26
Forstwisteuschaftliches Ceutralblatt. Juli 1907. i. Original-Artikel. (Nachdruck verboten.) Die -Bedeutung der forstlichen Statt! für die deutschen Staatsforstoerwaltungen. ®on Professor Dr. 3Rartin«2$araiibt. H m Geh. NegierungSrat t». Bentheim hat in der Hauptversammlung bei Deutschen Forstvereins p Danzig in seinem Vortrag über die fotst- Ilche Presse, der je|t durch den gebrückt vorliegenden Jahresbericht zur ollgemeineti Kenntnis gelangt ist, auf die vom Schreiber dieser Zeilen Herfalle ©christ: „Die forstliche Statik" (Verlag von J . Springer, Berlin 1905) Bezug genommen und sie einer eigenartigen, lebhaften und temperamentvollen Änti! unterzogen. Da der Verfasser (der im August vorigen Jahres aus einer akademischen SReife in Bavern begriffen war) sich seines jüngsten lindes in jener Versammlung nicht hat annehmen lönnen, so folgen hier nachträglich einige Bemerkungen, die jur Erhaltung feiner Lebens-- und Entwicklungsfähigkeit, wenn diese vorhanden ist, dienen mögen. Neues hat der Verfasser über die Grundlagen der forstlichen Statik jroar nicht zu sagen; und um bestimmte, in Zahlen ausgedrückte Urteile abzugeben, sehit e§ zur Zeit an der erforderlichen Wertstatistü. Seine Ansichten über Wesen und Ausgaben der Neiuertragslehre hat er bereits »or 13 Jahren 1 ) ausgesprochen; sie haben sich seit jener Zeit in •wesentlichen Punkten nicht verändert. Wenn er tro|dern in den beiden le|ten Jahrgängen der „Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen" seine Stimme jur Begründung der Neinertragslehre bisweilen hat hören lassen, so bestimmte ihn hierzu die Nückficht aus die Studierenden der Forst* afademie Eberswalbe. Es ifi verständlich, da| ein Professor die An- ftchten, die er vom Äatheder herab vortragt, unter Umständen auch öffent- *) 3 n fcer ©djrift: Sie gofgernngett ber 3Sobenreinertrög§t|eot!e für bie iSrjte^ung raib UmtrteBsjcit ber toicfttgfietT beutS^ett ^ofjarten. Seidig, 8 . ®. Ten6ner, 1894. ForftwiffenfchaftKcheS Sentralblatt. 1907. 25

Die Bedeutung der forstlichen Statik für die deutschen Staatsforstverwaltungen

  • Upload
    martin

  • View
    212

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Forstwisteuschaftliches Ceutralblatt. Ju l i 1907.

i. Original-Artikel. (Nachdruck verboten.)

Die -Bedeutung der forstlichen Statt! für die deutschen Staatsforstoerwaltungen.

®on Professor Dr . 3Rart in«2$arai ib t .

H m Geh. NegierungSrat t». Bentheim hat in der Hauptversammlung bei Deutschen Forstvereins p Danz ig in seinem Vortrag über die fotst-Ilche Presse, der je|t durch den gebrückt vorliegenden Jahresbericht zur ollgemeineti Kenntnis gelangt ist, auf die vom Schreiber dieser Zeilen Herfalle ©christ: „Die forstliche Statik" (Verlag von J . Springer, Berlin 1905) Bezug genommen und sie einer eigenartigen, lebhaften und temperamentvollen Än t i ! unterzogen. Da der Verfasser (der im August vorigen Jahres aus einer akademischen SReife in Bavern begriffen war) sich seines jüngsten lindes in jener Versammlung nicht hat annehmen lönnen, so folgen hier nachträglich einige Bemerkungen, die jur Erhaltung feiner Lebens-- und Entwicklungsfähigkeit, wenn diese vorhanden ist, dienen mögen. Neues hat der Verfasser über die Grundlagen der forstlichen Statik jroar nicht zu sagen; und um bestimmte, in Zahlen ausgedrückte Urteile abzugeben, sehit e§ zur Zeit an der erforderlichen Wertstatistü. Seine Ansichten über Wesen und Ausgaben der Neiuertragslehre hat er bereits »or 13 Jahren1) ausgesprochen; sie haben sich seit jener Zeit in •wesentlichen Punkten nicht verändert. Wenn er tro|dern in den beiden le|ten Jahrgängen der „Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen" seine Stimme jur Begründung der Neinertragslehre bisweilen hat hören lassen, so bestimmte ihn hierzu die Nückficht aus die Studierenden der Forst* afademie Eberswalbe. Es ifi verständlich, da| ein Professor die An-ftchten, die er vom Äatheder herab vortragt, unter Umständen auch öffent-

*) 3 n fcer ©dj r i f t : Sie gofgernngett ber 3Sobenreinertrög§t|eot!e für bie iSrjte^ung raib UmtrteBsjcit ber toicfttgfietT beutS^ett ^ofjarten. Se id ig , 8 . ®. Ten6ner, 1894.

ForftwiffenfchaftKcheS Sentralblatt. 1907. 25

384 Martin:

lich zu vertreten [ich veranlaßt steht Für Fachgenofsen, die der sorft-lichen Presse der neueren Zeit gefolgt sind, lag hierzu jedoch fein Grund, vor. Ebensowenig der preußischen Eentralsorsibehörde gegenüber. Die forstliche Statu wurde vom Verfasser erst in Angrifs genommen, nachdem ihm von leitender ©teile aus (durch die Herren Oberlandsorstrneister Wesener und Sandforstmeister v. Bornstedt) mitgeteilt war, daß die Bearbeitung dieses Gegenstandes den Seitern der preußischen Staats¬ forstverwaltung im besonderen Maße willkommen sei, und daß der Per-fasser dabei jede gewünschte ttnterstü§ung, soweit sie die Verwaltung bieten könne, finden werde. Demgemäß ist bereits bei der Bearbeitung, der zweiten Hälste des ersten Bandes verfahren. Ein Gleiches wird, wie ihm noch fürzlich mitgeteilt wurde, falls die Statik sortgese|t wird, voraussichtlich auch in Zukunft der FaE fein. Übrigens ist der Verfasser, wahrscheinlich in Übereinstimmung mit den meisten staatlichen Forst¬ Verwaltungen, ber Ansicht, daß die leitenden Behörden in Fragen, die so verschieden aufgefaßt werden, wie zur Zeit die JMnertragslehre, eine zurückhaltende Stellung einnehmen sollen. Sie würden andernfalls leicht Mißverständnissen ausgesetzt sein; und diese können für den Zustand der Watdungen leicht schlimmere Folgen haben, als die Mißverständnisse, welche Abhandlungen in Zeitschristen oder 3̂ eden in Forstversammlungen bisweilen zu teil werden. Anläßlich der Nede v. Bentheims und des lebhasten BeisaKs, der ihr folgte, hält es der Verfasser für angezeigt, seinen Fachgenossen, namentlich den Lesern dieser Zeitschrift1), den Stand* punkt, den er in der forstlichen Statik vertreten hat, hier nochmals dar-ptegen, zu begründen und zu verteidigen. Dabei soll der Gegenstand möglichfi objektiv, rein sachlich, behandelt werden. Einige persönliche Be­merkungen werden sich allerdings mit Rücksicht auf den Eingang der Siebe v. Benthe ims: „ M i t der Dame Mathematik, der Oberhoftneisterin des bobenreinerträglerifchen Zukunstssiaats, lebt er ( M a r t i n ) bekanntlich nur in wilder Ehe und gestattet sich reichlichen Dispens, die Verbindung nach Bedarf zu lösen", nicht ganz vermeiden lassen.

Die wichtigsten Punkte, auf die bei der Begründung des Wefens und der Bedeutung der forstlichen Statik Bezug genommen werden muß, betreffen das Wirtschaftsprinzip, das der -Reinertragslehre zu Grunde liegt, die Methode der Behandlung des Stoffes, die daraus zu ziehenden wirtschaftlichen Folgerungen und die Anwendung der Statik in der Staats¬ forstverwaltung.

x ) M i t SBeängnaljme auf bie in §eft 7 Safyrgang 1906 enthaltene M i t t e i l ung : „ätu8 Preußen, ®ie ©tat i l im gorf$au8t)alt".

