56
Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Page 2: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

2

Page 3: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

3

Vorwort 4

Länderinformation Afghanistan 6

Engagement - warum? 9

Wie engagiert sich Deutschland in Afghanistan? 11

Mädchen und Frauen in Afghanistan auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung 11

Gute Regierungsführung 14

Nachhaltige Wirtschaftsförderung 18

Energieversorgung 27

Trinkwasserversorgung 30

Bildung 33

Aufbau afghanischer Sicherheitskräfte im Rahmen der NATO-Mission ISAF 37

Polizeiaufbau 41

Zivile Luftfahrt 43

Gesundheit 46

Humanitäre Hilfe 48

Kultur 50

Mädchen und Frauen in Afghanistan auf dem Weg zu mehr GleichberechtigungMädchen und Frauen in Afghanistan auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung

Inhalt

Page 4: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

die Lebensbedingungen von Millionen Menschen in einem fragilen Umfeld verbessert hat: Mittlerweile gehen über neun Millionen Kinder zur Schule – davon sind über drei Millionen Mädchen. In Kabul fließt dank deutscher Hilfe für über eine Million Menschen wieder Strom rund um die Uhr. Seit 2009 wurden rund 700 km Straßen neu gebaut oder instand gesetzt. Rund 230.000 Haushalte bekamen einen verbesserten Trinkwasserzugang. Über 260.000 Personen haben allein seit 2010 von Mikrokrediten profitiert. Des Weiteren wurden 2.800 Kredite für kleine und mittlere Unternehmen vergeben. Über 2.200 Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte wurden in wichtigen Kern themen für mehr Gerechtigkeit, wie der Einhaltung der Menschenrechte in Strafverfahren, Frauen- und Kinderrechte, Familienrecht sowie richterliche Ethik fortgebildet.

Obwohl in Afghanistan im Zusammenwirken aller beteiligten Ressorts wichtige Fortschritte erzielt werden konnten, wird der künftige Entwicklungsprozess auch weiterhin vor großen Herausforderungen stehen. Zum einen werden im April 2014 in Afghanistan Präsident-schaftswahlen stattfinden und im Jahr darauf Parlamentswahlen – beide Urnengänge gelten als wichtige Gradmesser der noch jungen afghanischen Demokratie. Zum anderen wird mit Ablauf des letzten ISAF-Mandats Ende 2014 Afghanistan für seine innere und äußere Sicherheit vollständig selbst verantwortlich sein. Deutschland und die internationale Gemeinschaft werden Afghanistan bei diesen Herausforderungen begleiten. Bei den Konferenzen von Chicago und Tokio wurden signifikante Beiträge zur Finanzierung der afghani-schen Sicherheitskräfte sowie der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung bis zum Jahr 2017 zugesagt. Die Bundesregierung plant diesbezüglich, Afghanistan mit jährlich 430 Mio. Euro (davon zurzeit 250 Mio. Euro aus dem Etat des BMZ und 180 Mio. aus dem Etat des AA) zu unterstützen. Zudem trägt das BMZ den sich verändernden Rahmenbedingungen in Afghanistan Rechnung, indem die folgenden fünf Grundsätze im Mittelpunkt seiner neuen Afghanistanpolitik (2014-2017) stehen werden:

1. Arbeitsplätze als Perspektive gegen ExtremismusJährlich drängen 400.000 junge Afghaninnen und Afghanen auf den Arbeitsmarkt – es gilt, diese Menschen auszubilden und in Lohn

VorwortDie öffentliche Wahr nehmung

von Afghanistan wird stark

durch Meldungen zur Sicher-

heitslage im Land geprägt.

Auch über das deutsche und

internationale militärische

Engagement in Afghanistan wird regelmäßig berich-

tet. Die Erfolge des zivilen Aufbaus und der Entwick-

lungszusammenarbeit, vor allem die Eigenanstren-

gungen des afghanischen Partners, finden bislang

nicht im gleichen Maße Eingang in die mediale

Berichterstattung. Mit der vorliegenden Broschüre

wollen wir Ihnen einen Einblick in die facetten reiche

Zusammenarbeit Deutschlands mit Afghanistan

geben.

Die folgenden Seiten illustrieren die ressortübergreifende Kooperation und stellen die Themenschwerpunkte und Vor haben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), des Auswärtigen Amts (AA), des Bundes-ministeriums der Verteidigung und des Bundesministeriums des Inneren mit zahlreichen Praxisbezügen vor.

Die bisherigen Erfolge des zivilen Engagements können sich sehen lassen. Aus der Ausweitung des entwicklungspolitischen Engage-ments resultiert in Afghanistan ein deutlicher Fortschritt, der

44

Page 5: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

und Brot zu bringen. Grundlage der Beschäftigungsförderung und der politischen Mitgestaltungsfähigkeit ist eine solide Bildung und Ausbildung. Das BMZ wird daher seine Maßnahmen in den Themen-feldern Schul- und Berufsbildung noch stärker darauf ausrichten, Menschen für die Besetzung von Arbeitsplätzen zu qualifi zieren und Beschäftigungsfelder zu schaffen, die den Menschen in Afghanistan eine Zukunftsperspektive bieten.

2. Gerechtigkeit durch gute Regierungsführung Recht und Gerechtigkeit sind maßgeblich für eine positive Wahr-nehmung des Staates durch seine Bürgerinnen und Bürger. Daher wird die Bundesregierung gezielt den Aufbau und die Steigerung der Leistungsfähigkeit rechtstaatlicher Strukturen und des dezentralen Regierungshandelns fördern. Von zentraler Bedeutung wird eben-falls der Kampf gegen Korruption sein. Auch wird sich die deutsche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) für die Umsetzung der bestehen-den rechtlichen Vorgaben für die Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen in Afghanistan einsetzen.

3. Wir bleiben bei den Menschen – in den Städten, aber auch im ländlichen Raum

Viele Afghanen befürchten, dass nach Abzug der internationalen Truppen auch die zivilen Aufbau- und Entwicklungsfachkräfte das Land verlassen oder ihre Arbeit auf wenige urbane Zentren konzen-trieren. Daher wird das BMZ künftig auch den ländlichen Raum verstärkt durch schnell umsetzbare, Beschäftigung fördernde und für die lokale Bevölkerung besonders sicht- und erlebbare Ent-wicklungsfortschritte unterstützen. So wird ein Ausgleich zwischen Zentrum und Peripherie geschaffen werden können.

4. Sicherheit geht vorDie Entwicklungszusammenarbeit ist mit der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an den afghanischen Partner darauf angewiesen, dass zukünftig die afghanischen Sicherheitskräfte ein stabiles Umfeld für die Durchführung der Entwicklungsvorhaben schaffen. Dieses gilt vor allem im ländlichen Raum. Wir nehmen die Verantwortung für unsere Entwicklungsfachkräfte in Afghanis-

tan sehr ernst. Deshalb wird die Bundesregierung ihre Maßnahmen künftig auf Distrikte mit hinreichend kontrollierbarer Sicherheits-lage konzentrieren.

5. Fördern und fordern – mit einer StimmeDie internationale Gemeinschaft hat Afghanistan signifi kante Anstrengungen zur Finanzierung des Entwicklungsprozesses bis 2017 zugesagt. Dies setzt allerdings voraus, dass die afghanische Regierung mit der Umsetzung vereinbarter politischer Reformen vorankommt. Deutschland erwartet künftig vom afghanischen Partner substantielle Fortschritte bei den Menschen- und Frauen-rechten, bei der Rechtsstaatlichkeit und bei der Korruptions-bekämpfung. Bei der Umsetzung und Bewertung der gegenseitigen Verpfl ichtungen wird sich Deutschland eng mit den maßgeblichen Akteuren der internationalen Gemeinschaft abstimmen.

Durch diese neuen Akzente wird das deutsche zivile Engagement darauf ausgerichtet, die erreichten Fortschritte zu stabilisieren und weiter auszubauen. Ziel ist es, dass Afghanistan am Ende der Transformationsperiode (2015-2024) ein befriedetes Land ist, das zunehmend auf eigenen wirtschaftlichen Grundlagen steht und seine geostrategische Rolle als Landbrücke zwischen Zentral- und Südasien einnehmen kann.

Unser Wirken vor Ort wäre ohne engagierte Frauen und Männer, die als Soldaten, Polizisten, Diplomaten sowie als zivile Entwick-lungsfachkräfte jeden Tag zur Stabilisierung und zum Wiederaufbau Afghanistans beitragen, nicht möglich. Ihnen gilt mein besonderer Dank. Ihr Wirken trägt maßgeblich zur Entwicklung unseres afgha-nischen Partners, aber auch zu unserer eigenen Sicherheit bei. nischen Partners, aber auch zu unserer eigenen Sicherheit bei.

Dr. Gerd MüllerBundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

5

Page 6: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Landeskunde

Hauptstadt Kabul

Landesgröße 652.230 Quadratkilometer | Deutschland: 357.022 Quadratkilometer

Einwohner ca. 30 Millionen | Deutschland: ca. 81 Millionen

Sprachen Nationalsprachen sind Dari und Paschtu, es werden etwa 32 weitere Sprachen im Land gesprochen

Religion Islam (Sunniten und Schiiten)

Leben

Lebenserwartung ca. 49 Jahre | Deutschland: ca. 80 Jahre

Kindersterblichkeit Jeder 8. Säugling unter einem Jahr | Deutschland: Jeder 285. Säugling unter einem Jahr

Geburtenrate 6,2 Kinder pro Frau | Deutschland: 1,4 Kinder pro Frau

Wohlstandsindikator (HDI) 175 von 187 | Deutschland: 5 von 187

Bildung und Wirtschaft

Analphabetenrate Etwa 72 Prozent (57 Prozent der männlichen und 87 Prozent der weiblichen Bevölkerung) (2000, Schätzwert) | Deutschland: 0,7 Prozent (2003, Schätzwert)

Bruttoinlandsprodukt 14 Mrd. Euro | Deutschland: 2.491 Mrd. Euro

Durchschnittseinkommen pro Kopf pro Jahr

490 Euro | Deutschland: 32.000 Euro

Wirtschaftswachstum pro Jahr ca. 10 Prozent | Deutschland: ca. 0,7 Prozent

Politik

Regierungssystem Präsidialsystem, Präsident Hamid Karzai | Deutschland: Parlamentarische Demo kratie, Bundeskanzlerin Angela Merkel

Parlament Das afghanische Parlament besteht aus zwei Kammern, dem „Ältestenhaus“ mit 102 Mitgliedern sowie dem „Volkshaus“ mit 249 Sitzen. Für die 249 Sitze kandidierten bei den Wahlen 2010 insgesamt 2.556 Kandidaten. Davon waren 406 Frauen, für die, entsprechend der afghanischen Ver-fassung, ein Viertel aller Sitze reserviert sind. Weitere zehn Parlamentssitze sind den Kuchi, den afghanischen Nomaden, vorbehalten. Politische Parteien spielen in Afghanistan keine gewichtige Rolle. Nur 32 der 2.556 Kandidaten gaben auf den Stimmzetteln an, in Parteien organisiert zu sein. Das sind lediglich 1,2 Prozent. Die dritte Präsidentenwahl seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 ist für den 5. April 2014 geplant. Der amtierende Präsident Hamid Karzai darf nach der Verfassung nicht ein drittes Mal kandidieren. | Deutschland: 36 Prozent Frauen im 18. Deutschen Bundestag

Das Klima in Afghanistan

Länderinformation Afghanistan

-10

-5

0

5

10

15

20

25

30

35

Dez.Nov.Okt.Sept.Aug.JuliJuniMaiAprilMärzFeb.Jan.

Sonnenstunden/Tag

Niederschlagstage/Monat

Tagestemperatur °C

Nachttemperatur °C

Quelle: www.iten-online.ch/klima/asien/afghanistan/kabul.htm

Zahlen von 2012 sofern nicht anders gekennzeichnet. Quellen: World Bank World Development Indicators, International Monetary Fund (IMF) Country Information Page / International Financial Statistics, CIA World Factbook, UNDP Human Development Reports

66

Page 7: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

7

Kasachstan

Kirgisistan

Usbekistan

Turkmenistan

Iran

Pakistan

Indien

China

Tadschikistan

Balkh Kunduz

Kabul

Baghlan

Takhar

Samangan

Badakhshan

Das deutsche Engagement in Afghanistan in Kürze:

Wo konzentriert sich das deutsche zivile Engagement in Afghanistan?

Der regionale Fokus der deutsch-afghanischen zivilen Zusammenarbeit liegt im Norden Afghanistans in den sechs Provinzen Badakhshan, Baghlan, Balkh, Kunduz, Takhar und Samangan. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung auch die landesweite Entwicklung durch übergreifende Programme in der Hauptstadt Kabul als Sitz von Regierung und Verwaltung und berät dort zentralstaatliche afgha nische Institutionen und Ministerien; auch dadurch werden wichtige Reformschritte befördert, etwa bei der Ausarbeitung neuer Lehrpläne, bei der Reform der Hoch schulen, einer effektiven Dezentrali-sierung der Verwaltung, der verstärkten Teilhabe von Frauen an Entscheidungsprozessen sowie bei der Kooperation des Frauenministeriums mit der Rechts anwaltskammer etc. Die Bundesregierung weitet nach Schließung der regionalen Wiederaufbauteams (Provincial Reconstruction Teams, PRT) den regionalen Fokus zunehmend auf andere Landesteile aus, etwa Kulturerhaltprojekte in den Provinzen Herat und Ghazni oder Rechtsstaatsprojekte in den sogenannten „vergessenen Provinzen“, die wenig Aufmerksamkeit und Hilfsgelder von der internationalen Gemeinschaft bekommen haben.

