8
Da „Arabien“ oder „die arabischen Länder“ keine fest definierten Regionen darstellen, sind Gruppierungen auf- grund von historischen, geografischen und wirtschaſtlichen Gemeinsamkeiten vorzunehmen. Die arabischen Golfstaaten bilden hier die „Arabische Halbinsel“ ab, zu der außerdem der Jemen gehört. Die Gruppierungen „Fruchtbarer Halbmond“ (Irak, Jordanien, Libanon, Syrien, palästinensische Gebiete), „Nil-Region und Afrika“ (Ägypten, Libyen, Sudan) und „Maghreb“ (Algerien, Marokko, Tunesien) sind gesondert zu betrachten. Die Mitglieder des Golf-Kooperationsrates (GCC) sind die ökonomisch stärksten der arabischen Länder. Die verbin- denden Elemente mit anderen arabischen Ländern sind die arabische Sprache, die islamische Religion und die Anerkennung einer arabischen Identität, die mit dem Begriff der umma (für manche ein religiöses Konzept, für manche durch eine gemeinsame Geschichte bedingt) gekoppelt ist. Für eine erfolgreiche Kommunikation und Zusammenarbeit mit Menschen aus der arabischen Golfregion ist es wichtig zu wissen, dass nicht alle Länder der arabischen Halbinsel „gleich“ sind. Hinsichtlich des volkswirtschaſtlichen Entwicklungstempos, der Wirtschaſts- und Investitionspolitik sowie der Migrationsrate/Bevölkerungsstruktur gibt es erhebliche Unterschiede. Da die GCC-Mitglieder aber durchaus viele verbindende Elemente haben – wie die islamische Religion „als wesentliches Element des kulturellen Gedächtnisses“ 1 – und sich kulturelle Standards ähneln, erscheint eine gemeinsame Betrachtung der Staaten des Golf-Kooperationrates hier sinnvoll. Die arabischen Golfstaaten – Länderspezifische Infos Landeskunde: Staaten, Geografie, Bevölkerung, Wirtschaſt, Sprache und Religion Staaten des „Golf-Kooperationsrates“: Offizieller Name: Kooperationsrat der Arabischen Staaten des Golfes, engl. Co- operation Council for the Arab States of the Gulf, kurz: Gulf Cooperation Council, GCC; arabisch Mağlis at-ta ‘āwun li-duwal al-halīğ al-‘arabiyya Mitglieder: Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi- Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) Organisation des GCC: Der Golf-Kooperationsrat wurde 1981 von den wohlhabenden Ländern der arabi- schen Halbinsel Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und den Vereinig- ten Arabischen Emiraten (VAE) gegründet, um politisch (Außen- und Sicherheitspo- litik), wirtschaſtlich und gesellschaſtlich eine starke Einheit zu bilden. 1982 wurde der freie Warenverkehr unter den Mit- gliedsstaaten umgesetzt, 2005 dann die Zollunion. Die für 2010 geplante einheit- liche Währung konnte bisher noch nicht etabliert werden. Die Mitglieder sind ge- genseitig zu militärischer Hilfe im Vertei- digungsfall verpflichtet. Die einzelnen Golfstaaten haben ganz unterschiedliche historische Entstehungs- geschichten, gemeinsam ist ihnen die Ursprungsbevölkerung der Beduinenstäm- me. Während Bahrain u. a. persisch be- setzt war sowie unter britischer Oberhoheit stand und heute als demokratischer Staat Sunniten und Schiiten beheimatet, ist der Oman ein Sultanat, das sich erst seit den 1970er Jahren langsam von jahrhunderte- alten Stammesstrukturen löst. Das Emirat Katar ist eine absolute Monarchie (es gibt nur den Emir als Entscheidungsmacht, kein Parlament), Kuwait eine konstitutio- nelle Erbmonarchie (es gibt einen König und ein Parlament). Die VAE sind eine Fö- deration der Emirate Abu Dhabi, Dubai, Schardscha, Adschman, Ra’s al-Chaima, Umm al-Qaiwain und Fudschaira, die je- weils von einem Scheich des mächtigsten Stammes angeführt werden. Handlungshilfe für die Beratung ausländisch geführter Unternehmen Länderprofil arabische Golfstaaten

Die arabischen Golfstaaten – Länderspezifische · PDF filederation der Emirate Abu Dhabi, Dubai, Schardscha, Adschman, Ra’s al-Chaima, Umm al-Qaiwain und Fudschaira, die je-weils

  • Upload
    hacong

  • View
    212

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die arabischen Golfstaaten – Länderspezifische · PDF filederation der Emirate Abu Dhabi, Dubai, Schardscha, Adschman, Ra’s al-Chaima, Umm al-Qaiwain und Fudschaira, die je-weils

Da „Arabien“ oder „die arabischen Länder“ keine fest definierten Regionen darstellen, sind Gruppierungen auf-grund von historischen, geografischen und wirtschaftlichen Gemeinsamkeiten vorzunehmen. Die arabischen Golfstaaten bilden hier die „Arabische Halbinsel“ ab, zu der außerdem der Jemen gehört. Die Gruppierungen „Fruchtbarer Halbmond“ (Irak, Jordanien, Libanon, Syrien, palästinensische Gebiete), „Nil-Region und Afrika“ (Ägypten, Libyen, Sudan) und „Maghreb“ (Algerien, Marokko, Tunesien) sind gesondert zu betrachten. Die Mitglieder des Golf-Kooperationsrates (GCC) sind die ökonomisch stärksten der arabischen Länder. Die verbin-denden Elemente mit anderen arabischen Ländern sind die arabische Sprache, die islamische Religion und die Anerkennung einer arabischen Identität, die mit dem Begriff der umma (für manche ein religiöses Konzept, für manche durch eine gemeinsame Geschichte bedingt) gekoppelt ist. Für eine erfolgreiche Kommunikation und Zusammenarbeit mit Menschen aus der arabischen Golfregion ist es wichtig zu wissen, dass nicht alle Länder der arabischen Halbinsel „gleich“ sind. Hinsichtlich des volkswirtschaftlichen Entwicklungstempos, der Wirtschafts- und Investitionspolitik sowie der Migrationsrate/Bevölkerungsstruktur gibt es erhebliche Unterschiede. Da die GCC-Mitglieder aber durchaus viele verbindende Elemente haben – wie die islamische Religion „als wesentliches Element des kulturellen Gedächtnisses“1 – und sich kulturelle Standards ähneln, erscheint eine gemeinsame Betrachtung der Staaten des Golf-Kooperationrates hier sinnvoll.

