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Dialektische Widersprüche in der TRIZ-Methodik Autor: Dr. Axel Popp, Potsdam Version vom 21. September 2012 Abstract: Die These, ein Erfindungs-Problem besteht im Auffinden und Lösen eines (techni- schen) Widerspruchs, wird in ihrer Dialektik vertieft und explizit von logischen Widersprü- chen unterschieden. Es wird ein operationales Konzept zur methodischen Behandlung von dialektischen Widersprüchen in Erfindungsproblemen u.a. über Stoff-Feld-Systeme entwi- ckelt. Technisch-technologische und naturgesetzliche Widersprüche bilden den Kern (den in- neren Widerspruch), der technisch-ökonomische Widerspruch konstituiert im Wesentlichen die äußeren Widersprüche. Die Formen von Widersprüchen wechselwirken in koexistierenden Netzen (Systemen) einzelner interagierender Komponenten. Summary: The thesis an invention-problem is to discover and solve a (technical) contradic- tion is go into further in a dialectics in a difference to logical contradiction. A operating con- ception is given for methodical handling of dialectical contradictions in invention-problems and others in material field systems. Technical-technological and natural lawful contradictions develop the core (inside contradiction), technincal-economic contradiction establish essen- tially outside contradiction. The forms of contradictions are interactions in coexisting nets (systems) of individual components. 1 Widersprüche als methodisches Prinzip in TRIZ Seit der ersten Veröffentlichung von ARIS und TRIZ wird immer betont, der spezifische Cha- rakter des Lösens von Erfindungsproblemen bestehe im Auffinden und Lösen eines bzw. mehrerer Widersprüche. Verschiedentlich wird auch hervorgehoben, es handle sich dabei um dialektische und nicht um logische Widersprüche. [1.,S. 91–98] 11 Dieser sporadische Hinweis bleibt auch dann rein oberflächlich, wenn die sogenannten drei Grundgesetze der Dialektik (1. Einheit und „Kampf“ der Gegensätze, 2. Umschlagen quantitativer in qualitative Veränderun- gen, 3. Negation der Negatio) zitiert werden. [4., S. 56 ff] Der logische Widerspruch z.B. in der Form der Konjunktion zweier Aussagen p ∧¬ p bzw. als Aussage 2200 (x) P (x) 5 (x) ¬ P (x) der Kontradiktion besteht nur im Denken. Der dialek- tische Widerspruch dagegen ist Ausdruck der zeitlich veränderlichen, aktiven Gegensätzlich- keit von Momenten in den Dingen, Prozessen und Systemen der Realität und so Quelle der (Selbst-)Bewegung, Veränderung und Entwicklung. Während die Logik primär extensional argumentiert [ 26., S. 365 ff], sieht sich die Dialektik zuerst, aber nicht nur, intensional. Der methodische Fehler besteht aber in einer Konfrontation zwischen Logik und Dialektik und ei- ner vordergründigen Polemik, wer nun „besser“ bzw. „richtiger“ oder „adäquater“ die Wirk- lichkeit und ihre Probleme erfasst. Beide Felder menschlichen Denkens lieferten und liefern äußerst ergiebige und praktikable Ergebnisse. Es kann nur darum gehen, wie sich die Metho- den ergänzen und befördern, und nicht wie sie sich ausschließen! Panta rhei – „alles fließt“ – ist die dialektische Ahnung Heraklits über ständige Verände- rungs- und Entwicklungsprozesse. Als ein Beispiel sei hier der Zyklus der Individualentwick- lung (Ontogenese) bei vielzelligen Organismen von Samen- und Eizelle über die Embryonal- entwicklung (Zellteilungen, Zelldifferenzierungen, Organbildung, Wachstumsvorgänge) bis zu einem voll entwickelten geschlechtsreifen Erwachsenen-Individuum genannt. Die Ent- wicklung wird über ein genetisches „Programm“, was schon in der befruchteten Eizelle (Zy- gote) gebildet wurde, gesteuert. Das Vorliegen oder Fehlen bestimmter Bedingungen in ein- zelnen Phasen des Zyklus kann den Ablauf fördern oder hemmen. Der qualitative Formwan- 1 siehe 7. Literaturverzeichnis, erste Zahl lfd. Nr. des Titels

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Dialektische Widersprüche in der TRIZ-Methodik

Autor: Dr. Axel Popp, PotsdamVersion vom 21. September 2012

Abstract: Die These, ein Erfindungs-Problem besteht im Auffinden und Lösen eines (techni-schen) Widerspruchs, wird in ihrer Dialektik vertieft und explizit von logischen Widersprü-chen unterschieden. Es wird ein operationales Konzept zur methodischen Behandlung von dialektischen Widersprüchen in Erfindungsproblemen u.a. über Stoff-Feld-Systeme entwi-ckelt. Technisch-technologische und naturgesetzliche Widersprüche bilden den Kern (den in-neren Widerspruch), der technisch-ökonomische Widerspruch konstituiert im Wesentlichen die äußeren Widersprüche. Die Formen von Widersprüchen wechselwirken in koexistierenden Netzen (Systemen) einzelner interagierender Komponenten.Summary: The thesis an invention-problem is to discover and solve a (technical) contradic-tion is go into further in a dialectics in a difference to logical contradiction. A operating con-ception is given for methodical handling of dialectical contradictions in invention-problems and others in material field systems. Technical-technological and natural lawful contradictions develop the core (inside contradiction), technincal-economic contradiction establish essen-tially outside contradiction. The forms of contradictions are interactions in coexisting nets (systems) of individual components.

1 Widersprüche als methodisches Prinzip in TRIZ

Seit der ersten Veröffentlichung von ARIS und TRIZ wird immer betont, der spezifische Cha-rakter des Lösens von Erfindungsproblemen bestehe im Auffinden und Lösen eines bzw. mehrerer Widersprüche. Verschiedentlich wird auch hervorgehoben, es handle sich dabei um dialektische und nicht um logische Widersprüche. [1.,S. 91–98]11 Dieser sporadische Hinweis bleibt auch dann rein oberflächlich, wenn die sogenannten drei Grundgesetze der Dialektik (1. Einheit und „Kampf“ der Gegensätze, 2. Umschlagen quantitativer in qualitative Veränderun-gen, 3. Negation der Negatio) zitiert werden. [4., S. 56 ff]Der logische Widerspruch z.B. in der Form der Konjunktion zweier Aussagen p ∧¬ p bzw. als Aussage ∀ (x) P (x) ∧ ∃ (x) ¬ P (x) der Kontradiktion besteht nur im Denken. Der dialek-tische Widerspruch dagegen ist Ausdruck der zeitlich veränderlichen, aktiven Gegensätzlich-keit von Momenten in den Dingen, Prozessen und Systemen der Realität und so Quelle der (Selbst-)Bewegung, Veränderung und Entwicklung. Während die Logik primär extensional argumentiert [ 26., S. 365 ff], sieht sich die Dialektik zuerst, aber nicht nur, intensional. Der methodische Fehler besteht aber in einer Konfrontation zwischen Logik und Dialektik und ei-ner vordergründigen Polemik, wer nun „besser“ bzw. „richtiger“ oder „adäquater“ die Wirk-lichkeit und ihre Probleme erfasst. Beide Felder menschlichen Denkens lieferten und liefern äußerst ergiebige und praktikable Ergebnisse. Es kann nur darum gehen, wie sich die Metho-den ergänzen und befördern, und nicht wie sie sich ausschließen!Panta rhei – „alles fließt“ – ist die dialektische Ahnung Heraklits über ständige Verände-rungs- und Entwicklungsprozesse. Als ein Beispiel sei hier der Zyklus der Individualentwick-lung (Ontogenese) bei vielzelligen Organismen von Samen- und Eizelle über die Embryonal-entwicklung (Zellteilungen, Zelldifferenzierungen, Organbildung, Wachstumsvorgänge) bis zu einem voll entwickelten geschlechtsreifen Erwachsenen-Individuum genannt. Die Ent-wicklung wird über ein genetisches „Programm“, was schon in der befruchteten Eizelle (Zy-gote) gebildet wurde, gesteuert. Das Vorliegen oder Fehlen bestimmter Bedingungen in ein-zelnen Phasen des Zyklus kann den Ablauf fördern oder hemmen. Der qualitative Formwan-