Mit wieviel Personal ist die deutsche zivile Zusammenarbeit in Afghanistan tätig? � Knapp 300 entsandte Mitarbeiter/innen, davon 30 Prozent Frauen � Mehr als 1.800 nationale Mitarbeiter/innen, davon 16 Prozent Frauen

Afghanistan mit angrenzenden Ländern

Page 8: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Fortschritte bei der Umsetzung der Millennium-Entwicklungsziele (MDGs)

Im Jahr 2000 verabschiedeten 189 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen die Millennium-Entwicklungsziele (Millennium Develop ment Goals, kurz: MDGs), die bis zum Jahr 2015 erreicht werden sollen. Bei den Zielen geht es darum, vorrangig in Entwicklungsländern die Situation armer Menschen dauerhaft zu verbessern. Angesichts der anhaltend schweren Kriegsfolgen verpflichtete sich Afghanistan etwas verzögert im März 2004, die Ziele der Millenniumserklärung anzuerkennen und diese bis zum Jahr 2020 zu erreichen. Über die acht internationalen MDGs hinaus hat sich das Land sogar ein neuntes Millenniumsziel selbst gesetzt, nämlich eine Stabilisierung der Sicherheitslage.

Die wesentlichen Erfolge hat Afghanistan bisher bei folgenden Millennium-Entwicklungszielen zu verzeichnen:

MDG 2: Grundschulbildung für alle Kinder gewährleisten � Als Ergebnis einer Kampagne unter dem Namen „Back to school“ gingen im Jahr 2010 knapp 7 Millionen Kinder zur Schule (zum

Vergleich: im Jahr 2002 waren es knapp zwei Millionen Kinder). Die Einschulungsrate ist von 54 Prozent im Jahr 2003 auf 71 Prozent im Jahr 2010 gestiegen. Die Zahl der Mädchen, die zur Schule gehen, verdreifachte sich von 13 Prozent auf 40 Prozent im gleichen Zeitraum. Neben den hohen Einschulungsraten sind große Anstrengungen zur Alphabetisierung und Berufsbildung zu verzeichnen.

MDG 4: Kindersterblichkeitsrate senken � Erste Erfolge sind erzielt, allerdings bleibt die Kindersterblichkeitsrate eine der weltweit höchsten. Im Jahr 2002 starben im

Durchschnitt noch 257 von 1.000 lebend geborenen Kindern, bevor sie das fünfte Lebensjahr erreichten. 2006 waren es noch 191, 2008 noch 161, heute sind es 119 Kinder. Hier ist das Land auf einem guten Weg, denn die Zahl hat sich schon mehr als halbiert.

� Zudem war das Masern-Immunisierungsprogramm ein Erfolg: 75 Prozent der Kinder unter 12 Monaten sind immunisiert. Im Ergebnis ist die Säuglings- und Kindersterblichkeit vor allem in den städtischen Gebieten gesunken.

MDG 6: HIV/Aids, Malaria und andere schwere Krankheiten bekämpfen � Laut UN-Angaben konnte die Verbreitung von Tuberkulose seit 2000 um 40 Prozent gesenkt werden. Das hat auch die Sterberaten

im Zusammenhang mit Tuberkulose reduziert.

MDG 8: Eine globale Partnerschaft im Dienst der Entwicklung schaffen � 2001 noch das Land mit der niedrigsten Telefonanschlussrate, hat Afghanistan rasche Fortschritte beim Zugang zu Telekommunikation

gemacht. Bis zum Jahr 2006 stieg der Anteil der Mobilfunkkunden auf 21 Prozent. Heute sind bereits etwa 60 Prozent der Bevölkerung an Telekommunikationsmedien angeschlossen.

Afghanisches MDG 9: Verbesserung der Sicherheitslage � Mit rund 340.000 Soldaten und Polizisten haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Zielstärke von 352.000 Mann schon jetzt

zu 96 Prozent erreicht.

� Zudem hat Afghanistan große Erfolge bei der Beseitigung von Landminen erzielt. Bis zum Jahr 2010 konnten insgesamt rund 582 Quadratkilometer vermintes Land gesäubert werden. Die Zahl der Todesfälle durch Landminen hat sich dadurch deutlich verringert.

Quelle: Afghanistan Millennium Development Goals Report 2010

8

Page 9: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Das deutsche Engagement in Afghanistan verfolgte von Beginn an zwei Ziele: zum einen die Bekämpfung von Al Qaida bzw. den Taliban, zum anderen die nachhaltige Stabilisierung, Entwicklung und Demokratisierung Afghanistans.

Die Bundesrepublik Deutschland hatte zunächst für den Zeitraum 2002 bis 2010 einen Grundbeitrag von 80 Millionen Euro pro Jahr für den zivilen Wieder aufbau und die Entwicklung Afghanistans zugesagt. Bis 2009 stieg dieser Beitrag auf rund 230 Millionen Euro. Anfang 2010 wurde die finanzielle Unterstützung auf jähr-lich insgesamt bis zu 430 Millionen Euro erhöht (250 Millionen Euro Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), 180 Millionen Euro Auswärtiges Amt (AA)). Die Mittel werden im Rahmen der finanziellen Zusammenarbeit von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Entwicklungsbank um gesetzt und im Bereich der technischen Zusammenarbeit von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH implementiert. Deutschland fördert zudem die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, leistet humanitäre Hilfe

Die Bundesregierung entschied sich kurz nach

den Anschlägen von „9/11“ gemeinsam mit

allen NATO-Verbündeten für eine politische und

militärische Unterstützung der Vereinigten Staaten

im Kampf gegen Al Qaida. Die in weiten Teilen

des Landes herrschenden fundamentalistischen

Taliban hatten aufgrund ihrer menschen-

verachtenden Herrschaft bereits vorher die

deutsche Öffentlichkeit aufgerüttelt.

Warum engagiert sich Deutschland in Afghanistan?

Gemeinsam entscheiden die Gemeindeentwicklungsräte über Projekte, die ihr Dorf braucht.

9

Page 10: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

und arbeitet mit Organisationen der Vereinten Nationen sowie zahlreichen in- und ausländischen Nichtregierungs organisationen zusammen. Deutschland ist damit nach den USA und Japan der drittgrößte Geber in Afghanistan.

Zusätzlich sollen ab 2015 jährlich etwa 150 Millionen Euro für den Ausbau des afghanischen Sicherheitssektors aus Mitteln des Auswärtigen Amtes sowie des Bundesministeriums für Verteidi-gung zur Verfügung gestellt werden.

Der Deutsche Bundestag verlängerte am 31. Januar 2013 zum 15. Mal das Mandat für das deutsche ISAF-Engagement in Afgha-nistan. Eine erneute Verlängerung soll im Februar 2014 erfolgen. Die internationale Staatengemeinschaft kann jedoch nicht für immer die Geschicke Afghanistans mitbestimmen. Daher wird die Verantwortung für die Entwicklung und Sicherheit des Landes Schritt für Schritt in afghanische Hände übertragen.

Der Abzug der internationalen Kampftruppen bedeutet aber nicht das Ende des deutschen Engagements. Auf den internationalen Afghanistan-Konferenzen in Bonn (2011) und Tokio (2012) sagte die internationale Gemeinschaft fortgesetzte zivile Unterstützung in der sogenannten Transformationsdekade bis 2024 zu. Auch nach 2014 beabsichtigt Deutschland, sich für das Schaffen einer nachhaltigen Sicherheitsarchitektur durch Beteiligung an einer NATO-Folgemission einzusetzen. Die Strukturen eines funkti-onierenden Staates sollen Terrorismus und Extremismus den Nährboden entziehen.

Das deutsche Engagement in Afghanistan trägt zur Stabilisierung und friedlichen Entwicklung des Landes bei, indem es politische Teilhabe, wirtschaftliche Entwicklung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte fördert. Auch der Kampf gegen Korruption gehört zu den zentralen Themen des politischen Dialogs und ist Bestandteil der Zusammenarbeit. Ein stabiles, friedliches, wirt-schaftlich prosperierendes und demokratisches Afghanistan ist auch in Deutschlands Interesse.

Die deutsch-afghanische Zusammenarbeit konzentriert sich auf folgende Schwerpunkte:

� Gute Regierungsführung (Good Governance)

� Nachhaltige Wirtschaftsförderung

� Energieversorgung

� Trinkwasserversorgung

� Bildung

� Aufbau afghanischer Sicherheitskräfte im Rahmen der NATO-Mission ISAF

� Polizeiaufbau

� Zivile Luftfahrt

� Gesundheit

� Humanitäre Hilfe, insbesondere Minenräumung sowie

� Kultur.

Ein übergreifendes Thema der deutschen Zusammenarbeit mit Afghanistan ist die Verbesserung der Menschenrechte, insbe-sondere der Frauenrechte. Die afghanischen Frauen leben noch immer unter sehr schwierigen Bedingungen. Insbesondere die immer noch konservative Grundeinstellung der Bevölkerung schränkt Entwicklungsmöglichkeiten von Frauen ein. Durch das geringe Einkommen der meist in ländlichen Gebieten lebenden Familien ist eine ausreichende Ernährung die Ausnahme. Dies verursacht Konflikte, unter denen vor allem auch die Frauen leiden.

10

Page 11: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Mädchen und Frauen in Afghanistan auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung

Die Situation von Mädchen und Frauen hat sich durch

Bestrebungen der afghanischen Regierung und der

internationalen Gemeinschaft in den letzten zehn

Jahren in Afghanistan deutlich verbessert. Die recht-

liche Gleichstellung der Geschlechter ist in der

Verfassung festgeschrieben, aber es ist noch viel zu tun,

um dies umzusetzen.Bildung hilft Mädchen und Frauen, sich besser zu behaupten.

Das afghanische Frauenministerium setzt sich für die Belange von Frauen und Mädchen ein. Hier muss nun verstärkt die weitere Umsetzung der gewonnenen Rechte gesichert werden. Denn noch ist die Situation der weiblichen Bevölkerung in einigen Regionen des Landes weiterhin oft erschreckend schlecht.

Wie engagiert sich Deutschland in Afghanistan?

11

Page 12: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Der Schwerpunkt in Zahlen

2012

99.500 Studentinnen und Studenten

landesweit (Frauenanteil 20 %)

20.000 Studierende (davon 40 % Frauen)

legten die Abschlussprüfung erfolgreich ab.

Wenn Frauen ein eigenes Einkommen erwirtschaften, steigen ihr Ansehen und Einfluss.

Die Verbesserung der Situation von Mädchen und Frauen ist ein zentrales Anliegen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in allen Schwerpunkten und ein wichtiges Thema des politischen Dialogs zwischen den Regierungen. Deshalb hat sich Deutschland in Vorbereitung der afghanischen Friedenskonferenzen dafür einge-setzt, dass Frauen an diesen Prozessen prominent beteiligt sind. Die deutsch-afghanische Entwicklungszusammenarbeit fördert auch eine stärkere Repräsentanz von Frauen in der Justiz und gleichzeitig einen leichteren Zugang zu Rechtsinstitutionen für die Afghanin-nen. Mit Hilfe des Zivilen Friedensdienstes werden Frauen aktiv in Friedensprozesse einbezogen und in Methoden zur zivilen Konflikt-lösung geschult.

Ein entscheidender Ansatzpunkt ist die gezielte Unterstützung der Ausbildung weiblichen Fach- und Lehrpersonals. Hier sind Fortschrit-te zu verzeichnen: 2011 waren landesweit insgesamt rund 60.000 Studentinnen und Studenten (Frauenanteil 30 Prozent) an 52 Lehrer-ausbildungszentren und deren 87 Außenstellen eingeschrieben. Etwa 20.000 Studierende (Frauenanteil 40 Prozent) legten die Abschluss-prüfungen erfolgreich ab. In diesem Sinne erleichtert Deutschland Frauen den Hochschulbesuch, etwa durch den Bau von Wohnheimen für Studentinnen, wodurch der Hochschulbesuch in einer anderen Stadt für die Familien sozial akzeptabel wird.

Auch die Dezentralisierung von Verwaltungsstrukturen erleichtert insbesondere den Frauen den Zugang zu staatlichen Dienstleistun-gen wie Gesundheitskursen oder Rechtsaufklärung, denn aufgrund der Sicherheitslage und traditioneller Regeln verlassen sie ihre Gemeinden nur selten oder nie.

Das Afghan Women’s Network, in dem die meisten afghanischen Frauenorganisationen vertreten sind, wurde zum engen Partner der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Frauenaktivistinnen erhalten gezielte Trainings zur Verbesserung ihrer sozialen Kompe-tenz und Kommunikationsfähigkeiten. Gemeinsame Aktivitäten mit Regierungsstellen haben ihre gesellschaftliche Rolle gestärkt.

12

Page 13: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Aus der Praxis:

Mit Scharia und Gesetzbuch für die Gleichstellung

Fatima Fahraman studiert Jura an der Universität von Balkh. Die GIZ berät junge Juristinnen wie sie beim Einstieg ins Berufs-leben. Sie unterstützt die Jura- und Schariafakultäten in den Nord-provinzen durch Trainings, stellt Bücher mit Gesetzestexten und Fachliteratur zur Verfügung, damit junge Menschen sich für den Rechtsstaat einsetzen. „Ich wollte unbedingt Jura studieren. An der Uni konnte ich wählen zwischen dem allgemeinen, parlamentarischen Recht und dem islamischen Recht. Ich habe mich für die Scharia entschieden“, erzählt die 22-jährige Fatima.

„Die Taliban haben das islamische Recht missbraucht und falsch benutzt. Jetzt holen wir uns die Scharia zurück. Wir Jungen kämp-fen wie ihr um Gleichstellung, aber innerhalb unserer Kultur.“ Die selbstbewusste Jurastudentin ist auch dem Juristinnen-Netzwerk beigetreten, das die Bundesregierung ebenfalls fördert. Sie hofft, dass sie mit der juristischen Ausbildung die Grundlage schafft, um im diplomatischen Dienst ihr Land vertreten zu können. Jurastudentin an der Universität von Balkh.

Angehende Juristinnen im Gespräch.

