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© Anästhesiologie & Intensivmedizin 2003, 44: 520-525 DIOmed-Verlags GmbH. 520 Einleitung Der Schulterschmerz tritt als ein häufiges Problem in allen Bereichen der Schmerztherapie auf. Sowohl in der perioperativen (1, 3, 9) als auch in der chronischen (3, 7, 14, 19) und palliativen (15, 16) Schmerztherapie wird man mit dem Schulterschmerz konfrontiert. Neben der Applikation von systemisch-wirksamen Analgetika werden gezielt Methoden der Regional- anästhesie angewandt. Dabei gilt als Verfahren der Wahl die interskalenäre Blockade. Die in zunehmen- dem Maße publizierten Artikel (1, 5, 7, 10, 17, 18, 19, SCHMERZTHERAPIE Die analgetische Wirksamkeit der Nervus-supra- scapularis-Blockade mittels Katheter – eine retrospektive Studie - Analgetic efficacy of the suprascapular nerve block using a catheter – a retrospective study F. Kefalianakis Abteilung für Anästhesiologie und interdisziplinäre Intensivmedizin, Klinikum Ludwigsburg (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. D. Spilker) Zusammenfassung: Einleitung: Der Schulterschmerz gilt als häufiges Symptom in der akuten und chronischen Schmerz- therapie. Die Blockade des Nervus suprascapularis bewirkt eine deutliche Schmerzlinderung und eine Besserung der Beweglichkeit im Schultergelenk. Ziel dieser Studie ist es, das Ausmaß des Effektes der Schulterschmerzlinderung durch einen Suprasca- pularis-Katheter (SSK) zu bestimmen. Methodik: Die Wirksamkeit der Nervus-suprascapu- laris-Blockade wurde in einer klinischen Studie unter- sucht, in welcher 20 Patienten mit einem Suprasca- pularis-Katheter 26 Patienten mit einem interskale- nären Katheter (ISK) gegenübergestellt wurden. Anhand einer retrospektiven Datenanalyse wurde von den Patienten die Schmerzintensität mit Hilfe einer numerischen Analogskala (NAS; 0 = kein Schmerz, 10 = stärkster Schmerz) vor und nach Blockade er- fragt. Die Differenz der NAS-Werte vor und nach Blockade (-NAS) wurde als Maß der Wirksamkeit ei- ner Regionalanästhesie betrachtet. Die Mittelwerte der -NAS wurden anhand des Student-t-Test unter- sucht. Ergebnisse: Die Mittelwerte der -NAS-Werte differierten in beiden Gruppen nicht signifikant (SSK: 7.55 + 1.57, ISK: 7.65 + 3.04, p = 0.005). Weiterhin konnten keine SSK-spezifischen Komplikationen fest- gestellt werden. Schlussfolgerung: Die kontinuierliche Blockade des N. suprascapularis kann als mögliche Alternative zur interskalenären Blockade betrachtet werden. Der Suprascapularis-Katheter ermöglicht eine effektive und ausreichende Blockade in der Behandlung von Schmerzsensationen im Schultergelenk. Summary: Introduction: Shoulder pain presents a frequent symp- tom in acute and chronic pain management. The suprascapular nerve block has been shown to result in a marked relief of pain and an improved range of movement for the shoulder joint. The aim of this study is to assess the efficacy of the suprascapular nerve block in association with the use of a catheter for the treatment of shoulder pain. Methods: In a clinical study, the pain-relieving effect of the suprascapular nerve block using a catheter (SSC) was investigated in 20 patients and compared to the effects of an interscalene block using an interscalene catheter (ISC) in 26 patients. By means of retrospec- tive data analysis, pain intensity was assessed before and after each nerve block according to a numerical rating scale (NRS; 0 = no pain, 10 = maximum pain). The difference between the NRS scores measured before and after nerve block (-NRS) was taken as a parameter indicating the efficacy of the regional an- aesthesia. The means of the -NRS scores were com- pared using the Student's t-test. Results: The means of the -NRS scores did not differ significantly between the SSC and ISC Group (SSC: 7.55 + 1.57, ISC: 7.65 + 3.04, p = 0.05). No specific SSC- related complications were noted. Conclusion: Continuous suprascapular nerve block presents a possible alternative to an interscalene nerve block. The suprascapular nerve block using a catheter is an effective and safe technique for the treatment of shoulder pain. Schlüsselwörter: Nervenblockade Katheter Schulterschmerz – Schmerzmessung – Regional- anästhesie Key words: Nerve Block – Catheter – Shoulder Pain – Pain Measurement – Regional Anaesthesia. 520-525 Beitrag Kefalianakis 15.10.2003 9:39 Uhr Seite 520