1 siehe 7. Literaturverzeichnis, erste Zahl lfd. Nr. des Titels

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del durchläuft relativ selbständige Stadien, dabei löst ein Stadium das vorhergehende ab, es negiert das Vor-Stadium nicht durch Auslöschung, sondern durch Aufhebung und Fortset-zung. Die traditionelle Dialektik hat dafür das Drei-Schritt-Schema gebildet: [19., S. 237 ff] (1) These (Konstellation der Faktoren und Bedingungen am Anfang eines neuen Zyklus) und (2) Anti-These (Zustand der Faktoren und Bedingungen bei Qualitätswechsel Befruch-tung) führen zur (3) Synthese (Faktoren und Bedingungen im Stadium des neuen vollentwi-ckelten Organismus) und damit zur „scheinbaren“ Rückkehr zum Ausgangszustand. Die Rea-lität ist viel komplizierter mit Prozessen der Mutation, Selektion, Rekombination, Crossing over und weiteren genetischen Abläufen. Es muss auch hier der vereinfachenden Sicht entge-gengetreten werden, es ginge immer nur (vielleicht auch „gesetzmäßig“) um eine Progression, nein, genauso sind Stagnation und Regression möglich. Modellhaft, mit starker Vereinfa-chung, hat man die o.g. Faktoren und Bedingungen in zwei in ihren Wirkungen entgegenge-setzten (bipolaren) Gruppen (Mengen) FB1 und FB2 eingeordnet. FB1 und FB2 bedingen sich gegenseitig und setzten einander voraus. Die Einheit, der Zustand des Sich-gegenseitig-Bedingens, durchläuft eine Phase relativer Stabilität des Gebildes FB1–FB2. Gleichzeitig be-finden sich aber FB1 und FB2 ständig im Widerstreit, im „Kampf“ mit der Tendenz, die je-weils andere Gruppe dominieren zu wollen und so diese Stabilität aufzuheben. FB1 und FB2

entwickeln sich unterschiedlich und aus dem Möglichkeitsfeld von neuen Zuständen wird mit dem Qualitätswechsel ein Zustand (eine andere Konstellation FB1–FB2) ausgewählt (ergibt sich in der Konsequenz). Eine erste Skizze der Dialektik bleibt unvollständig, wenn nicht noch auf, in der Praxis schwer realisierbare, methodische Prinzipien verwiesen wird, die All-seitigkeit (Prinzip der Unerschöpflichkeit, der Unendlichkeit und der Strukturiertheit der Ma-terie) in allen analytischen und synthetischen Schritten sowie die dialektische Determiniert-heit (Dialektik von Möglichkeit und Wirklichkeit des Systemganzen mit der Dialektik von Notwendigkeit und Zufall auf der Elementebene). „Nur das Ganze ist das Wahre!“ [11.] Man kann diesem Anspruch nur näherungsweise, quasi asymptotisch, nachkommen. Als Konse-quenz daraus folgt die Notwendigkeit, am Anfang das gewählte methodische Vorgehen zu be-gründen und einzuschränken, welche Aspekte wie und warum aus der Betrachtung ausge-schlossen werden. Nicht den Eindruck zu erwecken, man hätte das „Ganze“ eines Objekts oder Prozesses erfasst und schließlich bei der Interpretation von Ergebnissen zurückhaltender und mit den eingangs gemachten Einschränkungen vorsichtiger, relativer vorzugehen.Im Konzept von TRIZ können technische Objekte in Form von Stoff-Feld-Systemen darge-stellt werden. Mit dieser Darstellung lässt sich eine dialektische Widerspruchsentwicklung in technischen Objekten begründen. Während bislang Stoff-Feld-Systeme meist in einem be-stimmten Zustand als Momentaufnahme dargestellt wurden, muss dieses Modell nun erweitert werden in der zeitlich widersprüchlichen Entwicklung, d.h. warum, wie und wohin verändert sich ein konkretes Stoff-Feld-System (welche Übergänge können beobachtet werden, welche inneren und äußeren (Trieb-)Kräfte, Momente bewirken in welcher Konstellation welche Ver-änderungen)?Der Ansatz, ein Objekt, ein System in der Veränderung über seine dialektischen Widersprü-che zu begreifen, führt auch zu einer Untersetzung des allgemeinen Widerspruchs in eine Menge vieler einzelner Widersprüche. Sie sollen hier nur ohne Anspruch auf Vollständigkeit genannt werden. So unterscheidet man innere und äußere Widersprüche, einen Grundwider-spruch und abgeleitete Widersprüche, Haupt- und Nebenwidersprüche, wesentliche und un-wesentliche W., verschiedene Widerspruchspaare: Inhalt – Form, Funktion – Struktur, Allge-meines – Besonderes – Einzelnes, Subjekt – Objekt (verbunden mit einer objektiven Dialektik der Materie und der Natur sowie einer subjektiven Dialektik der Widerspiegelung im mensch-lichen Denken), systemerhaltende (stabilisierende) und systemüberwindende W. [15., S. 193 ff] Im TRIZ-Konzept kann man u.a. I. technisch-naturgesetzmäßige W., II. technisch-techno-logische W. und III. technisch-ökonomische Widersprüche unterscheiden. [8., S. 59–61, 106] Zwischen I. + II. und III. besteht ein wesentlicher Qualitätsunterschied : in III. ist konstitutiv

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das menschliche Handeln eingebunden. Dieser Unterschied muss eine differenzierte Behand-lung in der Ebene dialektischer Widersprüche nach sich ziehen. Der Sprachgebrauch, dass (dialektische) Widersprüche gelöst bzw. überwunden werden, ist so nicht haltbar. Im Prozess der dialektischen Veränderungen in einem Objekt oder System ist es möglich, dass unter Beibehaltung einer bestimmten Grundstruktur (z.B. der wesentlichen Elemente eines Stoff-Feld-Systems) es zu einer Neugestaltung von nachgeordneten Struktur-elementen mit neuer Widerspruchsverteilung kommt, oder dass dieser Umwandlungsprozess den Rahmen der bisherigen Grundstruktur selbst sprengt mit der zusätzlichen neuen nachge-ordneten Substruktur und einen neuen Grundwiderspruch. Nach einer so möglichen Verände-rungsphase ist in jedem Falle wieder eine, nun neue, Widerspruchskonstellation anzutreffen. Das Überwinden kann sich nur relativ auf eine bestimmte Widerspruchskonstellation, aber nicht auf ein allgemeines Auslöschen aller Widersprüche beziehen. Nach einer Umwand-lungsphase hat man es wieder mit dialektischen Widersprüchen zu tun, wenn auch in anderem Gefüge (Form – Inhalt und Struktur – Funktion).

2 Neuere Dialektikdarstellungen und ihre Operationalisierung in TRIZ

Für die methodisch-praktische Nutzung dialektischer Widersprüche im TRIZ-Konzept ist es erforderlich, das grobe Drei-Schritt-Schema zu verfeinern. Aus folgenden Quellen speist sich die hier vorzuschlagende erweiterte Widerspruchsdialektik:

• Fünfschritt-Modell (Kritische Psychologie, Evolution ) [37]• Statistisches Entwicklungsgesetz (Philosophie) [18]• Modell Systemevolution (Biologie, Evolution lebender Systeme, Energon) [35., 3.]• Spieltheorie (Kybernetik, Mathematik) [39., 36., 52., 70.]• Sensitivitätsmodell (Systemtheorie, Informatik) [54., 55.]• Selbstorganisation (Physik, Synergetik, Ökologie) [16., 21., 42., 50., 66.]

Das Fünfschritt-Modell erfasst den Prozess zur Überwindung einer Grundqualität in den Pha-sen:

1. Keimform (Ausbildung neuer Momente in alter Grundqualität),2. Rahmenbedingungen (ein Stabilitätszustand mit der Möglichkeit einer Weiterentwick-

lung ),3. Funktionswechsel („Erster qualitativer Sprung“, Teile der alten Grundqualität prägen

neue Funktionsweisen nichtdominant aus),4. Dominanzwechsel („Zweiter qualitativer Sprung“, Teile mit neuer Funktion bekom-

men in wesentlichen Bereichen der alten Grundqualität das Übergewicht des Einflus-ses ),

5. Umstrukturierung (Ausbildung einer neuen Grundqualität unter Einfluss neuer Funk-tionen und Setzung eines neuen Widerspruchsmusters ).

