb-Kilometer 682 (Freiburg).Zur Verdeutlichung dieser Vorstellung dient die Abb. 17. Sie zeigt gemäß der tatsächlich

bei Kenterpunkt gemessenen Chloridverteilungen die vermutlichen Transportwege des Chlo-rids in Form einer Isohalinen-Skizze.

Ohne Frage wäre es in einem nächsten Schritt wichtig zu erfahren, in welcher Formtatsächlich binnenseitig der Brammerbank bzw. des Krautsander Watts die Chloridverteilungabläuft. Hierzu ist jedoch ein verhältnismäßig großer Meßaufwand notwendig, da zusätzlichzur Datenaufnahme im Bereich der Hauptelbe parallele Referenzstationen in den Seitenberei—chen betrieben werden müssen.

4. Salzgehalt und Oberwasser

Nach Auswertung der in den letzten 10 Jahren regelmäßig zu unterschiedlichen Ober—wasserbedingungen durchgeführten Salzgehalts—Querprofilmessungen (über jeweils eine volleTide an 3 Meßlotrechten, jeweils Sohle und Oberfläche, bei Elb-km 679,8) kann festgestelltwerden, daß bei rd. 500 m3/s Oberwasserführung eine „kritische“ Grenzmarke zur Erhöhungdes Salzgehaltes im Untersuchungsgebiet besteht:

Nach Abb. 18 zeigt sich, daß bei Unterschreiten von 500 m3/s Oberwasserführung dieWahrscheinlichkeit bzw. Intensität eines stromauf vorstoßenden Salzkeils außerordentlicherhöht ist.

Der Wert von 500 m3/s Oberwasser ist ein sehr interessantes Ergebnis hinsichtlich derbereits zu Beginn erwähnten Tatsache, daß nämlich genau ab Unterschreitung dieser Grenz-marke die Wahrscheinlichkeit zum Auftreten von Bagger-mengen vor der Insel Rhinplattedrastisch ansteigt (s. Abb. 7)!

Es kann nun spekuliert werden, ob nicht tatsächlich eine Beziehung zwischen derOberwasserführung und dem Einsetzen von Mindertiefen vor Rhinplatte besteht.Allerdings scheint der Mechanismus dieser Wechselbeziehung weniger über den reinen

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(42%

—Z—>

Glückstadt

04.12

Abb. 17: Isohalinen-Skizze nach Chlorid—Verteilung vom 22. 5. 1990 (je Meßstelle Darstellung derChlorid—Werte in ppm bei Kenterpunkt); —> = Chlorid—Transportbahnen; —x— = Isohalinen (Aquidi—

stanz 500 ppm)

Salzgehalt, d. h. die Ausfällung von Schwebstoff aus dem Wasserkörper, zu funktionieren, alsvielmehr über die Veränderung des Stromauftransportes von Sediment mittels eines ver-gleichsweise erheblich verstärkten Flutstroms.Zur Erläuterung sei auf die Ergebnisse aus DAMMSCHNEIDER (1989) verwiesen. Danach

ist folgende „Kausal“—Abhängigkeit für die Unterelbe erkennbar:1. Mit Abnahme des Oberwassers ist eine Abnahme des Ebbdauerüberschusses verbunden.2. Mit Abnahme des Ebbdauerüberschusses/mit Abnahme des Oberwassers kann im Unter—suchungsgebiet eine negative Abweichung der Thw vom Mthw beobachtet werden.

3. Mit Absenkung des Ebbdauerüberschusses/des Oberwasserabflusses/der Thw nehmen diemittleren Strömungsgeschwindigkeiten im Untersuchungsgebiet „Baggerstelle Rhinplatte“signifikant ab.

4. Mit einem Absinken der mittleren Strömungsgeschwindigkeiten wird die Sedimentations-zeit, d. h. die Zeit des Unterschreitens der Grenzschleppkraft, zwingenderweise größer.

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7Salzgehalt (0/00)

0 250 500 750 1000 1250 1500 1750 2000 2250 2500Oberwasser (maleec)

Abb. 18: Der Chloridgehalt der Unterelbe bei km 680 in Abhängigkeit vom Oberwasser. Dargestellt: 28Messungen des Zeitraumes 1979 bis 1989, jeweils Mittelwerte einer Flutphase (nach Unterlagen des WSA

Hamburg)

5. Mit Unterschreiten von 500 m3/s Oberwasserführung dringt in sehr starkem Maße salz-haltiges (Boden-)wasser in den Bereich der Baggerstelle Rhinplatte vor.

6. Mit dem (ab < 500 m3/s Oberwasser verstärkten) bodennahen Salzwasserkeil ist einverstärkter stromaufwärts gerichteter Dichte- bzw. Materialtransport verbunden.

