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Die Auswirkungen des „21 CFR Part 4“ auf einen europäischen Hersteller von Kombinationsprodukten mit besonderem Fokus auf die Entwicklung Autor: Carsten Jähnisch (Matrikelnummer: 40789049) Dotzheimer Straße 122 65197 Wiesbaden Eingereichte Abschlussarbeit zur Erlangung des Grades Master of Business Administration im Studiengang MBA für Umweltschutz- und Qualitätsmanagementsysteme an der Karl-Scharfenberg-Fakultät der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Erster Prüfer: Professor Mathias Portugall Eingereicht am: 04.Okt.2016 Zweiter Prüfer: Dr. Oliver Hien

Die Auswirkungen des „21 CFR Part 4“ auf einen ...CFR+Part+4.pdf · II Danksagung: Ich möchte Claudia und Cara dafür danken, dass sie mich unterstützt haben und damit die Masterarbeit

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Die Auswirkungen des „21 CFR Part 4“ auf einen europäischen Hersteller von Kombinationsprodukten mit

besonderem Fokus auf die Entwicklung

Autor: Carsten Jähnisch (Matrikelnummer: 40789049)

Dotzheimer Straße 122 65197 Wiesbaden

Eingereichte Abschlussarbeit

zur Erlangung des Grades

Master of Business Administration

im Studiengang

MBA für Umweltschutz- und Qualitätsmanagementsysteme

an der

Karl-Scharfenberg-Fakultät

der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften

Erster Prüfer: Professor Mathias Portugall Eingereicht am: 04.Okt.2016 Zweiter Prüfer: Dr. Oliver Hien

II

Danksagung:

Ich möchte Claudia und Cara dafür danken, dass sie mich unterstützt haben und

damit die Masterarbeit möglich gemacht haben.

Herrn Professor Portugal sowie Herrn Dr. Hien möchte ich für die fachliche

Unterstützung bei der Formulierung des Themas, sowie für die wertvollen Hinweise

während der Erstellung der Masterarbeit danken.

Ferner möchte ich Frau Kuball und Frau Hölzel vom Prüfungssekretariat sowie Frau

Mödecker für die Tipps und Hilfestellung rund um Studium und Masterarbeit danken.

III

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ............................................................................................................................ 1

2 Akronyme und Abkürzungen .............................................................................................. 3

3 Begriffsdefinition ................................................................................................................ 6

4 Situationsbeschreibung ...................................................................................................... 8

4.1 Beschreibung der Beispielorganisation ....................................................................... 8

4.2 Produkte .................................................................................................................... 11

4.3 Märkte und deren Anforderungen ............................................................................ 12

4.3.1 Der US - amerikanische Markt ........................................................................... 13

4.3.2 Der europäische Markt ...................................................................................... 13

5 Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen ................................................. 16

5.1 Pharmagesetzgebung der USA .................................................................................. 16

5.1.1 Struktur der Gesetzgebung ................................................................................ 17

5.1.2 Zulassungsverfahren für Arzneimittel und Medizinprodukte ............................ 19

5.1.3 Der 21 CFR Part 4................................................................................................ 22

5.2 Pharmagesetzgebung der EU .................................................................................... 29

5.2.1 Struktur der Gesetzgebung ................................................................................ 30

5.2.2 Gesetzgebung zu Kombinationsprodukten in Europa ....................................... 31

6 Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung mit besonderem Fokus auf die

Entwicklung .............................................................................................................................. 33

6.1 Verantwortung der obersten Leitung ........................................................................ 33

6.1.1 Beauftragter der obersten Leitung .................................................................... 34

6.2 Beschaffung ............................................................................................................... 35

6.2.1 Generelle Anforderungen an die Beschaffung ................................................... 35

6.2.2 Anforderungen an ausgelagerte Prozesse ......................................................... 36

6.2.3 Auswahl von Lieferanten .................................................................................... 38

6.2.4 Evaluierung und Freigabe von Lieferanten ........................................................ 40

6.2.5 Überwachung und Re-Evaluierung von Lieferanten .......................................... 40

6.2.6 Fazit zu den Anforderungen im Bereich Lieferantenmanagement .................... 42

6.3 Design und Entwicklungslenkung .............................................................................. 43

6.3.1 Generelle Anforderungen an die Design und Entwicklungslenkung ................. 43

IV

6.3.2 Entwicklungsplanung .......................................................................................... 46

6.3.3 Entwicklungseingaben ........................................................................................ 49

6.3.4 Entwicklungsergebnisse ..................................................................................... 51

6.3.5 Entwicklungsverifizierung .................................................................................. 53

6.3.6 Entwicklungsvalidierung ..................................................................................... 55

6.3.7 Entwicklungsbewertung ..................................................................................... 57

6.3.8 Lenkung von Entwicklungsänderungen ............................................................. 60

6.3.9 Transfer der Entwicklungsaktivität..................................................................... 62

6.3.10 Design History File (Entwicklungsakte) .............................................................. 63

6.3.11 Fazit zu den Anforderungen im Bereich Entwicklungslenkung .......................... 65

6.4 Korrektur und Vorbeugungsmaßnahmen ................................................................. 65

6.5 Tätigkeiten bei der Installation .................................................................................. 70

6.6 Tätigkeiten bei der Instandhaltung ........................................................................... 71

7 Zusammenfassung und Fazit ............................................................................................ 73

8 Verzeichnis der Tabellen .................................................................................................. 78

9 Verzeichnis der Abbildungen ........................................................................................... 79

10 Bibliographie .................................................................................................................... 80

11 Eidesstattliche Erklärung .................................................................................................. 83

Einleitung

1

1 Einleitung

Die folgende Arbeit soll die Auswirkung des US-amerikanischen Gesetzes „21 CFR Part 4“ auf

einen europäischen Hersteller von Kombinationsprodukten mit besonderem Fokus auf die

Entwicklung darlegen.

Die Auswirkungen des 21 CFR Part 4 werden für einen hypothetischen europäischen

Arzneimittelhersteller mit einem Pharma-GMP Qualitätsmanagementsystem aufgezeigt. Die

Situationsbeschreibung umfasst die Darstellung der Organisation, der Produkte sowie der

Zielmärkte und deren Anforderungen. In einem eigenen Kapitel werden der Stand der

Gesetzgebung sowie die regulatorischen Anforderungen dargelegt. Dabei wird insbesondere

auf die Unterschiede der europäischen Gesetzgebung zur US-amerikanischen Gesetzgebung

eingegangen. Im Rahmen der US-amerikanischen Gesetzgebung wird speziell der 21 CFR Part

4 analysiert und dargelegt. Nach diesen vorbereitenden Kapiteln folgt die Analyse der

Auswirkungen auf das GMP Qualitätsmanagementsystem, um dann auf Lösungsvorschläge

mit besonderem Fokus auf die Produktentwicklung einzugehen. Im letzten Kapitel des

Hauptteils dieser Masterarbeit werden die neuesten Entwicklungen zu diesem Thema

erörtert und mit einem Ausblick abgeschlossen.

Kombinationsprodukte sind, wie der Name schon sagt, eine Verbindung von Arzneimittel

und Medizinprodukt. Medizinprodukte wirken rein physikalisch, während Arzneimittel

physiologisch wirken. Die US-amerikanische Regulierungsbehörde Food and Drug

Administration (FDA) hat den Auftrag sicherzustellen, dass nur sichere und wirksame

Produkte in den USA in den Verkehr gebracht werden. Durch das erhöhte Aufkommen von

Kombinationsprodukten sah die FDA die Notwendigkeit, eine eigenständige Gesetzgebung

zu etablieren. Die FDA hat ein spezielles Interesse, innovative Produkte zügig für den US-

amerikanischen Markt zuzulassen. Jedoch sollen die Anforderungen an die Sicherheit und die

Wirksamkeit der zugelassen Produkte kontinuierlich sichergestellt werden. Der 21 CFR Part

4 definiert als Gesetz die Anforderungen an die „Gute Herstellungs Praxis“ inklusive der

Produktentwicklung für Kombinationsprodukte. Der 21 CFR Part 4 ist eine wertvolle

Einleitung

2

Hilfestellung für Arzneimittelhersteller zur Umsetzung und Erfüllung der regulatorischen

Anforderungen an Kombinationsprodukte.

Der 21 CFR Part 4 eröffnet die Möglichkeit, die Konformität des Kombinations-produktes mit

den Anforderungen an das Qualitätsmanagementsystem mit dem „Streamlined Approach“

nachzuweisen. Der „Streamlined Approach“ bietet dem Hersteller die Möglichkeit, den

Aufwand zur Implementierung der Anforderungen an das Qualitätssystem für

Medizinprodukte zu reduzieren.

Akronyme und Abkürzungen

3

2 Akronyme und Abkürzungen

Abkürzung Beschreibung/Erläuterung

AIMDD: Active Implants Medical Devices Directive – dt. EU Richtlinie über aktive implantierbare medizinische Geräte (90/385/EWG)

AMG: Arzneimittelgesetz

API: Active Pharmaceutical Ingredient dt. Arzneistoff

ATMP: Advanced Technology Medicinal Products Directive – Arzneimittel für neuartige Therapien sind definiert in der Richtlinie 2001/83/EG und Verordnung EG/1394/2007

BfArM: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mit Sitz in Bonn

BLA: Biological Licensing Application dt. Antrag auf Zulassung eines Biologikas

CAP: Centralised Authorisation Procedure – Zentralisiertes Verfahren der EMA zur Arzneimittelzulassung

CBER: Center for Biologics Evaluation and Research dt. Zentrum für die Evaluation und Erforschung von Biologika

CDER: Center for Drug Evaluation and Research dt. Zentrum für die Evaluierung und Erforschung von Arzneimitteln

CDRH: Center for Devices and Radiological Health dt. Zentrum für Medizinprodukte und Radiologie

CFR: Code of Federal Regulations dt. Sammlung der Bundesrichtlinien

CGMP: Current Good Manufacturing Practice dt. Zeitgemäße Gute Herstell Praxis

DCP: Decentralised Procedure – dt. Dezentralisiertes Verfahren zur Arzneimittelzulassung

DHF: Design History file – dt. Entwicklungsakte

DHR: Device History Record dt. Produktakte

DMR: Device Master Record

EMA: European Medicin Agency – dt. Europäischen Arzneimittelagentur mit Sitz in London

EMA: European Medicines Agency – Europäische Arzneimittel Agentur

EU: Europäische Union engl. EC: European Community

EWG: Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (synonym zu EWR) Europäischer Wirtschaftsraum

FDA: Food and Drug Agency

Akronyme und Abkürzungen

4

dt. Agentur für Arzneimittel und Nahrungsmittel

GDP: Good Documentation Practice dt. Gute Dokumentations Praxis

GLP: Good Laboratory Practice dt. Gute Labor Praxis

GMP: Good Manufacturing Practice dt. Gute Herstell Praxis

GxP: Good x als Platzhalter für Clinical, Manufacturing, Laboratory, Documentation, Distribution, etc. Practice

ICH: International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use dt. Internationale Konferenz zur Harmonisierung von technischen Anforderungen an Arzneimittel für den Gebrauch am Menschen.

ISO: International Standartisation Organisation dt. Internationale Organisation für Standardisierung

IVDD: Vitro Diagnostic Devices Directive – dt. Europäische Richtlinie über In Vitro Diagnostika (98/79/EG)

MDD: Medical Device Directive – dt. Europäische Medizin Produkte Richtlinie (93/42/EWG)

MPG: Medizinproduktegesetz

MRP: Mutual Recognition Procedure – dt. Verfahren der gegenseitigen Anerkennung zur Arzneimittelzulassung der EMA

NDA: New Drug Application dt. Antrag auf Arzneimittelzulassung

OCP: Office for Combination Products dt. Büro für Kombinationsprodukte

PAI: Pre Approval Inspection dt. Inspektion vor der Freigabe zu Inverkehrbringung

PDCA Plan - Do - Check - Act ; Deming-Kreis

PMA: Pre Market Approval dt. Freigabe vor Inverkehrbringung

PMDA: Pharmaceuticals and Devices Agency (Japan) dt. Japanische Agentur für Arzneimittel und Medizinprodukte

PMDL: Japan Pharmaceutical and Medical Devices Law dt. Japanisches Arzneimittel und Medizinproduktegesetz

PMN: Pre Market Notification dt. Benachrichtigung (der FDA) vor der Inverkehrbringung

PMS: Post Market Surveillance -- dt. Marktüberwachung

PQS: Pharmaceutical Quality System dt. Arzneimittel Qualitätsmanagementsystem (Quelle: ICH Q10)

QA: Quality Assurance – dt. Qualitätssicherung

QC: Quality Control – dt. Qualitätskontrolle

QMB: Qualitätsmanagementbeauftragter; Synonym zu Beauftragter der

Akronyme und Abkürzungen

5

obersten Leitung eng. Management Representative

QMS: Qualitätsmanagementsystem

QSIT: Quality System Inspection Technique dt. Qualitätssystem Audit Verfahren der FDA

Begriffsdefinition

6

3 Begriffsdefinition

Begriff Definition / Erläuterung

API – Active Pharmaceutical Ingredient

Ein Arzneistoff (Synonyme: Pharmakon, pharmazeutischer Wirkstoff, Pharmawirkstoff) ist ein Stoff, der bei der Herstellung eines Arzneimittels als arzneilich wirksamer Bestandteil verwendet wird. Meist wird der Arzneistoff in Kombination mit einem oder mehreren pharmazeutischen Hilfsstoffen, gelegentlich aber auch ohne Hilfsstoffe, zum Arzneimittel verarbeitet (Quelle: wikipedia: API).

Biologics Biologika; ein durch ein biotechnologisches Verfahren hergestelltes Arzneimittel. In der Regel handelt es sich bei Biologika um Proteine. Diese haben verglichen mit konventionellen Arzneimitteln ein sehr hohe Masse (z.B. Monokolonale Antikörper)

CGMP Operating System:

Qualitätsmanagementsystem mit dem die CGMP-Anforderungen implementiert und aufrechterhalten werden. (Quelle: 21 CFR Part 4)

Co packaged combination product:

Kombinationsprodukt, bei dem einer oder mehrere der kombinierten Bestandteile nicht zusammengefügt wurden, die aber als ein Produkt unter einer Kennzeichnung vermarktet werden. (Quelle 21 CFR Part 3)

Component Bestandteil des „constituent part“ des Kombinationsproduktes oder auch Komponente, z.B. die Federn und die einzelnen Kunstoffteile des Injektionspens. (Quelle: 21 CFR Part 3)

Constituent Part: Bestandteil eines Kombinationsproduktes, z.B. eine Insulinampulle, die in den Einweg-Injektionspen eingebaut wird. In diesem Beispiel entspricht dann der Injektionspen dem „medical device constituent part“. (Quelle 21 CFR Part 4)

Convenience Kit: Eine Zusammenstellung von zwei oder mehr medizinischen Produkten die unabhängig von diesem „Kit“ vermarktet werden und für diesen „Kit“ nicht verändert werden, d.h. keine Veränderung der Verpackung und der Kennzeichnung der Verpackung. Sobald Bestandteile der Zusamenstellung verändert werden, ist dies gemäß des 21 CFR Part 4 kein Convenience Kit mehr. (Quelle 21 CFR Part 4)

Design Control Entwicklungslenkung

Begriffsdefinition

7

Device Class I: Klassifizierung für Medizinprodukt: Geringstes Risiko für den Anwender /Patienten, General controls with exemption. (Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Medical_device)

Device Class II: Klassifizierung für Medizinprodukt: Mittleres Risiko für den Anwender / Patienten. (Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Medical_device)

Device Class III: Klassifizierung für Medizinprodukt: Höchstes Risiko für den Anwender /Patienten. (Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Medical_device)

Disposable Pen Injektionspen, der nach Bestimmungsgemäßen Gebrauch entsorgt werden soll

Inverkehrbringung: Prozess der Vermarktung eines Kombinationsproduktes inklusive der Zulassung durch die beauftragte Behörde oder Körperschaft.

Manufacture: Herstellung

Manufacturer: Hersteller

Mode of action Wirkung: Die Art und Weise, über die der therapeutische Nutzen eines Bestandteils des Kombinationsproduktes erreicht wird. (Quelle: 21 CFR Part 4)

PDCA-Zyklus (Deming Kreis)

Qualitätsprinzip des zyklischen Planen – Umsetzen – Überprüfen(der Maßnahme) – Agieren/Handeln (Definieren und Umsetzen einer Gegenmaßnahme), um Situationen und Prozesse kontinuierlich zu verbessern (Quelle: Iso 9001:2008)

Primary mode of action

Hauptwirkung: Wirkung über die der Therapeutische Nutzen des Kombinationsproduktes erreicht wird. (Quelle: 21 CFR Part 3)

Primary Packaging: Primäres Packmittel: im Falle eines injezierbaren Arzneimittels ist dies die Ampulle in welche das Arzneimittel gefüllt wird. (Quelle: 21 CFR Part 4)

Reusable Injection Pen

Wiederverwendbarer Injektionspen

Single entity combination product:

Kombinationsprodukt, bei dem die beiden kombinierten Bestandteile (z.B. Arznei und Medizinprodukt) zusammengebaut wurden und das als Einheit vermarktet wird. (Quelle: 21 CFR Part 3)

Situationsbeschreibung

8

4 Situationsbeschreibung

Bevor die Anforderungen an Kombinationsprodukte analysiert und daraus die notwendigen

Änderungen für die zugrundeliegende Organisation beleuchtet werden, muss zunächst die

Organisation selbst definiert werden. Daher werden im folgenden Kapitel das Unternehmen,

seine Organisation, die Produkte, sowie kurz die Zielmärkte und deren Anforderungen

beschrieben.

4.1 Beschreibung der Beispielorganisation Das für die Zwecke dieser Masterarbeit angeführte Unternehmen ist ein global operierendes

europäisches Pharmaunternehmen. Es vertreibt mehrere Medikamente zur Behandlung von

Diabetes, mit Schwerpunkt auf injezierbare Insuline. Zur Darreichung der Insuline bietet das

Unternehmen unter anderem Einweg- Injektionspens an.

In Abbildung 1 ist die Herstellungsabfolge für einen Insulin-Injektionspen dargestellt und

wird im Folgenenden ausführlicher erläutert.

Herstellung des Arzneimittels

QMS: GMP

Abfüllung QMS: GMP

EndmontageQMS :GMP

Legal Manufacturer

Herstellung APIQMS: GMP

Die Insuline werden an einem Standort in Deutschland hergestellt und in Ampullen abgefüllt.

Die Herstellung der Arznei kann bis zur Abfüllung grob in drei Schritte unterschieden

werden. In einem vierten Schritt wird das Arzneimittel mit dem Medizinprodukt kombiniert.

Abbildung 1: Fertigungssequenz

Situationsbeschreibung

9

1. Herstellung API/Wirkstoff:

Für moderne Arzneimittel wird häufig ein biotechnologisches Verfahren angewandt,

bei dem mit Hilfe von Bakterien oder Mikroorganismen der Wirkstoff erzeugt wird.

Dieser wird gereinigt und getrocknet. Das Endprodukt der Wirkstoffproduktion ist der

Wirkstoff in Reinform (getrocknetes Pulver). Die Erzeugung der Reinform ist

notwendig, um später den Wirkstoff besser dosieren zu können. Diese Arbeitsschritte

sind in der Arzneistoff-Fertigung (API-Fertigung) angesiedelt.

2. Herstellung Arzneimittel:

Im nächsten Schritt wird der getrocknete Wirkstoff in Lösung gebracht, um eine

injezierbare Lösung zu erzeugen. Zu diesem Zweck wird der Wirkstoff in Wasser

gelöst, zusätzlich werden Konservierungsstoffe, Stabilisatoren, Farbstoffe und Stoffe

zum Einstellen der Viskosität zugefügt. Das Endprodukt dieses Prozesses ist eine

Lösung mit einer bestimmten Dosis (Wirkstoff pro Volumeneinheit), einer definierten

Haltbarkeit und einer definierten Viskosität, um die Injezierbarkeit zu gewährleisten.

3. Abfüllung Arzneimittel:

Die Lösung wird in einem sterilen Prozess auf Ampullen gefüllt. Die Ampullen sind das

sogenannte primäre Packmittel.

4. Endmontage Kombinationsprodukt:

Im letzten Arbeitsschritt werden die sterilen Ampullen unter anderem in Einwegpens

verbaut, entsprechend gekennzeichnet, verpackt, eingelagert und vertrieben. Durch

das Verbauen der Ampulle in den Einweg-Injektionspen wird ein (Arznei-

Medizinprodukt) Kombinationsprodukt hergestellt.

Die Herstellung und das Abfüllen der Insuline in die Ampullen unterliegen in Deutschland

dem Arzneimittelgesetz. Hier kommen die sogenannten "Good Manufacturing Practices"

(GMP) als Qualitätsanforderungen zum Tragen, welche in Deutschland durch die jeweilige

Überwachungsbehörde(z.B. Regierungspräsidium etc.) des Bundeslandes überwacht werden.