Explizit kommt im Schritt 4. die Widersprüchlichkeit der Grundqualität und ihre Bewegung zum Ausdruck. Ausgehend von diesem Modell kann detaillierter untersucht werden, welche Möglichkeiten sich bilden können und gebildet werden müssen, damit die angegebenen Qua-litätsübergänge sich verwirklichen. (z.B. kritische Mengen und Aggregate von bestimmten Elementen und Relationen, Aktivierung bestimmter potentieller Transformationsfunktionen, dynamische Prozesse der Veränderungen in den Element- und Relationsmengen, Subsysteme mit Übergängen zwischen relativer Autonomie, Superpositionen bis totaler Kopplung, Selbst-organisation neuer Aktivitätsmuster (mit Nichtlinearitäten, Wahrscheinlichkeiten, Unbe-stimmtheiten, Unschärfen, Unvollständigkeit, „in statuo nascendi“), Keimformen (Mutatio-nen) „auf Vorrat , kalte und heiße Reserve“ ( Ideenspeicher), Erfassung des Zustandes der Grundqualität über Stabilitätsbetrachtungen, Ultra- und Multistabilität [41., S. 139–151], Prin-zip des kleinsten Zwanges ( REL!), Prinzip der erforderlichen Varietät (Ashby), Prinzip der Vervollständigung von Außen (Gödel, Beer).

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Unter Beachtung der zuletzt angegebenen Zusätze und Erweiterungen kann und muss auch das Fünfschritt-Modell ausgebaut werden. Die gewählte Phasenfolge für den Entwicklungs-prozess in einem dialektisch-widersprüchlichen Objekt oder System ist noch zu grob vereinfa-chend und in dieser Form viel zu eindimensional-linear. Kritisch ist z.B. an dem Stadium „Keimform“ anzusetzen. Befindet sich, wenn man bei dem Terminus „Keimform“ bleibt, die-ses Entwicklungs-Vorstadium im betrachteten Objekt schon von Anfang an implizit, sozusa-gen als Embryo im „Wartestadium“ und/oder bildet sich die Keimform durch Interaktion (Emergenz) ausgewählter Elemente erst im weiteren Entwicklungsprozess selbst? Durch den Übergang zur Betrachtung von aktiven Teil-Mengen und Subsystemen entstehen viel diffe-renziertere Wirkungsgefüge mit Aktivitätsmustern von direkt entgegengesetzt agierend, wech-selnder Wirkung (zwischen (+) und (-)), partiell kooperierend, sich gegenseitig (katalytisch) fördernd bzw. vollständig unabhängig, neutral entkoppelt.Der Ansatz eines statistischen Entwicklungsgesetzes (die Begrifflichkeit zu „statistisch“ und zu „Gesetz“ soll hier nicht expliziert werden, es wird hier nur die gewählte Bezeichnung über-nommen) [18., S. 107–132] führt die Aspekte Notwendigkeit – Zufall und Möglichkeit – Wirklichkeit des allgemeinen Veränderungsprozesses zusammen. Man hat sich den Gesamt-prozess in zwei Ebenen vorzustellen. In der Ebene der Elemente und Teilsysteme sowie Ag-gregate bestehen für die einzelnen Elemente (und entsprechend die Relationen) Möglichkeiten für ihre Existenz und ihr Transformationsverhalten. Zu einem Zeitpunkt (Zustand) ist eine be-stimmte Möglichkeit aus einem Feld von Möglichkeiten real. Unter bestimmten (bekannten oder nur partiell erkannten) Bedingungen können diese Elemente zufällig (bei bekannter oder unbekannter Wahrscheinlichkeitsverteilung, Matrix der Übergangswahrscheinlichkeiten) in einen anderen Zustand übergehen. Die Gesamtheit der zufällig-gesetzmäßigen Elementüber-gänge interagiert und wechselwirkt im Gesamtsystem so, dass (hier jetzt die zweite Ebene) bei dem aktuellen Gefüge der Systembedingungen aus dem Feld der Systemmöglichkeiten (der Tendenzen) eine bestimmte Systemkonstellation sich notwendig (?) verwirklicht. Sche-matisch wird dies so dargestellt: [18., S. 127] notwendig Bs : Ms Ws ∆t1 (Struktur) ∆t2 (Struktur) ∆t3 (Struktur) zufällig zufällig zufällig (1.1) b1: m1 w1 / p1 (1.2) b1: m1 w1 / p1 (1.3) b1: m1 w1 / p1 zufällig zufällig zufällig (n.1) bn:mn wn / pn (n.2) bn:mn wn / pn (n.3) bn:mn wn / pn

“Ausgangsqualität” “neue Qualität” “höhere Qualität”

Die Symbole bedeuten: Bs – Systembedingungen; Ms – Systemmöglichkeiten (Tendenz); W s – Systemwirklichkeit (relatives Ziel); Verwirkli-chung als Prozess; bn – Elementbedingungen; mn – Elementmöglichkeiten; wn – Elementwirklichkeiten; pn – Wahrscheinlichkeiten ; (n.1), (n.2) (n. 3) – mögliche Übergänge in den jeweiligen Prozess- und Entwicklungsstadien

Die formal-abstrakte Darstellung suggeriert eine mathematisch-operationale Behandlung ei-nes konkreten Objekt, was so erst im Detail abgeleitet werden muss (falls es überhaupt angeb-bar ist). Der Charakter der angeführten Wahrscheinlichkeiten wird nicht ausgeführt. Sind Standard-Wahrscheinlichkeitsverteilungen angemessen, lassen sich empirische Verteilungen approximieren oder können sehr vage subjektive Wahrscheinlichkeiten geschätzt werden? Unbedingt diskussionswürdig ist die Darstellung, dass es auf der Systemebene, also für das „Ganze“, einen, wenn auch bedingten, aber doch notwendigen Übergang von Ms zu Ws geben soll. Es provoziert die Frage, warum werden denn so einfach Stagnation und Regression aus

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der Betrachtung ausgeschlossen ? Realistischer wäre eine kontingente Form des Ablaufs. Kri-tisch muss weiter angemerkt werden, dass die dialektische Widersprüchlichkeit nur implizit in der Konkurrenz der einzelnen Möglichkeiten in den Möglichkeitsfeldern enthalten ist. Durch welchen Prozess wird aber gerade dieser andere und speziell dieser Zustand realisiert? In dieser Darstellung bleibt weiter offen, wie aus den vielen zufälligen Elementprozessen der gesamte Systemprozess (-übergang) aggregiert und zusammengeführt wird.In TRIZ gewendet: Was ist ein Möglichkeitsfeld für ein Stoff-Feld-System (als Ganzes und in definierten Teilen und Elementen), warum wird ein anderer Zustand in diesem System ausge-wählt und wie wahrscheinlich ist ein Übergang in diesen anderen Zustand? Es besteht hier lei-der auch die Gefahr einer begrifflichen Vermischung des „Feld“-Ausdrucks. Das Möglich-keitsfeld umfasst alle Bereiche (die Totalität) eines Objekts, aber ein „Feld“ in den Stoff-Feld-Systemen bezieht sich nur auf eine spezifische Komponente, ein Wirk- (z.B. physikalisches) Feld. Worin drückt sich die dialektische Widersprüchlichkeit, d.h. der sich vollziehende Über-gang, in einem Stoff-Feld-System aus?Bei der allgemeinen Skizzierung dialektischer Prozesse wurde schon bei den Struktur- und Funktionswechseln auf die Form zyklischer Abläufe (scheinbare Rückkehr zu einem Aus-gangszustand) hingewiesen. Diese Prozessqualität kommt sehr instruktiv in einer Systemevo-lution zum Ausdruck. [3. und ausführlicher in 35.] Hass führt zunächst den Begriff „Ener-gon“ für „energieerwerbende Systeme“, d.h. Lebewesen, lebende Systeme ein. Er beschreibt damit die Tatsache, dass Lebewesen die für verschiedenste Lebensleistungen erforderliche Energie aus ihrer Umgebung gewinnen müssen. Evolutive Veränderungen als ein Ausdruck für dialektisch-widersprüchliche Prozesse können u.a. bei ihm durch Funktionswechsel in drei Formen (a. Funktionsausdehnung, b. Funktionsabtrennung und c. Funktionswechsel im enge-ren Sinne ) sowie durch vier Arten von Funktions-Rationalisierungen (a. Funktionsassoziati-on, b. Funktionsfusion, c. Funktionsbündelung und d. Funktionsbildung) dargestellt werden.