Die Punkte 1—6 ergeben nun unter Berücksichtigung des im Bereich der Baggerstelle Rhin—platte relativ zu großen morphologischen Querschnitts (s. Abb. 19) bei Unterschreiten desOberwasser—Abflußwertes von 500 m3/s eine deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit zur Sedi—mentation von natürlichem, im Längstransport befindlichen Umlagerungsmaterial.Mit anderen Worten: Aufgrund der vorstehenden Abhängigkeiten zwischen Oberwasser,

Wasserstand, Strömung und Morphologie treten naturbedingt Verhältnisse ein, die in erheb—lichem Umfang Material in den Tiefwasserbereich (in die Fahrrinne) vor der Insel Rhinplatteeintreiben bzw. zur Sedimentation kommen lassen.

5. Schwebstoffgehalt und Strömungsgeschwindigkeit

Schwebstoffproben konnten in regelmäßigen Abständen bei Station 2 (km 675,5) gesam—melt werden: Hier war auf der „MS Nige Wark“ eine Zentrifuge zur Extrahierung vonSchwebstoffen aus 200 l Sohlenwasserproben verfügbar. Demgegenüber wurden auf Station 1(km 678,2) allein zu zwei Zeitpunkten Sohlenwasserproben gezogen und zentrifugiert, ande—rerseits aber eine halbtidenübergreifende Sammel—Probe mit einem neuartigen Schwebstoff-sammler (s. Abb. 20) entnommen.

Dabei zeigte sich, daß die Station 1 eine außerordentliche Konzentration des Schweb—stofftransportes auf dem Ebbstrom besitzt: Absolut wurden während der Ebbphase 777,4 gMaterial gesammelt, während der Flutphase jedoch nur 44,6 g!

Es darf angenommen werden, daß dies ein indirekter Hinweis auf die tideweise starkdifferierenden Verläufe der Haupttransportbahnen darstellt.

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morph.Vqmen (Mlll.m3) Baggermenge km/Jahr (tsd.m3)400

200

7l l l l I l l I l

O

640 645 650 655 660 665 670 675 660 685 690Kilometer

+ morph.Vqmen _ Baggermenae 1980-85

9* Vol.>Durchechnltt 51 Vo|.< Durchschnitt

Abb. 19: Morphologisches Volumen und Bagger-mengen im Bereich des WSA Hamburg (Volumenanga—ben nach DAMMSCHNEIDER, 1983)

Demgegenüber fällt im Liegebereich der bei km 675,5 stationierten „MS Nige Wark“ diesehr enge Beziehung zwischen Strömungsgeschwindigkeit und Schwebstoffgehalt im Flutastauf (s. Abb.21).Im Vergleich dazu weist der Ebbast (absolut) erheblich geringere Schwebstoffwerte auf,

und auch die Veränderlichkeit ist eher eine zeitliche („Akkumulation“/Anstieg über die Zeit),als eine von der (Ebb—)Strömungsgeschwindigkeit geprägte.

Das deutet in Zusammenschau mit den Ergebnissen der Station 1 (km 678,2) sowie denAnalysen der räumlichen Chloridverteilung (Abschnitt 3.1—3.5) an, daß die flächenhafteVerteilung des Stofftransportes wie folgt aussehen könnte:Mit dem Flutstrom und einer starken Rechtsablenkung wird sehr Viel Feinmaterial aus

dem Längstransport hinter die Brammerbank gezogen. Aufgrund des zum Hauptstrom hinweitestgehend geschlossenen Sandes der Brammerbank wird dieser konzentrierte „Stoff“—Transport (Schweb/Chlorid) erst auf Höhe des km 677, d. h. in der derzeitigen Durchströ-mung zwischen Brammerbank und Krautsander Watt, in die Hauptelbe „zurück“—ent—lassen.

Demgegenüber findet bei Ebbstrom eine Konzentration des Materialtransports imHauptelbe—Längsprofil statt (im Grunde ebenfalls mit einer Rechtsablenkung, nun jedochzum Nordufer bzw. Strommitte), die weniger Material zum Südufer bzw. dem KrautsanderWatt (Meß-Station 2) verfrachtet, als Vielmehr mit einem gedachten Stromfaden zur Außen-kante/Hauptelbeseite der Brammerbank.

Diese Deutung befindet sich in voller Übereinstimmung mit Beobachtungen des Verfas-sers (DAMMSCHNEIDER, 1988) zum Ebb—Materialtransport entlang der Außenkante des Kraut—sander Watts bzw. dem Flut—Transport binnenseitig der Brammerbank in Richtung Wisch-hafener Süderelbe/Überströmung des Krautsander Watts im Bereich der Wurzelzone beiKilometer 675.Hinsichtlich der episodischen Mobilisierung von fluid—mud kann ein examplarisches

Längsprofil von Vier im Bereich der „Baggerstelle Rhinplatte“ aufeinanderfolgender Strö—mungsmeßstationen einen neuen Einblick in das Naturgeschehen liefern.

