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Inhalt Uwe Wystup erklärt die Anziehungs- kraft und mögliche Fallen Seite 38 ETFs werden viel gelobt, doch wenig empfohlen. Warum? Seite 35 Interview Reindenken Foto: Creativ Studio Heinemann / Westend Auch der deutsche Markt für Derivate leidet unter der Finanzkrise. Das Gesamt- volumen aller ausstehenden Anlagezertifi- kate und Hebelprodukte sank im März um 2,9 Prozent auf 95,75 Milliarden Euro, teilte der Deutsche Derivate Verband (DDV) in seiner monatlichen Volumens-Sta- tistik mit. Darin werden die Daten von nun 15 Zertifikate-Emittenten zusammenge- fasst. Bereinigt um Preisrückgänge fiel das in Anlagezertifikaten auf Aktien ange- legte Kapital um zwei Prozent, bei Hebel- produkten auf Aktien sank es preisberei- nigt sogar um 15,8 Prozent. Zertifikate mit Anleihen als Basiswert steigerten das Anlagevolumen dagegen um 5,5 Prozent. Erstmals lieferten die WGZ Bank und die LBBW Daten für die Statistik, an der nun 15 Emittenten teilnehmen. Ausgehend davon schätzt der DDV den Gesamtmarkt aktuell auf 130 Milliarden Euro. SZ DERIVATE & ZERTIFIKATE Eine Beilage der Süddeutschen Zeitung Emittenten verraten, wohin die Rei- se gehen könnte Seite 37 Donnerstag, 5. Juni 2008 / Süddeutsche Zeitung Nr. 129 Ein Markt für Wetten Einblick Neue Richtungen Produkte Feine Unterschiede Von Markus Zydra Raus ist die Luft nicht, aber Luft ho- len ist schon angesagt in der Zertifikate- branche. Das rapide Wachstum der letz- ten Jahre ist vorerst beendet. Das liegt vor allem daran, dass zusätzliche Kund- schaft immer schwerer zu erreichen ist. Zertifikate sind für die meisten Bundes- bürger immer noch ein Fremdwort. Et- wa fünf Prozent der Deutschen halten ein solches Papier. Dabei ist bekannt, dass kaum jemand von sich aus auf die Idee käme, nach ei- nem Zertifikat zu fragen: Es ist ein Bera- tungsmarkt. Nur zwölf Prozent der Kun- den, so der Report der Steinbeis Hoch- schule Berlin im Auftrag des Bankhau- ses HSBC, fragten aktiv Zertifikate nach. Durchschnittlich würden pro Ge- schäft 18 500 Euro in Zertifikaten ange- legt. Deren Anteil in den deutschen Port- folios betrage derzeit 13 Prozent, so der Report. In den Banken werden Zertifikate ak- tiv angeboten, weil sie oft hohe Provisio- nen einbringen. Aufgrund des mangelhaf- ten Wissens der Kunden kommt es mitun- ter bei den einfachsten Papieren zu gro- ßen Missverständnissen. Im Zuge der Fi- nanzkrise waren Käufer überrascht, dass ihre als sicher gepriesenen Bonuszertifi- kate die Kursschwellen rissen und Verlus- te machten. Der öffentliche Aufschrei war laut, doch den Emittenten ist da kaum ein Vorwurf zu machen. Sie küm- mern sich um die Weiterbildung ihrer Klientel, wie ein Blick auf deren Internet- seiten oder die vielen Broschüren zeigt. Das Problem beginnt im Verkaufsge- spräch. Denn Berater verstehen die Deri- vate nicht immer. „Viele Sparkassen- und Volksbankenberater rufen an, um sich die Papiere erklären zu lassen“, sagt Andreas Kotula, Experte der Société Gé- énerale. Der Weiterbildungseifer der Be- rater ist vorbildlich, schlimm wäre es, wenn die Beratung ohne Sachkenntnis abliefe. Ein weiterer Trend zeichnet sich ab: Die innovativen Derivateschmieden sind an ihre Grenzen gestoßen. „Es gibt im- mer seltener neue Produkttypen. Die al- ten werden vielmehr weiterentwickelt“, sagt Kotula. Die Branche beweist auch Lernfähigkeit. Lange Zeit stand der Vor- wurf im Raum, die Papiere seien viel zu kompliziert. Mittlerweile stehen einfach gestrickte Produkte im Fokus. „Einfach- heit ist Trumpf. Wenn das Auszahlungs- profil mit fünf Wenn und Abers einge- grenzt wird oder zu viele Strukturen übereinander liegen, versteht das nie- mand mehr “, sagt Nicolai Tietze, Exper- te von Deutsche Bank X-Markets. Die Folge: Zertifikate sind häufig the- mengetrieben. Erneuerbare Energien, Agrarrohstoffe, Infrastruktur, Wasser und Energierohstoffe sind die beliebtes- ten Themen, so der Steinbeis-Report. Dabei war die komplizierte Welt der Derivate vor einiger Zeit sehr schnell über die Republik hereingebrochen. Mitt- lerweile gibt es rund 350 000 Papiere. Der Zertifikatemarkt war ursprünglich nur für semiprofessionelle Kunden inter- essant. Das sind solche, die bis heute beim Emittenten anrufen, weil sie im Kundenmagazin auf Seite 75 einen Re- chenfehler gefunden haben. Denen steht die Mehrheit der Deutschen gegenüber, die das Wort Zertifikat kaum buchstabie- ren können. Mitunter kaufen sie es trotz- dem, weil im schlimmsten Fall der eben- falls überforderte Berater das Papier empfiehlt. Deshalb raten alle Experten immer aufs Neue: Der Kunde muss voll und ganz verstehen, was er da kauft. Denn Zertifikate sind generell Produkte für Selbstentscheider. Das sind Personen, die eine klare Meinung zum Markt ha- ben: Wohin geht der Goldpreis, der Leit- zins, die Börse? Der Käufer ist sein eige- ner Geldverwalter. Nur er trägt die Ver- antwortung, nicht der Berater und kein Fondsmanager. Zertifikate sind deshalb nichts für die Rente. Zum einen, weil sie oft laufzeitbegrenzt sind, zum anderen weil die Spargelder, anders als bei Fonds, kein Sondervermögen sind, sondern soge- nannte Inhaberschuldverschreibungen. Das heißt im Klartext: Geht die emittie- rende Bank Pleite, ist das Anlegergeld weg. Die Kreditkrise zeigte, dass diese Gefahr besteht. Als die US-Bank Bear Stearns vor dem Bankrott stand, waren die von ihr emittierten Zertifikate prak- tisch wertlos und nicht mehr handelbar. Aktuell sind kurzfristige Discountzerti- fikate sehr beliebt, „Viele Anleger inves- tieren hier als Geldmarktersatz, was bis Jahresende 4,5 Prozent bringen kann“, sagt Gregoire Toublanc, Experte der Bank BNP Paribas. Bemerkenswert ist auch der Hang einiger Anleger, auf Märk- te zu setzen, die zuletzt stark gefallen sind. „Vietnam und Dubai sind spannen- de Märkte, die Wachstumspotential ver- sprechen könnten, deshalb neigen Anle- ger hier bei fallenden Kursen langfristig einzusteigen“, sagt Tietze. Es gibt auch die Möglichkeit auf fallende Kurse zu spe- kulieren, doch irgendwie haben Anleger da Hemmungen. „Reverse Bonuszertifika- te weisen nicht selten gute Seitwärtsren- diten aus, allerdings scheinen viele Anle- ger ein psychologisches Problem dabei zu haben auf fallende Märkte zu setzen“, sagt Tietze. Noch nie hatten die Bürger eine so gro- ße Auswahl, ihr Geld anzulegen. Und noch nie gab es so große Freiheiten, wie sie Zertifikate bieten. Alles scheint mög- lich zu sein: Wetten auf den Weizen- und Ölpreis, auf den fallenden Dax und Dow Jones oder sogenannte Hebelspekulatio- nen, die mit wenig Einsatz einen großen Gewinn ermöglichen – aber eben auch den großen Verlust. Zertifikate sind das Finanzspielzeug des aufgeklärten Privatanlegers, der pro- fessionell mit seinem Geld jonglieren will. Es gibt nur ein Problem: Die Mög- lichkeiten, die Zertifikate bieten, sind na- hezu unüberschaubar. Täglich werden neue Produkte erfunden und auf dem Markt angeboten. Fest steht: Zertifikate sind bei Anlegern sehr beliebt. Die Sum- me von etwa 135 Milliarden Euro steckte zum Jahreswechsel 2007/2008 im deut- schen Zertifikatemarkt. Doch wie kön- nen sich Anleger unter der Vielzahl der Produkte orientieren und worauf müssen sie achten? Das Wichtigste ist, dass der Anleger selbst entscheiden muss, wann er wieder aussteigt. Das kostet Zeit und Energie, denn kein Fondsmanager hilft ihm dabei. Die Vielfalt der Anlagemöglichkeiten ist sehr groß. Deshalb muss der Anleger selbst wissen, was er tut. Er ist sein eige- ner Finanzmanager, der seine Erwartun- gen an die Finanzmärkte durch Käufe von Zertifikaten abbildet. Um das verantwortlich tun zu können, müssen sich Anleger stets über das Ge- schehen auf den Finanzmärkten informie- ren. Wer etwa in Indien investieren will, muss sich die ökonomischen Kennziffern des Landes anschauen und sich über die indische Wirtschaft auf dem Laufenden halten. Anleger sollten grundsätzlich ein Interesse an den Weltbörsen haben, da sie alle mehr oder weniger zusammen- oder voneinander abhängen. Der Preis für Weizen ist auch von Chinas Nachfra- ge abhängig – mehr aber noch von Han- delsbeschränkungen oder schlicht und einfach vom Wetter. Diese notwendigen Informationen finden Anleger am besten in Tageszeitungen oder auf Nachrichten- seiten im Internet. Wer sich auf dem Markt auskennt, muss sich auch mit den Produkten be- schäftigen. Es hilft alles nichts: Man muss die Strukturen der Zertifikate ver- stehen, denn die Emittenten setzen genau das voraus. Wer nicht weiß, dass er mit ei- nem Knock-Out-Zertifikat im schlimms- ten Fall auf einen Schlag sein ganzes Geld verlieren kann, der sollte sein Ver- mögen in andere Anlagevehikel investie- ren. Begriffe wie Discount (man be- kommt eine Aktie günstiger um den Preis einer Deckelung des Kurszuwachses) oder Hebel (dabei wird mit geringem Ein- satz viel Kapital bewegt) müssen Anleger verstehen. Alle Banken, die Zertifikate emittie- ren, bieten auf ihren Internetseiten um- fassende Erklärungen zu ihren Produk- ten. Man muss sie nur lesen. Ein Finanz- berater kann bei Fragen helfen – wenn er aber nicht weiter weiß, sollte man einen anderen Berater suchen. Zertifikate sind nichts anderes als In- haberschuldverschreibungen. Das bedeu- tet, falls eine Bank, die das Papier emit- tiert hat, Pleite geht, ist das Geld nicht ab- gesichert. Aktuell ist dies in Zeiten der Fi- nanz- und Bankenkrise ein nicht zu unter- schätzendes Thema. Das ist auch der gro- ße Unterschied zu Fonds. Bei denen sind die Einlagen als Sondervermögen ge- schützt. Jedes Zertifikat ist von mindestens ei- nem sogenannten Basiswert abhängig. Ein Indexzertifikat auf den Dax folgt der Wertentwicklung des Deutschen Aktien- index. Der Kurs eines gehebelten Rohöl- zertifikats folgt der Ölpreisänderung um ein Vielfaches von deren Prozentsatz. Oder man kauft ein Zertifikat auf eine Aktie. Dann sollte man die gängigen Be- wertungen wie Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) kennen, um die Aktie einordnen zu können. Das KGV gibt das Verhältnis von Kurs und Gewinn pro Aktie an. Den aktuellen Zertifikatekurs berechnet die emittierende Bank. Der Kurs hängt also nicht von Angebot und Nachfrage ab. Bis vor kurzem galten Zertifikate als Verlierer der Abgeltungsteuer. Doch bis Ende dieses Monats dürften Zertifikate noch einmal einen Nachfrageboom erle- ben. Der Grund: Wer bis zum 30. Juni 2008 Zertifikate kauft, entgeht der Abgel- tungsteuer, wenn er sie bis zum 30. Juni 2009 wieder verkauft. Wer sein Invest- ment also ein Jahr lang hält, überspringt damit die Spekulationsfrist von zwölf Monaten. So können sich Anleger, die kurzentschlossen handeln, die Kursge- winne noch steuerfrei sichern. Besonders geeignet sind Discount- und Bonuszertifikate. Beide Anlagepro- dukte schützen die Anleger bis zu einem gewissen Grad vor Kursverlusten. Eine große Auswahl an Zertifikaten hat der Sparer. Es gibt Papiere für konservative Geldanleger, die als Alternative zum her- kömmlichen Festgeld taugen sowie Pro- dukte für Zocker, die auf Spekulationsge- winne setzen. Alexander Mühlauer Weg von neuen Typen hin zu interessanten Themen: der aktuelle Branchentrend Die weltweite Finanzkrise ist auch am Zertifikate-Markt nicht spurlos vorübergezogen. Doch Brancheninsider sehen, dass das Interesse der Anleger wieder etwas steigt. Foto: laif Wer bis 30. Juni kauft, kann der Abgeltungsteuer ein Schnippchen schlagen Marktüberblick Neuen Schwung finden Die Anbieter von Zertifikaten wollen alles einfacher machen. Denn noch immer ist ihre größte Herausforderung: den Graben zwischen dem komplexen Produkt und dem Kundenwissen zu überwinden. So schwächte die Nachfrage etwas ab Bescheid wissen Anleitung für Finanzspielzeuge Die richtige Auswahl und Analyse sind das A und O. Anleger müssen sich vorher schlaumachen Die Bonität der Bank ist wichtig: Im Fall der Fälle ist sonst das Anlegergeld weg PROTECT-AKTIENANLEIHEN Neue Aktienanleihen vom Marktführer. Jetzt gebührenfrei!* Im Direkthandel bei Das Prinzip Beispiel: 12,00% PROTECT-Aktienanleihe auf Continental. Die Anleihe wird am 23. Dezember 2008 zu 100 % zurück- gezahlt, sofern die Aktie der Continental AG im Xetra- Handelssystem bis zum 16. Dezember 2008 nicht einmal auf bzw. unter dem PROTECT-Level von 53,10 Euro notiert oder am 16. Dezember 2008 auf oder über dem Basispreis von 93,91 Euro schließt. Andernfalls ist die Emittentin berechtigt, als Alternative 10,64849 Aktien je 1.000 Euro Nominalbetrag zu liefern. Bruchteile von Aktien werden je 1.000 Euro Nominalbetrag in bar ausge- zahlt. Die Zinsen in Höhe von 12,00% p.a. werden in jedem Fall am Ende der Laufzeit gezahlt. Fälligkeit: 23. Dezember 2008 • Anlagebetrag: nominal 1.000 Euro oder ein Vielfaches Zinszahlung: ab 4. Juni 2008 • Börsenhandel: Frankfurt, Stuttgart Wertpapierprospekt: Allein maßgeblich ist der Wertpapierprospekt, dem Sie auch nähere Informationen zu den Chancen und Risiken des Produktes entnehmen können. Diese Anzeige stellt keine Anlageempfehlung dar und ersetzt nicht die individuelle Beratung durch Ihre Hausbank. Den Wertpapierprospekt erhalten Sie kostenlos bei der Emittentin, Sal. Oppenheim jr. & Cie. KGaA, Untermain- anlage 1, 60329 Frankfurt am Main. Die Verkaufskurse werden fortlaufend an die Marktentwicklung angepasst. Stand: 2. Juni 2008 Service-Telefon: 069/7134-2233 • E-Mail: [email protected] Internet: www.oppenheim-derivate.de • Teletext: n-tv Tafel 810ff, N24 Tafel 690ff *Cortal Consors-Kunden handeln noch bis zum 20. Juni 2008 alle Anlageprodukte (außer Index-Endlos-Zertifikate) sowie Aktien-Optionsscheine von 500 Euro bis 10.000 Euro im außerbörslichen Direkthandel ohne Provisionen und Gebühren. Flatex-Kunden handeln alle Anlageprodukte von Sal. Oppenheim (d.h. alle Produkte exklusive Optionsscheine und Turboscheine) ab einem Ordervolumen von 1.000 Euro für maximal 100 Trades pro Monat im außerbörslichen Direkthandel ohne Provision und Gebühren. Weitere Informationen unter: www.protect-zertifikate.de Basispreis in Euro _ _ _ _ 93,91 _ _ _ _ 56,60 _ _ _ _ 24,41 _ _ _ _ 20,87 PROTECT- Level in Euro _ _ _ _ 53,10 _ _ _ _ 36,90 _ _ _ _ 13,80 _ _ _ _ 11,80 Anzahl Aktien _ 10,64849 _ 17,66784 _ 40,96682 _ 47,91567 WKN _SFL 1QR _SFL 1QT _SFL 1QV _SFL 1R1 Verkaufskurs _ _ 99,05 % _ _ 99,55 % _ _ 99,60 % _ 100,25% Die PROTECT-Aktienanleihe Kupon p. a. 12,00 % Continental 12,25 % Daimler 19,50 % Hypo Real Estate 14,50 % Nokia PROTECT-Aktienanleihen – Mit der intelligenten Strategie: –> Mit reduziertem Risiko investieren. –> Gewinne bei steigenden Märkten. –> Teilschutz bei fallenden Kursen. Erhältlich bei allen Banken, Sparkassen und Direktbanken. Kurzläufer! Wieder ausgezeichnet!