Ein Mullah aus Yaftal in der Provinz Badakhshan, der an einer Kampagne zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen teilgenom-men hat, appelliert an andere männliche Teilnehmer: „Jetzt kennen wir die Rechte der Frauen und die Rechte der Männer. Bitte ändert Euer Verhalten gegenüber Euren Ehefrauen zu Hause. Die Frauen haben ihre eigenen Rechte.“

13

Page 14: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Die zentralstaatliche Struktur Afghanistans und geringe Verwal-tungskapazitäten auf den lokalen Ebenen führen dazu, dass der Staat für seine Bürgerinnen und Bürger in den ländlichen Gebieten noch zu wenig zur Befriedigung der wichtigsten Grundbedürfnisse wie Bildung, Gesundheit, etc. beitragen kann. Um diese Strukturen zu stärken, hat die Bundesregierung drei Regionalentwicklungs-fonds ins Leben gerufen. Mit diesen Mitteln sollen die Provinz- und Distriktverwaltungen im Norden des Landes in die Lage versetzt werden, eigenständig Entwicklungsprojekte zu planen und um-zusetzen, zum Beispiel den Bau von Schulen und Straßen. In den Projekten wurden bislang über 8.700 Verwaltungsangestellte, davon über 2.000 weibliche Angestellte, durch Trainingsmaßnahmen fort-gebildet, um ihre Arbeit gegenüber den Bürgern und Bürgerinnen professioneller zu erbringen.

Gute Regierungsführung basiert auf Rechtsstaatlichkeit. Um diese zu verbessern, kooperiert die Bundesregierung mit Ministerien, Justiz, Polizei und anderen staatlichen Stellen. Grund lage einer nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Polizei ist eine gute und funktionierende Aus- und Fortbildung. Deutschland hat hierzu einen umfassenden Beitrag geleistet. Seit Beginn des deutschen Engagements wurden über 67.000 afghanische Polizisten aus- und fortgebildet und im Rahmen von Mentoring-Projekten betreut. Um den Lehrbetrieb zu ermöglichen hat Deutschland die Polizeiakade-mie in Kabul sowie vier Trainingszentren in Mazar-e Sharif, Kunduz, Faizabad und Kabul neu errichtet oder wieder aufgebaut.

Gute Regierungsführung erfordert auch die Bekämpfung der Korruption. Deutschland unterstützt deshalb die afghanische Re-gierung bei der Entwicklung und Umsetzung von Antikorruptions-maßnahmen. Über 500 Verwaltungsangestellte aus insgesamt zwölf afghanischen Ministerien bzw. Zentralbehörden wurden bereits zum Thema Korruptionsbekämpfung geschult.

Wo steht Afghanistan beim Thema „Gute

Regierungsführung“?

Gute Regierungsführung ist eine zentrale

Voraus setzung, damit die Afghaninnen und

Afghanen ihrem Staat vertrauen können.

Dabei helfen wir ihnen.

Jurastudentinnen engagieren sich für ihre Rechte.

14

Page 15: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Training für Regierungsangestellte in Mazar-e Sharif

Trotz vieler positiver Beispiele …

sind auch immer wieder Herausforderungen zu verzeichnen. So stand ein mit deutschen Mitteln gebautes und an den afghanischen Staat übergebenes Lehrerausbildungszentrum in Faizabad leer und verkam. Der afghanische Staat hatte schlichtweg keine Verantwortung für die Verwaltung und Instandhaltung des Gebäudes übernommen. Die Bundes-regierung unterstützt aus diesem Grunde den Aufbau einer leistungs fähigeren Verwaltung, damit sich solche Beispiele nicht wiederholen.

Fortbildung in der Verwaltung

8.700 Verwaltungsangestellte wurden durch

Trainingsmaßnahmen fortgebildet, davon über

2.000 Frauen

Jurastudentinnen engagieren sich für ihre Rechte.

Fatima Farahman, 22 Jahre, studiert Jura an der Universität Balkh und ist Mitglied im „Female Lawyers Network“:

„Wir Jungen kämpfen wie ihr um Gleich stellung, aber innerhalb unserer Kultur. Die Taliban haben das islamische Recht missbraucht und falsch benutzt. Jetzt holen wir uns die Scharia zurück, sie ist auch unser Gesetz. Die meisten Frauen kennen ihre Rechte gar nicht. Der Rechtsstaat ist hier noch nicht so entwickelt. Da wollen wir Frauen Einfluss nehmen und gestalten.“

15

Page 16: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Aus der Praxis:

Das Vertrauen in Recht und Gesetz wächst langsam

Wenn Bürger in Afghanistan zivile Streitfälle haben, können sie mittlerweile eine kostenlose Rechtsberatung bekommen. Solche Angebote sind neu und ungewohnt – doch die Menschen greifen sie rege auf.

In Afghanistan überlappen sich das traditionelle, das islamische und das moderne Recht. Seit 2004 gibt es eine Verfassung, doch um sie mit Leben zu füllen, muss vor allem das Justizpersonal besser ausgebildet werden. Dazu gehören vor allem Rechts-anwaltskammern, die im Auftrag der Bundesregierung in den Nordprovinzen aufgebaut werden. Die 28-jährige Huma kommt aus der Provinz Badakhshan. Sie wollte sich von ihrem Ehemann scheiden lassen, weil er sie häufig schlug. Vor Gericht scheiterte sie zuerst – die Richter glaubten dem Mann, der versprach, seine Frau nie mehr zu schlagen. Nachdem sie vom Gericht nach Hause zurückgekehrt waren, brachte ihr Ehemann sie in eine abgelegene Gegend und zwang sie, 15 Monate lang in einem Stall zu leben. Mit der Hilfe von Anwälten, die von ihrem Fall erfuhren, erreichte sie vor Gericht doch noch die Scheidung.

In den Städten Taloqan und Faizabad wurden ab 2009 Rechts-beratungsstellen für Arme eingerichtet. Bislang wurden 2.000 Fälle bearbeitet, besonders elternlose Jugendliche, Inhaftierte und Frauen finden dort Hilfe. In manchen Fällen gelingt eine außergerichtliche Einigung. Darauf haben sich lokale Streit-schlichtungsbüros spezialisiert – die sogenannten „Huquq“. Jeden Monat wenden sich etwa zehn Personen in Konfliktsituati-onen an sie. Das afghanische Justizministerium richtet mit unserer Unterstützung in allen Distrikten im Norden „Huquq“-Büros ein.

Registrierte Anwälte

2002 2007 2012

1602

776

1409

1750

275 2692151576520

506

180

2002

davon Frauen

2007 2012

Richter

Der Schwerpunkt in Zahlen

Quelle: Afghanistan Independent Bar Association

16

Page 17: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Um das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei zu stärken, werden die Vertreter der Polizei, der Gemeinden und Behör-den dabei unterstützt, Probleme gemeinsam zu diskutieren. Ein Drittel der Gemeinde vertreter sind mittlerweile Frauen. Seit 2010 hat es mehr als 1.200 Gespräche zur Konfliktlösung gegeben. Durch diese enge Zusammenarbeit konnte zum Bei-spiel im Oktober 2011 im Distrikt Khulm in der Provinz Balkh ein Anschlag verhindert werden. In aktuellen Umfragen gaben Dreiviertel der Befragten an, mit der Arbeit der Polizisten zu-frieden zu sein. Diese Resonanz ermutigt zum Weitermachen.

Familie Daad im Gespräch mit der Direktorin Najia Khodayar von Radio Zohrah. Sie diskutieren ihren Rechtsfall.

17

Page 18: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Dreiviertel der Menschen in Afghanistan leben von der Land- und Viehwirtschaft. Sie ist damit eine der wichtigsten Einkommens-quellen. Deshalb fördert die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ausgewählte landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten. Hierbei stehen solche Produkte im Vordergrund, die der Sicherung des Lebensunterhalts dienen, die Abhängigkeit von Importen reduzieren und perspektivisch afghanische Exporte steigern können.

Deutschland fördert daneben auch das Wachstum anderer Wirt-schaftssektoren, so wurde eine afghanische Exportförderungs-agentur aufgebaut, die afghanische Unternehmen dabei berät, auf dem Weltmarkt Fuß zu fassen. Aus diesem Grund hat Deutschland Afghanistan auch dabei unterstützt, in die Welthandelsorganisation (WTO, World Trade Organization) aufgenommen zu werden. Die notwendigen Unterlagen für den komplizierten Aufnahmeprozess wurden mit deutscher Hilfe zusammengestellt. Diese Mitglied-schaft würde es Afghanistan erleichtern, seine Produkte auf dem Weltmarkt zu besseren Konditionen zu exportieren. Im Moment hat Afghanistan noch Beobachterstatus.

Ein wichtiges Anliegen der deutschen Entwicklungszusammen-arbeit ist, die Ernährungssicherheit von Haushalten in Afghanistan zu fördern. Deutschland unterstützt die afghanische Regierung und nationale Partner in der Durchführung der afghanischen Strategie zur Ernährungssicherung. Dazu zählt unter anderem den Zugang zu Nahrungsmitteln zu verbessern, aber auch die Produktionsgrundla-gen wie Anbauflächen, Weideland und Wasser wiederherzustellen und nachhaltig nutzbar zu machen. So genannte „Cash-for-Work“-Maßnahmen erlauben es den Bauern, Ernteausfälle, die durch Dürreperioden, Überschwemmungen oder harte Winter entstehen, auszugleichen und das für den Zukauf von Lebensmitteln benötigte Geld dazu zu verdienen. Die spezifischen Bedürfnisse und Potenzia-le von Frauen werden bei dem Beratungsansatz besonders berück-sichtigt. Darunter fallen z.B. die Verarbeitung und Vermarktung von Nahrungsmitteln und andere Einkommensmöglichkeiten.

Wie fördert Deutschland die Wirtschaft in Afghanistan?

Afghanistans Zukunft kann nur gelingen, wenn

die heimische Wirtschaft auf eigenen Beinen steht.

Die Programme der Bundesregierung zur

Wirtschaftsförderung zielen vor allem darauf ab,

die Produktivität auf dem Land und damit die

Einkommens chancen der Haushalte zu erhöhen.

Hochwertiges Walnussöl ist ein wichtiges Exportgut.

18

Page 19: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Je nach Situation werden diese Maßnahmen ergänzt durch Elemen-te der Nahrungsmittelnothilfe sowie der Krisen- und Katastrophen-prävention.

Nach Angaben der afghanischen Investitionsbehörde (AISA, Af-ghanistan Investment Support Agency) haben sich seit 2003 mehr als 6.200 Unternehmen als Investoren in Afghanistan registriert. Das entsprechende Investitionsvolumen wird mit etwa 1,7 Mrd. Euro angegeben. Unter den ausländischen Unternehmen befinden sich weltweit bekannte Marktführer, zum Beispiel DHL, Coca Cola, Siemens, Tobishima Japan, Serena Hotel, British Petroleum, First Microfinance Bank, Roshan, Afghan Wireless und Alcatel. Die AISA wurde mit deutscher Hilfe 2003 gegründet und hat qualifizierte afghanische Rückkehrer als Experten integriert.

Die neu strukturierte Industrie- und Handelskammer fördert Privatunternehmen auch in den Provinzen.

2011 100 Mio. Euro

275 Mio. Euro

860 Mio. Euro

4,7 Mrd. Euro

Exporte

2012

2011

2012

Importe

Der Schwerpunkt in Zahlen

Quelle: Central Statistics Organization Afghanistan, Ministry of Foreign Affairs

19

Page 20: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Trockenfrüchte, Halbedelsteine und Textilien – dafür ist Afghanistan auf dem Weltmarkt bekannt.

Anzahl der gegründeten Unternehmen:

27.679 (2011)

32.788 (2012)

35.290 (2013)

Telekommunikation:

18 Mio. Mobilfunknutzer, das sind ca. 60 % der Gesamtbevölkerung (2013)

Anzahl der Internetnutzer in privaten Haushalten

ca. 100 Nutzer (2011)

ca. 200.000 Nutzer (2012)

2,4 Mio. Nutzer (2013)

Zudem ist Afghanistan mit deutscher Unterstützung seit September 2013 offiziell dem Zollabkommen des Internationalen Straßengü-tertransports beigetreten. Damit eröffnen sich Handelswege vom Persischen Golf bis nach China, was Afghanistan als historischem Umschlagplatz an der Seidenstraße größere Wirtschaftskraft ver-leihen könnte.

Mit deutscher Unterstützung wurde die traditionsreiche afgha-nische Industrie- und Handelskammer neu organisiert, die dem heimi schen Privatsektor eine professionelle Stimme gibt und damit die Rahmen bedingungen für Produktion und Arbeitsplätze zu verbessern hilft. Im Jahr 2011 haben mehr als 30.000 Mitglieds-unternehmen neue, demokratische Führungsgremien gewählt. Die Industrie- und Handelskammer hat nun auch Vertretungen in einigen Provinzen.

Zum deutschen Engagement in diesem Bereich - in Kooperation mit der Aga Khan Foundation und der Weltbank-Tochter IFC (Internati-onale Finanz-Corporation) - gehört auch der Aufbau der First Micro Finance Bank, die landesweit inzwischen über mehr als 30 Zweig-stellen verfügt. Seit Anfang 2009 konnte sie fast 260.000 Mikrokre-dite vergeben, davon über 39.000 an Frauen. Ganz konkret hilft die deutsche Entwicklungszusammenarbeit Jungunternehmerinnen und Jungunternehmern mit einem Existenzgründerfonds, sich auf eigene Füße zu stellen, sei es mit einem Copy-Shop, einem Imbiss oder einer kleinen Schneiderei.

20

Page 21: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Durch den von der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesell-schaft (DEG) betreuten Kreditgarantiefonds konnten bis September 2012 insgesamt 2.480 Einzelkredite mit einem Gesamtvolumen von etwa 65 Millionen Euro vergeben werden. Dadurch entstanden circa 5.000 Arbeitsplätze. Eine Textilfabrik in Kabul, die im Dezember 2010 gegründet wurde, konnte mit Hilfe eines Kredits über 370.000 Euro, die Anzahl ihrer Mitarbeiter von 80 auf 320 erhöhen. 80 Prozent der Angestellten sind Frauen.

Aus der Praxis:

Kleider made in Afghanistan

Huda ist vormittags Lehrerin für Literatur, anschließend führt sie ihr eigenes Kleinunternehmen. Die quirlige Frau aus Mazar-e Sharif hat mit deutscher Unterstützung eine florierende Schneiderei im Basar der Großstadt aufgebaut und beschäftigt heute 15 Angestellte. „Gerade habe ich einen Großauftrag für Schuluniformen bekom-men“, sagt sie, während sie letzte Hand an ein Hochzeitskleid legt. So ein Festkleid kostet umgerechnet 130 Euro – eine gewaltige Summe für Afghanistan. Frauen, für die ein Kleid unerschwinglich ist, können bei Huda auch eines ausleihen. Rund 3.200 Euro hat Huda aus dem Start-up-Fond bekommen, den die GIZ zwischen 2010 und 2012 in Balkh, Kunduz, Takhar und Badakhshan anbot. Vor einer Jury mit Beteiligung der afghanischen Handelskammer und afghanischer Wirtschaftsverbände mussten die Bewerberinnen und Bewerber ihren Geschäftsplan vorstellen. 133 Existenzgründer bekamen den Zuschlag, darunter 37 Frauen. Bis heute sind durch die

Mode ist auch für Afghaninnen ein wichtiges Thema.