Die analgetische Wirksamkeit der Nervus-supra- scapularis ......eine Scapula-Fraktur und eine Tendinitis calcarea mit einem SSK behandelt. In einem Kasus waren die Schulterschmerzen

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© Anästhesiologie & Intensivmedizin 2003, 44: 520-525DIOmed-Verlags GmbH.520

Einleitung

Der Schulterschmerz tritt als ein häufiges Problem inallen Bereichen der Schmerztherapie auf. Sowohl inder perioperativen (1, 3, 9) als auch in der chronischen(3, 7, 14, 19) und palliativen (15, 16) Schmerztherapie

wird man mit dem Schulterschmerz konfrontiert.Neben der Applikation von systemisch-wirksamenAnalgetika werden gezielt Methoden der Regional-anästhesie angewandt. Dabei gilt als Verfahren derWahl die interskalenäre Blockade. Die in zunehmen-dem Maße publizierten Artikel (1, 5, 7, 10, 17, 18, 19,

SCHMERZTHERAPIE

Die analgetische Wirksamkeit der Nervus-supra-scapularis-Blockade mittels Katheter – eine retrospektive Studie -

Analgetic efficacy of the suprascapular nerve block using a catheter – a retrospectivestudy

F. KefalianakisAbteilung für Anästhesiologie und interdisziplinäre Intensivmedizin, Klinikum Ludwigsburg(Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. D. Spilker)

Zusammenfassung:Einleitung: Der Schulterschmerz gilt als häufigesSymptom in der akuten und chronischen Schmerz-therapie. Die Blockade des Nervus suprascapularisbewirkt eine deutliche Schmerzlinderung und eineBesserung der Beweglichkeit im Schultergelenk. Zieldieser Studie ist es, das Ausmaß des Effektes derSchulterschmerzlinderung durch einen Suprasca-pularis-Katheter (SSK) zu bestimmen.Methodik: Die Wirksamkeit der Nervus-suprascapu-laris-Blockade wurde in einer klinischen Studie unter-sucht, in welcher 20 Patienten mit einem Suprasca-pularis-Katheter 26 Patienten mit einem interskale-nären Katheter (ISK) gegenübergestellt wurden.Anhand einer retrospektiven Datenanalyse wurde vonden Patienten die Schmerzintensität mit Hilfe einernumerischen Analogskala (NAS; 0 = kein Schmerz,10 = stärkster Schmerz) vor und nach Blockade er-fragt. Die Differenz der NAS-Werte vor und nachBlockade (∆-NAS) wurde als Maß der Wirksamkeit ei-ner Regionalanästhesie betrachtet. Die Mittelwerteder ∆-NAS wurden anhand des Student-t-Test unter-sucht.Ergebnisse: Die Mittelwerte der ∆-NAS-Wertedifferierten in beiden Gruppen nicht signifikant (SSK:7.55 + 1.57, ISK: 7.65 + 3.04, p = 0.005). Weiterhinkonnten keine SSK-spezifischen Komplikationen fest-gestellt werden.Schlussfolgerung: Die kontinuierliche Blockade des N.suprascapularis kann als mögliche Alternative zurinterskalenären Blockade betrachtet werden. DerSuprascapularis-Katheter ermöglicht eine effektiveund ausreichende Blockade in der Behandlung vonSchmerzsensationen im Schultergelenk.