Abb. 1 Erstes Beispiel einer Systemevolution (Erläuterungen im Text) [3., S.7]

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Abb. 2 Zweites Beispiel für eine Systemevolution [3., S. 8]

Abb.3 Drittes Beispiel Systemevolution [3., S. 8]

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Im dritten und letzten Beispiel erfolgt nach einer Funktionsausweitung (Intervall 1) eine Funktionsbündelung (Intervall 2) und in den Intervallen 3 und 4 wird ein komplexes Organ, d.h. ein Teilsystem mit höherer Komplexität durch Aufnahme von U-Einheiten aufgebaut. Mit den letzten Beispielen wird besonders die Phase „Funktionswechsel“ des dialektischen Pro-zesszyklus anschaulich. Die gewählte Darstellungsform benötigt eine inhaltliche Begründung, warum welcher Funkti-onswechsel, in welchem Zeitintervall sich vollziehen wird bzw. sich vollziehen kann und muss. Es ist möglich, Teile des dialektischen Prozesses so abzubilden, aber es wird nur mit der Darstellung allein nicht erklärt, worin die Auslösung oder die Antriebe (die inneren Wi-dersprüche) für den Veränderungsprozess zu sehen sind und wie auf sie eingewirkt werden kann.Schon in dem Konzept eines statistischen Gesetzes von Hörz und Wessel [18., S. 107–127] war ein erster Ansatz zu einer Formalisierung eines dialektisch-widersprüchlichen Prozesses vorgenommen worden. Ein weiterer Schritt mit der konkreten Erreichung einer mathemati-schen Behandlung eines Teilgebiets im Gesamtprozess gelingt Klaus [39.].Er stellt explizit (schon 1968) die These auf, dass die Spieltheorie ein geeignetes Instrumen-tarium zur (mathematischen) Abbildung dialektischer Widersprüche sei. [39., S. 31, und be-sonders ab S. 141] Unter Berücksichtigung der umfangreichen, in der Zeit nach der Bemer-kung von Klaus erreichten Ergebnisse und Aussagen der Spieltheorie [vgl. z.B. 36., 31., 45.], ist es nicht einfach, die von ihm getroffene Aussagen zu bestätigen bzw. zu widerlegen. All-gemein wird die Spieltheorie als ein Instrument zur Darstellung von Konfliktsituationen und Kooperationen angesehen. In einem abstrakten Modell verfügen „Spieler“ jeweils über eine (Handlungs-)Strategie, die in Form einer Spielmatrix beim Aufeinandertreffen zu einem mög-lichen Gewinn oder Verlust (einer „Auszahlung“) führen. Von dem allgemeinen Ansatz aus muss zur Erfassung der hier interessierenden Konfliktsituationen im naturgesetzmäßigen und technisch-technologischen Wirkungsfeld sowie im technisch-ökonomischen Wirkungsfeld un-terschieden werden. Die Voraussetzungen, dass ein „Spieler“ ein bewusst zielorientiert und sogar streng rational handelndes Subjekt sei, kann auf natürliche bzw. technische Objekte und Systeme so nicht übertragen werden. Anfangs wurde dafür ein gesonderter Spieler, die Natur, eingeführt. Neuere Konzepte setzen für diesen Sachverhalt einen gesonderten Spieltyp ein, so-genannte evolutorische Spiele. [36., S. 358–392] In diesem Ansatz wurde u.a. für Populatio-nen (Lebensgemeinschaften) die Möglichkeit für das Auftreten einer evolutorisch stabilen Strategie (ESS) ausgearbeitet. [36., S. 363–366] Für den Fall einer monomorphen Population kann eine ESS ein Nash-Gleichgewicht sein. Im Wirkungsfeld Technik – Ökonomie tritt der Mensch als Akteur in den Prozess ein und führt mit seinem interessengeleiteten Aktivitäten zu verschiedenen widersprüchlichen Handlungskonstellationen. Nach der bestehenden Termino-logie können das nicht-kooperative bzw. kooperative Mehrpersonen-Nicht-Nullsummenspiele sein, die dynamisch über wiederholte „Spielzüge“ nach Art eines Spielbaum dargestellt wer-den können. In der Praxis sind eine Reihe von Unzulänglichkeiten dafür verantwortlich, dass eine „reine“ mathematische Lösung nicht möglich ist. Stellvertretend seien genannt: der Zu-stand unvollständiger Information, Unbestimmtheiten, Unsicherheiten, Unschärfen (Fuzzy Sets), allgemein unsicheres Wissen (Phase im Erkenntnisprozess auf einer unteren Stufe rela-tiver Wahrheit). [vgl. z.B. 53., 45., 46., 32., 52.] Die zitierten Arbeiten vermitteln instruktiv den aktuellen Stand einer Erfassung des Handels in komplexen, unsicheren Situationen. Trotz dieser Einschränkungen und der damit verbundenen Kompliziertheit einer Erfassung kann ei-niges für ein praktisches Handeln gelernt werden. Schon eine nur qualitative Betrachtung die-ser Spielmodelle vermittelte Ansätze zu Heuristiken für Strategien. [70., 30., 47., 33.] Z.B. Ausbildung von Kooperation durch die TFT-Strategie ( tit for that).Für das angestrebte Konzept eines dialektisch-widersprüchlichen Prozesses in TRIZ kann fol-gende vorläufige Wertung der Möglichkeiten der Nutzung der Spieltheorie gegeben werden.

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Nach kritischer Prüfung des konkreten Gegenstands und der verfügbaren Informationen zu seiner Beschreibung kann ein spieltheoretisches Modell geeignet sein, einen Wechselwir-kungszustand (eine „Kräftekonstellation“) in der Phase Dominanzwechsel, wo z.B. eine neue „Keimform“ in einem Bereich des Gesamtsystems ein strategisches Übergewicht anstrebt, zu erfassen. Das Möglichkeitsfeld nutzbarer Strategien so aufzubauen und auszuwählen, dass eine „Lösung“ in dieser Spieletappe der Keimform zu einem „Gewinn“ verhilft. Damit wird aber nichts ausgesagt über die Entstehung und Ausbildung von Strategien, die Notwendigkeit weiterer „Spielzüge“, die einzuführenden Wertungen einzelnen Konfliktkonstellationen und die Zweckmäßigkeit möglicher Stabilitätsniveaus. In TRIZ wurde auf den Unterschied zwi-schen Kompromiss-Lösungen (Optimierungen) und kreativen Widerspruchslösungen als einer höheren Form verwiesen. Mit diesem Bezug ist ein Spielmodell nicht ein Ersatz für den ge-samten Widerspruchsprozess, aber dieser Denkansatz kann ein Informationsgewinn in der Phase Dominanzwechsel sein.Das Sensitivitätsmodell nach Vester [54., 55.] hat neben einer anschaulichen Erfassung wi-dersprüchlicher (entgegengesetzter) Wechselwirkungen den erheblichen praktischen Vorzug, dass es für die Umsetzung eine seit über 10 Jahren funktionsfähige Software (PC-Programm) gibt. Schon im Einstieg bei der Wahl der systemischen Betrachtungsposition und der Bildung des Variablensatzes [55., 213–238] steht der angestrebte Erkenntnisgewinn für ein Praxispro-blem im Vordergrund. Mit dem Aufbau der Einflussmatrix oder auch „Papiercomputer“ [54., S. 87–101] (in unserer Terminologie der Wechselwirkungen innerhalb des Systems) lassen sich neue Einsichten in das qualitative Wirkungsspektrum der Elemente gewinnen. Vester un-terscheidet aktive und reaktive sowie kritische und puffernde Elemente.

Abb. 4 Bildschirmanzeige aus dem PC – Programm „Sensitivitätsmodell“, Matrix B

Jeder einzelnen Elementwirkung wird entsprechend ihrer Stärke in der Einflussmatrix eine Zahl zugeordnet (von 0 – keine Wirkung über 1, 2 bis 3 – sehr starke Wirkung). Anschließend

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werden zu jeder Komponente die Werte in den einzelnen Zeilen ( Aktivsumme AS) und in den Spalten ( Passivsumme PS ) addiert. Danach bildet man die Produkte P=AS*PS und die Quotienten Q=AS/PS. Damit kann die Wertung der Einflussindizes vorgenommen wer-den: maximaler Q-Wert aktives Element, minimaler Q-Wert reaktives Element, maxi-maler P-Wert kritisches Element, minimaler P-Wert pufferndes Element. Vester gibt darüber hinaus eine Skalierung an für die Q-Werte: 1 ist der Neutralwert (Neutrallinie), allge-mein neutral 0,76–1,30; leicht aktiv 1,31–1,60; aktiv 1,61–2,25; hoch aktiv >2,25; leicht reak-tiv 0,63–0,75; reaktiv 0,45–0,62 und stark reaktiv <0,45. Bei den P-Werten ist zunächst ein Korrekturfaktor zu bestimmen mit k=(n–1)2. Die Größe n steht für die Anzahl der Variablen und Komponenten. Die Neutrallinie bei den P-Werten befindet sich an der Stelle des Korrek-turfaktors k. Weiter gilt für die P-Werte: allgemein neutral (0,81–1,20)*k; leicht kritisch (1,21–1,70)*k; kritisch (1,71–2,50)*k; hoch kritisch >2,50*k; leicht puffernd (0,51–0,80)*k; puffernd (0,16–0,50)*k; stark puffernd <0,16*k. [54., S. 96– 97] Instruktiv ist auch eine zwei-dimensionale Darstellung in einem Koordinatensystem PS Abszisse, AS Ordinate. Da-durch können Übergänge zwischen den Positionen und eine Rollenverteilung der Variablen veranschaulicht werden. [54., S. 100–101] In Anlehnung an Regelkreisdarstellungen mit Kopplung und Rückkopplung interagierender Elemente kann man danach Teilszenarios ent-wickeln.