21

Page 22: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

neu gegründeten Kleinbetriebe 560 Arbeitsplätze entstanden. Die Gründerinnen und Gründer erhielten ein Training und wurden durch Mentoren betreut. Schneiderin Huda steckt inzwischen voller Pläne: Zunächst wird sie außer den Kleidern auch Winterjacken anbieten. Dann soll neben der Schneiderei ein kleiner Laden entstehen, der die eigenen Kreationen vermarktet. „Afghanische Frauen wollen Qualität tragen und keine Billigware aus China“, sagt die Unterneh-merin selbstbewusst. Sie denkt bereits über Online-Vermarktung und Exporte ins Ausland nach. Damit ihr Geschäft auf zwei Beinen steht, bildet Huda außerdem Schneiderinnen aus. Ihr Mann sieht ihre Aktivitäten mit Wohlgefallen, denn das zusätzliche Einkommen verbessert auch seine Lebensqualität beträchtlich. Hudas größte Herausforderung ist es jetzt, weitere Nähmaschinen und größere Räume zu finden, damit sie die große Nachfrage bewältigen kann.

Zudem hat die deutsche Entwicklungszusammenarbeit in Faizabad den Bau einer neuen Kaschmirfabrik unterstützt. Letztes Jahr konnte sie eingeweiht werden. Die modern ausgestattete Anlage schafft mehr als 100 neue Arbeitsplätze in der Stadt – in erster Linie für Frauen – und bietet neue direkte Einkommensmöglichkeiten für mehr als 500 Landwirte und die Züchter von Kaschmirziegen. Auch hier schulen Projektmitarbeiter die Bauern in der Zucht und Haltung der Tiere und helfen gleich zeitig den Mitarbeitern in der Fabrik durch Fort- und Weiterbildungen bei der Vermarktung und dem Export von Kaschmir. In diesem Jahr werden in der Fabrik voraus-sichtlich schon sechs Tonnen Kaschmir und andere Fasern wie zum Beispiel aus Jak- und Kamelhaar ver arbeitet. Das heißt: warme Kleidung für die Menschen.

Neu gegründete Kleinbetriebe bieten vielen Frauen eine Chance zur Erwerbstätigkeit.

2010 wurde in Kooperation mit anderen Gebern in der Provinz Badakhshan eine Kaschmirfabrik gebaut und in Betrieb genommen.

22

Page 23: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Aus der Praxis:

Milch und Käse aus lokaler Herstellung

Milch, Sahne, Käse, Butter, Buttermilch, Joghurt und Quark in guter Qualität und zu einem bezahlbaren Preis, dies war das Ziel, als die Bundesregierung 2009 begonnen hat, die regionale Molkerei in Balkh zu fördern. Zusammen mit der Ernährungs- und Landwirt-schaftsorganisation der Vereinten Nationen wurde die Hygiene verbessert und die Verarbeitung der Rohmilch auf internationale Standards angehoben.

Mehr als 1.300 Bauern sind mittlerweile mit der Molkerei ver-bunden. Viele der Bauern bringen jeden Morgen Milch zu Sammel-punkten in ihrer Nähe, von wo aus sie zur Molkerei transportiert wird. In 45 Geschäften in Mazar-e Sharif und auf vielen lokalen Märkten kann man die fertigen Produkte kaufen, sie erfreuen sich einer hohen Nachfrage. Die Molkerei ist auf dem besten Weg, wirt-schaftlich unabhängig und dauerhaft erfolgreich zu werden.

Die Bauern, die die Molkereien beliefern, sind in sechs Kooperativen organisiert. Wir bieten den Mitgliedern Schulungen in Viehhaltung an, um die Milcherträge der Bauern zu verbessern. Viele von ihnen können jetzt zehn statt bisher drei Liter Milch pro Tag an die Mol-kerei liefern. So verdienen sie täglich umgerechnet rund zwei Euro – bei einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen in Afghanistan von 1,30 Euro am Tag ist das ein guter Verdienst. Da die Viehhaltung oft von Frauen betreut wird, profitieren besonders die Bäuerinnen.

Die Molkerei in Balkh setzt auf Hygienestandards.

23

Page 24: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Pro-Kopf- Einkommen pro Tag (2012)

1,30 Euro in Afghanistan

Deutschland: 88,00 Euro

Pro-Kopf-Einkommen im Jahr (2012)

490 Euro in Afghanistan

Deutschland: 32.000 Euro

Anteil untergewichtiger Kinder in Afghanistan

33 %

Deutschland: ca: 1 % (Schätzwerte aus den

Jahren 2004 und 2006)

Milch und Joghurt aus der Molkerei sind auf dem lokalen Markt sehr gefragt.

Ernährung in Afghanistan

Aktuelle Durchschnittskosten für Hauptnahrungsmittel

1 kg Weizenmehl: 30 Cent

1 Fladenbrot: 13 Cent

1 Liter Milch: 77 Cent

1 kg Zucker: 65 Cent

1 kg Rind�eisch: 3,90 Euro

1 kg Äpfel: 80 Cent

1 Essen von der Straßenküche: 1,70 Euro

1 Liter Mineralwasser: 45 Cent

1 Kilo Walnüsse: 9 Euro

(in Deutschland: 35 Cent)

(in Deutschland: 1,10 Euro)

(in Deutschland: 79 Cent)

(in Deutschland: 1,39 Euro)

(in Deutschland: ca. 8 Euro)

(in Deutschland: 2,50 Euro)

(in Deutschland: 2 bis 4 Euro)

(in Deutschland: 89 Cent)

Produktions- und Umsatzsteigerung bei Molkereiprodukten

1.000.030

+10% +16%

+80% 1.440.000

2010 2012

419.000

544.000

2010 20120

100000

200000

300000

400000

500000

600000

Milch Joghurt Käse0

10

20

30

40

50

60

70

80

Milchproduktionin Liter Frischmilch

Produktionssteigerung für ausgewählte Produkte von 2011 bis 2012

Umsatzsteigerung Euro

Wichtigstes Grundnahrungsmittel des Landes

Weizenmehl

Stand 10/2013

Quelle: Trackingsystem GIZ

24

Page 25: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

1 kg Weizenmehl: 30 Cent

1 Fladenbrot: 13 Cent

1 Liter Milch: 77 Cent

1 kg Zucker: 65 Cent

1 kg Rind�eisch: 3,90 Euro

1 kg Äpfel: 80 Cent

1 Essen von der Straßenküche: 1,70 Euro

1 Liter Mineralwasser: 45 Cent

1 Kilo Walnüsse: 9 Euro

(in Deutschland: 35 Cent)

(in Deutschland: 1,10 Euro)

(in Deutschland: 79 Cent)

(in Deutschland: 1,39 Euro)

(in Deutschland: ca. 8 Euro)

(in Deutschland: 2,50 Euro)

(in Deutschland: 2 bis 4 Euro)

(in Deutschland: 89 Cent)

Informelle Wirtschaft: Opiumanbau

Die Fläche, auf der Schlafmohn angebaut wird, stieg in Afghanistan in den letzten vier Jahren leider von Jahr zu Jahr. Die Zahlen für 2013 sind ernüchternd, wurden im Jahr 2012 noch 154.000 Hektar angebaut, so stieg diese Fläche im Jahr 2013 auf 209.000 Hektar. Eine Fläche fast so groß wie das Saarland. Damit übertrifft sie die Anbaufläche von 2007, als sie ein Rekordhoch von 193.000 Hektar erreichte. Mit daraus erzielten 5.500 Tonnen Rohopium liegt die Produktion allerdings im Mittelfeld der letzten Jahre. Aber auch da-mit ist Afghanistan für 80 Prozent der weltweiten Opium produktion verantwortlich.

Experten der Vereinten Nationen werten den immer noch hohen Weltmarktpreis für Opium und die weltweit große Nachfrage als Hauptgründe für die Zunahme. Auf einem Hektar Fläche konnte 2013 der afghanische Bauer rund 880 Euro mit Weizen verdienen, 3.300 Euro mit Schlafmohn. Aber auch der bevorstehende Abzug der internationalen Truppen sowie die Wahlen im kommenden Jahr könnten die Bauern dazu getrieben haben, aus Angst vor einer un-gewissen Zukunft auf den gewinnträchtigen Schlafmohn zu setzen. Keine andere Pflanze bringt so viel Geld ein. Das Gesamtvolumen des Opiummarkts in Afghanistan liegt dem Bericht den Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) zufolge bei etwa 695 Millionen Euro, er macht damit vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus.

Die Hauptanbaugebiete liegen - wie schon in den Jahren zuvor – im Süden und Westen des Landes, vor allem in Helmand (mehr als 100.000 ha) und Kandahar und damit in den am stärksten von Un ruhen betroffenen Provinzen. Auch in einigen Provinzen des Nordens wird wieder Schlafmohn angebaut. Wurden 2012 noch 17 der 34 Provinzen als „drogenfrei“ postuliert, das heißt auf weni-ger als 100 ha wurde Schlafmohn angebaut, waren es 2013 lediglich noch 15 Provinzen.

Mit Schlafmohn lässt sich viel mehr Geld verdienen als mit Getreide, aber der Anbau ist riskant und fördert das Drogenelend.

25

Page 26: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Aus der Praxis:

Rosen statt Drogen

Um den Bauern eine Alternative zu dem Mohnanbau und legale landwirtschaftliche Einkommensquellen aufzuzeigen, unterstützt die Bundesregierung seit 2004 im Osten Afghanistans beispiels-weise Bauern beim Anbau von Rosen. Das Projekt entwickelt sich bis heute erfolgreich und inzwischen konnten 580 Bauern von dem neuen Anbauprodukt als Alternative zum Schlafmohn überzeugt werden. Die Weiterverarbeitung erfolgt direkt vor Ort, so dass die Gemeinde nicht nur den Rohstoff anbaut, sondern auch direkt von der Wertschöpfung profitiert. Die Rosenblüten werden in Destillen zu Rosenwasser und organischem Rosenöl verarbeitet. Speziell das Rosenöl ist ein sehr hochwertiges Produkt welches auf dem Weltmarkt 4.500 Euro pro Kilo einbringt und für die Produktion von Naturkosmetika verwendet wird.

Eine legale Alternative zum Opiumanbau sind Rosen für die Gewinnung von hochwertigem Rosenöl.

26

Page 27: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Neben der Erzeugung von Strom sind die Modernisierung und der Ausbau der Infrastruktur (Stromleitungen, Umspannwerke, Kon-trollzentren) von Bedeutung, damit der produzierte Strom zu den Menschen gelangen kann. Die deutsche Entwicklungszusammen-arbeit konzentriert sich dabei auf die nördlichen Provinzen, ist aber auch in anderen Landesteilen aktiv: Mit dem nördlichen regionalen Übertragungsnetz, dem North East Power System (NEPS) sind die Grundlagen für die notwendige Infrastruktur geschaffen worden. Das Netz ist die Voraussetzung für eine deutlich verbesserte Strom-übertragung. Durch die Anbindung lokaler Netze an das NEPS und dessen Erweiterung in den nordafghanischen Provinzen Baghlan, Balkh und Samangan wird die Stromversorgung weiterhin verbes-sert. Insgesamt profitieren von diesen Maßnahmen nahezu zwei Millionen Menschen. Dies entspricht sieben Prozent der Bevölke-rung. Durch die Instandsetzung der Wasserkraftwerke Mahipar und Sarobi, die im Großraum Kabul den Strombedarf von rund 800.000 Personen decken, wurde ein schneller und nachhaltiger Beitrag zur Stromversorgung der Hauptstadt geleistet.

Seit 2007 wurden mit deutscher Unterstützung zudem sechs Kleinwasserkraftwerke allein in der Provinz Badakhshan gebaut. Sie versorgen nun rund 70.000 Menschen in abgelegenen Gegen-den, die sonst keinen Zugang zu Elektrizität hatten, zuverlässig mit Strom. Zudem erhalten über 200 öffentliche Einrichtungen und 200 Geschäfte oder Gewerbebetriebe Stromlieferungen aus den Kraft-werken. Außerdem wurden Umspannstationen in Mazar-e Sharif und Pul-e Khumri gefördert. Diese verbessern die Stromversorgung für insgesamt 300.000 Menschen sowie für Unternehmen, Schulen und Institutionen.

Die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften ist ebenfalls Bestand-teil des deutschen Engagements. Ziel ist es, bessere Rahmenbedin-gungen für den Aufbau einer zuverlässigen Energieversorgung zu schaffen. Ein schönes Beispiel, wie die deutsche Unterstützung in-einandergreift: Von insgesamt 40 Berufsschülern begannen im April 2013 auch drei Berufsschülerinnen ihre Ausbildung als Wasserkraft-technikerinnen. Deutschland unterstützt zudem die afghanische Regierung bei der weiteren Ausgestaltung ihrer Energiepolitik.

Wie sorgt Deutschland für dringend benötigten Strom in Afghanistan?

In Afghanistan hat nur ein knappes Drittel der

Einwohner Zugang zu „Strom aus der Steckdose“ –

einer der weltweit niedrigsten Werte. Häufig wird der

Strom über teure und abgasreiche Dieselgeneratoren –

und das nur für wenige Stunden am Tag – produziert.

Dabei ist der Zugang zu Energie eine wichtige Voraus-

setzung, damit sich die Wirtschaft entwickeln

und Arbeitsplätze entstehen können.

Kleinwasserkraftwerke bilden die Basis für mehr Lebensqualität.

Eine legale Alternative zum Opiumanbau sind Rosen für die Gewinnung von hochwertigem Rosenöl.

