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Kunden-Newsletter der Sonderausgabe 2010 Systemische allergische Soforttypreakti- onen auf Bienen- oder Wespenstiche sind dramatische Erkrankungen, die akut zum Tode führen oder bleibende Körperschä- den verursachen können. Diese Anaphylaxie auf Hymenopterenstiche ist recht häufig, in Deutschland sind etwa 3 % der Bevölkerung betroffen. Glück- licherweise überleben die meisten Patienten folgenlos und verdrängen dann oft nur zu gerne das bedrohliche Ereignis und die not- ärztliche Behandlung. Allergie und damit Gefährdung bleiben aber bestehen. Dabei ist nicht nur die Wiederholung einer früheren schweren Reaktion zu befürchten – vielmehr ist bereits eine leichte systemische Stichre- aktion ein unabhängiger Risikofaktor für spätere schwere Anaphylaxie [1] . Seit 30 Jahren kann diese lebensbedrohli- che Allergie hoch wirksam behandelt werden [2] : Hymenopterengiftanaphylaxie ist ein Paradigma dafür, dass durch strukturier- te Diagnostik und optimale spezifische Im- muntherapie (SIT) der Patient fast immer vor einer erneuten allergischen Reaktion ge- schützt werden kann – er reagiert dann nicht mehr auf einen Stich. Seit Bienen- und Wespengiftzubereitungen für Diagnostik und Therapie zur Verfügung stehen, hat eine Fülle von Studien und Beob- achtungen gezeigt, wie facettenreich das auf den ersten Blick einheitlich erscheinende Krankheitsbild der Hymenopterengiftaller- gie ist. Einige Beispiele für die Erweiterung unseres Wissens und unserer Möglichkeiten sind die Charakterisierung IgE-bindender Giftallergene und ihre rekombinante Herstellung [3] , die Ergänzung der Diagnostik mittels Hauttest und ImmunoCAP ® durch zelluläre Verfahren [4] , die Entdeckung der grundsätzlichen Bedeutung einer erhöhten basalen Serumtryptasekonzentration für be- sonders schwere Anaphylaxie auf Feld- stiche [5] , die Beobachtung einer geringeren Wirksamkeit der Bienengift-SIT im Ver- gleich zur Behandlung mit Wespengift [6] und der Nachweis der hervorragenden Wirksam- keit einer spezifischen Immuntherapie mit einer erhöhten Erhaltungsdosis bei Versagen der Standarddosis [7] . Liebe Leserin, lieber Leser, häufig stellt die Abklärung einer Bienen- oder Wespengiftallergie bei unklarer Anamnese eine große diagnostische He- rausforderung dar: Das stechende Insekt konnte nicht klar identifiziert werden und Doppelsensibilisierungen auf beide Hymenopterengifte oder andere schwie- rige Befundkonstellationen sind keine Seltenheit. Gerade aber hier ist eine präzi- se Diagnostik in Hinblick auf die Indika- tionsstellung für eine spezifische Immun- therapie von größter Bedeutung, da sie die Grundlage dieser hocheffektiven Behand- lung darstellt, wie Professor Przybilla in seinem Beitrag betont. Bisher war man in schwierigen Fällen, wie exemplarisch an zwei Kasuistiken von Professor Jakob illustriert, auf auf- wändige Testverfahren angewiesen, die nur in einzelnen Zentren angeboten werden. Nun sind mit den rekombinanten Api m 1 und Ves v 5 Majorallergene des Bienen- und Wespengifts erhältlich, die in schwie- rigen diagnostischen Situationen die ein- fache Erfassung einer Spezies-spezifischen Sensibilisierung ermöglichen. Damit wird durch Allergenkomponenten eine diagnos- tische Lücke in der Hymenopterengift- allergie geschlossen und richtungswei- sende Diagnostik mittels ImmunoCAP ® für Ihre Patienten verfügbar. Ein wichtiger Stellenwert kommt dabei auch der Tryptase zu, die, wie Frau Priv.- Doz. Ruëff ausführt, zur Risikoabschät- zung in die Erstdiagnostik der Insekten- giftallergie gehört. Mit diesen diagnos- tischen Innovationen hoffen wir Ihnen die Möglichkeit zu bieten, Ihre Patienten mit Hymenopterengiftallergie in der bevor- stehenden wärmeren Jahreszeit noch bes- ser schützen zu können. Ihr PD Dr. med. Johannes Huss-Marp Hautarzt, Allergologe, Med.-Wiss. Leiter [email protected] Diagnose und Therapie der Insektengiftallergie – die Entwicklung geht weiter Prof. Dr. B. Przybilla, München Rekombinantes Api m 1 und Ves v 5 jetzt verfügbar