Die arabischen Golfstaaten – Länderspezifische InfosLandeskunde: Staaten, Geografie, Bevölkerung, Wirtschaft, Sprache und Religion

▪ Staaten des „Golf-Kooperationsrates“: Offizieller Name: Kooperationsrat der Arabischen Staaten des Golfes, engl. Co-operation Council for the Arab States of the Gulf, kurz: Gulf Cooperation Council, GCC; arabisch Mağlis at-ta ‘āwun li-duwal al-halīğ al-‘arabiyya

▪ Mitglieder: Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi- Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE)

▪ Organisation des GCC:Der Golf-Kooperationsrat wurde 1981 von den wohlhabenden Ländern der arabi-schen Halbinsel Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und den Vereinig-ten Arabischen Emiraten (VAE) gegründet, um politisch (Außen- und Sicherheitspo-litik), wirtschaftlich und gesellschaftlich eine starke Einheit zu bilden. 1982 wurde der freie Warenverkehr unter den Mit-gliedsstaaten umgesetzt, 2005 dann die Zollunion. Die für 2010 geplante einheit-

liche Währung konnte bisher noch nicht etabliert werden. Die Mitglieder sind ge-genseitig zu militärischer Hilfe im Vertei-digungsfall verpflichtet.

Die einzelnen Golfstaaten haben ganz unterschiedliche historische Entstehungs-geschichten, gemeinsam ist ihnen die Ursprungsbevölkerung der Beduinenstäm-me. Während Bahrain u. a. persisch be-setzt war sowie unter britischer Oberhoheit stand und heute als demokratischer Staat Sunniten und Schiiten beheimatet, ist der

Oman ein Sultanat, das sich erst seit den 1970er Jahren langsam von jahrhunderte-alten Stammesstrukturen löst. Das Emirat Katar ist eine absolute Monarchie (es gibt nur den Emir als Entscheidungsmacht, kein Parlament), Kuwait eine konstitutio-nelle Erbmonarchie (es gibt einen König und ein Parlament). Die VAE sind eine Fö-deration der Emirate Abu Dhabi, Dubai, Schardscha, Adschman, Ra’s al-Chaima, Umm al-Qaiwain und Fudschaira, die je-weils von einem Scheich des mächtigsten Stammes angeführt werden.

Handlungshilfe für die Beratung ausländisch geführter Unternehmen→ Länderprofil arabische Golfstaaten

Page 2: Die arabischen Golfstaaten – Länderspezifische · PDF filederation der Emirate Abu Dhabi, Dubai, Schardscha, Adschman, Ra’s al-Chaima, Umm al-Qaiwain und Fudschaira, die je-weils

Die aktuelle Lage in der Golfregion ist von einem Wandel der politischen Strukturen geprägt. In Bahrain z. B. fordern im März 2011 Demonstranten demokratische Refor-men und protestieren gegen die sunnitische Herrscherfamilie. Die aktuellen Umwälzun-gen in arabischen Ländern wie Tunesien und Ägypten hin zur Demokratie beeinflus-sen auch die Golfstaaten, in denen es nun erste Proteste aus dem Volk gibt.

▪ Geografie

Größe: Saudi-Arabien: 2.149.690 km2 Oman: 309.500 km2 Vereinigte Arabische Emirate (VAE): 83.600 km2 Kuwait: 17.818 km2 Katar: 11.586 km2 Bahrain: 741 km2 Golfstaaten insgesamt: 2.572.935 km2

Im Vergleich: entspricht ca. 7mal der Größe Deutschlands2 Klima: Wüstenklima, heiß und trocken. Wasser-knappheit stellt ein großes Problem dar.

▪ Bevölkerung

Einwohner: (Stand Juli 2010) 38.043.148

Geburtenrate: Ø2,54 Kinder/Frau

Von den ca. 38 Millionen Einwohnern der Golfstaaten sind ca. 13 Millionen auslän-discher Herkunft. Dies sind Arbeitsmig-ranten vor allem aus Pakistan und Indien, die auf den Großbaustellen oder in der Ölindustrie arbeiten oder auch Expatri-ates aus westlichen und ostasiatischen Ländern. In Katar beispielsweise sind 36 % der Bewohner Inder oder Pakistani,

10 % iranischer Herkunft. Die „Locals“, wie die Einheimischen sich stolz nennen, sind besonders in den kleineren Sultana-ten und Emiraten weit in der Unterzahl. Saudi-Arabien weist als einziger Golfstaat einen Anteil von nur 10 % nicht-arabisch-stämmiger Bevölkerung auf.