Allgemeine Beschreibung des Qualitätssystemes der Beispielorganisation:

Situationsbeschreibung

10

Das bestehende Qualitätsmanagementsystem der Organisation ist ein „Pharmaceutical

Quality System“ (PQS) gemäß ICH Q10.

Die ICH ist die “International Conference for Harmonisation of technical requirements for

registration of pharmaceuticals for Human Use”. Die Zielsetzung des ICH Q10 besteht darin,

die Regionalen GMP Anforderungen auf eine gemeinsame Basis zu stellen und dadurch zu

harmonisieren. Die FDA hat den ICH Q10 in einer „Guideline for Industry“ im April 2009

veröffentlicht, somit stellt diese Richtlinie die Erwartungshaltung der FDA an ein

Qualitätsmanagementsystem eines Arzneimittelherstellers dar1.

Gemäß des ICH Q10 beinhaltet das PQS Anforderungen für:

1. Pharmaceutical Quality System

2. Management Responsibility

3. Continual improvement of Process Performance and Product Quality

4. Continual Improvement of the Pharmaceutical Quality system

Die Beispielorganisation erfüllt die Anforderungen des ICH Q10 für ein PQS und führt den

Nachweis bei den regelmäßigen Inspektionen entweder der lokalen Behörden oder der FDA.

Abbildung 2: Pharmaceutical Quality Management System gemäß ICH Q102

1 Vgl. 5.1.1 Struktur der Gesetzgebung

2 Vgl. FDA, o.V. (2009): Guidance for Industry Q10 Pharmaceutical Quality System, S. 19

Situationsbeschreibung

11

Jedoch ist in der Beispielorganisation der Bereich „Pharmaceutical Development“ also die

Arzneistoffentwicklung ausgenommen. Dieser Bereich wird von einer getrennten Einheit

abgedeckt, welche über ein eigenes QMS verfügt. Ebenso wird der Bereich der

Medizinprodukteentwicklung von einer separierten Einheit abgedeckt, die ebenfalls über ein

eigenes QMS verfügt. Die Organisationseinheit, welche die Injektionspens herstellt und die

abgefüllten Insulinampullen in die Einweg-Injektionspens einbaut, ist qualitätsmäßig von den

davorliegenden Organisationseinheiten getrennt und verfügt über ein eigenständiges QMS

gemäß den besonderen Anforderungen der GMP. Diese Organisationseinheit ist zugleich der

Inverkerkehrbringer des mit der Insulinampulle bestückten Einweg-Injektionspens.

4.2 Produkte Das Unternehmen entwickelt, produziert und vertreibt diverse Arzneimittel weltweit unter

Berücksichtigung der länderspezifischen Gesetze und Richtlinien.

Die Organisation vertreibt sowohl Einweg-Injektionspens bzw. Auto-Injektoren mit fest

verbauter Kartusche, die dem Arzneimittelgesetz unterliegen, als auch mehrfach

verwendbare Injektionspens mit CE Zeichen, die dem Medizinproduktegesetz unterliegen.

Wie später noch dargelegt wird, handelt es sich bei den Einweg-Injektionspens

(Injektionspens mit fest verbauter Kartusche) im europäischen Rechtsraum nicht um ein

Medizinprodukt (Medical Device) im Sinne der europäischen Medizin Produkte Richtlinie

(93/42/EWG). In Europa wird der Einweg-Injektionspen als sogenanntes Medicinal Product

(Arzneimittel) gewertet, da die Hauptwirkung des Produktes die Wirkung des Insulins ist.

Somit findet das Arzneimittelgesetz (AMG) Anwendung. Der europäische Rechtraum

definiert keine Kombinationsprodukte und stellt hierfür auch keine separate Richtlinie oder

Verordnung bereit.

In den USA sind im Sinne des 21 CFR Part 4 Einweg-Injektionspens (Disposable Injection

Pens) mit fest verbauter Kartusche, je nach enthaltenem Arzneimittel entweder „Drug-

Device Combination Products“ oder „Biologic-Device Combination Products“. Im Sinne des

Gesetzes handelt es sich bei Insulinen und Insulin-Analoga um Arzneimittel, somit ist der

Insulin Einweg Injektionspen ein Drug Device Combination Product (DDC)

Situationsbeschreibung

12

„Für Proteinmedikamente wie Insulin) gilt, dass sie bei einer oralen Aufnahme nicht

bzw. nicht in ausreichender Menge in den Blutkreislauf aufgenommen (resorbiert)

werden. Diese Wirkstoff werden durch Enzyme des Verdauungstrakts abgebaut oder

durch die im Magen vorhandene Salzsäure denaturiert und damit funktionsunfähig

gemacht“.3

Für eine wirksame Therapie mit proteinbasierenden Arzneimitteln mussten daher andere

Darreichungsformen gefunden werden als die übliche orale Aufnahme in Form von Tabletten

oder Kapseln. Neben der respiratorischen Aufnahme durch Inhalatoren, ist dies sehr häufig

die Darreichung per Injektion. Die Injektion ist eine im klinischen Bereich durch Fachpersonal

ausgeführte etablierte Methode. Insbesondere die subkutane Injektion ist hier

hervorzuheben. Diese ist im Gegensatz zur intramuskulären oder intravenösen Injektion

komplikationsarm und einfach durchzuführen

Handelsübliche Spritzen, bestehend aus Zylinder, Kolben und Kanüle, konnten durch die

Entwicklung und Zulassung von vorgefüllten Einweg-Injektionspens ersetzt werden.

Injektionspens bieten die Vorteile, dass sie einfacher zu dosieren sind und die subkutane

Injektion auch für Patienten ohne spezielle medizinische Ausbildung sicher durchführbar ist.

Dadurch, dass die Injektion nun wesentlich einfacher und sicherer durchzuführen ist, kann

diese durch den Patienten selbst erfolgen. Dies bringt diverse Vorteile für den Patienten mit

sich, wie zum Beispiel:

- Erhöhte Flexibilität

- Verbesserte Integration in den Tagesablauf des Patienten

- Unabhängigkeit von Fachpersonal

4.3 Märkte und deren Anforderungen Vor einer Inverkehrbringung müssen Arzneien, Medizinprodukte oder deren Kombinationen

für den jeweiligen Markt zugelassen werden. Es gibt in diesem Bereich keine einheitliche

marktübergreifende Gesetzgebung, daher wird den Entwicklungsprojekten im

Anforderungsprofil für das zu entwickelnde Produkt der Zielmarkt mitgegeben. In aller Regel

3 Vgl. Wikipedia, o.V.(o.J.): Injektion Medizin

Situationsbeschreibung

13

werden die Entwicklungen auf eine Inverkehrbringung auf dem US-amerikanischen-, den

europäischen- sowie den japanischen- Markt ausgerichtet. Im Folgenden werden die

Anforderungen für den US-amerikanischen Markt sowie den europäischen Markt

zusammenfassend erläutert.

4.3.1 Der US - amerikanische Markt

Die Anforderungen zur Inverkehrbringung von Kombinationsprodukten auf den US-

amerikanischen Markt gelten als besonders streng. Die Marktüberwachungsbehörde ist die

„Food and Drug Administration“ oder kurz die FDA. Die FDA ist eine Bundesbehörde der USA

und verfügt über ähnliche Befugnisse wie eine Strafverfolgungsbehörde und ist mit ca. 10

000 Mitarbeitern die größte regulierende Behörde für Arzneimittel und Medizinprodukte

weltweit. Die Arbeit, das Vorgehen und die Befugnisse der FDA sind im Food, Drug and

Cosmetic Act geregelt. Für Arzneimittel überprüft die FDA die Einhaltung des 21 CFR Part 210

& 211, welche die Good Manufacturing Practises (GMP) oder anders gesagt die

Qualitätsanforderungen für die Arzneimittelindustrie beschreiben. Für Medizinprodukte sind

dies die Quality Systems Regulations (QSR), welche im 21 CFR 820 verankert sind. Verstöße

gegen den 21 CFR 820 sind dem zufolge Gesetzesverstöße und müssen als solche behandelt

werden. Die Überprüfung der Einhaltung wird von Behördenvertreten im Rahmen von

Inspektionen des Unternehmens durchgeführt. Da Kombinationsprodukte, wie der Name

schon andeutet, eine Kombination aus einem Medizinprodukte und einer Arznei sein

können, hat die FDA auch die Aufsicht über diese Produktklasse.

4.3.2 Der europäische Markt

Für die Inverkehrbringung von Kombinationsprodukten auf dem europäischen Markt ist es

zunächst wichtig zu wissen, dass es keine Gesetzgebung zu Kombinationsprodukten gibt. Im

europäischen Rechtsraum sind Kombinations-produkte nicht definiert. Da es solche

Produkte aber offensichtlich gibt und diese reguliert werden müssen, wurde in der EU der

Begriff des „Borderline“- Produktes geprägt. Dieser Begriff ist so zu verstehen, dass bei

solchen Produkten die Grenzen zwischen zwei oder mehreren Produktkategorien

überschritten werden. Um den daraus resultierenden Rechtsunsicherheiten zu begegnen,

werden Kombinations-produkte für die Marktzulassung in Europa zunächst entweder als

Situationsbeschreibung

14

Arzneimittel oder als Medizinprodukt klassifiziert. Wird das Kombinationsprodukt als

Arzneimittel klassifiziert, sind die Arzneimittelrichtlinien anwendbar, bzw. ist in der

Bundesrepublik Deutschland das AMG mit seinen Paragraphen 21 Abs.1 sowie den

Paragraphen 22 - 24 anwendbar.

Wird das Kombinationsprodukt als Medizinprodukt klassifiziert ist, muss es das in der

jeweiligen Richtlinie beschriebene Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen. Die

anwendbaren Richtlinien sind

- Richtlinie über 98/79/EG über In-Vitro-Diagnostika

- Richtlinie90/385/EWG über aktive implantierbare medizinische Geräte, ergänzt mit

Richtlinie 2007/47/EG

- Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte, ergänzt mit Richtlinie 2007/47/EG

- In der BRD sind die obengenannten Richtlinien in das Medizinproduktegesetz

überführt worden.

4.3.2.1 Zulassungsverfahren für Arzneimittel und Medizinprodukte

Das Zulassungsverfahren für Arzneimittel ist in der Richtlinie 2001/83/EG

„Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel“ beschrieben. Aufgrund der komplexen

Struktur der europäischen Union gibt es mehrere Verfahren, die auf unterschiedliche Weise

die einzelnen Nationalstaaten einbinden. Folgende Verfahren werden unterschieden:

MRP: Mutual Recognition Procedure – Verfahren der gegenseitigen Anerkennung zur

Arzneimittelzulassung der EMA.

DCP: Decentralised Procedure – Dezentralisiertes Verfahren der EMA zur

Arzneimittelzulassung.

CAP: Centralised Authorisation Procedure – Zentralisiertes Verfahren der EMA zur

Arzneitmittelzulassung.

Alle genannten Verfahren werden mehr oder weniger von der EMA European Medizin

Agency mit Sitz in London koordiniert oder direkt durchgeführt.

Es gibt noch die Möglichkeit einer nationalen Zulassung, wie sie in Deutschland vom

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemäß des AMG mit seinen

Situationsbeschreibung

15

Paragraphen 21 Abs. 1 und den Paragraphen 22-24 durchgeführt werden kann. Ein solche

Zulassung hat aber den Nachteil, dass sie nur für Deutschland gilt, d. h. das Medikament ist

im Rest der EU nicht zugelassen.

Für Medizinprodukte ist in der Medical Device Directive 93/42/EWG festgelegt, dass für die

Zulassung eine Konformitätsbewertung durchzuführen ist. Im Rahmen des

Konformitätsbewertungsverfahrens wird die Einhaltung der sogenannten „grundlegenden

Anforderungen“ der jeweils anwendbaren Richtlinie, sowie die Wirksamkeit seines

Marküberwachungssystems (Post Market Surveillance – PMS) geprüft. Je nach Klasse des

Medizingerätes kann die Konformitätsbewertung selbst durchgeführt werden oder muss von

einer sogenannte „benannten Stelle“ durchgeführt werden. Nach erfolgreicher Bewertung

erklärt der Hersteller seine Konformität mit den Anforderungen der Richtlinie und bringt das

CE Zeichen auf seinem Produkt an. Zum besseren Überblick werden die Zulassungsverfahren

für Arzneimittel und für Medizinprodukte in der folgenden Tabelle 4.1: Zulassungsverfahren

EU, zusammengefasst.

Tabelle 4.1: Zulassungsverfahren EU

Pharma Medizinprodukte

Stoffklasse Verfahren Kategorie Verfahren

Arzneimittel zentralisiertes Verfahren (CAP) Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (MRP), Dezentralisiertes Verfahren (DCP)

Class I CE Zeichen Konformitätserklärung als Selbstdeklaration

Biologic Werden durch die EMA im zentralisierten Verfahren (CAP) zugelassen

Class II CE-Zeichen Konformitätserklärung durch die benannte Stelle

N/A N/A Class III CE-Zeichen Konformitätserklärung durch die benannte Stelle

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

16

5 Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

Arzneimittel und Medizingeräte sind regulierte Produkte. Die Herstellung, der

Vertrieb/Vermarktung sowie die Entwicklung unterliegen gesetzlichen Auflagen. Diese sind

von Markt zu Markt unterschiedlich, wodurch ein erheblicher Aufwand entsteht, diese

unterschiedlichen Anforderungen zu erfüllen. Im Folgenden sollen die Anforderungen an

Kombinationsprodukte in den USA im Vergleich mit den Anforderungen im europäischen

Rechtsraum dargestellt werden.

5.1 Pharmagesetzgebung der USA Arzneimittel und Medizinprodukte sowie deren Kombinationen sind auch in den USA

regulierte Produkte und unterliegen demnach den Gesetzen der USA. Der Food Drug and

Cosmetic Act von 1938 ist das grundlegende Gesetz für die Regulierung von Arzneimitteln

und Medizinprodukten. Der Food, Drug and Cosmetics Act beauftragt die FDA mit der

Überwachung. Die FDA ist eine Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums

(Department of Health and Human Services) und ist damit ein Bundesbehörde. Es folgt ein

kurzer Abriss über die Entstehung der des Food, Drug and Cosmetic Act und der FDA.

1862: Das Bureau of Chemistey wird gegründet und ist die Vorgängerorganisation

der FDA.

1906: Der Food and Drug Act wird durch den amerikanischen Kongress

verabschiedet.

1938: Der Food, Drug and Cosmetics (FDC) Act wird verabschiedet.

1962: Kefauver-Harris Drug Amendment. Einführung des Wirksamkeitskriteriums

sowie die Einführung der heutigen Zulassungsprozedur, im Lichte des Contergan-

Skandals in Europa.

1976: Die Medical Device Amendments werden verabschiedet. Es besteht nun die

grundlegende Anforderung, dass Hersteller von Medizinprodukten sich bei der FDA

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

17

registrieren und Qualitätskontrollverfahren einführen. Bestimmte Produkte müssen

freigegeben werden, andere müssen Leistungsstandards erfüllen.

1988: Food and Drug Administration Act von 1988 etabliert die FDA als Teil des

Department of Health and Human Services.

1990: Safe Medical Devices Act wird verabschiedet. Hersteller sind nun verpflichtet

eine Marktbeobachtung – Post Market Surveillance einzuführen.

2002: Unter anderem wird der Medical Device User Fee and Modernization Act

verabschiedet.

Das Office of Combination Products (OCP) wird innerhalb des Büros des

Commissioners gegründet, um die Überprüfung von Produkten, die in mehrere

Produktklassenfallen, zu betreuen.

Die current Good Manufacturing Practice (cGMP) Initiative wird gestartet. Die Ziele

der Initiative besteht darin die größten Risiken in Herstellungsprozessen zu ermitteln

und sicherzustellen, dass Prozess und Produktqualitätsstandards nicht die

Weiterentwicklung behindern, sowie eine einheitliche Herangehensweise der FDA an

diese Aufgaben zu garantieren.

5.1.1 Struktur der Gesetzgebung

In den USA ist das höchste Gesetz die Verfassung (Constitution), darunter ist das sogenannte

Gesetzes Recht oder auch Kodifizierte Recht (Statutory Law) aufgehängt. Für den

medizinischen Bereich (Arzneimittel, Medizinprodukte und Kombinationsprodukte) ist dies

der bereits erwähnte, 1938 vom Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika

verabschiedete Federal Food, Drug and Cosmetic Act.4

Die dritte Ebene bildet das Verwaltungsrecht (Administrative Law), welches für den

medizinischen Bereich im Titel 21 des Code of Federal Regulations (CFR) niedergelegt ist. Das

Verwaltungsrecht wird nicht direkt vom Kongress verabschiedet, sondern von der

beauftragten Bundesbehörde, in diesem Fall die FDA. Die CGMP Regulations werden von

4 Vgl. Johner, C.; Hölzer-Klüpfel,M.; Wittorf, S. (2011): Basiswissen Medizinische Software; S. 41

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

18

der FDA herausgegeben und regelmäßig überprüft. In den USA kommt zu den GMP s noch

der Buchstabe C hinzu. Das C steht für „Current“ und stellt die Anforderung der FDA dar,

dass bei der Herstellung von Arzneimitteln der „Stand der Technik“ berücksichtigt werden

muss. Insgesamt gesehen ist der Unterschied zwischen den USA und der EU in diesem Falle

aber nicht wesentlich, da auch in Europa der Stand der Technik berücksichtigt werden muss.

Was zu Verwirrung führen kann, ist das die Schreibweise des C vor dem GMP nicht eindeutig

geklärt wurde. Es gibt also die Schreibweisen „cGMP“ und „CGMP“, beide bedeuten

„Current“ und beide verlangen die Berücksichtigung des „Standes der Technik“.

Die Struktur der Gesetze wird zum besseren Verständnis in der folgenden Grafik dargestellt.

Abbildung 3: Gesetzesstruktur USA5

Die FDA gibt auch sogenannte Guidance-Dokumente heraus die, zwar als nicht rechtlich

bindend bezeichnet werden jedoch ein hohe Relevanz besitzen. Guidance- Dokumente

stellen nach Aussage der FDA das sogenannte „Current Thinking“ der FDA zu einem

bestimmten Thema dar. Dadurch definieren sie die Erwartungshaltung der FDA zu diesem

Thema. Ähnlich den Harmonisierten Normen in Europa, berücksichtigt die FDA „Recognized

5 Johner, C.; Hölzer-Klüpfel, M.; Wittorf, S. (2011): Basiswissen Medizinische Software; S. 42

FDA Guidance

Dokumente

Recognized

consensus

Standards

Administratives Recht

Code of Federal Regulations, Titel 21 Food and Drug

Gesetzes Recht

Federal Food, Drug and Cosmetics Act

Verfassung

Nicht gesetzlich

bindend

Erstellt durch

Fachgremien

US

Ko

ngr

ess

Beh

örd

e FD

A

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

19

Consensus Standards“. Diese sind von unterschiedlichen Fachgremien erarbeitet

Dokumente welche den Stand der Technik darstellen und zur Erfüllung von gesetzlichen

Forderungen herangezogen werden.6

Innerhalb der FDA werden Arzneimittel und Medizinprodukte und deren Kombinationen

von vier Zentren betreut.

Diese Zentren sind :

- Das CBER Center of Biologics Evaluation and Research.

- Das CDER Center for Drug Evaluation and Research.

- Das CDRH Center for Devices and Radiological Health.

- Und das OCP Office for Combination Products als koordinierende Stelle für die

Zulassung und Überwachung von Kombinationsprodukten.

5.1.2 Zulassungsverfahren für Arzneimittel und Medizinprodukte

Bevor eine Arznei, ein Medizinprodukt oder ein Kombinationsprodukt in den USA auf den

Markt gebracht werden darf, muss das Produkt gemäß den geltenden Gesetzen durch die

FDA freigegeben bzw. genehmigt werden. Für Arzneimittel geschieht dies auf Grundlage des

New Drug Application (NDA) Verfahrens und für Biologika auf Grundlage des Biologic

Licensing Application (BLA) Verfahrens.

Beide Verfahren zielen darauf ab, zu ergründen und zu dokumentieren ob:

- das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch sicher und wirksam ist und der

pharmazeutische Nutzen die Risiken überwiegt?

- die Gebrauchsinformation (Packungsbeilage) sowie die Packungsbeschriftung von

ausreichender Qualität sind

- die verwendeten Herstellungsmethoden (Good Manufacturing Practices, GMP) sowie

die Kontrollen, die zur Kontrolle des Arzneimittels eingesetzt werden, geeignet sind,

um Identität, Stärke, Qualität und Reinheit zu gewährleisten

6 Vgl. Johner, C.; Hölzer-Klüpfel,M.; Wittorf, S. (2011): Basiswissen Medizinische Software; S. 41

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

20

Für Medizinprodukte bestimmt das Risiko, welches aus dem Medizinprodukt für den

Anwender bzw. Patienten resultiert, das Zulassungsverfahren sowie den Kontrollaufwand.