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Kunden-Newsletter der Sonderausgabe 2010

Systemische allergische Soforttypreakti-onen auf Bienen- oder Wespenstiche sind dramatische Erkrankungen, die akut zum Tode führen oder bleibende Körperschä-den verursachen können.

Diese Anaphylaxie auf Hymenopterenstiche

ist recht häufig, in Deutschland sind etwa

3 % der Bevölkerung betroffen. Glück-

licher weise überleben die meisten Patienten

folgenlos und verdrängen dann oft nur zu

gerne das bedrohliche Ereignis und die not-

ärztliche Behandlung. Allergie und damit

Gefährdung bleiben aber bestehen. Dabei ist

nicht nur die Wiederholung einer früheren

schweren Reaktion zu befürchten – vielmehr

ist bereits eine leichte systemische Stichre-

aktion ein unabhängiger Risikofaktor für

spätere schwere Anaphylaxie[1].

Seit 30 Jahren kann diese lebensbedrohli-

che Allergie hoch wirksam behandelt

werden[2]: Hymenopterengiftanaphylaxie ist

ein Paradigma dafür, dass durch strukturier-

te Diagnostik und optimale spezifische Im-

muntherapie (SIT) der Patient fast immer

vor einer erneuten allergischen Reaktion ge-

schützt werden kann – er reagiert dann nicht

mehr auf einen Stich.

Seit Bienen- und Wespengiftzubereitungen

für Diagnostik und Therapie zur Verfügung

stehen, hat eine Fülle von Studien und Beob-

achtungen gezeigt, wie facettenreich das auf

den ersten Blick einheitlich erscheinende

Krankheitsbild der Hymenopterengiftaller-

gie ist. Einige Beispiele für die Erweiterung

unseres Wissens und unserer Möglichkeiten

sind die Charakterisierung IgE-bindender

Giftallergene und ihre rekombinante

Herstellung[3], die Ergänzung der Diagnostik

mittels Hauttest und ImmunoCAP® durch

zelluläre Verfahren[4], die Entdeckung der

grundsätzlichen Bedeutung einer erhöhten

basalen Serumtryptasekonzentration für be-

sonders schwere Anaphylaxie auf Feld-

stiche[5], die Beobachtung einer geringeren

Wirksamkeit der Bienengift-SIT im Ver-

gleich zur Behandlung mit Wespengift[6] und

der Nachweis der hervorragenden Wirksam-

keit einer spezifischen Immuntherapie mit

einer erhöhten Erhaltungsdosis bei Versagen

der Standarddosis[7].

Liebe Leserin, lieber Leser,

häufig stellt die Abklärung einer Bienen- oder Wespengiftallergie bei unklarer Anam nese eine große diagnostische He-rausforderung dar: Das stechende Insekt konnte nicht klar identifiziert werden und Doppel sensibilisierungen auf beide Hymen opterengifte oder andere schwie-rige Befundkonstellationen sind keine Seltenheit. Gerade aber hier ist eine präzi-se Diagnostik in Hinblick auf die Indika-tionsstellung für eine spezifische Immun-therapie von größter Bedeutung, da sie die Grundlage dieser hocheffektiven Behand-lung darstellt, wie Professor Przybilla in seinem Beitrag betont.

Bisher war man in schwierigen Fällen, wie exemplarisch an zwei Kasuistiken von Professor Jakob illustriert, auf auf-wändige Testverfahren angewiesen, die nur in einzelnen Zentren angeboten werden. Nun sind mit den rekombinanten Api m 1 und Ves v 5 Majorallergene des Bienen- und Wespengifts erhältlich, die in schwie-rigen diagnostischen Situationen die ein-fache Erfassung einer Spezies-spezifi schen Sensibilisierung ermöglichen. Damit wird durch Allergenkomponenten eine diagnos-tische Lücke in der Hymenopte ren gift-allergie geschlossen und richtungswei-sende Diagnostik mittels ImmunoCAP®

für Ihre Patienten verfügbar.