▪ Wirtschaft

SAUDI-ARABIEN

BIP in Anteilen: (Zahlen aus 2009) Landwirtschaft: 2,9 %, Industrie: 59,7 %, Dienstleistung: 37,4 % Export: Platz 20, Summe aller Exporte in US-$: 192,3 BillionenArbeitslosenrate: 10,5 % Elektrizität: 179,1 Billionen kWh Produktion / 165,1 Billionen kWh Verbrauch (2008 est.), Platz 20 weltweit

OMAN

BIP in Anteilen: (Zahlen aus 2009)Landwirtschaft: 1,5 %, Industrie: 47,8 %, Dienstleistung: 50,7 % Export: Platz 60, Summe aller Exporte in US-$: 27,65 BillionenArbeitslosenrate: 15 %Elektrizität: 13,58 Billionen kWh Produktion / 11,36 Billionen kWh Verbrauch (2007 est.), Platz 60 weltweit

VAE

BIP in Anteilen: (Zahlen aus 2009) Landwirtschaft: 1 %, Industrie: 52 %, Dienstleistung: 47 % Export: Platz 21, Summe aller Exporte in US-$: 192,2 BillionenArbeitslosenrate: 2,4 %

Elektrizität: 71,54 Billionen kWh Produktion / 65,98 Billionen kWh Verbrauch (2007 est.), Platz 39 weltweit

KUWAIT

BIP in Anteilen: (Zahlen aus 2009)Landwirtschaft: 0,3 %, Industrie: 48,6 %, Dienstleistung: 51,1 % Export: Platz 46, Summe aller Exporte in US-$: 50,34 BillionenArbeitslosenrate: 2,2 %Elektrizität: 45,83 Billionen kWh Produktion / 40,21 Billionen kWh Verbrauch (2007 est.), Platz 50 weltweit

KATAR

BIP in Anteilen: (Zahlen aus 2009) Landwirtschaft: 0,1 %, Industrie: 72,2 %, Dienstleistung: 27,7 % Export: Platz 59, Summe aller Exporte in US-$: 33,28 BillionenArbeitslosenrate: 0,5 %Elektrizität: 15,11 Billionen kWh Produktion / 13,73 Billionen kWh Verbrauch (2007 est.), Platz 78 weltweit

BAHRAIN

BIP in Anteilen: (Zahlen aus 2009) Landwirtschaft: 0,5 %, Industrie: 56,6 %, Dienstleistung: 42,9 % Export: Platz 76, Summe aller Exporte in US-$: 12,05 BillionenArbeitslosenrate: 15 %Elektrizität: 10,25 Billionen kWh Produktion / 10,1 Billionen kWh Verbrauch (2007 est.), Platz 86 weltweit

Traditionelle Bauten und moderne Wolkenkratzer Quelle: Fotolia

2

Handlungshilfe für die Beratung ausländisch geführter Unternehmen – Länderprofil arabische Golfstaaten

Page 3: Die arabischen Golfstaaten – Länderspezifische · PDF filederation der Emirate Abu Dhabi, Dubai, Schardscha, Adschman, Ra’s al-Chaima, Umm al-Qaiwain und Fudschaira, die je-weils

Die arabischen Golfstaaten – Kulturstandards und kulturelle Dimensionen3

Personen- und Gruppenorientierung

(enthält Aspekte von Gender, Gast-freundschaft und Ehre und Würde)

Für die Menschen in den arabischen Golfstaaten ist die Zugehörigkeit zur Großfamilie zentral. Dabei sind die Le-bensbereiche von Frauen und Männern zumeist getrennt. Seine Wurzeln hat die-se Sozialstruktur zum einen in der isla-mischen Tradition, zum anderen in der beduinischen Vergangenheit der Region. Auch wenn nur 10 % der Bewohner di-rekte Nachfahren der Beduinenstämme sind, hat sich das Prinzip, nach dem nur die Einbindung in den familiären Clan ein Überleben in der lebensfeindlichen Wüste ermöglichte, bewahrt. Dabei wird eine starke Trennung von „Außen“ und „ Innen“ vorgenommen. Die Familie be-findet sich im „Innersten“, je nach Grad der Verwandtschaft bewegt sich die Be-ziehungsintensität nach „außen“, d. h. verringert sich. „Außen“ ist auch die Welt der Männer, während die Frauen „Innen“ leben (vgl. Gender (Frauen-/Männerrollen)). Als Nicht-„Local“ steht man automatisch außerhalb der In-Group. Personen von „Außen“ begegnet man zunächst eher mit Zurückhaltung oder gar Misstrauen. Ein arabisches Sprichwort verdeutlicht den Kultur-standard: „Ich und mein Bruder gegen unsere Cousins. Ich, mein Bruder und meine Cousins gegen unseren Stamm. Und wir alle zusammen gegen den Rest der Welt.“ Ehre und Würde sind demzu-folge auch nie nur von einer Einzelper-son abhängig, sondern mit der ganzen Familie und/oder dem ganzen Stamm verbunden.

Die starke Gruppenorientierung zeigt sich auch in der Wichtigkeit von Netz-

werken (waasta). Ohne eine Einbindung in die durch familiäre und Stammes-zugehörigkeit geprägten Netzwerke ist es schwierig, am arabischen Golf Ge-schäfte zu machen. Für das Gegenüber ist es besonders wichtig, persönliche Informationen auszutauschen und eine zwischenmenschliche Beziehung auf-zubauen.

Es ist üblich, in der Kennenlernphase zunächst ausführlich Lob über gemein-same Bekannte auszutauschen und persönliche Fragen zu stellen, anstatt „harte Fakten“ zu Ausbildung und Be-ruf zu nennen. Nur wenn die persönli-che Ebene stimmt, ist eine berufliche Zusammenarbeit denkbar. Gastfreund-schaft ist eine Tugend und bildet einen ganz grundlegenden Wert im Leben der Golfaraber.

Die großzügige Bewirtung und zuvor-kommende Behandlung von Gästen mehrt das eigene Ansehen und wurzelt

– als Facette der hohen Personen- und Gruppenorientierung – in der jahrhun-dertealten nomadischen Tradition. Es gilt: Der Gast ist König.