DERIVATE & ZERTIFIKATE - MathFinance · DERIVATE & ZERTIFIKATE Eine Beilage der Süddeutschen Zeitung Emittenten verraten, wohin die Rei-se gehen könnte Seite 37 Donnerstag, 5. Juni

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Inhalt

Uwe Wystup erklärt die Anziehungs-kraft und mögliche Fallen Seite 38

ETFs werden viel gelobt, doch wenigempfohlen. Warum? Seite 35

Interview

Reindenken

Foto

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Auch der deutsche Markt für Derivateleidet unter der Finanzkrise. Das Gesamt-volumen aller ausstehenden Anlagezertifi-kate und Hebelprodukte sank im März um2,9 Prozent auf 95,75 Milliarden Euro,teilte der Deutsche Derivate Verband(DDV) in seiner monatlichen Volumens-Sta-tistik mit. Darin werden die Daten von nun15 Zertifikate-Emittenten zusammenge-fasst. Bereinigt um Preisrückgänge fieldas in Anlagezertifikaten auf Aktien ange-legte Kapital um zwei Prozent, bei Hebel-produkten auf Aktien sank es preisberei-nigt sogar um 15,8 Prozent. Zertifikate mitAnleihen als Basiswert steigerten dasAnlagevolumen dagegen um 5,5 Prozent.Erstmals lieferten die WGZ Bank und dieLBBW Daten für die Statistik, an der nun15 Emittenten teilnehmen. Ausgehenddavon schätzt der DDV den Gesamtmarktaktuell auf 130 Milliarden Euro. SZ

DERIVATE & ZERTIFIKATEEine Beilage der Süddeutschen Zeitung

Emittenten verraten, wohin die Rei-se gehen könnte Seite 37

Donnerstag, 5. Juni 2008 / Süddeutsche Zeitung Nr. 129

Ein Markt für Wetten

Einblick

Neue Richtungen

Produkte

Feine Unterschiede

Von Markus Zydra

Raus ist die Luft nicht, aber Luft ho-len ist schon angesagt in der Zertifikate-branche. Das rapide Wachstum der letz-ten Jahre ist vorerst beendet. Das liegtvor allem daran, dass zusätzliche Kund-schaft immer schwerer zu erreichen ist.Zertifikate sind für die meisten Bundes-bürger immer noch ein Fremdwort. Et-wa fünf Prozent der Deutschen haltenein solches Papier.

Dabei ist bekannt, dass kaum jemandvon sich aus auf die Idee käme, nach ei-nem Zertifikat zu fragen: Es ist ein Bera-tungsmarkt. Nur zwölf Prozent der Kun-den, so der Report der Steinbeis Hoch-schule Berlin im Auftrag des Bankhau-ses HSBC, fragten aktiv Zertifikatenach. Durchschnittlich würden pro Ge-schäft 18 500 Euro in Zertifikaten ange-legt. Deren Anteil in den deutschen Port-folios betrage derzeit 13 Prozent, so derReport.

In den Banken werden Zertifikate ak-tiv angeboten, weil sie oft hohe Provisio-nen einbringen. Aufgrund des mangelhaf-ten Wissens der Kunden kommt es mitun-ter bei den einfachsten Papieren zu gro-ßen Missverständnissen. Im Zuge der Fi-nanzkrise waren Käufer überrascht, dassihre als sicher gepriesenen Bonuszertifi-

kate die Kursschwellen rissen und Verlus-te machten. Der öffentliche Aufschreiwar laut, doch den Emittenten ist dakaum ein Vorwurf zu machen. Sie küm-mern sich um die Weiterbildung ihrerKlientel, wie ein Blick auf deren Internet-seiten oder die vielen Broschüren zeigt.

Das Problem beginnt im Verkaufsge-spräch. Denn Berater verstehen die Deri-

vate nicht immer. „Viele Sparkassen-und Volksbankenberater rufen an, umsich die Papiere erklären zu lassen“, sagtAndreas Kotula, Experte der Société Gé-énerale. Der Weiterbildungseifer der Be-rater ist vorbildlich, schlimm wäre es,wenn die Beratung ohne Sachkenntnisabliefe.

Ein weiterer Trend zeichnet sich ab:Die innovativen Derivateschmieden sindan ihre Grenzen gestoßen. „Es gibt im-mer seltener neue Produkttypen. Die al-ten werden vielmehr weiterentwickelt“,sagt Kotula. Die Branche beweist auchLernfähigkeit. Lange Zeit stand der Vor-wurf im Raum, die Papiere seien viel zukompliziert. Mittlerweile stehen einfachgestrickte Produkte im Fokus. „Einfach-heit ist Trumpf. Wenn das Auszahlungs-profil mit fünf Wenn und Abers einge-grenzt wird oder zu viele Strukturenübereinander liegen, versteht das nie-mand mehr “, sagt Nicolai Tietze, Exper-te von Deutsche Bank X-Markets.

Die Folge: Zertifikate sind häufig the-mengetrieben. Erneuerbare Energien,Agrarrohstoffe, Infrastruktur, Wasserund Energierohstoffe sind die beliebtes-ten Themen, so der Steinbeis-Report.

Dabei war die komplizierte Welt derDerivate vor einiger Zeit sehr schnellüber die Republik hereingebrochen. Mitt-lerweile gibt es rund 350 000 Papiere.Der Zertifikatemarkt war ursprünglichnur für semiprofessionelle Kunden inter-essant. Das sind solche, die bis heutebeim Emittenten anrufen, weil sie imKundenmagazin auf Seite 75 einen Re-chenfehler gefunden haben. Denen stehtdie Mehrheit der Deutschen gegenüber,die das Wort Zertifikat kaum buchstabie-ren können. Mitunter kaufen sie es trotz-dem, weil im schlimmsten Fall der eben-falls überforderte Berater das Papierempfiehlt.

Deshalb raten alle Experten immeraufs Neue: Der Kunde muss voll undganz verstehen, was er da kauft. Denn

Zertifikate sind generell Produkte fürSelbstentscheider. Das sind Personen,die eine klare Meinung zum Markt ha-ben: Wohin geht der Goldpreis, der Leit-zins, die Börse? Der Käufer ist sein eige-ner Geldverwalter. Nur er trägt die Ver-antwortung, nicht der Berater und keinFondsmanager. Zertifikate sind deshalb

nichts für die Rente. Zum einen, weil sieoft laufzeitbegrenzt sind, zum anderenweil die Spargelder, anders als bei Fonds,kein Sondervermögen sind, sondern soge-nannte Inhaberschuldverschreibungen.Das heißt im Klartext: Geht die emittie-rende Bank Pleite, ist das Anlegergeldweg. Die Kreditkrise zeigte, dass dieseGefahr besteht. Als die US-Bank Bear

Stearns vor dem Bankrott stand, warendie von ihr emittierten Zertifikate prak-tisch wertlos und nicht mehr handelbar.

Aktuell sind kurzfristige Discountzerti-fikate sehr beliebt, „Viele Anleger inves-tieren hier als Geldmarktersatz, was bisJahresende 4,5 Prozent bringen kann“,sagt Gregoire Toublanc, Experte derBank BNP Paribas. Bemerkenswert istauch der Hang einiger Anleger, auf Märk-te zu setzen, die zuletzt stark gefallensind. „Vietnam und Dubai sind spannen-de Märkte, die Wachstumspotential ver-sprechen könnten, deshalb neigen Anle-ger hier bei fallenden Kursen langfristigeinzusteigen“, sagt Tietze. Es gibt auchdie Möglichkeit auf fallende Kurse zu spe-kulieren, doch irgendwie haben Anlegerda Hemmungen. „Reverse Bonuszertifika-te weisen nicht selten gute Seitwärtsren-diten aus, allerdings scheinen viele Anle-ger ein psychologisches Problem dabei zuhaben auf fallende Märkte zu setzen“,sagt Tietze.

Noch nie hatten die Bürger eine so gro-ße Auswahl, ihr Geld anzulegen. Undnoch nie gab es so große Freiheiten, wiesie Zertifikate bieten. Alles scheint mög-lich zu sein: Wetten auf den Weizen- undÖlpreis, auf den fallenden Dax und DowJones oder sogenannte Hebelspekulatio-nen, die mit wenig Einsatz einen großenGewinn ermöglichen – aber eben auchden großen Verlust.

Zertifikate sind das Finanzspielzeugdes aufgeklärten Privatanlegers, der pro-fessionell mit seinem Geld jonglierenwill. Es gibt nur ein Problem: Die Mög-lichkeiten, die Zertifikate bieten, sind na-hezu unüberschaubar. Täglich werdenneue Produkte erfunden und auf demMarkt angeboten. Fest steht: Zertifikatesind bei Anlegern sehr beliebt. Die Sum-me von etwa 135 Milliarden Euro stecktezum Jahreswechsel 2007/2008 im deut-schen Zertifikatemarkt. Doch wie kön-nen sich Anleger unter der Vielzahl derProdukte orientieren und worauf müssensie achten?

Das Wichtigste ist, dass der Anlegerselbst entscheiden muss, wann er wiederaussteigt. Das kostet Zeit und Energie,denn kein Fondsmanager hilft ihm dabei.Die Vielfalt der Anlagemöglichkeiten istsehr groß. Deshalb muss der Anlegerselbst wissen, was er tut. Er ist sein eige-ner Finanzmanager, der seine Erwartun-gen an die Finanzmärkte durch Käufevon Zertifikaten abbildet.

Um das verantwortlich tun zu können,müssen sich Anleger stets über das Ge-schehen auf den Finanzmärkten informie-ren. Wer etwa in Indien investieren will,muss sich die ökonomischen Kennzifferndes Landes anschauen und sich über dieindische Wirtschaft auf dem Laufendenhalten. Anleger sollten grundsätzlich einInteresse an den Weltbörsen haben, da

sie alle mehr oder weniger zusammen-oder voneinander abhängen. Der Preisfür Weizen ist auch von Chinas Nachfra-ge abhängig – mehr aber noch von Han-delsbeschränkungen oder schlicht undeinfach vom Wetter. Diese notwendigenInformationen finden Anleger am bestenin Tageszeitungen oder auf Nachrichten-seiten im Internet.

Wer sich auf dem Markt auskennt,muss sich auch mit den Produkten be-schäftigen. Es hilft alles nichts: Manmuss die Strukturen der Zertifikate ver-stehen, denn die Emittenten setzen genaudas voraus. Wer nicht weiß, dass er mit ei-nem Knock-Out-Zertifikat im schlimms-ten Fall auf einen Schlag sein ganzesGeld verlieren kann, der sollte sein Ver-

mögen in andere Anlagevehikel investie-ren. Begriffe wie Discount (man be-kommt eine Aktie günstiger um den Preiseiner Deckelung des Kurszuwachses)oder Hebel (dabei wird mit geringem Ein-satz viel Kapital bewegt) müssen Anlegerverstehen.

Alle Banken, die Zertifikate emittie-ren, bieten auf ihren Internetseiten um-fassende Erklärungen zu ihren Produk-ten. Man muss sie nur lesen. Ein Finanz-berater kann bei Fragen helfen – wenn eraber nicht weiter weiß, sollte man einenanderen Berater suchen.

Zertifikate sind nichts anderes als In-haberschuldverschreibungen. Das bedeu-tet, falls eine Bank, die das Papier emit-tiert hat, Pleite geht, ist das Geld nicht ab-gesichert. Aktuell ist dies in Zeiten der Fi-

nanz- und Bankenkrise ein nicht zu unter-schätzendes Thema. Das ist auch der gro-ße Unterschied zu Fonds. Bei denen sinddie Einlagen als Sondervermögen ge-schützt.

Jedes Zertifikat ist von mindestens ei-nem sogenannten Basiswert abhängig.Ein Indexzertifikat auf den Dax folgt derWertentwicklung des Deutschen Aktien-index. Der Kurs eines gehebelten Rohöl-zertifikats folgt der Ölpreisänderung umein Vielfaches von deren Prozentsatz.Oder man kauft ein Zertifikat auf eineAktie. Dann sollte man die gängigen Be-wertungen wie Kurs-Gewinn-Verhältnis(KGV) kennen, um die Aktie einordnenzu können. Das KGV gibt das Verhältnisvon Kurs und Gewinn pro Aktie an. Denaktuellen Zertifikatekurs berechnet dieemittierende Bank. Der Kurs hängt alsonicht von Angebot und Nachfrage ab.