Die Bedeutung ber forstlichen Statu usw. 385

Bei einer prinzipiellen Begründung der Wirtschaftsführung muß man ausgehen vom Kern der Dinge, nicht von den Hütten und äußeren Erscheinungen. Der Gegenstand ist ferner allgemein zu behandeln, nicht mit SftücEjtcht auf befondere Fälle.

Von den Anhängern der Steinertragslehre wird nun bekanntlich die Ansicht vertreten, daß der Boden für sich einen möglichst hohen Ertrag gewähren sott. Der Boden ist nach ihrer Auffassung nicht nur in chemisch¬ physikalischer Beziehung der am meisten bestimmende Faktor der Wirt¬ schast, indem die vorherrschenden Kulturgewächse (Ader, Wiese, Wald, Hauptgetreideart, Holzart) in erster Linie von den chemischen und phnsi-kalischen Eigenschaften des Bobens bestimmt werden — auch in öfonomifcher Beziehung kommt ihm eine grundlegende Bedeutung in der angegebenen Mchtung zu. Ein Beweis, baß sich dies wirklich so verhalte, i f i aßer-dings kaum jemals in bestimmter und genügender Weise erbracht worden. Eine dahingehende Forderung wurde bisweilen gestellt; so insbesondere von Helferich1) nach dem Erscheinen von Preßler's rationellem Wald¬ wirt. Allein die meisten Vertreter der Bodenreinertragslehre — nicht nur Forstwirte sondern auch Sandwirte und Slationalöfonomen — haben die Erzielung eines möglichst hohen Ertrags VOM Boden als ein Ajiom, das des Beweises nicht bedürfe, angesehen. Selbst der scharfsinnige v. Thune« , der es in seinem Briefe an Thaer als eine der würdigsten Beschäftigung des denkenden Menschen bezeichnete, Jagd auf die eigenen Irrtümer zu machen, hat t ro | seiner Gründlichkeit und seines aus jenem Streben hervorgehenden Skeptizismus eine Begründung des vorliegenden Grundfa|es nicht für erforderlich gehalten. Seine für die Iand= und forstwirtschaftliche Betriebslehre grundlegenden Arbeiten sind auf dem Fundamentalst aufgebaut: „Über den dauernden Anbau des Bodens entscheidet nicht die Größe der Gu ts ren te , sondern a l l e in die Größe ber Bodenrente". 2 ) Und so liegt die Sache auch in der Ta t Gewiß ist in manchen Dichtungen der Gesamtertrag (9ioh-ertrag) der Wirtschaft zu würdigen, ohne 9Wielftcht auf die altiven und

') SeitscSrift für bte gesamte ©taatsmisfenscfiaft, 1867: „hiergegen iji aber gu sagen, bafj bte (f rftrebmtg beä pdjf ien «Reinertrag« pnädj j l nur baä Interesse ber Priüat-öfsnomie an8s})riel}t. S)ag bamit andj bem Sntereffe ber ©efamtoiristfaft ober SJational» ötonontie genug getan werbe, ift eine -Beipan^tang, bte erst no<§ beg ©e»eife8 Bebarf."

2 ) ». S p n e n , ©er isolierte Staat i n SSepefjang auf 8anbtt.irtfdjaft unb MatümaMonomie, 3. Stuft., 1 . Sbfcön., @. 17, besfen ©tabium trofc ber oft unbequemen SarsieHungStoeise ben Vertretern atter Brnti^ ber SSobrafttltar niäjt genug emlpfofylen »erben fann.

25*

386 Marti« :

passiven Kosten und ProdukrionSgrundlagen, welche mit dem Ertrag ver-. bunben sind. Bei manchen Fragen be§ Waldbaues, des Forstschulen, ber Forstbenu|ung und der Forstpolitif usw. braucht man auf die Produktionskosten gar keine Nücksicht zu nehmen. Aber der die Wirtschasts-fühnrng bestimmende Faktor ist boch aus allen Gebieten der Bodenkultur der Neinertrag; die Kosten und ProduktionSgrundlagen sollen in i h rem ganzen Umfang in Nücfsicht gezogen werden. Ihre bleibenbe Be¬ gründung hat diese Lehre in dem Umstand, baß der Boden VON ber Natur nur in beschränkter Ausbeutung gegeben ist. Die übrigen Pro-buftionSfaftoren, welche bei ber Erzeugung »on Wirtschaftsgütern mit¬ wirken, verändern sich im Fortschritt der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Summe ber Arbeitskräfte mächst mit ber Zunahme des Menschengeschlechts; bte Naturfräfte lernt ber Mensch burch die Fortschritte ber Wissenschaft unb Sechnif besser auSzunu|en. Wie außerordentlich bas Kapital in der modernen Welt an Umfang unb Bebeutung zugenommen hat, lehrt bie neuere Geschichte aller Kulturvölker. Der Boben allein kann nicht ver= mehrt werben; er ist in seiner AuSbehnung burch bie Erboberfläche ge¬ geben. — Die meisten anberen ProduftionSsaktoren tragen ferner einen beweglichen Eharakter; sie können aus dem einen Wirtschaftszweig heraus¬ gezogen unb einem anberen zugeführt werden. Der Boben hat bagegen nur eine sehr beschränkte Verwenbbarkeit Die meisten Walbböben sinb zu einer anberen Benu|ungsweise als zur Holzzucht gar nicht ober nur in sehr beschränktem Maße fähig. Jn der Unvermehrbarkeit beö Boden« unb der Schwierigkeit feiner Übertragung in andere Betriebe liegt die Ursache der Forderung, daß der Boden, so wie er von Natur gegeben ist, ohne Nücfsicht auf das, was auf ihm stockt und was ihm durch Arbeit und Kapital zugeführt wird, ein Marimum an Leistung gewähren soll. Und das ist es eben, was in der Wtrtschastslehre als Boden-xeinertrag bezeichnet wird.

Aus der Eigenschaft der Unvermehrbarkeit des Bodens geht nun ferner ein für die Gefchichte der Landwirtschaft aller Länder eigentümliches Gefe| (wenn man es fo nennen darf) hervor, bas als bie Zunahme der Jn tens i tä t der Be t r i ebs füh rung bezeichnet wird. Da der Boden im Verlauf des Kulturfortfchritts im Verhältnis zu den Anfprüchen, die an ihn gestellt werden, seltener und daher kostspieliger wird, so muß an ihm bei der Erzeugung ber wirtschaftlichen Güter nach Möglichkeit ge¬ spart werden. Der Aufwand an Arbeit und Kapital wird dagegen um fo größer, je mehr die Bevölkerung AN Zahl, Wohlstand und Bedürfnissen zunimmt. Auf den niederen Kulturstufen aller Nationen herrschen ertet-ftve Betrieböstjsieme mit oberflächlicher Bearbeitung des BodenS vor.

Die Bedeutung der forstlichen StoiiI usw. 387

Der Bedarf an Bodenerzeugnissen ist noch gering; es fehlt an Meliorations¬ mitteln unb Werfzeugen, um feine Produktion zu steigern. M i t der Zu¬ nähme der landwirtschaftlichen Technik ergibt sich die Möglichkeit, den Betrieb intensiver $u gestalten; die Zunahme der Bevölkerung macht dies zur Notwendigkeit

Auch für die Forstwirtschaft gilt die Negel, baß die Betriebsführung im Laufe des Kulturfortfchritts eine intensivere wirb. Die Ursache ist bieselbe wie in der Landwirtschaft. Der Boben wirb im Verhältnis zu den Ansprüchen, bie an ihn gestellt werben, seltener unb daher teurer. Die für die Volkswirtschaft nötigen Nnlhölzer muffen auf einer kleineren Fläche erzeugt werben. Demgemäß muß die Menge von Arbeit unb Kapital, welche auf den Boben verwendet wird, zunehmen. Dies gilt nicht nur für die von außen in die Wirtschaft eingeführten Probuftions-mittel, fonbern auch für dasjenige Kapital, welches im Walde selbst liegt, den stehenden Holzvorrat.