Im Food, Drug and Cosmetic Act (FD&CA) werden drei Klassen von Medizinprodukten

definiert. Diese definieren den Kontrollaufwand, welcher notwendig ist, um die Sicherheit

und Effektivität des Medizinproduktes sicherzustellen. Im Folgenden wird eine Übersicht

über die drei Klassen, ihre Kontrollen und Zulassungsverfahren gegeben:

Class I, General Controls:

Klasse I Medizinprodukte erfordern den geringsten regulatorischen Aufwand und sind den

„General Controls“ unterworfen. Als Klasse I Medizinprodukte werden solche Produkte

eingestuft, die nicht dafür notwendig sind, Leben zu erhalten oder wesentlich dafür sind, der

Verletzung von menschlicher Gesundheit vorzubeugen. Zusätzlich dürfen Klasse 1

Medizinprodukte kein unnötiges Risiko für den Patienten bzw. Anwender darstellen. Die

„General Controls“ umfassen unter anderem Anforderungen in Bezug auf Verfälschung,

Kennzeichnung, Produktregistrierung, GMP, Reparatur, Pre Market Notification, Ersatz ,

Aufzeichnungen und Berichte. Viele „Class I“ Medizinprodukte sind vom „Pre Market

Notification“-Prozess ausgenommen. Beispiele für Klasse I Medizinprodukte sind elastische

Bandagen, Untersuchungshandschuhe, chirurgische Handinstrumente.7

Class II, General Controls with Special Controls:

Klasse II Medizinprodukte sind neben den „General Controls“ auch „Special Controls“

unterworfen. Klasse II Medizinprodukte müssen so entwickelt sein, dass sie wie beschrieben

funktionieren, ohne dem Patienten Schaden oder Verletzungen zuzufügen. Klasse II

Medizinprodukte werden stärker geprüft als Klasse I Medizinprodukte. Die „Special Controls“

beinhalten spezielle Kennzeichnungsanforderungen, verpflichtende Leistungsstandards und

Marktüberwachung (PMS). Klasse II Produkte werden im Allgemeinen durch eine Pre Market

Notification (510(k)) zugelassen, jedoch sind wenige Klasse II Medizinprodukte von der „Pre

7 Vgl. FDA, o.V. (2015): Classify your Medical Device; Vgl. FDA, o.V. (2016): Premarket Notification

510(k); FDA, o.V. (2014): General and Special Controls; Vgl. Wikipedia, o.V.(o.J.): Medical Devices

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

21

Market Notification“ ausgenommen und durchlaufen das „Pre Market Approval“-Verfahren

(PMA). Beispiele für Klasse II Produkte sind Infusionspumpen, Akkupunkturnadeln oder

elektrische Rollstühle.8

Class III, General Controls, Special Controls and Premarket Approval:

Klasse III Medizinprodukte sind solche Medizinprodukte, für die nicht ausreichend

Informationen vorliegen, um die Sicherheit oder Wirksamkeit alleine durch die „General

Controls“ und „Special Controls“ nachzuweisen. Dies ist insbesondere der Fall wenn es sich

um ein „De Novo“ Medizinprodukt handelt, also kein Vergleichsprodukt vorhanden ist oder

um ein Hochrisikoprodukt. Klasse III Medizinprodukte müssen das „Pre Market Approval“ –

Verfahren durchlaufen. Beispiele für Klasse III sind implantierbare Herzschrittmacher,

Hüftimplantate und HIV-Tests.9

Nachfolgend wird ein kurzer Abriss der beiden möglichen Zulassungsverfahren gegeben.

Für wenige Klasse I und viele Klasse II Produkte wird die Zulassung über die „Pre Market

Notification“ (PMN) durchgeführt. Ziel des Prozesses ist die sogenannte „Clearance“ des

Produktes, welche im 21 CFR Part 510(k) beschrieben ist. Für die „Clearance“ muss der

Nachweis geführt werden, dass das zu vermarktende Medizinprodukt einem bereits

zugelassenen Medizinprodukt substantiell gleicht, und Sicherheit und Wirksamkeit des

Medizinproduktes sichergestellt sind.10

Für wenige Klasse II Produkte ist das Pre Market Approval (PMA) anzuwenden, wenn für das

zu vermarktende Medizinprodukt nicht ausreichend Informationen vorhanden sind, um die

Sicherheit und Wirksamkeit zu gewährleisten. Für alle Klasse III Produkte ist das PMA

Verfahren durchzuführen. Ein PMA beinhaltet neben administrativen Informationen,

Informationen zum Produkt, den Herstellungsprozessen, die Qualitätssicherungsverfahren

8 Vgl. FDA, o.V. (2015): Classify your Medical Device; Vgl. FDA, o.V. (2016): Premarket Notification

510(k); FDA, o.V. (2016): Premarket Approval PMA FDA, o.V. (2014): General and Special Controls; Vgl. Wikipedia, o.V.(o.J.): Medical Devices. 9 Vgl. FDA, o.V. (2015): Classify your Medical Device; FDA, o.V. (2016): Premarket Approval PMA; Vgl.

FDA, o.V. (2014): General and Special Controls; Vgl. Wikipedia, o.V.(o.J.): Medical Devices 10

Vgl. FDA, o.V. (2016): Premarket Notification 510(k); Vgl. Wikipedia, o.V.(o.J.): Medical Devices.

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

22

und Ergebnisse aus klinischen Tests. All dies wird durch die FDA gefordert und geprüft, um

die Sicherheit und Wirksamkeit des Klasse III Medizinproduktes zu gewährleisten.11

In der folgenden Tabelle 5.1 ist eine Übersicht der anzuwendenden Zulassungsverfahren für

Arzneimittel und Medizinprodukte dargestellt.

Tabelle 5.1: Zulassungsverfahren USA

Arzneimittel Medizinprodukte

Stoffklasse Verfahren Kategorie Verfahren

Arzneimittel NDA Class I Pre Market Notification: 510(k) wenn nicht davon ausgenommen

Biologika BLA Class II Pre Market Notification: 510(k) wenn nicht davon ausgenommen

N/A N/A Class III Pre Market Approval

5.1.3 Der 21 CFR Part 4

Das Gesetze über Kombinationsprodukte soll klarzustellen, welche CGMP Anforderungen

anzuwenden sind, wenn ein Arzneimittel und/oder Biologikum mit einem Medizinprodukt zu

einem Kombinationsprodukt zusammengeführt wird. Dies wurde nach Aussage der FDA im

Vorwort zum 21CFR Part 4 getan, um die regulatorischen Unsicherheiten für Hersteller zu

reduzieren und durch klare Anforderungen, Hemmnisse für Innovationen zu reduzieren und

dadurch die Versorgung der US amerikanischen Bevölkerung mit modernen und innovativen

Therapiemöglichkeiten sicherzustellen.12

Zunächst ist es essentiell zu wissen, dass Kombinationsprodukte im 21 CFR Part 3 definiert

werden. Der 21 CFR Part 3 legt fest, dass ein Kombinationsprodukt aus zwei oder mehr

Komponenten besteht, welche durch Gesetze reguliert werden und als Einheit in den

Verkehr gebracht werden. Der 21 CFR Part 4 nimmt direkten Bezug auf die Definitionen aus

dem 21 CFR Part 3.

11

Vgl. FDA, o.V. (2016): Premarket Approval PMA; Vgl. Wikipedia, o.V.(o.J.): Medical Devices 12

Vgl. FDA, o.V. (2013): 21 CFR Part 4 Final Rule, Vorwort

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

23

In 21 CFR Part 3 Sektion 3.2 wird unter Absatz (e) Satz (1) definiert, dass ein

Kombinationsprodukt aus mehreren regulierten Komponenten (Constituent Parts)

zusammengesetzt ist, die eine Einheit bilden (single entity combination product). In

Abbildung 4 und Abbildung 5 sind Beispiele für Single Entity Combination Products

dargestellt:

Abbildung 4: Einweg-Injektionspen (Lantus SoloStar® Hersteller Sanofi) mit aufgesetzter Kanüle

Abbildung 5: Autoinjektor (DAI Autoinjektor Hersteller SHL)mit abgezogener Kappe

Im darauffolgenden Satz der Section 3.2, Absatz (e) wird ein Kombinationsprodukte

definiert welches ebenfalls aus 2 oder mehreren regulierten Constituent Parts besteht diese

aber nicht zusammengebaut werden (Beispiel: Mehrfach verwendbarer Injections Pen und

eine beigelegte Ampulle (Abbildung 6: Wiederverwendbarer Injektionspen (ClikSTAR®

Hersteller Sanofi) mit Kanüle und Ampulle). Dies wird als ein „co-packaged combination

product“ bezeichnet:

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

24

Abbildung 6: Wiederverwendbarer Injektionspen (ClikSTAR® Hersteller Sanofi) mit Kanüle und Ampulle

In den Kommentaren der Final Rule des 21 CFR Part 4 wird als dritte Form eines

Kombinationsproduktes der sogenannte „Convenience Kit“ definiert. Ein „Convenience Kit“

ist eine Zusammenstellung von zwei oder mehr regulierten Produkten. Diese werden ohne

Veränderung ihrer Verpackung oder deren Kennzeichnung als Zusammenstellung auf den

Markt gebracht. Sobald etwas an der Verpackung und deren Kennzeichnung verändert wird,

oder das Produkt in einer anderen Weise modifiziert wird, handelt es sich nicht mehr um ein

„Convenience Kit“ im Sinne des 21 CFR Part 4, Final Rule Teil B. Als Beispiel für ein

„Convenience Kit“ ist in Abbildung 7 ein Infusions Kit dargestellt.

Abbildung 7: Convenience Kit

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

25

5.1.3.1 Wirkung und Hauptwirkung des Kombinationsproduktes

Die Art der Bestandteile eines Kombinationsproduktes hat einen entscheidenden Einfluss auf

die Produktkategorie. Der 21 CFR Part 3 definiert im Abschnitt (e,1) vier Kategorien, welche

für die weitere Definition von Kombinationsprodukten von Bedeutung sind. Dies sind:

- Drug / Device z.B. Einweg-Insulininjektionspen

- Biologic / Device z.B. Injektionspen mit monoklonalem Antikörper

- Drug / Biologic z.B. Interferon – Ribavirin. Interferon ist ein körpereigenes Protein.

Ribavirin ist wirksam gegen Viren. In Kombination werden die beiden Wirkstoffe zur

Behandlung von Hepatitis C eingesetzt.

- Drug / Device / Biologic

Weiterhin ist für die Definition eines Kombinationsproduktes die Wirkung (engl. Mode of

Action) bzw. Hauptwirkung (engl. Primary Mode of Action) von Bedeutung. Dieser

Themenkomplex wird im 21 CFR Part 3 Abschnitt (m) benannt. Durch die Wirkung

/Hauptwirkung wird der therapeutische Nutzeffekt beschrieben. Die Hauptwirkung ist jene,

die den größten therapeutischen Nutzeffekt des Kombinationsproduktes liefert. Im Abschnitt

(k,1-3) des 21 CFR Part 3 werden die folgenden Wirkungen für die einzelnen Bestandteile

(engl. Constituent Parts) eines Kombinationproduktes definiert.

Biological Mode of Action:

Bei einem Auto-Injektor für einen monoklonalen Antikörper zur Behandlung von

rheumatoider Arthritis ist dies die Wirkung des Monoklonalen Antikörpers und nicht die

„Drug Delivery“ durch den Autoinjektor.

Device Mode of Action:

Beschichteter Stent, der ein Medikament abgibt, um Blutverklumpungen am Stent zu

verhindern. Dennoch ist die Hauptwirkung das Aufweiten des Blutgefäßes.

Drug Mode of Action:

Bei einem Insulin-Injektionspen ist dies die Wirkung des Insulins.

Die Hauptwirkung des Kombinationsproduktes legt fest von welchem „Center“ der FDA die

Zulassung federführend bearbeitet wird. Im Falle des Einweg Insulin Injektionspens ist dies

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

26

das „CDER“ welches aber die Bearbeitung der Zulassung der Medizinproduktbestandteils an

das „CDRH“ weiterleitet.

5.1.3.2 Welche Gesetze sind anzuwenden

Eine der Hauptaussagen des 21 CFR Part 4 ist es, dass die bereits existierenden Gesetze

anwendbar sind. Der 21 CFR Part 4 führt keine zusätzlichen Anforderungen für die

Bestandteile des Kombinationsprodukts ein. Ein Medizinprodukt fällt also weiterhin unter

den 21 CFR Part 820 und dessen Anforderungen. Für ein Arzneimittel sind weiterhin die Teile

21 CFR Part 210 & 211 und dessen Anforderungen anwendbar, dies wird explizit in der

Präambel der Final Rule unter (I). Background (A). „Rationale for the Rulemaking“ in Absatz 4

dargestellt:

“The constituent Parts of a combination product retain their regulatory status (as a

drug or device, for example) after they are combined.

Accordingly, the CGMP requirements that apply to each of the constituent part

continue to apply when they are combined to make combination products”.13

„Die Bestandteile eines Kombinationsproduktes behalten ihren regulatorischen Status

(z.B. als Arznei oder Medizinprodukt) nachdem sie zu [(Anm. des Verf.)einem

Kombinationsprodukt] verbunden wurden.

Demgemäß sind die CGMP Anforderungen, für die Bestandteile des

Kombinationsproduktes weiterhin anwendbar wenn sie zu einem

Kombinationsprodukt verbunden wurden“.14

Diese Auslegung führt dann durch den §4.3 Absatz a und b zu einem parallelen GMP

Operating System, das heißt für den Arzneibestandteil eines Kombinationsproduktes sind die

CGMP Anforderungen des 21 CFR Part 210 & 211 zu erfüllen. Für den Medizinprodukte-

Bestandteil des Kombinationsproduktes sind die Anforderungen des 21 CFR Part 820 zu

erfüllen. Die Erfüllung von zwei vollständigen QM-Systemen führt zwangsläufig zu

erheblichem Mehraufwand. Um solchen Mehraufwand und die damit verbunden Kosten zu

vermeiden, erlaubt der 21 CFR Part 4 ein sogenanntes „Streamlined“ GMP Operating

13

FDA, o.V. (2013): 21 CFR Part 4, Final Rule I Background A, Absatz4 14

Übersetzung des Verfassers

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

27

System. In der „Executive Summary“ und im Abschnitt e des 21 CFR Part 4 wird der

„Streamlined Approach“ zur Umsetzung des Systems beschrieben.

“The rule permits the use of the streamlined approach to demonstrate compliance

with the drug CGMP and device QS regulation requirements when both are applicable

to a facility’s manufacturing activities for a single-entity or co-packaged combination

product (§ 4.4(a) and (b))”.15

„Die „rule” erlaubt den Gebrauch eines „Streamlined Approach“ zum Nachweis der

Übereinstimmung mit dem CGMP und Medizinprodukte Qualitäts System

Anforderungen (QSR; 21 CFR Part 820) wenn beide anwendbar sind für die

Fertigungsaktivitäten eines Herstellers und dessen „single entity“ oder „co –

packaged“ Kombinationsprodukte(§ 4.4(a) and (b))“ 16

Der Hersteller darf, um Übereinstimmung zu demonstrieren, einen „streamlined approach“

verwenden. Dabei ist das Wort „demonstrieren“ wichtig. In diesem Zusammenhang

bedeutet „demonstrieren“, den Nachweis zu erbringen. Es soll der Nachweis erbracht

werden, dass das QMS oder genauer das „GMP Operating System“ den Anforderungen der

anwendbare Teile des Kapitel 21 des „Code of Federal Regulations“ entspricht. Der 21 CFR

Part 4 legt fest, dass die Anforderungen an die einzelnen Bestandteile erhalten bleiben, es

aber ausreicht ein führendes GMP Operating System zu definieren und Ausschnitte aus

dem jeweils anderen GMP Operating System, zu erfüllen.

Der „Streamlined Approach“ ist die Zusammenführung der Anforderungen aus dem 21 CFR

Part 210 & 211 und den Anforderungen aus dem 21 CFR Part 820. Für Arznei-

Medizinprodukt Kombinationsprodukte liefertder 21 CFR Part 4 zwei Möglichkeiten.

1. Verfügt der Hersteller überein Qualitäts Management System aufbauend auf den

Vorgaben des 21 CFR Parts 210 und 211 (Pharma GMP) als führendes GMP Operating

System etabliert, sind noch die Vorgaben aus 6 Abschnitten des 21 CFR 820 Quality

Systems Regulations zu erfüllen.

15

FDA, o.V. (2013): 21 CFR Part 4 Final Rule, Abschnitt e; 16

Übersetzung des Verfassers

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

28

2. Verfügt der Hersteller über ein Qualitäts Management basierend auf den Vorgaben

des 21 CFR 820 (Quality System Regulation, Medical devices) als führendes GMP

Operating System etabliert, sind noch die Vorgaben aus 8 Abschnitten des 21 CFR

211 zu erfüllen.

Die einzelnen Abschnitte der GMP Anforderungen des 21 CFR 210 & 211 bzw. QSR

Abschnitte sind in der folgenden Tabelle 5.2: Anforderungen Streamlined Approach

aufgeführt.

Tabelle 5.2: Anforderungen Streamlined Approach

Führendes QMS gemäß 21 CFR 210&211 Zusätzliche Anforderungen

Titel Kommentar

21 CFR 820.20 Management responsibility

21 CFR 820.30 Design Controls

21 CFR 820.50 Purchasing controls

21 CFR 820.100 Corrective and Preventive Actions

CAPA

21 CFR 820.170 Installation of the Medical Device

21 CFR 820.200 Servicing of the Medical device

Führendes QMS gemäß 21 CFR 820 Zusätzliche Anforderungen

Titel Kommentar

21 CFR 211.84 Testing and approval or rejection of components, drug product containers and closures

21 CFR 211.103 Calculation of Yield

21 CFR 211.132 Tamper evident packaging requirements for Over the Counter (OTC) human drug products

21 CFR 211.137 Expiration dating

21 CFR 211.165 Testing and release for distribution

21 CFR 211.166 Stability testing

21 CFR 211.167 Special testing requirements

21 CFR 211.170 Reserve samples

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

29

5.2 Pharmagesetzgebung der EU Arzneimittel und Medizinprodukte sind in Europa über Richtlinien regulierte Produkte und

unterliegen demnach den Gesetzen der EU bzw. den Gesetzen der Nationalstaaten. Wie

bereits erwähnt, gibt es keine Richtlinie über oder eine direkte Definition von

Kombinationsprodukte/n im europäischen Rechtsraum. Im Folgenden sei ein kurzer Abriss

über die Entstehung der Gesetzgebung zur Regulierung von Arzneimitteln und

Medizinprodukten in der Bundesrepublik Deutschland/Europa dargestellt.

1976: Die Neufassung des Arzneimittelgesetzes erscheint. Beschluss 24.08.1976

1978: Das AMG tritt am 1. Januar 1978 in Kraft.

1985: Die erste Ausgabe der Pharma Betriebs Verordnung erscheint. Sie enthält erste

GMP-Vorgaben für Deutschland.

1987: Einführung der ISO 9000 Normenreihe.

1989: Europa: Der EU-GMP-Leitfaden wird veröffentlicht.

1990: Die EU-Kommission initiiert das ICH-Programm zur internationalen

Harmonisierung von technischen Zulassungsanforderungen.

1994: Die erste Version des Medizinproduktegesetzes wird verabschiedet und tritt

am 1. Januar 1995 in Kraft.

2001: ICH Q 7A (GMP für Wirkstoffhersteller) wird als Draft (Step 2) erstmals

publiziert

2005: ICH Q8 Pharmaceutical Development (Quality by Design) und Q9 Quality Risk

Management werden verabschiedet. Die EU publiziert den neu strukturierten EG

GMP Leitfaden mit Teil 1 Arzneimittel und Teil Wirkstoffe.

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

30

2006: Die Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) tritt in Kraft

und ersetzt die Pharma Betriebs Verordnung.

2007: Die ICH publiziert die Guide ICH Q 10 „Pharmaceutical Quality System“ als Step

2 Dokument.

2009: Die 15. AMG-Novelle wird verabschiedet.

2012: Wesentliche Revision im EU GMP Leitfaden durch die Erweiterung des Kapitel 1

in Bezug auf „Pharmaceutical Quality Systems“.

2013: EU GDP Guideline Revision: GMP und GDP wachsen zusammen.

2015: Neuer Annex 15 zum EU GMP Guide zu Qualifizierung und Validierung.

5.2.1 Struktur der Gesetzgebung

Eine europäische Richtlinie ist ein europäisches Gesetz, welches von den Mitgliedsstaaten

binnen einer festgelegten Zeitspanne in nationales Recht umgesetzt werden muss. Im

Gegensatz dazu ist eine europäische Verordnung ein direkt wirksames europäisches Gesetz,

das für die Mitgliedsstaaten bindend ist aber von den Mitgliedsstaaten nicht in nationales

Recht umgesetzt werden muss. Die Verordnung muss binnen einer festgelegten Frist im

europäischen Rechtsraum angewendet werden.