Abb. 5 Bildschirmanzeige aus dem Sensitivitätsmodell, Teilszenarien

In dem Programm-Teil bedeuten gleichgerichtete Wirkung ( direkt proportional, mehr bewirkt mehr; weniger bewirkt weniger), gegenteilige Wirkung (umgekehrt proportional, mehr bewirkt weniger, weniger bewirkt mehr). Mit diesen Elementarkopplungen lassen sich ganze Wirkungsgefüge (Teilszenarios) durch eine Verschachtelung positiver und negativer Rückkopplungskreise, d.h. von verketteten Elementarkopplungen, zusammensetzen.

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Positive Rückkopplungen ⊕ (selbstverstärkende Auf- bzw. Abschaukelungsprozesse) entste-hen durch Kopplungen über gleichartige Wirkungen, negative Rückkopplungen Θ (stabilisie-render, Störungen reduzierender Kreis ) bilden sich über Kopplungen mit verschiedenartigen Wirkungen. [54., S. 108–114 und 55., S. 239–254] Positive Rückkopplungen bringen die Din-ge durch Selbstverstärkung zum Laufen, negative Rückkopplungen sorgen für Stabilität gegen Störungen und Grenzüberschreitungen. Wenn Vester allgemein formuliert, dass negative über positive Rückkopplungen dominieren müssen, kann man hier nicht so pauschal zustimmen. Aus der Sicht des TRIZ-Prozesses kommen durch eine Zielbildung für Innovationen ge-wünschte bzw. anzustrebende Prozesszustände in den Ablauf. So entsteht mit einem (relati-ven) Ziel auch eine Handlungsorientierung für erforderliche Eingriffe in der Veränderung von Wirkungsgefügen (verschachtelte Rückkopplungskreise), die möglicherweise zu einer Verrin-gerung des Zielabstands führen können.Eine Veränderung bzw. Dynamik in dem Modell und eine Anpassung an unterschiedliche an-gestrebte Auswirkungen erreicht man im Sensitivitätsmodell durch Simulation und Policy-Test [55. S. 255–263]. Dieses Modell hat sich bei zahlreichen praktischen Einsätzen gut be-währt, und es kann deshalb auch zur Erfassung und Steuerung des TRIZ-Prozesses (Erfin-dungs-Objekt und umgebender Innovationsprozess) empfohlen werden.Abschließend zu vorliegenden Operationalisierungen dialektischer Widersprüche in TRIZ soll hier auf die Begrifflichkeit von „Selbstorganisation“ und „Synergetik“ eingegangen werden. Aus der Physik, der Biologie und aus einer Reihe weiterer Disziplinen ist das Phänomen spontaner Strukturbildung bekannt, d.h. dass sich entgegen der Erwartung Objekte bzw. Sys-teme nicht zu dem wahrscheinlicheren Zustand größerer Unordnung ( Gleichverteilung), sondern zu charakteristischen Zuständen (Mustern, Ordnungen) einer spezifischen Verteilung von Stoffen oder angeregten Energiezuständen hin bewegen. Voraussetzung dafür ist einmal die Existenz eines offenen Systems im Stadium eines Fließgleichgewichts (v. Bertalanffy), wo ein ständiger Fluss von Stoffen, Energien und Informationen durch das System erfolgt. (Prigogine, dissipative Systeme) Zusätzlich gelangen bestimmte Elemente oder Teilsysteme in eine bevorzugte Position, die dann als sogenannte „Ordner“ beginnen, die anderen System-bereiche zu steuern oder zu „versklaven“. (H. Haken, [42., S. 181]) Es wird eine qualitative Änderung, ein Phasenübergang, erreicht, der sensiblen Stabilitätsbedingungen unterliegt. Die mathematische Beschreibung führt auf nicht-lineare Systeme mit spezifischer Dynamik „Chaos“. (vgl. auch die grundlegende Arbeit von B.B. Mandelbrot „Die fraktale Geometrie der Natur“) Beispiele für Modelle von Selbstorganisation sind u.a. der Laser, der Hyperzyklus (Eigen/Schuster), die Theorie der Koazervatmikroreaktoren (Ebeling/Feistel) oder das Kon-zept der Autopoiesis (Maturana). Auch in Ökosystemen bilden sich Zustände durch Selbstor-ganisation, z.B. das Räuber-Beute-System [50.]. Instruktiv sind auch Untersuchungen zur Ausbildung eines Schwarmverhaltens (u.a. die Entstehung einer gemeinsamen Bewegungs-richtung in Gruppen, Optimierung in Ameisenstraßen) in Tiergemeinschaften. Für unser An-liegen der methodischen Berücksichtigung von dialektischen Widersprüchen in TRIZ-Prozes-sen liegen mit den genannten Beispielen Muster für die Phasen „Keimform“, „Funktions-wechsel“ und „Dominanzwechsel“ vor. Man hat hier praktische Belege, wie durch eine innere Widersprüchlichkeit in dem Objekt sich Veränderungen „von selbst“ ergeben. ( REL) Gleichzeitig versteht man mehr über die Bedeutung von erforderlichen Bedingungen, System-zuständen, die Wirkung von „Ordnern“ und ihren Einfluss auf abhängige Teilprozesse. Zur Darstellung der Prozessabläufe wurde bzw. wird ein spezifisches mathematisches Instrumen-tarium mit einer Modellbildung erarbeitet. (vgl. z.B. G. Jetschke: Mathematik der Selbstorga-nisation. Berlin 1989) Die Problematik wird noch umfangreicher, wenn das Wirken von meh-reren „Ordnern“ in einem System erkannt wird. Dabei können die „Ordner“ untereinander und in ihrer Beziehung zu verschiedenen Teilsystemen oder Teilprozessen zwischen mehreren Möglichkeiten wechseln. (völlig getrennt, isoliert, partiell oder total in Konfrontation, in Ko-alitionen, bis zu systemischer Kooperation). Eine Form könnte auch sein, dass ein „Ordner“

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einen anderen erst hervorbringt in seiner Genese oder ihn in seiner Wirkung unterstützt (evtl. autokatalytisch). Als emergente Gesamtwirkung können die „Ordner“ wechselnde, pulsieren-de Aktivitätsmuster generieren. Dieser Aspekt kann überraschend neue Verhaltensweisen entstehen lassen.Es hat nicht an Versuchen gefehlt, Prinzipien der Selbstorganisation auf das Verhalten von Gruppen aus menschlichen Individuen bis zu ganzen Gesellschaften durch Analogien etwa zu übertragen. [vgl. 16., 21., 25., 27., 42., S. 200–289, 70.] Warum dieser Aspekt hier berührt wird, ergibt sich aus dem spezifischen Wirkungsfeld technisch-ökonomischer Widersprüche in TRIZ-Prozessen, aber auch aus dem Verständnis, dass selbst der einzelne Erfinder oder Entwickler in sozial-ökonomische Netze eingebunden ist.