Ein wichtiger Stellenwert kommt dabei auch der Tryptase zu, die, wie Frau Priv.-Doz. Ruëff ausführt, zur Risikoabschät-zung in die Erstdiagnostik der Insekten-giftallergie gehört. Mit diesen diagnos-tischen Innovationen hoffen wir Ihnen die Möglichkeit zu bieten, Ihre Patienten mit Hymenopterengiftallergie in der bevor-stehenden wärmeren Jahreszeit noch bes-ser schützen zu können.

Ihr

PD Dr. med. Johannes Huss-Marp

Hautarzt, Allergologe, Med.-Wiss. Leiter

[email protected]

Diagnose und Therapieder Insektengiftallergie – die Entwicklung geht weiterProf. Dr. B. Przybilla, München

Rekombinantes Api m 1 und Ves v 5

jetzt verfügbar

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Seite 2

Es ist offensichtlich, dass auf dieser diffe-

renzierten Wissensbasis ein individuelles

Management des einzelnen Patienten nicht

nur möglich, sondern nötig ist. Dies betrifft

alle Komponenten der Diagnostik – Anam-

nese, Haut- und In-vitro-Tests – und der

Therapie – Notfallschulung, Zusammenstel-

lung der persönlichen Notfallmedikation und

Führung der SIT. In der klinischen Praxis

zeigt sich dann allerdings, dass manche Fra-

gen trotz des Wissenszuwachses nicht zu-

friedenstellend beantwortet werden können,

und viele neuen Erkenntnisse werfen gar neue

Fragen auf. Genannt sei hier eine „alte“, aber

zentrale Frage: Wie kann die Wirksamkeit

der SIT ohne eine – derzeit immer noch

nötige – Stichprovokation überprüft wer-

den? Seit nunmehr drei Jahrzehnten wird

hier, bisher vergeblich, ein In-vitro-Test ge-

sucht – die Gralssuche der Allergologen!

Die komponentenaufge löste Diagnostik

auf der Ebene einzelner Allergenmoleküle

wird hier neue Impulse geben …

Wir stehen also weiter vor Herausforderun-

gen. Eine der größten Herausforderungen ist

die Tatsache, dass bisher nur etwa 10 % der

Patienten mit Hymenopterengiftallergie

angemessen allergologisch betreut wer-

den, die Übrigen sind unversorgt, falsch ver-

sorgt oder unterversorgt. Offensichtlich ist

dies so, weil die Bedrohung durch diese

Krankheit (auch von Ärzten!) unterschätzt

wird und den meisten die hohe Effektivität

der Insektengift-SIT unbekannt ist. Laien-

öffentlichkeit und Ärzte müssen wissen:

„Allergie“ kann tödlich sein, allergologi-

sche Versorgung auf der Höhe der Zeit

schützt!

Prof. Dr. med. Bernhard PrzybillaKlinik und Poliklinik für

Dermatologie und AllergologieInterdisziplinäres AllergieZENTRUM

Ludwig-Maximilians-Universität München

Literatur

1. Ruëff F, Przybilla B, Bilò MB, Müller U, Scheipl F, Aberer W, Birnbaum J, Bodzenta-Lukasyk A, Bonifazi F, Bucher C, Campi P, Darsow U, Egger C, Haeberli G, Hawranek T, Körner M, Kucharewicz I, Küchenhoff H, Lang R, Quercia O, Reider N, Severino M, Sticherling M, Sturm GJ, Wüthrich B (2009) Predictors of severe systemic anaphylactic reactions in patients with Hymenoptera venom allergy: importance of baseline serum tryptase – a study of the European Academy of Allergology and Clinical Immunology Interest Group on Insect Venom Hypersensitivity. J Allergy Clin Immunol 124: 1047-1054

2. Hunt KJ, Valentine MD, Sobotka AK, Benton AW, Amodio FJ, Lichtenstein LM (1978) A controlled trial of immunotherapy in insect hypersensitivity. N Engl J Med 299: 157-161