Bis vor kurzem galten Zertifikate alsVerlierer der Abgeltungsteuer. Doch bisEnde dieses Monats dürften Zertifikatenoch einmal einen Nachfrageboom erle-ben. Der Grund: Wer bis zum 30. Juni2008 Zertifikate kauft, entgeht der Abgel-tungsteuer, wenn er sie bis zum 30. Juni2009 wieder verkauft. Wer sein Invest-ment also ein Jahr lang hält, überspringtdamit die Spekulationsfrist von zwölfMonaten. So können sich Anleger, diekurzentschlossen handeln, die Kursge-winne noch steuerfrei sichern.

Besonders geeignet sind Discount-und Bonuszertifikate. Beide Anlagepro-dukte schützen die Anleger bis zu einemgewissen Grad vor Kursverlusten. Einegroße Auswahl an Zertifikaten hat derSparer. Es gibt Papiere für konservativeGeldanleger, die als Alternative zum her-kömmlichen Festgeld taugen sowie Pro-dukte für Zocker, die auf Spekulationsge-winne setzen. Alexander Mühlauer

Weg von neuen Typen hinzu interessanten Themen:der aktuelle Branchentrend

Die weltweite Finanzkrise ist auch am Zertifikate-Markt nicht spurlos vorübergezogen. Doch Brancheninsider sehen, dass das Interesse der Anleger wieder etwas steigt. Foto: laif

Wer bis 30. Juni kauft, kannder Abgeltungsteuerein Schnippchen schlagen

Marktüberblick

NeuenSchwungfindenDie Anbieter von Zertifikatenwollen alles einfacher machen.Denn noch immer ist ihregrößte Herausforderung:den Graben zwischen demkomplexen Produkt unddem Kundenwissen zuüberwinden. So schwächtedie Nachfrage etwas ab

Bescheid wissen

Anleitung für FinanzspielzeugeDie richtige Auswahl und Analyse sind das A und O. Anleger müssen sich vorher schlaumachen

Die Bonität der Bank istwichtig: Im Fall der Fälle istsonst das Anlegergeld weg

PROTECT-AKTIENANLEIHEN

Neue Aktienanleihen vom Marktführer.Jetzt gebührenfrei!* Im Direkthandel bei

Das PrinzipBeispiel: 12,00% PROTECT-Aktienanleihe auf Continental.Die An leihe wird am 23. Dezember 2008 zu 100% zurück-gezahlt, sofern die Aktie der Continental AG im Xetra-Handels system bis zum 16. Dezember 2008 nicht einmalauf bzw. unter dem PROTECT-Level von 53,10 Euronotiert oder am 16. Dezember 2008 auf oder über demBasispreis von 93,91 Euro schließt. Andern falls ist dieEmittentin berechtigt, als Alternative 10,64849 Aktien je 1.000 Euro Nominalbetrag zu liefern. Bruch teile vonAktien werden je 1.000 Euro Nominalbe trag in bar ausge-zahlt. Die Zinsen in Höhe von 12,00% p.a. werden injedem Fall am Ende der Laufzeit gezahlt.

Fälligkeit: 23. Dezember 2008 • Anlagebetrag: nominal 1.000 Euro oder einVielfaches Zins zahlung: ab 4. Juni 2008 • Börsenhandel: Frankfurt, StuttgartWert papierprospekt: Allein maßgeblich ist der Wertpapierprospekt, dem Sie auchnähere Infor mationen zu den Chancen und Risiken des Produktes entnehmenkönnen. Diese Anzeige stellt keine Anlage empfehlung dar und ersetzt nicht dieindividuelle Beratung durch Ihre Hausbank. Den Wertpapierprospekt erhalten Siekostenlos bei der Emittentin, Sal. Oppen heim jr. & Cie. KGaA, Unter main-anlage 1, 60329 Frankfurt am Main. Die Verkaufskurse werden fortlaufend an dieMarkt ent wicklung angepasst. Stand: 2. Juni 2008 Service-Telefon: 069/7134-2233 • E-Mail: [email protected]: www.oppenheim-derivate.de • Teletext: n-tv Tafel 810ff, N24 Tafel 690ff*Cortal Consors-Kunden handeln noch bis zum 20. Juni 2008 alle Anlageprodukte(außer Index-Endlos-Zertifikate) sowie Aktien-Optionsscheine von 500 Euro bis10.000 Euro im außerbörslichen Direkthandel ohne Provisionen und Gebühren.Flatex-Kunden handeln alle Anlageprodukte von Sal. Oppenheim (d.h. alleProdukte exklusive Optionsscheine und Turboscheine) ab einem Ordervolumenvon 1.000 Euro für maxi mal 100 Trades pro Monat im außer börs lichenDirekthandel ohne Provision und Gebühren.

Weitere Informationen unter:

www.protect-zertifikate.de

Basispreisin Euro

_ _ _ _ 93,91

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PROTECT- Level in Euro

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Anzahl Aktien

_ 10,64849

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WKN

_SFL 1QR

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Verkaufskurs

_ _ 99,05%

_ _ 99,55%

_ _ 99,60%

_ 100,25%

Die PROTECT-AktienanleiheKupon p. a.

12,00% Continental12,25% Daimler19,50% Hypo Real Estate14,50% Nokia

PROTECT-Aktienanleihen – Mit der intelligenten Strategie: –> Mit reduziertem Risiko investieren. –> Gewinne bei steigenden Märkten. –> Teilschutz bei fallenden Kursen.Erhältlich bei allen Banken, Sparkassen und Direktbanken.

Kurzläufer!

Wieder ausgezeichnet!

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Von Andrea Hessler

Zertifikate gelten als vielfältigste undflexible Anlageinstrumente für Privatan-leger. Für Holger Bosse, Zertifikate-Ex-perte bei Deutsche Bank X-markets, lie-gen die Vorteile auf der Hand: „Mit einergut durchdachten Kombination von vierBasiszertifikaten kann jeder Investor sei-ne Anlagestrategie optimieren.“ DieseVarianten ermöglichten jedem Anlegerein ideal strukturiertes Depot und wapp-neten ihn für jede Börsenentwicklung, soder Experte. Doch jeder Typ weist spezifi-sche Vor- und Nachteile auf, die Anlegerkennen sollten.

INDEXZERTIFIKATEDie ersten Zertifikate, die auf den

Markt kamen, waren sogenannte Index-zertifikate. Sie bilden einen Index eins zueins ab; sobald der Basisindex steigt,steigt auch der Wert des Zertifikats. Zu-nächst boten Emittenten nur Zertifikateauf gängige Indizes wie den Dax oder denEuroStoxx 50 an. Doch im Laufe der Jah-re ließen immer mehr Emittenten eigeneIndizes entwickeln, um sie exklusiv für ih-re Zertifikate zu nutzen. So sind an derFrankfurter Börse inzwischen mehr als30 000 Indizes registriert.

Vorteile: Indexzertifikate bilden aufeinfache Weise ganze Märkte ab und er-möglichen ein Investment, das Anleger inEigenregie kaum nachvollziehen könn-ten. So wäre es schon beim Dax sehr auf-wendig, 30 verschiedene Aktien zu beob-achten. Außerdem versammelt ein Indexbeliebig viele Werte und ersetzt das um-ständliche Sammelinvestment durch eineinziges Papier; so sparen Anleger Ver-waltungs- und Transaktionskosten.Auch das Risiko wird durch viele Basis-werte gestreut. So ermöglicht ein Index-zertifikat auch ein Investment in be-stimmte Anlagethemen wie etwa Emer-ging Markets, bei denen ein Investmentin eine einzelne Aktie eher riskant wäre.

Nachteile: Wirklich vergleichbar sindIndexzertifikate nur, wenn sie auf einemgängigen Index beruhen. Doch Emitten-ten lassen zunehmend eigene Indizes zu-sammenstellen. Sie bilden oft identischeThemen ab, enthalten aber meist unter-schiedliche Werte und sind so letztlich

doch nicht vergleichbar. Meistens fallenbei den Emittenten-Indizes auch Manage-mentgebühren an. Die gängigen Indexzer-tifikate (ohne Reverse-Struktur, also um-gekehrte Entwicklung) ermöglichen nurGewinne in steigenden Märkten. Wennsich der Markt aber seitwärts bewegtoder die Aktienkurse beispielsweise nurleicht steigen, gibt es Zertifikate, diemehr Rendite ermöglichen.

GARANTIEZERTIFIKATEFür deutsche Anleger ist der Aspekt Si-

cherheit bei der Geldanlage wichtiger alsRendite und Steuerersparnis, zeigen Um-fragen. Daher sind Zertifikate sehr be-liebt, die eine vollständige Rückzahlungdes Kapitals garantieren, auch wenn derKurs des entsprechenden Basiswerts amEnde der Laufzeit unter dem Einstiegs-wert liegt, der Anleger eigentlich also ei-nen Verlust erlitten hätte.

Vorteile: Der Anleger muss sich keineSorgen machen, da er ja eine Garantiedes Emittenten für die vollständige Rück-zahlung seines Einsatzes bekommen hat.Er kann demnach einfach das Laufzeiten-de seines Zertifikats abwarten und mussnicht ständig sein Depot bewachen. DieGarantiefunktion beziehungsweiseSchutzfunktion erleichtert den Einstiegin riskante Märkte wie etwa ein Invest-ment in Rohstoffe, das ohne Schutz zu ge-fährlich wäre. Ein Durchschnittsanlegerwill und kann wohl kaum die aktuellenFutures (das sind Absicherungsgeschäftefür Rohstoffe an den entsprechenden Ter-minbörsen) verfolgen. Daher ist er mitGarantiezertifikaten gut bedient, dieihm einen Schutz vor Kapitalverlust er-möglichen. Die meisten Zertifikate ge-währen eine Kapitalgarantie nur amLaufzeitende. Doch es gibt zunehmendauch solche, die über einen Lock-in-Me-chanismus verfügen und während derLaufzeit an bestimmten vorab definier-ten Tagen erreichte Kursgewinne fest-schreiben. Allerdings haben sie meist ei-ne untere Kursgrenze – die sogenannteBarriere – die nicht unterschritten wer-den darf. So bieten sie nur einen Teil-schutz und keine vollständige Kapitalga-rantie.

Nachteile: Derartige Schutzmechanis-men funktionieren wie eine Versiche-

rung, und Versicherungen kosten immeretwas. Bei Garantiezertifikaten bezahltder Anleger für seinen Schutz mit einemAbschlag von der Rendite. Konkret be-deutet das, dass er von Kurssteigerungennur einen gewissen Prozentsatz erhält.Diesen Prozentsatz nennt man Partizipa-tionsrate.

Ein Beispiel verdeutlicht die Wirkungs-weise: Der Kurs des Basiswerts beträgt100 Euro. Das entsprechende Garantie-zertifikat mit einem Wert von ebenfalls100 Euro hat eine Laufzeit von fünf Jah-ren. Die Partizipationsrate beträgt 50Prozent. Steigt der Kurs des Basiswertsin den fünf Jahren um 60 Prozent, so er-hält der Anleger sein garantiertes Kapi-tal von 100 Euro plus 50 Prozent der Kurs-steigerung, also 30 Prozent oder 30 Euro.Garantiezertifikate gelten als Finanzin-novationen. Daher sind die mit ihnen er-zielten Erträge heute schon voll steuer-pflichtig.

DISCOUNTZERTIFIKATEDiscountzertifikate sind die Schnäpp-

chenjäger unter den Derivaten: Man be-kommt etwas günstiger, nämlich mit Ra-batt, als der offiziell ausgewiesene Preisvermuten lässt. Beispiel: Ein Zertifikatauf einen Aktie mit Kurs 100 Euro hat ei-nen ausgewiesenen Wert von 100 Euro.Tatsächlich bezahlen muss der Anleger je-doch nur 80 Euro, er erhält also einen Dis-count von 20 Prozent.

Vorteile: Da der Investor weniger be-zahlt, als es dem Basiswert entspricht, re-duziert sich sein Verlustrisiko; sein In-vestment bleibt positiv, solange derKurs des Basiswerts steigt oder um weni-ger als 20 Prozent sinkt. Discountzertifi-kate sind aufgrund ihrer Konstruktionideal für sich seitwärts bewegende Märk-te. Mit einem Discountzertifkat könnenvolatile Börsenzeiten gut überbrücktund sogar noch Gewinne eingestrichenwerden. Meist bieten Emittenten ver-

schiedene Discounter auf einen Basis-wert an.

Nachteile: Wie bei Garantiezertifka-ten muss der Anleger die Absicherungmit einem Renditeverlust erkaufen. Soist bei Discountern die Gewinnmöglich-keit begrenzt. Diese Grenze nennt manCap. Je höher der Discount (also die Ab-sicherung) ist, desto niedriger liegt derCap. Steigt der Kurs des Basiswertsüber den Cap, so partizipiert der Anle-ger nicht mehr von der Kurssteigerung.Der Anleger muss deshalb möglichst ge-nau einschätzen, wie sich die Börse allge-mein und speziell der Basiswert entwi-ckelt.

BONUSZERTIFIKATEBonuszertifikate zahlen eine Beloh-

nung – den Bonus – wenn der Basiswertwährend der Laufzeit nie eine vorab defi-nierte untere Grenze (Barriere) berührt.Steigt der Basiswert stärker als erwartet

(über die Bonusgrenze hinaus), so erhältder Anleger statt des Bonus am Ende derLaufzeit den Kursgewinn.

Vorteile: Sie ermöglichen durch denBonus eine bessere Rendite als ein Direkt-investment. Sie ermöglichen eine Rendi-te sogar bei sinkenden Kursen - solangedie Barriere nicht berührt wird.

Nachteile: Bei den starken Börsenver-lusten im ersten Quartal 2008 berührtenviele Bonuszertifikate ihre Barriere. Hierzeigte sich, dass dieses Risiko nicht nurtheoretisch ist, sondern tatsächlich exis-tiert. Die Barrieregefahr erfordert eineständige Beobachtung des Depots, umbei Kursverlusten rechtzeitig reagierenzu können. Als im Januar die Kurse vie-ler Basiswerte gleichzeitig sanken undviele Anleger ihre Zertifikate verkaufenwollten, konnten einige Emittenten kei-ne Kurse mehr stellen und die Anlegermussten mit ansehen, wie ihre Bonuszer-tifikate unter die Barriere fielen.

Harte Zeiten für Anleger: Im Märzsetzte das Investmenthaus Bear Stearnsden Handel mit seinen Zertifikaten aus.Neun Tage dauerte es, bis wieder Kursefür die Titel gestellt wurden. Die Han-delsspannen, die Differenzen zwischenKauf- und Verkaufskurs, erreichten teil-weise Werte von bis zu 20 Prozent. FürAnleger war das ein Glück, denn das In-stitut hatte kurz vor der Pleite gestan-den. Da Zertifikate Schuldverschreibun-gen sind, hätten die Investoren maximaleinen kleinen Teil ihres Einsatzes wieder-gesehen.