27

Page 28: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Ziel ist es, bessere Rahmenbedingungen für den Aufbau einer zu-verlässigen Energieversorgung zu schaffen, damit diese in Zukunft auf eigenen Beinen stehen kann.

Aus der Praxis:

Strom für afghanische Dörfer

Eine verbesserte Stromversorgung erleichtert nicht nur den Alltag, sie ist der Ausgangspunkt für jegliche wirtschaftliche Entwicklung. Deutschland fördert in Afghanistan eine preiswerte, verlässliche Stromversorgung auch durch erneuerbare Energien

Nicht nur für den Bau der Kraftwerke werden Bewohner aus der Region beschäftigt. Für den dauerhaften Betrieb der Anlagen wur-den über 50 Arbeitsplätze geschaffen. Darüber hinaus wurden in der Provinz Badakhshan 16 Trainerinnen ausgebildet. Sie sensibili-sierten 5.000 Frauen und Männer in den ländlichen Gebieten für eine sichere Stromnutzung. Denn der Umgang mit Kabeln und Strom ist bisher häufig unbekannt, ebenso die Gefahren von Kurzschlüssen und Stromschlägen.

„Bisher haben wir Diesel für 15 Afghani gekauft, das reichte, um Licht für zwei bis drei Abende zu erzeugen“, erinnert sich Frau Zarnegar, eine Kundin aus Farghambol. „Seit wir Strom haben, können wir abends noch Hausarbeit machen und die Kinder können ihre Haus aufgaben erledigen.“ Auch die Gesundheitsstationen profitieren. „Wir können nun zuverlässig unsere Impfstoffe kühlen, ohne Stromausfälle zu befürchten. Außerdem können wir jederzeit Wasser abkochen, um unsere Geräte zu sterilisieren“, freut sich Frau Shakira, Angestellte des Gesundheitszentrums in Nalan.

Strom aus erneuerbaren Energien macht Afghanistan unabhängig.

28

Page 29: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Die sichere Versorgung mit Strom ermöglicht neue Geschäfts-ideen. Bislang wurden 100 Gewerbetreibende geschult, Maschinen und Materialien fachgerecht zu nutzen. Frauen und Männer, die Existenz gründungskurse besucht haben, eröffneten zum Beispiel Eis- oder Kopierläden, Schreibdienste, eine Ölmühle oder ver-arbeiten landwirtschaftliche Produkte.

Nematullah, Dorflehrer und Kraftwerks betreiber in Sangab / Badakhshan

„Ich bin glücklich, dass mein Dorf jetzt Elektrizität hat. Nicht nur meine Schüler haben nun Licht für ihre Hausaufgaben am Abend. Wir können den Strom auch für Investitionen nutzen.“

Panjsher

KunarLaghman

NangarharLogar

Kabul

Kapisa

Khost

PaktyaGhazni

Maydan Wardak

Parwan

Kunduz

Samangan

Bamiyan

Ghor

FaryabSar-e Pul

Daykundi

Jawzjan

Nuristan

Paktika

Zabul

Uruzgan

Hilmand

Kandahar

Badghis

Herat

Farah

Nimroz

Baghlan

TakharBalkh

Badakhshan

Projekt in Durchführung

Projektabgeschlossen

Baumaßnahmen der Bundesregierung im Energiesektor

Der Schwerpunkt in Zahlen

Stromverbrauch (Produktion und Import)

1.162 GWh (2002)

4.173 GWh (2007), davon 79,7% importiert, 20% Wasserkraft, 0,3% thermisch

4.376 GWh (2013), davon 79,2% importiert, 20% Wasserkraft, 0,6% thermisch

Quelle: Ministry of Economy, Afghan Energy Information Center

29

Page 30: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Nur jeder dritte Haushalt in der Hauptstadt Kabul ist ans Wasser-netz angeschlossen, in den Provinzstädten sogar nur jeder fünfte. Deutschland fördert daher den Aufbau der nach 30 Jahren Bürger-krieg völlig zerstörten Infrastruktur, also den Bau von Pumpstatio-nen und das Verlegen von Wasserleitungen. Für eine funktionieren-de Versorgung müssen auch Fachleute ausgebildet werden, die die Technik bedienen und instand halten können.

Deutschland ist in Afghanistan der führende internationale Geber im Bereich der städtischen Wasserversorgung. Über 100.000 Haus-halte in den Nordprovinzen bekamen einen verbesserten Trinkwas-serzugang. In Kabul erhielten weitere 500.000 Haushalte Zugang zu einer verbesserten Trinkwasserversorgung. In den Provinz- und Distrikthauptstädten Faizabad, Imam Sahib und Balkh im Norden Afghanistans unterstützt Deutschland seit Ende 2008 den Neubau und die Erweiterung der Wasserversorgungssysteme. Diese Maß-nahmen kommen 135.000 Menschen zugute. Da das Wasserholen zu den traditionellen Frauenarbeiten gehört, werden durch zentrale Wasserentnahmestellen vor allem auch Frauen entlastet.

Afghanistan ist ein Gebirgsland. Darüber hinaus haben weitreichen-de Waldrodungen, Überweidung der Böden und unkoordiniertes Abpumpen von Grundwasser während der Bürgerkriegsjahre einen

Wie sorgt Deutschland für sauberes Wasser

in Afghanistan?

Ein Grund für die weiterhin schlechte Gesundheits-

situation vieler Afghaninnen und Afghanen, die sich

etwa in der hohen Mütter- und Kindersterblichkeit

zeigt, ist der Mangel an sauberem Wasser.

Wasserversorgung ist ein Menschenrecht und bleibt

deshalb Schwerpunkt der deutschen Entwicklungs-

zusammenarbeit mit Afghanistan.

Sauberes Wasser verhindert Durchfallkrankheiten und senkt die Kindersterblichkeit.

30

Page 31: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Rückgang der landwirtschaftlich nutzbaren Ressourcen des Landes bewirkt. Dadurch ist die Versorgung des Landes empfindlicher gegenüber Dürren und anderen Naturkatastrophen geworden. Nur etwa sechs Prozent der Landesfläche sind landwirtschaftlich nutzbar. Davon wiederum ist nur ein Bruchteil bewässert. Meist wird Regenfeldbau betrieben. Die Einrichtung von Bewässerungsanla-gen ermöglicht einen verbesserten Anbau von Feldfrüchten. Neben praktischen Vorhaben zur Verbesserung der Wasserversorgung steht die Beratung des entsprechenden Ministeriums durch Fachleute bei der Reform des Wassersektors und bei der Restrukturierung und Stärkung von Betreiberstrukturen der Wasserversorgung im Mittel-punkt der Entwicklungszusammenarbeit.

Panjsher

KunarLaghman

NangarharLogar

Kabul

Kapisa

Khost

PaktyaGhazni

Maydan Wardak

Parwan

Kunduz

Samangan

Bamiyan

Ghor

FaryabSar-e Pul

Daykundi

Jawzjan

Nuristan

Paktika

Zabul

Uruzgan

Hilmand

Kandahar

Badghis

Herat

Farah

Nimroz

Baghlan

Takhar

BalkhBadakhshan

Projekt in Durchführung

Projektabgeschlossen

Baumaßnahmen der Bundesregierung im Wassersektor

Der Schwerpunkt in Zahlen

Zugang der afghanischen Bevölkerung zu sauberem Trinkwasser 2012

Quelle: CIA World Factbook

31

Zugang der afghanischen Bevölkerung zu Sanitärversorgung und Abwasser 2012

guter Zugang

eingeschränkter Zugang

37 %

städtisch 60 % 40 %ländlich 30 % 70 %

63 %

verbessert nicht verbessert

50 %

städtisch 78 % 22 %ländlich 42 % 58 %

50 %

Dad Mohammad Baheer, Generaldirektor der Afghan Urban Water Supply and Sewerage Corporation, der 2007 gegründeten Holding für die städtische Wasserver- und Abwasser entsorgung in Afghanistan:

„Ich will alles daran setzen, bis 2020 die städtische Bevölkerung Afghanistans mit gutem Trinkwasser zu erschwinglichen Preisen unter Beachtung eines nachhaltigen Umweltmanagements zu versorgen.“

Page 32: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Eine zentrale Wasserentnahmestelle im Dorf macht lange Wege zu Brunnen überflüssig.

Aus der Praxis:

Wasser, das nicht mehr krank macht

Vater Serin weiß ge-nau, was es ihn kostet, wenn eines seiner Kin-der Wasser aus einem Brunnen trinkt. Etwa neun Euro muss er für den Besuch im Kran-kenhaus von Herat im Westen Afghanistans und für die Medi-kamente aufbringen, wenn aus dem Schluck Wasser wieder eine ausgewachsene Magen- und Darmerkrankung geworden ist. Fünf Töchter und acht Söhne hat Serin. Und als Tagelöhner verdienen die Jungs und er nur ein bis drei Dollar pro Tag. Viele Arztbesuche kann sich die Familie damit nicht leisten. Doch die Magenproble-me sind jetzt Vergangenheit, denn seit 2010 sind 70 Prozent der 800.000-Einwohner-Stadt an ein modernes Wasserversorgungssys-tem angeschlossen. Denn auch die Lehmhütte am Rande der Stadt Herat verfügt mittlerweile über sauberes Trinkwasser. Mit Unter-stützung der Bundesregierung wurde in fünf Jahren das Wasserver-sorgungssystem saniert und erheblich erweitert. So wurde der örtli-che Wasserversorger fünf Jahre lang intensiv beraten, bis dieser nun rund um die Uhr in der gesamten Stadt sauberes Wasser anbieten kann und auch noch gutes Geld damit verdient. Rund acht Millionen Euro stellte die Bundesregierung allein für die Maßnahmen in Herat zur Verfügung. Heute profitieren in Herat besonders auch soziale Einrichtungen von sauberem Trinkwasser, darunter auch das zent-rale Krankenhaus, das jahrelang verschmutztes Wasser aus einem Brunnen nutzte – für ein Hospital ein untragbarer Zustand.

32

Page 33: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Das größte Problem in Afghanistan ist der Analphabetismus. 57 Pro-zent aller Männer und sogar 87 Prozent aller Frauen können weder lesen noch schreiben. Facharbeiter müssen deshalb aus anderen Län-dern angeheuert werden. Bleibende Herausforderungen im Bildungs-sektor sind nach wie vor die niedrigen Einschulungsraten von gerade mal 55 Prozent in der Primar- und 35 Prozent in der Sekundarstufe. Dies betrifft insbesondere Mädchen, die von ihren Familien seltener die Unterstützung zum Schulbesuch bekommen, vor allem wenn weib-liche Lehrkräfte fehlen. Es besteht zwar Schulpflicht bis zur neunten Klasse, aber sie ist nicht durchsetzbar, denn in vielen Familien müssen die Kinder zum Haushaltseinkommen beitragen. Gleichzeitig hat die afghanische Regierung großes Interesse am Ausbau des Berufsschul-wesens, gilt es doch als Mittel, die Jugendlichen vor dem Abgleiten in radikalislamische Milieus zu bewahren.

Die Förderung von Schul-, Berufsschul- sowie Lehrerausbildung hat bei der deutsch-afghanischen Entwicklungszusammenarbeit ein besonderes Augenmerk. Deshalb berät Deutschland dabei auch das afghanische Bildungsministerium. Besonders gefragt ist die deutsche

Wie fördert Deutschland die Schulen und Berufs- schulen in Afghanistan?

Mangelnde Bildung ist eines der größten Entwick-

lungshemmnisse Afghanistans. Die junge afghanische

Generation verkörpert die Hoffnung auf ein fried-

liches und tolerantes Afghanistan. Nur mit dem

Zugang zu Bildung kann sie ihre Chancen wahr-

nehmen und einen Beitrag zur Überwindung der

Vergangenheit zu leisten.

33

Panjsher

KunarLaghman

NangarharLogar

Kabul

Kapisa

Khost

PaktyaGhazni

Maydan Wardak

Parwan

Kunduz

Samangan

Bamiyan

Ghor

Faryab

Sar-e Pul

Daykundi

Jawzjan

Nuristan

Paktika

Zabul

Uruzgan

Hilmand

Kandahar

Badghis

Herat

Farah

Nimroz

Baghlan

Takhar

Balkh

Badakhshan

Projekt in Durchführung

Projektabgeschlossen

Durch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit gebaute Schulen

Page 34: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Erfahrung in der Berufsausbildung. Afghanistan kennt bisher kein formal strukturiertes Ausbildungssystem. Es fehlt an Infrastruktur, an einem nachfrageorientierten Curriculum, an Lehrern und Ausbil-dungskompetenzen. Der Praxisanteil, den die Schüler erhalten, be-trägt lediglich zehn Prozent. Die deutsche Entwicklungszusammen-arbeit verfolgt daher gemeinsam mit der afghanischen Regierung das Ziel, eine marktorientierte duale Berufsausbildung aufzubauen. Die Konzentration liegt auf Metallbau, Maschinenbau, Kfz-Technik und Sanitär- und Holztechnik.

Im April 2011 wurde mit deutscher Unterstützung in Kabul die erste Ausbildungsakademie für Berufsschullehrer und -lehrerinnen in Afghanistan eröffnet. Im November 2012 nahm eine weitere Einrichtung für die Nordregion in Mazar-e Sharif ihre Arbeit auf; mehr werden folgen. Das deutsche Engagement erreicht inzwischen rund 15.000 Berufsschülerinnen und -schüler in 30 Städten und 22 Provinzen und damit ein Fünftel aller afghanischen Berufsschüler.

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit trägt ihr Engagement über die formale Berufsbildung hinaus und ist auch in der non-for-malen und informellen beruflichen Aus- und Weiterbildung aktiv.

Die Bundesregierung unterstützt zudem die Ausbildung von Grundschul lehrern. In fünf Lehrerausbildungszentren sowie 18 Modellschulen im Norden Afghanistans werden neue Lehrgebäude und Wohnheime gebaut. Auch werden das Management und die Dozenten beraten und fortgebildet. Mit deutscher Unterstützung wurden bisher insgesamt 90.000 Lehrkräfte ausgebildet. Dabei werden besonders Frauen gefördert, den Beruf der Lehrerin zu er-greifen. Durch diese gezielte Förderung der Chancengleichheit stieg der Anteil der Lehramtsstudentinnen von fünf Prozent im Jahr 2005 auf 44 Prozent im Jahr 2012. Von Deutschlands Engagement zur besseren Lehrerausbildung profitieren rund 1,5 Millionen Schülerin-nen und Schüler. Zudem haben jährlich circa 3.000 Jugendliche und Erwachsene aus sehr armen Gebieten erfolgreich Bildungsangebote besucht.