Für den Arzneimittelbereich, beziehungsweise den Medizinproduktebereich sind die

regulatorischen Anforderungen in europäischen Richtlinien niedergelegt. In Europa sind die

sogenannten Good Manufacturing Practices (GMP dt. Gute Herstellungs Praxis) in den EU

GMPs gesetzlich fixiert. Die folgende Aufzählung stellt die zugrunde liegenden Europäischen

Richtlinien dar:

- Richtlinie 91/356/EWG der Kommission vom 13. Juni 1991 zur Festlegung der

Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für zur Anwendung beim

Menschen bestimmte Arzneimittel

- Richtlinie 91/412/EWG der Kommission vom 23. Juli 1991 zur Festlegung der

Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Tierarzneimittel.

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

31

- Richtlinie 2003/94/EG der Kommission vom 8. Oktober 2003 zur Festlegung der

Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Humanarzneimittel und

für zur Anwendung beim Menschen bestimmte Prüfpräparate sowie detaillierte

Richtlinien

In der BRD wurden die obengenannten Europäischen Richtlinien im Deutschen Arzneimittel

Gesetz (AMG) von 1978 umgesetzt.

Die Regelungen für Medizinprodukte sind in Europa in mehreren Richtlinien niedergelegt.

- Richtlinie 90/385/ EWG des Rates vom 20.Juni 1990 zur Angleichung der

Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische

Geräte (AIMDD)

- Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14.Juni 1993 über Medizinprodukte

- Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.Oktober

1998 über In-vitro-Diagnostika

In der BRD wurden diese Richtlinien im Deutschen Medizinproduktegesetz MPG von 1994

umgesetzt.

5.2.2 Gesetzgebung zu Kombinationsprodukten in Europa

Es gibt keine eigenständige Gesetzgebung für Kombinationsprodukte in der EU. Daher teilt

die Europäische Gesetzgebung diese Produkte entweder in Arzneimittel oder

Medizinprodukte ein. Diese Einteilung der Kombinationsprodukte wird durch Einschlüsse

bzw. Ausschlüsse in den Richtlinien über Arzneimittel 2001/83/EG und Medizinprodukte

93/42/EWG erreicht. Die Richtlinie über Arzneimittel 2001/83/EG (MPD) definiert

Arzneimittel und die Richtlinie über Medizinprodukte 93/42/EWG (MDD) definiert

Medizinprodukte. In der MDD wird in den Artikeln 1(3-4) festgelegt wann ein

Kombinationsprodukt entweder als Medizinprodukt oder als Arzneimittel zu behandeln ist.

Dabei wird besonders auf die Hauptwirkung des Kombinationsproduktes eingegangen und

diese als Unterscheidungshilfe hervorgehoben. Zum besseren Verständnis folgt eine

grafische Darstellung (Abbildung 7) der Richtlinien, die sich mit Kombinationsprodukten

beschäftigen.

Stand der Gesetzgebung / Regulatorische Definitionen

32

Abbildung 8: EU Gesetzgebung Arznei Medizinprodukt17

Es gibt mehrere Dokumente, welche die Einteilung der Kombinationsprodukte unterstützen.

Dabei sind speziell folgende Dokumente hervorzuheben:

- Die MEDDEV2.1/3 gibt eine Handreichung an die Industrie wann ein

Kombinationsprodukt als Arzneimittel oder als Medizinprodukt zu behandeln ist.18

- Das „Manual on Borderline Products“ behandelt konkrete Beispiele von

Kombinationsprodukten und gibt für diese eine Argumentation warum diese

Kombinationsprodukte entweder als Medizinprodukt oder als Arzneimittel behandelt

werden.19

17

Vgl. Hughes, J. (2016): Präsentation: EU Borderline Product Regulatory Framework Overview; F.9 18

Vgl. Europäische Kommision DG Enterprise and Industry Directorate F Unit F3 (2009) 19

Vgl. Europäische Kommision, o.V. (2015)

Medicinal

product

2001/83/EG

Advanced Technology

Medicinal Product EG/1394/2007

Blood Product

2007/98/EG

Tissues &Cells

2004/23/EG

Medical Device MDD

93/42/EWG 2007/47/EG

In-Vitro Diagnostic IVDD

98/79/EG

Active Implantable Medical Device

AIDD 90/385/EWG

No „Combination Product“ specific legislation

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

33

6 Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

mit besonderem Fokus auf die Entwicklung Wie bereits dargelegt, muss ein Hersteller von Arzneimitteln für die Inverkehrbringung in

den USA die Einhaltung der Teile 21 CFR Part 210 & 211 nachweisen. Soll jedoch ein

Medizinprodukt in Verkehr gebracht werden, ist der Nachweis der Einhaltung der

Anforderungen des 21 CFR Part 820 notwendig. Soll ein Kombinationsprodukt in den USA auf

den Markt gebracht werden, kann gemäß des 21 CFR Part 4 der „Streamlined Approach“

genutzt werden. Das Qualitätssystem der Beispielorganisation genügt den Anforderungen

des 21 CFR Part 210 & 211, beziehungsweise den Anforderungen des ICH Q10

Pharmaceutical Quality System. Entsprechend des 21 CFR Part 4 müssen für ein

Kombinationsprodukt noch die zusätzlichen Anforderungen aus dem 21 CFR Part 820 erfüllt

werden (Siehe Tabelle 6.1: Forderungen “Streamlined Approach“ bei führendem

Qualitätssystem für Arzneimittel).

Tabelle 6.1: Forderungen “Streamlined Approach“ bei führendem Qualitätssystem für Arzneimittel

Führendes QMS gemäß 21 CFR 210&211 Zusätzliche Anforderungen

Titel Kommentar

21 CFR 820.20 Management Responsibility

21 CFR 820.30 Design Controls

21 CFR 820.50 Purchasing Controls

21 CFR 820.100 Corrective and Preventive Actions

Entspricht CAPA

21 CFR 820.170 Installation Installation des Medizinproduktes

21 CFR 820.200 Servicing Wartung und Instandhaltung am Medizinprodukt

6.1 Verantwortung der obersten Leitung Im 21 CFR Part 210 & 211 gibt es keine Anforderungen zur Verantwortung der obersten

Leitung. Im ICH Q10 wird der Verantwortung der obersten Leitung im Vergleich dazu viel

Platz eingeräumt. Die Forderungen im ICH Q10 an die oberste Leitung entsprechen

weitestgehend den Forderungen des 21 CFR Part 820.20. Mit einer einzigen Ausnahme, das

die Benennung eines „Management Representative“ oder Beauftragten der obersten Leitung

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

34

(QMB) nicht gefordert wird. Die Normenreihe der ISO 9000 (z. B. ISO 9001, ISO13485)

fordert ebenfalls die Benennung eines Beauftragten der obersten Leitung.20

6.1.1 Beauftragter der obersten Leitung

Der originale Text des 21 CFR 820.20(b. 3) ist In Tabelle 7.2 Verantwortung der obersten

Leitung abgebildet. Der Beauftragte der obersten Leitung (QMB) muss ein Mitglied der

obersten Leitung der Organisation sein und wird von dieser beauftragt (Tabelle 6.2).

Tabelle 6.2: Verantwortung der obersten Leitung

820.20(b,3,i,ii)

(3)Management representative. Management with executive responsibility shall appoint, and document such appointment of, a member of management who, irrespective of other responsibilities, shall have established authority over and responsibility for: (i) Ensuring that quality system requirements are effectively established and effectively maintained in accordance with this part; and (ii) Reporting on the performance of the quality system to management with executive responsibility for review.

(3)Managementvertreter: Das Management mit Führungsverantwortung muss ein Mitglied des Managements ernennen (und diese Ernennung dokumentieren), das unabhängig von anderen Verantwortungen, die etablierte Befugnis und Verantwortung für Folgendes hat: (i) Absicherung, dass die Qualitätssystemanforderungen gemäß den in diesem Teil aufgeführten Vorschriften effektiv festgelegt wurden und aufrechterhalten werden und (ii) Bericht über die Leistung des Qualitätssystems an das Management mit Führungsverantwortung zur Überprüfung.21

Der QMB muss unabhängig von anderen Aktivitäten sein und über die Autorität und die

Verantwortung verfügen, das Qualitätssystem einzuführen, zu erhalten und über die

Leistung des Systems an die oberste Leitung zu berichten [820.20 (b.3, i, ii)]. Die

Erwartungshaltung der FDA besteht darin, dass ein QMB schriftlich benannt und dies in der

Organisation kommuniziert wird.

20

Vgl. ISO, o.V. (2012): ISO 9001:2008 Kap.: 5.5.2; Vgl. ISO, o.V. (2016): ISO 13485:2016; Kap. 5.5.2 21

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.20(b,3,i,ii)

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

35

6.2 Beschaffung

Aus dem Wirtschaftlichkeitsprinzip ergibt sich, dass nur mit einwandfreien Rohstoffen und

Materialien einwandfreie Produkte hergestellt werden können. Dieser Umstand hat auch in

den verschiedenen Qualitätsrichtlinien, Normen, Verordnungen und Gesetzen Niederschlag

gefunden.

Im 21 CFR Part 211 werden Forderungen an Lieferanten bzw. an geliefertes Material in den

Abschnitten 211.84 (b; d, 2, 3) beschrieben. Dabei geht es jedoch nur indirekt um das

Lieferantenmanagement, sondern primär um die Prüfung der gelieferten Materialien, die zur

Freigabe oder Zurückweisung der Materialien führen können. Im ICH Q10 2.7 “Management

of Outsourced Processes and Purchased Materials“ sind die Anforderungen an das

Lieferantenmanagement beschrieben. Im 21 CFR Part 820 beschreibt der Abschnitt 50(a, b)

„Purchasing Controls“ die Anforderungen an das Lieferantenmanagement.

6.2.1 Generelle Anforderungen an die Beschaffung

In den Abschnitten 2.7(a-d); 4.1(b.2) des ICH Q10 wird festgelegt, dass die Verantwortung für

geliefertes Material und für ausgelagerte Prozesse beim Arzneimittelhersteller verbleibt. Es

muss eine Eignungsprüfung des Lieferanten bzw. des gelieferten Materials durchgeführt

werden. Des Weiteren wird die Forderung gestellt Qualitätssicherungsvereinbarungen mit

Lieferanten abzuschließen und eine Überwachung und Re-Evaluierung für Lieferanten

durchzuführen. Im Bereich der Beschaffung gehen die Anforderungen des 21 CFR 820.50

über die Forderungen des ICH Q10 hinaus und sind detaillierter. Generell fordert der 21 CFR

820.50, dass dokumentierte Verfahren eingeführt und erhalten werden, um sicherzustellen,

dass eingekauftes oder anderweitig beschafftes Material bzw. Dienstleistungen den

spezifizierten Anforderungen und den anwendbaren regulatorischen Anforderungen

entsprechen. Der 21 CFR 820.50 definiert

- verschiedene Typen von Lieferanten,

- verschiedene Phasen der Lieferantenauswahl,

- die Art und Weise der Lieferantenüberwachung auf dem Ergebnis der

Lieferantenauswahl zu basieren,

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

36

- Aufzeichnungen zu freigegeben Lieferanten zu erstellen,

- Spezifikationen des gelieferten Gutes klar zu beschreiben oder zu referenzieren,

- schriftliche Übereinkünfte zwischen Lieferant und Hersteller zu erstellen, die den

Lieferanten verpflichten, den Hersteller über Änderungen am Produkt oder an der

Dienstleistung zu informieren.

6.2.2 Anforderungen an ausgelagerte Prozesse

Im Folgenden wird zunächst auf die Forderungen des ICHQ10 2.7(a, b) (original text und

Übersetzung Tabelle 7.3: ICH Q10 2.7(a, b) und ICH Q10 4.1(b, 2)) eingegangen (Tabelle 6.3).

Tabelle 6.3: Anforderungen an ausgelagerte Prozesse

ICH Q10 2.7(a,b);

The pharmaceutical quality system, including the management responsibilities described in this section, extends to the control and review of any outsourced activities and quality of purchased materials. The pharmaceutical company is ultimately responsible to ensure processes are in place to assure the control of outsourced activities and quality of purchased materials. These processes should incorporate quality risk management and include: (a) Assessing prior to outsourcing operations or selecting material suppliers, the suitability and competence of the other party to carry out the activity or provide the material using a defined supply chain (e.g., audits, material evaluations, qualification). (b) Defining the responsibilities and communication processes for quality-related activities of the involved parties. For outsourced activities, this should be included in a written agreement between the contract giver and contract acceptor.

Das Arzneimittel Qualitätssystem, inclusive der Verantwortung der Obersten Leitung welches in diesem Abschnitt beschrieben wird, erstreckt sich auf die Überprüfung und Lenkung jeglicher ausgelagerter Prozesses und die Qualität beschaffter Materialien. Das herstellende Unternehmen ist final dafür verantwortlich sicherzustellen das Verfahren erstellt und aufrechterhalten werden die die Lenkung von ausgelagerten Aktivitäten und Qualität von Beschafften Materialien sicherstellen. Diese Verfahren sollten Risiko Management anwenden und beinhalten: (a) Die Angemessenheit und Kompetenz der anderen Partei, daraufhin zu

bewerten bevor die Auslagerungsaktivität oder die Auswahl von Material Lieferanten gestartet wird, diese Aktivität auszuführen oder Material mittels einer definierten Lieferkette zur Verfügung zu stellen (z.B. Audit,

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

37

Materialevaluierung, Qualifizierung). (b) Festlegen der Verantwortlichkeiten und des Kommunikationsprozesses für

Qualitätsrelevante Aktivitäten der involvierten Parteien. Dies sollte schriftliche Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien beinhalten.22

ICH Q10 4.1(b.2)

Management should have a formal process for reviewing the pharmaceutical quality system on a periodic basis. The review should include: (a) Measurement of achievement of pharmaceutical quality system objectives (b) Assessment of performance indicators that can be used to monitor the effectiveness of processes within the pharmaceutical quality system, such as: (1) Complaint, deviation, CAPA and change management processes (2) Feedback on outsourced activities

Die Oberste Leitung sollte einen formalen Prozess haben, um das Arzneimittel Qualitätssystem in regelmäßigen Abständen zu bewerten. Diese Bewertungen sollten beinhalten : (a)Die Messung der Qualitätsziele des Arzneimittel Qualitätssystems. (b)Bewertung von Leistungsindikatoren welche für die Überwachung der Effektivität von Prozessen genutzt werden können, wie: (1)Beanstandungen, Abweichungen, Korrektur und Vorbeugemaßnahmen und die Lenkung von Änderungen. (2)Rückmeldung zu ausgelagerten Prozessen23

Es ist zu klären, was ein ausgelagerter Prozess ist. Hier stellt die ISO 9001:2008 in Anhang B1,

Abschnitt 4.1, Anmerkung 2 eine Definition zur Verfügung:

„Ein ausgegliederter Prozess ist ein Prozess, den die Organisation[(Anm. des. Verf.)das

Unternehmen] für ihr Qualitätsmanagementsystem benötigt und bei dem sie

entschieden hat, dass sie ihn durch eine externe Partei ausführen lässt.“24

Es ist also ein Prozess der in die Wertschöpfungskette des Herstellers eingegliedert ist

und/oder durch das QMS gefordert wird. Im Pharmaumfeld handelt es sich dabei häufig um

Verpackungsprozesse, im Medizinprodukteumfeld um Sterilisierungs-prozesse. Ein weiterer

typischer ausgelagerter Prozess stellt die Kalibrierung von Messgeräten dar. Wird ein

Prozess oder eine Aktivität an einen Lieferanten ausgelagert, verbleibt die Verantwortung

für diesen Prozess dennoch beim Unternehmen. Das Unternehmen hat die Aufgabe,

geeignete dokumentierte Verfahren einzuführen und zu erhalten.

22

Übersetzung durch Verfasser 23

Übersetzung durch Verfasser 24

ISO, o.V. (2012): ISO 9001:2008; Kap. 4.1 Anm. 2

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

38

Der 21 CFR 820 macht keinen großen Unterschied, ob es sich um einen ausgelagerten

Prozess oder ein zugekauftes Produkt handelt. Zwar werden ausgelagerte Prozesse durch die

Erwähnung des Lieferantentyps „Contractor“ erfasst (siehe Tabelle 6.4: Anforderungen an

die Auswahl von Lieferanten Spalte 820.50(a, 1)). Es wird jedoch für alle Lieferantentypen

(von Material, Dienstleistung, ausgelagerten Prozessen usw.) gefordert, dass die

geforderten Spezifikationen erfüllt werden und dass sich der Kontrollaufwand für Auswahl,

Evaluierung, Überwachung und Re-Evaluierung an der Kritikalität des Produktes oder der zu

erbringenden Dienstleistung orientiert.

6.2.3 Auswahl von Lieferanten

Betreffend der Auswahl von geeigneten Lieferanten sind die Anforderungen des ICH Q10

(2.7(a, b)) den Anforderungen des 21 CFR 820.50 (a, 1) ähnlich, (siehe Tabelle 6.4:

Anforderungen an die Auswahl von Lieferanten). Beide Regelwerke fordern, dass Lieferanten

initial beurteilt werden. Basis der Beurteilung ist ihrer Fähigkeit, die (spezifizierten)

Anforderungen, welche aus dem Material, der Dienstleistung oder dem Prozess resultieren,

zu erfüllen. Außerdem fordern beide Regularien, dass die initiale Beurteilung vor dem

Gebrauch solcher Materialien, Dienstleistung oder Prozesse durchzuführen ist (Tabelle 6.4).

Tabelle 6.4: Anforderungen an die Auswahl von Lieferanten

ICH Q10 2.7(a,b) 820.50(a,1);

Siehe Tabelle 7.3 Anforderungen an ausgelagerte Prozesse

Each manufacturer shall establish and maintain procedures to ensure that all purchased or otherwise received product and services conform to specified requirements. (a)Evaluation of suppliers, contractors, and consultants. Each manufacturer shall establish and maintain the requirements, including quality requirements, that must be met by suppliers, contractors, and consultants. Each manufacturer shall: (1) Evaluate and select potential suppliers, contractors, and consultants on the basis of their ability to meet specified requirements, including quality

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

39

requirements. The evaluation shall be documented.

Jeder Hersteller muss Verfahren festlegen und erhalten, um sicherzustellen, dass alle eingekauften oder auf andere Weise erhaltenen Produkte und Dienstleistungen den spezifizierten Anforderungen entsprechen. (a) Bewertung von Lieferanten, Auftragnehmern und Beratern. Jeder Hersteller muss die Anforderungen einschließlich der von Lieferanten, Auftragnehmern und Beratern einzuhaltenden Anforderungen festlegen und aufrechterhalten. Jeder Hersteller muss: (1) potenzielle Lieferanten, Auftragnehmer und Berater auf der Grundlage ihrer Fähigkeit zur Erfüllung der spezifischen Anforderungen einschließlich der Qualitätsanforderungen bewerten und auswählen. Die Bewertung muss dokumentiert werden.25

Für die Auswahl von Lieferanten besteht kein Handlungsbedarf von Anpassungen an den 21

CFR Part 820, wenn das PQS den Abschnitt 2.7 (a, b) des ICH Q10 erfüllt.

25

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.50(a.1)

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

40

6.2.4 Evaluierung und Freigabe von Lieferanten

Hinsichtlich Evaluierung und Freigabe von Lieferanten sind die Forderungen der Regelwerke

ICH Q10 und 21 CFR Part 820 recht ähnlich (Tabelle 6.5).

Tabelle 6.5: Anforderungen an die Auswahl und Freigabe von Lieferanten

ICH Q10 2.7(a,b) 820.50(a,1)

Siehe Tabelle 6.3: Anforderungen an ausgelagerte Prozesse

Siehe Tabelle 6.4: Anforderungen an die Auswahl von Lieferanten

NA 820.50.(a.3)

Establish and maintain records of acceptable suppliers, contractors, and consultants.

(3) Aufzeichnungen von akzeptablen Lieferanten, Auftragnehmern und Beratern erstellen und aufrechterhalten.26

Der 21 CFR Part 820.50 ist jedoch präziser in der Formulierung seiner Forderungen. So wird

unter 820.50 (a) gefordert, dass Evaluationskriterien, darunter auch Qualitätskriterien

festgelegt und dokumentiert werden. Des Weiteren wird unter 820.50 (a.3) gefordert, dass

Aufzeichnungen über freigegebene Lieferanten geführt werden müssen. Obwohl die

Anforderungen nicht in Regularien definiert sind, ist es in Pharmaunternehmen üblich, den

Auswahl- und Evaluierungsprozess von Lieferanten zu dokumentieren. Im

Medizinproduktesektor sind konkrete Forderungen zum Lieferantenmanagement im QSR

definiert. Zur Umsetzung des „streamlined Approach“ sind in der Praxis kaum Anpassungen

notwendig. Um jedoch den Forderung des 21 CFR Part 820.50 vollständig zu entsprechen,

sollte zumindest auf Verfahrensebene geprüft werden, ob alle Forderungen umgesetzt sind.

