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"~ Anzeiger fiir Sch- idlingskunde Xl. Jahrgarlg1985 Der Waldmistkafer, Geotrupus silr'aticus Panz., als Steinpilzschadling. Von W. Zwfl~er, Mfinchen. (Mit I Textabbildung.) Bekann~lich spielt der Waldmistki~fer, der zu unseren haufigsten Geotrupiden gehSrt, durch seine Koprophagie und seine Brufgewohnheiten im Haushalt der 17atur eine wesentliche Rolle. In wirtschaftlicher Hinsicht gilt er gemeinhin als indifferent, l) So verdient die Beobachtung einer Eigenart seiner Lebensweise besonderes Interesse, da sie zeigt, dag er durch seinen Imaginalfrag unter Umstandei1 auch wirtschaftliche Werte zer- stSren und bis zu eii1em gewissen Grade als Schl~dliilg in Erscheinung treten kann. Es handelt sich dabei um ausgedehnten Fral~ an Steinpilzen (Boletus edulis Bull.), die bekanntlich zu unseren wichtigsten und gesch~tztesten Speisepilzen ge- hSren. Im August 1934 fiel mir gelegentlich einer Besiehtigung im Gebiet des Pfalzer Waldes in einigen lichten Buchenbestanden die augerordent- lich iippige *Vegetation an ve~sehiedensten Hut- pitzen auf, die dort nach den umit/elbar vorauf- gehenden warmen Sommerregen allenthalben anzu- treffen war. Unter den egbaren Arten waren neben Steinpilzen (Bolaus edulis Bull.) noch Pfiffer- linge oder Rehlinge (Cantharellus cibarius Fr.) besonders stark vertreten. Nach Mitteilung orts- ansassiger Gewahrsleute ist der Ertrag jener Gegend an Speisepilzen alljahrlich so reich, dab ihr Ein- sammeln einen wieht.igen Nebenerwerb der armeren Bev51kerungsschichten bildet und diese Pilzeri1te yon einer benacl~barten Konservenfabrik in grol~em Magstab aufgekanft zu werden pflegt. Unter den Steinpilzen, yon denen einer meii1er Begleiter in kurzer Zeit mehrere Pfund einsammelte, befanden sich zahlreiche Stricke, die mehr oder weniger weitgehende Fragbeschadigungen auf.. wiesen: An sehwaeh beschadigten Stricken zeigte der Stiel i~ugerlich ein grebes, rundes Bohrloch yon ca. 2 cm Durchmesser (vgl. Abb.), wiihrend sein Inheres weitgehend und zuweilen bis auf eine. diinne Augenschicht ausgehShlt war. Bei starker besehadigten Stricken war der Stiel fast vSllig zerst~irt und auch der Hut (yon Innen her) 1) Ahnlichen Ruf geniegen die fibrigen bei uns vor- kommenden Oeotrupus-Arten. Von einer Art aller- dings (O, spiniger Marsh.) s*intl golegenfliche Larven- fragschitden an Erdbeerwurzeln bekannt geworden (Reh [1]). haz. Schlidl.-Kunde U. gg. Heft 10 weitgehend ausgefressen. Bei einem der ge- fundenen Exemplare ging die Zerst~rung so welt, dag die vorhandenei1 sparlichen Hutreste gerade noch die sichere Bestimmui1g der Artzugeh(irigkeit des Pilzes als Bolelus edulis ermOglichten. Meine anfiingliche Vermutung, dab es sich hier um eine besondere Fraltart yon Nackt- schnecken handelt, die gew()hnlich zuerst den Hut, und zwar, auBerlich anzugreifen pflegen, er- wies sich als irrig. In der Mehrzahl der be- schi~digten Steinpilze konnte der Urheber des Frages noch unmittelbar bei seiner Tatigkeit be- obaehtet werden: immer waren es Waldmist- kafer G. sih:atic,s Panz., die tells einzeln, tells zu mehreren im Innern der Pilzstiele oder des Hutes fral~en. In einem Fall -- es handelt sich um das erwahnte besonders stark beschadigte Striek -- konnten an der Stelle, we der Pilz ur- sprfinglieh stand, nicht weniger als 20 Kafer ans dem Boden gegrabei1 werden, yon denen zahl- reiehe im Boden selbst, anscheinend dem Myzel folgend, auch an den unterirdischen Teilei1 des Pilzes fragen. Eigenartig war das Verhalten der in den Pilzei1 fressenden K~fer, die trotz der herrsehenden warmen Witterung augerst schwerfallig und wie betaubt blieben, aueh keinerlei Fluchtversuche 10