3. Dialektische Widersprüche im technisch-ökonomischen Wirkungsfeld

Man kann allgemein sagen, unabhängig von der konkreten Ausrichtung vergangener oder ak-tuell bestehender Gesellschaftssysteme, (dialektische) Widersprüche in den Gesellschaften wurden bzw. werden oft verdrängt bzw. in ihrem ganzen Wirkungsspektrum verkürzt oder (viel zu) einseitig dargestellt. Aus verschiedenen Interessenlagen von Gruppen und Schichten sowie unterschiedlichen eigenen (Teil-)Zielen wird ja so auch nicht explizit wirklich eine, wie immer zu definierende, Verbesserung der gesamten (heute muss man sagen: Welt-)Gesell-schaft angestrebt. (Hier zählt die konkrete Praxis und nicht die Informationsdarstellung, auch über verschiedene Medien). Diese Aussage ist zu beachten, wenn z.B. neoliberal allgemein nur die Vorzüge und die Möglichkeiten von Märkten oder der Globalisierung herausgestellt werden. Man muss diese Aspekte hervorheben, weil dadurch in erster Linie bestimmt und festgelegt wird, welche Erfindung und welche Innovation gefördert und so praktisch umge-setzt wird. Unbestreitbar wird so orientiert, welches Kultur-, Bildungs- und Innovationsklima sich ausprägt. Die jeweilige Unternehmensstrategie entscheidet über die Innovation und nicht die Kreativität des einzelnen Erfinders oder die Neuartigkeit der von ihm genutzten Methodik. Wenn ein einflussreiches Unternehmen, aus welchen Gründen auch immer, bestimmte inter-nationale Innovationstrends nicht oder zu spät erkennt, kann man versuchen durch höhere An-strengungen den Rückstand zu verringern. Man kann aber auch versuchen, auf verschiedenen Ebenen den internationalen Innovationstrend zu verhindern oder zu verzögern. Ein sehr gra-vierendes Beispiel ist der Umgang mit der Ökologie, den Umweltfragen. Mit der gestiegenen Aufmerksamkeit und der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Umweltfragen fällt es nicht mehr so leicht, bei dem jetzt erreichten Grad an wissenschaftlichen Belegen für die durch menschliche Aktivitäten mit verursachten Klimaänderungen, sie einfach zu leugnen. Vor eini-gen Jahren wurde durch Lomborg, ein Dänischer Statistik-Professor, versucht zu argumentie-ren, die Schlussfolgerung einer Klimaänderung (Erwärmung) sei statistisch nicht gesichert und es würde sich alles positiv entwickeln. Da dies aber nicht die erhoffte Wirkung hatte, je-denfalls in der Zurückdrängung der wissenschaftlichen Belege, tritt nun Michael Crichton (Crichton, M.: Welt in Angst. K. Blessing Verlag, München 2005) mit der These auf, die Kli-makatastrophe sei ein Ammenmärchen und Umweltaktivisten werden mit Terroristen gleich-gesetzt, die die Welt nur in Angst versetzen wollten. Ernsthafte Ansätze muss man in der Agenda 21 und dem Nachhaltigkeitskonzept sehen. [29., 56., 57., 59., 60., 64., 67., 71. und 74.] Das hindert aber Norbert Bolz nicht, von einem Nachhaltigkeits-„Geschwätz“ zu reden. [73., S. 36] An seiner Position lässt er keinen Zweifel, aber bei ihm stehen reißerische und ef-fektvolle Formulierungen vor einer tiefen und allseitigen Problemanalyse. Leider ist das auch in nicht wenigen Medien der Fall. Es zählt Polarisierung, Sensationslust, Schlagfertigkeit in Talkshows vor einer sachlichen und nüchternen allseitigen Betrachtung. Ein Journalist cha-rakterisierte Ansprüche an seine eigene Arbeit mit der Aussage, es zählt Glaubwürdigkeit und nicht in erster Linie Wahrheit („Quote vor Qualität“)

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Wenn heute verschiedentlich bei der Ableitung von Zielen für Entwicklungsaufgaben von der Markt- und Bedarfssituation ausgegangen wird [vgl. 4., S. 44–47], so ist das eine immer wie-der praktizierte Verfahrensweise. Aber unter der Berücksichtigung dialektischer Widersprüch-lichkeit und einer anzustrebenden Allseitigkeit greift dieser Ansatz zu kurz. Die Perspektive kann nicht nur das Management eines Unternehmens sein. Eine Umsatzsteigerung bzw. Ge-winnmaximierung für das betrachtete Unternehmen ist aus Sicht der gesamten Volkswirt-schaft oder gar der Weltwirtschaft bestenfalls irgendein Suboptimum. Das Verweisen auf die „Selbstheilungskräfte“ des Marktes hat, wenn überhaupt nachweislich, so evtl. im 19. Jh. Wirkungen gezeigt. Auch die Volkswirtschaftslehre (VWL) muss sich wie andere Disziplinen mit wissenschaftlichem Anspruch, der praktischen und theoretischen Überprüfung ihrer Aus-sagen stellen. Leider kann die VWL trotz einer teils sehr mathematischen Argumentation die von ihr geweckten Erwartungen (vgl. z.B. die Aussagen der „Wirtschaftsweisen“ und ihre wissenschaftliche Halbwertszeit) (noch) nicht erfüllen. Das liegt u.a. an der zu geringen Be-rücksichtigung der widersprüchlichen Positionen und Aktionen der Beteiligten. Einen gewis-sen Eindruck von den Widersprüchen in der Theorieentwicklung bei der VWL vermittelt die Arbeit von Senf [72.]. Seit 1979 hat sich nun weltweit der Neoliberalismus als herrschende Doktrin in der Weltwirtschaft etabliert. Kritiken daran und an der Globalisierung werden dann aber unterdrückt mit dem Hinweis: „Wir haben keine Alternative dazu!“Es existiert ein Feld von Möglichkeiten, aufgespannt z.B. in [72., 29., 55., 56., 57., 59., 60., 63., 64.,65.,67., 71. und 74.] Ein konstruktiver Ansatz für die Weltwirtschaft, aber auch für lo-kale, regionale Wirtschaftsräume ist die sachliche Ableitung von Indikatoren bzw. Leitwerten für unsere Umwelt [29., S. 99–149] und auch [siehe 64., S. 172 ff] die Bestimmung von öko-logischen und sozialen Folgekosten des Wirtschaftens und dazu gehörenden Nachhaltigkeits-regeln. An dieser Stelle kann die Widersprüchlichkeit in der Wirtschaft nicht weiter verfolgt werden. Die angegebenen Probleme sollten genügen, um den widersprüchlichen Charakter zu vertie-fen. Hinweise auf die Konkurrenz am Markt oder ein unvorhersehbares Kaufverhalten der Konsumenten schöpfen das Thema nicht aus und bleiben meist nur an der Oberfläche der tieferen Widersprüche. In der TRIZ-Literatur findet der Widerspruchsgedanke im ökonomi-schen Wirkungsfeld noch zu wenig Platz. Die notwendige Allseitigkeit zwingt aber zu umfas-senderen Darstellungen. Wissenschaftler, Ingenieure, Erfinder u.ä. agieren nicht in einem wertfreien Raum. Technische Innovationen wirken auch im Feld gesellschaftlicher Auseinan-dersetzungen, denn sie prägen mit die Arbeits- und Lebenswelt der Menschen. Die zur Zeit bestehenden Preise, Marktmechanismen und die Preispolitik haben leider aus ökologischer Sicht gerade die falschen Wirkungen und die falschen Orientierungen. [74., S. 214–231] Hier muss man von einem Marktversagen sprechen.

4. Dialektische Widersprüche in TRIZ – und wie weiter?

Die Forderung, dialektische Widersprüche im gesamten TRIZ-Ablauf umfassend zu berück-sichtigen, ist eine ständige Herausforderung und ein Anspruch, der keine Ruhe bei einem er-reichten Kenntnisstand aufkommen lässt. Sie zwingt nicht nur bei neuesten Entwicklungen in der Nanotechnologie [z.B. 58.], Mechatronik [61.], Biotechnologie oder der Informatik zu neuen interdisziplinären Arbeitsweisen quer und über verschiedenste disziplinäre Grenzen hinweg. Auch die Lektüre von Lem liefert immer wieder erstaunliche Denkanstöße. [43., 44.] Mit den Lösungsprinzipien von Altschuller [2., S. 253–265 bzw. 5., S. 309–343] und auch verschiedenen Übersichten zu physikalischen Effekten und Prinzipien [vgl. etwa M. v.Arden-ne u.a.: Effekte der Physik und ihre Anwendungen. Verlag H. Deutsch, Frankfurt a.M. 1990] liegen schon gute systemisch-methodische Ansätze vor. Unbedingt sind die Arbeiten [4.] und [7., 8.] für den methodischen Ablauf von TRIZ zu würdigen. Die Begründung des Ablaufs aus vorliegenden „Entwicklungsgesetzen technischer Systeme“ bzw. auch von „Evolutionstrends“