Eine gute Berufsschulausbildung ist eng an der Praxis orientiert.

34

Khadija Karimi, 38 Jahre, Lehrerin an der Naqshbandi High School in Mazar-e Sharif:

„Nach 30 Jahren Bürgerkrieg können 90 Prozent der Eltern in diesem Viertel nicht lesen und schreiben. Aber fast alle schicken ihre Kinder in diese Schule, auch jetzt, im kalten Herbst. Dabei haben wir keine Heizung. Die Kinder und Jugendlichen kommen trotzdem und lernen, sie sind gierig danach. Wir haben hier 22-jährige Frauen, die holen nicht nur ihre Schulbildung nach, sondern auch ein Stück ihrer Kindheit in einer Gemeinschaft ohne Angst.“

Page 35: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Wichtig ist der Bundesregierung vor allem die Förderung von Lehrerinnen. Denn noch immer stellt der Mangel an weiblichen Lehrkräften das größte Hindernis für den Schulbesuch von Mädchen dar. Vor allem ab dem Zeitpunkt der Pubertät wünschen sich die Eltern Lehrerinnen als Unter richtende. Dies gilt vor allem für ländliche Regionen und Gemeinden.

Experimente im Unterricht machen Lehrkräften und Schülern viel Spaß.

Der Schwerpunkt in Zahlen

Entwicklung der Schülerzahlen in Afghanistan

35

Jungen

männlich

2002

2002

2007

2007

2012

2012

Quelle: Afghan Minstry of Education

Anzahl der Lehrkräfte in Afghanistan

1.000.000

2.000.000

3.000.000

4.000.000

5.000.000

6.000.000

30.000

60.000

90.000

120.000

150.000

Mädchen

weiblich

Page 36: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Ein Dach über dem Kopf ermöglicht effektiveres Lernen – Neubau einer Schule in Iskhamish, Provinz Takhar.

Der Schwerpunkt in Zahlen

Ausgebildete Lehrkräfte (2012):

198.775,

davon Frauen: 61.175 Zum Vergleich Deutschland: 669.802 (2011)

Zahl der Grundschulkinder pro Lehrerin oder Lehrer

44,74 (2011) Zum Vergleich Deutschland: 12,69 (2010)

Quelle: Weltbank, Central Statistics Organization Afghanistan

Aus der Praxis:

Spannender Unterricht für Afghanistans Schüler

„Chemie ist, wenn es pufft und knallt, Physik ist, wenn nichts klappt“ – dieses geflügelte Wort war für Afghanistans Schülerinnen und Schüler bisher unsinnig, denn ihr Unterricht bestand meist aus Zuhören und auswendig lernen. Praktische Elemente waren nicht vorgesehen. Doch nun sind neue Lehrpläne in Kraft getreten, die einen schüler zentrierten Unterricht vorsehen – das allerdings über-fordert viele Lehrerinnen und Lehrer, die selbst nur die traditionelle Form des Unterrichts kennen.

Durch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit werden deshalb Fortbildungen für Lehrkräfte angeboten. Im Februar 2013 etwa lernten 86 Sekundarschullehrkräfte, darunter 61 Frauen, bei einem zweiwöchigen Workshop in Mazar-e Sharif neue pädagogische Modelle und Methoden kennen. Es ging um Experimente in den Na-turwissenschaften und Mathematik. Die von der afghanischen Re-gierung ausgegebenen neuen Bücher für den Mathematik unterricht wurden anwendungs bezogen erläutert.

„Interaktives Lernen macht uns Lehrern und den Schülern viel mehr Spaß“, freut sich Lailulam Ehsan, die an der Lehrerakademie in Balkh angehende Lehrer in Mathematik und Naturwissenschaften unterrichtet. „Dank der Weiterbildung nutzen wir jetzt innovative Methoden wie Diskussionen, Gruppenarbeit und Partnerarbeit.“

36

Page 37: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Deutschland unterstützt Afghanistan auch durch seinen militärischen Beitrag zum NATO- geführten ISAF-Einsatz bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit im Land, mit dem Ziel, dass sowohl die afghanischen Staatsorgane als auch die am Wiederaufbau des Landes beteiligten zivilen nationalen und internationalen Akteure in einem sicheren Umfeld arbeiten können. Dieser deutsche militärische Beitrag ist eingebettet in den vernetzten, zivil-militärischen Ansatz der Bundesregierung. Grundlage dafür bildet die VN-Sicherheitsratsresolution 2120 (2013) vom 11. Oktober 2013. Deutschland fokussiert sich dabei primär auf die Ausbildung und Unterstützung afghanischer Sicher heitskräfte im Rahmen der Reform des Sicherheits-sektors.

Die internationale Gemeinschaft hat im Rahmen des ISAF-Einsatzes in den letzten Jahren durch eben diese konsequente Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Sicherheits-kräfte den Grundstein dafür gelegt, dass der Schutz afghani-scher Bürgerinnen und Bürger sowohl jetzt als auch zukünftig aus eigener Hand aufrechterhalten werden kann.

Dennoch wird Afghanistan auch nach Beendigung des ISAF Einsatzes Ende 2014 und dem vollständigen Abzug der ISAF Truppen die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft benötigen, um die bereits erzielten Erfolge nachhaltig zu sichern. Hierzu wurde Afghanistan durch die Internationale Gemeinschaft ein Angebot für eine Folgemission unterbreitet.

Gemeinsam für die Sicherheit.

Wie hilft Deutschland in Hinblick auf die Sicherheits lage?

Ein funktionierender Sicherheitssektor ist einer der

Schlüssel für Stabilität und Sicherheit in Afghanistan.

Dabei nimmt der Aufbau der afghanischen Sicher-

heitskräfte eine wesentliche Rolle ein. Deutschland

engagiert sich daher mit großem Einsatz bei der

Ausbildung und Unterstützung afghanischer Sicher-

heitskräfte, um deren vollständige Übernahme der

Verantwortung für die Sicherheit Afghanistans und

damit die Rückkehr des Landes in die Normalität zu

ermöglichen.

37

Page 38: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Mit dem Übergang zur möglichen NATO-Folgemission „Resolute Support Mission (RSM)“ werden sich – ein entsprechendes politi-sches Mandat vorausgesetzt – Auftrag, Aufgaben und Umfang des internationalen Militäreinsatzes sowie der militärische Beitrag der Bundeswehr in Afghanistan wandeln. Der Charakter von RSM wird sich wesentlich von ISAF unterscheiden. Der Schwerpunkt der Mis-sion und damit auch des möglichen deutschen Beitrages liegt dann auf Ausbildung, Beratung und Unterstützung („train, advise and assist“) der afghanischen Sicherheitskräfte und beinhaltet keinen Kampfauftrag.

Ausbildung an schwerem Gerät.

38

Page 39: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Die NATO-Planung für RSM, das sogenannte „Speichenmodell“, sieht eine militärische Präsenz der internationalen Staatengemein-schaft mit Kabul als Zentrum und vier „Speichen“ in den bevölke-rungsreichen Gebieten im Norden, Westen, Süden und Osten mit einem bisherigen planerischen Gesamtumfang von etwa 8.000 bis 12.000 Soldatinnen und Soldaten vor.

Am 18. April 2013 hat die Bundesregierung angeboten, dass Deutschland sich unter bestimmten Bedingungen an Resolute Support beteiligen und die Verantwortung als Rahmennation („Framework Nation“) für die „Speiche Nord“ für zunächst zwei Jahre übernehmen wird. Hierzu bedarf es neben der Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen vor allem einer Einladung durch die afghanische Regierung sowie hinreichender Fähigkeitsbeiträge unserer multi nationalen Partner.

Gegenüber der bisherigen ISAF-Präsenz in Nordafghanistan wird neben der Verringerung der Anzahl der Soldatinnen und Soldaten die Konzentration der Kräfte auf einen einzigen Standort im Norden, nämlich Mazar-e Sharif, ein augenfälliges Merkmal des Wandels. Über die genaue Ausgestaltung der deutschen Präsenz dort wird noch zu entscheiden sein. Deutschland ist sich als potenzielle Rahmennation für RSM seiner koordinierenden Rolle und Verant-wortung vor allem für den Norden Afghanistans bewusst. Nach der Schaffung der politischen und rechtlichen Voraussetzungen für RSM müssen die darauf aufbauenden Planungen abgeschlossen werden, damit die Grundlagen für ein zukünftig nachhaltiges und stabiles Sicherheitsumfeld gelegt werden und damit die erfolgreiche Entwicklung des Landes im engen Zusammenwirken mit den Anstrengungen anderer Ressorts voran getrieben werden kann.

39

Welche Aufgaben hat ISAF?

� ISAF unterstützt die Regierung von Afghanistan bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit, auch und besonders zum Schutz der Bevölkerung.

� ISAF unterstützt bei der Reform des Sicher-heitssektors, insbesondere den Aufbau funkti-onsfähiger afghanischer Sicherheitskräfte durch Ausbildung, Beratung, Unterstützung und Ausrüstungsunterstützung.

� ISAF unterstützt die afghanischen Sicherheits-kräfte bei der Sicherung des Arbeitsumfeldes des Personals, das zur weiteren Unterstützung der Stabilisierung und des Wiederaufbaus und zur Vollendung des Übergangsprozesses von den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, den Vereinten Nationen und internationalen Hilfsorganisationen eingesetzt wird.

� ISAF fördert die zivil-militärische Zusammen-arbeit.

Page 40: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Aus der Praxis:

Afghanistan im Übergang – Sicherheit aus eigener Hand

Am 6. Oktober 2013 wurde die deutsche Einsatzliegenschaft Kunduz, in Anwesenheit des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Thomas de Maizière, und des Bundesministers des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, an die afghanischen Sicherheitskräfte über-geben. Mit Verlassen der letzten deutschen Soldaten und Solda-tinnen am 19. Oktober 2013 dient die Einsatzliegenschaft Kunduz heute der Afghan National Army als wichtiger Stützpunkt zur Auf-rechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in der Provinz Kunduz. Zusätzlich unterhält hier die Afghan National Civil Order Police eine Ausbildungseinrichtung.

40

Auch handwerkliche Fähigkeiten gehören dazu.

Page 41: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Deutschland engagiert sich seit 2002 auf Grundlage einer bilatera-len Vereinbarung für den Polizeiaufbau in Afghanistan. Zusätzlich beteiligt sich Deutschland seit der Gründung der EU-Polizeimission EUPOL Afghanistan im Juni 2007 auf europäischer Ebene am Polizeiaufbau. Eine intensive Zusammenarbeit mit dem afghani-schen Innenministerium gewährleistet, dass sich die Ausbildung an Zielsetzung und Bedarf Afghanistans orientiert.

Wesentliches Ziel des deutschen Beitrags zum Polizeiaufbau in Afghanistan ist es, die von Deutschland errichteten Aus- und Fort-bildungszentren bis zum Abschluss der Übergabe der Verantwor-tung Ende 2014 nachhaltig zu übergeben.

Vorbild ist die Polizeiakademie in Kabul, an der zentral die Offiziers-ausbildung für ganz Afghanistan ausschließlich durch afghanisches Personal gewährleistet wird. Die Ausbildungsverantwortung für das Polizeitraining haben die deutschen Polizistinnen und Polizisten bereits umfassend an afghanische Ausbilder übergeben. Für die Nachhaltigkeit der Bemühungen ist die Ausbildung afghanischer Polizeitrainer und im letzten Schritt die Weiterqualifizierung zu Trainerausbildern ein wesentlicher Eckpfeiler.

Seit der Übergabe der Trainingszentren Faizabad und Kunduz im Sommer 2012 bzw. 2013 führt die afghanische Polizei dort Trai-ning und Betrieb selbstständig fort. Die verbleibenden deutschen Trainingszentren in Mazar-e Sharif und Kabul werden bis Ende 2014 ebenfalls in afghanische Verantwortung übergehen. Mit Ausnahme von speziellen Fortbildungsprogrammen, beispielsweise im Dienst-hunde-/ Entschärferwesen und der Dokumentenschulung, sind die deutschen Ausbilder vorrangig beratend tätig.

Polizisten lernen Lesen und Schreiben.

Welche Rolle spielt Deutschland beim Polizei-aufbau in Afghanistan?

Afghanistan muss in die Lage versetzt werden,

selbst für die innere Sicherheit zu sorgen. Dafür ist die

Schaffung einer funktionierenden afghanischen Polizei

eine der wichtigsten Prioritäten der Bundes regierung,

der EU und der internationalen Gemeinschaft in

Afgha nistan. Denn nur eine leistungsstarke Polizei

kann das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen.

41

Page 42: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Infolge des Zusammenbruchs des afghanischen Schulwesens wäh-rend des Bürgerkriegs kann ein Großteil der afghanischen Polizei-rekruten weder lesen noch schreiben. Zurzeit sind nur knapp 30 Prozent aller Polizeikräfte vollständig alphabetisiert. Daher erhalten alle Polizisten in der Nordregion die Möglichkeit zur Teilnahme an Alphabetisierungskursen, die bereits über 18.500 Polizistinnen und Polizisten erfolgreich absolviert haben.

Die europäische Mission setzt beim Polizeiaufbau andere, ergän-zende Schwerpunkte. In seiner Polizeikomponente arbeitet EUPOL hauptsächlich an der Aus- und Fortbildung der obersten Führungs-ebene, der Verbesserung von Leitungs- und Kommunikationsstruk-turen, Informationsgewinnung und Informationsmanagement und dem Aufbau kriminalpolizeilicher Strukturen. Die Komponente Rechtsstaatlichkeit zielt auf die Bekämpfung von Korruption und die Wahrung von Menschenrechten ab. Weiterhin geht es um die Gleichstellung von Frauen und Männern innerhalb der afghanischen Polizei und die Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft.