J n der zweifachen Nichtung, zu der die ökonomische Ausfaffung des Bodens in Kulturländern (wo Urwaldreste nicht mehr vorliegen) Anlaß gibt — einerseits der Würdigung sämtlicher Produktionsfosten, anderer« seits der Anerkennung der Negel der Jntensüatszunahme der Boden-wirtfchaft — wird die wesentlichste Ursache enthalten sein, weshalb den Vertretern der Neinertragslehre von v. Bentheim u. A. der Vorwurf des Widerfpruchs gemacht wird. „Es muß (sagt er) von berufener Feder der innere Zwiespalt jener Sehren einmal etwas systematischer vor den Augen der Jnteressenten aufgerollt werden." Dies wird aber, wenn die Sache nicht fehr oberflächlich behandelt wirb, nicht geschehen. Versuche, einen solchen Zwiespalt ben Vertretern ber Wirtschaft »or Augen zu führen, sinb bereits zahlreich gemacht worden,1) unb zwar von sehr

j ) @ie besiegen fi<$ ptneift ans bie Unterschiebe jtoisc^en bribatofonotnischen unb staatsmirtfdjaftlidjen ©runbsätjen bei ber ffiirtsdjaft§f»l!rung. Sag solche Unterschiebe borliegen, bog ber Staat in auberer SBeife auf bie Gesamtheit ->e® VoKeS unb auf bie 3nfuus t ffiüdfidjt j n nehmen hat, als ber befte Pribatbeji^er, toirb bon feiner «Seite be­stritten, g r i e b r . S i f t , ber originellste unb bebeutenbste aller bieSbejüglichen Vertreter ber VolfStoirtfchaft, ber nodj aus bie je^ige SBirtfdjaftSbolitif einen mächtigen Sinftnsj ausübt, sagt in feinem Vtat. @i$em Kab. 1 4 : „ 3 n ber SRationalbfonomie fann 2SeiS= heit fein, t»a§ in ber Pribatijfonomie Torheit toare nnb amgefe|rt, aus bem ganj ein» fachen Grunbe, teeit ein @ct)neiber feine Nation unb eine Jiatton lein ©djnetber i f i ; toeil eine gamitie eitoa§ ganj anbereS ist als ein Verein bon Mittionen gamil ien ufto. aber bei affer Stnerfennung ber VolfStbirtfctjaft als eines bleibenben Organismus unb ber Vertretung einer .pofitiben Dichtung ber SirtsdjaftSbolitif Ibnnen boch eigentliche Gegensätje in Vejug auf bie SBürbigung ber Probuftionsfojlen nach ben (.Eigentums-berhältniffen nicht geltenb gemacht werben. Vielmehr führt eine tiefer gehenbe Unter«

388 Mart in:

tüchtigen, scharfsinnigen Schriftstellern, die der Verfafser sehr hoch schäjjt und die er bei der Niederschrift der sorstlichen Statik mehr vor Augen gehabt hat, als diejenigen, deren Gedankengängen er sich unmittelbarer an¬ paßt. Kopien der originalen Gedanken von Fr. L i f t , Hel fer ich, Schaeff le, Borggreve u. a. würden ziemlich dürftig ausfaEen. Der eigentliche Kern der Lehre, wie er vorstehend dargesteEt ist, wird von jenen Autoren nicht betroffen; und diefe haben deshalb zum Teil ihre Gegnerfchaft gegen die Neinertragslehre eingefchränft.1) Die Anerkennung verschiedener derselben Duette entstammenden Nichtungen, wie sie vor¬ stehend gemacht wurde, bedeutet feinen inneren Zwiefpalt. Tatfächlich steht die materielle und geistige Welt unter dem Einfluß entgegengefe|ter Kräfte und Nichtungen. Der in der Gegenwart in der Philofophie hervortretende Monismus wird die Herrschast in der Geisteswelt auf die Dauer nicht erobern. Jn der Politik sind es in Kulturstaaten stets ver¬ schiedene, einander entgegengesetzte Nichtungen, die den Gang der Dinge bestimmen. Auch im wirtschastlichen Leben ift dies der Fatt. Jn der Statik (S. 234) wird deshalb bemerkt: „Wie die Himmelskörper durch entgegengesetzte Kräfte in ihrer Vahn erhalten und wie in der Politik alle Neuerungen durch den Einfluß entgegengefetjter Nichtungen zu stände gebracht werden, so muß auch in der Forstwirtschaft durch den Einfluß vermiedener Nichtungen das ökonomische Gleichgewicht gegeben und er¬ halten werden."

II. a«etI,oi>c. 1. Hinsichtlich der Methoden, die jum Nachweis des statischen Ver¬

haltens forstlicher Wirtschaftsverfahren angewandt werden können, liegen

sudjung bat)in, „baß sotoohl born bonsttirtföaftltdjett als auctj »orn toribattoirtf<t)afttia)en ©tanbtounft sämtliche Probnltionäfaltoren: §8oben, Kapital unb Strbeit ibrern boHen SBerte nadj in Stecfjnnng gestellt ober ber gutact)tliö)en «Beurteilung nnteräogen toerben muffen" (@tatif @. 206). Slbtoeidjungen sinb SCuänaljmen unb bebürfeu, aud) fcom öoIISiöirtfdjaftItd)ett @tanbs)unft, ber -Begrunbung.

*) § e l f e r i # (3eitsct)rist für bie gef. ©taatStoifs. 1867, 1871) schließt seine Stuä-förmigen gegen P r e ß l e r , bessen Pr in j ip als briöatofonotmset) rid)tig, boWätoirtsdjaftlict) al8 uubetoiesen angesehen toirb, mit solgenben äBorten: „©er Gegensag jaisdje« bem .pribat» unb fcoIf«tt>irtsdt)aftlid)en 3nteresse bei ber .goljerjeugung ist übrigen« . . • uur ein temtocrärer. ©ie SBersohnung jörisd/en beiben toirb in ber .paubtsadje erjieli toerben, wenn bie Preise be« ©olje« $u benjenigen ber SlcIerbau»Sr8eugnisse unb ber bersd)iebenen §ol3scrtimente untereinanber ftd) günstiger gestalten, unb ganj besonber«, t»enn ber 3in«fuß toon seiner Jeggen (1871) Si'öfyt herabftnft." 2ludj © d j a e f f l e fnityfte feine, bie Sßeinertraggleljre ablebnenbe Stellung, an gettrifse Unterstellungen: „Sebiglict) typo--tljetisdj I?a6e iä; bie 9Ittstd6t (eines Gegensa^eS jtoiseben ber 8}einertrag8lehre unb ben gorberungen ber VolfSttrirtsdjaft) beitreten".

Die Bedeutung der forstlichen Statt! nsw. 389

fcte Verhältnisse weit ungünstiger als hinsichtlich des WirtschafiSprinzipS. Hier gibt es leine Sa|e unb Negeln, denen man allgemeine Geltung unb Anwendbarkeit zugestehen bars. Vielmehr lassen sich gegen jede Art der Behandlung des Stoffes, bie in Frage kommt, Sebenken geltenb machen. Schon bei einer theoretischen Erörterung verliert ber Boben* reinertrag, ber als allgemeiner Begriff ein unanfechtbares Prinzip bar¬ stellt, an Klarheit unb Anwendbarkeit, sobald ihm ein bestimmter Jnhalt gegeben wird. Die Definitionen über Entstehung, Begriff und Berechtigung der Grundrente, wie sie von A. S m i t h 1 ) , N i ca rbo 2 ) , v. Thünen 3 ) u. a. aufgestellt sind, enthalten häusig große Abweichungen und Gegensä^e. Mehr noch treten solche bei der praktischen Behandlung des Gegenstandes hervor. Die Bodenrente tritt in den Erfolgen der Wirtschaft nie in reiner Gestalt aus; der Boden ist vermischt mit Nücfständen organischer Natur; es ist Arbeit und Kapital auf ihn verwandt. Eine Bodenrente im Sinne von Nicardo ist in Kulturländern kaum noch vorhanben. Das Einkommen, bas ber Boben gewährt, ist vermischt mit anberen Einfommensteilen. Demgemäß läßt sich ber Bobenreinertrag auö der PranS der Forstwirtschast unmittelbar nicht nachweisen. ES ist immer der Neinertrag des aus Boben unb Vorrat beflehenben W a l b e s , welchen die Abfchlüffe ber forstlichen Wirtfchaftsbücher barfteUen.