6.2.5 Überwachung und Re-Evaluierung von Lieferanten

Die konkreten Forderungen zur Überwachung und Re-Evaluierung sind in Tabelle 6.6:

Anforderungen an die Überwachung und Re-Evaluierung von Lieferanten“ dargestellt. Im

Arzneimittelbereich ist der Qualitätskontrollgedanke noch sehr stark verankert und wird

auch explizit in den Regularien gefordert. Dies spiegelt sich auch im ICH Q10 2.7(c, d) wieder.

26

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.50(a.3)

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

41

Erst in den letzten Jahren ist der risikobasierte Ansatz für Wareneingangskontrollen und

andere Bereiche im Arzneimittelumfeld angekommen (Tabelle 6.6).

Tabelle 6.6: Anforderungen an die Überwachung und Re-Evaluierung von Lieferanten

ICH Q10 2.7(c, d) 820.50(a, 2);

(c) Monitoring and review of the performance of the contract acceptor or the quality of the material from the provider, and the identification and implementation of any essential improvements. (d) Monitoring incoming ingredients and materials to ensure they are from approved sources using the agreed supply chain.

(2) Define the type and extent of control to be exercised over the product, services, suppliers, contractors, and consultants, based on the evaluation results

(c)Überwachung und Prüfung der Leistung des Vertragspartners oder die Qualität des Materials welches vom Lieferant, sowie die Identifizierung und Implementierung von notwendigen Verbesserungen. (d)Überwachung der angelieferten Rohstoffe und Materialien um sicherzustellen das diese von einer freigegeben Quelle über die vereinbarte Lieferkette [geliefert werden].27

(2) den Typ und das Ausmaß der über das Produkt, die Services, die Auftragsnehmer, Lieferanten und Berater auszuübenden Kontrolle auf der Basis der Bewertungs-ergebnisse definieren,28

Der 21 CFR 820.50 (a, 2) ist hier flexibler und fordert, dass die Art und das Ausmaß der

Überwachung auf den Evaluierungsergebnissen zu basieren ist. Dies hat Auswirkungen

darauf, welcher Aufwand an Wareneingangsprüfung und Lieferanten-überwachung nötig ist.

27

Übersetzung durch Verfasser 28

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.50(a.2)

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

42

6.2.6 Fazit zu den Anforderungen im Bereich Lieferantenmanagement

Wie mehrfach erwähnt sind sich die Qualitätsanforderungen des ICH Q10 und des QSR im

Bereich Lieferanten Management / Beschaffung ähnlich. Der QSR ist an manchen Stellen

sehr viel detaillierter und ist stärker am Risikobasierten Ansatz orientiert als die

entsprechenden Kapitel des ICH Q10. Im Arzneimittelbereich ist im Gegensatz dazu der

Ansatz zur Kontrolle der Qualität durch Prüfung noch wesentlich stärker verankert. Bei

Umsetzung der Anforderungen des ICH Q10 werden die Forderungen des 21 CFR Part 4 / 21

CFR Part 820 weitestgehend erfüllt. Jedoch sollten die etablierten Verfahrensanweisungen

dahingehend überprüft werden, ob sie dem höheren Detailierungsgrad des 21CFR Part

820.50 Rechnung tragen.

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

43

6.3 Design und Entwicklungslenkung

Die wohl größte Anpassung, um in einem ICH Q10 konformen QMS den „Streamlined

Approach“ für Kombinationsprodukte gemäß 21 CFR Part 4 umzusetzen, besteht in der

Forderung, einen Design Control Prozess gemäß 21 CFR Part 820.30 zu implementieren und

zu erhalten. Es gibt zwar mit dem ICH Q8 „Pharmaceutical Development“ ein GMP-

Dokument, welches sich mit der Arzneimittelentwicklung beschäftigt, jedoch ist dieser sehr

speziell auf die Arzneimittelzulassung gerichtet. Es behandelt vor allem die

Entwicklungsdaten, welche bei einer Einreichung benötigt werden, als den eigentlichen

Entwicklungsprozess29. Im Gegensatz dazu, ist der 21 CFR Part 820.30 auf den konkreten

Entwicklungsprozess ausgerichtet. Die Anforderungen sind sehr viel ausführlicher formuliert.

Im Folgenden werden die Forderungen 21 CFR Part 820.30 dargelegt und Beispiele zur

Umsetzung gegeben.

6.3.1 Generelle Anforderungen an die Design und Entwicklungslenkung

Die allgemeinen Forderungen des 21CFR Part 820 zum Entwicklungslenkungsprozess sind in

den Absätzen 820.30(a, 1-2) formuliert (Tabelle 6.7)

Tabelle 6.7: Anforderungen an die Design und Entwicklungslenkung

820.30(a,1-2)

(a)General (1) Each manufacturer of any class III or class II device, and the class I devices listed in paragraph (a)(2) of this section, shall establish and maintain procedures to control the design of the device in order to ensure that specified design requirements are met.

(a)Allgemein(1) Jeder Hersteller von Medizinprodukten der Klasse III oder II sowie der Klasse l, die in §(a)(2) dieses Abschnitts aufgeführt sind, muss Verfahren zur Kontrolle der Entwicklung des Medizinprodukts festlegen und aufrechterhalten, um die Erfüllung der spezifizierten Anforderungen sicherzustellen.30

Die Forderungen des 21 CFR Part 820.30 sollen den Design- und

Entwicklungslenkungsprozess strukturieren und planbar gestalten. Der Design- und

Entwicklungslenkungsprozess ist gegen Forschungsaktivitäten (z.B. Machbarkeits-studien,

29

Vgl. ICH, o.V. (2009): ICH Pharmaceutical Development Q8; Kap. 1.1 & 1.2 30

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.30(a, 1-2)

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

44

Entwicklung von Konzepten usw.) abgegrenzt und diesen nachgelagert.31 Ziel ist es, den

Entwicklungsprozess geplant und strukturiert, von der Entscheidung für ein bestimmtes

Design bis zur abgeschlossenen Übergabe an die Fertigung, zu durchlaufen. Nach der

Übergabe an die Fertigung muss bei Verbesserungen oder Veränderungen am Design wieder

in die Entwicklungsphase zurückgekehrt werden. Ein solches Vorgehen fällt unter das

sogenannte Life Cycle Management (LCM).

Am Anfang steht immer die Entscheidung, welches Produkt entwickelt werden soll. Sind die

Anforderungen an das zu entwickelnde Produkt klar, kann am Ende des

Entwicklungsprozesses bzw. des Entwicklungsprojektes festgestellt werden, ob das Projekt

erfolgreich war. Der 21 CFR Part 820.30 definiert, die Anforderungen an das zu

dokumentierende Verfahren zwischen Startpunkt (User Needs = Nutzer-anforderungen) und

dem Endpunkt (Medical Device) des Entwicklungsprozesses. Die Elemente, welche gemäß

der Anforderungen des 820.30 enthalten sein müssen sind in Abbildung 9: Wasserfall

Modell, Schlüsselelemente des Design Control Prozess (Quelle: Health Canada)dargestellt.

Der Entwicklungsprozess setzt sich aus mehreren Teilprozessen zusammen, die

nacheinander zu durchlaufen sind. Diese Teileprozesse sind:

- Festlegung der Anforderungen (User needs)

- Entwicklungseingaben (Design Input)

- Entwicklung (Design Process)

- Entwicklungsergebnisse (Design output)

- Entwicklungsverifzierung (Verification)

- Realisierung des Medizinproduktes (Medical Device)

- Entwicklungsvalidierung (Validation)

- Entwicklungsbewertung (Review)

- Transfer der Entwicklungsaktivitäten (Design Transfer); nicht abgebildet

- Entwicklungsänderungen (Design Changes); nicht abgebildet

31

AAMI (2007): Section IV. Design Controls, S.69

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

45

Abbildung 9: Wasserfall Modell, Schlüsselelemente des Design Control Prozess (Quelle: Health Canada)

Ein weiteres Modell, das den Entwicklungsprozess anschaulich darzustellt, ist das

sogenannte „V-Modell“ der Entwicklung. Es ist in seinen Elementen identisch mit dem

Wasserfallmodell (siehe Abbildung 10: V Modell der Entwicklung). Es folgt ebenfalls dem

sequentiellen Entwicklungsprozess.

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

46

Bestimmungsgemäßer Gebrauch

STAGE 1

Entwicklungseingaben

STAGE 2

Technische Spezifikation

Verifikations Dokumente

STAGE 4

Validierungs Dokumente

STAGE 4

Legende: TRM - Trace Matrix RM – Risikomanagement HFE - Human Factors engineering

Verifizierung

Validierung

TRACE

MATR

IX

HFE &

RM

TRACE MATRIX

HFE &

RM

Bewertung

TRACE MATRIX TR

ACE M

ATRIX

HFE &

RM

HFE &

RM

Bewertung

Bewertung

Bewertung

Bewertung

Abbildung 10: V Modell der Entwicklung

Was beide Modelle nicht darstellen, sind die weiteren Anforderungen des 21 CFR Part

820.30. Dies sind im Einzelnen:

- dass die Entwicklung geplant werden muss 820. 30(b),

- der eigentliche Entwicklungsprozess und

- die Dokumentation des Entwicklungsprozesses in einer Entwicklungsakte, dem

Design History File (DHF) 820.30(j)und

- wie mit Entwicklungsänderungen umzugehen ist 820.30(i).

6.3.2 Entwicklungsplanung

Die Anforderungen zur Planung einer Entwicklung sind im Abschnitt 820.30(b) des QSR

beschrieben (Tabelle 6.8).

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

47

Tabelle 6.8: Anforderungen an die Entwicklungsplanung

820.30(b)

(b)Design and development planning. Each manufacturer shall establish and maintain plans that describe or reference the design and development activities and define responsibility for implementation. The plans shall identify and describe the interfaces with different groups or activities that provide, or result in, input to the design and development process. The plans shall be reviewed, updated, and approved as design and development evolves.

(b)Entwicklungsplanung. Jeder Hersteller muss Pläne festlegen und aufrecht-erhalten, in denen die Entwicklungsaktivitäten beschrieben oder referenziert sind und die Verantwortung für deren Implementierung definiert ist. Die Pläne müssen die Schnittstellen mit verschiedenen Gruppen oder Aktivitäten identifizieren und beschreiben, die als Grundlagen für den Entwicklungs-prozess verwendet werden oder aus denen diese Grundlagen hervorgehen. Die Pläne müssen im Laufe der Entwicklung geprüft, aktualisiert und genehmigt werden.32

Im 820.30(b) „Design and Development Planning“ fordern die QSR, dass Design- und

Entwicklungspläne welche die Entwicklungsaktivitäten beschreiben, erstellt, erhalten und

dokumentiert werden müssen. Der Plan muss im Laufe des Entwicklungs-projektes auf den

neuesten Stand gebracht werden und ist zu überprüfen und frei-zugeben. Der Plan sollte vor

dem Beginn der eigentlichen Entwicklungstätigkeit erstellt werden und alle Funktionen und

Gruppen, die zur Umsetzung des Planes beitragen, sowie deren Schnittstellen definieren.

Der Plan soll der Komplexität des zu entwickelnden Produktes Rechnung tragen und kann

aus einem oder mehreren Dokumenten bestehen (z.B. Softwareentwicklung und

Hardwareentwicklung). Der Plan soll alle Verfahrensanweisungen referenzieren, die für den

Entwicklungsprozess relevant sind. Die FDA erwartet, dass die folgenden Elemente im

Entwicklungsplan gezeigt werden:

- Aufgaben und Verantwortlichkeiten

- Mindestanzahl der Designbewertungen (pro Entwicklungsphase)

- Standartverfahren

- Qualitätsverfahren welche zur Anwendung kommen und die Verifikationsmethoden

so diese bekannt sind.

- Methoden zur Erstellung von Dokumenten und Aufzeichnungen

- Ressourcenbedarf

32

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.30(b)

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

48

- Risikobewertungsmethoden

- Zeitplan33

Dem Entwicklungsplan kann enorme regulatorische Bedeutung zukommen, da mit Freigabe

dieses Dokuments der Start für ein Entwicklungsprojekt und somit der Start für die

Anwendung der Entwicklungslenkung dokumentiert werden kann. Weiterhin dokumentiert

er die angewendeten Verfahren und Methoden. Bei dem Entwicklungs-plan handelt sich um

ein dynamisches Dokument, da er dem Fortschreiten des Entwicklungsprojektes angepasst

werden muss. Der Entwicklungsplan ist hilfreich bei internen Bewertungen, Audits und

Inspektionen, da er einen guten Überblick über den Status des Projektes gibt und die

Besonderheiten des Projektes definiert.

Es soll an dieser Stelle auf zwei essentielle Einflussfaktoren hingewiesen werden, die

entscheidenden Einfluss auf den erfolgreichen Abschluss eines Entwicklungsprojektes haben,

und die im Design- und Entwicklungsplan adressiert werden können. Zum einen sollte im

Entwicklungsplan eine klare Beschreibung des Projektes zu finden sein. Erfolgreich Projekte

sind dadurch gekennzeichnet, dass der Auftrag präzise formuliert ist, der zeitliche Rahmen

definiert, das Ziel beschrieben ist und die benötigten Ressourcen adressiert sind. Je besser

ein Projekt definiert ist umso mehr Sicherheit gibt es bei der Planung der

Entwicklungsaktivitäten und dem Einsatz der Ressourcen. Zum anderen kann über den

Entwicklungsplan das Zusammenwirken der involvierten Abteilungen und die

Kommunikationsstruktur im Projekt klar definiert werden. Der Design und Entwicklungsplan

kann daher als Werkzeug benutzt werden, um das Projekt auf eine solide Grundlage zu

stellen.34

Es gibt keine regulatorische Anforderung, welche Abteilung oder Funktion im Unternehmen

den Design und Entwicklungsplan erstellen soll. Es ist lediglich gefordert, dass das Dokument

geprüft und freigegeben werden muss. Es ist hilfreich, wenn die Projektleitung an der

Erstellung und den Änderungen des Entwicklungsplans beteiligt ist.

33

Vgl. AAMI (2007): Section IV. Design Controls, S.71 34

Vgl. AAMI (2007): Section IV. Design Controls, S.72

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

49

6.3.3 Entwicklungseingaben

Im 21 CFR Part 820.30 (c) (Tabelle 6.9) werden die Anforderungen an den „Design Input“

bzw. die Entwicklungseingaben beschrieben. Die Entwicklungseingaben sind die Produkt-

spezifischen Übersetzungen der „User Needs“ bzw. des „Intended Use“.

Tabelle 6.9: Anforderungen an die Entwicklungseingaben

820.30(c)

(c)Design input. Each manufacturer shall establish and maintain procedures to ensure that the design requirements relating to a device are appropriate and address the intended use of the device, including the needs of the user and patient. The procedures shall include a mechanism for addressing incomplete, ambiguous, or conflicting requirements. The design input requirements shall be documented and shall be reviewed and approved by a designated individual(s). The approval, including the date and signature of the individual(s) approving the requirements, shall be documented.

(c) Entwicklungseingabe. Jeder Hersteller muss Verfahren entwickeln und aufrechterhalten, um sicherzustellen, dass die Auslegungsanforderungen für ein Medizinprodukt angemessen sind und der beabsichtigten Zweckbestimmung des Produkts entsprechen, einschließlich der Bedürfnisse des Anwenders und des Patienten. Zu diesen Prozeduren gehört ein Mechanismus für den Umgang mit unvollständigen, zweideutigen oder widersprüchlichen Anforderungen. Die Anforderungen der Entwicklungseingabe müssen dokumentiert und von einer oder mehreren ernannten Personen geprüft und bestätigt werden. Die Genehmigung einschließlich des Datums und der Unterschrift der die Anforderungen genehmigende(n) Person(en) müssen dokumentiert werden35

Die Entwicklungseingaben müssen den „Intended Use“ (dt. bestimmungsgemäßen

Gebrauch) und die „User Needs“ (dt. Nutzeranforderungen) vollständig erfüllen und auf den

bestimmungsgemäßen Gebrauch bzw. die Nutzeranforderungen rückführbar sein. Nur wenn

die Entwicklungseingaben vollständig und korrekt sind, ist man in die Lage versetzt, ein

sicheres und wirksames Kombinationsprodukt zu entwickeln, d.h. seinen

bestimmungsgemäßen Gebrauch und alle weiteren, von Behörden und Gesetzen

geforderten Eigenschaften zu erfüllen. Es ist daher nur folgerichtig, dass die FDA die

Vollständigkeit und Korrektheit der Entwicklungseingaben überprüft.

In der Design-Verifikation werden die Resultate des Design und Entwicklungsprozess und

damit das eigentliche Design geprüft. Die Design-Verifikation muss die Entwicklungseingaben

35

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.30(c)

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

50

abdecken und die einzelnen Tests müssen auf die Entwicklungseingaben rückführbar sein. Es

ist daher notwendig, dass die Entwicklungsvorgaben eindeutig (nicht missverständlich) und

quantifizierbar (prüfbar) sind. Selbstverständlich müssen die Entwicklungseingaben

dokumentiert werden. Häufig sind die Entwicklungseingaben in einem oder mehreren

Dokumenten erfasst. Daher sollte jede einzelne Eingabe ein eindeutiges

Identifikationsmerkmal erhalten, um die Rückführbarkeit zu gewährleisten.

Änderungen an den Entwicklungseingaben müssen gemäß 21 CFR Part 820.30(i) (s. Kapitel

7.3.8) über eine formale Änderungskontrolle vorgenommen werden. Hierbei muss überprüft

werden, welche anderen Dokumente (Inhalte) von der Änderung betroffen sind und ggf.

auch geändert werden müssen. Alle betroffenen Parteien und Funktionen müssen Informiert

werden und ggf. ihre Bewertung abgeben. Dies ist notwendig, um sicherzustellen, dass kein

nachteiliger Effekt durch die Änderung entsteht.

Besondere Aufmerksamkeit muss dem Transferprozess der Nutzer-Anforderungen in die

Entwicklungseingaben gewidmet werden. Zunächst gibt es ein Anforderungsprofil mit

einzelnen Anforderungen aus dem Unternehmen, es gibt aber noch weitere Quellen für

Entwicklungseingaben:

- Ergebnisse der Marktbeobachtung

o Trendanalysen

o Beschwerden aus dem Feld

o Beobachtung von ähnlichen Produkten auch von Mitbewerbern

- Erfahrungen des Unternehmens mit ähnlichen Produken

- Studien zur Gebrauchstauglichkeit (Human Factors Engineering)

- Ergebnisse aus dem Risikomanagement

Besonderes Gewicht kommt während des Transferprozess dem „Human Factos

Engineering“- und dem Risikomanagementprozess zu. „Human Factors Engineering“ gemäß

DIN EN ISO 62366 behandelt die Gebrauchstauglichkeit. Sie ist bei allen Produkten mit einem

User Interface (dt. Nutzer-Schnittstelle) eine wichtige Eingabe für die Entwicklung und

ergänzt das Risiko Management gemäß DIN EN ISO 14971 als Übersetzungswerkzeug für die

Entwicklungsvorgaben. Daher sind definierte Prozesse für „Human Factors Engineering“ und

Risikomanagement wichtige Werkzeuge, um den Entwicklungsprozess zu strukturieren.

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

51

Dabei definiert HFE z.B. mit einer Analyse der Gebrauchsszenarien mögliche Einflüsse auf das

Produkt, welche wiederum Eingaben in den Risikomanagement Prozess darstellen. Wird

dieser Prozess für jedes Designelement durchlaufen, ist die Rückführbarkeit der

Entwicklungseingaben gewährleistet, und es entstehen keine Lücken bei der Umsetzung

dieser Eingaben.36

Die Dokumentation der Rückführbarkeit wird häufig über eine sogenannte „Trace Matrix“

umgesetzt. Eine solche „Trace Matrix“ kann derart aufgebaut sein, dass sie sowohl vorwärts

(von Entwicklungseingaben über Entwicklungsergebnisse und Verifikation zu Validierung) als

auch rückwärts (von Validierung über Verifikation und Entwicklungsergebnisse zu den

Entwicklungseingaben) funktioniert und dadurch eine gute Übersicht gibt

6.3.4 Entwicklungsergebnisse

Im 21 CFR Part 820.30 (d) werden die Anforderungen an den „Design Output“ bzw. die

Entwicklungsergebnisse beschrieben (Tabelle 6.10).