Summary:Introduction: Shoulder pain presents a frequent symp-

tom in acute and chronic pain management. Thesuprascapular nerve block has been shown to result ina marked relief of pain and an improved range ofmovement for the shoulder joint. The aim of this studyis to assess the efficacy of the suprascapular nerveblock in association with the use of a catheter for thetreatment of shoulder pain.Methods: In a clinical study, the pain-relieving effect ofthe suprascapular nerve block using a catheter (SSC)was investigated in 20 patients and compared to theeffects of an interscalene block using an interscalenecatheter (ISC) in 26 patients. By means of retrospec-tive data analysis, pain intensity was assessed beforeand after each nerve block according to a numericalrating scale (NRS; 0 = no pain, 10 = maximum pain).The difference between the NRS scores measuredbefore and after nerve block (∆-NRS) was taken as aparameter indicating the efficacy of the regional an-aesthesia. The means of the ∆-NRS scores were com-pared using the Student's t-test.Results: The means of the ∆-NRS scores did not differsignificantly between the SSC and ISC Group (SSC:7.55 + 1.57, ISC: 7.65 + 3.04, p = 0.05). No specific SSC-related complications were noted.Conclusion: Continuous suprascapular nerve blockpresents a possible alternative to an interscalene nerveblock. The suprascapular nerve block using a catheteris an effective and safe technique for the treatment ofshoulder pain.

Schlüsselwörter: Nervenblockade – Katheter –Schulterschmerz – Schmerzmessung – Regional-anästhesie

Key words: Nerve Block – Catheter – Shoulder Pain –Pain Measurement – Regional Anaesthesia.

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Nervus-suprascapularis-Blockade

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20, 21) bezüglich der selektiven Blockade des N. suprascapularis deuten auf eine weitere Möglichkeithinsichtlich einer regionalanästhesiologischen Verfah-rensweise zur Behandlung des Schulterschmerzes hin.Wenn auch selten, so ist in letzter Zeit in einzelnenKasuistiken und Studien über die kontinuierlicheBlockade des N. suprascapularis mittels Katheter-technik (6, 14, 15) berichtet worden.

Die Anlage eines Katheters zur Blockade des N.suprascapularis (SSK) gilt in unserem Hause als eta-blierte Form im Rahmen der Schmerztherapie.Anhand einer retrospektiven Datenanalyse sollte nunder SSK auf dessen Wirksamkeit und dessen klini-schen Nutzen untersucht werden. Dabei wurden imRahmen des klinischen Alltages unserer ambulantenund stationären Schmerztherapie diese Blockadensowohl perioperativ - hauptsächlich bei unfallchirurgi-schen Patienten - als auch zur Unterstützung von kran-kenphysikalischen Maßnahmen angewandt.

Methodik

BlockadetechnikDie Blockade des N. suprascapularis erfolgt zunächstdurch Palpation der Crista scapulae. Der Patient ist insitzender Lage positioniert, der ipsilaterale Arm wirdin Adduktion gehalten (Abb. 1). Dabei wird über denVerlauf der Spina scapulae eine Markierung vomAcromion bis zum medialen Rand der Scapula gezo-gen. Diese wird gemittelt und ca. 2 - 3 cm cranial davon erfolgt die Punktion (Abb. 1). Nach einerHautdesinfektion- und Infiltration von ca. 2 bis 3 mlMepivacain 1% intracutan wird nach Incision derHaut eine Stimulationskanüle (UPK-Special Sprotte19.5 G x 60 mm, Fa. Pajunk Medical GmbH,Geisingen) streng senkrecht in Richtung der Fossasupraspinata eingeführt. Unter Anwendung eines her-kömmlichen Nervenstimulators kann in einer Tiefevon 3 bis 5 cm eine Abduktion des Armes evoziertwerden. Nach Injektion von 10 ml Prilocain 1% und 10 ml Ropivacain 1% wird über die Stimulations-kanüle ein Katheter eingeführt und dieser mit einemtransparantem Verband (3M Tegaderm I.V. St.Paul,USA) fixiert. Die Einführrichtung des Katheters solltenach lateral erfolgen. In der Regel wird der Katheter 3 - 5 cm über das Ende der Stimulationskanüle vorge-schoben. Bei Repetitionen werden die gleichenVolumina und Dosierungen angewandt. Eine täglicheInspektion der Punktionsstelle gilt als Voraussetzungfür die weitere Versorgung und Anwendung desKatheters.

StudiendesignÜber einen Zeitraum von 29 Monaten wurden dieDokumentationsbögen der Patienten analysiert, wel-che aufgrund von Schulterschmerzen mittels regio-nalanästhesiologischer Verfahren durch die Schmerz-therapie unseres Hauses behandelt wurden.Die in einem Zeitraum von 29 Monaten erfassten SSKmit einer Patientenanzahl von n = 20 wurden mit einer

Kontrollgruppe verglichen. Als Kontrollgruppe wur-den Patienten ausgewählt, welche ebenfalls imVersorgungsgebiet des N. suprascapularis eineSchmerzsensation hatten und welche mit einem inter-skalenären Katheter (ISK) schmerztherapeutischbehandelt wurden. Die ISK wurden nach der Methodenach Meier (13) durchgeführt mit 30 ml Prilocain 1%und 10 ml Ropivacain 1%. Hierbei belief sich dieFallzahl auf n = 26.