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ist, wie das auch Lecoq anmerkt [vgl. 3., S. 1], noch zu aufgesetzt (in [ 5. ] gibt es viele Bei-spiele für Erfindungsaufgaben, aber die theoretische Begründung speziell der Widersprüch-lichkeit schöpft noch nicht den Problemgehalt aus). Die Arbeiten und internationalen Aktivi-täten zu TRIZ haben einen Umfang erreicht, der kaum noch zu überblicken ist. [vgl. z.B. 6.] Wertungen und Aussagen können hier nur relativ eingeschränkte Geltung haben. Es darf kri-tisch gefragt werden, ob das Dach „TRIZ“ so tragfähig ist, dass all die verschiedenen (Teil-) Methoden und Verfahren, von denen zur Zeit in Verbindung mit TRIZ die Rede ist, darunter subsumiert werden können. Der Autor ist auch für Methoden-Pluralismus, aber wo liegt ein Erkenntnisgewinn, wenn bisher bekannte Methoden, ohne das Aufzeigen innerer Verbindun-gen, nur unter die neue Überschrift „TRIZ“ wiedererscheinen? Sicher kann sehr pragmatisch argumentiert werden, in der Hoffnung, dass durch das Nebeneinanderstellen der Ansätze ir-gendwie ein „Funke überspringt“. Aus der schon länger bestehenden Einsicht in die wirt-schaftliche und allgemein gesellschaftliche Bedeutung von Wissen und einer Wissensrepro-duktion [48., 49.] können auch für TRIZ und eine dialektisch-widersprüchliche Methodik heuristische Hinweise entnommen werden. Ohne hier auf Details einzugehen können, anre-gend wirken neue Formen der Wissensdarstellung [51.] (z.B. Wissenskarten [49., S. 37–60], auch ihre Repräsentanz im Internet, Wissensbilanz, Verfahren der Wissensanregung in Grup-pen – Open Space, alle Konsequenzen aus der Forderung nach wissensbasierten Unternehmen bzw. lernenden, intelligenten Organisationen, Probleme eines Innovationsmanagements [69.] oder das Modell einer Denkwerkstatt oder Stadt des Wissens [vgl. 48., S. 178–441] Nicht nur für reine Spezialisten sind neue Erkenntnissen beim Lösen komplexer Probleme [vgl. 34., S. 145–200] oder das Problemlösen in Gruppen [34., S. 209–216 und 38] sehr instruktiv. Viel zu wenig wurde auch über Probleme und negative, sich behindernde, Faktoren beim geistigen Arbeiten in Gruppen oder Gemeinschaften reflektiert. Ein „herrschaftsfreier“ Diskurs (Haber-mas) ist eine lebensfremde Idealisierung. Eine Vielzahl von Motivationstechniken versucht die Widersprüchlichkeit bzw. Entfremdung zwischen Positionen der Mitarbeiter und dem Ma-nagement aufzuheben. Es kann nicht oft genug wiederholt werden, Kreativität gedeiht nur in Freiräumen und einem inneren Beteiligtsein. Soziale Spannungen und Existenzbedrohungen sind kontraproduktiv.Die an verschiedenen Beispielen und Ansätzen skizzierte dialektische Widersprüchlichkeit im TRIZ-Prozess muss Eingang in die Weiterentwicklung der eigenen TRIZ-Methodik finden. Wir knüpfen wieder an die bekannten Stoff-Feld-Systeme an. Nach dem Herausarbeiten der Operativen Zone [5., S. 80–94] ist ein Ausgangs-WEPOL (Stoff-Feld-System im Zustand 0) [2., S. 244–251] für das Objekt oder System zu gestalten. Die Vielzahl von Wechselwirkun-gen in teils sehr komplexen Objekten zwingt zu Modellen in mehreren Netz-Schichten (Stra-ten) mit nicht nur horizontalen Verflechtungen und Widersprüchen, sondern auch dem Beach-ten von solchen Wechselwirkungen in vertikaler Richtung. Abstrakt kann man auch unter Verlust der Anschaulichkeit zu mehrdimensionalen Vektorräumen (Matrizen, Tensoren) über-gehen. Mögliche Widersprüche ( feldhafte bzw. räumliche Wirkungen von Widersprüchen in allen Dimensionen) sind durch ihre Position in dem mehrschichtigen Wechselwirkungsnetz neu zu klassifizieren. Ein weiteres Modell könnten mehrdimensionale Entscheidungstabellen (ein Verbund von mehreren Entscheidungstabellen) sein, auch in ihrer Widersprüchlichkeit. [28., S. 136–158]. Der Gesamtzusammenhang in seiner Widersprüchlichkeit und prozesshaf-ten Dynamik ist aber durch das Sensitivitätsmodell (Vester) mit PC-Einsatz praktikabler. Die Umformungen des Stoff-Feld-Systems in Folge-Zustände erfordert das mehrfache variable Durchlaufen des Sensitivitätsmodells mit seinem Simulationsteil. (Folge von Prozess-Zustän-den). Über die prinzipiellen diskreten Stufen „Keimform“, „Funktionswechsel“ und „Domi-nanzwechsel“ ist in Abhängigkeit vom konkreten Objekt oder System die dialektische Wider-sprüchlichkeit (unendliche Vielfalt der Momente, sich gegenseitig bedingende Widersprüch-lichkeit und Existenz von zyklischen Veränderungsabläufen aus sich selbst heraus) ständig zu vertiefen.

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Über den Autor

Axel Popp, geb.:1943, Promotion 1970 mit einer Arbeit zum Datenbankdesign, Humboldt-Universität Berlin, Arbeit in der Forschungsplanung und Wissenschaftsorganisation, im Rahmen einer Industrietätigkeit (Entwurf mikroakustischer Bauelemente), 1981 Mitglied der Ingenieurorganisation Kammer der Technik, dort erstmals mit ARIS und TRIZ in Be-rührung gekommen, Leiter einer AG Erfindertätigkeit, Durchführung von Kursen zur Er-finderschule, nach 1990 Mitarbeit in einem Kreis von Erfindertrainern (T.IN.A. Branden-burg ), z.Zt. freiberuflicher Dozent für BWL und Informatik, TRIZ in der Bildung und Wissensvermittlung

5. Literaturverzeichnis

5.1 TRIZ und ihre Methodik

1. Altschuller, G.S.: Erfinden – (k)ein Problem? Verlag Tribüne, Berlin 1973.2. Altschuller, G.S.: Erfinden – Wege zur Lösung technischer Probleme. PI-Planung u. Innovation, Cottbus 1998.3. Lecoq, M.: Evolution Of Systems. Article Archive, www.triz-journal.com, October 2003, Nr. 9.4. Linde, H.-J., Hill, B.: Erfolgreich erfinden. Widerspruchsorientierte Innovationsstrategie für Entwick-ler u. Konstrukteure. Hoppenstedt Technik Tabellen Verlag, Darmstadt 1993.5. Orloff, M.A.: Grundlagen der klassischen TRIZ. Springer Verlag Berlin, Heidelberg, New York 20026. Popp, A.: Welche Zukunft könnte TRIZ haben, aber welche Zukunft braucht TRIZ? www.triz-online.-de, TRIZ-online Magazin, Ausg. 2/2003, Nr.3.7. Rindfleisch, H.J., Thiel, R.: Die Methode des Herausarbeitens von Erfindungsaufgaben u. Lösungs-ansätzen. Baustein Erfindungsmethodische Grundlagen. KDT Lehrmaterial, Berlin 1988.8. Rindfleisch, H.J., Thiel, R.: Erfinderschulen in der DDR. trafo Verlag, Berlin 1994.

5. 2 Dialektik und Logik

9. Beckermann, A., Perler, D. ( Hrsg.): Klassiker der Philosophie heute. Verlag P. Reclam, Stuttgart: 2004.10.Brunkhorst, H. (Hrsg.): Demokratischer Experimentalismus. Politik in der komplexen Gesellschaft. Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Frankfurt a.M. 1998.11.Erpenbeck, J.: Das Ganze denken. Zur Dialektik menschlicher Bewußtseinsstrukturen u. -prozes-se. Akademie-Verlag, Berlin 1986.12. Hegel, G.W.F.: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften. F. Meiner Verlag, Hamburg 1991.13. Hirschberger, J.: Geschichte der Philosophie, Band II: Neuzeit u. Gegenwart. Komet Verlagsge-sellschaft, Frechen 1980.14. Holz, H.H.: Einheit und Widerspruch. Problemgeschichte der Dialektik in der Neuzeit, Bd.III. Verlag J.B. Metzler, Stuttgart, Weimar 1997.15. Hörz, H. , Liebscher, H., Löther, R. u.a. (Hrsg.): Philosophie und Naturwissenschaften. Wörterbuch zu den philosophischen Fragen der Naturwissenschaft. Dietz Verlag, Berlin 1991, 2 Bände.16. Hörz, H.: Selbstorganisation sozialer Systeme. LIT Verlag, Münster, Hamburg 1993.17. Hörz, H.: Wissenschaft als Prozeß. Grundlagen einer dialektischen Theorie der Wissenschaftsent-wicklung. Akademie-Verlag, Berlin 1988.18.Hörz, H., Wessel, K.-F.: Philosophische Entwicklungstheorie. Deutscher Verlag der Wissenschaf-ten, Berlin 1983.19. Poser, H.:Wissenschaftstheorie. Verlag P. Reclam, Stuttgart 2001.20. Rawls, J.: Eine Theorie der Gerechtigkeit. Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Frankfurt a.M. 2003.21.Schlemm, A.: Daß nichts bleibt, wie es ist …. Philosophie der selbstorganisierten Entwicklung, Bd. II: Möglichkeiten menschl. Zukünfte. LIT Verlag, Münster 1999.22. Seiffert, H.: Einführung in die Wissenschaftstheorie 2. Verlag C.H. Beck, München 1996.23. Störig, H. J.: Kleine Weltgeschichte der Philosophie. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a.M. 2004.24. Tetens, H.: Philosophisches Argumentieren. Verlag C.H. Beck, München 2004.25. Thiel, R.: Die Allmählichkeit der Revolution. LIT Verlag, Münster 2000.26. Wessel, H.: Logik. Logos Verlag, Berlin 1999.