Tabelle 6.10: Anforderungen an die Entwicklungseingaben

820.30(d)

(d)Design output. Each manufacturer shall establish and maintain procedures for defining and documenting design output in terms that allow an adequate evaluation of conformance to design input requirements. Design output procedures shall contain or make reference to acceptance criteria and shall ensure that those design outputs that are essential for the proper functioning of the device are identified. Design output shall be documented, reviewed, and approved before release. The approval, including the date and signature of the individual(s) approving the output, shall be documented

(d)Entwicklungsergebnis.Jeder Hersteller muss Verfahren zur Definition und Dokumentation des Entwicklungsergebnisses festlegen und aufrechterhalten, so dass auf angemessene Weise beurteilt werden kann, ob die Anforderungen der Entwicklungsgrundlage erfüllt werden. Verfahren für Entwicklungs-ergebnisse müssen Akzeptanzkriterien enthalten oder angeben und sicherstellen, dass die für die einwandfreie Funktion des Medizinprodukts wesentlichen Entwicklungsergebnisse identifiziert werden. Entwicklungsergebnisse müssen vor der Freigabe dokumentiert, geprüft und genehmigt werden. Die Genehmigung einschließlich Datum und Unterschrift der Person oder Personen, die das Ergebnis genehmigen, müssen dokumentiert werden.37

36

Vgl. AAMI (2007): Section IV. Design Controls, S.75 37

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.30(d)

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

52

Die Entwicklungsergebnisse sind definiert als das Resultat der Entwicklungstätigkeit in den

Entwicklungsphasen und als Gesamtergebnis am Ende der Entwicklungstätigkeit. Die

Organisation muss dokumentierte Verfahren einführen und erhalten, die festlegen, wie und

in welcher Form Entwicklungsergebnisse definiert und dokumentiert werden. Wie alle

anderen Dokumente müssen Entwicklungsergebnisse bewertet und freigegeben werden. Die

für den sicheren und ordnungsgemäßen Gebrauch essentiellen Entwicklungsergebnisse

müssen gekennzeichnet und Akzeptanzkriterien definiert sein. Ziel ist es, zu beurteilen, ob

die Entwicklungsergebnisse die Entwicklungseingaben erfüllen. Entwicklungsergebnisse sind

nicht nur Zeichnungen, sondern auch alle Dokumente, die während der

Entwicklungstätigkeit erstellt werden, wie z.B.:

- Spezifikationen

- Schaltpläne

- Layouts

- Stücklisten

- Verifizierungs- und Validierungs-Pläne, sowie deren zugehörigen Berichte

- Risikoanalysen

- Softwarespezifikationen 38

Die Dokumente der Entwicklungsergebnisse sind ein wichtiger Bestandteil der Produktakte

(engl. Device Master Record – DMR). Dies wird im Kapitel 7.3.9 „Design Transfer gemäß

820.30 (h)“ separat behandelt.

Ein wichtiges Kriterium ist, ob alle wesentlichen Entwicklungsergebnisse in ausreichender

Tiefe behandelt wurden. Dafür ist es notwendig, diese zu definieren. Hierfür leistet der

Risikomanagement-Prozess wertvolle Dienste. Das Risikomanagement führt zu

nachvollziehbaren quantitativen Aussagen, und erzeugt außerdem durch seine Struktur

rückführbare Ergebnisse. Dies hat mehrere Vorteile:

- Durch die Rückführbarkeit („Tracebility and Identifcation“) wird sichergestellt, dass

kein Entwicklungsmerkmal vergessen wird.

38

Vgl. AAMI (2007): Section IV. Design Controls, S.76

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

53

- Die Entscheidungen, welche zu einem bestimmten Design geführt haben sind

nachvollziehbar.

- Änderungen am Design können besser bewertet und begründet werden.

- Der gesamte Entwicklungsprozess ist dokumentiert.

Insgesamt trägt der Risikomanagement-Prozess stark zur Nachvollziehbarkeit und

Rückführbarkeit der Entwicklung bei. Diese Vorteile sind aber nicht umsonst zu haben.

Risikomanagement ist je nach Komplexität des Produktes ein aufwendiger Prozess, der

ebenfalls eingeführt und erhalten werden muss. Dennoch lohnt sich der Aufwand, da er zum

nachhaltigen Wissensmanagement im Unternehmen beiträgt.

6.3.5 Entwicklungsverifizierung

Die Entwicklungsverifizierung soll sicherstellen, dass die Entwicklungsergebnisse die

Anforderungen aus den Entwicklungseingaben erfüllen. Dies ist grafisch in den beiden

Modellen Abbildung 9 bzw. Abbildung 10 dargestellt. Die Anforderungen an die

Entwicklungsverifizierung sind im 21 CFR Part 820.30(f) formuliert (Tabelle 6.11).

Tabelle 6.11: Anforderungen an die Entwicklungsverifizierung

820.30(f)

(f) Design verification. Each manufacturer shall establish and maintain procedures for verifying the device design. Design verification shall confirm that the design output meets the design input requirements. The results of the design verification, including identification of the design, method(s), the date, and the individual(s) performing the verification, shall be documented in the DHF

(f)Entwicklungsverifizierung. Jeder Hersteller muss Verfahren zur Verifizierung der Produktauslegung festlegen und aufrechterhalten. Die Entwicklungsverifizierung muss bestätigen, dass das Entwicklungsergebnis die Anforderungen der Entwicklungseingabe erfüllt. Die Ergebnisse der Entwicklungsverifizierung einschließlich der Identifikation der Entwicklung, der Methoden, des Datums und der Person oder für Personen, die die Verifizierung durchführen, müssen in der Produktentwicklungsakte dokumentiert werden.39

Der Nachweis der Erfüllung soll durch Untersuchungen den objektiven Beweis erbringen,

dass die spezifizierten Anforderungen umgesetzt wurden.40 Der 21 CFR Part 820.30(f)

fordert, dass die Organisation geeignete dokumentierte Verfahren einführt und erhält, um

39

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.30(f) 40

Vgl. AAMI (2007): Section IV. Design Controls, S.79

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

54

den Verifizierungsprozess sicherzustellen. Die Verifizierungs-dokumentation ist Bestandteil

der Entwicklungsakte (DHF). Hierbei müssen die überprüften Designmerkmale, die

Methoden, die Personen, Zeitpunkte und natürlich die Resultate dokumentiert werden. Die

Verifizierung ist häufig ein komplexer Prozess, der eine umfangreiche Dokumentation nach

sich zieht. Üblicherweise wird zuerst ein Verifikationsplan erstellt. Diese Planung umfasst

unter anderem:

- Musterzug

- Testmethoden und deren Validierung

- benutzte Testgeräte und deren Qualifizierung

- Anforderungen an das Testpersonal

- Zeitplanung

- Umgang mit Abweichungen und Fehlern

- Dokumentation

Nach der Planung sind die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen und all dies

umzusetzen, was im Verifikationsplan gefordert wird. Sind die Vorrausetzungen wie

gefordert geschaffen und die entsprechenden Verifikationsmuster vorhanden, werden die

einzelnen Verifizierungstests durchgeführt und dokumentiert.

Selbst bei sorgfältigster Planung und Entwicklung kann nicht verhindert werden, dass Tests

nicht so funktionieren wie geplant, oder dass alle Verifizierungstests bestanden werden. Hat

ein Entwicklungsergebnis die entsprechende Entwicklungseingabe nicht erfüllt, muss

folgerichtig der Entwicklungsprozess für dieses Entwicklungsmerkmal und alle damit

verbundenen Entwicklungsmerkmale erneut durchlaufen werden. Nach erfolgter Änderung

des Designs (Änderung der Spezifikation) muss die Wirksamkeit der Änderung durch

Verifizierungstests erneut nachgewiesen werden. Wenn alle Verifizierungstests erfolgreich

bestanden wurden, d.h. alle Entwicklungseingaben werden durch die entsprechenden

Entwicklungsergebnisse erfüllt, wird das Gesamtergebnis der Verifizierung in einem

zusammenfassenden Verifikationsbericht dokumentiert. Auch hier ist die Rückführbarkeit

der Verifizierungsergebnisse auf die Entwicklungseingaben zu demonstrieren. Dies kann in

einer übergreifenden „Trace Matrix“ oder in einer kleineren „Trace Matrix“ im

zusammenfassenden Verifizierungsbericht geschehen, welche die Rückführbarkeit von

Entwicklungseingabe bis Verifikationsergebnis darstellt (Abbildung 11: Verifikationssequenz)

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

55

Entwicklungs-ergebnis

VerifikationstestVerifikations-

ergebnis

Entwicklungs-eingabe

Abbildung 11: Verifikationssequenz

6.3.6 Entwicklungsvalidierung

Die Entwicklungsvalidierung soll sicherstellen, dass das Produkt die Produktspezifikationen

für die sogenannten Nutzeranforderungen und die Zweckbestimmung des Produktes

erfüllen, d.h. das Produkt kann vom potenziellen Anwender bedient werden. Die

Anforderungen an die Entwicklungsvalidierung werden im 21 CFR Part 820.30(g) formuliert

(Tabelle 6.12)

Tabelle 6.12: Anforderungen an die Entwicklungsvalidierung

820.30(g)

(g) Design validation. Each manufacturer shall establish and maintain procedures for validating the device design. Design validation shall be performed under defined operating conditions on initial production units, lots, or batches, or their equivalents. Design validation shall ensure that devices conform to defined user needs and intended uses and shall include testing of production units under actual or simulated use conditions. Design validation shall include software validation and risk analysis, where appropriate. The results of the design validation, including identification of the design, method(s), the date, and the individual(s) performing the validation, shall be documented in the DHF.

(g) Entwicklungsvalidierung. Jeder Hersteller muss Verfahren zur Validierung der Produktentwicklung festlegen und aufrechterhalten. Die Entwicklungsvalidierung muss unter festgelegten Betriebsbedingungen an den ursprünglichen Produktionseinheiten, Losen oder Chargen oder entsprechenden Elementen durchgeführt werden. Die Entwicklungsvalidierung muss sicherstellen, dass Medizinprodukte die definierten Bedürfnisse des Anwenders und die beabsichtigte Zweckbestimmung erfüllen, und muss einen Test von Produktionseinheiten unter tatsächlichen oder simulierten

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

56

Anwendungsbedingungen umfassen. Die Entwicklungsvalidierung muss gegebenenfalls eine Softwarevalidierung und eine Risikoanalyse umfassen. Die Ergebnisse der Entwicklungsvalidierung einschließlich der Identifikation der Entwicklung, der Methode(n), des Datums und Person oder Personen, die die Validierung durchführen, müssen in der Produktentwicklungsakte dokumentiert werden.41

Das Unternehmen muss für die Entwicklungsvalidierung dokumentierte Verfahren einführen

und aufrechterhalten. Die Validierungsdokumente sind Bestandteil der

Entwicklungsakte(DHF).

Die Entwicklungsvalidierung ist kein trivialer Prozess. Zunächst sei darauf hingewiesen, dass

die Entwicklungsverifizierung kein Ersatz für die Entwicklungsvalidierung ist. Für die

Entwicklungsvalidierung sind die folgenden Bedingungen einzuhalten:

- Für die Validierung müssen Produkte verwendet werden, die aus validierten

Herstellprozessen stammen, und zumindest äquivalent zum späteren Serienprodukt

sind.

- Die Validierungstests müssen unter den gleichen Bedingungen wie sie der Patient

oder der Anwender beim bestimmungsgemäßen Gebrauch vorfindet, durchgeführt

werden. Ist eine „Real Life“ Situation nicht verfügbar, können diese Bedingungen

auch simuliert werden.

- Die Entwicklungsvalidierung muss, wo notwendig eine Softwarevalidierung und,

wenn angemessen, eine Risikoanalyse beinhalten.42

Wie die Verifizierung muss die Validierung geplant durchgeführt und dokumentiert werden.

Es empfiehlt sich auch hier, die folgende Dokumentensequenz (Abbildung 12:

Dokumentensequenz Validierung) einzuhalten:

41

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.30(g) 42

Vgl. AAMI (2007): Section IV. Design Controls, S.79 - 83

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

57

Validierungstest

ValidierungsberichtZusammen-fassender

Validierungsbericht

Validierungsplan

Abbildung 12: Dokumentensequenz Validierung

Die Entwicklungsvalidierung ist einer der letzten Schritte in der Entwicklung eines Produktes.

Wenn die Entwicklungsvalidierung nicht bestanden wird, hat das massive Auswirkungen auf

das Entwicklungsprojekt. Das Projekt muss erneut zurück in die Entwicklung mit der

Konsequenz, dass Zeitlinien neu geplant werden müssen und Markteinführungen nicht wie

geplant erfolgen können. Die Entwicklungsvalidierung und alle zugehörigen Prozesse müssen

sorgfältig geplant werden, um den Erfolg weitestgehend sicherzustellen.

Bei Einreichungen an Behörden sind die Validierungsergebnisse und die Prozesse, durch

welche sie erzeugt wurden, von besonderem Interesse. Die Validierungs-ergebnisse

demonstrieren, ob die wesentliche Produktmerkmale und Patienten-bedürfnisse erfüllt

werden. Bei Inspektionen durch Behörden sind speziell die oben genannten Bedingungen für

eine Validierung von Bedeutung und bieten viele Ansatzpunkte zur Überprüfung. Die

Entwicklungsvalidierung kann zwar mit äquivalenten Teilen durchgeführt werden, jedoch

muss die Äquivalenz nachgewiesen werden.

Wie schon erwähnt ist die Entwicklungsvalidierung einer der letzten Schritte im

Entwicklungsprojekt. Fehler die am Anfang des Projektes gemacht wurden machen sich zu

diesem Zeitpunkt besonders schmerzhaft bemerkbar. Zeit, die in die Entwicklungsplanung

investiert wurde, zahlt sich dann in dieser Phase aus.

6.3.7 Entwicklungsbewertung

Formale Entwicklungsbewertungen sind zu geeigneten Zeitpunkten durchzuführen, wie dies

im Wasserfallmodell (Abbildung 9) anschaulich dargestellt wird. Die Forderungen des QSR

zu Entwicklungsbewertungen sind im Abschnitt 820.30 (e) (Tabelle 6.13) formuliert.

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

58

Tabelle 6.13: Anforderungen an die Entwicklungsbewertung

820.30(e)

(e) Design review. Each manufacturer shall establish and maintain procedures to ensure that formal documented reviews of the design results are planned and conducted at appropriate stages of the device's design development. The procedures shall ensure that participants at each design review include representatives of all functions concerned with the design stage being reviewed and an individual(s) who does not have direct responsibility for the design stage being reviewed, as well as any specialists needed. The results of a design review, including identification of the design, the date, and the individual(s) performing the review, shall be documented in the design history file (the DHF)

(e) Entwicklungsbewertung. Jeder Hersteller muss Verfahren festlegen und erhalten, die sicherstellen, dass formale dokumentierte Überprüfungen der Entwicklungsergebnisse geplant und in geeigneten Phasen der Entwicklung des Medizinprodukts durchgeführt werden. Die Verfahren müssen sicherstellen, dass an jeder Entwicklungsbewertung Vertreter aller von der überprüften Entwicklungsphase betroffenen Funktionen und eine Person oder Personen, die keine direkte Verantwortung für die geprüfte Entwicklungsphase haben sowie andere erforderliche Spezialisten teilnehmen. Die Ergebnisse einer Entwicklungsbewertung einschließlich der Identifikation der Bewertung, des Datums und der Person oder Personen, die die Überprüfung durchführen, müssen in der Produktentwicklungsakte dokumentiert werden.43

Die Organisation hat die Aufgabe, dokumentierte Verfahren zur Durchführung und

Dokumentation von Entwicklungsbewertungen einzuführen und aufrechtzuerhalten. Es wird

weiter gefordert, die Bewertungen zu geeigneten Zeitpunkten durchzuführen und alle

notwendigen Funktionen zu beteiligen. Außerdem soll eine unabhängige Funktion

(„Independent Reviewer“, dt. unabhängiger Prüfer) an diesen Bewertungen beteiligt sein.

Entwicklungsbewertungen sollten entsprechend geplant und gemäß der Planung

durchgeführt werden. Kann eine Entwicklungsbewertung nicht gemäß der Planung

durchgeführt werden, ist es ratsam, eine Begründung zu geben, warum der Plan nicht

eingehalten wurde.

Der 21 CFR Part 820.30(e) spricht eindeutig in der Mehrzahl von Entwicklungsbewertungen

und fordert, diese zu angemessenen Zeitpunkten (engl. Appropriate Stages) im Verlauf einer

43

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.30(e)

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

59

Entwicklung durchzuführen. Dies wird auch eindeutig in (Abbildung 9: Wasserfallmodel der

Entwicklung), welches aus dem FDA Guidance-Dokument „Design Control Guidance for

Medical Device Manufacturers“44 entnommen wurde, so dargestellt. Jedoch ist der QSR

hinsichtlich der Definition der Anzahl der Entwicklungsbewertungen unbestimmt. Es ist

angeraten, am Ende einer Entwicklungsphase eine solche Bewertung durchzuführen, um

diese Phase abzuschließen und in die nächste überzugehen.

Entwicklungsbewertungen sind nicht nur eine Forderung des 21 CFR 820. 30(e), sondern

werden auch im sogenannten NPI (New Product Introduction) Prozess, wie er in der

Automobilbranche praktiziert wird, gefordert. Dort werden Entwicklungsbewertungen als

„Phase Gate Reviews“ bezeichnet.

In einem Entwicklungsprojekt findet ein reger Austausch zwischen den einzelnen Funktionen

statt, da ein Produkt von einzelnen voneinander unabhängigen Funktionen nicht erfolgreich

entwickelt werden kann. Daher sind gemeinsame Bewertungen von hohem Wert für das

Entwicklungsprojekt, da bei solchen Meetings der Stand der Entwicklung abgeglichen und

bewertet werden kann. Dies geschieht, um sicherzustellen, dass die Entwicklungseingaben

vollständig und korrekt sind, oder die Entwicklungsergebnisse die Entwicklungseingaben

erfüllen. Die Forderung nach formellen Entwicklungsbewertungen ist realistisch betrachtet,

daher nicht für das Qualitätssystem essentiell, sondern für das Entwicklungsprojekt von

höchster Wichtigkeit. Die gängige Interpretation von Entwicklungsbewertungen ist:

„A documented, comprehensive, systematic examination of the design to evaluate the

adequacy of the design requirements, to evaluate the capability of the design to meet

these requirements and to identify problems”45

„Eine dokumentierte, umfassende, systematische Untersuchung der Entwicklung zur

Bewertung der Angemessenheit der Entwicklungseingaben, der Fähigkeit der

Entwicklung diese Eingaben zu erfüllen und Probleme zu identifizieren“46

Die Forderung, dass die Bewertung umfassend und systematisch zu erfolgen hat, bedingt,

dass alle an der Entwicklung beteiligten Funktionen, wie z.B. Konstruktion,

44

FDA, o.V. (1997): Design Control Guidance for Medical Device Manufacturers 45

AAMI (2007): Section IV. Design Controls, S.77 46

Übersetzung des Verfassers

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

60

Risikomanagement, „Human Factors Engineering“ an der Bewertung teilhaben. Aus dieser

Forderung kann ebenfalls geschlossen werden, dass ein reines Prüfen des Vorliegens von

Dokumenten nicht ausreichend ist.

Entwicklungsbewertungen passen perfekt in den PDCA-Zyklus / Deming-Zyklus47, da es hier

zu einem Abgleich mit dem Plan kommt. Gegebenenfalls werden zusätzliche erforderliche

Maßnahmen definiert und durchgeführt. Spätestens bei der nächsten Bewertung werden

diese Maßnahmen auf Erfolg geprüft. Daher sind Entwicklungsbewertungen auch der

geeignete Zeitpunkt, um die kontinuierliche Verbesserung voranzutreiben, da hier Prozesse

und Schnittstellen bewertet werden, die nicht nur von qualitätstechnischem Interesse,

sondern auch für wirtschaftliche Geschäftsprozesse von Belang sind.

6.3.8 Lenkung von Entwicklungsänderungen

In jedem Entwicklungsprojekt muss mit Entwicklungsänderungen umgegangen werden. Dies

kann je nach Status des Projektes (vor oder nach der Design Verifizierung) und Art der

Änderung (Korrektur von Rechtschreibfehlern vs. Änderung der grundlegenden

Anforderungen an das Kombinationsprodukt) einen unterschiedlich hohen formellen

Aufwand bedeuten. Die Anforderungen des QSR an Entwicklungsänderungen sind im

Abschnitt 820.30(i) dargelegt (Tabelle 6.14).

Tabelle 6.14: Anforderungen an die Lenkung von Entwicklungsänderungen

820.30(i) (i)Design changes. Each manufacturer shall establish and maintain procedures for the identification, documentation, validation or where appropriate verification, review, and approval of design changes before their implementation.