▪ Fallbeispiel5: Dr. Klinke, ein Zahnarzt aus Deutsch-land, wollte sich in Dubai niederlas-sen. Wie es dort für Ausländer üblich ist, musste er einen Sponsor finden, der über eine Mehrheit der Geschäfts-anteile verfügt und „Local“ ist. Dr. Klin-ke fand ein Haus, in dem er seine Praxis einrichten wollte, und wo es auch mög-lich gewesen wäre, gleichzeitig zu woh-nen. Er erfuhr nun aber, dass es in Du-bai laut Gesetz verboten sei, Praxis und Wohnung in einem Haus zu haben, wo-rüber er sehr enttäuscht war, denn aus finanziellen Gründen konnte er sich nicht noch eine zusätzliche Wohnung leisten. Daher vereinbarte er einen Ter-min mit seinem Sponsor, Herrn Musta-fa Bin Omar, um die Angelegenheit zu besprechen. Im Haus von Omar eintref-

Einladung zum Kennenlernen bei einem Glas Tee Quelle: Fotolia

Kulturstandards der arabischen Golfstaaten nach Reimer-Conrads und Thomas4 sind ▪ Personen- und Gruppenorientierung, ▪ Hierarchieorientierung, ▪ Gastfreundschaft, Ehre und Würde, ▪ Genderorientie-rung und ▪ Polychrones Zeitverständnis. Hier finden Sie kurz nach Themenfeldern zusammengefasst, wie sich diese Kulturstandards äußern. Fallbeispiele verdeutlichen, wie es im Berufsleben durch die Kultur-standards – die ganz anders als die deutschen sind – zu Missverständnissen kommen kann. Im Anschluss wird aufgelöst, was der Situation zugrunde lag. Ergänzt werden die Kulturstandards durch grundlegende Informationen zu ▪ Körperkontakt und nonverbaler Kommunikation. Verhaltenstipps („Dos“ und „Don‘ts“) runden die Informationen ab.

3

Handlungshilfe für die Beratung ausländisch geführter Unternehmen – Länderprofil arabische Golfstaaten

Page 4: Die arabischen Golfstaaten – Länderspezifische · PDF filederation der Emirate Abu Dhabi, Dubai, Schardscha, Adschman, Ra’s al-Chaima, Umm al-Qaiwain und Fudschaira, die je-weils

fend, stellte er verwundert fest, dass man ein Abendessen vorbereitet hatte und neben Omar auch zwei Brüder und ein Freund der Familie anwesend waren. Das Tischgespräch war angeregt und man fragte viel. Sein eigentliches Anlie-gen, Herrn Omar um Unterstützung zu bitten, die Praxisräume auch privat nut-zen zu können, brachte er vor, aber kei-ner der Gesprächspartner griff das The-ma auf. Nach dem Essen bat man ihn, noch bei der Mutter der Brüder vorbei-zuschauen, der es nicht so gut ginge. Herr Dr. Klinke stattete der erkrankten Mutter einen Besuch ab. So blieb keine Möglichkeit mehr, sein Anliegen noch einmal nachhaltig zu besprechen. Ent-täuscht fuhr er nach Hause. Zwei Tage später erhielt er einen Anruf von Herrn Omar, in dem dieser ihn darüber infor-mierte, dass er von Shaik Mohamed Bin Rashid Al Maktoum, dem Staatsober-haupt von Dubai, eine Ausnahmegeneh-migung erhalten habe und Dr. Klinke nunmehr in die oberen Räume des Pra-xisgebäudes einziehen könne.

▪ Hintergrund: Während des Abendessens ist auf in-formeller Ebene eine persönliche Be-ziehung zwischen Dr. Klinke und den Omars aufgebaut worden. Die Bitte der Familie, nach der erkrankten Mutter zu schauen, stellt einen großen Vertrau-ensbeweis dar. Dass Herr Dr. Klinke als Zahnarzt gebeten wurde, diesen Be-such abzustatten, ist zudem ein Freund-schaftsdienst. Daher sah sich die Fami-lie im Gegenzug verpflichtet, diesen zu erwidern und eine Lösung für seine Pra-xis und sein Wohnproblem zu finden.

Hierarchieorientierung

In den arabischen Golfstaaten herr-schen sowohl in der Familie als auch in der Gesellschaft strenge hierarchische Strukturen. Faktoren, die darauf Einfluss haben, auf welcher Hierarchiestufe man steht, sind vor allem Alter und Ge-schlecht. Es gilt: Ältere vor Jüngeren, Männer vor Frauen. Der Führungsstil ist autoritär. Im Berufsleben sind Teamar-beit und Delegation nicht üblich. Man ist für einen bestimmten Arbeitsbereich zuständig und es wird weniger Eigenini-tiative in Bezug auf eine Ausweitung der Zuständigkeiten gezeigt. Dennoch ist es bei einer Entscheidungsfindung wich-

tig, jeden Einzelnen zu seiner Meinung zu befragen – auch wenn von vornehe-rein klar ist, dass die Entscheidung nur vom obersten Vorgesetzten getroffen wird. Dieser Prozess ist natürlich lang-wierig, ermöglicht jedoch einerseits die Respektsbekundung gegenüber dem einzelnen Mitarbeiter, andererseits die Machtdemonstration des an der Spitze der Hierarchie Stehenden.

In der Gesellschaft sind Ober-, Mittel- und Unterklasse stark voneinander abgegrenzt und es wird jeweils entspre-chendes Verhalten erwartet. So würde ein Angehöriger der Oberklasse (könig-liche und einflussreiche Familien) nie-mals in Gegenwart eines Angehörigen einer anderen sozialen Schicht körper-liche Arbeit verrichten. Dies würde sein Ansehen und seinen Status ruinieren.