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Abb. 20: Schwebstoffsammler; Prototyp der Bundesanstalt für Gewässerkunde (Entwurf: H. Düber/WSA HH und L. Reinemann/BfG)

Wie die Abb. 22 anhand der (hier morphodynamisch typisierenden) VmaX-Geschwindig-keiten zeigt, wird mit laufendem Ebbstrom oberstromig der Baggerstelle Rhinplatte einbemerkenswert stark ausgeprägter Geschwindigkeitsgipfel ausgebildet. Allerdings, und dasliefert vermutlich einen wesentlichen Grund für das aperiodisch/schlagartige Auftreten voneintreibendem fluid-mud, nicht immer!

Vergleichsmessungen belegen nämlich, daß an dieser Meßstelle im Normalfall Ebb—Tidenmit einem etwas reduzierten VmaX-Gipfel dominieren. Wenn jedoch, wie am 22.5.1990geschehen, innerhalb kurzer Zeit eine Geschwindigkeitszunahme des Ebbstroms auf bis zu172 cm/s (= + 74 O/o in 60 Minuten) einsetzt, muß zwangsläufig eine sehr starke Turbulenz—Wirkung den Wasserkörper durchdringen. In diesem Zuge kann grundsätzlich sehr vielMaterial in Bewegung gebracht werden.

Dies allein wäre nicht unbedingt außergewöhnlich. Im Zusammenhang mit dem imBereich der Kilometer 671 bis 675 übergroßen Querschnitt, quantifiziert durch das soge—

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V (mm/eec) / Chlorld (ppm) Schwebstoff (g/m3)1000 . 600

‚. Oberwnnr - 401 maleeo

900. .........................

.F‘v."........

'

.2...................................... _

450

l .' "n Ebbe800 ..................... .............................. _ 400

700 .J'-

..............................„1350

600 . ....... ........................... ............................ _ 300

500 . „.2, . ...........................iz...._._1:'.::

..................I 250

40° .. . ....................................... ‚.„"'_200

300.... . . ............................. . ...................

_150

200. . . . ...................... . . ................... ._

100

100................... _

50

-o7:00 9:00 11:00 13:00 16:00 17:00 19:00 21:00

Zelt (h)— Strömung. Sohle - Schwebeto". Bohle ----- Chlorid, Sohle

Abb. 21: Schwebstoffgehalt, Chlorid und Strömung an der Sohle bei Elb—Kilometer 675,5 (Station 2,südlicher Tonnenstrich) am 22. 5. 1990

V (cm/eec) morpholog.Volumen (Mlll.m3)i ; Z '

_ 4-—i- Stofitranepbrt Ebbe200

175—Stofftrfaneporti FIut-i—> _ ä i ä ä..........I.......... ....:.._17'75

-‘ 17.26

50 n z 1 . 1 : : - 16.75

25 _J Zentrum der Fahrwasser-Eintrelbungen

. . (Baggeretelle Rhlnplatte) _ ‚0IIIIlIIIIiIIIIiII:IirIIIhIIII'rIIIIiIIIIiIIIIiIFII16.25

675 674.5 674 673.5 673 672.5 672 671,5 671 670.5 670EIb-km

*9Vmax Flut *5- Vmex Ebbe — morphologNolumen(Messung vom 22.6.1990) (nach DAMMSCHNEIDER, 1983)

Abb. 22: Strömung und morphologisches Volumen zwischen Elb—Kilometer 670 und 675 (BaggerstelleRhinplatte). Strömung gemessen am 22. 5. 1990

nannte „morphologische Volumen“ (DAMMSCHNEIDER, 1983), tritt jedoch der Fall ein, daßober— oder unterstromig der Rhinplatte mobilisiertes Material genau im Fahrwassersektor vorder Insel Rhinplatte in ein tendenzielles Sedimentationsmilieu gerät:Die Stromgeschwindigkeiten sind in diesem Bereich bei Flut— wie Ebbstrom geringer als

ober— bzw. unterstromig.Die geschilderten Systemzusammenhänge führen damit zu einer morphologischen Inho—

mogenität, die im Fazit große wasserbauliche Probleme verursacht. Lösungsmöglichkeitensollen an dieser Stelle nicht aufgezeigt werden, wären jedoch unter Beachtung des übergeord—neten Wechselspiels der Systemparameter denkbar.

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