(i) Entwicklungslenkung. Jeder Hersteller muss Verfahren zur Identifikation, Dokumentation, Validierung und gegebenenfalls zur Verifizierung, Überprüfung und Genehmigung von Entwicklungsänderungen vor ihrer Implementierung festlegen und aufrechterhalten.48

47

Vgl. ISO, o.V. (2012): ISO 9001:2008, Kap.: 0.2 Anm.; Vgl. Wikipedia, o.V.(o.J.): Deming Kreis 48

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.30(i)

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

61

Für die Lenkung von Entwicklungsänderungen hat die Organisation dokumentierte Verfahren

einzuführen und aufrecht zu erhalten. Die Anwendbarkeit dieses Verfahrens erstreckt sich

vom Beginn des Entwicklungsprozesses über die Entwicklungsergebnisse bis hin zum

Transfer der Entwicklungstätigkeit in die Produktion. Alle Änderungen müssen dokumentiert

und bewertet werden. Jedoch ist nicht immer der gleiche Aufwand zu betreiben. Der

Aufwand sollte im direkten Zusammenhang zum Einfluss der Änderung auf die Entwicklung

bzw. des Produktes stehen. Besondere Aufmerksamkeit muss Änderungen an bereits

eingereichte Produkte gewidmet werden. Hier ist zu prüfen, ob eine Änderung des 510(k)

oder des PMA bei der FDA einzureichen ist.

Wenn eine Änderung eine Spezifikation betrifft, muss die Änderung der Spezifikation durch

den Kreis der Personen / Funktionen freigegeben werden, welche die Spezifikation

ursprünglich freigegeben haben. Wird ein Entwicklungseingaben-dokument geändert muss

geprüft werden, ob eine erneute Verifizierung bzw. Validierung durchgeführt werden muss.

Entwicklungsänderungen könne prinzipiell mit einem einzigen Prozess über den gesamten

Entwicklungszeitraum gelenkt werden. Hierbei sollte beachtet werden, zu welchem

Zeitpunkt im Entwicklungsprozess die Änderung durchgeführt wird oder welchen Umfang die

Änderung besitzt.49

EDV-Systeme für die Bearbeitung und Lenkung von Änderungen können, wenn sie auf den

Prozess abgestimmt sind, eine große Hilfe sein. Mit einem EDV-System kann die

Nachverfolgung der Änderungsbewertung und die Sicherstellung, dass keine Arbeitsschritte

fehlen vereinfacht und automatisiert werden.

Dem Änderungsprozess, sowie den durchzuführenden Änderungen sollte einiges an

Aufmerksamkeit gewidmet werden, da Änderungen bei Behördeninspektionen immer ein

Thema sind. An der Lenkung von Änderungen im realen Projekt lässt sich die Einhaltung von

verschiedenen Verfahren, wie z.B. Dokumentenkontrolle, Verifizierung, Freigaben, gut

prüfen.

49

Vgl. AAMI (2007): Section IV. Design Controls, S.84 - 86

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

62

6.3.9 Transfer der Entwicklungsaktivität

Zu den letzten Schritten in einem Entwicklungsprojekt gehört der Transfer des entwickelten

Produktes in die Fertigung. Die Anforderungen an den Entwicklungstransfer aus Sicht des

QSR werden in dem Abschnitt 820.30(h) dargelegt (Tabelle 6.15).

Tabelle 6.15: Anforderungen an den Transfer der Entwicklungsaktivität

820.30(h)

(h) Design transfer. Each manufacturer shall establish and maintain procedures to ensure that the device design is correctly translated into production specifications.

(h) Entwicklungsumsetzung. Jeder Hersteller muss Verfahren festlegen und aufrechterhalten, um sicherzustellen, dass die Produktauslegung korrekt in die Produktspezifikationen umgesetzt wird50

Wie bei allen Schlüsselelementen der Entwicklungslenkung fordert der 21 CFR Part 820.30(h)

auch für den Transfer der Entwicklungstätigkeit dokumentierte Verfahren.

Der Transfer der Entwicklungstätigkeit beschreibt den Übergang des Entwicklungswissens in

Form von Dokumenten an die Produktion, um schlussendlich ein fertigbares Produkt zu

erhalten. Der DMR bildet die Basis für jede weitere Dokumentation von anderen Abteilungen

und Funktionen.

Die Einbindung der Produktion ist bereits in einer frühen Phase des Projektes sinnvoll, um

sicherzustellen, dass alle notwendigen Prozess vorhanden sind und alle notwendigen

Anpassungen durchgeführt wurden, um Kosten zu sparen und Verzögerungen zu vermeiden.

Durch die frühe Einbindung soll sichergestellt werden, dass die notwendigen Prozesse zum

Serienstart bekannt und validiert sind. Die Einbindung der Produktion kann auf

verschiedenste Weise erfolgen. Eine Möglichkeit besteht darin ein „Design Transfer Team“

zu bilden, in dem die relevanten Funktionen präsent sind und welches bereits bei der

Erarbeitung der Entwicklungseingaben auf Aspekte der Produktion eingeht. Die

Qualitätsplanung für die Produktion nimmt im Transfer der Entwicklungstätigkeit ihren

Anfang. Sie hat indirekt Einfluss auf die Fertigbarkeit des Produktes, sowie auf die

entstehenden Qualitätskosten in der Produktion, da ein Großteil der Qualitätsprobleme

bereits im Rahmen der Entwicklung verhindert werden kann.

50

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.30(h)

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

63

Am Ende der Transferphase wird letztmalig eine Entwicklungsbewertung durchgeführt, um

sicherzustellen, dass alle Aspekte berücksichtigt wurden und die Fertigung formal

freigegeben werden kann.

Die Gesamtheit aller Dokument die zur Produktion des Kombinationsproduktes notwendig

ist, im sogenannten „Device Master Record“ zusammengefasst:

- Spezifikationen zur Kennzeichnung des Produktes

- Spezifikationen des Produktes (Baugruppen, Komponenten, Materialien usw.),

- Produktionsspezifikationen (Arbeitsanweisungen, Fertigungsanweisungen usw.)

- Installations- und Instandhaltungsspezifikationen

- Prüfspezifikationen (Prüfpläne, Prüfanweisungen usw.)

Der DMR ist das Ergebnis der Entwicklungstätigkeit. Mit der Freigabe des DMR sind die

Entwicklungsergebnisse abgeschlossen, und der DMR kann transferiert werden. Die

Freigabe des DMR markiert das Ende der Entwicklungstätigkeit und somit kann auch der DHF

fertiggestellt werden.51

6.3.10 Design History File (Entwicklungsakte)

Bei der Entwicklung eines Kombinationsproduktes, müssen die notwendigen Dokumente in

einer Entwicklungsakte abgelegt werden, um später darauf zurückgreifen zu können. Der

QSR beschreibt im Abschnitt 820.30(j), siehe Tabelle 6.16, die Anforderungen an die

Entwicklungsakte (Design History File = DHF).

Tabelle 6.16: Anforderungen an das Design History File (Entwicklungsakte)

820.30(j)

(j) Design history file. Each manufacturer shall establish and maintain a DHF for each type of device. The DHF shall contain or reference the records necessary to demonstrate that the design was developed in accordance with the approved design plan and the requirements of this part.

(j) Produktentwicklungsakte. Jeder Hersteller muss eine Produktentwicklungsakte für jeden Medizinprodukttyp festlegen und aufrechterhalten. Die Produktentwicklungsakte muss die erforderlichen Aufzeichnungen enthalten oder angeben, um nachzuweisen, dass die Entwicklung entsprechend dem genehmigten Entwicklungsplan und den in diesem Teil aufgeführten Anforderungen entwickelt wurde.52

51

Vgl. AAMI (2007): Section IV. Design Controls, S.83 - 84 52

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.30(j)

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

64

Der 21 CFR Part 820.30(j) fordert, dass für jedes Produkt eine Entwicklungsakte erstellt und

aufrechterhalten wird. Es gibt zwar keine Forderung nach Verfahren zur Erstellung und

Pflege eines DHF, dennoch ist es gängige Praxis ein solches Verfahren einzuführen und

aufrechtzuerhalten. Im DHF werden alle Dokumente, die während der Entwicklung

entstehen und die notwendig sind, um Einhaltung der gesetzlichen Forderungen

nachzuweisen, abgelegt. Die Struktur ist nicht vorgeschrieben. Es gibt verschiedenste

Umsetzungen, hier seien zwei genannt:

1. Im DHF wird die Struktur der Design Controls gemäß QSR nachgebildet

a. Entwicklungsplanung

b. Entwicklungseingaben

c. Entwicklungsergebnisse

d. Entwicklungsbewertungen

e. Entwicklungsverifizierung

f. Entwicklungsvalidierung

g. Entwicklungsänderungen

h. Entwicklungstransfer53

2. Im DHF wird die Umsetzung der Entwicklungslenkung im organisationsinternen

Entwicklungsprozess abgebildet.

Beide Methoden haben Vor- und Nachteile. Häufig sind jedoch die Unterschiede nicht groß.

Eine Rolle spielt der Inhalt der einzelnen Dokumente und ob ein „roter Faden“ in den

Dokumenten und den Dokumenten untereinander vorhanden ist. Hier sei noch mal auf die

„Trace Matrix“ verwiesen, die sich gerade in diesem Zusammenhang als äußerst nützlich

erweisen kann, da sie die Beziehung von Entwicklungseingabe-Entwicklungsergebnis-

Entwicklungsverifikation und Entwicklungsvalidierung darstellt. Ebenso wichtig wie die

„Trace Matrix“ ist der Entwicklungsplan, da er u.a. Zielstellung, Ablauf und

Qualitätsanforderungen des Projektes beschreibt.

53

Vgl. AAMI (2007): Section IV. Design controls, S.87

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

65

6.3.11 Fazit zu den Anforderungen im Bereich Entwicklungslenkung

Die Änderungen für den Bereich Entwicklungslenkung sind die umfangreichsten, die für die

Umsetzung des „Streamlined Aproach“ notwendig sind. Es gilt einen der zentralen Prozesse

des 21 CFR Part 820 von Beginn an umzusetzen. Alle anderen Prozesse sind wenigstens im

Arzneimittel QMS in den Grundzügen vorhanden. Die „Design Controls“ jedoch sind für den

Arzneimittelbereich Neuland und folglich auch entsprechend komplex. Bei der Umsetzung

der Anforderungen sollte den Bereichen „Human Factors Engineering“ im Zusammenspiel

mit dem Risikomanagement und dem eigentlichen Entwicklungsprozess genügend Raum

gegeben werden. Ebenso ist die Rückführbarkeit von Ergebnissen und deren Dokumentation

über den ganzen Prozess geeignet, umzusetzen. Hier bietet sich eine „Trace Matrix“ an. Die

Erfahrung zeigt, dass dies ein Werkzeug ist, um sicherzustellen, dass alle

Produktanforderungen korrekt und vollständig umgesetzt wurden. Darüber hinaus dient es

auch dem Wissens-management für zukünftige Projekte. Der Entwicklungsprozess ist ein

kreativer Prozess, der durch Überregulierung leidet. Es ist daher wichtig, dass richtige Maß in

der Umsetzung zu finden, um Kreativität zu ermöglichen aber auch den regulatorischen

Anforderungen zu genügen.

6.4 Korrektur und Vorbeugungsmaßnahmen Die Anforderungen zu Korrektur und Vorbeugungsmaßnahmen werden im ICH Q10 3.2.2 und

im 21 CFR Part 820. 100 (a, b) beschrieben (Tabelle 6.17)

Tabelle 6.17: Anforderungen an Korrektur und Vorbeugemaßnahmen

ICH Q10 3.2.2 820.100

The pharmaceutical company should have a system for implementing corrective actions and preventive actions resulting from the investigation of complaints, product rejections, non-conformances, recalls, deviations, audits, regulatory inspections and findings, and trends from process performance and product quality monitoring. A structured approach to the investigation process should be used with the objective of

(a)Each manufacturer shall establish and maintain procedures for implementing corrective and preventive action. The procedures shall include requirements for: (1) Analyzing processes, work operations, concessions, quality audit reports, quality records, service records, complaints, returned product, and other sources of quality data to identify existing and potential causes of nonconforming product, or other

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

66

determining the root cause. The level of effort, formality, and documentation of the investigation should be commensurate with the level of risk, in line with ICH Q9. CAPA methodology should result in product and process improvements and enhanced product and process understanding.

quality problems. Appropriate statistical methodology shall be employed where necessary to detect recurring quality problems; (2) Investigating the cause of nonconformities relating to product, processes, and the quality system; (3) Identifying the action(s) needed to correct and prevent recurrence of nonconforming product and other quality problems; (4) Verifying or validating the corrective and preventive action to ensure that such action is effective and does not adversely affect the finished device; (5) Implementing and recording changes in methods and procedures needed to correct and prevent identified quality problems; (6) Ensuring that information related to quality problems or nonconforming product is disseminated to those directly responsible for assuring the quality of such product or the prevention of such problems; and (7) Submitting relevant information on identified quality problems, as well as corrective and preventive actions, for management review. (b) All activities required under this section, and their results, shall be documented.

Das Arzneimittel Unternehmen sollte ein System haben zur Implementierung von Korrekturmaßnahmen und Vorbeugemaßnahmen als Ergebnis von Beschwerden Produktrückweisungen, Produktrückrufen, Abweichungen, Audits, Behördeninspektionen, und

a) Jeder Hersteller muss Verfahren zur Implementierung von Korrektur- und Vor-beugungsmaßnahmen festlegen und aufrechterhalten. Diese Verfahren müssen Anforderungen für Folgendes umfassen: (1) Analyseprozesse, Arbeitsgänge, Konzessionen,

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

67

Beobachtungen und Trends von Prozessüberwachung und Produktqualitätsüberwachung . Ein strukturierter Ansatz für den Untersuchungsprozess sollte angewendet werden mit der Zielsetzung die Ursache zu bestimmen. Der Grad des Aufwands, der Formalität, der Dokumentation der Untersuchung sollte im Verhältnis stehen mit dem Grad des Risikos in Übereinstimmung mit dem ICH Q9. Die CAPA Methodik sollte in Produkt und Prozessverbesserungen sowie einem verbesserten Produkt und Prozessverständnis resultieren.54

Qualitätsauditberichte, Qualitätsaufzeichnungen, Serviceaufzeichnungen, Reklamationen, Retouren und andere Quellen von Qualitätsdaten zur Identifikation existierender und potenzieller Ursachen von fehlerhaften Produkten oder anderen Qualitätsproblemen. Gegebenenfalls müssen geeignete statistische Methoden angewandt werden, um wiederholt auftretende Qualitätsprobleme zu ermitteln. (2) Untersuchung der Ursache für die Fehlerhaftigkeit in Verbindung mit dem Produkt, den Prozessen und dem Qualitätssystem (3) Identifikation der erforderlichen Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahme(n), um eine Wiederholung des Fehlers und andere Qualitätsprobleme zu vermeiden (4) Verifizierung oder Validierung der Korrektur- oder Vorbeugungsmaßnahme, um sicherzustellen, dass diese Maßnahme wirksam ist und sich nicht nachteilig auf das Endprodukt auswirkt (5) Implementierung und Aufzeichnung von erforderlichen Methoden- und Verfahrensänderungen, um identifizierte Qualitätsprobleme zu korrigieren und zu vermeiden (6) Weiterleitung der Informationen über Qualitätsprobleme oder fehlerhafter Produkte an die für die Qualität dieser Produkte oder die Prävention dieser Probleme direkt verantwortlichen Personen

54

Übersetzung durch Verfasser

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

68

und (7) Weiterleitung relevanter Informationen über identifizierte Qualitätsprobleme sowie Korrektur-und Vorbeugungsmaßnahmen für die Managementbewertung (b) Alle in diesem Abschnitt geforderten Aktivitäten und ihre Ergebnisse müssen dokumentiert werden.55

Die Forderungen der beiden Regularien sind im Großen und Ganzen als ähnlich zu

bezeichnen. Jedoch ist der 21 CFR Part 820.100 um einiges ausführlicher und beinhaltet

spezifische Anforderungen, welche in den Verfahren abgebildet werden müssen. Die

Verwendung unterschiedlicher Terminologien in der Arzneimittel-industrie im Vergleich zur

Medizinprodukteindustrie stellt ein nicht zu unterschätzendes Problem dar. So spricht die

Medizinprodukteindustrie von fehlerhaften Produkten oder Non- Konformitäten, während

die Arzneimittelindustrie dies als Abweichungen oder „Deviations“ bezeichnet, obwohl

diese Begriffe das Gleiche meinen. Dieser unterschiedliche Sprachgebrauch ist in den zu

erstellenden Verfahren zu berücksichtigen und möglichst aufzulösen.

Beide Regularien beschreiben die Quellen von Ursachen, welche zu CAPA führen können und

verlangen formale Vorgaben für die Untersuchung zur Ursachenermittlung.

Der ICH Q10 verlangt einen Bezug zum Risikomanagement, während dies ist im 21 CFR Part

820.100 nicht direkt gefordert wird. Jedoch ist die Erwartung der FDA an das dokumentierte

CAPA-Verfahren hier ganz klar; Es muss eine Risikobewertung durchgeführt und

dokumentiert werden. Die Resultate der Risikobewertung haben Einfluss auf die weitere

Behandlung eines CAPA.

Der 21 CFR Part 820.10 fordert, dass Trends, Qualitätsprobleme und deren Korrektur sowie

Vorbeugungsmaßnahmen in der „Bewertung durch die oberste Leitung“ betrachtet werden.

55

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.100

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

69

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Pharma-GMP und dem QSR ist, dass der 21 CFR Part

820.100 explizit eine Effektivitätsbewertung der Korrektur und Vorbeugungsmaßnahmen

fordert. Die Effektivitätsbewertung ist zu dokumentieren und nach der Umsetzung der

Korrektur bzw. Vorbeugungsmaßnahme durchzuführen. Dies hat zur Folge, dass die

Abweichung oder Non-Konformität solange nicht als abgeschlossen gilt, bis die Effektivität

der Maßnahme nachgewiesen ist. Dies kann ohne weiteres 6 Monate, 12 Monate oder

länger in Anspruch nehmen.

Der Q10 verbindet die Methodik der Korrektur und Vorbeugungsmaßnahmen direkt mit der

Verbesserung von Produkten und Prozessen, wohingegen der 21 CFR Part 820.100 dies nicht

explizit beschreibt. Die Tatsache, dass der QSR unter Abschnitt 820.100 (a.7) fordert, dass

die Ergebnisse aus Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen Eingang in die Bewertung durch

die oberste Leitung finden, ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass das CAPA-System auch in

den Augen der FDA ein Werkzeug zur Verbesserung des Systems darstellt.

Der 21 CFR Part 820.100 fordert zusätzlich, dass das CAPA Verfahren festlegen soll, wer im

Falle von Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen zu informieren ist. Hierbei ist

sicherzustellen, dass relevante Personen oder Funktionen und Abteilungen über die

Qualitätsprobleme informiert werden.

Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen sind bei Audits oder Inspektionen eine gute

Möglichkeit für den Auditor bzw. Inspektor, die Wirksamkeit des gesamten QMS zu

untersuchen. Im Leitfaden für Auditoren der FDA (Quality System Inspection Technique

(QSIT)56) wird auf über 30 Seiten dargelegt, wie das CAPA-Subsystem zu prüfen ist. Kein

anderes Subsystem des Qualitätsmanagementsystems erhält in dieser Auditanleitung so viel

Aufmerksamkeit. In den letzten 10 Jahren war das CAPA Subsystem der häufigste Grund für

„Warning Letters“ durch die FDA.57 Das oder die Verfahren für die Beschreibung und

Umsetzung von Korrektur-und Vorbeugungsmaßnahmen gehört ohne Frage zu den

anspruchsvollsten im gesamten QMS. Zudem lässt sich durch die Überprüfung von CAPAs

sehr effektiv die Funktion fast des gesamten QMS überprüfen, weswegen es ein beliebtes

56

Vgl. FDA, o.V. (1999): QSIT Quality system Inspection Technology; S.47 ff 57

Vgl. GMP Navigator, o.V. (2015): Medical Devices Warning Letter Statistik 2015

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

70

Thema während Inspektionen ist. Zudem sind CAPAs ein guter Indikator dafür, wie ernst

Qualität im Unternehmen genommen wird.

Zusammengefasst kann man sagen, dass sowohl in der Arzneimitteindustrie als auch in der

Medizinprodukteindustrie CAPA einen gleichwertig hohen Stellenwert besitzt. Jedoch sind

gewisse Anpassungen in den Verfahren vorzunehmen, um die Forderungen des 21 CFR

820.100 umzusetzen. Hier sollte besonders die Forderungen nach der Effektivitätsbewertung

und die unterschiedliche Terminologie berücksichtigt werden.

6.5 Tätigkeiten bei der Installation Wenn Kombinationsprodukte zuerst installiert werden müssen, bevor sie das erste Mal

angewendet werden können, sind die Anforderungen des 21 CFR Part 820.170 (Tabelle 6.18)

einzuhalten.