Direkte / indirekte Kommunikation

(enthält Aspekte von Ehre und Würde)

Menschen aus den arabischen Golfstaa-ten kommunizieren weitaus indirekter als Deutsche. An oberster Stelle stehen das Ansehen und die Ehre des Gegenübers. Offene Kritik ist nicht erwünscht. Es gilt, das Gesicht zu wahren. Höflichkeit und Di-plomatie sind unbedingt erforderlich, um erfolgreich mit arabischen Geschäftspart-nern zu interagieren. Wiederholungen und Floskeln sind üblich, was von Deutschen,

die direkte Kommunikation gewohnt sind, als „Um den heißen Brei-Reden“ empfun-den werden kann. Diese indirekte Kom-munikation ist aber wichtig, um das Anse-hen des Gesprächspartners zu bewahren.

▪ Fallbeispiel6: Frau Paul ist Veranstaltungsmanagerin von internationalen Management-Work-shops in den arabischen Golfstaaten. Sie verteilt nach den Seminaren immer Feedback-Bögen zur Qualitätskontrolle und während der Veranstaltungen be-fragt sie die Teilnehmer immer schon einmal in den Kaffeepausen usw. nach ihrem Eindruck. Dabei passiert es häu-fig, dass Teilnehmer aus der Golfregion die Veranstaltung im direkten Kontakt mit ihr loben, dann aber im Nachhinein in den schriftlichen Feedbacks sehr deutliche Kritik äußern. Frau Paul ver-steht nicht, warum ihre Gesprächspart-ner ihr gegenüber Kritik nicht direkt äußern, denn dann könnte sie doch gut mit ihnen darüber diskutieren!

▪ Hintergrund: Um das Gesicht zu wahren und Ehre und Würde seines Gegenübers möglichst nicht zu verletzen, wird in den arabi-schen Golfstaaten Kritik nicht direkt ‚ geäußert. Sie wird eher indirekt in einem günstigen Augenblick, verkleidet in Anekdoten und Geschichten, zum Aus-druck gebracht. Eine direkte Kritik könn-te dem Ansehen einer Person in der Öffentlichkeit schaden.

Jeder wird zu seiner Meinung befragt – der oberste Vorgesetzte entscheidet Quelle: ILO

4

Handlungshilfe für die Beratung ausländisch geführter Unternehmen – Länderprofil arabische Golfstaaten

Page 5: Die arabischen Golfstaaten – Länderspezifische · PDF filederation der Emirate Abu Dhabi, Dubai, Schardscha, Adschman, Ra’s al-Chaima, Umm al-Qaiwain und Fudschaira, die je-weils

Gender (Frauen-/Männerrollen)

Die Lebenswelten von Männern und Frauen sind auch heute noch in vielen Bereichen stark voneinander abge-grenzt. So existieren im öffentlichen Raum teilweise abgetrennte Bereiche für Frauen und Familien, z. B. in Restaurants oder Behörden. Diese garantieren die traditionelle Separation der Geschlech-ter auch in der Öffentlichkeit, diesem ansonsten als „Außen“ männlich attri-buierten Bereich, dem mit dem Zuhause als „Innen“ der weibliche Bereich gegen-übersteht. Nicht nur räumlich, sondern auch in Bezug auf Zuständigkeiten gren-zen sich Frauen- und Männerrollen tra-ditionell ab. Während den Männern das Geldverdienen und generell der Kontakt mit der Außenwelt obliegen, sind die Frauen für Familie, Haushalt und Kinder-erziehung zuständig. „Außen“ und „Innen“ haben dabei jedoch die gleiche Wertigkeit, wie auch Frauen und Männer ihre unterschiedlichen Rollen gegensei-tig wertschätzen. In den modernen Golf-staaten sind z. B. bestens ausgebildete Frauen heute selbstverständlich auch in der Berufswelt präsent. Bei der Begrü-ßung sollte man abwarten, ob die arabi-sche Geschäftsfrau dem europäischen Mann die Hand reicht oder nicht. Tut sie dies nicht, so stellt das lediglich einen Aspekt der islamischen Regel, nach der Körperkontakt zwischen Frau und Mann außerhalb der Familie nicht erwünscht ist, dar und ist keinesfalls unhöflich ge-meint.

▪ Fallbeispiel7: Herr Mauer, ein junger deutscher Lehrer, ist an einem Erwachsenenbildungszen-trum in Abu Dhabi tätig. Er unterrichtet auch Basira Al Ghasra, eine junge Frau, die eine seiner besten Schülerinnen ist. Eines Tages beabsichtigt er, den leeren und dunklen Klassenraum zu betreten und greift rückwärtig von außen um die Ecke zum Lichtschalter. In diesem Mo-ment wollte jedoch auch Basira Al Ghas-ra, die sich bereits im Klassenraum be-fand, den Lichtschalter betätigen, und fasst direkt in die Hand von Herrn Mauer. Schockiert zuckt Basira Al Ghasra zurück, schaut zu Boden und verlässt fluchtar-tig den Raum. Am nächsten Tag erscheint sie nicht zum Unterricht. Nach einigen Ta-gen taucht ihr Bruder bei Herrn Mauer auf und teilt ihm mit, dass seine Schwes-ter die Weiterbildung abgebrochen hat.

Herr Mauer versteht nicht, wie die gute Schülerin so plötzlich zu dieser Entschei-dung kam.