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5. 3 Methoden und Werkzeuge

27. Baecker, D.: Wozu Systeme? Kulturverlag Kadmos, Berlin 2002.28. Böhm, R.: Methoden und Techniken der System-Entwicklung. vdf Hochschulverlag a.d. ETH, Zü-rich 2001.29. Bossel, H.: Globale Wende, Wege zu einem gesellschaftlichen u. ökologischen Strukturwandel. Droemerscher Verlagsanst. Knaur, München 1998.30. v. Clausewitz, C.:Vom Kriege. Ullstein Buchverlage, Berlin 1998.31. Dixit, A.K., Nalebuff, B.J.: Spieltheorie für Einsteiger, Strategisches Know-how für Gewinner Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 1997.32. Dörner, D.: Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2003.33. Eigen, M., Winkler, R.: Das Spiel. Naturgesetze steuern den Zufall. Piper Verlag, München, Zürich 1996.34. Funke, J.: Problemlösendes Denken. Verlag Kohlhammer, Stuttgart 2003.35. Hass, H.: Energon. Verlag Molden, Wien 1970.36. Holler, M.J., Illing, G.: Einführung in die Spieltheorie. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg 2003.37. Holzkamp, K.: Grundlegung der Psychologie. Campus-Verlag, Frankfurt a. M. 1985.38. Kauke, M.: Kooperative Intelligenz. Sozialpsychologische u. spielexperimentelle Grundlagen der Interaktivität zwischen Partnern. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin 1998.39. Klaus, G.: Spieltheorie in philosophischer Sicht. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1968.40. Klaus, G.: Rationalität – Integration – Information. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1974.41. Klaus, G., Liebscher, H.: Systeme – Informationen – Strategien. Verlag Technik, Berlin 1974.42.Küppers, G. (Hrsg.): Chaos und Ordnung. Formen der Selbstorganisation in Natur und Gesell-schaft. Verlag P. Reclam, Stuttgart 1996.43. Lem, S.: Summa technologiae. Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Frankfurt a.M. 1981.44. Lem, S.: Die Technologiefalle. Essays. Insel Verlag, Frankfurt a.M., Leipzig 2000.45. Merö, L.: Optimal entschieden? Spieltheorie u. die Logik unseres Handelns. Birkhäuser Verlag, Basel: 1998.46. Merö, L.: Die Grenzen der Vernunft, Kognition, Intuition u. komplexes Denken. Rowohlt Taschen-buch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2002.47. v. Oetinger, B. Ghyczy, T. u.a. ( Hrsg. ): Clausewitz. Strategie denken. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2003.48. Papmehl, A., Siewers, R. (Hrsg.): Wissen im Wandel. Die lernende Organisation im 21. Jahrhun-dert. Verlag C. Ueberreuter, Wien, Frankfurt a.M. 1999.49.Pawlowsky, P., Reinhardt, R. (Hrsg.): Wissensmanagement für die Praxis. Methoden u. Instrumen-te zur erfolgreichen Umsetzung. Luchterhand Verlag, Neuwied 2002.50. Peschel, M., Mende, W.: Leben wir in einer Volterra-Welt? Ein ökologischer Zugang zur ange-wandten Systemanalyse. Akademie-Verlag, Berlin 1983.51. Pospeschill,M.: Konnektionismus und Kognition. Eine Einführung. Verlag Kohlhammer, Stuttgart 2004.52. Rommelfanger, H.J., Eickemeier, S.H.: Entscheidungstheorie, Klassische Konzepte u. Fuzzy-Erweiterungen. Springer Verlag, Berlin,Heidelberg, New York 2002.53. Spies, M.: Unsicheres Wissen, Wahrscheinlichkeit, Fuzzy-Logik, neuronale Netze u. menschliches Denken. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, Oxford 1993.54. Vester, F.: Ausfahrt Zukunft. Supplement, Material zur Systemuntersuchung. Studiengruppe Biolo-gie u. Umwelt, München 1991.55. Vester, F.: Die Kunst, vernetzt zu denken. Ideen und Werkzeuge für neuen Umgang mit Komplexi-tät. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2002.

5. 4 Innovation und Wirtschaft

56. Alt, F.: Das ökologische Wirtschaftswunder. Arbeit u. Wohlstand für alle. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2002.57. Biesecker, A., Büscher, M. u.a. (Hrsg.): Alternative Weltwirtschaftsordnung. Perspektiven nach Cancun. VSA-Verlag, Hamburg 2004.58. Broderick, D.: Die molekulare Manufaktur. Wie Nanotechnologie unsere Zukunft beeinflusst. Ro-wohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2004.59. Coenen, R., Grunwald, A.: Nachhaltigkeitsprobleme in Deutschland, Analyse und Lösungsstrategi-en. edition sigma, Berlin 2003.

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60. Costanza, R., Cumberland, J. u.a.: Einführung in die Ökologische Ökonomik. Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2001.61. Elpers, Meyer u.a.: Mechatronik Fachstufe. Kieser Verlag, Neusäß 2000.62. Faßler, M.: Netzwerke. Einführung in die Netzstrukturen, Netzkulturen u. verteilte Gesellschaftlich-keit. W. Fink Verlag, München 2001.63. Frey, B.S., Kirchgässner, G.: Demokratische Wirtschaftspolitik, Theorie u. Anwendung. Verlag F. Vahlen, München 2002.64. Kopfmüller, J., Brandl, V. u.a.: Nachhaltige Entwicklung integrativ betrachtet, Konstitutive Elemen-te, Regeln, Indikatoren. edition sigma, Berlin 2001.65. Libeskind, D., Reemtsma, J.P. u.a.: Alles Kunst? Wie arbeitet der Mensch im neuen Jahrtausend, und was tut er in der übrigen Zeit? Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001.66. Malik, F.: Systemisches Management, Evolution, Selbstorganisation, Grundprobleme, Funktions-mechanismen u. Lösungsansätze für komplexe Systeme. Verlag Paul Haupt, Bern, Stuttgart, Wien 2000.67. Mander, J., Cavanough, J.: Eine andere Welt ist möglich. Alternativen zur Globalisierung. Riemann Verlag, München 2003.68. Opielka, M.: Sozialpolitik, Grundlagen u. vergleichende Perspektiven. Rowohlt Taschenbuch Ver-lag, Reinbek bei Hamburg 2004.69. Pleschak, F., Sabisch, H.: Innovationsmanagement. Verlag Schäffer-Poeschel, Stuttgart 1996.70. Scharpf, F.W.: Interaktionsformen, Akteurzentrierter Institutionalismus in der Politikforschung. Ver-lag Leske+Budrich, Opladen 2000.71. Schmidt-Bleek, F.: Das MIPS-Konzept. Weniger Naturverbrauch – mehr Lebensqualität. Droemer-sche Verlagsanst. Knaur, München 1998.72. Senf, B.: Die blinden Flecken der Ökonomie. Wirtschaftstheorien in der Krise. Deutscher Taschen-buch Verlag, München 2001.73. Steinle, A., Wippermann, P.: Trend 2004. Arbeit – Freizeit – Eigenzeit. Denkanstöße für Wirtschaft, Medien u. Gesellschaft. Piper Verlag, München, Zürich 2003.74. v.Weizsäcker,E.U., Lovins, A.B.: Faktor vier. Doppelter Wohlstand – halbierter Naturverbrauch. Droemersche Verlagsanst. Knaur, München 1995.