Besonders gefördert wird die Ausbildung von Polizistinnen, da sie in der afghanischen Polizei dringend gebraucht werden. Es ist deshalb das erklärte Ziel der afghanischen Regierung und der internationa-len Gemeinschaft, die Zahl der Polizistinnen von derzeit ca. 1.500 auf mindestens 5.000 zu erhöhen. Afghanische Polizistinnen werden von deutschen Polizeiausbilderinnen in speziellen Kursen unter anderem in Eigensicherung, Eingriffstechniken und Durchsuchungs-maßnahmen unterrichtet und erhalten eine Einweisung in Gender-fragen. Zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie stehen an den Ausbildungsstätten in Kabul und Mazar-e Sharif Kindertages-stätten und Frauenunterkünfte zur Verfügung.

Fortbildung für Polizisten in Mazar-e Sharif.

Die Ausbildung weiblicher Polizeifachkräfte ist wichtig, um auch in frauenspezifischen Straftaten ermitteln zu können.

42

Page 43: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Aus der Praxis:

Die Polizei als Freund und Helfer – dieses Verständnis wächst in Afghanistan

„Ich bin froh, dass bei ‚Kommissar Amanullah‘ eine Frau als Boss bei der Kriminalpolizei arbeitet“, sagt Sajeda aus Mazar-e Sharif. Die junge Afghanin verfolgt jeden Donners-tagabend im afghanischen Fernsehen gespannt die Serie um den Kommissar, der in Mordfällen ermittelt und Terroranschläge vereitelt. Dabei sieht er sich Morddrohungen von lokalen Machthabern und religiösen Fanatikern ausgesetzt. Auch hohe Bestechungs-gelder sind ihm schon geboten worden, doch der Serienheld widerstand der Versuchung. „Meine Aufgabe ist es, die Einhaltung der Gesetze sicher zu stellen“, lautet sein Motto.

Zentrale Figur hinter dem ungewöhnlichen Projekt ist Saba Sahar, afghanische Schau-spielerin, Filmemacherin - und Polizistin. In echt. Die 37-Jährige Afghanin setzt sich nicht nur im Dienste des afghanischen Innenministeriums für den Wideraufbau des Landes ein, sondern auch für die gesellschaftliche Anerkennung der afghanischen Frauen. In ihren Filmen tritt Sahar selbst oft als kämpferische Polizistin auf, die Recht und Ordnung für Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, wieder herstellt.

Die Fernsehserie dient dazu, dem Zuschauer das Bild einer zu nehmend zivil ausgerichte-ten afghanischen Polizei zu vermitteln. Dies soll auch dazu beitragen, dass Afghanen die von ihrer Polizei angebotenen Dienstleistungen besser kennen lernen und in Anspruch nehmen. Zudem wird die Vorbildfunktion der Polizei gezeigt und auch das Thema „Frauen in der Polizei“ angesprochen.

Sakila Amiri, 31 Jahre, Sergeant in der Polizeistation Mazar-e Sharif sieht den Bedarf ganz praktisch. „Wir sind ein islamisches Land, unsere Frauen brauchen Polizistinnen, sie brau-chen ja auch Ärztinnen.“ Sie ist stolz darauf, nunmehr seit zehn Jahren ihrem Land als Polizistin zu dienen und andere Frauen zu schützen. Und mit einem Lächeln fügt sie hinzu: „Ich verdiene in meinem Beruf mehr als mein Mann, es macht ihm aber nichts aus.“

Die Serie um den smarten Kommissar wurde mit deutscher Unterstützung gedreht. Fachliche Unterstützung erhält die Produktionsfirma Saba Film von EUPOL Afghanistan. Die Projektkosten von rund 200.000 Euro werden aus Mitteln des Auswärtigen Amts für den Polizeiaufbau in Afghanistan getragen. Die Serie wird auch in der Ausbildung von Polizisten und Staatsanwälten eingesetzt.

Produzentin, Schauspielerin und Polizistin Saba Sahar und Emal Zaki, bekannt als „Kommissar Amanullah“.

43

Page 44: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Die zivile Flugsicherung wird seit Jahren von der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) organisiert – am Flugplatz Mazar-e Sharif ist die deutsche Luftwaffe zuständig. Das afghani-sche Ministerium für Verkehr und Zivilluftfahrt kann seine Überwa-chungsaufgaben nach internationalen Standards noch nicht wahr-nehmen. Fachbehörden wie eine zivile Luftfahrt-Aufsichtsbehörde fehlen noch ganz. Eine solche Aufsichtsbehörde wird aber dringend benötigt, denn neben Kabul soll sich auch der Flughafen in Mazar-e Sharif zum Verkehrsknotenpunkt auf der viel beflogenen Strecke zwischen Europa und Asien entwickeln.

Er hat damit eine große wirtschaftliche Bedeutung für die Entwick-lung der gesamten Region. In den vergangenen Jahren wuchs das Aufkommen des zivilen Luftverkehrs stetig. Dies ist nicht zuletzt auf den von der Bundesregierung unterstützten Ausbau zurückzufüh-ren. Die Bundesregierung unterstützte mit finanzieller Beteiligung des Abu Dhabi Fund for Development die afghanische Regierung, den Flughafen in Mazar-e Sharif nach internationalen Standards auszubauen. Mit der neuen Konzeption sollen der Personen- und Frachtverkehr sowie die Sicherheitsvorkehrungen am Flughafen den Vorgaben der Internationalen Organisation für Zivilluftfahrt (Inter-national Civil Aviation Organisation – ICAO) entsprechen. Lang-fristig soll der Flughafen als internationaler Verkehrsknotenpunkt zwischen Europa und Asien die wirtschaftliche Entwicklung der Region entscheidend verbessern. Ein gut ausgebautes Netz an Flug-häfen würde Afghanistan eine Lage als Drehkreuz zwischen Indien, Pakistan und Iran sichern. Im November 2013 wurde der Flughafen in Mazar-e Sharif für den internationalen Flugverkehr geöffnet.

Mit deutscher Unterstützung baut das Land zudem eine zivile Flug-sicherung aus, um in Zukunft die Verantwortung für den Luftverkehr selbst zu übernehmen. Der Flughafen Mazar-e Sharif benötigt ge-genwärtig mindestens zehn Fluglotsen. Durch die Entwicklung zum internationalen Flughafen mit einem Flugbetrieb rund um die Uhr wird sich der Bedarf nach Schätzungen auf 17 Fluglotsen erhöhen.

Wie unterstützt Deutschland die Mobilität in Afghanistan?

In Afghanistan sind nicht nur am Boden, sondern

auch in der Luft Wiederaufbauleistungen nötig. Die

Luftfahrt ist für Afghanistan besonders wichtig, da

das bestehende Straßennetz nur in Teilen entwickelt

ist. Ein funktionierender Luftverkehr fördert die

Wirtschaft und erleichtert den Zugang zu

abgelegenen Landesteilen, was wiederum die

Sicherheit stabilisiert.

Um die Prüfung zum Fluglotsen zu schaffen, muss viel Lernstoff bewältigt werden.

44

Page 45: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Im Auftrag der Bundesregierung wird außerdem die Gründung einer Luftfahrtakademie in Kabul vorbereitet und das afghanische Ministerium für Verkehr und Zivilluftfahrt beim Aufbau einer zivilen Luftaufsichtsbehörde unterstützt. Der Bedarf ist hoch: Um den Luftverkehr sicher und geordnet abwickeln zu können, werden über die Fluglotsen hinaus am Flughafen Mazar-e Sharif zusätzlich rund 500, in Afghanistan insgesamt rund 3.000 Fachkräfte benötigt.

Aus der Praxis:

Ziviler Wiederaufbau auf Flughöhe

Shukoor Ullah ist einer von 16 angehenden zivilen Fluglotsen in Afghanistan – die ersten nach langen Jahren voller Kriege und Konflikte. Er setzte sich in einem anspruchsvollen Auswahlverfahren gegen 228 Bewerber durch. Jetzt ist er stolz, dass er an der Zukunft der zivilen Luftfahrt in Afghanistan mitarbeiten kann. „Ich wollte immer Pilot werden, aber in meinem Land schien mir das unmög-lich“, erzählt Shukoor Ullah. Der junge Afghane ist seinem Traum näher gekommen und meistert gerade die Ausbildung zum Flug-lotsen. Die Ausbildung umfasst unter anderem Englisch für die Luft-fahrt, Luftfahrtgrundlagenausbildung, theoretische und praktische Fluglotsenausbildung und das Simulator-Training. „Wir waren für ein viermonatiges Simulator-Training in Indien“, berichtet Shukoor. „Das war toll.“ Auch in Bangladesch standen Ausbildungseinheiten an. Die angehenden Fluglotsen bekommen ein monatliches Gehalt, das zwar nicht üppig ist, ihnen aber ermöglicht, sich ganz auf die Ausbildung zu konzentrieren. „Ich werde in meiner Heimatstadt Mazar-e Sharif eingesetzt werden, das finde ich gut. Denn ich möchte gerne in der Nähe meiner Familie bleiben, bei meinen zwei Brüdern und sechs Schwestern und meinen Eltern.“

Zum Jahresanfang 2014 sollen die neuen Lotsen die Verantwortung für die Flugsicherung übernehmen.

Gut ausgebildete Fluglotsen sind in der Lage , Verantwortung für den Luftverkehr zu übernehmen.

45

Page 46: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Im Gesundheitsbereich bleibt Afghanistan eines der rückständigsten Länder weltweit. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt in Afghanistan bei 49 Jahren und die Müttersterblichkeit ist noch im-mer hoch. Afghanistan weist zudem die zweithöchste Kindersterb-lichkeit der Welt auf. Außer in der Hauptstadt Kabul und anderen größeren Städten ist die medizinische Versorgung häufig noch unzureichend. Es sind jedoch auch klare Fortschritte zu verzeichnen. Mittlerweile leben 85 Prozent der afghanischen Bevölkerung in Distrikten, in denen Basisgesundheitsleistungen erbracht werden. Während 2007/2008 erst 24 Prozent der Geburten von ausgebil-detem Personal begleitet wurden, sind es mittlerweile knapp 37 Prozent. Infolgedessen gingen sowohl die Säuglings- als auch die Müttersterblichkeit in den letzten Jahren zurück.

Insgesamt beläuft sich das deutsche Engagement im afghanischen Gesundheitssektor in den Jahren 2009 bis 2013 auf rund 90 Milli-onen Euro. Deutschland unterstützt den Gesundheitssektor in den Provinzen Badakhshan, Balkh, Kunduz, Takhar und Baghlan und hat so dazu beigetragen, dass mittlerweile rund fünf Millionen Men-schen in diesen Regionen Zugang zu besserer medizinischer Versor-gung haben. So finanziert die Bundesregierung den Neubau von ins-gesamt neun Krankenhäusern, darunter die Provinzkranken häuser in Faizabad, Balkh und Takhar sowie des Regionalkrankenhauses in Kunduz. Das Regionalkrankenhaus in Mazar-e Sharif wurde 2012 an Afghanistan übergeben und wird nun in den Bereichen Kranken-hausmanagement, Aus- und Weiterbildung des medizinischen Per-sonals, Pflege und Gebäudetechnik unterstützt. Außerdem werden mit deutscher Unterstützung verschiedene Distriktkrankenhäuser im Norden Afghanistans rehabilitiert. In ländlichen Gebieten hat Deutschland Gesundheitsstationen und mobile Gesundheitsteams aufgebaut.

Jahrzehnte des Konflikts in Afghanistan haben große Teile der Bevölkerung traumatisiert. Das umfangreiche Engagement der Bundesregierung im Gesundheitssektor umfasst daher seit 2010

Wie leistet Deutschland medizinische Aufbauhilfe in

Afghanistan?

Trotz erheblicher Fortschritte seit 2001 gehört

Afghanistan noch immer zu den Ländern mit den

weltweit schlechtesten Gesundheitsindikatoren der

Bevölkerung. Zugang zu qualitativ angemessenen

Gesundheitseinrichtungen ist jedoch nicht nur eine

wichtige Voraussetzung für Armutsbekämpfung,

sondern kann auch zur Stabilisierung einer

Region beitragen.

46

Page 47: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

auch den Aufbau einer psychosozialen Komponente durch geziel-te Fortbildung von Betreuern und Psychologen. Das Pilotprojekt wurde zunächst im Norden Afghanistans erfolgreich umgesetzt und mittlerweile auch durch Unterstützung der Europäischen Union auf das ganze Land ausgeweitet.

Aus der Praxis:

Vorbildliches Krankenhaus in Balkh

Das Provinzkrankenhaus Balkh in Mazar-e Sharif brannte 2006 ab und wurde mit deutscher Hilfe unter dem Namen „Abu Ali Sina- Regionalkrankenhaus Balkh“ wieder aufgebaut. Das Hospital dient als Ausbildungs-, Referenz- und Modellkrankenhaus, sein Einzugsgebiet umfasst sieben Provinzen mit fast fünf Millionen Einwohnern. Deutschland unterstützte Reformen in allen Bereichen, von der Organisation über Finanzen bis hin zu Technik und Lager-haltung. Zudem führte das Krankenhaus eine umfassende Qualitäts-sicherung ein. Alle Klinikmitarbeiter wurden weitergebildet, auch, um Theorie und Praxis in der Pflege-Ausbildung besser zu verzahnen.

„Dies ist jetzt unser wichtigstes Krankenhaus in Nord-Afghanistan“, sagten zuständige Regierungsvertreter in der Provinz Balkh. „Es gibt uns Hoffnung, auch die anderen Krankenhäuser des Landes auf diese Standards zu bringen.“ Die Regierungsvertreter sind stolz auf die Klinik und loben sie als „Symbol der afghanisch-deutschen Freundschaft.“ Die Erfahrungen aus Mazar-e Sharif werden anderen Krankenhäusern bei Reformen helfen.

Das neue Regionalkrankenhaus in Balkh ist im Mai 2012 eingeweiht worden.

Kontinuierlich wird die Qualität der medizinischen Versorgung verbessert.