Viele Anleger haben diesen Aspekt,die Bonität des Emittenten, bislang ehervernachlässigt. Das Beispiel zeigt je-doch, wie wichtig dieser ist. Die Brancherechnet damit, dass ihre Kunden künftigmehr darauf achten. Bei Bear Stearnswendete sich erst alles zum Guten, alsder Konkurrent JPMorgan ein Übernah-meangebot vorlegte. Damit war die Rück-zahlung der Zertifikate gesichert. Die ho-hen Handelsspannen zog Bear Stearnsein, um Arbitrage-Gewinne von kurzfris-tig agierenden Investoren zu verhindern.Für die Entwicklung des Zertifikate-Markts waren die Vorgänge positiv.„Der Bonitätsaspekt könnte in Zukunfteine stärkere Rolle spielen“, sagt ClausGruber, Sprecher der FondsgesellschaftDWS, die unter dem Label DWS Go Zer-tifikate auflegt.

Je schlechter die Bonität, die Kredit-würdigkeit, eines Anbieters ist, desto grö-ßer ist das Risiko für den Anleger. Die Ra-ting-Agentur Scope berücksichtigt dasmittlerweile, wenn sie Zertifikate bewer-tet. „Wir gewichten die Kreditwürdig-keit stärker, je schlechter sie ist“, sagt Sa-

sa Perovic, Leiter der Zertifikate-Analy-se. Um dennoch eine gute Bewertung fürseine Produkte zu erhalten, muss einEmittent mit schlechter Bonität daherbessere Konditionen bieten. Bei Anlei-hen ist dies längst üblich. Staaten undUnternehmen mit hoher Ausfallwahr-scheinlichkeit zahlen mehr Zinsen alsdie mit niedriger. Das Plus an Ertrag ent-schädigt den Investor für das zusätzlicheRisiko. „Bei Zertifikaten hat die Bonitätbislang niemanden interessiert“, sagtHolger Bosse, Zertifikate-Experte derDeutschen Bank. Das ändert sich jetzt.

Wichtig ist die Kreditwürdigkeit desEmittenten vor allem bei Strukturen, dieeine Anleihe enthalten. Denn bei denenkommt zum Ausfallrisiko des Emitten-ten noch ein Kursrisiko hinzu. Das be-trifft vor allem Zertifikate mit Kapitalga-rantie. Hier erhalten Anleger am Endeder Laufzeit zumindest einen fixen Be-trag zurück, oft den Nennwert des Wert-papiers. Mit der Anleihe sichert der Emit-tent diese Zahlung ab.

„Diese Anleihe holen sich die Emitten-ten nicht am freien Markt, sondern beider hauseigenen Abteilung für Konzern-finanzierung“, sagt Bosse. Je nach Boni-tät zahlen sie einen Auf- oder einen Ab-schlag auf den Zinssatz, zu dem sich Ban-ken gegenseitig Geld leihen. Wird die Bo-nität schlechter, sinkt der Barwert die-ser Anleihe.

Ein Beispiel: Eine Anleihe hat einenNennwert von 100 Euro und bringt vierProzent Zinsen, also vier Euro. Solangeder Markt das Ertrags-Risiko-Profil fürangemessen hält, kostet das Papier 100Euro. Sinkt die Bonität, tragen Investo-ren ein höheres Ausfallrisiko. Dafür er-warten sie einen höheren Zins von fünfProzent. Da Nennwert und Ausschüt-tung fix sind, geht der Kurs von 100Euro auf 99,05 Euro zurück. Die vierEuro entsprechen jetzt einem Zins vonfünf Prozent. Da die Anleihe jetzt weni-ger wert ist, geht somit auch der Kursdes Zertifikats zurück.

Eine schlechtere Bonität hat für Emit-tenten aber auch Vorteile. Bei neuen Pro-dukten können sie Anlegern bessere Kon-ditionen bieten als die Konkurrenz, ge-ben Experten zu bedenken. Davon hatauch die WestLB in der Vergangenheitprofitiert. „Wir hatten die Wahl, ob wirmehr Sicherheit oder mehr Ertrag bie-ten und haben uns in der Regel für einMehr an Sicherheit entschieden“, sagtFrank Haak, Produktmanager für Deri-vate.

Angesichts des zusätzlichen Risikosdurch die Kreditwürdigkeit sollten In-vestoren daher nicht nur auf verschiede-ne Basiswerte setzen, wenn sie im Be-reich Zertifikate aktiv sind. „Anlegersollten generell zukünftig bei ihrer Anla-geentscheidung die Bonität des Emitten-ten stärker berücksichtigen und dabeiSchuldtitel über mehrere Schuldnerstreuen, also ihre Depots mit den Zertifi-katen mehrerer Emittenten bestücken“,sagt Lars Brandau, Geschäftsführer desDeutschen Derivate Verbandes. Jochen Bettzieche

Es ist ein bisschen Fleißarbeit, aber das Lesen von Broschüren im Netz oder am Schreibtisch gehört zum Bildungskanon von Zertifikate-Anlegern. Foto: laif

Nur wer ein biss-chen genauer hin-

schaut, kann entde-cken, ob im Inneren

alles gut ist. Das giltfür einen wurmsti-

chigen Apfel genau-so wie für angeschla-

gene Banken. Wernicht auf die Boni-tät des Emittenten

achtet, der kannspäter unangeneh-

me Folgen erleben. Foto: Stockfotos

DERIVATE & ZERTIFIKATE

Klassifizierung

Die üblichen VerdächtigenAlle sind sich einig: Anleger müssen verstehen, welche Strukturen angeboten werden und welche Stärken und Schwächen sie aufweisen. Die wichtigsten Typen sind hier erklärt

Bonität

Besser beachtenAnleger sollten sich Emittenten genauer ansehen, denn gute Konditionen sind nicht immer positiv

Wird die Bonitätschlechter, sinkt derBarwert dieser Anlage

Donnerstag, 5. Juni 2008 / Süddeutsche Zeitung Nr. 129 / Seite 34

Wählen Sie aus über 1000 Capped Bonus Zertifikaten mit Laufzeiten bis Ende Juni 2009 auf über 150 Basiswerten Ihren

Favoriten. Die Capped Bonus Zertifikate bieten Ihnen selbst dann ein attraktives Renditepotenzial, wenn sich die zugrunde

liegende Aktie kaum bewegt oder sogar leicht nachgibt. Für dieses Sicherheitspolster sorgt die eingebaute Kursschwelle,

die der Aktie einen entsprechenden Freiraum zur Kursentfaltung gibt. Diese kann bei Capped Bonus Zertifikaten besonders

niedrig gewählt werden. So haben Sie über weite Strecken die Nase vorn. Denn solange die Aktie während der Laufzeit

niemals auf diese Kursschwelle fällt, erhalten Sie am Ende mindestens den attraktiven Bonusbetrag. Erst bei einem Anstieg

über den Cap hinaus sind Ihre Ertragschancen limitiert, allerdings erhöht sich durch den Cap die mögliche Seitwärtsrendite.

Nach unten hingegen tragen Sie maximal das Kursrisiko.

Kaufaufträge können Sie bei der Commerzbank oder bei Ihrer Hausbank aufgeben.

‡ letzter Aufruf ‡ Jetzt in capped Bonus Zertifikate investieren und

gewinne noch bis juni 2009 nach einem Jahr Laufzeit steuerfrei vereinnahmen.

‡ ideen nach vorn ‡

WKN Kursschwelle Bonusschwelle Cap Seitwärts-

Rendite p.a.*

Allianz

Daimler

Deutsche Bank

Deutsche Telekom

Siemens

CB 9TAJ

CB 24JF

CB 24PV

CB 24HS

CB 24LZ

EUR 82,00

EUR 33,00

EUR 48,00

EUR 7,50

EUR 48,00

EUR 160,00

EUR 60,00

EUR 93,00

EUR 14,00

EUR 88,00

EUR 160,00

EUR 60,00

EUR 93,00

EUR 15,00

EUR 88,00

17,00%

13,60%

18,40%

17,10%

14,20%

Stand: 30. Mai 2008; Bewertungstag: 17. Juni 2009; Laufzeit: bis 24. Juni 2009

* bei intakter Kursschwelle und Auszahlung des Bonusbetrags

Den Prospekt erhalten Sie unter Angabe der WKN bei der Commerzbank AG, ZTB M 2.3.3, Neuemissionen, Kaiserplatz, 60261 Frankfurt a.M.

oder unter www.zertifikate.commerzbank.de

/ / / / / / www.zertifikate.commerzbank.de / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / Hotline: (069) 13 64 78 45 / / / / / /

Page 3: DERIVATE & ZERTIFIKATE - MathFinance · DERIVATE & ZERTIFIKATE Eine Beilage der Süddeutschen Zeitung Emittenten verraten, wohin die Rei-se gehen könnte Seite 37 Donnerstag, 5. Juni

Von Horst Peter Wickel

Während im Fondsbereich Ratingsschon längst gang und gäbe sind, wartenAnleger in der Zertifikate-Welt noch im-mer auf klare und nachvollziehbare Be-wertungssysteme. Das soll sich jetzt, teil-te die European Derivatives Group(EDG) am 4. Juni in Frankfurt mit,grundlegend ändern. Die EDG ist eineGesellschaft mit Sitz in St. Gallen, Mün-chen und Frankfurt, die sich dem ThemaZertifikaterating sowie der wissenschaft-lichen Produkt- und Risikobewertungstrukturierter Produkte widmet. Sie be-steht nach eigenen Angaben aus 15 Mit-arbeitern mit Praxiserfahrung im Fi-nanzmarkt sowie Wissenschaftlern ausden Bereichen Finanzmathematik, Infor-matik und Wirtschaftswissenschaften.Nach umfangreichen Konzeptions- undEntwicklungsarbeiten startet die EDGein neues Zertifikate-Rating, das denvon vielen als unübersichtlich gescholte-nen Markt transparenter und einschätz-barer machen soll.

Anhand wissenschaftlich fundierterMethoden will die EDG im erstenSchritt für jedes Zertifikat eine Quali-tätsbewertung durchführen. Diese bein-haltet die vier Kriterien Kosten, Handel(Liquidität), Informationsbereitstellungund Bonität des Emittenten. Im zweitenSchritt wird ermittelt, wie das Produktzu der individuellen Risikopräferenz ei-nes Investors passt. Im Expertenjargonheißt das Risiko-Fit. Dazu werden alleuntersuchten Zertifikate in fünf Risiko-klassen eingeteilt. „Wir unterstellenfünf Anlegertypen mit entsprechendenRisikoeinstellungen von sicherheitsori-entiert bis spekulativ“, sagt EDG-Ge-schäftsführer Philipp Henrich und er-gänzt: „Da haben wir ein ziemlich dickesBrett gebohrt.“

Um die Qualität der Zertifikate zu be-urteilen, werden ähnliche Produktenachbewertet und zur Bewertung einVergleichspreis gebildet. Beim Ratingdes Handels werden die Handelskostenund die Ausführungsgeschwindigkeitverglichen. Zur Bewertung der Bonitätdes Emittenten wird die Ausfallwahr-scheinlichkeit über Kreditratings ver-schiedener Agenturen zugeschlüsselt.Die Qualität der Produktangaben soll

auf der Basis einer repräsentativen Be-fragung unabhängiger Probanden erfol-gen. „Wir schätzen täglich auf der Basisvon hunderttausenden Optionspreisendie Volatilitäten und Dividenden undkönnen somit einen Produktpreis ermit-teln“, sagt Henrich.

Erstmals können damit Geldanlegerauf eine „breitgefächerte, methodischabgesicherte Produktbeurteilung aufder Basis objektiv gemessener Produkt-qualität im Zusammenhang mit subjekti-ver Risikoneigung“ zurückgreifen, heißtes beim EDG. „Mit dem Rating ist aberkeine Prognose der zukünftigen Renditeverbunden“, stellt Lutz Johanning, Inha-ber des Lehrstuhls für empirische Kapi-talmarktforschung an der WHU-OttoBeisheim School of Management inFrankfurt, klar.

Fünf Sterne stehen künftig auch beiZertifikaten für Produkte mit dem Ge-samturteil sehr gut. Diese Produkte sind

qualitativ hochwertig und eignen sichfür die angegebenen Risikoklassen, dievon eins (sicherheitsorientiert) überzwei (begrenzt risikobereit) und drei (ri-sikobereit) bis zu vier (vermehrt risikobe-reit) und schließlich Risikoklasse fünf(spekulativ) reichen. Die grundlegendeQualität eines Zertifikats wird über die

vier Bestandteile Kosten (zu 20 Prozent),Handel (10 Prozent des Gesamtratingsbei Anlageprodukten, 20 Prozent bei He-belprodukten), Bonität des Emittenten(zehn Prozent des Gesamtratings bei An-lage-, fünf Prozent bei Hebelprodukten)und Informationsbereitstellung (zehnProzent des Gesamtratings bei Anlage-,

fünf Prozent bei Hebelprodukten) desEmittenten bewertet. Zusätzlich zu denvier Kriterien zur Produktqualität wirdim Bestandteil Risiko/Nutzen selektiert,ob und in welchem Ausmaß ein Zertifi-kat zu den Risikopräferenzen eines Inves-tors passt (Risiko-Fit). Die Benotungensollen alle zwei Wochen aktualisiert wer-den. Markus Straub aus dem Vorstandder Schutzgemeinschaft der Kapitalanle-ger sagt zum neuen Rating: „Die Intrans-parenz und Nichtvergleichbarkeit derZertifikate wird von uns seit Jahren kriti-siert. Neue Ansätze zu einem verständli-chen Rating begrüßen wir.“

Einen entscheidenden Vorteil des An-satzes sehen Experten darin, dass EDGZugriff auf die Daten der Emittenten be-kommen soll. Damit lassen sich die ein-zelnen Zertifikate einwandfrei nachbil-den und bewerten. Hinzu kommt, dassdas neue System sämtliche Produkte ei-nes Emittenten bewertet. Eine bewusste

Auswahl der Produkte erfolgt nicht. Dasist vor allem bei FWW Rating anders.Das Unternehmen aus Haar bei Mün-chen, dessen Ratings Kunden des Spar-kassen-Brokers kostenlos nutzen kön-nen, bewertet bisher nur Neuemissio-nen. Wie beim EDG-Rating werden dieeinzelnen Produkte vor der Analyse in ei-nen fünfstufigen Risikocluster eingeord-net, der sich an den Risikoklassen imWertpapierhandelsgesetz orientiert.