Als Messwerte benutzten wir die anhand einer nume-rischen Analogskala (NAS) ermittelten Werte. DieNAS-Werte liegen in einem Bereich von 0 (keinSchmerz) und 10 (stärkster vorstellbarer Schmerz). ImRahmen der ambulanten und stationären Schmerz-therapie werden regelmäßig die NAS-Werte erfragtund dokumentiert. Ausschließlich diese Parameterwurden in beiden Gruppen vor und nach entsprechen-der Blockade erfasst.

Statistik

Als Messparameter dienten lediglich die NAS-Werte,die vor und nach Blockade angegeben wurden. Ausder entsprechenden Datendokumentation konntenkeine weiteren patientenspezifischen Parameter ent-nommen werden. Aus den jeweiligen Werten vor undnach Blockade wurde die Differenz bestimmt.Anschließend sollten die Differenzen der NAS-Werte(∆-NAS) in den beiden Gruppen verglichen werden.Anhand des Student-t-Tests führten wir anschließenddie statistische Untersuchung bezüglich eines Mittel-wertunterschiedes durch.

Ergebnisse

In der SSK-Gruppe war die Geschlechterverteilunggleichmäßig (10 männlich, 10 weiblich). Die aus die-sem Kollektiv untersuchten Patienten waren in die

Abbildung 1: Punktionsrichtung zur Anlage des Suprasca-pularis-Katheters (SSK).

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Schmerztherapie

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ASA-Gruppen I bis IV einzustufen. Das Lebensalterlag zwischen 37 und 74 Jahren.

Hauptsächlich wurden Patienten im Rahmen der peri-operativen Schmerztherapie behandelt bei Z.n. Impin-gement, Schulterarthroskopie, Hämatomausräumungan der Schulter und Humerus-Fraktur.Im Rahmen einer konservativen Behandlung wurdenjeweils eine Teilruptur der Sehne des M. supraspinatus,eine Scapula-Fraktur und eine Tendinitis calcarea miteinem SSK behandelt.In einem Kasus waren die Schulterschmerzen bedingtdurch ossäre Metastasierung in Humerus und Acro-mion bei Bronchial-Ca.

Die Patienten aus der ISK-Gruppe waren ebenfallsder ASA-Klassen I bis IV zugehörig mit einemLebensalter von 20 bis 95 Jahren bei einer Geschlech-terverteilung von 11 männlich und 15 weiblich.Die Indikation zur ISK-Anlage im Rahmen der peri-operativen Schmerztherapie entsprach der der SSK-Gruppe.

In der Gruppe der Patienten, welche einen SSK erhiel-ten, betrug der Mittelwert ± Standardabweichung(SD) der NAS-Werte vor Behandlung 7.85 ± 1.45, nachBehandlung einen Mittelwert ± SD von 0.30 ± 0.97.In der Gruppe der mit ISK behandelten Patienten lagder Mittelwert ± SD der NAS-Werte vor Behandlungbei 9.0 ± 1.85, nach der Behandlung lag der Mittelwert± SD der NAS-Werte bei 1.34 ± 2.52.

Die Berechnung der Differenzen der NAS-Werte vorund nach Blockade (∆-NAS) ergab in der Gruppe derISK einen Mittelwert ± SD von 7.65 ± 3.04. In derSSK-Gruppe wurde ein Wert von 7.55 ± 1.57 festge-stellt (Abb. 3). Die Prüfung mit Hilfe des Student-t-Tests ergab keinen signifanten Unterschied zwischenden Mittelwerten der Differenzen aus den beidenGruppen (p = 0.05).

Die Liegedauer der SSK lag zwischen 1 und 12 Tagenbei einem Mittelwert von 4,53 Tagen. Die Liegedauerder ISK lag zwischen 1 und 14 Tagen bei einemMittelwert von 4,70 Tagen.

