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14. Band. ] J. Tillmans, Die Abwasser-Klitranlage in Frankfurt a.M. 121 15. Juli 1907.J Die Besichtigung der stitdtischen Abwasser-Kliiranlage wurde eingeleitet (lurch folgenden Vortrag : Die Abwasser-Klitranlage in Frankfurt a. ~I. und die dort beziiglich der Abwiisserreinigung, Beseitigung und Verwer- tung der Riickst~nde gemachten Erfahrungen. Von Dr. J. Tilhnans-Frankfurt a. M. M.H.! Die Beseitigung der Abwi~sser ist neben der Versorgung mit einwand- freiem Trinkwasser eine der wichtigsten Aufgaben der modernen StSdtehygicne ge- worden. Frfiher ]ief] man die st~dtischen Abwiisser allgemein ganz ungereinigt den Flfissen zufliel~en; denn von jeher sind die FluBli~ufe von den Menschen als Rezi- pienten ffir die Abfallstoffe betrachtet worden, und dies ist einer der Grfinde daffir, dab alle menschlichen [Niederlassungen, yon den Hfitten und H5hlen des pr~ihistori- schen Menschen bis zu den we und warm auch immer in sp/~terer Zeit gegrfindeten St~dten, an FluBli~ufen oder in deren nSchster Niihe angelegt sind. Erst vor verhfiltnism~iBig kurzer Zeit, niimlich einigen Jahrzehnten, ist man sich bewuBt geworden, dab diese Art der Abwasserbeseitigung aus hygienischen, 5sthetischen und 5konomischen Grfinden zu den schwerwiegendsten Bedenken Veranlassung gibt. Manche Sti~dte sind auch heute noch auf die Versorgung mit FhBwasser zu Trinkzwecken angewiesen, das allerdings dann durch Filtration yon dem grSBten Tell seiner Schmutzstoffe und Keime befreit wird. Abgcsehen davon aber, daf6 das Filter die g e 15 s t e n Schmutzstoffe nicht entfernt, Stoffe, deren Anwesenheit in einem Trink- wasser geeignet ist, dieses unaploetitlich zu machen, schafft auch eine grSBere Ver- schmutzung des FluBwassers eine hShere Wahrscheinlichkeit, dal~ dennoch Krankheits- keime dutch das Filter mit in das Reinwasser gelangen, da die Filter bekanntlich keine vSllig keimdichten Apparate sind. Auch in den Stiidten, in denen das FluB- wasser nicht zur Wasserversorgung dient, wird es dennoch vielfach zum Baden, Waschen, StraBensprengen und anderen Zwecken benutzt. Es liegt auf der Hand, dab auch ffir diese Zwecke eine Verschmutzung des Fluf~wassers mit menschlichen Abfallstoffen Gefahren ffir die Gesundheit mit sich bringen kann. Die dem Flusse zugefiihrten Schmutzstoffe werden nun zwar in einem wasserreichen und sehnell- flie~enden Vorfluter infolge der bekannten Selbstreinigung sehnell unschi~dlich ge- macht. Handelt es sich abet um einen kleinen FluB -- die Zahl der Sti~dte, die in der glficklichen Lage sind, fiber einen wasserreichen FluBlauf zu verffigen, ist eine verhi~ltnismi~l~ig beschri~nkte --, so ist meistens die Folge des fortgesetzten Ein- leitens yon Schmutzstoffen die Verschlammung des Flusses, well die die Selbstreini- gung bewirkenden Kri~fte ffir die Verarbeitung der dem Flusse zugemuteten Schmutz- mengen nicht ausreichen. Noch heute gibt es in Deutschland vide kleineren Flfisse, die innerhalb und in der niichsten Umgebung der St/idte einen sehr verschmutzten und un/isthetischen Anblick darbieten. Endlich wird durch die Verunreinigung der Flfisse auch die Fischzucht gesch~digt, da durch eine st/irkere Verschmutzung eines FluBlaufes mit derartigen Abfallstoffen die Fische in groBen Massen zugrunde gehen.

Die Abwasser - Kläranlage in Frankfurt a. M. und die dort bezüglich der Abwässerreinigung, Beseitigung und Verwertung der Rückstände gemachten Erfahrungen

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14. Band. ] J. Ti l lmans , Die Abwasser-Klitranlage in Frankfurt a.M. 121 15. Juli 1907.J

Die Besichtigung der stitdtischen Abwasser-Kliiranlage wurde eingeleitet (lurch

folgenden Vortrag :

Die Abwasser-Klitranlage in Frankfurt a. ~I. und die dort beziiglich der Abwiisserreinigung, Beseitigung und Verwer-

tung der Riickst~nde gemachten Erfahrungen. Von

Dr. J. Tilhnans-Frankfurt a. M.

M . H . ! Die Beseitigung der Abwi~sser ist neben der Versorgung mit einwand- freiem Trinkwasser eine der wichtigsten Aufgaben der modernen StSdtehygicne ge- worden. Frfiher ]ief] man die st~dtischen Abwiisser allgemein ganz ungereinigt den Flfissen zufliel~en; denn von jeher sind die FluBli~ufe von den Menschen als Rezi- pienten ffir die Abfallstoffe betrachtet worden, und dies ist einer der Grfinde daffir, dab alle menschlichen [Niederlassungen, yon den Hfitten und H5hlen des pr~ihistori- schen Menschen bis zu den we und warm auch immer in sp/~terer Zeit gegrfindeten St~dten, an FluBli~ufen oder in deren nSchster Niihe angelegt sind.

Erst vor verhfiltnism~iBig kurzer Zeit, niimlich einigen Jahrzehnten, ist man sich bewuBt geworden, dab diese Art der Abwasserbeseitigung aus hygienischen, 5sthetischen und 5konomischen Grfinden zu den schwerwiegendsten Bedenken Veranlassung gibt.

Manche Sti~dte sind auch heute noch auf die Versorgung mit FhBwasser zu Trinkzwecken angewiesen, das allerdings dann durch Filtration yon dem grSBten Tell seiner Schmutzstoffe und Keime befreit wird. Abgcsehen davon aber, daf6 das Filter die g e 15 s t e n Schmutzstoffe nicht entfernt, Stoffe, deren Anwesenheit in einem Trink- wasser geeignet ist, dieses unaploetitlich zu machen, schafft auch eine grSBere Ver- schmutzung des FluBwassers eine hShere Wahrscheinlichkeit, dal~ dennoch Krankheits- keime dutch das Filter mit in das Reinwasser gelangen, da die Filter bekanntlich keine vSllig keimdichten Apparate sind. Auch in den Stiidten, in denen das FluB- wasser nicht zur Wasserversorgung dient, wird es dennoch vielfach zum Baden, Waschen, StraBensprengen und anderen Zwecken benutzt. Es liegt auf der Hand, dab auch ffir diese Zwecke eine Verschmutzung des Fluf~wassers mit menschlichen Abfallstoffen Gefahren ffir die Gesundheit mit sich bringen kann. Die dem Flusse zugefiihrten Schmutzstoffe werden nun zwar in einem wasserreichen und sehnell- flie~enden Vorfluter infolge der bekannten Selbstreinigung sehnell unschi~dlich ge- macht. Handelt es sich abet um einen kleinen FluB - - die Zahl der Sti~dte, die in der glficklichen Lage sind, fiber einen wasserreichen FluBlauf zu verffigen, ist eine verhi~ltnismi~l~ig beschri~nkte - - , so ist meistens die Folge des fortgesetzten Ein- leitens yon Schmutzstoffen die Verschlammung des Flusses, well die die Selbstreini- gung bewirkenden Kri~fte ffir die Verarbeitung der dem Flusse zugemuteten Schmutz- mengen nicht ausreichen. Noch heute gibt es in Deutschland vide kleineren Flfisse, die innerhalb und in der niichsten Umgebung der St/idte einen sehr verschmutzten und un/isthetischen Anblick darbieten. Endlich wird durch die Verunreinigung der Flfisse auch die Fischzucht gesch~digt, da durch eine st/irkere Verschmutzung eines FluBlaufes mit derartigen Abfallstoffen die Fische in groBen Massen zugrunde gehen.

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[Zeitsehr. f. Untersuchung 12~ 6. Jahresversammlung der Freien Vereinigung. ld. Nahr.- u. 6~enufimittel.

Aus diesen Erw/igungen ergibt sich deshalb, daf~ die stadtlschen Abwasser vor dem Ablassen in die Flul~l~ufe ausreichend gereinig~ werden mtissen.

Wie die Stadt Frankfurt a. M. in allen grol~en Fragen der St~idteentwiekelung stets eine ffihrende Rolle eingenommen hat, so war sie aueh die erste Stadt nleht nur Deutschlands, sondern sogar des gesamten Kontinents, die eine Anlage zur Reinigung ihrer AbwKsser gebaut hat.

W e l e h e S y s t e m e s t e h e n n u n z u r R e i n i g u n g d e r a r t i g e r A b w / t s g e r z u r V e r f f i g u n g ? Es sind eine ganze Reihe yon Verfahren vorgeschlagen, yon denen aber nur drei grSgere Bedeutung erlangt und sich in der Pmxis bew/~hrt haben, n~mlich

1. die Reinigung auf mechanlschem Wege mit oder ohne Zusatz yon Chemlkaiien, 2. das biologische Reinigungsverfahren und 3. alas Berieselungsverfahren. Von diesen Yerfahren ist das Berieselungsverfahren zweifellos das wirksamste,

dann folgt das biologische Verfahren, w~hrend die mechanisehen Reinigungsverfahren erst an letzter Stelle stehen.

Die Frage abet, welches der drei Verfahren am z w e c k m ~ 1~ i g s t e n fiir die Reinigung tier st~dtischen Abwasser in Anwendung gebracht wird, kann nicht genereI1 f~r alle Stadte beantwortet werden, sondern nur yon Fall zu Fall unter Berficksieh- tigung aller in Betracht kommenden Umstande. ~eben der GrSSe und Art der Stadb ob Fabrikstadt oder nieht, und den 5rtlichen Verhiiltnissen, ob billiges Land in grSgerer Ausdehnung zur Verff, gung steht oder nicht, ob die etwa abfallenden Rfick- st/inde in einwandfreier Weise beseitigt werden k5nnen u. s. w., h/ingt die Entsehel- dung fiber das zu w/~hlende Reinigungsverfahren vor allem ab yon der GrSSe d. i. der Wassermenge und Stromgesehwlndigkeit des Flusses, in den die Abw/isser abge- leitet werden sollen. Bei einem kleinen, wasserarmen Flusse mu_f~ eine ausglebigere Reinigung gefordert werden, w~hrend ein grS$erer Flus betr~chtliche Mengen yon Schmutzstoffen durch seine selbstreinigende Kraft in kurzer Zeit vernichtet.

Nach y o n P e t t e n k o f e r werden in einem Flusse mit einer Geschwindigkeit von wenigstens 0,6 Sekundenmeter, in dem das Kanalwasser mindestens 15-faeh ver- dfinnt Wird, die Schmutzstoffe des Kanalwassers dutch Selbstreinigung unseh~idlich gemaeht. Ffir den Main bei Frankfurt wird diese Mindestforderung hinsichtlich der Verdfinnung selbst bei niedrigem Wasserstande noch um das 10-fache nach oben fibersehrltten. - - Die Gesehwindigkeit l~iSt sich info]ge der 1883--1886 zwischen Frankfurt und Mainz erfolgten Kanalisierung des Maines nicht genau angeben. Sie betr/igt bei niedrigem ~Vassei~tande etwa 0,60 Sekundenmeter bei gestautem Flusse, bel niedergelegten Wehren 0,90 Sekundenmeter. Bei hSheren Wasserst/~nden steigt die Gesehwlndigkeit natfirtich mit der Zunahme des ~Vassers an. Die Verdfinnung ist daher eine so groJ~e, dal~ ffir Frankfurt eine mechanische Reinigungsanlage als vollkommen ausreichend erachtet werden mu$. DaB der Main durch die Abw/isser Frankfurts nur in kaum nachweisbarer Weise verunreinigt wird, und dug diese Ver- sehmutzung schon eine kurze Strecke unterhalb des Einflusses der Abw~sser fiber- haupt nicht mehr nachweisbar ist, dafiir werde ich Ihnen weiter unten Belege

anffihren. Ich will Ihnen nun zunaehst, m. H., eine kurze Beschreibung der Anlage in

ihrer geschichtliehen Entwiekehng geben und dann auf die hier ausgefiihrten Ver- suehe und Untersuehungen nKher eingehen.

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14. Band. ] 15.Juli 1907.j J. T i l lmans , Die Abwasser-Klaranlage in Frankfurt a. IvI. 123

I . B e s c h r e i b u n g d e r K l ~ r a n l ~ g e ' ) .

A. D i e a l t e A n l a g e .

Die Kanalisation Frankfurts wurde im Jahre 1867 begonnen; 1871 wurde auf Grund eines Gutachtens v. P e t t e n k o f e r ' s auch der Anschlu~ you Wasserklosetts an das Kanalnetz genehmigt. Die Abw~sser wurden ungef~ihr an der Ste]le, an der heute das Elektrizitiitswerk steht, in den Main abgelassen.

Infolge yon Beschwerden aber tiber die Verunreinigung des Maines yon seiten unterhalb Frankfurts gelegener Ortschaften ver]angte die KSnigliche Regierung yon der Stadt die Reinigung der Abwi~sser durch Rieselfelder.