Diese Klassifizierung findet sich auchbeim Rating von Scope, das bereits seitvergangenem Jahr am Markt ist. Ob sichdie Kundenberater bei Banken, Sparkas-sen und Finanzvermittlern sowie dieGeldanleger selbst durch die neuen Ra-tings bei ihren Anlageentscheidungensteuern und beeinflussen lassen, ist eineandere Frage. Zwar berücksichtigt dasam 1. November 2007 in Kraft getreteneFinanzmarktrichtlinie-Umsetzungsge-setz (MiFID) den Anlegerschutz auf neue

Art und Weise. Geldsinstitute müssenbei der Anlageberatung einen Geeignet-heitstest und im beratungsfreien Ge-schäft einen Angemessenheitstest vor-nehmen, aber gern überschätzen sichKunden dennoch bei der Jagd nach sat-ten Renditen. Selbst dann, wenn sich Be-rater alle Mühe geben, ist nicht ausrei-chend bekannt, wie sich die Risikobereit-schaft valide feststellen lässt und wiemit den psychologischen Effekten umzu-gehen ist, die dabei eine Rolle spielen.

So kamen Wissenschaftler des Beha-vioral finance schon vor Jahren zu der Er-kenntnis, dass sich manche Menschennur dann wohl fühlen, wenn sie in derGeldanlage kaum Risiken ausgesetztsind. Andere Menschen hingegen findenRisiken sogar reizvoll, ihr subjektivesWohlbefinden führt unweigerlich zumnächsten Crash. Und davor werden siewohl auch künftig weder Ratings nochBerater retten können.

Bankberater werben gerne mit Zertifi-katen aller Art, über börsengehandelteIndexfonds Exchange Traded Funds,kurz ETFs, verlieren die wenigsten einWort. Der Grund ist schnell gefunden:Die Bank verdient damit weniger als mitZertifikaten. ETFs sind aber, was Gebüh-ren und rechtliche Bedingungen betrifft,für Privatanleger eine relativ günstigeGeldanlage.

Den Begriff Zertifikat haben die meis-ten Sparer wohl schon einmal gehört.Aber ETFs – was ist das eigentlich? Ex-change Traded Funds bilden einen Indexwie den Dax möglichst genau nach. Sieverfolgen also eine passive Anlagestrate-gie. Der Wert eines ETFs auf den IndexEuro-Stoxx 50 zum Beispiel ist stets sogut – oder schlecht – wie der Markt. Under ist vor allem nicht so teuer wie ein ak-tiv gemanagter Europa-Fonds. Der EuroStoxx 50 ist Europas führender Aktienin-dex. Er beinhaltet die 50 größten börsen-notierten Unternehmen des Euroraums.

Vergleicht man Indexzertifikate mitbörsengehandelten Indexfonds, so sinddie Kosten bei beiden Anlageformen ähn-lich niedrig. Bei den meisten Indexzertifi-katen fallen sogar gar keine Manage-mentgebühren an. Bei ETFs berechnenAnbieter für das Management des Fondszwischen 0,15 und 0,6 Prozent der Anla-gesumme pro Jahr. Dafür sind Zertifika-

te beim sogenannten Spread teurer. DerSpread ist die Spanne zwischen An- undVerkaufskurs. Je kleiner der Spread, des-to besser für den Anleger. Wer Zertifika-te kaufen möchte, zahlt einen etwas höhe-ren Preis, als er beim Verkauf bekommenwürde. Den Börsenpreis für ein Indexzer-tifikat bekommen Anleger fast immervon der Bank, die das Produkt emittierthat. Bei ETFs hingegen machen sich im-mer mindestens zwei sogenannte Market-maker-Banken Konkurrenz. Das sorgt

für niedrige Spreads, bei Dax-Index-fonds sind es gerade mal 0,15 Prozent,weil weder Analysten noch Prognosenoder Vertrieb finanziert werden müssen.Günstige ETFs haben also nur etwa einZehntel der Kosten eines aktiv verwalte-ten Fonds. In Zertifikaten können sichweitere Kosten verstecken. Wer seinGeld in ETFs anlegt, profitiert immer zu100 Prozent an den Dividenden oder Zin-sen, die dem ETF zufließen.

Der wichtigste Unterschied zwischenIndexzertifikaten und ETFs ist ein juris-tischer. Ein ETF ist ein sogenanntes Son-

dervermögen. Es ist also von der Fonds-gesellschaft getrennt, Investoren habendaher den vollen Schutz des deutschenInvestmentrechts. Das bedeutet: Gehtein ETF-Anbieter Pleite, ist das Geldnicht weg. Anders ist es bei Zertifikaten,die rechtlich gesehen Inhaberschuldver-schreibungen sind. Lange Zeit galt dasRisiko, dass renommierte Banken Insol-venz anmelden müssen und damit auchdie Vermögen der Zertifikatebesitzer ver-schwinden könnten, als sehr theoretisch.Doch die globale Finanz- und Bankenkri-se hat gezeigt, wie plötzlich ein solchesSzenario Realität werden könnte.

ETFs unterliegen einer strengerenKontrolle als Zertifikate. Indexfonds-Anbieter sind verpflichtet, die aktuelleZusammensetzung des Fonds täglich zuveröffentlichen. Auf welche Weise Ban-ken ihre Zertifikate absichern, ist fürden Anleger meist nicht nachzuvollzie-hen. Diese Transparenz, verbunden mitder Rechtssicherheit, machen ETFs vorallem bei institutionellen Anlegern be-liebt. Diese dürfen oft nicht in Schuldver-schreibungen investieren, ETFs sindmeist erlaubt.

Für die einen ist die rechtliche Absi-cherung der ETFs ein Vorteil, doch siehat auch einen großen Nachteil. Es dau-ert einfach länger und kostet deutlichmehr, einen ETF aufzulegen. Das Ange-bot an Indexfonds wächst zwar kontinu-ierlich, aber dennoch bietet die DeutscheBörse aktuell nicht mehr als 300 ETFsan. Bei Zertifikaten ist die Auswahl fürAnleger erheblich größer. Schätzungenzufolge gibt es bereits rund 250 000 aufdem deutschen Markt. So haben Index-zertifikate die Chance, sich schneller aufneue Investmenttrends einzustellen.

Für ETFs spricht, dass Anleger mit ei-ner einzigen Börsentransaktion in einenganzen Markt oder eine ganze Region in-vestieren können, statt sich mühsam Ein-zelaktien oder die besten Fondsmanagerherauszusuchen. Man legt beispielswei-se einfach Geld in einen ETF auf einenEuro-Stoxx-50-Index. Schon bei klei-nen Anlagesummen rentiert sich das.Und da Europas größte Unternehmen inder ganzen Welt Geschäfte machen, sindAnleger an den wachstumsstarken Regio-nen wie Asien oder Lateinamerika betei-ligt.

Für Privatanleger, die nicht auf kurz-fristige Spekulationen setzen, sind ETFsletzten Endes die bessere Wahl. ETFswerden eben direkt an der Börse gekauftund wieder verkauft. Einen Ausgabeauf-schlag gibt es nicht. Was man braucht,ist ein Depot. Die Bank kassiert für Kaufund Verkauf eine Provision. Bei Direkt-banken fallen die Depot-Gebühren deut-lich niedriger aus als bei Filialbanken.Anleger, die selbst ein Depot aus ETFsbasteln wollen, können dies bei einemOnlinebroker am günstigsten machen. Alexander Mühlauer

Passt, passt nicht. Passt, passt nicht: Eine neue Richtlinie will Berater dazu bringen, Anleger und Anlage daraufhin zu prüfen, ob sie zusammenpassen Foto: laif

Rating

Branche bohrt dicke BretterLange hat es gedauert:Jetzt zieht der Zertifikate-Markt mit einem eigenen Bewertungssystem nach. Themen wie Risikogruppe und Risikopräferenz sollen so besser einzuordnen sein

Vergleich

Konkurrenz mit kurzem NamenZertifikate versus Exchange Traded Funds: Letztere sind vielen Anlegern unbekannt – zu Unrecht

DERIVATE & ZERTIFIKATE

Der wichtigste Unterschiedist juristischer Natur:ETFs sind Sondervermögen

Menschen zeigen ganzunterschiedliche Vorlieben,wenn es ums Risiko geht

Für Anlegerkönnen ExchangeTraded Funds(ETFs), wegenihrer knappenKosten attraktivsein. Für Beratersind sie es weni-ger: Die Provisionist mager.Foto: F1 online

Donnerstag, 5. Juni 2008 / Süddeutsche Zeitung Nr. 129 / Seite 35

Ausschließlich maßgeblich ist der zugrunde liegende vollständige Wertpapierprospekt, welcher jederzeit kostenlos bei der UBS Deutschland AG, Investment Products, Stephanstraße 14–16,60313 Frankfurt am Main, E-Mail: [email protected], Telefon: 0 69/13 69-89 89 (werktags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr), erhältlich ist. www.ubs.com/keyinvest

In der aktuellen Situation an den Finanzmärkten ist für viele Anleger die Risikoabsicherung im Depot von ent-

scheidender Bedeutung. Hier bietet das von UBS neu entwickelte Konzept der UBS One Step Protect Zertifikate

durch seine einfache und transparente Struktur eine ideale Anlagelösung. Diese Zertifikate verbinden auf beein-

druckend einfache Weise die Sicherheit eines Kapitalschutzes mit der Chance auf attraktive Renditen. Dies funk-

tioniert einfach und effizient – Ihr eingesetztes Kapital bleibt dabei jederzeit geschützt.

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DERIVATE & ZERTIFIKATE

Es ist eine alte Regel, dass Immobilien-anlagen in jedes Wertpapierdepot gehö-ren. Gab es noch bis vor einigen Jahrenlediglich Immobilienfonds offener odergeschlossener Art, so ist inzwischen ge-rade für Privatpersonen die Anlageweltdurch die Auflegung der unterschied-lichsten Immobilien-Zertifikate wesent-lich besser zugänglich geworden; undzwar in kostengünstiger, transparenterund stets liquider Form. Anlegern, die inImmobilien investieren wollen, bietensich weltweit viele Chancen, die sich ins-besondere mit Zertifikaten leicht nut-zen lassen. Als einer der besonders aus-sichtsreichen Märkte gilt Deutschland.Die Einführung der Anlageklasse Reit(Real Estate Investment Trust) sorgthier für frischen Wind in der Branche.REITs sind börsennotierte Kapitalgesell-schaften, die ihre Einnahmen vorrangigaus Immobilien erzielen. Reits schüttenden Großteil ihrer Gewinne an ihre An-teilseigner aus. Daraus resultiert ihr be-sonderer Vorteil: Die Gesellschaftenmüssen selbst keine Steuern zahlen. Nurdie Investoren versteuern die Ausschüt-tungen mit ihrem individuellen Einkom-mensteuersatz. In Deutschland gibt eserst zwei börsennotierte Reits – die Al-stria office Reit-AG und die Fair ValueReit-AG, sieben weitere Unternehmenstehen noch in den Startlöchern. Aller-dings sind in den vergangenen Jahren et-liche Immobiliengesellschaften an dieBörse gegangen, die der Reits-Ideeschon recht nahe kommen. Derzeit notie-ren 22 deutsche Immobilien AGs an derBörse, 18 davon hat die Bank ABN Amroin einem Index zusammengefasst und imApril vergangenen Jahres verbrieft.

Auch auf dem Wachstumsmarkt Chi-na gibt es Immobilien-Zertifikate. DasPapier mit dem Namen China Immobi-lien Zertifikat der ABN Amro Bank bil-det die Wertentwicklung des GPR ChinaProperty TR Index ab, der die Kursent-wicklung von 20 chinesischen Immobi-lienunternehmen widerspiegelt. Divi-denden werden dabei voll berücksich-tigt. Die Unternehmen im Index sindnach ihrer Marktkapitalisierung gewich-tet, wobei der Anteil eines jeden Unter-nehmens auf maximal 15 Prozent be-grenzt wird. Verschiedene Gründe könn-ten für die Investition in den chinesi-schen Immobilienmarkt sprechen: Diechinesische Regierung fördert die Ver-städterung. Bis zum Jahr 2010 könntenlaut einer Schätzung des Wall StreetJournal bis zu 300 Millionen Menschenin die chinesischen Ballungszonen strö-men. Eine Studie der UN Population Di-vision hat errechnet, dass dabei dieHaushaltsgrößen in China sinken wer-den – von derzeit vier auf durchschnitt-lich 3,2 Personen je Haushalt. In denkommenden drei Jahren werden zudemdie Olympischen Spiele 2008 und die

Vorbereitungen für die Expo 2010 denBausektor beflügeln.

Der aktuelle Renner im Derivatege-schäft sind Zertifikate auf exotische Ak-tien in den Emerging Markets. Immerneue Zertifikate mit unterschiedlicherStrategie und Gewichtung werden aufdie sogennaten BRIC-Staaten, also Brasi-lien, Russland, Indien und China oderauch aufstrebende osteuropäische undasiatische Aktienmärkte emittiert. Bulga-rien, Rumänien, Kasachstan, Vietnam –der zertifizierte Flickenteppich um-

schließt den Globus immer enger. „DieAnleger wollen in immer exotischereMärkte vordringen. Wir folgen diesemWunsch“, erklärt Funda Tarhan vonABN Amro die Entwicklung. Die Exoten-welle hat nun auch den Immobiliensek-tor erfasst.

Die Raiffeisen Centrobank bietet mitdem SBOX Dimax ein Immobilienzertifi-kat auf osteuropäische Aktien an, undder niederländische Emittent ABN Amrobietet Investoren sogar die Möglichkeit,auf dem afrikanischen ImmobilienmarktFuß zu fassen. Das Südafrika Real EstateOpen End Zertifikat investiert in denFTSE/JSE Africa Real Estate Kursin-dex, der 22 südafrikanische Immobilien-Unternehmen umfasst. Wer sich die Mü-he sparen will und mit nur einem Papier

gleichzeitig in mehrere Immobilienmärk-te in den Emerging Markets investierenwill, für den haben die umtriebigen Nie-derländer auch gleich die passende Lö-sung parat: das Emerging Markets Immo-bilien Zertifikat. Das Papier gibt dieWertentwicklung des Emerging MarketTop 20 Property TR Index wieder. Der In-dex setzt sich aus 20 börsennotierten Im-mobilienunternehmen oder börsengehan-delten Fonds zusammen, die in Osteuro-pa, Südamerika, Asien oder Afrika aktivsind. Basis für die Auswahl der 20 Aktienist der Emerging Markets TR Index. Des-sen Wert hat sich in den vergangenenfünf Jahren mehr als verdoppelt – ein En-de des Trends ist nicht in Sicht. Bevölke-rungswachstum und fortschreitende In-dustrialisierung treiben weltweit dieBaubranche voran. Anleger des Zertifi-kats müssen allerdings darauf vertrauen,dass die Auswahl der 20 Unternehmenaus diesem Indexpool mit höchster Sorg-falt erfolgt. Die Namen der jeweils ausge-wählten Unternehmen dürften hier weit-hin unbekannt sein, die Märkte in den je-weiligen Staaten sind oft nicht besondersliquide.