Der Waldmistkäfer,Geotrupus silvaticus Panz., als Steinpilzschädling

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"~ Anzeiger f i ir Sch- idlingskunde Xl. Jahrgarlg1985

Der Waldmistkafer, Geotrupus silr'aticus Panz., als Steinpilzschadling. Von

W. Zwfl~er, Mfinchen. (Mit I Textabbildung.)

Bekann~lich spielt der Waldmistki~fer, der zu unseren haufigsten Geotrupiden gehSrt, durch seine Koprophagie und seine Brufgewohnheiten im Haushalt der 17atur eine wesentliche Rolle. In wirtschaftlicher Hinsicht gilt er gemeinhin als indifferent, l) So verdient die Beobachtung einer Eigenart seiner Lebensweise besonderes Interesse, da sie zeigt, dag er durch seinen Imaginalfrag unter Umstandei1 auch wirtschaftliche Werte zer- stSren und bis zu eii1em gewissen Grade als Schl~dliilg in Erscheinung treten kann. Es handelt sich dabei um ausgedehnten Fral~ an Steinpilzen (Boletus edulis Bull.), die bekanntlich zu unseren wichtigsten und gesch~tztesten Speisepilzen ge- hSren.

Im August 1934 fiel mir gelegentlich einer Besiehtigung im Gebiet des Pfalzer Waldes in einigen lichten Buchenbestanden die augerordent- lich iippige *Vegetation an ve~sehiedensten Hut- pitzen auf, die dort nach den umit/elbar vorauf- gehenden warmen Sommerregen allenthalben anzu- treffen war. Unter den egbaren Arten waren neben S t e i n p i l z e n (Bolaus edulis Bull.) noch P f i f f e r - l i nge oder R e h l i n g e (Cantharellus cibarius Fr.) besonders stark vertreten. Nach Mitteilung orts- ansassiger Gewahrsleute ist der Ertrag jener Gegend an Speisepilzen alljahrlich so reich, dab ihr Ein- sammeln einen wieht.igen Nebenerwerb der armeren Bev51kerungsschichten bildet und diese Pilzeri1te yon einer benacl~barten Konservenfabrik in grol~em Magstab aufgekanft zu werden pflegt.

Unter den Steinpilzen, yon denen einer meii1er Begleiter in kurzer Zeit mehrere Pfund einsammelte, befanden sich zahlreiche Stricke, die mehr oder weniger weitgehende Fragbeschadigungen auf.. wiesen: An sehwaeh beschadigten Stricken zeigte der Stiel i~ugerlich ein grebes, rundes Bohrloch yon ca. 2 cm Durchmesser (vgl. Abb.), wiihrend sein Inheres weitgehend und zuweilen bis auf eine. diinne Augenschicht ausgehShlt war. Bei starker besehadigten Stricken war der Stiel fast vSllig zerst~irt und auch der Hut (yon Innen her)

1) Ahnlichen Ruf geniegen die fibrigen bei uns vor- kommenden Oeotrupus-Arten. Von einer Art aller- dings (O, spiniger Marsh.) s*intl golegenfliche Larven- fragschitden an Erdbeerwurzeln bekannt geworden (Reh [1]).

haz. Schlidl.-Kunde U. gg. Heft 10

weitgehend ausgefressen. Bei einem der ge- fundenen Exemplare ging die Zerst~rung so welt, dag die vorhandenei1 sparlichen Hutreste gerade noch die sichere Bestimmui1g der Artzugeh(irigkeit des Pilzes als Bolelus edulis ermOglichten.