Die Stadt, die sich schon seit 1873 mit dem (~edanken trug, die Ausflui~stelle mehr nach unterhalb zu verlegen und die Abwi~sser vor AuslaG in den Main yon den groben Verunreinigungen zu befreien, vertrat aber demgegeniiber die Meinung, daI~ ffir Frankfurt elne mechanische Anlage genfige, ein Standpunkt, dem die Re- gierung naeh langen Verhandlungen unter der Voraussetzung beitrat, da~ die mecha- nische Reinigung durch Zusatz yon Chemlkalien verst~trkt werde. Am 31. Oktober 1882 wurde das yon der Stadt vorgelegte Projekt genehmigt. Aus versehiedenen, bier nicht n~her zu erSrternden Griinden wurde als Oft ffir die Anlage eine Stelle am linken Mainufer unterhalb des Vorortes :Niederrad bestimmt, trotzdem dann das Frankfurter Kanalwasser, da Frankfurt ja auf dem rechten Mainufer liegt, mitte]s Dfiker unter dem Main hergeleitet werden mu~te. Ferner entschied man sich aus einer Reihe yon Griinden dafiir, die Kl~rbecken fief zu legen, so daG das Kanal- wasser in freiem Gef/ille zur Kl~ranlage flieGen konnte, aber noeh genfigend freien Abflul~ zum Maine besal~. Durch die T]eflegung wurden umfangreiehe Ausschach- tungsarbeiten und eine Ubermauerung der Kliirbecken nStig, die aber anderseits den Vorteil hatte, claG dig Anlage vor den Eiuflfissen von Frost, Regen und Wind etc. geschtitzt war.

Ieh bitte Sie nun, m. H., in dem lhnen iibergebeneu Werk yon K 5 l le uud U h l f e l d e r dig Skizze auf S. 4 yon der alten Anlage aufzuschlagen.

Der linksmainische Sammelkanal mtindete neben dem rechtsmainischen, under dem Main hergeftihrten in dem 6 m brei~en Sandfange. Hier finder eine ~%r]angsamung der Wasserge- schwindigkeit auf ungefii.hr 1/~o der Geschwindigkeit im Kanalnetz statL Die Fo]ge davon ist, daft die schweren und groben Stoffe, vor allem Sand, etc. sich zu Boden setzen. Das Wasser floii dann unter einer 40 cm fief eingetauchfen :Platte durch, wodurch der gr(ii~te Tell der schwimmenden Stoffe wie FKkalien, Papier u.s.w, zurfickgehal~en wurden. Die durehgegangenen Schwimmstoffe wurden dann mit Hilfe yon schr~ig gestelIten, aus Eisensi~iben mit je 25 mm Zwischenr~iumen hergestellten Rechen zuriickgehalten. Das so vorgereinigte Wasser ira~ nun in den Misehraum ein, in dem die in 2 Rohrleitungen aus dem Maschienenhause zuflie~enden L(isungen der Chemika]ien (meist Kalkmilch und schwefelsaure Tonerde) zugemeng$ wurden. Von da ab flofi das Wasser in die ebenfalls 6 m breite EinlaufgMerie, in der sich schon ein Tell der Schwebestoffe abschied und yon dor~ in die 4 parallel mit dem Main gelegenen 82,4 m langen Kliirbeeken. Hier wurde die Geschwindigkeit des Wassers nochmals auf ~/]o, also ins- gesamt auf x/~0o der urspriinglichen Gesehwindigkeit im Siel reduziert. Infolgede~sen setzten sich hier aueh noeh die feineren suspendierten Stoffe zu Boden und das Abwasser trat, yon dem srSfiten Tell seiner Schmutzstoffe bef~'eit, in die Ablaufgalerie und yon da in den Main ein.

1) Vergl. K(ille und U h l f e l d e r , Die Reinigung der Abw~sser in Frankfurt a. M. Besondere Schrift, herausgegeben vom stlidtischen Tiefbauamte Frankfurt, 1903.

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[ Zeitsehr. f. Untersuchung 124 6. Jahresversammlung der Freien Vereinigung. [d.Nahr.- u. Genu§mittel

Die K]iirbecken waren 82,4 in ]ange, etwa 5,5 m breite Beeken, die am Einlauf einen zwei- teiligen dureh vollkommen unter Wasser liegende Sehieber versehlieSbaren Wehrrficken besafien, fiber den das Wasser in dfinnem Strahle in die Kammer iloI~. Der Aus]auf erfolgte ebenfalls tiber einen zweiteiligen Wehrrfieken, der dureh Sehtitzen die Kammern yon der Auslaufgalerie und dem Maine abspeeren konnte. Aul~erdem hatte die Auslaufseite der Beeken e]nen Unter- wassersehieber und einen Oberwasserschieber, die zum Entleeren der Kammern dienten. Die Sohle der Kammern war gewSlbL ihr Gefiille veto Einlauf zum Ablauf betrug 1 : 80. Am Ablauf war in der Sohle der Beeken eine Vertiefung, ein sogenannter Pumpsumpf angebraeht, der zum En~fernen des Sehlamms vermittels Abpumpens aus elner in den Sumpf hineinragenden Rohr- leitung diente. Die Ablaufgalerie war 3 m breit und lief aus in den 1,40 m breiten, runden Ablaufkanal, der bis in die Mitre des Mainstromes ftihrte. Bei Hoehwasser wurde er mitiels einer Klappe und eines Sehiebers vom Main abgeschlossem

Die Entfernung der im Sandfang niedergeschlagenen Rficksti~nde geschah mi~ Bagger- schaufeln, die mit der Hand bedient warden. Ebenso wurde der Rechen yon Arbeitern durch Harken mit langen Stielen yon den Schmutzstoffen befrei~, die in eine Rinne gekratzt wurden. Die Bagger and Rechenrfickstande wtirden dann in Ktibeln nach den Lagern abgefahren.

Auch die Reinigung der Zulaufgalerie, in der sieh infolge ihrer Breite and der Art des Einlaufs des Wassers in die Kammern schon eine gt-ot~e Menge Schlamm niederschlug, geschah mit der Hand darch Baggerschaufeln. Alle 4 Wochen lnuf~te jedoeh eine grtindliche Reinigung der Einlaufgalerie erfolgen, bei der die Anlage aut~er Betrieb gesetzt werden mul~te.

Die Reinigung einer Kammer erfo]gte auf folgende Weise: Die Kammer wurde yon der Einlaufgalerie abgeschlossen und das Wasser dann dureh den am Auslauf befindlichen Ober- wassersehieber bis auf das Niveau des Ablaufkanals abgelassen. Dann wurde das fibrige Wasser bis auf den Seh]amm dutch den Unterwasserschieber in einen unter der Ablaufgalerie liegenden Entleerungskanal abge]assen, yon woes in die Einlaufgalerie zurtickgepumpt wurde. Der in der Kammer verbleibende Scblamm wurde dana dureh Sehlammpumpen abgesaugt. Dabei muf~te der weiter entfernt ]iegende Seblamm durch Schieben mit Schaufeln dem ~2ampen- sumpf zugeftihrt werden.

Die Men~e der zugesetzten Chemikalien weehselte mit dem Grade der Verunreinigung des Wassers. Man untersehied 8 verschiedene Versehmutzungsgrade, die vor dem jedesmaligen Zusatz der Chemikalien in der Weise ermittelt wurden, daii yon einem Arbeiter 1 1 Ab- wasser mit 50, 100, 150, 200, 250, 300, 350 and 400 ccm Tonerdesulfat (enfl:altend 1 g Ton- erdesulfat mit 14% ](islicher Tonerde im Liter) und mit 12,5, 25, 37,5 50, 62,5 75, 87,5 und 100 ccm Kalkmilch (enthaltend 1 g _~tzkalk im Liter) versetzt und nach dem Umrtihren beobachte~ wurde, bei welchem Zusatz sich tier 5Iiederschlag am besten absetzLe. Der ge- fundene Grad wurde dann in das Masehinenhaus gemelde~ und hier dementsprechend die Chemikalienl(~sungen far den Zusatz herges~ellt.

An Gebiiuden hatte die alte Anlage, ebenso wie die neue das Verwaltungsgebaude, alas Maschinenhaus mi~ den verschiedenen Kesseln, Pumloen und den sonstigen maschinellen Ein- richtungen, ein Wohnhaus ftir Betriebsbeamte and ein Haas mit R~tumen ftir die Arbeiter. Ferner gehSrten zu der Anlage die Schlammlager und der Versuehsgarten.

Die Anlagekosten betrugen 707000 Mk., die sich aber dutch Neuanschaffungen und Verbesserungen bis zum 1. April 1902 auf 859 400 Mk. erh6hten.

Die Betriebskos~en betrugen im Geseh~ftsjahre 1901 148600 Mk., denen aber 3800 Mk. Einnahmen dutch Verkauf yon Riickst/~nden und landwirtschaftliehen Pro- dukten, die auf der Kl~iranlage gezogen waren, gegentiberstanden, so dalil eine A~usgabe yon 144800 Mk. oder 0,56 Mk. pro Kopf der BevSlkerung verblieb. In diesen Be- trag sind die Kosten fiir die Chemikalien miteingesehlossen, die durchschnittlich jiihr-

lieh 45000 Mk. oder 0,17 Mk. pro Kopf betrugen.

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14. Band. 1 J. Til lmans, Die Abwasser-Kl~ranIage in Frankfurt a.M. 125 15, Juli I907.J

B. Die h e u t i g e A n l a g e .

Bei den zahlreichen ehemisehen Untersuchungen des ungerein]gten und gereinigten Abwassers (vergl. weiter unten) hatte sich herausgestellt, dal~ die Wirkung der Chemi- kalien auf den Kl~reffekt eine aut~erordentlich geringe ~st und da~ rein meehanisch ohne Verwendung yon Chemlkalien ebensogut gekl/irt werden kann.

Deshalb wurde im September 1902 der Chemikalienzusatz mit Genehmigung der KSniglichen Regierung eingestellt, dagegen verlangte die Regierung eine VergrSSerung tier K1/iranlage. Die ursprfinglich vorgesehriebene Gesehwindigkeit des Abwassers in den Kammern yon 4 mm pro Sekunde hatte sieh namlieh infolge des Waehstums der Stadt und der dadurch erfolgten Vermehrung der Abw/~sser naeh und naeh erhSht, so dal~ naeh Ansieht der AufsichtsbehSrde die vorhandenen vier Kammern fiir eine ausreichende Reinigung der Abw/~sser nicht mehr genfigten. Auf die grofte Lange yon 82 m wurde dagegen kein Gewicht gelegt, so da$ die Kammera halbiert werden konnten. Danach wurde die Anlage in 14 Kammern zu je 40,6 m Lange umgebaut, wobei dann die Einlaufgalerie in die Mitte der Anlage verlegt werden mutate, was aueh die Verlegung des Sandfanges, der Rechen und der Einlaufkanale zur Folge hatte, so da$ also je 7 Kammerpaare reehts und links yon der Einlaufgalerie ent- standen sind, die das Wasser in entgegengesetzter Richtung durehfliel~t. Ebenso wurde dadureh tier Bau einer zweiten Ablaufgalerie erforderlich, die mit tier ersten dutch einen parallel mlt den Klarbeeken gelegten fibermauerten Kanal in Verbindung steht.

Bei der Um~nderung war gleichzeitig das Augenmerk darauf geriehtet, die Ein- • icbtungen so zu gestalten, dal~ die Reinigung der Reehen, des Sandfanges und die Entfernung des Sehlammes aus den Kammern so weir als mSglieh masehinell voll- zogen werden konnte, so dab eine Beriihrung der Arbeiter mit den Rfickst~nden in Wegfall kam.

Die umgebaute Anlage hat also, wie Sie aus der Skizze auf S. 19 der Sehrift yon K 511 e und U h 1 f e 1 d e r ersehen wotlen, folgendes Aussehen : Der linksmainisehe Hauptsammter vereinigt sich kurz vor dem Eintritt in die Klaranlage mit dem unter dem Main hergeffihrten rechtsmainischen Hauptsammler. Der Eintaufkanal geht alhnah- lieh in den 8,8 m breiten und 2,85 m tiefen Sandfang fiber. Die hier abgeschie- denen Stoffe werden durch eine Baggermasehine, die yore einen Ende des Sandfangs zum anderen Ende fortbewegt werden kann, ausgebaggert und auf ein Transportband geworfen, das die Riickst~nde in Wagen kippt.

Hinter den Sandfang sind die drei Rechen eingebaut. Diese haben gegen~iber der alten Anlage eine vollst~ndige Um/inderung erfahren. Das von dem hiesigen Stadtbau- inspektor U h l f e l d e r erfundene System gestattet ein vollkommen selbstt~tiges Ar- beiten. Die Rechen, die einen Durchmesser yon 6 m u n d eine Breite yon 2 m haben, stellen gleichsam Rader mit je 5 Sehaufeln dar, wie Sie aus Abbildungen 27 auf S. 37 tier Ihnen fibergebenen Schrift ersehen kSnnen. Diese Schaufeln bestehen aus nebeneinander gelegten Eisenstaben, die elnen Abstand yon je 10 mm haben. Die Schaufeln streichen dem Strom entgegen /lurch das Wasser and holen die Sehwimm- stoffe heraus. Eine Biirste streieht dann die abgefangenen Stoffe auf ein Transport- band, das die Riiekst~nde in einen Wagen kippt. Die mit Sandfang- und Reehen- • fieks~anden geffillten Wagen werden dutch einen Aufzug naeh oben befSrdert nnd yon bier auf einem besonderen Geleis nach den Lagern abgefahren.

Die Einlaufgalerie hat nur eine Breite yon 2 m gegenfiber 6 m d e r alten Ein-

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[Zeitschr. f. Un~;ersuehung 126 6. Jahresversammlung der Freien Vereinigung. [d. lgahr.- u, Genuf imi t te l .

laufgalerle, wodurch die Niederschlgge bier infolge der erhfhten Gesehwindigkeit gegen friiher sehr reduziert sind.

Die 40,6 m langen Kammern haben je 7,5 m vom Ein- und Ab]auf entfernt zwei Pumpenstimpfe. Die Kammersohle ]st so gestaItet, dat~ sie in der Mitre erhfht ist und rnit einem Gefiille von 1 :10 zu den Sfimpfen abffillt. Mit demselben Geffille senkt sieh die Kammersohle vom Ein- und Ablauf zu den Sfimpfen ab. Diese Ge- stalmng der Kammersohle hat den Zweck, dab der Sehlamm von selbst zu den Sfimpfen, aus denen er abgepumpt wird, naehgleitet und so ein Nachschieben mit Sehaufeln, wie bei der alien Anlage, fiberflfissig wird.