Immobilien-Zertifikate sind derzeit„in“. Und tatsächlich bieten die Immobi-lienmärkte weltweit lukrative Perspekti-ven. Doch egal, ob Reits, BRIC oder ein-zelne Regionen in den Zertifikaten ver-brieft werden: Anleger, die internationalin Immobilien investieren wollen, sollteneinen kritischen Blick in die Zertifikate-Broschüren werfen und nur solche Papie-re kaufen, deren Konstruktion sie nach-vollziehen können. Matthias von Arnim

Von Andrea Hessler

Kaum ein anderes Thema beschäftigtAnleger seit Monaten so stark wie die Ab-geltungsteuer. Ihre wesentliche Wirkungist, dass laufende Erträge, also Zinsen undDividenden, sowie Kursgewinne aus allenWertpapieranlagen gleich besteuert wer-den. Der einheitliche Steuersatz liegtdann ab Anfang 2009 bei 25 Prozent. Werjetzt die richtigen Entscheidungen trifft,kann steuerliche Nachteile minimieren.Hier sind die wichtigsten Änderungenund Tipps, mit ihnen umzugehen.

BestandsschutzAltanleger haben Glück. Denn Zertifi-

kate, die vor dem 15. März 2007 gekauftwurden, genießen Bestandsschutz. So hates die Bundesregierung beschlossen. IhreKursgewinne müssen auch dann nicht ver-steuert werden, wenn sie nach dem 30. Ju-ni 2009 (dem letzten Stichtag für einen ab-geltungsteuerfreien Verkauf) verkauftwerden.

GarantiezertifikateBei ihnen bleibt alles fast wie gehabt.

Gewinne aus Garantiezertifikaten muss-ten bisher schon versteuert werden. Dabeispielte die Haltedauer keine Rolle. Dasheißt, auch wenn ein Anleger die Spekula-tionsfrist von einem Jahr abwartete, muss-te er für diese Gewinne Steuern bezahlen,und zwar in Höhe seines individuellen Ein-kommensteuersatzes. Wenn die Abgel-tungsteuer fällig wird, kann ein Anlegerzwischen dem pauschalen Steuersatz von25 Prozent und dem individuellen Steuer-satz (der oft niedriger ist) wählen. Tipp:Vom Steuerberater ausrechnen lassen,welche Regelung günstiger ist.

VollrisikozertifikateHier ist der steuerfreie Einstieg noch

möglich. Alle Index-, Bonus- und Dis-countzertifikate und deren verschiedeneAusgestaltungen gelten als sogenannteVollrisikozertifikate. Für sie gilt eineÜbergangsregelung: Gewinne, die vordem 30. Juni 2009 realisiert werden, sindnoch abgeltungsteuerfrei, wenn die Spe-kulationsfrist von einem Jahr eingehal-ten wird. Tipp: Bis Ende Juni 2008 ist derEinstieg in diese Zertifikate noch steue-runschädlich, denn bis dahin kann dieSpekulationsfrist noch eingehalten wer-

den. Wer jetzt kauft, sollte darauf achten,dass die Rückzahlung definitiv vor dem30. Juni 2009 erfolgt. Steuerexperten wieJohanna Hey, Professorin am Institut fürSteuerrecht an der Universität Köln wei-sen darauf hin, dass auch bei der Auszah-lung von Kapital und Kursgewinnen vonZertifikaten das Zuflussprinzip gilt. Zu-geflossen ist das Geld, wenn es auf demKonto des Anlegers gutgeschrieben istund er darüber verfügen kann. Es solltenalso im Laufe des Junis 2008 nur noch Zer-tifikate gewählt werden, deren Bewer-tungstag deutlich vor dem 30. Juni 2009liegt, damit eine Rückzahlung vor diesemStichtag wahrscheinlich ist. Ronny Klopf-leisch, beim Emittenten Sal. OppenheimLeiter Steuern gibt jedoch zu bedenken:„Wer jetzt noch schnell ein Zertifikat er-wirbt, um es vor dem Stichtag im Juninächsten Jahres zu verkaufen und so dieAbgeltungsteuer zu sparen, lässt sich seinAnlageverhalten vom Finanzamt diktie-ren.“ Eine rein steuerlich ausgerichteteAnlagestrategie sei aber nie sinnvoll.Denn niemand wisse heute, wie in einem

Jahr die Börse steht und ob dann ein Ver-kauf tatsächlich sinnvoll sei, erklärtKlopfleisch.

Steuerzahlung hinausschiebenWenig problematisch ist die Abgeltung-

steuer für langfristig orientierte Anleger.Wer zum Beispiel in endlos laufende In-dexzertifikate investiert, muss derenKursgewinne nicht versteuern, solange erdie Zertifikate nicht verkauft und dieKursgewinne nicht realisiert. Tipp: Dasist gerade für Anleger, die ein Depot zurAltersvorsorge aufbauen, ideal. Auchwenn inzwischen Renten und andereAltersbezüge versteuert werden müssen,genießen Ruheständler doch steuerlicheVorteile. Es ist daher sicherlich sinnvoll,anfallende Steuern aufs Depot bis in denRuhestand zu verschieben. Ein weitererNachteil von häufigen Transaktionensind natürlich die Gebühren – nicht um-sonst heißt ein geflügeltes Wort an der Bör-se „Hin und her, Taschen leer“.

Allerdings ist die Vorstellung, ordentli-che Gewinne einzustreichen, natürlich

verführerisch. Gerade die vergangenenMonate haben gezeigt, dass die Börseauch schnell umkippen kann und dannKursgewinne schnell wieder verlorenge-hen. Tipp: Oft ist es günstiger, 25 Prozenteines tatsächlich erzielten Gewinns abzu-geben, als weiter abzuwarten und dann zusehen, wie die Kursgewinne komplett ver-lorengehen.

Alternative Zertifikatefonds?Fondsgesellschaften müssen auf Kurs-

gewinne und Erträge keine Steuern abfüh-ren. Da liegt es nahe, den Erwerb und Ver-kauf von Zertifikaten über eigens gebilde-te Fonds abzuwickeln. Diese dürfen nochbis zum 31. Dezember 2008 Zertifikate er-werben und verkaufen, ohne Steuern zubezahlen. Die sogenannten Zertifikate-fonds hat die Branche als Antwort auf dieSteuerproblematik entwickelt und auchgleich mit großem Werbeaufwand ver-marktet. Den Finanzbehörden ist das na-türlich ein Dorn im Auge. Daher überle-gen die Steuerexperten noch, wie sie dieVorteile kippen können.

Ausweichmöglichkeit Terminfonds?Eine weitere Alternative, welche die Ab-geltungsteuer umgeht, sind Fonds, diestatt der Zertifikate deren ursprünglichesGrundgeschäfte enthalten, nämlich Ter-mingeschäfte. Für Termingeschäfte giltdie Abgeltungsteuer von 1. Januar 2009an. Demnach sind Gewinne aus Fondsan-teilen, die Termingeschäfte nachbilden,bei einem vorherigen Erwerb steuerfrei.Allerdings sind schon Zertifikate, die aufTermingeschäften basieren, für denDurchschnittsanleger schwer nachvoll-ziehbar. Dies gilt verstärkt für die Termin-fonds. Tipp: Ein wichtiger Grundsatz füreinen langfristigen Erfolg ist, nur in Anla-gen zu investieren, die man versteht. DieSteuerersparnis sollte nie das entscheiden-de Argument für ein Investment sein.

Vorsicht bei MischdepotsBei der Abgeltungsteuer gelten unter-

schiedliche Fristen und Stichtage. Es istdaher wichtig, dass ein Anleger weiß undauch beweisen kann, wann er welches Zer-tifikat gekauft hat. Das kann jedoch

schwierig werden, wenn man von einembestimmten Wertpapier zu unterschiedli-chen Zeitpunkten verschiedene Exempla-re gekauft hat. Diesen Sachverhalt beur-teilt die Finanzverwaltung seit Jahrennach dem Grundsatz: First in, first out.Das bedeutet, sie geht davon aus, dass daszuerst gekaufte Wertpapier auch als ers-tes wieder verkauft wurde. Bei Zertifika-ten kann sich die First-in-first-out-Rege-lung jedoch für den Anleger nachteilig aus-wirken. Denn nur die vor dem 15. März2007 gekauften Zertifikate genießen einenumfassenden Bestandsschutz und könnenwährend der gesamten weiteren Anlage-zeit verkauft werden, ohne dass die neueAbgeltungsteuer fällig wird. Tipp: Finanz-beamte mögen erfahrungsgemäß genaueAufzeichnungen und ordentlich geführteUnterlagen. Anleger sollten daher alleKauf- und Verkaufsbelege, Bank- und De-potunterlagen aufbewahren, um jede ein-zelne Depotbewegung genau nachweisenzu können und jene Zertifikate im Depotzu behalten, die noch vom Bestandsschutzprofitieren.

Lukrative Perspektiven

Beton zu Geld machenAnleger haben Immobilien wieder entdeckt. Zertifikate bieten in dieser Sparte neue Möglichkeiten

Abgeltungsteuer

Jetzt noch Steuerfreiheit sichernDie pauschale Besteuerung mit 25 Prozent greift von 1. Januar 2009 an. Einige Produkte werden einfach neu erfunden – um so die Abgabe zu umgehen

China oder doch Afrika?Gebaut und geplantwird inzwischen weltweit

Alles genormt und alles gleich – das war die ursprüngliche Idee hinter der neuen Regelung. Inzwischen sucht die Branche nach Auswegen, die ihr alte oder besondere Regelungen erlauben Foto: laif

Immobilien-Zertifikate können einiges, dennoch ist es wichtig, genau hinter dieFassade der jeweiligen Anlage zu schauen Foto: FreeLens Pool

Donnerstag, 5. Juni 2008 / Süddeutsche Zeitung Nr. 129 / Seite 36

* Diese Telefonnummer ist nicht an US-Personen gerichtet und darf nicht von US-Personen angerufen werden (0,06 Euro pro Anruf aus dem deutschen Festnetz).Diese Anzeige ist weder ein Angebot noch eine Empfehlung zum Kauf von Wertpapieren. Ausführliche Informationen über die Wertpapierbedingungen und diemit dem Erwerb der Wertpapiere verbundenen Risiken enthalten die für die Wertpapiere allein maßgeblichen Endgültigen Bedingungen zusammen mit demProspekt (und etwaige Nachträge). Beides erhalten Sie kostenlos bei der Zahlstelle BNP Paribas Securities Services, Grüneburgweg 14, 60322 Frankfurt am Main oderim Internet unter http://www.jpmorgansp.com.

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Page 5: DERIVATE & ZERTIFIKATE - MathFinance · DERIVATE & ZERTIFIKATE Eine Beilage der Süddeutschen Zeitung Emittenten verraten, wohin die Rei-se gehen könnte Seite 37 Donnerstag, 5. Juni

Von Jochen Bettzieche

Stillstand im Zertifikategeschäft, solauteten noch vor zwölf Monaten vielePrognosen für das zweite Halbjahr 2008.Die erfolgsverwöhnte Branche hatte ei-nen Dämpfer erhalten. Denn die Abgel-tungsteuer, mit der die BundesrepublikGewinne am Kapitalmarkt besteuert, giltfür Derivate früher als beispielsweise fürFonds. Die Emittenten fürchteten um ihrGeschäft. Doch der erste Schock ist über-wunden. Zwar erwarten die Emittentensechs harte Monate. Doch sie haben sichdarauf vorbereitet. Geeignete Konzepteliegen in den Schubladen.„Bis Ende Junihaben wir noch einen Steuerschlussver-kauf“, sagt Sebastian Bleser, Zertifikate-Experte der Société Générale. Bis dahinkommen überwiegend steueroptimierteProdukte auf den Markt, deren Laufzeitmehr als zwölf Monate beträgt aber nochim Juni 2009 endet. Dann wird der Schal-ter umgelegt.

Denn bei Zertifikaten, die nach dem 30.Juni gekauft werden, ist der Gewinn aufjeden Fall steuerpflichtig. Bis zum Jahres-ende gilt der persönliche Einkommensteu-ersatz, danach die pauschale Abgeltung-steuer von 25 Prozent. Bislang steuergüns-tige Laufzeiten von mindestens zwölf Mo-naten werden dann überflüssig. PassendeProdukte haben die Emittenten bereitsentwickelt. „Die Laufzeiten werden eherdrastisch kürzer“, sagt Funda Tarhan,Sprecherin von ABN Amro.

Birgit Lutzenberger sieht aber auchChancen für den entgegengesetzten An-satz. „Für den längerfristig orientiertenAnleger werden wir auch wieder mittlereLaufzeiten von drei Jahren und mehr be-kommen“, sagt die Zertifikate-Expertinder Hypovereinsbank. Schließlich wirddie Nachfrage nach Produkten mit Fällig-keitstag im Juni 2009 entfallen. Die Hypo-vereinsbank setzt zudem im zweiten Halb-jahr auf ein zusätzliches Produkt. „Wirwerden weitere strukturierte Fonds aufle-gen“, sagt Lutzenberger. Deren Auszah-lungsprofil entspricht dem eines Zertifi-kats. Rechtlich gesehen sind es jedochFonds. „Damit haben Anleger beim Kaufbis Ende des Jahres noch einen Steuervor-teil“, sagt Lutzenberger.

Auch bei den Strukturen wird noch eini-ges Neues auf den Markt kommen. „Die In-

dustrie hat eingesehen, dass Massenpro-dukte einfach zu verstehen sein müssen,zwei Rückzahlungsmodi genügen“, sagtMarcel Langer, Derivate-Spezialist beider UBS. Andere Anbieter kombinierenweiterhin verschiedene bestehende Struk-turen zu neuen Produkten oder erhöhendie Zahl der Basiswerte. „Viele Struktu-ren bauen wir auf Wunsch eines Kunden,und wenn die erfolgreich läuft, stellen wiruns damit breiter auf“, sagt Ralph Stem-per Spezialist für Derivate bei der Com-merzbank. Doch der große Wurf des neu-en Überfliegers wird wohl nicht dabeisein. Die bestehenden Elemente Dis-count-, Bonus-, Express-, Garantie- undIndex- beziehungsweise Basketzertifika-te genügen für den Baukasten der Emitten-ten. „Grundlegend Neues wird nicht kom-men, was jetzt dazu kommt ist schön abernicht notwendig“, sagt Mathias Schölzel,Zertifikate-Experte der Deutschen Bank.Eine Klasse könnte jedoch wichtiger wer-den. „Aktienanleihen waren bislang steu-erlich schlechter gestellt und dürften von

der kommenden Gleichbehandlung profi-tieren“, sagt Stemper.

Zudem stellen sich die Anbieter auf dieBedürfnisse ihrer Kunden ein. Die hatTNS Infratest im Auftrag der DZ-Bankuntersucht. Das Ergebnis: Angesichts derFinanzkrise suchen Anleger in erster Li-nie Sicherheit. Immerhin 86 Prozent derbefragten 1279 Personen war dies wichtigoder sehr wichtig. Die Rendite spieltelängst nicht so eine herausragende Rolle.

Die Ergebnisse decken sich mit den Be-obachtungen der Zertifikate-Branche.„Sicherheit und attraktive Seitwärtsren-diten, darauf kommt es jetzt an“, sagt Lan-ger. Die Zahl der geeigneten Produktewächst daher ständig. „Wir setzen hierbeiunter anderem auf Korridor-Bonus-Zerti-fikate“, sagt Bleser. Damit verdienen An-leger, solange der zugehörige Basiswert ei-nen vorgegebenen Korridor während derLaufzeit nicht verlässt.