Tabelle 6.18: Anforderungen an die Tätigkeiten bei der Installation

820.170

(a) Each manufacturer of a device requiring installation shall establish and maintain adequate installation and inspection instructions, and where appropriate test procedures. Instructions and procedures shall include directions for ensuring proper installation so that the device will perform as intended after installation. The manufacturer shall distribute the instructions and procedures with the device or otherwise make them available to the person(s) installing the device. (b) The person installing the device shall ensure that the installation, inspection, and any required testing are performed in accordance with the manufacturer's instructions and procedures and shall document the inspection and any test results to demonstrate proper installation.

(a) Jeder Hersteller eines Medizinprodukts, das eine Installation erfordert, muss geeignete Installations- und Inspektionsanweisungen und gegebenenfalls Testverfahren festlegen und aufrechterhalten. Diese Anweisungen und Verfahren müssen Anleitungen zur Gewährleistung der einwandfreien Installation enthalten, damit das Produkt nach Installation wie beabsichtigt funktioniert. Der Hersteller muss die Anweisungen und Verfahren zusammen mit dem Produkt weitergeben oder der Person bzw. den Personen, die das Produkt installieren, auf andere Weise zur Verfügung stellen. (b) Die Person, die das Produkt installiert, muss sicherstellen, dass die Installation, Inspektion und alle erforderlichen Prüfungen gemäß den Anweisungen und Verfahren des Herstellers ausgeführt werden. Sie muss die Inspektion und alle Prüfungsergebnisse dokumentieren, um die einwandfreie Installation nachzuweisen.58

58

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.170

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

71

Die Forderungen zur Installation sind für Arzneimittelhersteller in der Regel unbekannt, da

eine Schachtel Tabletten in aller Regel nicht installiert oder aufgestellt werden muss. In der

Medizinprodukteindustrie gehört die Installation des Medizinproduktes dagegen nicht selten

zum Geschäftskonzept. Es sind Kombinationsprodukte, denkbar die installiert werden

müssen und ein Arzneimittel benötigen, um wie vorgesehen zu funktionieren. In solchen

Fällen hat der Inverkehrbringer die Aufgabe, dokumentierte Verfahren einzuführen und

aufrechtzuerhalten, welche die Installation beschreiben und die Durchführung

dokumentieren. Archivierungsort für die Verfahrensbeschreibung ist der DMR. und

Archivierungsort für den Nachweis der Durchführung der Installation inklusive

Funktionstests, ist die entsprechende zu führende Herstelltakte (DHR = Device History

Record) des Produkts.59

Für Kombinationsprodukte, die keine Installation vor dem Gebrauch benötigen, kann darauf

verzichtet werden. Jedoch sollte dies explizit beschrieben sein, um Missverständnissen

vorzubeugen.

6.6 Tätigkeiten bei der Instandhaltung Wenn Instandhaltungsaktivitäten am Kombinationsprodukt durchgeführt werden müssen,

um die Sicherheit und Wirksamkeit aufrecht zu erhalten, sind die Anforderungen des 21 CFR

Part 820.200 einzuhalten (Tabelle 6.19).

Tabelle 6.19: Anforderungen an die Tätigkeiten bei Instandhaltung

820.200

(a) Where servicing is a specified requirement, each manufacturer shall establish and maintain instructions and procedures for performing and verifying that the servicing meets the specified requirements. (b) Each manufacturer shall analyze service reports with appropriate statistical methodology in accordance with 820.100. (c) Each manufacturer who receives a service report that represents an event which must be reported to FDA under part 803 of this chapter shall automatically consider the report a complaint and shall process it in accordance with the requirements of 820.198. (d) Service reports shall be documented and shall include: (1) The name of the device serviced; (2) Any unique device identifier (UDI) or universal product code (UPC), and any other device identification(s) and control number(s) used; (3) The date of service;

59

Vgl. AAMI (2007): Section VII. Product Controls , S. 154-155

Auswirkungen und Umsetzung in der Produktrealisierung

72

(4) The individual(s) servicing the device; (5) The service performed; and (6) The test and inspection data

(a) Soweit die Wartung spezifizierte Anforderungen darstellt, muss jeder Hersteller Anweisungen und Verfahren festlegen und aufrechterhalten, um zu gewährleisten und zu prüfen, dass die Wartung die spezifizierten Anforderungen erfüllt. (b) Jeder Hersteller muss die Wartungsberichte mit geeigneten statistischen Methoden gemäß §820.100 Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen analysieren. (c) Jeder Hersteller, der einen Wartungsbericht mit Darstellung eines Vorkommnis erhält, der gemäß Teil 803 dieses Kapitels an die FDA zu melden ist, muss den Bericht automatisch als Reklamation betrachten und gemäß den Anforderungen von §820.198 Reklamationsprotokolle verarbeiten. (d) Wartungsberichte müssen dokumentiert werden und Folgendes enthalten: (1) den Namen des gewarteten Medizinprodukts (2) alle verwendeten Identifikationen und Kontrollnummern des Medizinprodukts (3) das Datum der Wartung (4) die individuelle(n) Wartung(en) des Medizinprodukts (5) die durchgeführte Wartung und (6) die Test-und Inspektionsdaten60

Der Hersteller muss dokumentierte Verfahren zur Wartung und Instandhaltung einführen

und aufrechterhalten. Da Wartungsanfragen häufig mit Problemen des Geräts

zusammenhängen, beinhaltet diese Kapitel auch einige Anforderungen, wie mit

Beschwerden im Zusammenhang mit Wartungsanfragen umzugehen ist. Zusätzlich wird im

Absatz (b) gefordert, dass auf Wartungsanfragen, die ermittelten Fehlerbilder und auf die

Ursachen statistische Techniken angewendet werden, wie dies im Kapitel über Vorbeugungs-

und Korrekturmaßnahmen im 21 CFR Part 820.100 beschrieben ist. Unter Absatz (d) sind

explizit die Mindestanforderungen an einen Wartungsbericht definiert. Wartungsberichte

sind Aufzeichnungen, die in der Herstellakte archiviert werden müssen.

Für Kombinationsprodukte, die keine Wartung und Instandhaltung benötigen, kann darauf

verzichtet werden. Jedoch sollte dies explizit beschrieben sein, um Missverständnissen

vorzubeugen.

60

Emergogroup, o.V. (2010): Übersetzung 21 CFR Part 820.200

Zusammenfassung und Fazit

73

7 Zusammenfassung und Fazit

Im US-amerikanischen Rechtsraum wurde der Begriff der Kombinationsprodukte geprägt

und beschrieben. Die Definition für Kombinationsprodukte ist im 21 CFR Part 3 (Product

Jurisdiction) niedergelegt. Demnach sind dies ein oder mehrere, unabhängig voneinander

gesetzlich regulierte Produkte, welche zu einer Einheit zusammengefügt werden oder als

Einheit benutzt werden sollen. Dies können z.B., ein Injektionssystem mit einer fest

verbauten Arzneimittelampulle oder ein mehrfach verwendbares Injektionssystem sein,

welches nur mit einem bestimmten Arzneimittel benutzt werden kann. Die US-

amerikanische Regulierungsbehörde FDA hat im Jahr 2013 den 21 CFR Part 4 (Current Good

Manufacturing Practice for Combination Products) veröffentlicht. Dieses Gesetz gründet auf

dem 21 CFR Part 3 und führt aus, welche gesetzlichen Anforderungen an die regulierten

Bestandteile der Kombinationsprodukte zu erfüllen sind. Der 21 CFR Part 4 stellt klar, dass

die für die einzelnen regulierten Bestandteile (Arzneimittel, Biologika, Medizinprodukte)

ursprünglich anzuwendenden Gesetze und deren Forderungen erhalten bleiben. Dazu

gehören unter anderem, auch Anforderungen an das jeweils zu implementierende und

aufrechtzuerhaltende Qualitätssystem. Die Anforderungen für den jeweiligen Bereich wie

z.B. Arzneimittel, Biologika oder Medizinprodukte sind unterschiedlich. Die Anforderungen

(Gesetze bzw. Normen) und die daraus resultierenden Qualitätssysteme haben sich zu

verschiedenen Zeiten entwickelt, verwenden unterschiedliche Terminologien und haben

abweichende Ansätze zum Qualitätsmanagement. Man kann sagen, dass im

Arzneimittelbereich der Qualitätskontrollgedanke fest verwurzelt ist. Im Gegensatz dazu

wurde in der Gesetzgebung zu Medizinprodukten von Anfang an das Qualitätsmanagement

implementiert. Die Lücken, die zwischen einem Arzneimittel-QMS und einem

Medizinprodukte-QMS zu überbrücken sind, können je nach Organisation und Umsetzung

erheblich sein. Die Herausforderung besteht darin, wie die Anforderungen aus den

Regularien zu erfüllen und nachzuweisen sind, wenn ein Kombinationsprodukt gefertigt und

auf den Markt gebracht werden soll. Der 21 CFR Part 4 eröffnet hier prinzipiell zwei

Möglichkeiten:

Zusammenfassung und Fazit

74

1. Zwei voll implementierte Qualitätsmanagementsysteme. Ein Arzneimittel QMS

gemäß 21 CFR Part 210 & 211 bzw. ICH Q10 und ein Medizinprodukte QMS gemäß 21

CFR Part 820(QSR).

2. Der „Streamlined Approach“, bei dem bei einem existierenden Arzneimittel QMS

gemäß 21 CFRPart 210 & 211 noch Teile aus dem 21 CFR Part 820 zu erfüllen sind und

umgekehrt, bei einem existierenden QMS gemäß 21 CFR Part 820 noch Teile aus dem

21 CFR Part 210 & 211 zu erfüllen sind.

Beide Möglichkeiten sind in Tabelle 5.2: Anforderungen Streamlined Approach explizit

dargelegt. Es sei in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hingewiesen, dass der 21 CFR

Part 4 mit dem „Streamlined Approach“ eine Möglichkeit eröffnet, die gesetzlichen

Forderungen an das implementierte QMS, für den Arzneimittel- Bestandteil bzw. die

gesetzlichen Forderungen für den Medizinprodukte Bestandteil eines

Kombinationsproduktes mit einem auf das Kombinationsprodukt zugeschnittenen

(„Streamlined“) QMS nachzuweisen. Das QMS kann dadurch kompakter werden, nicht aber

die gesetzlichen Forderungen. Die Forderungen aus den unterschiedlichen anwendbaren

Regularien bleiben vollumfänglich erhalten.

Beide oben genannten Möglichkeiten haben ihre Vor- und Nachteile, welche bezüglich der

Unternehmenssituation abgewogen werden müssen. Dies sind zum Beispiel:

1. Zwei voll implementierte QMS (Arzneimittel & Medizinprodukte)

a. Vorteile:

i. Es sind keine Anpassungen notwendig

ii. Es werden keine Sonderaspekte des QMS (z.B. von Arzneimitteln)

vergessen.

iii. Es gibt bei behördlichen Inspektionen keine Probleme

b. Nachteile

i. Hoher Anteil von Redundanzen

ii. Eine Vielzahl von Schnittstellen, die bewusst gelenkt und geprüft werden

müssen, um die Fehlerwahrscheinlichkeit zu reduzieren.

Zusammenfassung und Fazit

75

2. Ein kombiniertes Qualitätsmanagementsystem (Streamlined Approach) wie im 21CFR

Part 4 (Abschnitt e) vorgeschlagen

a. Vorteile:

i. Ein kompaktes QMS mit geringen Redundanzen

ii. Reduzierte Anzahl von Schnittstellen

iii. Das QMS kann auf die jeweilige Unternehmenssituation angepasst

werden.

b. Nachteile:

i. Es sind zum Teil signifikante Anpassungen notwendig.

ii. Bei Inspektionen durch Behörden kann die unterschiedliche Terminologie

zu Verwirrung führen.

In dem in dieser Masterarbeit behandelten Fall eines Inverkehrbringers von Einweg-

Injektionspens mit einem eingeführten Arzneimittel-QMS gemäß 21 CFR Part 210 & 211 bzw.

ICH Q10 sind die notwendigen Anpassungen für ein kombiniertes QMS in der folgenden

Aufzählung zusammengefasst:

1. Verantwortung der Leitung (engl. Management Responsibility)

2. Beschaffung (engl. Purchasing Controls)

3. Entwicklungslenkung (engl. Design Controls)

4. Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen (engl. Corrective Actions/ Preventive

Actions; CAPA)

Aufgrund nicht notwendiger Installations- bzw. Instandhaltungs- und Wartungstätigkeiten

bei Einweg-Injektionspens können diese beiden Kapitel des QSR bei der Umsetzung in der

Beispielorganisation entfallen.

Auch wenn die Anpassungen auf den ersten Blick minimal aussehen, sind die

vorzunehmenden Anpassungen aufwendig. Dies liegt unter anderem auch daran, dass die

beiden Qualitätssysteme signifikant unterschiedliche Grundlagen haben. Im

Arzneimittelbereich ist der Qualitätskontrollgedanke in den zugrundeliegenden Regularien

verankert, während im Medizinproduktebereich der prozessorientierte Ansatz verankert ist.

Dieses Schisma zu überwinden, bedarf eines wohlüberlegten Vorgehens und läuft auf ein

Projekt hinaus in dem der Ansatz des Change Management integriert ist.

Zusammenfassung und Fazit

76

In der Praxis sind die Unterschiede nicht unüberbrückbar, da sich die positiven Eigenschaften

des prozessorientierten Ansatzes aufgrund von Kostendruck und Sinnfälligkeit nach und nach

durchsetzen. Nichts desto weniger muss auf die unterschiedliche Terminologie, auf

Grundlagen und das Qualitätsverständnis eingegangen werden. Dabei ist zu beachten, dass

die Mitarbeiter in der Implementierungsphase des Projektes abgeholt und angeleitet

werden.

Zu Veränderungen der Regularien im Arzneimittelbereich ist es nicht selten durch Skandale

gekommen. Immer wenn Menschen durch Arzneimittel geschädigt wurden, ob fahrlässig

oder durch Unvermögen wurden in Europa oder Nordamerika Gesetze eingeführt, angepasst

oder verschärft. Als prominentes Beispiel ist hier der Thalidomid-Skandal zu nennen, auch als

„Contergan-Skandal“ bekannt, in dessen Folge sowohl in den USA als auch in Europa die

ersten GMP Regularien eingeführt bzw. verschärft wurden. Mit dem „PIP-Skandal“

(Industriesilikon in Brustimplantaten), liegt nun auch in Europa ein Fall in der

Medizinproduktebranche vor, der zu signifikanten Änderungen in der Gesetzgebung für

Medizinprodukte führen wird. Die derzeit gültige europäische Medizinprodukte-Richtlinie

soll noch in 2016 durch eine europäische Medizinprodukte-Verordnung (MDR – Medical

Device Regulation) ersetzt werden. Die MDR wird neben dem geänderten Status als

europäisches Gesetz einige gravierende Veränderungen mit sich bringen. Bei

Kombinationsprodukten ist zunächst keine regulatorische Veränderung geplant, da die neue

MDR keine Begriffsdefinition für Kombinationsprodukte einführt. Es bleibt bei der Aufteilung

in Medical Devices und Medicinal Products. Nichts desto weniger ändert die EMA, die für die

europaweite Zulassung von Arzneimitteln zuständige europäische Behörde, nach und nach

ihre Praxis. Die EMA verlangt nun auch bei als Arzneimittel deklarierten

Kombinationsprodukten die technische Akte bzw. die Beurteilung durch die benannte Stelle

des Herstellers.

In der Medizinproduktebranche ist es über die Jahre zu einer offensichtlichen Angleichung

der Regularien und der zugrundeliegenden Normen gekommen. Dies wird bei einem

Vergleich des 21 CFR 820 und der ISO 13485:2016 sichtbar. Die ISO 13485 basiert auf der ISO

9001. Die Ausgabe ISO13485:2016 ist klar auf der Struktur der ISO 9001:2008 aufgebaut.

Hier ist es mit der Ausgabe der ISO 9001:2015 zu einem Bruch gekommen. Die ISO 9001 hat

in der neuesten Ausgabe, die selbstauferlegte Struktur, die seit dem Jahr 2000 befolgt

Zusammenfassung und Fazit

77

wurde, signifikant verändert und die ISO 9001:2015 und die ISO13485:2016 unterscheiden

sich zumindest hinsichtlich der Struktur der Kapitel signifikant. Ob die beiden Normen

einander angeglichen werden und wann dies geschieht, ist derzeit ungeklärt. Dies kann auch

in der Praxis Auswirkungen haben. Für Unternehmen, die nach beiden Standards zertifiziert

werden, hat dies größere Auswirkungen zur Folge, da zum Beispiel die Struktur des

Qualitätshandbuchs auf beide Normen angepasst werden muss. Es ist vorstellbar, dass

getrennte Handbücher für beide Normen erstellt werden müssen.

Insgesamt können die Veränderungen, welche durch die Einführung des 21 CFR Part 4

angestoßen wurden, als positiv für die Industrie und die Innovation und Zulassung von

modernen Kombinationsprodukten bezeichnet werden. Es wurden regulatorische Hürden

und Unklarheiten reduziert. Im Lichte dieser Umstände, ist es wahrscheinlich nur eine Frage

der Zeit, bis auf europäischer Ebene die Diskussion entsteht, Kombinationsprodukte

eigenständig zu regulieren.

Verzeichnis der Tabellen

78

8 Verzeichnis der Tabellen

Tabelle 4.1: Zulassungsverfahren EU ....................................................................................... 15

Tabelle 5.1: Zulassungsverfahren USA ..................................................................................... 22

Tabelle 5.2: Anforderungen Streamlined Approach ................................................................ 28

Tabelle 6.1: Forderungen “Streamlined Approach“ bei führendem Qualitätssystem für

Arzneimittel .............................................................................................................................. 33

Tabelle 6.2: Verantwortung der obersten Leitung ................................................................... 34

Tabelle 6.3: Anforderungen an ausgelagerte Prozesse............................................................ 36

Tabelle 6.4: Anforderungen an die Auswahl von Lieferanten ................................................. 38

Tabelle 6.5: Anforderungen an die Auswahl und Freigabe von Lieferanten ........................... 40

Tabelle 6.6: Anforderungen an die Überwachung und Re-Evaluierung von Lieferanten ........ 41

Tabelle 6.7: Anforderungen an die Design und Entwicklungslenkung .................................... 43

Tabelle 6.8: Anforderungen an die Entwicklungsplanung ....................................................... 47

Tabelle 6.9: Anforderungen an die Entwicklungseingaben ..................................................... 49

Tabelle 6.10: Anforderungen an die Entwicklungseingaben ................................................... 51

Tabelle 6.11: Anforderungen an die Entwicklungsverifizierung .............................................. 53

Tabelle 6.12: Anforderungen an die Entwicklungsvalidierung ................................................ 55

Tabelle 6.13: Anforderungen an die Entwicklungsbewertung ................................................. 58

Tabelle 6.14: Anforderungen an die Lenkung von Entwicklungsänderungen ......................... 60

Tabelle 6.15: Anforderungen an den Transfer der Entwicklungsaktivität ............................... 62

Tabelle 6.16: Anforderungen an das Design History File (Entwicklungsakte) ......................... 63

Tabelle 6.17: Anforderungen an Korrektur und Vorbeugemaßnahmen ................................. 65

Tabelle 6.18: Anforderungen an die Tätigkeiten bei der Installation ...................................... 70

Tabelle 6.19: Anforderungen an die Tätigkeiten bei Instandhaltung ...................................... 71

Verzeichnis der Abbildungen

79

9 Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung 1: Fertigungssequenz ................................................................................................ 8

Abbildung 2: Pharmaceutical Quality Management System gemäß ICH Q10 ......................... 10

Abbildung 3: Gesetzesstruktur USA ......................................................................................... 18

Abbildung 4: Einweg-Injektionspen (Lantus SoloStar® Hersteller Sanofi) mit aufgesetzter

Kanüle ....................................................................................................................................... 23

Abbildung 5: Autoinjektor (DAI Autoinjektor Hersteller SHL)mit abgezogener Kappe ........... 23

Abbildung 6: Wiederverwendbarer Injektionspen (ClikSTAR® Hersteller Sanofi) mit Kanüle

und Ampulle ............................................................................................................................. 24

Abbildung 7: Convenience Kit .................................................................................................. 24

Abbildung 8: EU Gesetzgebung Arznei Medizinprodukt .......................................................... 32

Abbildung 9: Wasserfall Modell, Schlüsselelemente des Design Control Prozess (Quelle:

Health Canada) ......................................................................................................................... 45

Abbildung 10: V Modell der Entwicklung ................................................................................. 46

Abbildung 11: Verifikationssequenz ......................................................................................... 55

Abbildung 12: Dokumentensequenz Validierung .................................................................... 57

Bibliographie

80

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83

11 Eidesstattliche Erklärung

Hiermit erkläre ich an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig

und ohne unerlaubte Hilfe angefertigt, andere als die angegebenen Quellen

nicht benutzt und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen

Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Ort, Datum : Wiesbaden, 04.Oktober 2016

_______________

(Unterschrift)