Der Einflul~ des Wassers in die Beeken erfolgt durch je zwel breite, vollkommen unter Wasser liegende, durch Schfitzen versehllel3bare 0ffnungen. In der alten An- lage flog das Wasser fiber einen Wehrrfieken in die Kammer ein, was abet den Migstand gezeitigt hatte, dag, wenn vial Wasser zuflol~, dieses mit ziemlicher Gewalt in die Becken strfmte, dadurch das ~Vasser in Bewegung brachte und den am Einlauf scbon abgelagerten Schlamm zum Teil wieder aufwirbelte. Die neue Einrichtung er- mfglieht ein vollkommen ruhiges EinflieBen des Wassers, obne dab ein Aufwirbeln des Schlammes am Einlauf erfolgt.

Der Auslauf erfolgt in iihnlicher Weise wie bei der alten Anlage fiber einen doppelten, dureh Schtitzen verschlieBbaren Wehrrticken. AuBerdem befinden sich am Ablauf zu Spfilzweeken zwei Unterwasserschieber. Am Einlauf befindet sich in ge- ringer Hfhe fiber der SoMe ein Unterwasserschieber, der zum Ablassen des Wassers bei Entleerung einer Kammer dient. Die neu erbaute Ablaufgalerie ist 1,30 m breit, die alte wurde yon 3 auf 2 m Breite reduziert, um sie leiehter reinigen zu kfnnen. Der i n den Main reichende Ab]aufkanal blieb ebenso wie die Abspermngsvorrieh- tungen unge~ndert.

Die Reinigung einer Kammer gesehieht in folgender Weise: Die Kammer wird zuniichst yon der Einlaufsgalerie abgeschlossen und dann das Wasser, solange es abl~iuft, fiber das ~Jberfallwehr an der Ablaufgallerie abgelassen. Das Ableiten des fibrigen Wassers gesehieht dann durch eine unter der Einlaufgalerie ]iegende 30 em weite Rohrleitung und zwar wlrd das Wasser dutch die eben erwiihnten, am Einlauf befindlichen Unterwasserschieber in eine andere Kammer abgelassen, bei deren Betrieb es nochmats mitgekl~rt wild. Dieses heutige System hat gegentiber dem der alten Anlage den Vorzug, dab die Kosten ffir die Abpumpung des Wassers vom Ent- leerungskanal in die Einlaufgalerie gespart werden. Der zurfickbleibende Schlamm wird dann vermittelst einer Snug- und Druckpumpe durch eine Rohrleitung, die in die Pumpsumpfe hineinragt, in einen groflen Kessel gesaugt und yon hier nach den Sehlammlagern gedriickt.

Bei Hochwasser im Main mug, um zu vermeiden, dab das Mainwasser in die Anlage eintritt, der AblaufkanM vom i'~/[aln abgesperrt werden. Das gereinigte Wasser wird dann durch Pumpen mittels besonderer Leimngen aus der Auslaufgalerie in den Main gepumpt.

Um zu Epidemie-Zeiten das Abwasser vor dem Einleiten in den Flug desinfizieren zu kfnnen, sind gemauerte BehKlter vorhanden, in die die Abwiisser aus der Ablauf- gallerie gepumpt werden warden, ttier k6nnen sie mit Chlorkalk oder anderen des- infizierenden Stoffen gemischt und dann nach dem Absitzenlassen in den Main abge- pumpt werden.

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14. Band. 1 ~. T i l lmans , Die Abwasser-KI~tranlage in Frankfurt a.M. 127 15. Juli 1907.J

Die Gesamtkosten des Umbaues betrugen 976000 Mk. Die jiihrliehen Betriebs- kosten betragen zurzeit pro Kopf der Bevflkerung:

1. Ftir den eigentliehen Betrieb . . . . . . . . . . 0,45 M. 2. Zinsen and Tilgung des Anlagekapitals . . . . . . 0,25 8. Einlage in den Erneuerungsfond . . . . . . . . . 0,05 4. Allgemeine Verwaltungskosten . . . . . . . . . . 0,10 ,

Im ganzen 0,85 M.

Ieh mui~ reich bei der Besehreibung der Anlage auf diese Angaben beschri~nken. Wegen der weiteren technischen Einzelheiten verweise ich Sie auf die mehrfach er- wi~hnte Sehrift von K f l l e und U h l f e l d e r .

IL Die ausgef l thrten tVersuche und Untersuehungen .

A. ~ b e r d i e A b w ~ s s e r r e i n i g u n g .

1. Wirkung verschiedener Chemikalien und Parallel-Versuche mit chemischer und rein mechanischer Klii.rung.

Sofort nach Inbetriebnahme der Anlage wurde die Abwasserrdnigung in einer AnzaM yon Versuchen studiert. In den Jahren 1887, 1888, 1889 und 1890 wurden dutch Professor L e p S i u s vom hiesigen physikalischen Verein I) versehiedene Reihen yon Kl/~rversuchen unternommen, die in erster Linie den Zweck verfolgten, festzu- stellen, mit welchen Zusi~tzen das Abwasser am zweekm/~l~igsten gereinigt werde.

Es wurden vom ganz ungerelnigten Kanalwasser, yon dem vorgereinigten nach Zumisehung der Chemikalien und dem Auslaufwasser all bestimmten Tagen mittags 12 Uhr Proben entnommen, wobei die zur Untersuchung verwendeten Proben aus einer Reihe yon Einzelproben, die yore Grunde, aus der Mitre und yon der Ober- fl/iche genommen waren, gemiseht wurden. Grfbere F/~kalmassen wurden sorgf/iltig verrieben.

Versuch 1 - 3 wurde in der Weise angestelI~, da~ auf jedes Liter Abwasser 0,180 g Tonerdesulfat (mit 21% 15slicher Tonerde) und 0,04 g Kalk in Form voIl Kalkmilch zuge- setzt wurden. Der dabei ausgeschiedene Gips uud das entsteheude Tonerdehydrat bilcleten einen itockigen, voluminfsen Niederschlag, der beim l~iederfallen die suspendierten Stoffe mit- rift. Der folgende Yersuch wurde mi~ Kalkmilch alleln ohne Tonerdesulfat ausgefahrt, wobei der doppelSkohlensaure Kalk, ferner die freie Kohlensliure and sonstige gelfs~e kohlen- saure Salze kohlensauren Ka]k aussehieden. Bei Versuch 5 wnrde ohne Anwendung yon Chemikalien rein mechanisch gekliirt. Yersueh 6 and 7 wurden unter Verwendung yon Eisen- vitriol and Kalk als Fiillungsmittel ausgeffihr~. Die dabei vor sic h gehende Umsetzung ist der der Tonerdesulfat-Kalk-Fallang ganz analog. Es scheidet sieh Gips und das flockige Eisenoxydulhydrat aus. Bei diesen Versuchen wurden auch Tagesdarchschnittsprobeu des Abwassers untersueht.

Durctl die Verwendung der bisher genannten Chemikalien wird tier sich in den Beeken absetzende Schlamm mit S~offen beschwert, die ftir die Verwendung desselben zu Dfingezwecken Ballast darstellen. In dem folgenden Versuche verwandte L e p s i u s deshalb Phosphorsanre and Kalk in der Hoffnung, dab die Phosphorsi~ure vo]lkommen in den Sehlamm iibergeheu and dieser somit an diesem far die Landwirl.schaft sehr wiehtigen Stoff reieher and damit wer~voller werde. Der Zusatz zu einem Liter zu kliirenden Wassers betrug 17,56 rag robe

*) Jahresbericht des l~hysikalisehen Vereins Frankfurt a. M. 1887/88, 1888/89 u. 1889/90.

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[Zeitsehr. f. Untersuehung 128 6. Jahresversammlang der Yreien Vereinigung. ld. Nahr.-u. Genullmittel.

Phosphorsiture und 110,4 rag Katk. Dabe i entsteht der unlSsliehe phosphorsaure Kalk. Gleiehzeitig kann aus den i'~Iagnesium- und Ammoniumsalzen des Kanalwassers das unl~Islieho Ammoniummagnesiumphospha~ entstehen.

Die Ergebnisse dieser Versuche waren fblgende:

1 Liter Wasser en~hielt mg

Ungerei- nigtes ~) Kanal- WgSSer.

(~Iittel aus Versueh '

1 - s)

Gekl~rtes Abwasser

Versuehe Versuch 8 Versuehe Versuch 4 Versuch 5 6 und 7 1--3 i

Tonerde- i sutfat und Kalk

Kalk

Ohne Che- Eisenvitrlot mikalien I und Kalk

Phosphor- s~iure uncl

Kalk

G e l s s t e S t o f f e im ganzen Mineralstoffe (Gltihritckstand) . Organische Stoffe (GlCihveEust) Stieks~off . . . . . . . . Organischer Stiekstoff Ammoniak-Stieks~off . . . . Oxydierbarkeit (mg Sauers~off)

S u s p e n d i e r t e S t o f f e Nine~ Mstoffe (Gliihrtiekstand) . Organisehe S~offe (Gl[ihverlust) Organischer Stickstoff Keimgehalt pro cem ~)

898 381 517

75 11 63 18

1164 387 806 45

3 051 250

865 582 282 58

7 51 13

158 69 89 4

378 800

23 45 4

119 20 99 4

17 500

836 683 503 375 333 308 68 84

4 30 10

155 63 92 10

3 35t 250

1006 585 422 103

8 95

9

116 76 39 1,5

641 700

675 335 340 35 0

35 11

79 69 t0 10

324 000

Aus diesen Versuchen ergibt sich:

a) I t i n s i c h t l i c h d e r g e l 6 s t e n S t o f f e . Diese werden, wie zu erwarten war, nur in sehr geringem Mage abgeschieden. Der Gehal t an gel6sten mineralischen Stoffen steig~ natfirlich bet der chemischen Klfirung. Hinsichtlich der organischen gelSsten Stoffe verhiilt sich am giinstigsten die Tonerde-Kalk-Klarung, am wenigsten

giinstig die 1nit Eisensulfat und Kalk . b) H i n s i c h t l i c h d e r s u s p e n d i e r t e n S t o f f e . Die Ar t der Klgrung, ob

mit Tonerdesulfat und Kalk, mit Kalk, ohne Chemikalien, mit Eisenvitriol und Kalk , oder mit Phosphorsaure und Ka lk ist yon wenig erhebllchem Einf lug auf die Ab- scheidung der suspendierten Stoffe. Die organischen suspendierten Stoffe, auf die es ja hauptsiichlieh ankommt, werden am besten bet der Phospho~iiure-Kalk-, am schleeh-

testen bet der Kalkkl~trung entfernt. c) I I i n s i c h t l i c h d e r S t i c k s t o f f v e r b i n d u n g e n . Die suspendierteStick-

stoffsubstanz wird tiberall in reichlichem Mage abgeschieden. Die gelSsten Stickstoff- verbindungen werden im allgemeinen nicht entfernt. Am ungiinstigsten ist auch hier das Ergebnis bet der Eisensulfatkalkklgrung und der Kli irung mit Ka lk allein.

Bet der Ka lk -Kl~rung werden also die suspendierten Stoffe am wenigsten gut abgeschieden, wiihrea~d bet der Eisensulfat-Kalk-Kli i rung am ausgiebigsten entfernt werden; dagegen bleibt dieses Verfahren tiberall hinsichtlich der gelSsten Stoffe im Riickstand. Die Kli~rung mit Phosphorsiiure und Kalk ist nach den vorliegenden Zahlen bezfiglich des Kl~ireffektes entschieden die beste; es zeigte sieh aber, dab die

~) Wegen der auiierordentlich grofien Schwanktmgen der Zahlen far das ungereinigte Kanalwasser ist aus allen Versuchen das Mittel berechnel worden.

'~) Die bakteriologischen Un~ersuchungen sind yon SanW, itsra~ Dr. L ibb e r t z ausgefiihrt.

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14. B a n d . ] 15.Juli 19o7.1 J. Ti l lm~ns, Die Abwasser-Kl~ranlage in Frankfari; a.M. 129

Phosphors~ure zu einem betriiehtlichen Tell sich im Ablaufwasser befand und somit verloren ging. Da nun abet die kostspielige Phosphorsaurekl~rung nur dann praktisch angewendet werden konnte, w~nn die Phosphors~ure zum allergr5f~ten Tell im Schlamm wieder erhalten wurde, so war dieses Verfahren auszusehaIten.

Von chemisehen Kl~rmethoden erwles sieh danaeh im grol~en und ganzen die Tonerde-Kalk-Klarung als die zweekm~ftigste, die dana in der Tat jahrelang ange- wandt worden ist.

Im Jahre 189t studierte L e p s i u s in drei Versuehen den Einfluf~ des Gehaltes yon Tonerdesulfat an 15slieher Tonerde auf den Kl£reffekt. Er wandte drei ver- schiedene Tonerdesulfate mlt 9 , 11 und 14°/o 15slieher Tonerde an und land, dal~ bei Verwendung des Sulfates mit I4 °/0 15slicher Tonerde die besten Ergebnisse er- halten wurden. V o n d e r Mitteilung der Zahlen sehe ich ab.

Diese ersten L e p s i u s ' s c h e n Versuehe sind jedoch meines Erachtens aus meh- reren Griinden nicht ganz einwandfrei, worauf auch, wle ich naehtr/iglich erfahre, yon anderer Seite schon hingewiesen ist. Einmal kann die Probenentnahme vet Sandfang und Rechen, wenn sie auch mit den allergrSf~teu Vorslchtsmal~regetn gesehieht, keine genaue Durchsehnittsprobe liefern. Im ungereinigten Kanalwasser schwlmmen n[im- lich F/i.kal!en, Papier u. s. w. in ganz unregelm~f~iger Menge. Da i s t e s nun ffir die Zusammensetzung der entnommenen Probe yon erhebliehem Einflul3, ob man in dem relativ kleinen Wasserquautum einen, zwei oder mehr derartiger Stoffe mitbekommt und dutch Verreiben im Wasser verteilen muff.