Auch an die Pessimisten wird gedacht.„Wir werden mehr Reverse-Produkte fürfallende Kurse auflegen“, sagt Christo-

pher Maaß, zuständig für Derivate beiSal. Oppenheim. Damit erzielen Investo-ren in einem Minus-Umfeld eine Rendite.

Nicht nur bei den Strukturen, auch beiden Themen sind Trends abzusehen. DieZeit der großen Indizes wie des Dax ist vor-erst vorbei. Denn zumindest in den kom-menden Monaten fahren Anleger hier mitExchange Traded Funds (ETFs) besser.

„Wir werden uns eher auf Branchen wieMaschinenbau konzentrieren, die Aktienstammen aus der zweiten und dritten Rei-he und befinden sich eher in den unterenIndizes“, sagt Maaß.

Auch auf die bereits in den vergange-nen Monaten beliebten Rohstoffe werdenneue Produkte kommen. „Das bleibt einMegatrend“, sagt Bleser. Kleinanleger

können hier nur mit Zertifikaten gezieltinvestieren. Allerdings wird sich die Artder Zertifikate ändern. „Die Produkte be-ziehen sich mittlerweile auch auf einzelneWarenterminkontrakte mit festen Lauf-zeiten. Dadurch können mögliche Rollver-luste wie bei Open End-Produkten vermie-den werden“, sagt Bleser.

Auch ABN Amro wird in diesem Be-reich aktiv bleiben. „Wir suchen zudem,was bislang nicht investierbar war“, sagtTarhan. Als Beispiel führt sie mittelgroßeUnternehmen in Entwicklungsländernan. „Darüber hinaus wird das Modethemades vergangenen Jahres Nachhaltigkeitwieder aufkommen, da werden wir unserAngebot erweitern“, sagt Tarhan.

Vorsichtiger äußerst sich die DWS. DieFondsgesellschaft wird sich in den kom-menden Monaten im Zertifikategeschäftzurückhalten, zumindest in Deutschland.„Wir werden so lange mehr im Auslandmachen, zum Beispiel in Italien“, sagtDWS-Sprecher Claus Gruber.

Noch ein Thema könnte in den kommen-

den Monaten den Zertifikatemarkt be-schäftigen: Die Frage, wer durchhält.Denn die Krise an den Finanzmärkten hatviele Investmenthäuser in Bedrängnis ge-bracht. Hohe Abschreibungen waren eherdie Regel als die Ausnahme. Kleine, zumTeil noch nicht profitable, Derivate-Abtei-lungen könnten daher dicht gemacht, mitKonkurrenten zusammengelegt oder ver-kauft werden. Bear Stearns ist bereits ver-schwunden. Hinter vorgehaltener Handwerden in Frankfurt noch andere Namengenannt, beispielsweise Nomura und Cré-dit Lyonnais. Die Branche rechnet mit ei-ner Konsolidierung. Denn mittlerweilesind viele Anbieter in den Markt eingestie-gen, haben am gesamten Geschäft jedochnur einen geringen Anteil. Bei einem Na-men ist es bereits sicher, dass er ver-schwindet. Aber das hat andere Gründe.Die Royal Bank of Scotland hat es bei derÜbernahme von ABN Amro schlicht ver-säumt, sich die Rechte an dem Namen zusichern. „Wir werden uns daher umbenen-nen müssen“, sagt Tarhan.

Die Olympischen Spiele in Peking hatZertifikatebastler Andreas von derHorst, Spezialist bei der West LB, eigent-lich schon abgehakt. In der Spitze hattedas von ihm kreierte Select Zertifikat Bei-jing 2008 ein Plus von mehr als 200 Pro-zent verzeichnet, im August ist die Lauf-zeit zu Ende. Mit einem erfolgreichen Zer-tifikat zur Fußball-WM in Deutschlandhatte die WestLB vor einigen Jahren dieAusgabe von Zertifikaten zu globalenSport-Events begonnen.

Das Zertifikat zur Fußball-WM 2010in Südafrika macht von der Horst aller-dings Sorgen. Das Aktienkörbchen, daser zum Fußball-Großereignis zusammen-gestellt hat, enthält elf Aktien und hat ei-nen Schwerpunkt mit rund 40 Prozentbei Bauunternehmen, gefolgt von Touris-tik-, Medien- und Nahrungsmittelfir-men. Doch seit seiner Auflage Mitte 2005hat sich das Zertifikat leicht negativ ent-wickelt. Von der Horst: „Daran ist vor al-lem die Währungsschwäche schuld.“ Da-rüber hinaus hat der WestLB-Mann Be-denken, dass die Fußball-WM wegen derpolitischen Situation am Kap noch in einanderes Land verlagert wird. „Das hat es1986 schon einmal gegeben. Da fand dieWM, die eigentlich in Kolumbien stattfin-den sollte, in Mexiko statt.“

Aber die nächsten internationalenSportveranstaltungen hat die WestLB be-reits zur Ausgabe neuer Zertifikate ge-nutzt: London 2012 und Brasilien 2014als Austragungsorte für Olympiade undFußball-WM sind bereits auf dem Markt.Allein aus Marketinggründen nutzen dieZertifikatefabriken der Emissionsban-ken jede Gelegenheit, um medienwirksa-me Themen und Trends mit einem neuenWertpapier zu begleiten. So gab die UBS

zielsicher vor einigen Jahren ein Vogel-grippe-Zertifikat heraus, um die Panikbei den Investoren zu nutzen. Auch dieFrachtraten für Hochseeschiffe dientenbereits als Basis für ein Aktienkörbchen,mit anderen Zertifikaten setzen die Emis-sionsbanken auf Unternehmen der Rüs-tungsbranche oder auf die Aktien vonWettanbietern wie im Lucky Basket derRaiffeisen Centrobank.

Um dem Medieninteresse bei aktuellenEreignissen und Trends mit eigenständi-gen Zertifikaten etwas bieten zu können,lassen sich Zertifikatekonstrukteure wievon der Horst immer wieder phantasie-volles Neues einfallen. So brachte DWSdas i-Phone TR Index Zertifikat auf den

Markt, als Apple mit seinem neuenHandy die Schlagzeilen beherrschte. Indem Basket sind nur Unternehmen vertre-ten, die an der Herstellung und dem Ver-kauf von Smartphones beteiligt sind. Alsdie Energiepreise weiter stiegen und sichimmer mehr Verbraucher Gedankenüber alternative Energiequellen mach-ten, brachte DWS das Global Forest andTimber-Zertifikat auf den Markt..

Von der österreichischen RaiffeisenCentrobank gibt es einen Wein-Basketmit Aktien von Unternehmen, die imWeinhandel engagiert sind. Und gleichauf die gesamte Luxusgüter-Industriesetzte BNP Paribas mit seinem World-Lu-xury-Zertifikat. Um das Luxus-Körb-chen zu füllen, mussten die Zertifikate-

macher nicht einmal selbst die bekann-ten Namen wie Tiffany, Dior oder Bang& Olufsen sortieren – stattdessen gabBNP Paribas gleich bei der DeutschenBörse einen Weltluxusindex in Auftrag,der als Basis für das Zertifikat dient.Und selbst heimatverbundenen Investo-ren machen die Emittenten eine Freude,zum Beispiel mit einem Zertifikat auf dieBörsenunternehmen der eigenen Region.Im ersten Metropolregionen-Körbchender Commerzbank finden sich auf der Ba-sis des neu geschaffenen S-Box-Metro-polregion-Rhein-Neckar-Performance-Index die 20 wichtigsten Unternehmender Wirtschaftsregion.

Für Investoren, die von einer Anlage-idee, einem Trend oder einem Themagänzlich überzeugt sind und gleichzeitigein Investment in einzelne Aktien umge-hen wollen, sind derartige Zertifikateselbstverständlich ein gefundenes Anla-geobjekt. Und für die Emissionsbanken,die das Portfolio in der Regel einmal zu-sammen stellen und auf die Verwaltungnur wenig Mühe verwenden müssen, erge-ben sich oft besonders öffentlichkeits-wirksame Impulse.

Verbraucherschützer warnen aller-dings vor den Risiken bei der Fixierungauf eine Anlageidee. Vor allem an dieKosten, erinnert die Stiftung Warentest,sollten Anleger denken. So fällt währendder Zeichnungsfrist oft eine Art Ausgabe-aufschlag an, für einige Papiere werdenzudem jährliche Verwaltungskosten be-rechnet. Zudem sind Währungsrisikenoft nicht abgesichert, und Dividendenwerden nicht ausgezahlt. Unterm Strichkommen bisweilen also oft nur teure Mar-keting-Gags der Emittenten dabei he-raus. Horst Peter Wickel

Trends

Die Ansager verraten ihre IdeenVon Rohstoffen über Länder bis hin zu Modethemen: Die Emittenten verraten, welche Produkte in den nächsten Monaten auf der Agenda stehen werden, und wovon sie die Finger lassen

Ereignisse

Fußbälle im DepotEmittenten nutzen Sportveranstaltungen oder Regionen als Aufhänger für neue Produkte

DERIVATE & ZERTIFIKATE

Auf Wein und Luxus gibtes Zertifikate: Der Phantasiesind kaum Grenzen gesetzt

Sicher ist: Ein Name wirdverschwinden. Auch sicher:Neue werden kommen

Auch ein Labor, aber anders. Wenn Banken neue Themen entdecken, dann experimentieren sie nicht, sondern folgen eher kühlen Rechenmodellen Foto: laif

Olympia, Fußballoder Lebendrin-der: In den Ideen-schmieden derGeldhäuser wirdschon fast alles inein Produkt ge-münzt. Herauskommen manch-mal lustige undmanchmal sinn-volle Zertifikate.Das hängt auchein bisschen vomGeschmack desAnlegers ab.Foto: EB-STOCK

Donnerstag, 5. Juni 2008 / Süddeutsche Zeitung Nr. 129 / Seite 37

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Bonus Zertifikate gehören mittlerweile zu den erfolgreichsten

Anlageprodukten im deutschen Zertifikatemarkt. Kein Wunder,

vereinen sie doch die wichtigsten Anforderungen an eine moderne

Geldanlage.

ABN AMRO Bonus Zertifikate gibt es in nahezu allen Anlage-

klassen: auf Währungen, Aktien, Rohstoffe wie auch auf die

entsprechenden Indizes.

Die Vorteile von Bonus Zertifikaten auf einen Blick:

• Unbegrenzte Partizipation nach oben

• Rendite auch bei leicht fallenden oder seitwärtstendierenden Märkten

• Risikopuffer durch Bonusstruktur

• Börsentäglich handelbarRisiko: Berührt oder unterschreitet der Basiswert die individuelle Sicherheitsschwelle, soorientiert sich der Wert des Bonus Zertifikats am Laufzeitende 1:1 an der Notierung des zu-grunde liegenden Basiswerts unter Berücksichtigung des Bezugsverhältnisses und vonmöglichen Wechselkurseinflüssen. Kein Vertrieb an US-Personen.

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Verantwortlich: Werner SchmidtRedaktion: Friederike NagelGestaltung: Michaela LehnerAnzeigen: Jürgen Maukner

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Über einen Probezugang hat der Autor Jochen Bettzieche einen Handelstagmit CFDs simuliert. Bei sämtlichen Einsätzen betrug der Hebel 20. Bei allenPositionen lag die hinterlegte Sicherheitsleiste, auch Margin genannt, zwi-schen 4995 Euro und maximal 5236 Euro. Am Anfang steht die Marktanaly-se. Der DAX wird schwächer erwartet. Negative Vorgaben aus den USA. DieFinanzkrise drückt die Stimmung auf den Märkten. Also DAX verkaufen undden amerikanischen Dow-Jones-Index gleich mit. Aus dem gleichen Grundsollte der Dollar nachgeben. Zumal diese Woche EZB- Sitzung ist und eineZinsänderung erwartet wird. Das heißt, Euro-Dollar- Kurs kaufen. In Krisen-zeiten setzen alle auf Gold. Das kostet weniger als 900 Dollar, obwohlAnalysten von deutlich mehr als 1000 ausgehen. Kaufen. Zuletzt noch Öl.Das ist wieder unter die Marke von 130 Dollar je Barrel gefallen. Viel zuwenig. Die OPEC hält die Förderquoten konstant, der Bedarf steigt. Hatzumindest ein Analyst gesagt, also kaufen.

10.15 Uhr Eingabe der ersten Order. DAX verkaufen. Schnell den Dow-Jones-Auftrag hinterherschieben.

10.33 Uhr Alle Aufträge sind ausgeführt. Ich checke meine Mails. Danachbin ich 155 Euro im Plus.

11.15 Uhr Nachdem ich zwischenzeitlich einige hundert Euro im Plus war,sind es jetzt gerade noch 9,23 Euro. Ab in die Morgenkonferenz.

13.00 Uhr Konferenz zu Ende. Das Plus liegt bei 139,83 Euro.

13.30 Uhr Zeit für's Mittagessen. Vorher noch einen kurzen Blick auf dieInvestitionen werfen. Oh weh, ein Minus von 700 Euro, macht in der Summeeinen Verlust von 839 Euro in 30 Minuten.

14.30 Uhr Zurück vom Essen. Wenn das so weiter geht, muss ich wohlbald auf Wasser und Brot umstellen. Das Minus beträgt 1523 Euro.Mittlerweile ist keine Position mehr im Plus.

14.52 Uhr Das sieht schon besser aus. Nur noch Minus 598 Euro.

15.26 Uhr Kurze Kaffeepause gemacht und mit de Kollegen unterhalten.Der Sommerurlaub ist gestrichen. 4900 Euro im Minus.

16.39 Uhr Ich schreibe meine Verluste mit, soweit ich kann. Die Notierun-gen schwanken stark. 3327, 3303, 3237, 3238, 3226,…

16.40 Uhr …, 3160, 3167, 3172, 3140, 3160, 3199, 3215, 3242, …

16.41 Uhr …, 3257, 3273, 3269, … . Innerhalb von weniger als dreiMinuten ist das ein maximaler Unterschied von fast 200 Euro.

18.09 Uhr Zeit, die Segel im Büro zu streichen. Ich habe heute Abend nochauswärts einen Termin. Das Minus ist auf 4130 Euro gestiegen. Was tun?Stehen lassen oder aussteigen?

23.00 Uhr Zurück vom Termin. Ein letzter Blick auf die Positionen. DasMinus beläuft sich auf 4418 Euro. Die Wetten auf DAX und Dow Joneshaben sogar ein Plus gebracht, aber in der Summe bleibt ein hohes Minus.Aussteigen geht erst morgen früh wieder.9.40 Uhr Blick auf die Investitionen. 4955 Euro Minus. Schnell alles glattstellen.