47

Page 48: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Die Kampfparteien haben die Lage der Minen nicht dokumentiert, was die Räumung erschwert. Allein 2011 fielen über 1.200 Men-schen den Minen zum Opfer. Die zurückgelassenen Kampfmittel gefährden nicht nur Menschen, die ihnen zufällig zum Opfer fallen, sondern sind auch ein Selbstbedienungsladen für Attentäter, die informelle Explosivkörper daraus herstellen. Landesweit müssen noch immer etwa 520 km² von Minen und explosiven Kriegsmittel-rückständen geräumt werden (2006 betrug die kontaminierte Fläche 1.028 km²). 2013 sind weiterhin ca. 1.600 Gemeinden von Minen und Blindgängern betroffen.

Die Bundesregierung unterstützt in Partnerschaft mit erfahrenen Durchführungsorganisationen Afghanistan beim Räumen von Landminen, Streumunition und Blindgängern. Die Räumung erfolgt dort am ehesten, wo Menschen am stärksten gefährdet sind. Da immer mehr Flüchtlinge in ihre ehemaligen Heimatdörfer zurück-kehren wollen, muss auch dort prioritär geräumt werden, wo wieder Landwirtschaft betrieben werden soll – das fördert wiederum die Wirtschaft des Landes.

Deutschland fördert die Räumung von Minen und Kampfmitteln in Afghanistan mit bisher 3,3 Millionen Euro allein im Jahr 2013. In erster Linie werden das „Mine Dog and Detection Centre“ (MDC), eine afghanische Nichtregierungsorganisation, die seit 1989 mit speziell trainierten Minensuchhunden maßgeblich zur Reduzierung der Minengefahr beigetragen hat, und Räumprojekte im Norden des Landes sowie ein Opferfürsorgeprojekt unterstützt. Seit 1992 hat die Bundesregierung rund 58 Millionen Euro für Minen- und Kampf-mittelräumprojekte in Afghanistan bereitgestellt.

Zudem zielt die Projektförderung darauf ab, Afghanistan dabei zu helfen, die völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Ottawa-Anti-Personenminen-Übereinkommen, dem OSLO-Streumunition-Über-einkommen und dem VN-Waffenübereinkommen zu erfüllen. Die weltweite Implementierung und Umsetzung dieser Übereinkommen bleiben ein wichtiges Ziel der Bundesregierung. Damit kann ein

Wie hilft Deutschland bei der Beseitigung von Kriegsspuren

in Afghanistan?

Afghanistan gilt als das Land der Welt, das am

stärksten mit Minen und Blindgängermunition

belastet ist. Insbesondere entlang der ehemaligen

Front linien sind weite Landstriche mit

Minen verseucht.

Die Minensuche erfordert große Vorsicht.

48

Page 49: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

nachhaltiger Beitrag dazu geleistet werden, dass Anti-Personen-minen und Streumunition künftig grundsätzlich nicht mehr zum Einsatz kommen und somit eine Bedrohung durch diese Waffen erst gar nicht entstehen kann.

Aus der Praxis:

Spürnasen gegen Landminen

Seit über 20 Jahren setzt sich die afghanische Nichtregierungs-organisation Mine Detection and Dog Centre für die Räumung von Minen ein. Die Initiatoren des Zentrums bildeten zunächst Minen-räumer in den afghanischen Flüchtlingslagern im benachbarten Pakistan aus und nutzten dabei Minensuchhunde. Für die Arbeit als Minensuchhunde kommen nur Hunde mit einem ausgeprägten Spieltrieb in Betracht, da sie mit Spielen für das Aufspüren von Minen belohnt werden. 18 Monate dauert es, bis ein Hund seine Aufgabe ausführen kann. Mit 14 Tieren nahmen die Mitarbeiter 1989 ihre Arbeit auf. Mittlerweile beschäftigt das MDC 1.378 afghanische Mitarbeiter und hat mehr als 160 selbst gezüchtete Minensuch hunde im Einsatz. Mit ihrem feinen Geruchssinn schaffen sie es sogar, Plastikminen zu erkennen, deren Metallanteile so gering sind, dass kein Metalldetektor sie aufspüren kann.

Im Mine Detection and Dog Centre arbeiten Afghanen aus ganz unterschiedlichen Volksgruppen. Dies ist Direktor Mohammad Shohab Hakimi besonders wichtig. Er legt großen Wert auf Integration.

Noch ist viel zu tun. Wenn im bisherigen Tempo weiter geräumt wird, wird es vier Jahre dauern, bis Afghanistan von Minen und Blindgängern befreit ist.

0

500

1000

1500

2000

2500

2012

2011

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

Der Schwerpunkt in Zahlen

Zahl der Minenopfer in Afghanistan

Ausgebildete afghanische Experten arbeiten an der Säuberung von vermintem Gelände. © HALO Trust

Quelle: Mine Action Coordination Center of Afghanistan

49

Page 50: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Das asiatische Land hat Kulturschätze von weltweiter Bedeu-tung vorzuweisen, etwa das reich verzierte Minarett von Jam, das zweithöchste Backstein-Minarett der Welt, das als Weltkulturerbe der UNESCO ausgewiesen ist. Afghanistan liegt an der Schnittstelle der uralten Handelswege zwischen Indien und Iran – daher haben verschiedene Kulturen hier ihre Spuren hinterlassen und sind eine fruchtbare Vereinigung eingegangen.

Die Bewahrung des Kulturerbes stärkt auch das Selbstbewusstsein der afghanischen Bevölkerung, die in den vergangenen Jahrzehnten viel Leid erfahren musste. Der Stolz auf die eigene Kultur gibt Kraft, sie zu bewahren und zu beschützen. Arbeiten für den Denkmal-schutz oder die Archäologie sind arbeitsaufwendig und bringen ein willkommenes Einkommen für lokale Arbeiter.

Wie trägt Deutschland dazu bei, das kulturelle Erbe Afghanistans zu bewahren?

Afghanistan hat mit vielen Herausforderungen zu

kämpfen, dennoch legen die afghanische Regierung

und die internationalen Geber auch einen Schwer-

punkt auf die Bewahrung des kulturellen Erbes.

Neben dem Kulturerhalt und der Vermittlung von

Fakten geht es auch um den Aufbau einer positiven

nationalen Identität.

DAAD-Absolventen. © RUB, Foto: Sponheuer

50

Page 51: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Seit der Wiederaufnahme der kulturellen Beziehungen im Jahr 2002 fördert die Bundesrepublik Deutschland zahlreiche Projek-te, die den Erhalt des kulturellen Erbes Afghanistans unterstüt-zen. Afghanistan ist das wichtigste Partnerland im Rahmen des Kulturerhalt-Programms der Bundesregierung. In den letzten Jahren wurden 78 Einzelmaßnahmen mit einer Gesamtförder-summe von rund 6,7 Millionen Euro durchgeführt. Das umfasst kleine Sachspenden und Restaurierungsmaßnahmen als auch komplexe, in einzelnen Phasen über mehrere Jahre geförderte Projekte wie die Instandsetzung des Babur Gartens (Bagh-e Babur) in Kabul in Kooperation mit Aga Khan Trust for Culture (AKTC), die Sicherung der Buddhas von Bamiyan in Zusammen-arbeit mit dem Internationalen Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) in München sowie die durch das Deutsche Archäologische Ins-titut (DAI) durchgeführten Projekte zur Stadtkernforschung und zur Einrichtung des Nationalmuseums Herat.

Das Kulturleben Afghanistans ist durch die Kriege und die Tali-banherrschaft schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Um dem entgegen zu wirken, werden vielfältige Bemühungen un-ternommen. So ist das Goethe-Institut ebenso wie der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) in Kabul vertreten. Das Goethe-Institut ist unter anderem in der Spracharbeit und der Lehrerfortbildung tätig und engagiert sich in der kulturellen Zu-sammenarbeit insbesondere in den Bereichen Theater, Film und Fotographie. Dank erheblicher finanzieller deutscher Unterstüt-zung konnten in Kabul 2009 „Skateistan“ – ein sehr erfolgreich laufendes Schulprojekt mit Skateboard-Unterricht – und 2010 das Afghanistan National Institute of Music (ANIM) eröffnet werden. Außerdem fördert Deutschland die Rehabilitierung von kulturhistorischen Denkmälern in Kabul, Bamiyan und Herat und unterstützt den Wiederaufbau des afghanischen Sportwesens mit Schwerpunktförderung des Fußballsports. Der Aufbau der

Presselandschaft erfolgt sowohl über die Stärkung unabhängi-ger Medienorgane, als auch über Unterstützung des staatlichen Rundfunks RTA (Radio Television Afghanistan).

Schließlich unterstützt die Bundesregierung Initiativen, die das Ziel haben, afghanische Kultur auch in Deutschland bekannt zu machen. Die Ausstellung „Afghanistan – Gerettete Schätze“, zum Beispiel, wurde am 10. Juni 2010 in der Bundeskunsthalle in Bonn eröffnet und zog mehr als 70.000 Besucher an.

Arbeit am Ort der durch die Taliban zerstörten Buddhastatue.

51

Page 52: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Aus der Praxis:

Restaurierung der historischen Stadtmauer von Ghazni

Etwa 300 Jahre lang war die Stadt in der gleichnamigen Provinz die Hauptstadt des Reiches der Ghaznawiden, von etwa 960 n.Chr. bis weit ins 12. Jahrhundert hinein. Der berühmte persische Dichter Ferdousi (Schöpfer des „Schahname“) gehörte zu den rund 400 Künstlern und Wissenschaftlern, die der Hof förderte. Die Stadt, auf halbem Weg zwischen Kabul und Kandahar gelegen, war jedoch auch immer Ort erbitterter Kämpfe mit dem Ziel, diesen wichtigen Handelsweg zu beherrschen. Daher schützten sich die Bewohner um das 14./15. Jahrhundert mit einer mächtigen Stadtmauer von zweieinhalb Kilometer Länge, die von einer Zitadelle überragt wurde. Die historische Stadtmauer war Kriegen und den harschen klimatischen Bedingungen ausgesetzt, wodurch sie beschädigt und teilweise zerstört wurde.

Wissenschaftler der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hoch-schule (RWTH) Aachen begannen 2009 mit der Restaurierung der Stadtmauer. „Die Stadtmauer in Ghazni stellt aufgrund ihrer Größe und historischen Bedeutung zweifellos ein außerordentliches Baudenkmal dar“, sagt Karsten Ley von der RWTH Aachen. „Wichtig erscheint allerdings auch, dass die afghanische Bevölkerung über das Projekt wieder selbst einen Zugang zum eigenen Kulturerbe findet.“ 400 lokale Arbeiter wurden angestellt, um die Mauer zu restaurieren. „Die reibungslose Zusammenarbeit mit dem afghani-schen Denkmalamt und die engagierte Ausführung der Arbeiten von lokalen Baufirmen zeigt das eigene Interesse der Afghanen an der Konservierungsmaßnahme“, so Ley.

Verschiedene Abschnitte der historischen Stadtmauer von Ghazni – jeweils vor und nach der Restaurierung. © RWTHsbg

52

Page 53: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Deutschland trug zwei Millionen Euro bei, um die wichtigsten Er haltungsmaßnahmen zu restaurieren. Heute ist die imposante Mauer wieder in ihrer Gänze erkennbar und gegen eindringendes Wasser geschützt. Fundamente wurden vor allem im Bereich der Türme gesichert. Abschließend soll die Lehmmauer verputzt wer-den, im Februar 2014 wird sie offiziell neu eingeweiht. 2013 war die afghanische Stadt Ghazni eine von drei „islamischen Kultur-hauptstädten“.

© RWTHsbg

53

Page 54: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Zutaten:500 g Lammfleisch (vorzugsweise aus der Keule, ansonsten Schulter oder Filet)500 g Karotten250 g Rosinen2 Zwiebeln2 Tomaten1 kg Basmati-Reis

Vorbereitung:à Karotten in kleine Stifte schneiden. Zwiebeln und Tomaten

fein würfeln.

à Lammfleisch ebenfalls würfeln (ca. 2 cm Stücke).

Zubereitung:à Zwiebeln und Tomaten in Öl kurz anrösten, mit Wasser ablöschen

und Lammfleisch hinzufügen, ca. 20 - 30 Minuten zugedeckt köcheln lassen, salzen.

à Ungekochten Reis mit dazugehöriger Menge Wasser zum Fleisch hinzufügen (das Wasser soll ca. 1 cm über das Reis-Fleischgemisch reichen), vorsichtig vermischen und ohne Deckel kochen lassen, bis das Wasser verdampft ist (ca. 10 - 15 Minuten). Zugedeckt noch weitere 10 Minuten auf kleiner Flamme köcheln lassen.

à Karotten mit etwas Zucker in einer extra Pfanne in Öl anbraten, ca. 5 - 10 Minuten. Rosinen ebenfalls in einer eigenen Pfanne in Öl anbraten, ca. 2-3 Minuten.

à Anrichten auf einer Platte. Mit Karotten, Rosinen und Pinienkernen dekorieren, je nach Geschmack kann auch noch frischer Koriander darüber gestreut werden.

Dazu schmeckt ein gemischter Salat mit Minze.

Afghanisches Nationalgericht Kabuli Palau

54

Page 55: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

55

Page 56: Deutsche Zusammenarbeit mit Afghanistan

Impressum

Herausgeber Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

RedaktionBundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Referat 404 Afghanistan / Pakistan Referat K2 Öffentlichkeits-, Informations- und Bildungsarbeit, Sabine Horn

Redaktionelle und journalistische BearbeitungDeutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, PR Unit Afghanistan, Stipanka Stanic Dr. Charlotte Schmitz, freie Journalistin

GestaltungBarbara Reuter | [email protected]

DruckMetzger-Druck

BildnachweisGIZ, sofern nicht anders gekennzeichnet

StandJanuar 2014

BezugsstelleBundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)Referat K2 Öffentlichkeits-, Informations- und Bildungsarbeit

Postanschriften der Dienstsitze

BMZ BonnDahlmannstraße 453113 BonnTel. + 49 (0) 228 99 535 - 0Fax + 49 (0) 228 99 535 - 3500

BMZ BerlinStresemannstraße 9410963 BerlinTel. + 49 (0) 30 18 535 - 0Fax + 49 (0) 30 18 535 - 2501

[email protected] www.bmz.de

Die Broschüre wurde in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium des Innern sowie dem Bundesministerium der Verteidigung erstellt.