2. An bie genannten, im Begriffe liegenben Schwierigkeiten fchiießen sich Bebenken an, welche bie Brauchbarkeit ber Nechnungsgrunblagen zu Zwecken fiatischer Untersuchungen betreffen. Jn bestimmten Zahlen von allgemeiner Gültigkeit lassen sich bie Elemente beS Ertrags unb ber Kosten nicht fassen, wie es füglich nötig wäre, wenn man die forstliche Statik ausschließlich in der Form von Nechnunglejempeln behanbeln woEte. Geht man naher auf bie Formeln der Statik ein, fo zeigt sich leicht, daß in ihnen fast immer eine Anzahl von unbekannten Größen enthalten ist. Sie können daher nach den Negeln einfacher Gleichungen nicht be¬ handelt werben. Die Maffen ber Enbertrage werben in ben Formeln ber Statik als gleich eingefetjt, obwohl allgemein bekannt ist, baß sie auch aus gleichem Stanbort unb ohne ben Einfluß von Naturfchäben große Abweichungen zeigen. Man braucht, um bies ju erkennen, nur auf bie

3 ) <Sr befiniert 3}ente ais Preis für bie SSenuipng beS 93oben8. 2 ) „Sfente i j i berjenige Tei l be« (SräeugnifseS ber <Srbe, wefeijer bem Grnnbljerrn

für bie Sennßnng ber nrf$rintglid}en unb ut.3erpr.kren .fräste be§ Sobeng bejaljlt w i rb . " 5 ) „ S a « «ad) 1 6 p g bn S-»!«.1 .-»»• -®ert ber ©e&Sube, be§ -goIjüefSanbe«, ber

Sinääunungea unb überljau,pt ottet SBertgegenfiänbe, bie öom ©oben getrennt »»erben lernten, »ett ben ©utSetnllinften noif übrig bleifit nnb fomit bem SSoben Ott ftdfj angeprt , nenne t(J) Sattbrente."

3 9 0 M a r t i n :

neuere Statistik einen Blick zu werfen. Nach den Ertragstaseln von Schwappach von 1 8 9 0 enthalten in Mittel- und Norddeutschland normale Fichtenbestände I I . Standortsklasse von 1 0 0 Jahren 9 0 0 frn, nach den Tafeln von 1 9 0 2 enthalten sie nur 6 8 3 frn. Ebenso sind die Massen der Vornu|ung, auch unter übrigens gleichen Verhältnissen je nach dem Beginn, dem Grade und der Wiederholung der Durchsorstungen sehr oerschieden. Die Summe der Vorerträge wird sür die I I . Standorts-klaffe in den genannten Ertragstafeln vom Jahre 1 8 9 0 zu 3 5 2 frn, in den Tafeln von 1 9 0 2 zu 5 8 5 frn angegeben. Jn gleichem oder noch höherem Grade ergeben sich folche Differenzen in Bezug auf die Werte. Die Schä|ung der Gebrauchswerte mancher Hölzer (z. B. der Altetchen) ändert sich oft lediglich infolge ihres Seltenerwerdens. Die Tauschwerte unterliegen vielfachen Schwankungen. Jhre Urfachen sind sehr mannig¬ facher Art. Sie liegen in den steigenden Bedürfnissen der zunehmenden Bevölkerung, in den Fortschritten der holzverarbeitenden Technik, in manchen Erfindungen und Entdeckungen, in ber Verbesserung der Be-förberungsmittel u. a.

Jnnerhalb ber hiernach sich ergebenben Schranken bleibt es aber sür bie Forstwirtschaft, ebenfo wie für jeben anberen Wirtfchaftszweig, eine fehr wichtige Aufgabe, Kosten unb Er t räge so bestimmt zum Aus¬ brück z« br ingen unb von ber Nechnung so weitgehenben Ge¬ brauch zu machen, als es nach Lage ber Verhältnisse tunlich ist. Wenn bie Nesultate ber forstlichen Statik, wie Pfeil1) bereits zu-tresfenb hervorgehoben hat, auch nur innerhalb gewifser Grenzen unb für gewisse örtliche Gebiete Geltung haben, so bebeutet ihre Ermittelung unb Benu|ung boch einen besseren Zustand der Forstwirtfchaft, als die gänzliche Unterlaffung einer Vergleichung der Erträge unb Kosten, bie bei ber großen Bedeutung, welche den Watdungen gegenwärtig nicht nur in sorsttechnischer sondern auch in volkswirtschaftlicher Beziehung zukommt, nicht zu rechtfertigen ist. Die sortschreitenbe Entwicklung führt hier, wie auf allen Gebieten, zu größerer Negelmäßigkeit unb Übersichtlichkeit. Auch bei Vermeibung künstlicher Gleichmacherei werben bie Bestanbes-oerhättnisse im Lause ber sortschreitenben Kultur regelmäßiger, bie Nu|ungen erfolgen gleichmäßiger, die Statistik gewinnt an Übersichtlichkeit und Anwendbarkeit.

Ibgeseäjen Don bieten CSin^elfietten in anberen ©Tri f ten unb Staub lungen ist besonberg fcinjutoeisen aus bie 3a§t*gänge ber „Sritifdjen -Blätter" Bon 1848 „2)ie forsi* (iii)e ©tat i f " unb Bon 1858, ,,©ie gorftatiftif unb bie sorfilitt)e @tatif", bie ben Ver» fafser bei Abfassung feiner ©djriften meljr beeinflnfjt baben, afe bie gforntefn ber äSalb» tx>ertreä)nung, i n beren Utnt,üttung man bie forfiIid)e ©ta t i l 3n erbticfen gewohnt ift.

Die Bedeutung ber forstlichen Statt! usw. 391

3. Eine weitere OueEe vvn Mißverständnissen auf dem Gebiete der forstlichen Stati l betrifft die Art der Betriebsführung. Man kann beim Nachweis der Nentabilüät forstlicher Wirtschaftsverfahren den einzelnen Bestand zur Unterfuchung ziehen; man kann den jährlichen oder auch den ausfegenden Betrieb zu Grunde legen. J n der Literatur und in der Praris ging man zunächst vom einzelnen Bestände aus; Preßler ent-widelte an ihm das Weiserprozent. Nun kann man wohl darauf hin¬ weisen, daß bei Anwendung derjenigen Methode der forstlichen Statik, die Zunächst als die konsequenteste erscheint, zwischen den Verhältnissen des ganzen Waldes und seinen einzelnen Gliedern leine Gegensätze bestehen. Wenn alle Teile des Vorratsfavifals nach der Methobe der Kostenwerte berechnet würden, wie es die Vertreter der sireng mathematischen Dichtung für ausschließlich richtig halten, so erfolgt die Wertzunahme der Bestände­nach einer regelmäßigen Neihe; alle Glieder werden demgemäß berechnete Allein die Anwendung der Kostenwerte hat, wenigstens für ältere Be¬ stände, ihre großen Bedenken und Schwierigkeiten. Die Vertreter der Praris haben beim Erlaß von Anleitungen über Wertberechnungen überein­stimmend die Vorschrift gegeben,1) daß für ältere Bestände, die den Hauptteil des Vorrats bilden, der Verbrauchswert zu Grunde gelegt werde. Überdies ist für den Nachweis des Wertzuwachfes keine andere Methode als die der wirklichen Verbrauchswerte anwendbar. Bei ihrer Anwendung bestehen aber zwischen den einzelnen Beständen und dem ganzen Walde große Verschiedenheiten, Die Verzinsung des ganzen^ aus jungen, mittleren unb alten Beftanbesflassen zusammengese|ten Vorrats ist stets höher als das Weiserprozent der ältesten Stufen.