Meine anfiingliche Vermutung, dab es sich hier um eine besondere Fraltart yon Nackt- schnecken handelt, die gew()hnlich zuerst den Hut, und zwar, auBerlich anzugreifen pflegen, er- wies sich als irrig. In der Mehrzahl der be- schi~digten Steinpilze konnte der Urheber des Frages noch unmittelbar bei seiner Tatigkeit be -

obaehtet werden: immer waren es W a l d m i s t - k a f e r G. sih:atic,s Panz., die tells einzeln, tells zu mehreren im Innern der Pilzstiele oder des

Hutes fral~en. In einem Fall - - es handelt sich um das erwahnte besonders stark beschadigte Striek - - konnten an der Stelle, we der Pilz ur- sprfinglieh stand, nicht weniger als 20 Kafer ans dem Boden gegrabei1 werden, yon denen zahl- reiehe im Boden selbst, anscheinend dem Myzel folgend, auch an den unterirdischen Teilei1 des Pilzes fragen.

Eigenartig w a r das Verhalten der in den Pilzei1 fressenden K~fer, die trotz der herrsehenden warmen Witterung augerst schwerfallig und wie betaubt blieben, aueh keinerlei Fluchtversuche

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110 R. WIESM~NN. Ergehnisse dreijiihriger Untersuchungen fiber die Biologie und Bek~mpfung usw. o 5 . 1 0 . 1935 L Heft 10

unternahmen. Man gewann unwillkrirlich den Eiudruck, als ob die Pi lznahrung einen ,,be- rauschenden" Einflug auf die Kafer ausiibe.

Nach dem ganzen Aussehen der KMer zu ur- teilen, dtirfte es sich durchweg um frisch geschlripfte Jungkiifer gehandelt haben, die bekanutlich anfangs August zu erseheinen beginnen ( E s c h e r i c h [2], H e y m o n s [3]), und hier an den nahrstoffreictien Pilzen offenbar eine Art Reifungsfrag ausfrihren. Ob das Pi lzmater ia l yon den KMern auch als Larvenfutter zum Fiil len der Brutr5hren verwendet wird, konnte nicht festgestell t werden. Da die Fortpflanzungsperiode von G. silvaticus in das Fr i ihjahr fallt l) , unsere Hutpilzflora, insbesondere die Steinpilze, haupts~tchlich im Sommer und Hochsommer erscheinen, drirften Pilze als Larven- futter wohl nicht in Frage kommen.

Auffallend war ferner am fraglichen Orte die a u s g e s p r o c h e n e V o r l i e b e , d i e G. s i l v a t i c u s u n t e r d e n P i l z e n g e r a d e f i i r S t e i n p i l z e z e i g t e . Unter den zahlreieh vorhandenen Pfiffcr- l ingen k o n n t e kein yon ihm beschadigtes Strick festgestell t werden. Auch die vereinzelt vor- kommenden Edelreizker (Laclarius deliciosus.Fr.) waren unbeschadigt. Lediglich ein roter Tiiub- l ing (t?ussulla sanguinea Bull.) wurde noch yon ihnen besetzt angetroffen.

Bezfiglich des Schadens sei erw~hnt, dug 10 ~ der eingesammelten Steinpilze mehr oder weniger weitgehend befressen und ftir Genug- zwecke unbrauchbar waren. Diese Erscheinung soll naeh Mitteilung meiner Begleiter auch in anderen Jahren immer wieder in ausgedehntem l~Ialte zu beobachten sein. Die KMer halten sich bei ihrem Frag tibrigens keineswegs an a r e und in Faulnis t ibergegangene Stfieke, sondern gehen - - soweit ich bemerken konnte - - stets gesunde, frische Exelnplare an. Man findet ihren Frail an Steinpilzen schon an jungen und jringsten

~) Vgl. E s e h e r i e h (2), H e y m o n s (3).