Sodann vergleicht L e p s i u s die um diesetbe Zelt einmal am Tage - - n/imlieh mittags 12 Uhr - - entnommenen Ein- und Ablaufwasser miteinander. Das Wasser gebraucht aber, um den Weg veto Einlauf zum Ablauf zurfiekzulegen, mehrere Stunden und ist zu den versehiedenen Stunden des Tages sehr verschieden zusammengesetzt, worauf ich noch welter unten n~her eingehen werde. Deshalb entspricht das Ablauf- wasser yon 12 Uhr mittags dem Einlaufwasser veil etwa 9 - - 1 0 Uhr morgeas, und kann daher eigentlieh nicht mit dem Einlaufwasser von 12 Uhr mittags in Vergleieh gestellt werden. Dieser Umstand drfickt sich besonders deutlich aus in dem ganz versehiedenen Gehalt des Ein- und Ablaufwassers an gelSsten Stoffen.

Endlich geben die :Lepsius ' schen Zahlen ffir die Glfihverluste nieht anniihernd den Gehalt des Wassers an organisehen Stoffen an, da er den Glfihverlust in der Weise bestimmte, daf] er den Abdampfrfickstand zuerst fiber der Bunsen-Flamme und dana fiber dem Geblase weil~ brannte 1). Bei diesem Verfahren wird natilr]ich tier betrSchtliche Gehalt des Abwassers an Kochsalz zum groBen TeiI mit als Glfihver- lust bestimmt.

Ein Ergebnis der L e p s i u s'schen Versuehe abet, das yon diesen UnregehnSl~ig- keiten unberfihrt bleibt, ist die Tatsache, daI~ die Chemikalien, sei es nun Tonerde und Kalk, EisenviLrlol, Phosphorsaure u. s. w., einen sehr geringen Ei,fluf~ auf die Beseitigung der Schwebestoffe haben. Die Entfernung dieser Stoffe (lurch die KI~r- anlage ist vielmehr in der IIauptsache der einfach mechanischen Wirkung der Klar- beeken zuzuschreiben. Ebenso ist die Einwirkung der Chemikalien auf die gelSsten Stoffe nur eine ~ul~erst geringe.

Dieses letztere Ergebnis steht aueh v511ig im Einklang mit den schon frfiher gemaehten Beobaehtungen. In der ersten Ausgabe seines Werkes ,,Die Verunreinigung der Gewiisser etc." ~) sagt d. K S n i g z. B.:

~) Jahresberich~ des physlkalischen Vereins Frankfm't a. M. 18871'88 , S. 55. ~) Berlin, bei J u ] i u s S p r i n g e r , 1887, S. 74.

~. 07. 9

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I Zei tsehr . f. Un~ersuehung 130 6. Jahresversammlung der Freien ¥ereinigung. ld. ~'ahr.- u. Qenuami~el.

Durch chemische und meehanische F/illungs- resp. Reinigungsmitte] ist es im allge- meinen nur miiglich die suspendierten Sehlammstoffe zu f~illen, denn ebensowenig wie ffir Ammoniak und Kali, ebensowenig besitzen wir far die gel~isten organischen Stoffe durch- greifende Fallungs- und sonstige Reinigungsmittel. Die Fi~llung der gelSsten organischen Stoffe kann nut" in beschr~nktem Marie dutch chemische Fallungsmittel unterstiitz~ werden".

Im Jahre 189] wurden dureh Dr. P o p p und Dr. B e c k e r 2 K1/irversuche unte r Verwendung yon schwefelsaurer Tonerde u n d K a l k bezw. sehwefelsaurer Tonerde und Dolomit ausgeffihr~. Bei diesen Versuchen, bei denen die P robenen tnahme am E in l au f ebenfalls mittags 12 Uh r erfo]gte, wurde die Auslaufprobe entsprechend der ermittelten Geschwindigkeit des Wassers sp~iter genommen, soda~ es sich bei den Auslaufproben in diesen Fi i l len um Abwasser handel t , das den Ein laufproben entspricht. Die Er- gebnisse waren folgende pro Li ter :

26. VI. 91 20. VII. 91 Kl~rung: Sehwefelsauere Schwefelsauere Ton-

Tonerde d- Kalk erde -t- Dolomit

"-Einlauf- Ablauf- "Einlauf- Abtauf- wasser ~vasser wasser wasser

~Gesamtmenge . . . . . . 319,5 mg 72,0 mg 633,0 mg 78,0 mg Mineralstoffe . . . . . . 118,0 ~ 24,0 , 266,0 ~ 5,0

Sus- Organische Stoffe . . . . 201,5 ~ 48,0 , 367,0 , 73,0 ~, p e n - ) Gesamt-. . . . 9,6 ~ 4,0 ~ 76,7 ~ 8,0 ,,

dierte Stiekstoff. organiseher 5,8 , 3,2 ~ 75,0 ~ 8,0 , Stoffe Ammoniak- 3,8 ~ 0,8 , 1,7 ~ 0

Oxydierbarkeit (rag Sauerstoff) 41,3 ~ 18,0 , 49,1 ~ 31,0 Gesamtmenge . . . . . . 782,5 ~ 770,0 ~ 821,0 , 717,0 MineraIstoffe . . 730,0 ~ 660,0 ~ 575,0 , 504,0 ,.

Ge- Organisehe Stoffe . . . . 52,5 , 110,0 ~ 246,0 ~ 213,0 10ste t 8esamt- . . . . 62,9 ,, 65,8 , 64,4 ~ 47,0 Stoffe Stiekstoff I organischer . . 1,5 ~ 0,7 , 8,9 ~ 5,0

| Ammoniak- . . 61,4 ~ 65,1 ~ 60~5 , 42,0 Oxydierbarkeit(mgSauerstoff) 57,0 , 13,7 ~ 42,4 , 6,1 ,

Keime in 1 ccm . . . . . . . 705 920 122 570 2 010 000 163 000

Diese Unte r suchungen best/itigen das Ergebnis der L e p s i u s ' s c h e n Versuche hinsiehtlich der geringen W i r k u n g der Chemikalien auf die gelSsten Stoffe.

I m weiteren Yerfolg dieser ffir die gesamte Abwi~sserreinigung hoch wichtigen Angelegenhei t wurden in den Jahren 1899, 1900 und 1901 vom Tiefbauamte durch Professor F r e u n d vom physikal ischen Verein Paral lel-Versuche mit chemischer und

rein mechanischer K l g r u n g ausgeffihrt.

Untersueht wurden sowohl Stundenproben als aueh Tages-Dnrehschnittsproben des Ein- und Ablaufwassers, die jede Stunde hinter Sandfang und Rechen und am Ablauf en~nommen wurden. Die letzteren wurden in der Weise gewonnen, daft die einzelnen Stundenproben ge- mischt wurden; yon dieser Mischung wurde die Probe fiir die Untersuehung entnommen. Die ¥ersuehe wurden in der Weise ausgeftihrt, da~ die Chemikalien start wie im normalen Betriebe in der Einlaufgalerie in einer oder mehreren Kammern zugemiseht wurden, w/ihrend in den iibrigen Kammern ohne Chemikalienzusatz gekllirt wurde, tn der folgenden Tabelle ilnden sieh die Mittelzahlen aus den zah]reichen Untersuchungen der Tagesdurchschnittsw~sser. Auf die Mitteilung der Ergebnisse der Untersuchung yon Proben einzelner Stunden oder be. stimmter Tagesabsehnitte verziehte ich. Zum Vergleich fiihre ich aueh die bei den L e p s i u s ' - schen Kli~rversuchen mit schwefelsaurer Tonerde und Xalk einerseits und rein mechanischer Kliirung andererseits erhaltenen ~ittelzahlen an.

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14. B a n d , ] 15 J u l i 1907.J J. Ti l lmans, Die Abwasser-Kliiranlage in Frankfurt a.M. 131

A r t d e r r r o b e

u n d Z e i g

d e r U u t o r s t t c h u n g

L e p s i u s

(1887, 1888 u n d 1889).

U n g e k l ~ r ~ . . . . .

C h e m l s e h gekl~ i r t . .

~ e e h a n i s c h g e k l ~ r t

A b n a h m e in %

C h e m i s c h gekllirt~ .

~ e c h a n i s c h g e k l ~ r t

F r e u n d (1899/1900). (2*[ittel v e r s ¢ h i e d e n e r

¥ e r s u z h e . )

UngekFJ, r~ . . . . .

C h e m i s c h gekI~r~ . .

M e c h a n i s c h g e k l ~ r ~ .

A b n a h m e in %

C h e m i s c h g e k l ~ r t , .

2 I e c h a n i s c h gek l~ r~ .

F r e u n d (1900;01). ( M i t t e l a u s 10 V e r -

s u e h e n . )

U n g e k l i ~ r t . . . . .

C h e m i s c h g e k l i i r t . .

M e c h a n i s ° h s e k l ~ % .

A b n a h m e in %

C h e m i s c h gekli~r~ . .

M e c h a n i s c h geklii~q~ .

Ge l ( i s t e Stoffo Susl~endier~o Stof fe

8 t i c k s t o f f

N ~

927 443 484 948 706 230 683 375 308

0 0 5 2 26 15 36

• 497 257 704

645 499 14-6

8,4[ 0 43

! 623 395 228 5921398 194 615 394 221

5 0 15 1,310,251 3,1

.~ S t i e k s t o f f

~ ~ o.~

26,9 80,6 68,7 I1,9 16,5 66,5 59,4. 7,2 9,5 34,1 30,3 3,8

38,6 17,5 I3,5 39,5 64,6 57,7 55,9 68,1

43,9 60,1 46,3 13,8 23,7 39,2 29,4 9,8 32,6 43,5 32,9 10,6

46 35 36 29 26 28 29 23

82,9 38,9 26,0 12,9 30,6 42,8 29,7 13,1 30,2 45,4 30,0 15,4

7 0 0 0 8 0 0 0

Besonders die letzte Versuchsreihe beweist zur Evidenz,

t

435 955' 1390: • ~ 120,8 122 53 65 12,5 155 63 92 24,5

86 91 88 93 89,6 89 90 79,7

1217 365 582 100,6 -- 21,85 226 83 149 27,5

- - 78 61 62 61 73

536 244 292 69,9 193 97 96 24,2 197 116 81 34,7 6,8 2,5

64 60 67 65 71 28 75 63 53 72i 51 64 0 75

dal~ die Abnahme an

56,8 2,4 54,4 6,9 4,9 2,4 - - - - 1 0 , 1

87,8 0 95,5 - - - - 8 1 , 4

i

21,46~ 0,46 21,0 7,7 5,0 2,7 5,9 1,7 4,2

64 0 87 72 0 80

19,0 1,8 1722 5,5 1,3

4,3

allen Stoffen bei der mechanischen Kl~rung durchweg ebenso hoch ist als bei der chemischen.

Im September 1902 wurde dann aueh yon der K6niglichen Regierung die Ein- stellung des Chemikalienzusatzes genehmigt.

2. Kl~rung in verschieden langen Kl~rbecken.

Wie schon oben erw~hnt, legte die n5tig werdende Vergr5Berung der Kl~iranlage den Gedanken nahe, die 82 m langen Kliirbeeken auf die Hi~lfte zu verkfirzen, um so die doppelte Anzaht Becken zu gewinnen.

Eine erhebliche tterabsetzung des Klitreffektes brauchte dabei um so weniger beffirchtet zu werden, als in einer Reihe von anderen deutschen St~dten die Kliir- becken zum Tell eine L~nge von noch weniger als 40 m besal3en und dort dennoch die Abwitsser in ausreichendem )Z[aBe gereinigt wurden. So waren die Becken yon Kassel 40 m, die yon Marburg 20 m, yon Wiesbaden 30 m, yon K61n 45 und yon Mannheim 48 m lang. Die Regiel-ang erteilte auch sofort ihre Zustimmung zu der Verkiirzung der Becken auf 41 m.

Vorsichtshalber wurden aber dennoch vor Beginn des Urabaues Parallel-Vet- 9*

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Zeitsehr. i Un~ersuehung 132 6. Jahresversammlung der Freien Yereinigung. ! d. Nahr.- u. 8enufimittel.

suche fiber den Grad der K1/irung in 82 m u n d 41 m langen Becken angestellt. In der Mitre einer Kammer wurde eine Mauer eingebaut und nun im normalen K1/£rbetriebe das Ablaufwasser sowohl am Uberlauf fiber diese Mauer wie am Ablauf der unverkfirz/en Becken entnommen. Die Untersuehungen, die wieder yon Professor F r e u n d im Jabre 1901 ausgeffihrt wurden, lieferten folgendes Ergebnis:

M i t t e l z a h l e n aus 3 ¥ e r s u c h e n . t

GelSste Stoffe (rag im Liter) Suspdndierte Stoffe (rag im Liter)

Ar~ (~e- lgine- der Probe samte ral-

Stoffe stoffe

Ungeklar~ . . . . Gekliirt [ 82 m

in Becken yon ~ 4i m Abnahme in °/o [ 82 m bei Becken yon ~ 41 m

739 654 657

12 11

420 388 400

8 3

Aus diesen Zahlen ergibt

Orga- Oxy- S~iek- nische ~lierbar- Stoffe keit stoff

819 38 41 270 27 37 248 29 43

16 29 10 12 24 0

Ge- Mine- Orga- samte ra l - nisehe Stoffe stoffe Stoffe

1463 542 922 89 27 62

135 23 114 95 95 93 91 95 88

Oxy- dierb~r- Sti~k-

kei~ stoff

143 39 13 6 8 5

91 98 95 99

sieh, da$ die Kliirung in 82 m langen Becken gegenfiber der in 4 t m langen kelne erheblichen Vorteile bietet, so daG die Ver- kfirzung der Becken unbedenklieh ausgeffihrt werden konnte.

3. Naehbehandlung der gekl~rten Abw~sser in Oxydationsfiltern.

Die verlangte VergrSl3erung der Kli~ranlage veranlat~te die Stadt, Versuche darfiber anzustellen, ob nicht die geforderte ausgiebigere Reinigung der Abwiisser zweckmKf~iger durch biologische Nachreinigung des ablaufenden Wassers erreicht werden kSnne und damit vielleicht besser die VergrSfterung der vorhandenen Anlage durch den Bau yon Oxydationsfiltern ersebzt werden kSnne. Es wurde deshalb eine kleine Versuchsanlage gebaut. Die Versuehe wurden im gahre 1902 yon Professor F r e u n d und Stadtbauinspektor U h l f e l d e r 1) ausgeffihrt. Die l~berwachung des Versuehs- betriebes fibernahmen Geh. Med.-Rat Dr. S c h m i d t m a n n und Professor P r o s - k au e r-Berlin.