Diskussion

AnatomieDer N. suprascapularis entspringt aus dem Truncussuperior (C4 bis C6) des Plexus brachialis und verläuftoberhalb des M. trapezius entlang des Oberrandes derScapula zur Incisura scapulae. Diese durchtritt derNerv unter dem Ligamentum transversum scapulaezur Fossa supraspinata. Es werden motorische Fasernzum M. supraspinatus und zum M. infraspinatus (12)geleitet. Aus dem N. suprascapularis stammen ca. 70%der sensorischen Nervenfasern, welche das Acromio-claviculargelenk sowie das Glenohumeralgelenk ver-sorgen (12, 13, 18, 21).

IndikationenDie Indikationen der Blockade des N. suprascapularisreichen von der perioperativen Schmerztherapie imSchulterbereich (1, 3, 9, 18, 20) über chronischeSchmerzen, wie z.B. bei der rheumatoiden Arthritis (2,3, 4, 7, 8, 10) oder der Supraspinatus-Tendinopathie (3)bis hin zu Tumorschmerzen bei Metastasen in Scapulaund Humeruskopf (15, 16). In einzelnen Unter-suchungen wurde bei einem Großteil von chronischenSchulterschmerzpatienten eine solitäre Kompressiondes N. suprascapularis als Ursache angeschuldigt (11,12), was ebenfalls eine Indikation für diese Nerven-blockade sein kann.

Effektivität des SSK:Der Vergleich zwischen den beiden Gruppen zeigt,dass mittels der SSK-Anlage eine suffiziente Analgesieerzielt werden kann, die der interskalenären Blockadenahezu entspricht (Abb. 3). In einigen Fällen der ISK-Gruppe konnte keine auch nur ansatzweise Analgesieerzielt werden. Dies ist in der Regel dadurch zu er-klären, dass der N. suprascapularis relativ früh abgehtund von den Lokalanästhetika bei der interskalenärenBlockade nicht adäquat infiltriert werden kann.

Die Streuung der NAS-Werte der beiden Gruppen vorAnlage der jeweiligen Blockadeform ist dadurchbedingt, dass sowohl aus der akuten als auch aus derchronischen Schmerztherapie die Patienten rekrutiertwurden. Daraus resultierte eine relative Inhomoge-nität der absoluten NAS-Werte. Um valide Angabenhinsichtlich der Wirksamkeit des SSK machen zu kön-nen, wurde deshalb die errechnete Differenz der NAS-Werte als Parameter deffiniert.

Aufgrund der mehrfach beschriebenen ISK-typischenNebenwirkungen wie Horner-Syndrom, Phrenicus-,Recurrens-Parese etc. wurde in unserem Haus beiBeschwerden, die hauptsächlich dem Versorgungs-gebiet des N. suprascapularis zuzuordnen sind, dieSSK-Anlage präferiert.

Abbildung 3: ∆-NAS-Werte bei Blockade mittels Suprasca-pularis-Katheter (SSK) und interskalenärem Katheter (ISK).

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Nervus-suprascapularis-Blockade

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Neben der einfachen Handhabung und dem deutlichgeringeren Ausmaß an möglichen Komplikationenkann auch als weiterer Vorteil erwähnt werden, dassder SSK in der ambulanten Weiterbehandlung ange-wandt werden kann. So können den Patienten in derambulanten Schmerztherapie sowohl mögliche Ruhe-schmerzen als auch unter krankenphysikalischenMaßnahmen auftretende Beschwerden suffizient be-handelt werden. Weiterhin ist eine motorischeBlockade durch die selektive Blockade des N. supra-scapularis eher marginaler Natur.

Der Effekt der Blockade zur Unterstützung kranken-physikalischer Maßnahmen kann neben der Analgesieauch aus dem Ausmaß der Beweglichkeit nach derjeweiligen Blockade abgelesen werden. Elevation undAbduktion wurden bei 16 Patienten vor und nachSSK-Anlage erfasst. Diese Werte wurden fünfPatienten mit einem ISK gegenübergestellt, bei welchen ebenfalls – aus unfallchirurgischer Veran-lassung – die Beweglichkeit im Schultergelenk nachKatheteranlage getestet wurde. Wie aus Abbildung 4ersichtlich, scheint bei beiden Kathetertechniken einedeutliche Verbesserung der Beweglichkeit gegeben zusein, jedoch mit einer stärkeren Ausprägung in derGruppe der ISK-Patienten.