▪ Hintergrund: Die Berührung des Lehrers stellt für Ba-sira Al Ghasra einen Bruch des islami-schen Gebotes dar, das Körperkontakt zwischen Frau und Mann im nichtfami-liären Kontext untersagt. Sie befürchtet eventuell nun, dass man ihr eine ab-sichtliche Berührung des jungen Lehrers unterstellen könnte, was als ehrloses, unzüchtiges Verhalten eingestuft würde. Sie bricht den Unterricht ab, um dem Lehrer nicht mehr zu begegnen. Dass die Familie weiß, warum sie dies tut, ist dabei unwahrscheinlich, denn es ist aus ihrer Sicht absolut zu vermeiden, die stattgefundene körperliche „Annähe-rung“ zu erwähnen, um Gesichtsverlust zu verhindern. Der Bruder tritt als Ver-mittler der Nachricht in seiner Funktion als Regelnder der offiziellen Angelegen-heiten seiner Schwester auf.

Zeitorientierung

Das Zeitverständnis in den arabischen Golfstaaten ist polychron. Das bedeutet, dass Zeit als etwas Relatives betrachtet wird und der Zeitverlauf nicht linear von einem Anfangs- zu einem Endpunkt hin angeordnet ist. Vielmehr ist die Zeit in ei-nem Kreislaufsystem organisiert, in dem Parallelen vorkommen und Zeit nicht als

etwas, das „vergeht“, sondern ständig ohne Endpunkt wiederkehrt, betrachtet wird. Dies führt zu einem großzügigeren Umgang mit Zeitreserven und einer fle-xibleren Handhabung von Terminen. Die Zeitrechnung in der Golfregion ist zudem an der muslimischen Liturgie orientiert und wird nach dem Mondkalender er-rechnet. Verschiebungen in Bezug auf Feiertage oder tägliche Gebetszeiten sind insofern normal. Die klassische Arbeitswoche am islamisch geprägten arabischen Golf beginnt Samstagmor-gen und endet Donnerstagnachmittag, Geschäftszeiten sind üblicherweise von 9.00 bis 17.00 Uhr8.

Die pünktliche Einhaltung von Terminen ist oft nicht Standard. Neben der grund-sätzlich anderen Zeitvorstellung sind häufig auch die hohe Personenorien-tierung und die starke Gruppenorientie-rung für Unpünktlichkeit im westlichen Sinne verantwortlich. Oftmals müssen nämlich Aufgaben, die auf diesen Kul-turstandards fußen, kurzfristig erledigt werden. Die Gastfreundschaft gebietet da beispielsweise das Bewirten eines spontanen Besuchers oder ein Verwand-ter benötigt die Hilfe bei einer Angele-genheit.

Durch diese Anforderungen der Netzwer-ke, in die Menschen aus den arabischen Golfstaaten eingebunden sind, kann es immer wieder zu Verzögerungen im Tagesablauf kommen.

Gender Fallbeispiel: Berührung am Lichtschalter Quelle: Alexandra Shatup

5

Handlungshilfe für die Beratung ausländisch geführter Unternehmen – Länderprofil arabische Golfstaaten

Page 6: Die arabischen Golfstaaten – Länderspezifische · PDF filederation der Emirate Abu Dhabi, Dubai, Schardscha, Adschman, Ra’s al-Chaima, Umm al-Qaiwain und Fudschaira, die je-weils

Körperkontakt und Nonverbale Kommunikation

In den arabischen Golfstaaten ist körper-liche Nähe zwischen Menschen gleichen Geschlechts alltäglich. Die in Deutsch-land übliche Körperdistanz wird als zurückweisend empfunden. Man sieht häufig Männer Händchen haltend her-umlaufen. Dies zeigt lediglich, dass sich die Betreffenden gut verstehen. Zwischen Frauen und Männern, die nicht in familiä-rer Verbindung stehen, ist Körperkontakt gemäß der konservativen islamischen Tradition dagegen absolut tabu (vgl. Gender (Frauen-/Männerrollen)).

Blickkontakt wird, wenn man sich (noch) nicht kennt, eher vermieden. In Verhand-lungen allerdings ist es wichtig, seinem Verhandlungspartner in die Augen zu schauen, um zu zeigen, dass man nichts „zu verbergen“ hat.

Die linke Hand gilt als „unrein“ und wird niemals benutzt, um Dinge zu überge-ben oder anzunehmen. Auch das Deuten auf Personen mit den Schuhsohlen, wie es unabsichtlich geschehen kann, wenn man sich gegenüber sitzt und die Beine übereinander schlägt, stellt eine Beleidi-gung dar und ist absolut zu vermeiden. Inzwischen gibt es deshalb sogar extra Tische mit seitlichem Sichtschutz.

Begrüßung auf Arabisch: Begrüßung: „as-salāmu alaykum“ (Unversehrtheit/Friede sei auf/mit Dir) Antwort darauf: „wa-alaykum as-salām“ (Auch auf/mit Dir sei Unversehrtheit/Friede)

Sicherheitsexperten in einer Firma Quelle: ILO

6

Handlungshilfe für die Beratung ausländisch geführter Unternehmen – Länderprofil arabische Golfstaaten

Page 7: Die arabischen Golfstaaten – Länderspezifische · PDF filederation der Emirate Abu Dhabi, Dubai, Schardscha, Adschman, Ra’s al-Chaima, Umm al-Qaiwain und Fudschaira, die je-weils

• Ganz wichtig: In den Golfstaaten gilt die „Rechte-Hand-Regel“! Neh-men Sie alles, was man Ihnen gibt, ob Kaffeetasse oder Visitenkarte, mit der rechten Hand an und übergeben Sie auch alles mit der rechten Hand. Die linke Hand gilt als unrein, und es stellt eine Beleidigung dar, etwas mit ihr zu nehmen oder zu geben.

• Eine weitere Regel ist die „Dreimal-Regel“: Vor allem bei größeren Ein-ladungen ist es üblich, die Einla-dung zunächst zurückzuweisen und erst, wenn der Gastgeber sie ein drit-tes Mal wiederholt hat, anzunehmen. Wird sie nicht zum dritten Mal wieder-holt, so handelte es sich lediglich um eine höfliche Floskel. Die Dreimal- Regel findet auch beim Essen und Servieren Anwendung.