Stricken, bei denen der Hut noch kaum ent- faltet ist.

In der einsc}d~igigdn Literatur - - so bei g ey- mons (3), V a t e r n a h m (4), Ohaus (5) - - findet sich speziell fiir G. silvaticus Panz., die offenbar auf Er ic h- son (6) fugende Angabe, dug diese Art auch Pilze als Nahrung annimmt, ohne dag weitere Einzelheiten ins- besondere tiber die befressenen Pilzarten mitgeteilt werden. Die neuere Pilzliteratur enthi~lt keinerlei dies- beztigliche Mitteilungen. Dagegen finder sich in dem alten Pilzbuch yon H a r z e r (7) beim Steinpilz die Be- merkung, dag ,dieser Pilz sehr yon KSfern (besonders Scarabaeen), Schnecken und einer Menge versehiedener anderer Insektenlarven angegritfen wird, so daft man sehr h~iufig schon die jiingsten und frischesten Exem- plare davon angefressen finder".

Sehr wahrscheinlich sind hier mit Searabaeen die ~Valdmistk~tfer gemeint: da innerhalb, der Gattung Geo- trupus die Art silvaticus einen wesentlich weiteren Nahrungsspielraum besitzt als die ttbrigen bei nns auf- tretenden Formen, die in ihrer Nahrungstark spezialisim• sind. ') Erwiihnt sei schlieglich noch dag im H arze rschen Pilzwerk der Scarabae.enfral] nur fiir Bolelus eduli ge- nannt wird~ wie denn sehon die gauze Fassung seiner Bemerkung auf eine ausgesproehene Bevorzugung dieser Pilzart als Nahrung versehiedener Tiere hindeutet.

1. Reh, L., Tierische 8chiidlinge an Nutzpfianzen~ T1. ]I. Berlin 1932.

2. E s c h e r i c h , K., Die Fo~tinsekten Mitteleuropas, Bd. [[. Berlin 1923.

3. Heymons , R., Vielffigler, Insekten und Spinnen- kerve. (In Brehms Tierleben Bd. 2, 4. Aufl. Leip- zig 1915.)

4. V a t e rna hm, Th, Zur Frn~ihrung und Verdauung unserer heimisehen Geotrupusarten. Z. wiss. Ins. Biol. Bd. 19, 1924, S. 20--27.

5. Ohaus~ Fr., Beitr~ige zurKennlnis unsererheimisehen Regk~tfer. Dt. Ent. Zeitseh. Jg. 1909, S. 105--111.

6. E r i e h s o n , W. F., Naturgeschichte der Insekten Deutschlands Col. 3~ Bd. I: S. 734 u. 735. Berlin 1848.

7. t t a r z e r , C. A. F., Die egbaren, giftigen und ver- diiehtigen Prize. Dresden 1842.

1) Vgl. Va te rnahm (4).

Ergebnisse dreij/ihriger Untersuchungen kampfung der Kirschfliege Rhagoletis cerasi L. in der

Von

Dr. R. W i e s m a n n , Eidg. Versuchsanstalt tfir Obst-, Wein- und Oartenbau, W~idenswil, Schweiz.

(Mit 3 Abbildungen.) (8chlug.)

4. Versuche zur Bek~mpfung der Kirsch- fliegenpuppe.

Da die Kirschfliege yore August bis in den Mai des niichstfolgenden Jahres, also ca. 3/4 Jahre

fiber die Biologie und Be- Schweiz.

lang als Puppe streng lokalisiert und angeh~uft unter den Kirschb/~umen im Boden sich befindet, l iegt der Gedanke nahe, bei diesem Stadium eine wirksame Bek/~mpfung cinsetzen zu lassen. Die nStigen biologischen Grundlagen frir eine solche