Die Versuchsanlage zerflel in 4 Abteilungen niimlich Einlaufbehalter, ¥orfilter, 3 Haupt- fil~er und Auslaufkammer. Der Einlaufbehiilter diente zum Sammeln und ~isehen des durch eine Pumpe ausde r Ablaufgalerie hierhergehobenen Wassers. Das ¥orfilter war 3,5 X 3,5 m grofi und eni~hiel~ eine Kiessehieht (0,5 m), dariiber Sand (0,2 m) und Holzwolle (0,1 m). Die Hauptfilter waren ebenfalls 3,5 qm grolL Yon ihnen wurden nut 2 in Gebrauch genommen. Sie waren je 1 m hoeh mit gesehlagenem Koks in NufigrSfie geftillt. Bei einem der Haul)t- filter waren in dem Koks in AbstKnden yon je 0~3 m yon der Sohle und der Oberfiiiche zwei 5 cm hohe Schichi~en aus weichem Kalks~ein in kleinen Brocken eingelegt. Under dem Yet- filter, also zwischen diesem und den I:Iauptfiltern war ein 0,5 m hoher Tropfraum angeordnet, der mit der Aufientuft in direkter Yerbindung stand. Die ¥ersuche wurden mit mechanisch gereinigtem Abwasser in der Weise ausgeftihrt, daft das Wasser langsam yon oben in die Filter einlief, dor~ I~ngere Zeit ruhig stand~ dann langsam yon un~en abgezogen wurde, worauf das Filter zur Regenerierung einige Zeit leer stehen blieb. Im allgemeinen dauerte der Zulauf

i) F r e u n d und U h l f e l d e r , Yersuche mit Nachbehandlung der Frankfurter AbwKsser in Oxyda~ionsfiltern.- Deui~sehe ¥ierteljahresschrif~ ftlr 5ffentliehe Gesundheitspflege 1902, 84, tIeft 2.

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~. ~ n a ~ 1 3 3 z~.~u]i ~9o~.J J. Ti l lmans, Die Abwasser-Kt'~ranlage in Franl~furt a.M.

eine Stunde, der Aufenthalt in den Yiltern 2 Stunden, der Ablauf eine Stunde und das Leer- stehen mindestens 2 Stunden; doch wurden auch Versuche mit~ kiirzeren Zeiten gemacht. Die Versuche wurden nur mit Tageswasser yon Wochentagen ausgefiihr~, da das ~Nachtwasser wle das Sonntagswasser an sich schon sehr wenig verschmutzt ist. Das Ergebnis war im Mittel aller Yers~che fo]gendes:

Art der Probe

I 0xydierb~rkeit; (rag Sauers~off f i i r 1 1) der

i ~ ~ ~

Gel~ister u. suspen- dieri~er S~ickstoff

(rag in 1 1) I

~ .~ !

I

GelSster Stickstoff

(rag in 1)

Suspendierter Stickstoff

(rag in 1 ])

MechanisChwasser . . . . . . . gekl~r~es Ab- 171,1137,2

NaChFfl~ernderBehandlung . . . . . . . in den [35'5i24"21

33,9 55,8 38,2 i

11~3 33,0 i 22,4

I 17,6149'2 37,1

10,6 Ii 30,4 22,0

12,1 8,9

8,4 4,6

Die Verminderung der gesamten Oxydierbarkeit betxagt also 50 °/o.

2,0 6,9 !

1,5 i 3,1

Der Gesamt-Stickstoff geht um 39,2 °/o zurfick. Der ttauptanteil an diesem Rfiekgang kommt auf Rechnung des unschiidlichen Ammoniakstickstoffes, der mn 41,4°/[) abnimmt, wi~hrencl der organisehe Stickstoff um 40°/o heruntergeht. Dieser Wert setzt sich zusammen aus 21 °/o suspendiertem und 19 °]o gelSstem Stickstoff.

Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis der Versuche war, dal~ schon in einem Zeitramn yon 15--20 Minuten ein erheblicher Tell der Verunreinigungen entfernt wird, ein Ergebnis, welches daffir spricht, dal~ die Wirkung der Filter zu einem Tell reia physikatisehen Ursaehen zuzuschreiben ist, da nicht sngenommen werden kann, dagt eine nennenswerte, auf Bakterien zuriickzufiihrende Wirkung innerhalb einer so kurzen Zeit eintritt. ~itrifizierende Bakterien spielen nach den vorliegenden Versuehen beim Reinigungsvorgang keine Rolle, da im gefilterten Wasser :Nitrate und :Nitrite nicht - - ab und zu nut in S p u r e n - gefunden wurden. Ebensowenig scheinen diese Bakterienarten an dem Reinigungsprozel~ w~hrend des Leerstehens der Filter beteiligt zu sein, well sich sonst in dem Ablaufwasser der nachfolgenden Beschickungen Nitrate oder Nitrite h~tten finden miissen, was nicht der Fall war. Die gefilterten Abwiisser waren stets fast klar und frei yon fiblem Geruch, selbst dann, wenn das eingeffillte Abwasser f~kalartig roch, und gingen aueh beim Aufbewahren nieht in faulige Zersetzung fiber.

Auf die Entfernung der Bakterien iibten die Filter einen wesentliehen Einflu~ nlcht aus. Die Untersuehungen erstreckten sich auf die allmahliche Abn.thme der Aufnahmefi~higkeit der Filter, wovon natfirlich die Anlage- und Betriebskosten ab- h~ingen. Die eingehenden Untersuchungen in dieser Richtung ergaben, dal~ die Ab- nahme der Aufnahmef~higkeit der in die Filter eingetretenen Schmutzmenge entspricht und daher bei normalem Betrieb der Menge des durchgeleiteten Wassers proportional ist.

Eine hiernach angestellte fiberschliigige Bereehnung der jahrlichen Betriebs- Kosten ergab, dal~ pro cbm t~iglich zu reinigenden Abwassers etwa 6 )/[k. zu ver- ausgaben wiiren. Dieser Preis ist so betr~chtlieh, da~ man im Hinblick auf die ver- hi~Itnism~i~ig geringe weitere Reinigung des Abwassers durch die Filter yon der Ein- fiihrung des Verfahrens abge~ehen hat. Die Stadt entsehlol~ sieh nach diesen Versuehen also zu der VergrSi~erung der mechanischen KIiiranlage wie sie oben geschildert isK

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[ Z e i t s ~ h r . t . Uni~ersu~hung 134 6. Jahresversammlnng der Freien Vereinigung. /a. lgahr.-u. Gonuamitte].

Die bisher besprochenen Versuche sind alle an der alten Anlage ausgeffihrt worden. Seit etwa 1 1/e Jahren wird nun yore Tiefbauamte dutch reich in zahlreichen Versuchen die Wirkungsweise der umgebauten Anlsge studiert. Die Versuche werden noch welter fortgesetzt, doch kann ich Ihnen yon den bisherigen Ergebnissen schon einige interessante Miteiiungen machen.

4. Einfluli verschieden grofier Kl~rgeschwindigkeiten auf den Kl~ireffekt.

Ich erlnnerc daran, daft die neue Anlage im ganzen 14 Beckon yon 40 m Liinge besitzt. Urspriinglich war beabsichtigt, das gesamte Abwasser stets durch 1 2 Kammern zu leiten, entsprechend der Kliirgeschwindigkeit yon etwa 4 mm in der Sekunde. Wir haben nun den Einfluft der Kl~rgeschwindigkeit in der Weise unter- sucht, daft wir das gesamte ankommende Wasser eiues Tages durch 2, 4, 6, 8, 10, 12 Kammern geleitet haben. Da das :Nachtwasser sehr rein ist und eigenttich nut tier Vorreinigung durch Sandfang und Rechen bedarf, haben wir nut Tagesabwasser (yon 8 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts einschlieftlich) zu den Versuchen herangezogen. Das Nachtwasser (2 Uhr nachts bis 7 Uhr morgens) wurde ffir sich entnommen und untersucht. Die Probenentnahme gesehah pro Stunde hinter Bagger und Rechen und am Ablauf. Das Einlaufwasser stellt also das yon groben Sink- und Schwimm- stoffen befreite Abwasser dar. Die einzelnen Stundenproben des Ein- und Ablauf- wassers wurden in grogen Gefiigen vereinigt und hiervon eine Durchsehnittsprobe fiir die Untersuchung entnommen. Siimtliche Proben wurden mit Chloroform kon- serviert.

Die Ergebnisse sind im Mittel der ausgefiihrten Versuche des vorigen Jahres folgende:

2 K a m - 4 K a m - 6 K a m - 8 K a m - 10 K a m - 12 K a m - m e r n m e r n m e r n m e r n m e r n m e r n

Anzahl der ausgeflihrten Versuche. . • 3 12 10 10 9 10 Berechnete mlttlere Geschwindigkeit; des

Wassers in den Becken (Sek.-mm) 29 15 9,5 7,5 6 5 Abnahme an suspem | gesamten . . . . 45,8 6.7,7 74,8 75,0 75,1 77,0 °/o

dierten Stoffen ~ organischen . 32,4 64,4 70,9 73,5 73,2 72,2

Arts diesen Zahlen ergibt sich die wichtige Tatsache, daft die Unterschiecte im Kli~reffekt beim 6-, 8-, 10- und 12-Kammerbetrieb so minimM sind, daft sie praktisch nicht in Betracht kommen, so daft also mit 6, mindestens aber mit 8 Kammern ebenso gut gekli~rt wird als mit 12 Kammern. Das Niederschlagen der suspendierten Stoffe erfolgt also mi t anderen Worten in ebenso bedeutendem Mafle bei etwa 10 mm als bei 5 mm Kliirgeschwindigkeit, ein Ergebnis, das in ithnlicher Weise auch bei den Kliirversuehen in K51n l) erhalten wurde.

Im Anschlut~ an diese Versuche konnte welter nachgewiesen werden, daft etwa 10 °/o der suspendlerten Stoffe des Einlaufwassers so rein sind, da~ sie sieh mechaniseh iiberhaupt nicht absetzen. Unter Beriicksichtigung dieses Befnndes wiirden bei Benutzung yon 6 oder 8 Kammern nut etwa 15 °/o noch ausscheidbare Stoffe in den Fluft gelangen, was wohl die Grenze der Leistungsf~higkeit einer mechanischen K1/iranlage tiberhaupt ist.

Ein sehr interessantes Ergebnis unserer Versuche ist die Tatsache, daft nicht ausschlie$1ieh suspendierte sondern auch ein kleiner Tell der gelSsten organischen Stoffe durch die Kl/tranlage beseitigt wird. Im Mittel aller Versuche wurde gefunden:

~) ]Ylitteilungen der Kgl. ]?riifungsanstalt ffir Wasserversorgung und Abw~isserbeseitigung 1904, Heft~ 4.

Page 15: Die Abwasser - Kläranlage in Frankfurt a. M. und die dort bezüglich der Abwässerreinigung, Beseitigung und Verwertung der Rückstände gemachten Erfahrungen

14. Band. I J. T i l lmans , Die Abwasser-Kl~ranlage in Frankfurt a.M. 135 15. gull 1907.J

Geliiste organische Stoffe

ungekl~rt geklart Abnahme 227 mg 209 mg 7,9 °

Diese Erscheinung h~ngt mit der T~itigkeit der MikroorganJsmen des Abwassers zusammen, die einen Tell der gel6sten organisehen Stoffe in Gase (Kohlensaure etc.) umsetzen, gJeichsam veratmen. Da die Lebensti~tigkeit der Organismen bet w~merem Wetter grSsser ist als im Winter, so mul~ aueh im Winter der Einflu{~ auf die gelSsten Stoffe am geringsten sein. Dies wird dutch die Versuche best~itigt, die folgendes ergaben:

Geloste organ lsche S~offe {mgeklar~ geklart " Abnahme

1./1V. his 30./VL 212 mg 194 mg 8,5 °/o I./VIL bis 30./IX. 221 , 199 ~ 10,0 , I./X. bis 31./XtI. 249 , 236 ,, 5,2 ,

5. Untersuehungen fiber die Vorreinigung dureh Sandfang nnd Reehen.

Eine Probenentnahme des ganz ungereinigten Kanalwassers kann, wie ich schon oben erSrtert habe, keine richtige Durchschnittsprobe liefern. Die Untersuchungen fiber die Vorreinigung ffihren wir deshalb in der Weise aus, dal~ wir die gesamten in einem Tage abgefangenen Riiekst~nde in besonderen Wagen wiegen und eine genau entnommene Durchschnittsprobe der Sandfang- wie Rechenrficksthnde untersuchen. Aus den erhaltenen Zahlen und der gleichzeitig beobachteten Abwassermenge des Versuchstages wird dann der Gehalt des Kanalwassers an den durch die Vorreinigung beseitigten Stoffen bereehnet.

Im Mittel der bisherlgen Versuche werden dutch die Vorreinigung insgesamt 101 mg pro Liter entfernt, wovon 61 mg organische und 40 mg mineralische Stoffe sind. Von diesen )/[engen betragen die Sandfangrfickstiinde etwa e/3 und bestehen etwa zur Hfilfte aus organischer, zur anderen H~ilfte aus mineralischer Substanz, wi~hrend die Rechenriickst~nde i/3 der Gesamtriickst~nde betragen und zum allergrSl~ten Tell organischer Natur sind. Aus diesen Zahlen ergibt sicb, dab die Frankfurter Vorreinigungsanlage eine hohe Leistungsf~ihigkeit besitzt, die gegeniiber der alten Anlage betrgtchtlich erhSht ist, was der Verbesserung des Sandfanges und haupts~ichlich der sinnreiehen, neuen Rechenanlage zugeschrieben werden muB.

6. Zusammensetzung des Frankfur ter Kanalwassers.

In verschiedenen Ver5ffentlichungen sind fiir die durchschnittliche Zusammen- setzung des ungereinigten Kanalwassers Frankfurts Zahlen angegeben, aus denen geschlossen werden inflate, dal~ das Frankfurter Kanalwasser eins der schmutzigsten aller bisher niiher untersuchten sthdtischen Kanalw~isser set. In Wirklichkeit ist jedoch gerade das Gegenteil der Fall, wie das auch bet dem im Vergleich mit anderen deutschen St~dten sehr hohen Wasserverbrauch Frankfurts zu erwarten ist.