9.42 Uhr Alles verkauft. Realisierter Verlust: 4941,70 Euro in weniger als24 Stunden.

Der Versuch zeigt: Handel mit hohen Hebeln erfordert ständige Präsenz.Selbst kurze Abwesenheit vom Bildschirm kann teuer werden - oder ertrag-reich sein. Langfristig orientierte Anleger brauchen starke Nerven. Denn weram falschen Tag auf Prognosen für die kommenden Monate setzt, rutschtschnell ein paar tausend Euro ins Minus. Beim Öl waren es am Schlussmehr als 3000 Euro. Der Verlust belief sich am Ende auf fast 20 Prozent. Beieinem Hebel von eins wäre es gerade Mal ein knappes Prozent gewesen.

Uwe Wystup Professor für Quantitative Fi-nance an der Frankfurt School of Finance &Management. Sein Forschungsinteressegilt den quantitativen Aspekten und demDesign strukturierter Produkte und exoti-scher Optionen an den Devisenmärkten.

SZ: Herr Wystup, Zertifkate sind einerelativ neue Form der Geldanlage. Warumwurden sie so schnell so erfolgreich?

Wystup: Deutschland ist ein reichesLand, viele Leute wissen mit ihrem Geldnicht wohin und suchen nach neuen Inves-titionsmöglichkeiten. Nach dem Aktien-crash zu Beginn des Jahrzehnts, dem Inter-netbubble, waren Aktien nicht attraktiv.Die Zinsen sind ebenfalls seit geraumerZeit niedrig. Lebensversicherungen undFonds sind eher langweilig. Daher konntedie Finanzindustrie mit guter WerbungZertifikate als hoffnungsvolle und span-nende Alternative auf den Markt bringen.

SZ: Zertifikate haben Stärken undSchwächen. Welche sehen Sie?

Wystup: Die größte Stärke ist sicher-lich, dass Anleger auf alles wetten kön-nen, woran sie glauben, und zwar in einerForm und mit einer Struktur, die genau ih-ren Wünschen und ihrem individuellen Ri-sikoprofil entspricht. Es gibt, anders alsbei den meisten anderen Anlagemöglich-keiten, wirklich für jeden geeignete Pro-dukte. Außerdem führt das reichhaltigeAngebot dazu, dass die Emittenten sichstarke Konkurrenz machen und bei Stan-dardzertifikaten knapp kalkulierte, fairePreise machen müssen. Ein Nachteil vonZertifikaten ist das – wenn auch geringe –Emittentenausfallrisiko. Und die Unüber-sichtlichkeit der Produktpalette. Sieführt dazu, dass man vor allem bei komple-xen Strukturen die Zusammensetzungund Preise kaum nachvollziehen kann.

SZ: Wenn man diese Vor- und Nachteilegegenüberstellt – für wen eignen sichdann Zertifikate?

Wystup: Grundsätzlich sind Zertifika-te für jeden Anleger geeignet, denn es gibtfür jeden Anlagertypus passende Instru-mente; das Spektrum reicht vom ganz ein-fachen Indexzertifikat, welches ja dankder diversifizierten Struktur eine sinnvol-lere Alternative als eine Einzelaktie dar-stellt, bis zum hochkomplexen Papier, daseine bestimmte Marktmeinung abbildetund eine intensive Beschäftigung mit ein-zelnen Themen verlangt.

SZ: Gibt es eine bestimmte Anlagestra-tegie, die man mit Zertifikaten besondersgut verfolgen kann?

Wystup: Das direkte Investieren in Ak-tien ist mühsam und bringt in der Regelnicht genügend Diversifikation. Nur weni-ge Privatanleger sind imstande, mit einemvertretbaren Aufwand ein gut austarier-tes Depot zusammenzustellen. Die Folgeist, dass ein Anleger, wenn er in Einzelti-

tel investiert, sich dem systematischen Ri-siko des Gesamtmarktes und gleichzeitigauch noch dem unsystematischen Risikoder Einzeltitelauswahl aussetzt. Wenn erstattdessen aber in Indexzertifikate inves-tiert, kann er diese Risiken umgehen, oh-ne Renditen einzubüßen. Kurz zusammen-gefasst heißt das, dass die meisten Anlage-strategien mit Zertifikaten besser umsetz-bar sind als bei einem Direktinvestment.

SZ: Gibt es auch Strategien, die mannur mit Zertifikaten verfolgen kann?

Wystup: Eine Investition in Aktienoder Fonds ist im Normalfall eine Wetteauf steigende Kurse. Mit Zertifikatenkann man auch auf viele andere Kurssze-narien wetten, etwa auf fallende oder aus-einanderlaufende Kurse, auf Seitwärtsbe-wegungen und auf Sommerlöcher an derBörse und darauf, dass sich die Kurse be-stimmter Aktien in einem ganz bestimm-ten Verhältnis zueinander entwickeln.

SZ: Sie sagten, dass Anleger mit Zertifi-katen Wetten eingehen. Wetten kann manja auch verlieren.

Wystup: Jede Geldanlage, wenn manvon Festgeld, Staatsanleihen, Pfandbrie-fen und ähnlichem absieht, beinhaltet eingewisses Risiko, das sich von Fall zu Fallnatürlich unterscheidet. Es gibt keine An-lagestrategie, mit der man systematischund völlig frei von Risiko eine Renditeüber den Geldmarkt erwirtschaften kann.

SZ: Die Emittenten werden ja häufigkritisiert. Ist dies berechtigt?

Wystup: Einige Kritikpunkte sind si-cherlich berechtigt. Aber es machen janicht alle das Gleiche richtig oder falsch.Es gibt Häuser, die haben eine enorme Pro-duktvielfalt und haben über die Jahre hin-weg die Einführung, Abwicklung und denVertrieb dieser Produkte geübt. Da lohntsich dann so ein hoher Aufwand. Es ist füreine Bank ein enormer Kraftakt, vor al-lem im Hinblick auf die hauseigene IT-Struktur und hochqualifiziertes Perso-

nal, eine solche Produktpalette zu schaf-fen und aufrecht zu erhalten. Wirklichsinnvoll ist das nur für jene Häuser, diesich langfristig und international auf demDerivatemarkt positionieren wollen. Fürhalbherzig engagierte Banken können da-gegen auch schon kleinere Einbrüche,zum Beispiel aufgrund eines unzulängli-chen Vertriebs, verheerende Gewinnein-bußen zur Folge haben.

SZ: Gibt es bestimmte Tricks, mit de-nen Emittenten arbeiten und die man alsAnleger durchschauen sollte?

Wystup: Das Versprechen „Kleiner Ein-satz bringt die Möglichkeit eines großenGewinns“ zieht immer. Das entsprichtwohl einfach der menschlichen Psyche.Ansonsten würden nicht Millionen Men-schen weltweit Lotto spielen. Im Ver-gleich dazu sind natürlich die Gewinn-chancen bei Zertifikaten um ein Vielfa-ches besser. Aber diese stehen auch Risi-ken gegenüber; wenn diese sich realisie-ren, können für Anleger Horrorszenarienentstehen, welch von den Emittenten ge-schickt verklausuliert werden.

SZ: Zum Beispiel?Wystup: Der Verlust einer Kursverfalls-

sicherung im Bonuszertifikat wird zumBeispiel schön verpackt als „Erreichender Sicherheitsschwelle“. Der Kapitalver-lust wegen fallender Kurse wird bezeich-net als „voll am Aktienkurs partizipie-ren“. Das ist juristisch einwandfrei, aberin etwa so gehaltvoll wie eine Büttenrede.

SZ: Heute ist aber doch auch vom mün-digen Anleger die Rede. Muss der nichtselbst überprüfen, was versprochen wirdund wie realistisch das ist?

Wystup: Anleger sollten gerade bei Zer-tifikaten das gesamte Informationsmateri-al genau durchlesen, die dort beschriebe-nen Gefahrenquellen analysieren und dieunterschiedlichen Szenarien durchspie-len. So kommt man immer schneller da-rauf, was realistische Informationen undwas nur Werbesprüche sind. AbsolutesPflichtprogramm ist natürlich auch dasErlernen der Terminologie. Was ist zumBeispiel der Unterschied zwischen einemKurs- und einem Performance-Index?Was ist der Spread und wie hoch darf ermaximal sein? Bei allen Vorteilen von Zer-tifikaten muss man festhalten, dass sienicht zu den einfachsten Assets zählen,sondern ein gewisses zeitliches und intel-lektuelles Engagement verlangen.

Interview: Andrea Hessler

Test-Zocker für einen Tag

Interview

„Wetten auf Sommerlöcher“Uwe Wystup weiß, warum strukturierte Produkte so erfolgreich und gleichzeitig so fordernd sind

Von Jochen Bettzieche

Der Deutsche Aktienindex (Dax)steigt. Langsam. Ein Viertel Prozent, einhalbes, schließlich, im weiteren Verlaufdes Tages um ein Prozent. Investoren, diemit einem Indexzertifikat 1000 Euro aufden Index gesetzt haben, haben zehn Euroverdient. Manch einem Anleger ist das zuwenig. Schließlich haben sie auch die Mög-lichkeit, aus 1000 Euro 2000 zu machen,wenn der Dax ein Prozent zulegt. Die Lö-sung heißt Contract for Difference(CFDs). In den vergangenen Monaten ha-ben die Anbieter diese Produkte stark be-worben. Genau so hoch wie die Chancensind, ist allerdings auch das Risiko einesVerlusts. Zudem besteht wie bei Glücks-spielen Suchtgefahr.

CFDs unterscheiden sich prinzipiellvon anderen Geldanlagen. Denn der Inves-tor erwirbt hier kein Wertpapier. Stattdes-sen schließt er mit dem Anbieter der CFDseinen Vertrag, dass dieser ihm die Diffe-renz zwischen Einstiegs- und Schlusskursdes Basiswerts zahlt. Dabei setzt der Anle-ger wahlweise auf steigende oder fallendeKurse. Den Basiswert selbst kauft ernicht. Genau so gut könnte er beispiels-weise einen Vertrag schließen, dass er proTor, das die Deutsche Fußballnational-mannschaft während der Europameister-schaft schießt, 100 Euro erhält. Der beson-dere Kick bei CFDs: Anleger können das

Ergebnis hebeln. Dann erhalten sie je-weils ein Vielfaches der Bewegung des Ba-siswerts. In diesem Fall hinterlegen sie le-diglich ein Teil des Volumens, das sie han-deln wollen, als Sicherheit, Margin ge-nannt. Je nach Anbieter und Basiswertsind Hebel zwischen eins und hundertmöglich.

Ein Beispiel verdeutlicht die Funktions-weise. Ein Investor setzt mit dem Hebel 30auf eine Aktie. Seine Position soll ein Vo-lumen von 15 000 Euro haben. Dann hin-terlegt der Anleger eine Margin von 500Euro (15 000 Euro geteilt durch 30). An

Veränderungen des Basiswerts partizi-piert er im Verhältnis eins zu eins. Dasheißt, legt die Aktie um fünf Prozent zu,hat seine Position ein Volumen von 15 750Euro. Schließt er jetzt die Position, erhälter seinen Einsatz von 500 Euro und die750 Euro, die seine Position mehr Wert ge-worden ist. Das ist ein Gewinn von 150Prozent oder Hebel 30 multipliziert mitfünf Prozent Bewegung des Basiswerts.

Auf den ersten Blick lockt hier dasschnelle Geld. Aber so leicht ist es nicht.Der Hebel funktioniert auch in die andere

Richtung. Im Beispiel hätte der Anlegerbei einem Minus des Basiswerts von fünfProzent 750 Euro verloren. Er hätte also250 Euro zahlen müssen, um auf Null zukommen. Dieses Nachschießen ist bei eini-gen Angeboten Pflicht. Bei diesem Risikowerden nur Interessenten zugelassen, dietermingeschäftsfähig sind. Die Anbieterwie ABN Amro Marketindex und CMCMarkets zielen in erster Linie auf Trader,denen die gängigen Hebelprodukte zu we-nig abwerfen. Dort stoßen sie auf gute Re-sonanz. Eine Marktbeobachterin berich-tet von Abwanderungstendenzen. „InDeutschland rechnen wir mit einemWachstum von 20 Prozent pro Jahr“, sagtThomas Kranch, Sprecher des Marktfüh-rers CMC Markets.

Dass CFDs ein lukratives Geschäftsind, zeigt der Einstieg der Postbank. Alserste Deutsche Geschäftsbank bietet siedas Produkt ihren Kunden an. Dabei gel-ten die eher als konservativ und dürftensich kaum dafür interessieren. „Eine klei-ne Gruppe unserer Brokerage-Kundennutzt Trading-Möglichkeiten, aber wirwollen auch Trader von der Konkurrenzanlocken“, sagt Stefan Eich, Produktma-nager bei der Postbank.

Doch CFDs sind nicht ungefährlich, kri-tisiert der Bremer Psychologie-ProfessorGerhard Meyer. „Gefährdete Menschenkönnen ein Suchtverhalten entwickeln“,sagt der Experte für Glücksspielsucht. Er

fordert daher Warnhinweise, Schutzmaß-nahmen, Sperrmöglichkeiten und die Li-mitierung der Einsätze. Immerhin habeneinige Anbieter eine Bremse eingebaut.So verzichtet Marketindex auf die Nach-schusspflicht. CMC Markets hat eine abge-schwächte Variante aufgelegt, bei der In-vestoren nicht nachschießen müssen. Da-für beträgt hier der Hebel maximal vier.Allerdings muss niemand das Risiko eineshohen Hebels eingehen. „Investoren kön-nen CFDs auch nutzen, um ihr Depot ab-zusichern“, sagt Sarah Brylewski, Leite-rin von ABN Amro Marketindex.

Oder sie hinterlegen beispielsweisefünf Prozent als Sicherheitsleistung für ei-nen Hebel von 20 und stecken die restli-chen 95 Prozent in Termin- oder Tages-geld. „So teilen sie ihr Vermögen in einegroße, risikoarme und eine kleine, speku-lative Position“, sagt Eich. Die Wahl desAnbieters hängt dabei von den Konditio-nen ab und ob diese zu den eigenen Bedürf-nissen passen. Hier sind die Unterschiedegroß und es hilft nur ein genauer Ver-gleich.

Die breiteste Palette an Basiswertenbietet CMC Markets. Doch die Konkur-renz zieht nach und will in den kommen-den Monaten ihr Angebot erweitern. Alleauf einmal erfolgreich mit hohem Hebelhandeln, dürfte jedoch niemandem gelin-gen. Ein Selbstversuch zeigt: Zu schnellund zu stark schwanken die Notierungen.

DERIVATE & ZERTIFIKATE

CFDs gelten als gutesGeschäft: Immer mehrBanken steigen da ein

Wenn sich die Rotoren schnell drehen, gibt es viel Wind. Ähnliches passiert, wenn Bewegung am CFD-Markt ist: Viel Ab- oder Aufwind fürs Geld Foto: laif

Uwe Wystup ist Professor undforscht zu Zertifikaten Foto: oh

Donnerstag, 5. Juni 2008 / Süddeutsche Zeitung Nr. 129 / Seite 38

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