Zwischen dem jahrlichen und ausselenden Betrieb bestehen nun, rote Faustmann, Hener und neuerdings Stöger nachdrücklich hervorgehoben haben, keine Gegensäle prinzipieller Natur. Wohl aber ist die Art der Behandlung bei beiden sehr verschieben. Beim ausselenden Betrieb müssen die Erträge und Kosten prolongiert werden; beim jährlichen gehen sie alljährlich in gleicher Höhe und in derselben Weise ein.

Die Schwierigkeit der Vegrisssfesifteilung und die Verschiedenheit in der Behandlung des Stoffes gehen aus dem Gesagten klar hervor. Aber man darf niemand, der diese Schwierigfeiten und Unterschiede erkennt und hervorhebt, des Widerspruchs zeihen, wie es von v. Benthe im ge-

j ) 9fact) ber fäc|ftfct)en Iniuetfung p t Anfertigung bon äBertSerraitttanaen »ont 22. 9iot,ember 1904 finb für über 40jät)rige ^oajfflalbbestänbe Vcrrat§Werte (Probuft au6 Maffe unb äBert) anäutoenben. ©benfe (für über 40—50jährige ©estänbe) nad) ber Dom breugisdjen Sanbtoirtsdjast§ministerinm erlassenen Verfügung Born 15. M a i 1905,. betreffenb SBalDtt)ertSberect)nungen.

392 Martin:

schteht. Wo gäbe es denn ein Gebiet des menschlichen Lebens, wo Schwierigkeiten und Gegensäle dieser oder ähnlicher Art nicht vorliegen? Sobald man auf den Kern der Dinge eingeht, stellen sich stets solche Schwierigkeiten beim Erklären, Messen und Wägen ein. Man denke an die Kernpunkte des christlichen Glaubens, an die Ursachen der Natur-gesetje, an die Entstehung des organischen Lebens, an das Dasein der geistigen und moralischen Kultur! Alle Erklärungen über Gott, Mensch und Welt von der ältesten bis zur neuesten Philosophie sind dürftige Versuche, für Dinge, die im Grunde unerklärlich sind, eine Erklärung zu geben. Überall sind diese Versuche (einschließlich der modernen Natur¬ Wissenschaft) unvollkommen; nirgends sind sie frei von Widersprüchen. Tro^dem bilden sie Grundlagen und Ziele menschlichen Denkens und Strebens. Auch in der Forstwirtfchaft muß man sich der Unvollkommenheit aller menschlichen Verhältnifse bewußt bleiben. Statik heißt die Kunst des Abwägens. Indem man Erträge und Produktionskosten gegen¬ einander abwägt, hat man es stets mit entgegengesetzten Einflüssen zu tun. Wollte man die Anerkennung gegensätzlicher Nichtungen als Wider¬ sprach bezeichnen, so würben die meisten Anordnungen der Verwaltung als widerspruchsvoll erscheinen. Sie gehen aus der Berücksichtigung ent-gegengeselter Faktoren hervor. Und auch in der Art der Behandlung des Stoffs muß man sich von vornherein Beschränkungen unterwerfen. Im Begriff der Statik ist nicht die Forderung enthalten, daß die Ab¬ wägung, welche sie vornimmt, stets in der Form der Nechnung (durch Gleichungen, Kurven) geübt werden müsse. Man kann die Wirfung ver¬ mehrter Produktionskosten ober die Erfolge wirtschaftlicher Maßnahmen auch gegeneinander abwägen, ohne sie in der präzisen Fassung von Formeln darzustellen. Mi t Nücksicht hieraus ist in der Einleitung der Statik solgendes bemerkt: „Es muß eine Ergänzung der mathematischen Methode (wie G. Heuer u. a. sie befolgt haben) zunächst in naturwissenschastticher Nichtung erfolgen. Es gibt eine Menge für den Ertrag einflußreiche Faktoren, deren Wirkungen wohl in der Sprache der Naturwifsenschast, nicht aber in mathematischen Maßen und Formen zum Ausdruck gebracht werben können. Die Statik hat daher innerhalb der durch das Prinzip ber Arbeitsteilung gebotenen Schranken zu den Naturwissenschaften, namentlich zur Bodenfunde und P f lanzenphn f io log ie , Beziehungen zu unterhalten und von den Fortschritten derselben Anwendung zu machen. Sodann bedarf die mathematische Methode der Ergänzung in ökonomischer und wirtschastspotit ischer Nichtung. Jm Gegensal zu den Dingen von rein physischer Natur sind die ökonomischen Faktoren bis zu einem gewissen Grade vom Willen eines Eigentümers und eines Gesetzgebers

Die Bedeutung der forstlichen Statu usw. 393

abhängig; sie stehen dadurch in Beziehung zur nationalen Wirtfchaftslehre und Wirtschaftspolitik. Bei der Anwendung der Statik in der Wisfen-schast und Prans ist neben der mathematischen Methode serner ein ge-fchichtltcher Standpunkt von Bedeutung. Die geschichtliche Ausfassung hat sür die Forstwirtfchaft, die es mit weit auseinander liegenden Zeit¬ räumen zu tun hat, besondere Bedeutung. Sie tritt in der Wirtfchafts-führung als praktische E r fah rung hervor, der beim Betrieb stets Ein¬ fluß einzuräumen ist. Sodann kommt der geschichtliche Standpunkt in den Untersuchungen zur Geltung, welche das Wachstum der Stämme und Bestände im Wege der Stammanalvsen nachweisen. . . Endlich ist, um die Wirtschaftsversahren zu begründen, neben der mathematischen Be¬ handlung die Methode der kritischen Vergleichung hervorzuheben, welche es sich zur Ausgabe stellt, die praktischen Maßnahmen verschiedener Wirtschaftsgebiete gegenüberzustellen, die Ursache der Verschiedenheiten zu untersuchen und die Vorzüge, welche einzelnen Ländern eigentümlich sind, innerhalb der gebotenen Schranken zu verallgemeinern."

III. Sotgefuu^cn.

Für die große staatliche und private Wirtfchaft muß den Unter* suchungen der forstlichen Statik der jährl iche Bet r ieb zu Grunde ge¬ legt werden, der auch vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus stets einzuhalten ist. Einen aussehenden Betrieb, bezogen aus die Verhältnisse ganzer Neviere oder ganzer Länder, gibt es eigentlich kaum; und es dient durchaus nicht zur Klarstellung der wirklichen Sachlage, wenn der aussehende Betrieb dem jährlichen gewissermaßen gleichberechtigt an jdie Seite gestellt wird. Sei Unterstellung des jährlichen Betriebs wird aber die forstliche Statik hinsichtlich der theoretischen und praktischen Aufgaben, Zn deren Lösung sie beitragen soll, durch die Forderung charakterisiert, daß der zu unterhaltende stehende Hotzvorrat als Betriebskapital angesehen wird. Aus dieser Forderung gehen wichtige Folgerungen hervor: Erstens, baß der Vorrat nach seiner Masse unb seinem Werte so gut eingeschalt wirb, als es bie vorliegenben Verhältnisse gestatten; zweitens, baß bie absolute Wertleistung (ber Zuwachs nach Masse unb Wert) nachgewiesen wirb; brittens, baß bas Verhältnis bieser Leistung zn bem Grunbkapital, aus dem sie beruht, der rechnerischen oder gutachtlichen Beurteilung unter¬ zogen wird. Diese leite Forderung ist eine Besonderheit der Neinertragslehre. Jhre Gegner suchen sie, gestü|t auf die Kundgebungen mancher Staats-sorstverwattungen, mit dem Schlagwort: „Keine Prozentwirtfchaft" zu bekämpfen. Jnbessen mit solchen Schlagworten wirb bie Sache nicht geförbert. Die Eigenschaft ber Verzinsung haftet bem Kapital an, wie

394 Martin:

der Materie die Anziehung. Man muß die Anwendung des Zinsfußes möglichst beschränken, kann das durch ihn zum Ausdruck gebrachte Wesen der Sache aber nicht umgehen. Gelegentlich des Erscheinens einer Schrift über Ertragsregelung1) hat sich der Verfasser hierüber folgendermaßen ausgesprochen:

„Es wäre ja in Bezug auf die Einheitlichkeit der Behandlung des Forstwesens und die Harmonie seiner Vertreter sehr schön, wenn die Gegensä|e, welche die Neinertragslehre verursacht hat, beseitigt werden könnten, wie solches ja auch von manchen aus dem Gebiete der Politik, ber Weltanschauungen, Konfefsionen usw. erstrebt wird. Manche Kämpfe und Mißverständnisse würden dann aufhören. Die Forstwirtfchaftslehre würbe sich einfacher gestalten. Wer im forstlichen Unterrichtswesen steht, weiß, wieviel leichter in theoretischer und praktischer Hinsicht, bie Walb-reinertragslehre zu behandeln ist als die Lehre von der Verzinsung der Probuktionsgrundlagen. . . . Wer möchte sich ferner noch der schwierigen Arbeit, bie mit dem Nachweis ber Verzinsung des forstlichen Betriebs-fapiials verbunden ist, hingeben, wenn das Nesultat derselben abgetan, werden könnte mit dem Nus: Fort mit der Neinertragsiehre, feine Ver¬ zinsung, feine Prozentrechnung! . . . Auch vom Standpunkt der Prar is ist die Wirtschaftsführung nach der Lehre des größten Waldreinertrags oder des größten Wertdurchschnittszuwachses viel leichter zu behandeln.

Allein so wenig die Einheit der Weltanschauungen und der Kon¬ fesstonen dadurch herbeigeführt werben kann, daß man die Schriften der Vertreter der modernen Naturwissenschaften auf den Jnder se|t, fo wenig, wird man die Neinertragslehre und ihre Folgerungen für die Behandlung, der Forsten dadurch §urü<fdrängen, daß man die Parole: „Keine Ver-linsung des Vorrats, feine Prozentrechnung" auf die Fahne schreibt. Die Bodenreinertragslehre und ihr Einfluß auf den Zustand der Waldungen wirb nicht wieder verschwinden. . . . Es gibt im modernen Wirtschasts-leben nichts, was größere reale Wirfung gehabt hat, als bie Tatsache, daß der Ertrag zu den Produktionsfonds, auf dem er beruht, in Be¬ ziehung steht. Trotj der Ungleichheit in den Ersotgen der wirtschaftlichen Betriebe liegt dieser Wirflichfeitssafe aßen Fortschritten des wirtschaftlichen Lebens zu Grunde. DieVerfuche der Sozialisten (Mary, und feiner Nach¬ folger), die Beziehungen zwischen Ertrag und Produktionsfonds zu verwischen, die Anteilnahme des Kapitals an der Gütererzeugung zu negieren, den Zinsfuß und die Prozentrechnung als unberechtigt hinzustellen, da man

' ) M i # a e l i « , ®ie ©etriebsregulieruttg i n bm prenlildje« @taat«forften. Wen» fcoinra 1906.

Die Bedeutung der forstlichen Statt! usw. 395

Zinsen nicht essen ober sonji wirklich nu|en könne, sind seither gescheitert unb werben in Zukunft immer wieber scheitern."

Für die Folgerungen der forstlichen Statik ist, ihrem eigentümlichen Charakter entsprechend, der Zinsfuß, welcher für die Wirkung des Vorratskapitals unterstellt wird, von großer Bedeutung. Er hat in dieser Beziehung mehr Einfluß auf die Ergebnisse der Nechnung, als alle Formeln, welche über Weiserprozente und Vorratsberechnung ausgestellt sind. Aus die Schwierigkeiten, welche einer befriedigenden Festse|ung des Zinsfußes entgegenstehen, ist in neuerer Zeit oft genug hingewiesen worden. Auch v. Benthe im erinnert daran, wenn er sagt: „Die Spro߬ finge des lodern Verhältnisses läßt er (Martin) sich nicht über den Kops wachsen. Werden sie ihm unbequem, so spannt er sie in sein stets be¬ reit gehaltenes Profrustesbett und haut ihnen das eine oder anbete Prozent herunter."1) Hiernach erscheint bie Feststellung des Zinsfußes als eine ganz willkürliche Maßnahme, die gemacht wird, um die Nesultate der Nechnung vorgesagten Meinungen anzupassen. Nachstehend solgt deshalb eine furze, allgemein gehaltene Begründung der Wahl des. ginsfußes, aus der hervorgehen wird, daß der Verfasser bei seinen Untersuchungen über das statische Verhalten der Holzarten und Umtriebszetten doch wesent¬ lich anders verfahren ist, als v. Benthe im's Vergleich mit jenem alten .Heiden vermuten läßt.

Mi t Nücfsicht auf die seitherige Literatur 2) ist zunächst die Be-merfung am Plate, daß der forstliche Zinsfuß zu dem gleichzeitig landes*

x ) 3 n ber © ia i i l , »on bei ». 33entt)eim ansgejjt. ijl leine Sfetuenbnng fcer* *sä)tebetter giuäf lge gemacht. ®ie toemgen Segnungen jur Vergleidjung ber Soben* reinerträge bei fanb* unb sorftoirtfd)aftlid)er -Öobenbenuiäung ftnb mit 3 % ausgeführt, dagegen ist bie 3£ed)nung mi t berfdjiebenen ginäfüfieu in ben „gclgerungen bet SBoben* remertraggt^eorie" für SSudje unb t iefer burchgefüfjrt. Sabei ist aber sehr öersäjiebeit tserfaljren öon ber Hrt unb Seife, bie U. -Ben the im in brastisdjer Sarsteüung ben t>er= sammelten gfadjgencssen in ®anjig funb gab. Ser S ^ f a f s if- f i t juneljinenber Um« triebgjeit set)r öorsid/tig unb sehr aUinäljIid) öerünbeit, bernrt, bafj er mit jeber ßunatime ber UmtriebSjeit um 10 3ahr 1 / 1 0 % geringer toirb. (gür bie Kiefer Bei u = 50 3 % , u - = 1 0 0 2 .5° / 0 , T i = 150 2° / 0 . ) ©olcbe 9ted)nungen sinb sefyr unbequem, reeSfyalb sie aud) in fipätern Strüfeln nid)t burdijgefüljrt sinb. (3 . S . aud) nid)t i n ben Berechnungen über bie UmtriebSjeit bei Kiefer für bie Dbersijrßerei g b e r g t o a l b e in ber 3 « t !4 r . f. gorft,= unb Sagb». 1903, auf bie bei ben VerSjanbtangeit beS Märfisd)en gorflöerein« p 2>r ie fe t i 1906 öon g r i f f e Sejug genommen ionrbe.)

2 ) §e t fe r i c t )8 ©enbfctreiben «n Subeid) , gorfllicfye SBlätter 1872 („2Bei£ aber aud) bie« Kapital [ber Vorrat ] mtbebmgt »ermeijrbar ist, ba man immer neue SSBalbungen anlegen fann . . . unb toeif c§ ebenso übertragbar ist, ba man jebeu Uugenbiict ba® §oIs schlagen nnb »erlaufen fann, so !§at bagselbe gleichfalls ben InfBrnd) auf ben Ianbe§üblicl)en mitt ler« 3 in§" ) .