Der mittlere Wasserverbrauch einiger deutsehen St{idte betrug im Jahre 1903 pro Tag auf den Kopf der BevStkerung berechnet:

Frankfurt . 180 l I Stettin . . 68 ] Elberfeld . 100 1 Wiesbaden . . 95 1 Berlin 80 ~ Leipzig 73 , Mannheim 86 ~ Mainz . • 53 , Hamburg 171 , Kiel . . . . 66 , Miinchen . 215 , Dortmund . 239 , Breslau. 83 ,, , CS]n 120 ~ •tirnberg . . 79 , Barmen . 186 , ~Iagdeburg 94 , i Diisse]dorf 97 , Cassel . 86 , Bochum . 227 ,

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[Zeit~sohr. f. Un~rsuchung 136 6. Jahresversammlung der Freien Vereinigung. td. Nal~r.-u. Genu~mittel.

Dies° irrigon Angaben fiber die Zusammensetzung des Frankfurter Kanalwassers scheinen nur durch eine falsche Auffassung der ersten yon Prof. L e p s i u s ausge- ffihrten Untersuchungen veranlal]t zu sein. Dies° Untersuchungen beziehen sich, wie auch L e p s i u s in den betreffenden Arbeiten angibt, auf Kanalwasser, dam mittags um 12 Uhr entnommen worden ist. Um diese Zeit ist aber~ wie ich weiter unten noch ausffihreu werde, das Kanalwasser sehr stark verum'einigt, so dab man aus diesen Zablen keinen Sehlul~ auf die mittlere Tageszusammensetzung des Kanalwassers ziehen kann. Icb scbalte deshalb die L e p s i u s s c b e n Zablen ffir das Kanalwasser hier aus.

Die yon F r e u n d gefundene Zusammensetzung des vorgereinlgten Kanalwassers (24 Stunden-Durchschnitt) ergibt sich aus den bei Besprechung der Parallel-Versuche mit chemischer und mechanischer Klfirung mitgeteilten Zahlen.

F r e u n d u n d U h l f e l d e r fanden bei den Oxydationsversuchen im gahres- durebsehnitt ffir das vorgereinigte Kanalwasser folgende Zusammensetzung (rag im Liter):

Gesamte.~. Stoffe ..... I ~-- Geliiste.~.Stoffe O~ydier' Stickstoff ! Oxydier- Sticks~;off ba rke i t ~ Gesam$- lllich'~iger 'organische--~ ba rke i t ~ Gesamt- lliic'l~iger organische---~"

71,1 55,8 88,2 17,6 37,2 49,2 37,1 t2,1

Dies° Zablen beziehen sich nur auf Proben, die w/~hrend der Tagesstunden entnommen wurden, so da$ bei der schon erwiihnten Reinheit der Nachtwiisser sich die Zahlen ffir den 24 Stunden-Durchschnitt noch g~'mstiger stellen.

Bei unseren oben angeffihrten Untersuchungen fibor den Kliireffekt land ich im Mittel folgende Znsammensetzung ffir das vorgereinigte Kanalwasser:

ZahI tier Ver- suohe

54

Gol~sto Stoffe I Suspendier~e S~offe ]Zahlder[ . . . . . I - - } ' - - - - | V e t - I

gesamte organlsehe { gesam/~e { organisehe | such° [

783

/qachtabwasser (2-7 Uhr)

Geliiste Stoffe Suspendierte S~offo

gesam~:~ organische gesara~e i organisehe

613 137 119 70

Hinsichttich dor Zusammensetzung dos Kanalwassers an den verschiedenen Tagen der Woche ergibt sich aus unseren Versuchen, dal3 das Wasser Samstags meist st~irker verschmutzt und Sonntags moist reiner ist, als an den fibrigen Wochentagen. Bei diesen letzteren liif~t sich ein charakteristischer Unterschied in der Zusammensetzung des Abwassers nieht nachweisen. Deutliche Unterschlede ergeben sich aber im Gehal~ an organiscben gel6sten und organiseben suspendlerten Stoffen, wenn man die Versuehe nacb gahreszeiten trennt, da der Gehalt an diesen Stoffen im Frfihjahr und Sommer geringer ist als im Winter, wie folgende Zusammenstellung zeigt: ~,0 ,, , , ,

Tagesabwasser /qachtabwasser

Suspendierte GelSste Stoffe Suspendier~e Zeit der Untersuchung Gel6ste Stoffe ~toffe Stoffe

orga- gesam~e o~'ga- gesamte orga- ie orga- gesamte nische his°he his°he gesam nische

763 768 81"7

212 221 249

418 366 377

222 208 231

607 629 613

132 137 143

139 121 116

Friihjahr (1./IV. bis 30.~YI.) Sommer (1./VII. his 30./IX.) Winter (1./X. bis 31./XII.)

80 70 75

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14. Band. ] 15.Juli 1907.J J. Ti l lmans, Die Abwasser-Kl/iranlage in Frankfurt a.M. 137

Diese Erscheinung ist offenbar ebenfalls auf die Veratmung yon organischer Substanz (lurch die Mikroorganismen des Abwassers zuriickzuffihren. Um die Zu- sammensetzung des Kanalwassers zu den verschiedenen Stunden des Tsges kennen zu lernen, wurden yon uns 24 Stunden-Versuehe ausgefiihrt, bei denen wieder ]ede Stunde am Ein- und Ablauf Proben entnommen wurden, die aber nicht gemischt, sondern jede ffir sich untersucht wurden. Es ergab sich, da~ der Versehmutzungsgrad vormittags gegen 11--12 Uhr ein Maximum erreicht, dann allmiihlich wieder zurfickgeht, nachmittags gegen 4 Uhr abermals ein Maximum erreicht und yon da ab allmiihlich wieder sinkt, wobei das ~achtwasser immer reiuer wird, und die Verschmutzung erst gegen 7 Uhr morgens allmfihlich wieder zunimmt. Das :Nachmittsgs-Maximum erkliirt sich aus den nach dem Mittsgessen in den Haushaltungen vorgenommenen Spfilungen. Diese SpfiIwelle erscheint erst gegen 4 Uhr an der K!~ranlage , well das Wasser 2- -3 Stunden zu seinem Wege yon Frankfurt dorthin gebraucht.

7. Einwirkung der gekl~rten Abw~isser auf den Main.

Der Reinheitszustand des Maines ist, weil dem Flul~e in seinem Laufe bis Frankfurt aus zahlreichen St~dten und Fabriken Abwiisser aller Art zugefiihrt werden, kein besonders gfinstiger und kana sich mit dem des Rheines beispie]sweise nicht vergleiehen.

Vor Erbauung der Kl~ran]age wurden, wie schon oben erwiihnt, die Abwfisser Frankfurts ganz ungerelnigt in den Main abgelassen, so daft danmls diese Abwfisser eine weiLere Verschmutzungsquelle ffir den Flug dargestel]t haben. Um diesen -[)bel- stand zu beheben, wurde die Kl~iranlage gebaut.

Ob uud inwieweit nun die Anlage ihre Aufgabe der Reinhaltung des Flusses erffillt, ist deshalb zu versehiedenen Malen durch eingehende Untersuchung des Main- wassers festgestellt worden. Schon kurz nach Beginn des Kli[rbetriebes hat L e p s i u s 1) diesbeziigtiche Untersuchungen ausgefiihrt. Sie sind spiiter yon P o p p und B e c k e r und F r eu n d wiederholt worden. Diese Uniersuchungen erstrecken sich zum Vergleich auch auf welter abwiirts llegende Mainpartien.

Die Ergebnisse (mg im Liter) linden sich in der Tabelle auf S. 138

Die Lep s iu s ' s cben Zahten zeigen unterhalb des Einflusses der Abwitsser eine Zunahme der gelSsten mineralischen Stoffe, was auf den Zusatz der Chemikalien zu dem Abwasser zurfickzufiihren ist. Die gelSsten organischen Stoffe haben sogar eine Abnahme erfahren, w~ihrend die suspendierten Stoffe, der Gesamt- und Ammoniak- stiekstoff etwas zugenommen haben.

Die Untersuchung Dr. P o p p ' s und Dr. B e c k e t ' s yore 20. Juli 1891 ergab ffir die suspendierten organischen Stoffe und die Keimzahl eine geringe Zunahme, wM~rend die gelSsten Stoffe keine Verfinderung erfahren haben. Die Untersuchung vom 25. Oktober 1.892 ergab dagegen hinter dem Einflulg des gereinigten Abwassers ebenso wie bei der Untersuchung yon L e p s i u s eine Abnahme der gelSsten orga- nischen Stoffe; bier haben auch die suspendierten Stoffe ein wenig abgenommen. Der Ammoniak- und Gesamtstickstoff ist aber in geringem Malile gestiegen. Diese Untersuchung zeigt welter, dab der Main durch die in ungereinigtem Zustande ab- gelassenen AbwKsser des IndustriestKdtehens HSchst (etwa 12000 Einwohner) in er- heblieherem M'lge verunreinigt wird, als durch die gereinigten Abw~isser Frankfurts.

~) Jahresbericht des physikalischen Vereins Frankfurt 1887/88.

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Page 19: Die Abwasser - Kläranlage in Frankfurt a. M. und die dort bezüglich der Abwässerreinigung, Beseitigung und Verwertung der Rückstände gemachten Erfahrungen

14. Band, ] 15.JuH 19o7.1 J. Ti l lmans, Die Abwasser-Klaranlage in Frankfurt a. 1V[. 139

Die Untersuchung Prof. F r e u n d ' s yore 30. August liiBt erkennen, dab direkt am Auslal~ der Kanalwgtsser die organischen Stoffe, die Oxydierbarkeit, der Chlor- und Ammoniakgehalt in, wenn aueh merklicher, so doch immerhin sehr geringer Weise vermehrt sind. 250 m unterhalb des Auslasses aber ist der Gehak des Mainwassers an diesen Bestandteilen schon wieder auf die frtihere HShe herabgesunken. Unterhalb Schwanheim steigen die Zahlen infolge der Einmiindung der Abwasser yon Sehwan- heim wieder sehwach an, 2 - -3 km weiter ist aber yon der erfolgten Verunreinigung niehts mehr zu bemerken. Von Sanitiitsrat Dr. L i b b e r t z sind im Jahre 1897 bakteriologisehe Untersuchungen des Mainwassers ausgef/ihrt worden. Der Keim- gehaIt des Ablaufwassers, des Mainwassers oberhalb dos Einfhsses der Abwasser und 2 und 4 km weiter abwiirts betrug bei versch~edener Klarung:

Zeit Art der Kliirung Ablaufendes Wasser

~inwasser

oberhalb der Kl~ranlage

unterhalb der Ki~ranlage

bei Griesheim bei ttiiebst 2 k m 4 k m

22. V. 97 I Mit schwefelsaurer [ 270000 1800 1320 1500 29. Y. 97 J Tonerde -k Kalk ~ 230 000 1500 1080 1400 2. ¥I. 97 ~ Mechanisehe t 420 000 2400 2640 2700

17. VI. 97 ~ K1/irnng ~ 360 000 2280 2100 2340

Danach erffillt also die Kt~iranlage ihren Zweck der Reinhaltung des Flusses vollkommen.

Der Main ffihrt etwa folgende Wassermengen: Bei mittlerem Wasserstand 175 cbm pro Sekunde, bei niedrigstem Wasserstand 74 cbm pro Sekunde und bei Hoch- wasser etwa 970 cbm pro Sekunde. Die tfigliche Abwassermenge betragt etwa 50000 cbm oder etwa 0,6 cbm pro Sekunde. Danach ist die eintretende Ver- dfinnung auch bei niedrigstem Wasserstande immer noch 1 :128, ein Verh£hnis, das die yon P e t t e n k o f e r geforderte Verdiinnung yon ] :15 also welt nach oben hin fiberschreitet. Hiernach ist anzunehmen, dab die dureh die Ein]eitung tier gekl~rten Abw~isser hervorgerufene geringe Verschmutzung durch die selbstreinigende Wirkung des Flusses sehnetl beseitigt wird, was ja auch die Untersuchungen best~itigen.

H. G r o B e - B o h l e ~) ha~ auf der vorlgj~hrigen Versammlung der ,,Freien Ver- einigung" in :Niirnberg auf die hohe Bedeumng, welehe dem freien, gelSsten Sauer- stoff ffir die Reinhaltung der Gewasser zukommt, hingewiesen. Wir haben auch diesen Punkt in den Bereich unserer Untersuchungen gezogen und obwohl noah kein ab- schlieBendes Urteil abgegeben werden kann, so kann ieh doch schon mitteilen, dab ich bisher, vor und hinter dem EinfluB des gekl£rten Abwassers nur geringe Diffe- renzen im Gehalte an freiem Sauerstoff gefunden habe.

B. B e s e i t i g u n g u n d V e r w e r t u n g de r a b f a l l e n d e n R i i c k s t £ n d e .

Entsprechend der Reinigung des Abwassers durch Sandfang, Rechen und Beeken fal- len an Rfickstiinden Sandfangrfickst~mde, Rechenriicksffinde und Kl~rbeekenschlamm ab.

8. Sandfang- und Rechenriiekst~nde. Die S a n d f a n g - R i i c k s t £ n d e , die im Tage etwa 1 2 - -1 5 cbm betragen, be-

stehen haupts£chlich aus Sand und mineralisehen Stoffen; daneben linden slch auch

') Vergl. diese Zeitschrift 1906, 12, 53.

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[Zeitsehr, t. Untersuehung 140 6. Jahresversammlung der Yreien Vereinigung. Ld.Nahr.- u. Genu.~mittel.