Obwohl verschiedene Verfahrensweisen zur Blockadedes N. suprascapularis in der Literatur beschriebensind (3, 5, 14, 17, 18), hat sich allgemein der obenbeschriebene Zugang durchgesetzt. Parallel zu denunterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten werdenebenso verschiedene Dosierungen und Volumina inder Literatur angegeben (2, 6, 9, 15). Meier et al. (14)empfehlen dagegen, die Stimulationskanüle mit einemWinkel von 75° zur Hautoberfläche nach lateral, kau-dal und geringgradig nach ventral vorzuschieben.

Die von uns bevorzugte Dosierung beinhaltet sowohldie Möglichkeit einer bei Bedarf erwünschten Nach-injektion als auch einer entsprechend langen Wirk-dauer. So konnte in Einzelfällen eine Blockadedauerüber mehr als 12 Stunden festgestellt werden. Bei dau-erhaften Schmerzen hat es sich somit in unserer Klinik

bewährt, täglich eine zweimalige Injektion durchzu-führen. Weiterhin besteht die Möglichkeit der konti-nuierlichen Applikation von Lokalanästhetika viaPerfusor (6). Aus eigener Erfahrung hat sich dabei dieApplikation von Ropivacain 0.2% bewährt, mit einerFörderrate von 5 ml/h.

In Anlehnung an andere Katheteranwendungen (z.B.interskalenärer Katheter, distaler Ischiadicuskatheter,ventraler Ischiadicuskatheter etc.) empfiehlt sich auchbeim SSK eine tägliche Inspektion der Punk-tionsstelle. Bei ersten Anzeichen einer Infektion sollteder Katheter sofort entfernt werden mit der möglichenOption einer erneuten Anlage im Intervall.

Wie aus Abbildung 2a/b ersichtlich, sollte der SSKidealerweise in der Fossa supraspinata platziert wer-

Abbildung 4: Abduktion (Abd.) und Elevation (El.) vor undnach Anlage eines interskalenären Katheters (ISK) bzw.Supraskapularis-Katheters (SSK):Es wurden die Differenzen der Grad-Angaben sowohl beiAbduktion als auch nach Elevation ermittelt, vor undnach Blockade. Die vermehrte Beweglichkeit ist nachAnlage beider Kathetertechniken gegeben, jedoch miteiner deutlicheren Ausprägung nach den ISK-Anlagen. Essind die Mittelwerte in den beiden Gruppen dargestellt.

Abbildung 2: 3-D-Rekonstruktion der linken Schulter mit liegendem Katheter zur Blockade des N. suprascapularis. (a) Ansicht von ventral, (b) Ansicht von kranial.

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Schmerztherapie

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den. Dabei kann diese als ein definierter Raumbetrachtet werden, welcher von nervalen Strukturenpenetriert und durch klare anatomische Wandungenbegrenzt wird. Es genügt, wenn in diesem Raum derSSK platziert wird. Die in dieser „Mulde” appliziertenLokalanästhetika können den Nerven auch sekundärerreichen, um eine ausreichende Blockade erzielen zukönnen. Es kann postuliert werden, dass es ausreicht,die Spitze der Stimulationskanüle bis zum Periost-kontakt an der Fossa supraspinata vorzuführen.Daraufhin könnte – nach Injektion der Lokalanäs-thetika – der SSK platziert werden. Möglicherweisekann die Anwendung des Nervenstimulators als ent-behrlich erachtet werden. Die SSK-Anlage wurde inunserer Klinik in letzter Zeit ohne Nervenstimulationpraktiziert, über eine allgemein gültige Aussage hin-sichtlich der Wertigkeit dieser Verfahrensweise kannzum derzeitigen Zeitpunkt jedoch nur spekuliert wer-den. Eventuell mag hier das ultraschall-gestützteAufsuchen der Fossa supraspinata eine weitere wert-volle Ergänzung darstellen.