3. Müller UR (2002) Recombinant Hymenoptera venom allergens. Allergy 57: 570-576

4. Eberlein B (2007) Ergänzende zelluläre In-vitro-Diagnostik bei Hymenopterengiftallergie. Allergo J 16: 258-263

5. Ludolph-Hauser D, Ruëff F, Fries C, Schöpf P, Przybilla B (2001) Constitutively raised serum concentrations of mast-cell tryptase and severe anaphylactic reactions to Hymenoptera stings. Lancet 357: 361-362

6. Müller U, Helbling A, Berchtold E (1992) Immunotherapy with honeybee venom and yellow jacket venom is different regarding efficacy and safety. J Allergy Clin Immunol 89: 529-535

7. Ruëff F, Wenderoth A, Przybilla B (2001) Patients still reacting to a sting challenge while receiving conventional Hymenoptera venom immunotherapy are protected by increased venom doses. J Allergy Clin Immunol 108: 1027-1032

Prof. Dr. med. Bernhard Przybilla

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Seite 3

Diagnostische Problemfälle bei InsektengiftallergieUniv.-Prof. Dr. T. Jakob, Freiburg

Patienten mit IgE-vermittelter Anaphylaxie

auf Bienen- oder Wespengift werden mit

standardisierten allergologischen Testver-

fahren diagnostiziert und können durch spe-

zifische Immuntherapie mit dem ursächli-

chen Insektengift in der überwiegenden

Mehrheit vor weiteren anaphylaktischen Re-

aktionen geschützt werden. Die Diagnostik

der Insektengiftallergie beruht in der Regel

auf Anamnese, Hauttestungen und Nach-

weis von spezifischem IgE gegen Bienen-

oder Wespengift. Gemäß der DGAKI-Leitli-

nien Insektengiftallergie wird hierbei die In-

dikation zur spezifischen Immuntherapie

bei Patienten gestellt, die eine systemische

anaphylaktische Stichreaktion zeigten

und den Nachweis einer IgE-vermittelten

Sensibilisierung durch Hauttest und/oder

In-vitro-Tests.

Mit diesen klaren

Vorgaben möchte

man meinen, dass

die Diagnostik der

Insektengiftaller-

gie ein Kinder-

spiel ist. Der klinische Alltag zeigt jedoch

eine erstaunlich hohe Vielfalt von unter-

schiedlichen Befundkonstellationen die

häufig eine klare therapeutische Ent-

scheidung schwierig machen. Exempla-

risch sollen anhand von zwei Fallbeispielen

typische diagnostische Problemfälle darge-

stellt werden.

Kasuistik 1: 47jährige Patientin, Stich

durch unbekanntes Insekt (Biene oder Wes-

pe), fünf Minuten nach dem Stichereignis

Auftreten generalisierter Urtikaria, Bron-

chospasmus, Hypotonie und kurzzeitiger

Bewusstlosigkeit. Rasche Befundbesserung

nach notärztlicher Versorgung. Die sechs

Wochen nach dem Stichereignis bestimmte

Serologie zeigte ein spezifisches IgE gegen

Bienengift von 5,96 kU/l (CAP-Klasse 3),

ein spezifisches IgE gegen Wespengift von

2,9 kU/l (CAP-Klasse 2) und spezifisches

IgE gegen Zuckerseitenketten (CCD) von

2,05 kU/l (CAP-Klasse 2). In der Hauttes-

tung positiver Pricktest bei 100 µg sowohl

für Bienen- als auch für Wespengift.

Die geschilderte Konstellation ermöglicht

uns nicht klar abzugrenzen, ob es sich hier-

bei um eine echte Doppelsensibilisierung

handelt und somit eine spezifische Immun-

therapie mit beiden Insektengiften indiziert

wäre, oder ob es sich um eine Kreuzreaktivi-

tät, z. B. durch kreuzreagierende Kohlenhy-

dratseitenketten (CCD) handelt, und letzten

Endes nur die spezifische Immuntherapie

mit dem tatsächlich sensibilisierenden In-

sektengift indiziert wäre.

Hier werden häufig zusätzlich In-vitro-Test-

verfahren wie der Basophilen-Aktivierungs-

test, Histamin-/Leukotrien-Freisetzungstest

oder der IgE-Inhibitionstest zur Hilfe ge-

nommen, die jedoch sehr zeit- und kosten-

aufwändig sind und häufig auch nicht zu

eindeutigen Ergebnissen führen.