Knoehen, Lumpen, Eingeweide, Gemiisereste, Fruehtkerne etc. Die R e c h e n r i i c k - s t i i n de betragen etwa 10--18 cbm tiiglich und bestehen vorwiegend aus Ftikaliea und Papier. Ferner finden sich hier Korke, Bt~itter, Orangenschalen, StreichhSlzer, Streichholzsehachteln, Federn, Gummiteile u. s .w. Die ungefiihre Zusammensetzung dieser beiden Riickst~inde ist naeh unseren bisherigen Versuchen folgende:

:~line- Riickst~inde des Wasser ral-

s~offe

% o/o

Sandfanges gechens

In der nat~iirlichen Snbstanz In der Troekonsubsbanz

Stick- Stoffe stoff saute O/0 O/0 O/o

67,41 20,50 82,13 2,33

Orga- nische

12,09 15,54

0,040 0,147

Phos- phor-

0,33 0,28

Kali

%

0,04 0,07

t~ine- ral-

stoffe o/0

62,90 13,04

Orga- Stick- Yhos- nische pher- Stoffe sloff siiure

% °/o °/o

37,10 0,12 1,01 86,96 0,82 1,57

Kati

0,12 0,40

Die Beseitigung dieser Rfickst~nde bietet keine Sehwierigkeiten. Die Sandfang- rfickst~nde trocknen an der Lufz ziemllch schnetl eln und beanspruchen ffir ihre Lagerung keinen grSgeren Raum. Die Reehenriickstfinde bilden ihrer Zusammen- setzung nach ein gutes Diingemittel und werden daher yon den Landwirten gem ab- genommen.

9. Kl~rbeckensehlamm.

In den Kammern setzt sich der Kl~irbeckenschlamm ab, eine breiig-fliissige Masse, die aus sehr felnen Stoffen besteht, weIche in der Hauptsaehe zerriebene F~kkalien darstellen. Eine Probe dieses ScMammes habe ich Ihnen zur Ansicht mit- gebracht. Die schwarze Farbe rfihrt yon geringen Mengen Schwefeleisen her, das sich aus dem bei der~Fiiulnis entstehenden Schwefelwasserstoff und den Eisensalzen des Wassers gebildet hat. Der Kl~irbeckenschlamm ist seinem Volumen naeh der weltaus betr~ichtllchste Tell der Riickst~inde; die t/igliehe Menge betr'~tgt ungefiihr 250 cbm. Die Zusammensetzung des Schlammes ist bei verschiedenen Kt~rverfahren nach L e p s i u s ~), P o p p und B e c k e r sowie nach meinen Untersuehungen folgende:

Un te r suchun .gen yon Lepsius.

Klarung mit

In der nagilrlichen Substanz

' ~ ~ o~~~- % % %

I ~ I n dcr Troekei,substaaz , ~ ~ I

°Io % % % I °7° °I°

Tonerdesulfat -}- Kalk Kalk . . . . . . . . :~echanische Kliirung . Eisensu]fat + Kalk Phosphorstiure + Kalk

Mechanisehe Kl~trung (ttmgebaugo Anlage)

93,50 90,85 85,04 80,96 82,21

2,76 5,00 8,25 5,73

11,29

3,74 4,15 6,71

13,31 6,50

o, 21o,o5{o,o3 { _ °,°7 °,°2 I

0,25 o,1o 0,06 I - O,lOlO,O2 } o,oo7 I 0'10 i 0'30 [ 0'18 {

Eigene U n t e r s u c h u n g e n .

91,07 ii 3,85 5,08 0,23 !, 0,23 1 0 05 {i 43,00 1 r air i I 57,00 1 2,85 i] 2,85 il 0,56

F l { 17,05 %1 I i

') ,lahresbericht des physikalisohen Vereins Frankfurt a. MJ. I887 und 1888.

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14. Band. ] *5. gull 1907.J J. Ti l lmans, Die Abwasser-KI~ranlage in Frankfurt a.M. 141

U n t e r s u c h u n g e n yon Popp und Becke t yore 20. VII. 1891.

Gramme im Liter nattirlleher Substanz

Klarung mit

Tonerde + Kalk . , + Dol~mit .

Wasser

924,45 895,02

Troekon- subs~anz

102,55 120,98

Mine- ral-

stoffe

58,90 55,19

Org~- niseho Stoffe

40,60 65,79

St;ickstoff

orga- Gesamt. ] niseher

1,240 ~E 0,770 1,561 [0,793

Amino-i niak-

0,474 0,769

Kali (K~O)

0A58 0,763

Phos- phor- slture (P~O~)

3,235 2,960

Ein Blick auf dlese Zahlen zeigt, da~ der Kliirbeekenschlamm nach verschie- denen Richtungen hin eine sehr wertvolle Substanz ist. Der betriichfliche Gehalt an Stickstoff und Phosphors/iure hat yon jeher den Gedanken nahe gelegt, den Schlamm als Diingemittel zu verwerten. Ferner regt der hohe Fettgehalt zu Versuchcn fiber die Gewinmmg des Fettes an.

Eine fiberschl~igige Berechnung ergibt, dab nach den oben mitgeteilten Zahlen der jiihrlich abfallende Schlamm ungef£hr ffir 500 000 Mk. Fett and ffir 150 000 Mk. Stickstoff enth~lt.

Man kann demnach die Frage der Beseitigung dieser Riickst~nde yon zwei Standpunkten aus betrachten, n£mlich yore hygienischen und vom 5konomischen Stand- punkt. Der erste verlangt die mSglichst sofortige Vernichtung oder Unseh~dlich- machung dieser Stoffe, w/~hrend der zweite es fiir erstrebenswert erachtet, die betdicht- lichen Werte, die in diesen Substanzen vorhanden sind, nicht verloren gehen zu lassen, sondern wieder zu gewinnen. Das Ideal w~ire eine Vereinigung beider Standpunkte. Bringt aber die Verarbeitung der Rfiekst/inde Gefahren oder Bel~istigungen mit sich, so mtissen diese Abf£11e ohne Riicksicht auf die verloren gehenden Werte verniehtet werden.

Das erste Erfordernis ffir die Beseitigung des Schlammes mit oder ohne Ver- wertung ist die Entw£sserung, da der 90 °/o and mehr ~Vasser enthaltende Schlamm nieht nur einen sehr betr/ichtlichen Raum einnimmt, sondern auch bei diesem Wasser- gehalt ein sehr schnell in stinkende Fiiulnls geratendes, g~instiges N~hrsubs~rat fiir Pilze und Organismen aller Art darstellt.

Aber gerade die Entwi~sserung bietet auf~erordentliche Schwierigkeiten. Infolge der fortgesetzt vor sich gehenden anaeroben Zersetzungen hat n/imlich der Sehlamm einen hohen Gehalt an kolloidalen Stoffen, die infolge ihrer schleimigen Beschaffen- heit ein mechanisches Entwassern mit den gewShnlichen Hilfsmitteln vollkommen unmSgtich maehen.

Im Grunde genommen f/illt die ganze Frage der Verwertung des Sehlammes mlt der Frage der Entw~sserung zusammen. Der troekene Scblamm ist geruchlos und seine ¥erarbeitung bietet aueh sonst in hygieniseher Hinsieht keinerlel Bedenken.

V e r s c h l e d e n e A r t e n d e r E n t w ~ i s s e r u n g des S c h l a m m e s .

Das hier wie in den meisten anderen St/idten zuerst angewandte Vedahren der Entwiisserung, das auch heute noch in Frankfurt, wenn auch ffir nicht mehr lange Zeit im Gebrauch ist, besteht darin, den Schlamm in diinner Schicht in Lager abzu- pumpen. Die Entfernung des Wassers gesehieht hier einmal dadurch, dab das naeh

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142 6. Jahresversammlung der Freien ~rereinigang. I Zeitsehr' f" Untersuchung [d. Nahr.- u. Genu~mittel .

einiger Zeit sich absetzende Wasser dutch einen Schieber in Leitungen abgelassen wird, die in die Kl~irbecken zurtickfiihren. Ein anderer Teil des Wassers wird yore Boden aufgesaugt und endlich verdunstet ein Teil langsam an der Luft. I)ie Entwfisserung auf diesem Wege dauert aber ziemlich lange und hat verschiedene sonstige ~belsti~nde im Gefotge. Der in die Lager gebrachte feuchte Schlamm beginnt, besonders in der heigen Jahreszeit, leicht zu giiren. Um die damit verbundenen Geruchsbeliistigungen zu vermeiden, mug der Schlamm mit besonderen Zus~tzen versehen werden, die ent- weder f~iulnishemmend wirken oder eine abschliet~ende Decke bilden, so dat3 die ent- stehenden F~mlnisgase nicht entwelchen kSnnen. So sind die Schlammlager mit Chlor- kalk und Atzkalk behandelt worden, was sich aber nicht bewi~hrt hat. Besser be- wiihrt hat sich dagegen das Bedecken des Schlammes mit Torf, der neben der Decken- bildung noch den Vorteil bietet, dab ein Teii des ~Vassers yon ihm aufgesaugt wird, so dag ein schnelIeres Austrocknen erfo]gt. );~'eucrdings werden fliissige Desinfektlons- mittel unter den Namen F a c i l o l , B e I l o f o r m etc. in den Handel gebracht~ mit denen der Schlamm besprengt wird. Diese KSrper stellen Gemische yon Teer- produkten und hSheren Grenzkohlenwasserstoffen dar. Die Wirkung soll einmal durch die Phenole, Kresole etc. eine desinfizierende sein, andererseits solIen die lelcht erstarrenden Kohlenwasserstoffe eine Decke bilden, die die riechenden Gase nicht durchtreten liigt. Diese Erzeugnisse sind in den letzten Jahren auch in Frankfurt angewandt worden. Abgesehen davon, dag die Verwendung aller dieser Desinfektions- und 13edeckungsmittel erhebliche Ausgaben verursacht, haben sie noch den Nachteil, dag der getrocknete Schlamm als Diinger infolge der Zugabe eines ffir die Pflanzen zum mindesten indifferenten Materials minderwertlger wird.

Der Schlammlagerbetrieb stellt slch augerdem dadurch ziemlich teuer, dag erheb- liche Aufwendungen fiir Grunderwerb gemacht werden mtissen.

Von Anfang an hat man sich deshalb bemfiht, das Schlammlagerverfahren mit seinen Migstiinden dutch ein anderes Verfahren, das eine schnelle Entw~sserung gestattet, zu ersetzen.

Die ersten Versuche mit Filterpressen scheiterten vollstiindig. Es stellte sich heraus, daft die kolloldalen Stoffe aaf den Tfichern die Bildung einer festen Schicht veranlal?ten, die trotz angewandten hohen Drucks schon nach kurzer Zeit kein Wasser mehr durchtreten lieg. Beim 0ffnen der Filterpresse ergab sich, dag sich An den Tfichem feste, gut entw~sserte Kuchen gebildet hatten, dazwischen aber unentw/isserter Schlamm stand. Bessere Ergebnisse hat man erhalten, als man dem Schlamm vor der Pressung Kieselsiiure zusetzte. Die Versuche mit der Filterpresse slnd spgter mehrfach wieder aufgenommen worden. Sie batten erst ein giinstigeres Ergebnis, als der Schlamm in einer heizbaren Presse entwS~ssert und ihm schwefelsaure Tonerde (4,33 kg auf 1 cbm) zugesetzt wurde. ])as erhaltene Produkt war dann bis auf 25 °]o ~Vasser entw/issert. I)twch das Erw~rmen und den Chemikalienzusatz stellte sich das Verfahren aber so teuer - - die Entwiisserung yon 1 cbm kostete rund 5,50 Mk. - - dat~ an eine praktische Verwertung nicht gedacht werden konnte.

Mit viel mehr Erfolg ist in neuester Zeit die Entwiisserung des Schiammes mit Centrifugen versucht worden.

Der hiesige Stadtbaumeister S c h ~ f e r hat einen derartigen Apparat konstruiert, der ein kontinuierllches Auscentrifugieren des Schlammes gestattet. Der zu entwiissernde Schlamm fliegt oben ein. Durch die Centrifugalkraft werden die festen Stoffe nach

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14. :Band. "1 15.J-uli 1907.j ,.l Til lmans, Die Abwasser-Kl'~ranlage in Frankfv~rJ; a.M. 143

aul]en geschleudert. Von Zeit zu Zeit wird der auscentrifugierte Schlamm selbstiitig ausgeworfen, wgthrend das Abwasser konstant unten abflie~t.

Die zahlreichen yon uns ausgeffihrten Versuche haben ergeben, dab der Trocken- substanzgehalt des ausgeschleuderten Schlammes meist 30--35°/0, also der Wasser- gehalt 65--70°]o betrii.gt; bei diesem Wassergehalt ist der Schlamm vollkommen stichfest. Das weitere Trocknen kann dann an tier Luft oder in besonderen Trocken- apparaten geschehen. Die Centrifuge hat, abgesehen yon dem schon erw~hnten voll- kommen kentinuierlichen Betrieb, noch den Vorteil, da_[~ die ganze Entwi~sserung vor sich geht, ohne dab die Arbeiter mit dem Schlamm in Beriihrung kommen.

In diesem Jahre haben wir ferner eine gro~e I{eihe von Versuchen ausgefiihrt, den Sehlamm auf elektroosmotischem Wege zu entw/issern. Das Verfahren, alas dem Gra f yon Schwerin patentiert ist, beruht darauf, da~, wenn ein elektrischer Strom durch die Masse geleitet wird, eine Osmose in dem Sinne auftritt, dal~ die :Fliisslgkeitsteilchen znr Kathode, die festen Teilchen zur Anode wandern. K1/irbeckenschlamm ist bisher nieht elektroosmotisch untersucht worden. Wir fanden bei unseren Versuchen bald, dal~ fiir dlesen neben der Osmose noch ein anderes sehr wichtiges Moment eine Rolle spielt, n~£mlich das Schrumpfen der Colloide unter dem Einflusse des elektrischen Stromes. Wie ich schon erwiihnte, sind es vornehmlich die Colloide, die ein mechanisches Ent- w/issern des Sehlammes unmSglieh machen. Versucht man ein aus Schlamm durch Sedimentation oder auf irgend" einem anderen Wege erhaltenes Abwasser zu filtrieren, so laufen einige Tropfen durch, yon da ab aber ist und bleibt das Filter verstopft. Das bei der Elektroosmose yon Schtamm erhaltene Abwasser aber filtriert wie jedes andere, nicht mit colloidalen Stoffen beladene Wasser vorziiglieh; nach ]/ingerem Auf- bewahren liiuft abet dasselbe vorher gut filtrierbare Abwasser ebenso schlecht durehs Filter, wie das auf gewShnlichem Wege abgeschiedene. Hieraus folgt, dal] durch den elektrischen Strom der kolloidale Zustand fiir eine gewisse Zeit aufgehoben, naeh liingerem Aufbewahren aber yon selbst wieder hergestellt wird. Die verwendeten Ver- suchsapparate waren horizontal oder vertikal gestellte Rahmen, die auf der einen Seite dutch ein Metallsieb (meist Messing), das als Kathode diente, auf der anderen Seite dutch eine andere, als Anode dienende Metallplatte (meist Blei) geschlossen waren. In diesen Rahmen wurde der zu entwassernde Schlamm gegeben. Nach Einschaltung des Stromes erfolgte die EntwPtsserung sowohl an der Anode als an der Kathode. Die Anodenplatte konnte entspreehend dem Grade der Entwasserung naehgeschoben werden.