• Pflegen Sie Beziehungen und Kontak-te, denn Netzwerke sind sehr wichtig. Einladungen, Besuche und gemein-same Ausflüge stärken die persönli-che Beziehung.

• Grundsätzlich gilt: Schützen Sie un-ter allen Umständen die persönliche Ebene. Lob und Anerkennung zu äußern, ist hilfreich: Beim Rundgang Dinge, die in Ordnung sind, beson-ders loben.

• Berücksichtigen Sie die islamischen Feiertage, die nach dem Mondkalen- der jedes Jahr variieren. Positiv kommt es auch an, zu islamischen Festtagen eine E-Mail zu schreiben: „We wish you a happy Eid“ (eid=Fest). Freitags, am islamischen Ruhetag, ist frei, wohingegen Samstag und Sonn-tag als normale Arbeitstage gelten.

• Gratulieren Sie Ihren muslimischen Kollegen/Geschäftspartnern nach der Rückkehr von einer Pilgerfahrt zur ge-sunden Rückkehr und der Pilgerfahrt an sich.

• Lehnen Sie den bei Gesprächen im-mer angebotenen Kaffee mit Karda-mom (oder auch Tee) nicht ab, das wäre eine Zurückweisung der Gast-freundschaft. Wer auf keinen Fall Kaffee trinken kann oder will, soll-te gesundheitliche Gründe vorschie-ben und ein Alternativgetränk unbe-dingt annehmen. Nicht mehr nachge-schenkt wird Ihnen, wenn Sie die Tas-se beim Zurückgeben leicht schütteln.

• Nehmen Sie Unterbrechungen Ih-res Redeflusses als Zeichen der Wert-schätzung und des Interesses an, es ist keineswegs unhöflich gemeint, wenn Ihr Gesprächspartner sie unter-bricht und wiederholt, im Gegenteil!

• Tipps zu Anrede und Begrüßung: Ti-tel spielen eine große Rolle, sie unter-streichen Hierarchien. Es ist üblich, sich mit dem Vornamen (plus ggf. Ti-tel) anzureden, also z. B. Dr. Ali. Die-se Form der Anrede ist nicht mit ei-nem deutschen Duzen vergleich-bar, gilt also als formell. Die Anre-de Shaikh (Ehrwürdiger, Ältester) ist im Umgang mit hochrangigen Perso-nen, Familienoberhäuptern oder reli-giösen Würdenträgern angebracht, in Saudi-Arabien wird sie allgemein ver-wendet. Im Umgang mit Angehörigen der Herrscherfamilien sowie hochran-gigen Politikern ist die Anrede Your Highness (Herrscher) oder Your Excel-lency in Verbindung mit dem Vorna-men üblich.

• Sprechen Sie nicht vom „Persischen Golf“, dies ist eine Provokation – die Bewohner der arabischen Golfstaa-ten nennen die Region „Arabischer Golf“!

• Wenn Sie nach Religionszugehörig-keit gefragt werden und keiner Religi-on angehören, ist es diplomatischer, z. B. zu sagen, „Ich komme aus einer christlichen Familie“. Atheisten kann es geschehen, dass ihnen mit Verwir-rung oder missionarischem Engage-ment begegnet wird.

• Der typisch deutsche „Rückzug ins Private“ wird nicht verstanden – wei-sen Sie nie Einladungen zurück, weil Sie gerne alleine sein möchten, dies kann als Beleidigung empfunden werden. Es ist eine Ehre, zur Familie eines Geschäftspartners eingeladen zu werden.

• In den Golfstaaten, vor allem den VAE, dürfen staatliche Angestellte keine Geschenke annehmen, bereits Einladungen ins Restaurant werden als Korruptionsversuch betrachtet.

• In Verhandlungssituationen: Lehnen Sie nie kategorisch ab, wenn es um das Feilschen geht. Verhandeln um Preise gehört immer zum Geschäfts-gebaren.

• Vermeiden Sie unbedachte Äußerun-gen und Streit und werden Sie nicht laut oder ungehalten, höfliche Um-gangsformen sind das A und O.

• Die „Thumbs up“-Geste mit dem hochgereckten Daumen sollte in Ge-genwart von Golfarabern nicht einge-setzt werden, sie gilt als obszön.

• Lassen Sie sich nicht durch klingeln-de Handys in Meetings verunsichern. Es ist durchaus üblich, Telefonanrufe parallel anzunehmen oder auch Pau-sen zum Gebet einzulegen. Missver-stehen Sie solche Unterbrechungen nicht als respektlos oder unhöflich, es ist ein Zeichen des polychronen Zeitverständnisses.

Dont‘s

Dos

7

Handlungshilfe für die Beratung ausländisch geführter Unternehmen – Länderprofil arabische Golfstaaten

Page 8: Die arabischen Golfstaaten – Länderspezifische · PDF filederation der Emirate Abu Dhabi, Dubai, Schardscha, Adschman, Ra’s al-Chaima, Umm al-Qaiwain und Fudschaira, die je-weils

0102030405060708090

100Unsicherheitsvermeidung

Arabische LänderDeutschland

68 %65 %

Länderprofil arabische Golfstaaten – Handlungshilfe für die Beratung ausländisch geführter Unternehmen

Herausgegeben von: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV)Mittelstraße 51, D-10117 Berlin

Entwicklung:Alexander Reeb Judith ReebIKUD Seminare

Dr. Ulrike BollmannInstitut für Arbeit und Gesundheit der DGUV

Gestaltung: Alexandra ShatupInstitut für Arbeit und Gesundheit der DGUV, Bereich Grafik & Layout