Kasuistik 2: 28jähriger Mann, Bienenstich

in die Fußsohle, zehn Minuten später pro-

grediente Entwicklung einer generalisierten

Urtikaria, Schluckbeschwerden und Atem-

not. Auch hier rasche Besserung auf notärzt-

liche Behandlung. Die durchgeführte Haut-

testung ergab keinen Hinweis für Sensibili-

sierung auf Bienen- oder Wespengift. Die

Serologie zeigte spezifisches IgE gegen Bie-

nengift mit 0,18 kU/l (CAP-Klasse 0) und

gegen Wespengift 0,02 kU/l (CAP-Klasse

0). Gesamt-IgE 18,5 kU/l, keine Atopie,

Mastzelltryptase 3,36 µg/l.

Im zweiten Fall handelt es sich um eine klare

Anamnese mit eindeutiger anaphylaktischer

Reaktion nach Bienenstich. Für die Indika-

tionsstellung der spezifischen Immunthera-

pie gemäß den Leitlinien der DGAKI

fehlt lediglich der Nachweis einer

IgE-vermittelten Sensibilisie-

rung im Hauttest oder in der

Serologie. Auch hier

können o. g. zusätz-

liche In-vitro-Test-

verfahren den Nach-

weis der IgE-vermittelten Sensibilisierung

erbringen, die jedoch mit relativ hohem

Zeit- und Kostenaufwand verbunden sind

und häufig keine eindeutigen Ergebnisse

liefern.

Die zwei geschilderten Fälle sind im klini-

schen Alltag gar nicht so selten. Insbeson-

dere die Doppelsensibilisierungen kom-

men bei bis zu 50 % der Patienten vor und

stellen uns immer vor ein diagnostisches Di-

lemma. Mit der genauen molekularen Cha-

rakterisierung der Einzelallergene in Bie-

nen- und Wespengift ist es nun möglich

diese Einzelkomponenten auch für die sero-

logische Diagnostik einzusetzen. Wie in der

Abbildung auf Seite 4 dargestellt unterschei-

den wir hier die Spezies-spezifischen Marker-

allergene für die Biene Api m 1, Api m 3 und

Api m 4 sowie für die Wespe Ves v 1 und

Ves v 5. Hiervon müssen die Hyaluroni-

dasen Api m 2 und Ves v 2 abgegrenzt wer-

Sensibilisierung durch Hauttest und/oder

Hier werden häufig zusätzlich In-vitro-Test-

fehlt lediglich der Nachweis einer

IgE-vermittelten Sensibilisie-

rung im Hauttest oder in der

verfahren den Nach-

weis der IgE-vermittelten Sensibilisierung

erbringen, die jedoch mit relativ hohem

… Diagnostik mit Allergenkomponenten

ermöglicht bessere Abgrenzung …

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den, die eine hohe Homologie (= Kreuzreak-

tivität) zeigen, was auch für die sogenannten

Dipeptidylpeptidasenhomologe (Api m 5 und

Ves v 3) zutrifft. Die Diagnostik mit den

Einzelallergenen ermöglicht nun die bessere

Abgrenzung zwischen echter Doppelsen-

sibilisierung und Kreuzsensibilisierung.

Hier stehen ab Frühjahr 2010 die rekombi-

nanten Allergene Api m 1 und Ves v 5 für

die Diagnostik der Bienen- bzw. Wespen-

giftallergie als neue ImmunoCAP® zur

Verfügung. Da diese Einzelkomponenten

ohne Zuckerseitenketten rekombinant

her gestellt werden, ist zu erwarten, dass

sie mit hoher Trennschärfe eine Abgren-

zung zwischen Doppelsensibilisierun gen

und Kreuzsensibilisierungen ermög lichen

werden. Dies wird in einer aktuellen Studie

an Patienten überprüft, die ähnlich wie die

oben geschilderten Kasuistiken entweder

eine Doppelsensibilisierung aufweisen (Ka-

suistik 1) oder eine eindeutige Anaphylaxie

bei fehlendem Nachweis von IgE-vermittel-

ter Sensibilisierung im Hauttest oder in der

Serologie zeigen (Kasuistik 2). Über die Er-

gebnisse dieser Untersuchungen werden wir

in einer der nächsten Ausgaben berichten.