Beim Durchleiten des Stromes durch den Schlamm geht natiirlich wegen der vorhandenen Elektrolyte neben der Entw/isserung eine ~Elektrolyse einher, weshalb das Kathodenwasser alkalisch reagiert und nach Amlnoniak riecht, wfihrend das an der Anode abflie~ende Wasser schwach sauer reagiert. Der Stromverbraueh ist zwar betrgchtlich, jedoch nach den bisherigen Versuchen nicht so hoch, dal~ dieser Punkt die praktische Anwendung ohne welteres verbietet. Ein n~theres :Eingehen auf diese Versuche mu~ ich mir versagen, doeh haben die bisherlgen Versuche, die wit hSchst wahrscheinlich in grS~erem Mal~stabe mit einem grSl]eren Versuchsapparat weiter- fiihren werden, ergeben, da~ die elektroosmotische Schlammentwi~sserung prinzipiell mSglich ist, und es nicht ausgeschlossen erscheint, dM] das Verfahren eine praktische Bedeutung erlangt, wenn auch in dieser Richtung ein bestimmtes Urteil noch nicht abgegeben werden kann.

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[ZMts~hr. f, Untersuehung 144 6. Jahresversammlung der Freien Vereinigung. [d.Nahr.-u. Genufimittel.

V e r w e r t u n g des S c h l a m m e s .

Der in den Sehlammlagem getrocknete Schlamm, der bei einem Wassergeha]t yon 60--70°/o stichfest wird, wird in diesem Zustande yon den Landwirten als Diinger abgenommen. Ein Toil des Sehlammes wird aber gar nlcht in Lager gebraeht, sondern direkt aus den Kammern den in der Umgegend der Kl~ranlage befindlichen land- wirtsehaft]ichen Betrieben auf die _~eker gerieselt. Zu diesem Zweeke sind lunge Leltungen vorhanden, an die bewegliche Rohre angesetzt werden kSnnen.

Vor einigen Jahren sind Versuche ausgeftihrt worden, den in Lngern his zur Stichfestlgkelt entwiisse~ten Schlamm in einem Trockenapparat bis auf etwa 10--20°/o Wassergehalt welter zu troeknen. Das trockene Erzeugnis ist dann als Poudrette verkauft worden. Der Apparat bestand aus einer rotierenden Trommel, in der der Seh]amm bei 100--120 o getroeknet und gleiehzeitig gemahlen wurde. Die stinkenden Abgase wurden unter die Feuerung geleitet und so unsch~dlich gemacht. Die erhaltene Poudrette enthielt nach Professor P e t e r s e n in der Trockensubstanz 1,76 °/0 Stickstoff und 2,04 °/o Phosphors~iure.

Ein Tell des im feuehten Sehlamme vorhandenen SLiekstoffes geht b e i d e r Trocknung als Ammoniak verloren. Das Verfahren erwies sieh jedoch Ms unrationell. Die Produktionskosten betrugen 4,50 Mk. pro 100 kg Poudrette, bezahlt wurden aber ffir 100 kg nur 2,50 Mk., so dab die Stadt an 100 kg etwa 2 Mk. zusetzen mugte.

Der dutch Lagem, Centrifugieren etc. bis auf 60- -70 °/o Wasser entw~issert~ Sehlamm kann auch in Brlketts geformt und an der Luft welter getrocknet werden. In 2- -8 Woehen troeknen die Briketts zu einer 10--20°/o Wasser enthaltenden Masse aus.

Die Verwel~ung des getrockneten Schlammes Ms Dfinger ~st also nach den in Frankfurt gemachten Erfahrungen, wegen der betr/iehtlichen Kosten, die die Ent- w/isserung verursacht, ein aussichtsloses Unternehmen.

Die Stadt Frankfurt steht aueh heute noch auf dem Standpunkt, den Schlamm unter alien Umstanden elnwandfrei zu beseltigen, selbst wenu dabei eine Verwertbar- keit nicht mSg]ich seln sollt~e. Die st/idtisehen BehSrden haben die Mittel ffir den Bau einer M i i l l v e r b r e n n u n g s a n s t a l t bewilligt und in dieser Anstalt, die auf dem Geliinde der Kli~ranlage erbau~ werden sot], solI auch der getroeknete Schtamm durch Verbrennen vernichtet werden. Der Sehlamm brennt schon ohne Zusatz yon Kohle, wenner auf 75 °[o Wassergehalt entwassert und mit ttauskehricht gemiseht ist.

Die geplante Vernichtung des Schlammes durch Feuer schliegt natfirlich nieht aus, dag wir uns bemiihen werden, nach MSglichkeit mit der Unseh~idliehmachung des Schlammes eine Verwertung der wertvollen Bestandteile zu vereinigen.

In erster LiMe ist es dss im Schlamme in so grogen Mengen vorhandene Fett, das zu framer neuen Versuchen beztiglieh der Abscheidung und Gewinnung anregt. Das aus Frankfurter Schlamm durch Extraktion dargestellte Fett hat ungef/ihr fol- gende Zusammensetzung: 68--73°/o freie Fettsfiuren, 18--20°/o Neutralfett und 7- -14 °/o unverseifbare Anteile.

Der Hauptbestandteil sind also die freien Fettsiiuren, die aus den zum Waschen ver- wandten Seifen stammen. Die Alkaliseifen setzen sich mit den Kalksalzen des Ab- wassers zu unlSslichen Kalkseifen urn, die sich dann mit den iibrigen suspendierten Stoffen in den Kl~rbeeken abse~zen.

Eine Abseheidung des Fortes w~re nun denkbar 1. auf mechanisehem Wege, 2. durch Extraktion mittels L5sungsmitteln. Eine mechanische Trennung des Fettes

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14. Band. "] 15.Jun 19o7U J. Ti l lmans, Die Abwasser-Kl~iranlage in Frankfur~ a.M. 145

von den iibrigen Schlammbestandteilen durch Aufsteigen der spez. leichtereu Fett- bestandteile in einem der Ruhe fiberlassenen Schlamm erfolgt nicht, da das Fett zu fest mit den iibrigen Bestandteilen des Schlammes verbunden ist. K r e m e r hat einen aug dem Prinzip der kommunizierenden RShren beruhenden Apparat konstruiert, der eine Trennung in fettreiehen und fettarmen Schlamm gestattet. It. G r o s s e- B o h 1 e hat sich eine andere mechanische Abscheldungsart patentleren lassen: Leltet man mtmlich in einen Sehlamm Wasserdampf ein, so scheldet sich oben eln Schamn ab, der etwa 40°/o Fett enthi~lt. Dieser Sehaum kann abgezogen und aug Fett verar- beitet werden.

Eine praktische Anwendung ffir die Entfettung yon Kl~rbeckenschlamm haben jedoeh beide Verfahren meines Wisseus bisher nleht gefundeu.

Eine Entfettung des trockenen Schlammes durch LSsungsmittel ist natfirlich mSglich, jedoch naeh allen bisherigen Versuchen nleht rentabel, was hauptsi~ehlich durch die zu hohen Kosten der Troeknung des Sehlammes verursaeht wird. Wie Ihnen bekannt sein wird, ist in Kassel 2 - -3 Jahre lang eine Fettgewinnungsanstalt durch Extraktion des trockenen Sehlammes mit Benzin an der dorLigen Kli~ranlag.e betrieben worden. Die ausfiihrende Firma hat aber viel Geld bet der Fabrikation zugesetzt und den Betrieb wieder eingestellt.

In Frankfurt ist in einer kleinen Versuchsanlage die Extraktion des nassen Schlammes mit Benzin versucht worden. Die erhaltenen Ergebnisse waren jedoch derartig, dab yon ether praktischen Anwendung des Verfahrens abgesehen werden mui~te.

Fiir die in Frankfurt vorliegenden Verh~iltnisse liii~t sich jedoch meines Er- achtens die Fettgewlnnung rationell gestalten. Ich erwi~hnte sc, hon, dal~ die Haupt- schwierigkeit die hohen Kosten der Trocknung sind. Da nun aber in Frankfurt der Schlamm aus hygienischen Rficksichten durch Verbrennung beseitigt werden soll, demnaeh fiir diesen Zweck eine Trocknung auf alle F~lle zu erfolgen hat, so ist es bier berechtigt, fiir eine etwaige Fettgewinnung bet der Rentabilit~itsberechnung die Entw~sserungskosten auszusehalten. Geht man aber bet dieser Berechnung yon dem trockenen Schlamm aus, so wird sich die Fettgewinnung sieher lohnen. ~ach LSsung der Entwiisserungsfrage werden wir die Fettgewinnungsversuche wieder aufnehmen.

• Es fragt sieh aber noch, ob es unter den hier vorliegenden Umst~nden fiber- haupt zweckmiiBig ist, das Fett als solches zu gewinnen. Vielleicht ist es ebenso rationell oder rationeller, den unentfetteten Schlamm zu vergasen, wobei ein gutes Kraftgas gewonnen wird, das dann in elektrische oder andere :Energie umgesetzt werden kSnnte. Die Elementarzusammensetzung des getrockneten Sehlammes ist folgende :

Kohlenstoff Wasserstoff Sauerstoff -~ Stickstoff Schwefel Mineralstoffe 31,46 1,52 8,95 0,83 57,24 %

Von Dr. Buja rd-S tu t tga r t stud in den Jahren 1902 und 1903 Vergasungs- versuche von Schlamm ausgeffihrt worden, yon deren Ergebnissen ich die folgenden Zahlen mitteilen will:

I II Gasausbeute aus 100 kg Schlamm 18,1 cbm 21,0 cbm Rtickstand . . . . . . . . . 46 %'o 53 °/o Dauer der Vergasuug pro 50 kg Charge 4 8tdn. 4 8tdn.

~. 07. 10

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{ Zeitsehr. f. Untersuchung 146 6. Jahresversammlung der Freien Verelnigung. [d. Nahr.-u. Genufimittel.

Z u s a m m e n s e ~ z u n g des Gases :

Kohlens~,ure . . . . . . . . 15,0 ¥ol.-°/o Schwere Kohlenwasserstoffe . . 6,8 . Sauers~off . . . . . . . . . 0 Kohlenoxyd . . . . . . . . 21,8 ~ Methan . . . . . . . . . . 16,6 , Wassers~off . . . . . . . . 30,8 . Stickstoff (Rest) . . . . . . . 9,0 ,

17,2 gol.-°/o 4,8 ,

0 23,8 9,8 ,

40,7 3,7 ,

Spezifisehes Gewieh~ bel 15~ . 0,710

Nutzbarer Heizwert pro ebm . . 4038--4072 W.-E. Leuch~kraft . . . . . . . . 4,2--5,3 H.-K.

0,7111

3620--3630 W.-E. 1,5--1,7 H.-K.

Bei dleser Art der Vergasung w~irde allerdings der vorhandene Stieksioff als wertloser freier Stickstoff verloren gehen. Die Auffindung neuer Stickstoffquellen ist ja in unserer gegenw/irtigen Zeit eine besonders akute Frage, wail die Vorr/ite, aus denen die Landwirtschaft bisher ihren St]c]~stoffverbraueh gedeekt hat, nahezu erschSpft sind. Die Industrle bemilht sich bisher ohne besonders guten Erfolg, den unerschSpflichen Stickstoffvorrat der Luft dutch dessen ~berfiihrung mlt Hilfe des elektrischen Stromes in verwertbare Form der Landwirgschaft nutzbar zu machen. Deshalb i sLes yon besonderem Interesse, die im K1/irbeckenschtamm vorhandenen Stlckstoffmengen in nutzbarer Form zu gewinnen.

Naeh Laboratorimnsversuchen land ieh, dal~ der Stiekstoff faust quantitatlv als Ammoniak gewonnen werden kann, wenn man die Vergasung des Schlammes unter Einleiten von gespanntem Wasserdampf vornimmk Diese Wasserdampf-Vergasung dfirfte keine Komplikation des Verfahrens bedeuten und auch keine Verschlechterung des zu gewinnenden Gases mit sieh bringen. Diese Frage werden wir weiter ver- folgen.

M . H . ! Ich bin am Ende melner Ausfiihrungen. Ich habe Ihnen die Kl~ir- anlage in ihrer geschichtlicheu Entwickelung kurz skizziert und einen kurzen l~ber- blick fiber die zahlreichen hier ausgefiihrten Versuche und Untersuehungen gegeben. Ieh hoffe, Sie haben daraus ersehen, we]ehe Ffille wissenscbaf~lieh wie praktlsch interessanter Fragen sich bei der Ab~'v/isserbeseitigung darbieten und ein wie reiches ArbeitsYeld sieh damit hier fiir den Chemiker ergibt.

Soll n t a g , den 12. Mai, besuchte die Mehrzahl der Teilnehmer vormittags die S a a l b u r g , woselbst Herr Geheimrat g a e o b i in liebenswfirdigster und dankens- wertester Weise die Ffihrung und Erl/iuterung fibernommen hatte, und nachmittags unter freundlicher Fiihrung des Herrn Hofapotheker Dr. R f t d i g e r den Kurpark in Homburg v. d. H . C. Mai.

Iqachstehende noeh ffir die Tagesordnung vorgesehenen Vortriige konnten wegen Zeitmangels nicht mehr gehalten .werden.