396 Martin:

üblichen in keinem feRen Abhängigkeitsverhältnis steht. Der Grund der Zulässigfeit einer Abweichung von diesem liegt in der wesentlichsten Eigen-iümlichkeit des Holzvorratskapitals. Dieses ist durch seine Gebunden¬ heit ausgezeichnet. Die Vertreter einer gegenteiligen Ansicht, insbesondere die Nationalökonomen, die der Forstwirtschaft näher getreten sind, haben das Wesen des forstlichen Betriebs nach dieser Nichtung nicht genügend erkannt und gewürdigt. Der Vorrat kann nach den Negeln der forstlichen Technik, welche bei guter Wirtschaftsführung zu befolgen sind, nur all¬ mählich erhöht oder vermindert werden. Die Gebundenheit des Vor¬ rats kann keinen Grund abgeben, um die Forderung der Verzinsung, welche die Neinertragslehre aufstellt, im Prinzip auszuschließen. Wohl aber enthält sie einen hinlänglichen Grund seiner zeitweiligen Abweichungen anderen Kapitalanlagen gegenüber. Zugleich ergibt sich aus dem Wesen der Sache, daß der Wirtschafter oder Waideigentümer keine bestimmte Verzinsung seines Betriebskapitals oerlangen kann. Der Kapitalzins ist, entsprechend dem Einkommen aus andern Bestandteilen der Produktion, die Folge einer Summe von volks- und forstwirtschaftlichen Verhältnissen, die nicht von dem Wunsche des Waldeigentümers abhängig sind. Die Aufgabe des Wirtschafters in statischer Nichtung besteht darin, das Ver¬ hältnis zwischen Ertrag und Produktionsfonds gutachtlich zu beurteilen und weiter zu untersuchen, ob und durch welche Maßnahmen dasselbe günstiger gestaltet werden kann, ähnliche Verhältnisse liegen aber auch bei andern Wirtschaftszweigen vor, welche mit langen Zeiträumen zu rechnen haben. Deutfchland hätte keinen Handel, keine Eifenbahnen, keine Kolonien, wenn bei derer Anlage oder Erwerbung die Forderung des Nachweises einer bestimmten Verzinsung der angelegten Kapitalien gestellt wäre. Trofebem ist diese Forderung die Vorausfe|ung aller wirt¬ schaftlichen Unternehmungen.

Jnnerhalb der hieraus sich ergebenden Beschränkung sind folgende Sä|e für die Wirtfchaft von Bedeutung:

1. Der Zinsfuß des Holzvorratskapitals darf unb foU n ieb r ige r fein als bei ben Kapitalanlagen des gewerblichen Lebens. Die Ursache hierfür liegt zunächst in der gleichmäßigen, ununterbrochenen Wirksam¬ feit des forstlichen Betriebskapitals. Nur am Schlüsse bes Bestanbes-lebens, bei ber Einleitung ber Verjüngung, sinbet eine Unterbrechung seiner wirksamen Arbeit statt. — Sodann ist die Sicherheit bes forstlichen Betriebs von Einfluß. T r o | ber vielen Schaben, welchen bie Wald¬ bestände in den verschiedenen Altersstufen ausgefe|t sind, erscheint bie Forstwirtschast im ganzen als eine sehr sichere, sowohl vom Stanbpunkt des Eigentümers, wie der Nationen. Ein Waldbesi|er, der ben Boben

Die Bedeutung der forstlichen Statik usw. 397

in gutem Zustand erhält, stanbortsgemäße Holzarten wählt, die Bestände gut begründet und pflegt, darf die Anlage feines Vermögens als eine fehr sichere ansehen. Man muß hinzusügen — und hierin liegt ein weiterer Grund für die Nichtigkeit eines niedrigen Zinsfußes —, daß eine Zunahme der Erträge im Laufe der ßeit mindestens wahrscheinlich ist. Die Massenerträge nehmen trofe mancher gegenteiliger Einwirkungen zu durch die Aufhebung der Servituten, die gründliche Vornahme von Kulturen, die regelmäßige Ausführung der Durchforstungen, die erst mit der Verwendbarkeit der schwachen Sortimente möglich geworden ist; die Werte steigen durch die Zunahme der Bevölkerung, die wachsenden An¬ spräche der Jnbustrie, die Besserung der Beförderungsmittel u. a. End¬ lich wird nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, daß der landesübliche Zins¬ fuß t ro | mancher gegenteiligen Erfcheinungen im allgemeinen eine sinkende Tendenz besi|t. Die Abnahme des Zinsfußes ist ursächlich mit der Steige¬ rung der Arbeitslöhne verbunden. Ein wahrer Fortschritt eines Volkes ist nicht denkbar ohne ein Steigen der Lebenshaltung der arbeitenden Volksklassen. Diese hat steigende Arbeitslöhne zur Voraussetzung; die höheren Arbeitslöhne verlangen Abnahme des Kapitalzinses. Da nun die Forstwirtschast mehr als jede andere mit den Verhältnissen der Zu¬ kunst zu rechnen hat, so liegt schon in diesem einen Umstand ein Moment, das eine Abweichung des forstlichen ßi-^fußes vom landesüblichen als zulässig begründet.

Einschneidender als die ausgesprochene Negel über die Höhe des Zinssußes im allgemeinen ist sür die Folgerung der forstlichen Statik die Forderung, daß der Z ins fuß des Ho lzvor ra tskap i ta ls nicht gleich, sondern je nach den Wirtschastsbedingungen verschieden sein könne und müsse. Dieser von vielen Fachgenossen, auch den meisten Vertretern der Neinertragslehre, nicht anerkannte S a | hat seine Begründung in dem Umstände, daß die allgemeinen Ursachen des niedrigen Zinssußes bei verschiedenartigen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in gleichem, sonbern in einem verschiebenen Grabe vorliegen. Verschieben-heiten bestehen namentlich je nach ber Ho l za r t unb Umtr iebsze i t . Jn ber Unterstellung verschiebener Zinsfüße für Laub- unb Nabelholz liegt ein Motto, das unter Umftänden die Erhaltung des Laubholzes rechtfertigt, wenn auch das absolute Manmum zu Gunsten des Nadel¬ holzes spricht. Betreffs der Umtriebszeit lautet die diefem Sa|e ent¬ springende Negel, daß für hohe Umtr iebsze i ten ein n iedr igerer Z i n s f u ß zu wählen ist a ls f ü r n iedr ige. 1 ) Die Stetigkeit der

*) Sie neueste anttlid)e funbgebnng über äBertberecbnung: Verfügung beS toren--tjifdjen 8anbtBirtsd;aft0-Miuisterium§ Born 15. M a i 1905, besinbet sid) mit bem oben

398 Mart in:

Kapitaiwtrfimg ist bei hohen Umtriebszeiten großer. Ebenso die Sicher¬ heit Eine Festse|ung hoher Umtriebszeiten ist nicht möglich, wenn man nicht unterstellen darf, baß bie Holzarten während der langen Dauer ihres Lebens von starken Naturschäden nicht heimgesucht werden. Auch die Vermutung der Wertzunahme ber Hölzer und der Abnahme des landesüblichen Zinssußes fällt bei hohen Umtriebszeiten stärker in die Wagschale.

Wird nun gebührenb berücksichtigt, daß der laufende Zuwachs gut erzogener Bestände in standortsgemäßen Lagen, entsprechend seinen gleich¬ bleibenden Duetten, anhaltender und gleichmäßiger, ist als dies srüher hei nicht gehöriger Würdigung der Vornutjungserträge unterstellt wurde — faßt man ferner ins Auge, daß die Wertztrnahme des burchfchnittlicheu Festmeters in gut erzogenen Bestäuben mit astreinen Schäften eine weit anhaltenbere ist, als es früher, beim Vorherrschen des Brennholzverbrauchs der Fall war — wird endlich ber Umstand gebührenb gewürdigt, daß man es beim jährlichen Betrieb nicht mit einzelnen Beständen zu tun hat, fondern mit einem aus jungen, mittleren und älteren -Beständen ge¬ bildeten Vorratsfapital, dessen Verzinsung noch befriedigend fein f'ann, wenn die der ältesten Glieder geringer geworden sind: so ergibt ftch ohne weitere zahlenmäßige Begründung, daß die Folgerungen der forst¬ lichen S t a t i k w e i t konservat iver sind als es der vorherrschenden Ansicht entspricht.