Quellennachweis:

1 Jammal, Elias/Schwegler, Ulrike (2007): Interkulturelle Kompetenz im Umgang mit arabischen Geschäftspartnern, S. 138

2 Alle statistischen Angaben: vgl. cia-worldfactbook, https://www.cia.gov

3 Definitionen siehe Anhang 4 Reimer-Conrads, Thomas/Thomas, Alexander (2009):

Beruflich in den arabischen Golfstaaten. Trainings- programm für Manager, Fach- und Führungskräfte. Die Autoren verwenden den Begriff Golfstaaten im Sinne

des GCC ohne Einbeziehung Saudi-Arabiens5 Gekürzt nach: Reimer-Conrads, Thomas/

Thomas, Alexander (2009), S. 41f.6 Gekürzt nach: Reimer-Conrads, Thomas/

Thomas, Alexander (2009), S. 87f.7 Eigenes Archiv IKUD® Seminare8 Vgl. Williams, Jeremy (2004): Don‘t they know it‘s Friday?

Cross-Cultural Considerations for Business and Life in the Gulf, S. 48

9 Hofstede, Geert (2009): Lokales Denken, globales Handeln, Interkulturelle Zusammenarbeit und globales Management. Grafik: Eigene Darstellung IKUD® Seminare

Unsicherheitsvermeidung Deutschland vs. arabische Golfstaaten

Arbeiter ohne Schutzmaske Quelle: ILO

▪ Sprache Das moderne Hocharabisch ist in allen Golf-staaten Amts- und Landessprache. Englisch ist zweite Geschäftssprache. Mit Englisch kommt man im beruflichen Alltag problem-los durch, nur bei Verträgen ist eine arabi-sche Abschrift üblich, und bei Visitenkarten empfiehlt sich der Druck mit einer arabi-schen und einer englischen Seite. Durch den großen Anteil an Migranten (vor allem in den VAE, hier sind es ca. 80 %) werden in den Golfstaaten auch viele andere Sprachen gesprochen, z. B. Hindi, Urdu und Persisch.

▪ Religion Die vorherrschende Religion in den Golf-staaten ist der Islam. Es gibt jedoch unter-schiedliche Richtungen, wobei der sunni-tische Islam die meisten Anhänger hat. In Saudi-Arabien gilt das islamische Scharia-Gesetz nach strenger wahhabitischer Aus-legung, es gelten konservative Regeln wie Alkoholverbot und eine repressive Haltung gegenüber Frauen. In Bahrain, dem libe-ralsten Golfstaat, in dem lockerere Regeln für Vergnügungen und Alkohol gelten, le-ben 20 % Angehörige anderer Religionen, darunter 10 % Christen. Die Muslime im Oman (75 % der Bevölkerung) gehören der Glaubensrichtung Ibadhi (ibadi) an.

▪ Ergänzung: UnsicherheitsvermeidungDa das Thema „Sicherheit“ im Kontext der Arbeit der Unfallversicherungsträger be-sondere Wichtigkeit hat, ist im Folgenden die Grafik für die Kulturdimension „Un-sicherheitsvermeidung“ nach Hofstede9 abgebildet.

Erklärung: Die „Arab World“, wie Hofstede sie in sei-nen Erhebungen zusammenführt, besteht neben den Mitgliedern des Golf-Koope-rationsrates VAE und Saudi-Arabien aus Ägypten, dem Irak, Kuwait, dem Libanon und Libyen. Die vier GCC-Mitglieder Bah-rain, Katar, Kuwait und Oman sind bis-her nicht im Datenpool erfasst. An dieser Stelle wurde die Gegenüberstellung des Clusters „Arab World“ mit „Deutschland“ dennoch gemacht, da sich die beiden bevölkerungsreichsten Mitglieder des GCC darunter befinden. Die Unsicher-heitsvermeidung in der „Arab World“ ist mit einem Wert von 68 hoch. Dies deutet auf starke Reglementierungen in der so-zialen Interaktion hin, die faktisch auch vorliegen (z. B. Geschlechtertrennung, Trennung in Bereiche „Außen“ und „In-nen“). Sicherheitsvorstellungen im tech-nischen Sinne, z. B. in Bezug auf Arbeits-schutz, bewegen sich dagegen nicht auf dem hohen Niveau, das in Deutschland gilt. Auf den zahllosen Großbaustellen in den arabischen Golfstaaten wird zum Teil beispielsweise ohne Schutzmasken ge-schweißt.

Fazit: Hinsichtlich der Vorstellungen zu Sicher-heit und Gesundheitsschutz gibt es noch einen Bedarf an Sensibilisierung. Unsi-cherheiten oder Gefahren durch mangel-hafte Vorkehrungen usw. werden toleriert. Ganz anders sieht es im zwischenmensch-lichen Bereich aus: Es ist Vorsicht im Hin-blick auf die Achtung von Ehre und Würde

geboten, hier herrscht ein großes Bedürf-nis nach Stabilität und Sicherheit, der „Wahrung des Gesichts“. Besonders auf die indirekte Kommunikation ist zu ach-ten, damit die Ehre nicht verletzt und die persönliche Beziehung nicht zerstört wird. Obwohl sich beim ersten Blick auf die Grafik Deutschland und die arabischen Länder nicht stark zu unterscheiden schei-nen, so liegen die Bereiche, in denen Un-sicherheit vermieden wird, doch auf ganz unterschiedlichen Ebenen: Im deutschen Kulturkreis liegen sie weniger im zwi-schenmenschlichen und kommunikativen Bereich, in den arabischen Ländern sind dies jedoch die wichtigsten Felder.

Handlungshilfe für die Beratung ausländisch geführter Unternehmen – Länderprofil arabische Golfstaaten