Univ.-Prof. Dr. med. Thilo JakobAllergieabteilung & Forschergruppe

AllergologieUniversitäts-Hautklinik Freiburg

Hauptstr. 7, 79104 Freiburg

Hymenopterengift-Allergene

Phospholipase A2 Api m 1

Hyaluronidase Api m 2

Saure Phosphatase Api m 3

Mellitin Api m 4

Dipeptidylpeptidasen- Api m 5homolog

BienePhospholipase A1 Ves v 1

Hyaluronidase Ves v 2

Dipeptidylpeptidasen- Ves v 3homolog

Protease Ves v 4

Antigen 5 Ves v 5

Wespe

Markerallergene Biene: Api m 1, Api m 3, Api m 4

Wespe: Ves v 1, Ves v 5

Kreuzallergene: Hyaluronidasen (Api m 2 = Ves v 2)

Dipeptidylpeptidasenhomologe (Api m 5 = Ves v 3)

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Seite 5

Erhöhte basale Serumtryptase als Risikofaktor für schwere Stich-reaktionen bei InsektengiftallergiePriv.-Doz. Dr. F. Ruëff, München

In den vergangenen Jahren wurde von Mitgliedern der Arbeitsgruppe Insekten-giftallergie der EAACI (Interest Group Insect Venom of the European Academy of Allergology and Clinical Immunology) eine prospektive multizentrische Beobach-tungsstudie an Patienten mit Insekten-giftallergie durchgeführt.

Hauptziel der Studie war, die Rolle der basa-

len Serumtryptasekonzentration als Risiko-

faktor bei Feldstichreaktionen, in Bezug auf

Nebenwirkungen und Wirksamkeit der In-

sektengifthyposensibilisierung zu untersu-

chen. Der erste Teil der Untersuchung wurde

nun kürzlich publiziert (1).

962 konsekutive Patienten mit Bienen- oder

Wespengiftallergie wurden in die Auswer-

tung eingeschlossen. Untersucht wurden die

zum Zeitpunkt der jeweils schwersten Stich-

reaktion bestehenden Risikofaktoren in Be-

zug auf das Risiko einer besonders schweren

Stichreaktion (anaphylaktischer Schock mit

Bewusstlosigkeit oder reanimationsbedürf-

tige Reaktion). Eine höhere Typtasekonzen-

tration erwies sich als klarer Risikofaktor

für eine schwere Stichreaktion. Zwar konnte

man keinen klaren Grenzwert angeben, da

der Risiko-erhöhende Effekt der Tryptase

bereits innerhalb des Normalbereichs auftrat

(95te Perzentile <11,4 µg/l), doch insgesamt

ließ sich sagen: je höher vergleichsweise

der Wert, desto höher auch das Risiko für

schwere Stichreaktionen. Somit können

auch bereits Werte im oberen Normbe-

reich mit einem höheren Risiko verbunden

sein und können bei der Entscheidung, ob

der Patient eine Hyposensibilisierung be-

sonders dringend braucht, eine wichtige

Entscheidungshilfe geben.

Weitere Faktoren erwiesen sich in der mul-

tivariaten Analyse ebenfalls als Risiko-erhö-

hend: So traten schwere Reaktionen häufi-

ger bei Allergie gegen

Wespen- als gegen Bie-

nengift auf. Frühere leich-

tere Stichreaktionen wir-

ken offensichtlich als

Booster und machten die

Patienten anfällig für

spätere schwerere Stich-

reaktionen. Auch höheres

Alter oder die Einnahme

von ACE-Hemmern, nicht

aber von Beta-Blockern,

zeigte sich mit schwere-

ren Stichreaktionen ver-

knüpft.

Dass Männer häufiger schwere Reaktionen

hatten könnte zumindest zum Teil auf die

höhere Exposition bei Männern zurückzu-

führen sein. Vermutlich dürfte aber auch ei-

ne gewisser Selektionseffekt insofern be-

standen haben, als Männer oft erst bei

schwereren Krankheitssymptomen einen

Arzt aufsuchen und die (subjektiv) weniger

schwer Erkrankten zu Hause blieben und da-

her nicht in die Untersuchung eingeschlos-

sen werden konnten.