Selten werden methodenspezifische Komplikationenim Zusammenhang mit der Anlage eines SSKbeschrieben, wie die eines Pneumothorax. EinPneumothorax kann laut Parris (16) weitestgehendausgeschlossen werden, falls die Hand auf der ipsilate-ralen Seite auf die kontralaterale Schulter gelegt wird.Eine Zunahme der Distanz zwischen Scapula undThoraxwand soll somit das Risiko eines Pneumo-thorax minimieren. Fallberichte bezüglich einer verse-hentlichen Gefäßpunktion (A./V. suprascapularis) sindin der Literatur nicht bekannt, theoretisch jedochmöglich. Gelegentlich auftretende Umknickphäno-mene mit konsekutiver Okklusion des Katheter-lumens (Abb. 5) müssen als Erklärung in Betracht

gezogen werden, wenn Lokalanästhetika nicht injiziertwerden können. Insgesamt gelten jedoch all diebeschriebenen Komplikationsmöglichkeiten alsRarität.

Fazit

• Die selektive Blockade des N. suprascapularis viaKatheter gilt in der Behandlung von Schulter-schmerzen jeglicher Art als effektiv.

• Die analgetische Wirksamkeit entspricht der derinterskalenären Blockade.

• Die deutliche Minderung der möglichen Kompli-kationen lassen den Supraskapularis-Katheter alsechte Alternative zum interskalenären Kathetererscheinen.

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Abbildung 5: Umknickphänomen nach Katheter-Anlagemit dadurch nahezu unmöglicher Applikation von Lokal-anästhetika auf Grund einer Okklusion des Lumens.

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Nervus-suprascapularis-Blockade

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Korrespondenzadresse:Dr. med. Fotios KefalianakisAbteilung für Anästhesiologie undinterdisziplinäre IntensivmedizinKlinikum LudwigsburgPosilipostraße 4D-71640 Ludwigsburg.

Wirkstoff: Selen als Natriumselenit 5 H2O. Anwendungsgebiete: NachgewiesenerSelenmangel, der ernährungsmäßig nicht behoben werden kann. Ein Selenmangel kann auftre-ten bei Maldigestions- und Malabsorptionszuständen sowie bei Fehl- und Mangelernährung (z. B. totale parenterale Ernährung). Zusammensetzung: selenase® 100 pro injectione: 1 Am-pulle mit 2 ml Injektionslösung enthält 100 µg Selen als Natriumselenit 5 H2O in 0,9%iger wässriger NaCl-Lösung. selenase® T pro injectione: 1 Injektionsflasche mit 10 ml Injektions-lösung enthält 500 µg Selen als Natriumselenit 5 H2O in 0,9%iger wässriger NaCl-Lösung.selenase® 100 peroral: 1 Trinkampulle mit 2 ml enthält 100 µg Selen als Natriumselenit 5 H2O in0,9%iger wässriger NaCl-Lösung. selenase® T peroral: 1 ml Lösung enthält 50 µg Selen alsNatriumselenit 5 H2O in 0,9%iger wässriger NaCl-Lösung. Sonstige Bestandteile: Natrium-chlorid, Salzsäure, Wasser. Gegenanzeigen: Selenintoxikationen. Darreichungsform,Packungsgrößen: selenase® 100 pro injectione: 10 (N2), 20 bzw. 50 Ampullen zu 2 mlInjektionslösung. selenase® T pro injectione: 2 (N1) bzw. 10 (N2) Injektionsflaschen zu 10 mlInjektionslösung. selenase® 100 peroral: 20 (N1), 60 (N3) bzw. 90 (N3) Trinkampullen zu 2 mlLösung. selenase® T peroral: 10 Glasflaschen zu 10 ml Lösung zum Einnehmen (N1).Verschreibungspflichtig 11/00

• Sepsispatienten sind durch toxische freie Radikale einer hohen Belastung ausgesetzt. Ein Selenmangel ist deshalb häufig anzutreffen.

• Die hoch dosierte Zufuhr von selenase® (Natriumselenit-Pentahydrat) unterstützt wirksam das körpereigene antioxidative Schutzsystem

• In kontrollierten Studien konnte die Reduktion der Letalität bei Sepsispatienten gezeigt werden (z.B. Angstwurm, MWA et al. 1999, Crit Care Med 27 Nr. 9, 1807-1813).

* Forceville X. et al.: Selenium,systemic inflammatory respon-se syndrome, sepsis, and out-come in critically ill patients.Critical Care Medicine 1998Vol. 26, No. 9, 1536-1544.

selenase®100/T

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Wir forschen.

Sepsis: Selenmangel

verschlechtert

die Prognose*

520-525 Beitrag Kefalianakis 15.10.2003 9:40 Uhr Seite 525