Die Bestimmung der basalen Tryptase-

konzentration wird bereits seit einigen

Jahren in einer Leitlinie der DGAKI bei

Patienten mit Insektengiftallergie in der

Erstdiagnostik empfohlen. Die Tryptase

muss mit allen anderen Risikofaktoren zu-

sammen betrachtet werden und bietet eine

zusätzliche Entscheidungshilfe in der Indi-

kationsstellung einer Insektengifthyposensi-

bilisierung.

Priv.-Doz. Dr. med. Franziska RuëffAllergieZENTRUM

Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie

Ludwig-Maximilians-UniversitätFrauenlobstraße 9-11, 80337 München

Telefon: 089/ 5160-6170 / -6167 / -6161Fax: 089 / 5160-6162

[email protected]

Literatur

1. Ruëff F, Przybilla B, Biló M-B, Müller U, Scheipl F, Aberer W et al. Predictors of severe systemic anaphylactic reactions in Hymenoptera venom allergy: the importance of baseline serum tryptase concentration and concurrent clinical variables. J Allergy Clin Immunol 2009;124:1047-1054.

2. Przybilla B, Müller U, Jarisch R, Ruëff F (2004) Erhöhte basale Serumtryptase konzen tra-tion oder Mastozytose als Risikofaktor der Hymenopterengiftallergie. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Allergo J 13:440-442

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Seite 6

Impressum

Herausgeber: Phadia GmbH · Munzinger Straße 7 · D-79111 Freiburg

Telefon (07 61) 4 78 05-0 · Fax (07 61) 4 78 05-397 · [email protected] · www.phadia.com, www.ist-es-allergie.de

1 Anamnese

2 Nachweis einer Sensibilisierung durch a) spez. IgE im Serum* und b) Hauttests (Prick- und/oder Intrakutantest)

3 Bestimmung der Tryptasekonzentration als Risikomarker (Tryptase > 10 µg/ml: erhöhtes Risiko für systemische Reaktion nach Feldstich und während SIT)

4 Bei Bedarf weiterführende In-vitro-Diagnostik (Basophilen-Aktivierungstest, Histamin-/Leukotrien-Freisetzungstest, IgE-Inhibitionstest)

*Empfohlene ImmunoCAP® Diagnostik vor SIT bei Hymenopterengiftallergie

Indikationsstellung zur SIT in Zusammenschau mit Anamnese, Hauttests, Tryptasekonzentration und ggf. weiteren Befunden

++

i1 Bienengift

i3 Wespengift

Tryptase1

i1 und i3 positiv

++

i208 rApi m 1 (Biene)2

i209 rVes v 5 (Wespe)2

o214 CCD MUXF33

i208 und i209 positiv

Die Indikation zur spezifischen Immuntherapie (SIT) basiert auf:

––

–+

+–

Wespengift-sensibilisierung

Doppelsensibilisierung auf Bienen- u. Wespengift

Bienengift-sensibilisierung

++

1 Je höher das Tryptaseniveau, desto höher ist die Gefahr für einen Bienen- und/oder Wespengiftallergiker während der SIT eine schwere Reaktion zu erleiden: Ruëff F et al., Predictors of severe systemic anaphylactic reactions in patients with Hymenoptera venom allergy: Importance of baseline serum tryptase – a study of the European Academy of Allergology and Clinical Immunology Interest Group on Insect Venom Hypersensitivity. J Allergy Clin Immunol 2009;124:1047-54

2 97 % aller Bienengiftallergiker reagieren auf Api m 1; 87 % aller Wespengiftallergiker reagieren auf Ves v 5: Müller U et al., Hymenoptera venom allergy: analysis of double positivity to honeybee and Vespula venom by estimation of IgE antibodies to species-specific major allergens Api m 1 and Ves v 5; Allergy 2009;64:543-548

3 CCD-Epitope sind enthalten in Api m 1, Api m 2, Api m3 und Ves v 2. Rekombinantes Api m 1 (rApi m 1) enthält keine CCD-Epitope. „Zu diagnostischen Schwierigkeiten aufgrund unspezifischer IgE-Reaktivität gegen Insektengifte können vor allem bei Atopikern IgE-Antikörper gegen kreuzreagierende Kohlenhydratdeterminanten (CCD) führen, die für 80 % der Kreuzreaktionen mit unklarer klinischer Relevanz verantwortlich sind“ aus: Kleine-Tebbe J et al, Die spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung) bei IgE-vermittelten allergischen Erkrankungen. Allergo J 2009;18:508-37