Auf diese Folgerungen soll hier im einzelnen nicht eingegangen werden.1) Die wichtigsten derselben hat der Verfasser bereits srüher dargestellt. Sie

auSgesbrcdjenen Granbfai j in Übereinstimmung, Wenn unter 10 ber affgemeinen Vor-sdjriften gesagt ist: „35ei .Bugrunbelegung eines 80 jährigen unb füräeren 3I6trie6safter§ finb in ber Siegel 3bl0, bei ätnnabme eines b-%ren ätbtriebsalters in ber Siegel 2 7 . . % 3inseäjinfen nud) für Kapitalisierungen in Stefan j u bringen." l ud ) in ben 9Joten jur SalbttertberedjnungSanteitung bon 1866 toar ber obige ®runb[atj anertannt. (,,3e langer ein Zeitraum ist, für tteldje« ein Sajntal ot)ne Unterbrechung toerbenb sid)er an¬ gelegt ttirb, um fo geringer femn ber 3 ™ g W fein.")

*) 9iur aus bie S i e f e r , beren 8et)anbtung nudj ben Grnnbfagen ber ©tat i f ftd) am meisten ©djinterigfeiten entgegensteffen, mag §in mi t besondrer Vejngnatraie auf bie Mitteilungen au« Prens.cn über bie (grberimente mit 60—70jäf)rigen Siesera-Um--ttiebSjeitett im 3at)rg. 1906 @. 374 bief« geitsdjrift terS •j't.SJ-' 1 0*'-^ werben, ©ie

-waren bie Ursache, sceShalb bie borliegenben Ausführungen teeiter gesagt ttwrben, a!8 eS eine (grtoiberung auf ». V e n t h e i m ' s Weise n'olig machte.

Itlaä) | 75 ber „Folgerungen ber SBobenreiuertragStbeorie", i n iroeldjem bie oben begrünbeten ©äße über ben 3-.-§f..f3 (.abnähme um 1 / i 0 ° /o nrit jebem Sahrjehnt ber ju= nebmenben Umtriebsjeit) jur rechnerischen Sbitoenbung gefommen finb, erreicht ber ©oben» Reinertrag ben §Bd}ji6etraa,:

a) gü r gu te SSepnbe aus g u t e m ©tanbort mit g ü n s t i g e m Sbsalj für alle ©ortimente (Obersbrfterei SBolfgang bei §anau) im 120. 3ahre.

Die Bedeutung ber forstlichen Statu usw. 399

werden, falls die forstliche Statik eine Fortseiung ersährt, später auf reicherer Grundlage neu bearbeitet werden. Hier sei nur an einige Bei¬ spiele erinnert, welche dem ausübenden Praktiker in den Schlägen und beim Verkauf der Hölzer am meisten entgegentreten und deren Erkennt¬ nis und Anwendung für die forstliche Statik größere Bedeutung hat, als alle Formeln der Waldroertrechnung. Wenn 140 jährige Eichen mit 40 cm Stärke in Brusthöhe noch Jahrringe von y7 cm Breite befiten, fo betragt die Maffenzunahme noch etwa 2%- einer Wertzunahme, welche gute Eichenftämme beim Übergang von 40 auf 50 cm Durch¬ messet erreichen, ist hiermit noch ein Wertzuwachs von mehr als 1 % verbunden.1) — Wenn 120jährige nuijholziüchtige Buchen von 35 cm

Brusthöhe in Vorbereitungsschlagen noch Jahrringe von durchschnittlich cm Breite anlegen, so haben sie noch 2y2°/0 Mafsenzuwachs. Bei

der Wertjunahme, die dem Buchenholze beim Übergang von 35 bis etwa 45 cm zukommt, haben sie auch eine Wertzunahme von mindestens 1 % . Wenn aber bie 120—140jährigen Bestände Massen- und Wertzuwachs von 3 % besten, so verzinft sich das gesamte Vorratskapital höher als zu dem angegebenen Prozent. Daher ist bie wichtige Frage, ob Eichen-und Buchenstatfholzjucht vom S tandpunk t der forstlichen S t a t i k aus empfohlen werden kann, fü r entsprechende S tand -

b) ®eSgfeict)en unter u n g ü n s t i g e n Sbsa|ber|ältnissen, insbesondere für Me oft« •licijen Probinjen Preußeng (3o|anniSburger $eibe u. a.) int 140. 3a|re.

c) gür ä f t i g e , 3n befferern 9£u|ljoIj nid&t geeignete SSeßanbe unter günstigen S(b=

sa&berbaltnissen (Grubenlolj) mit 50 3a|ren, unter ungünstigen mit 60 3a|ren. Gegen bie sablenmäßigen tlnterftellnngen lassen sidj, toie unter I I Mettjoben begrünbet tmirbe, manche lusfteüungen matfen. 3m ganzen barf man jebocSj beitraten, baß f i i | i n S u t o f

bie ©umme ber Srtoägungen, teeldje bie ©tati f Dornet)men fott, efer p Gmtften ber Pieren UmtriebSjeiten als nach entgegengesetzter ©eite beränbern tmrb.

*) Sie 2Bertpna|me guten Sgitfenlolgeg fommt in ber ©tatift if fe|r fite p m

SluSbrnct. 3m Sirtfchaftsja|r 1903 betrugen im VaijerifcSen gorftamt 9fot |enbud; bie ®nrdjfd)nittss3reife für Stämme

I . I I . I I I . I V . V . Klaffe Don üSer 66 60—65 5 5 - 6 0 4 8 - 5 4 3 9 - 4 7 cm Mittenburd)messer (o|ne 9{inbe)

132,81 100,54 80,98 58,24 40,78 JT. Sie geitlidjeu Veranbermtgen ber ffiittjenfolj^reise (TeuernngSpttsacp) "ge|en aus

einer Vergleid)nng biefer Sa l le» mit benjenigen im 3a|re 1858 |erbor, tcetdje für bie Massen

I I I I I I I V V 43,50 39,50 36 31,50 29 JT

betragen Ijaben. SünS foldjen SAFYTM einer langjährigen gut geführten ©tatiftif fann am befien bie Übereinstimmung 3arif<f)en Preisen unb bolfStmrtsdjasttidjen GebrandjStoerten (bie sidj i n ben Preisen anSjbrec|en) erseben werben.

Sorftwiffenschaftliche« Sentralblatt. 1907. 26

400 Mart in:

o r t s - und Bestandesverhältnisse 1 ) i n bejahendem S i nne zu beantworten.

Entsprechende Folgerungen ergeben sich auch für die Nadelhölzer, v. Ben the im hält dem Versasser vor, daß er sich in Widersprüche zu dem von ihm vertretenen Prinzip verwickele, wenn et dem kapitalkräftigen Waldbesitjer für die Fichte die Erziehung von Starkholz (starkem Bau-und Schneideholz) empsohlen habe. Jnzwischen sind aber eine Anzahl von Untersuchungen an die öffentlichkeit gelangt, aus denen zu entnehmen ifi, daß der starke Nückgang des Stärkezuwachfes, welchen die Weiser¬ Prozente der Fichte im angehenden Baumholz häufig zeigen, nicht mit Notwendigkeit eintritt, daß ihm vielmehr durch die Mittel der Bestandes¬ pflege entgegengetreten werden kann. Der Verfafser hat nach dem Er¬ scheinen der von v. Ben the im zitierten Schrist über die Fichte Mit¬ teilungen über das Verhalten der Fichte und Tanne in Staats- und Privatsorften Oberösterreichs gebracht,2) die erkennen lassen, daß dort Fichten-und Tannen-Starkholz in 80—90 jähriger Umtriebszeit erzogen wird. Dabei ist bie Verzinsung des Vorrats höher, als es nach den oben ge¬ machten Aussührungen den Forderungen der Statik entspricht. Ahnliche Ergebnisse sind vom Lichtwuchsbetrieb Borgmann 's unb von ber Plenter-durchsorstung mit anschließender Naturverjüngung nach Borggreve 's Lehre in entsprechenden Lagen zu erwarten. Auch die große Praris bietet viele hierauf bezügliche Beispiele. Jm badischen Schwarzwald treten dem Besucher der Femelwälder und der schlagweisen Natur¬ verjüngungen die Leistungen der Tanne und Fichte so bestimmt entgegen, daß man nur die Querschnitte der in den Schlägen liegenden Stämme anzusehen braucht, um eine bejahende Antwort aus die Frage, ob die Erziehung von Schneideholz rentabel sei, zu erhalten. Von ben meisten größeren Forsiverwaltungen sind Nachweise über das fiatifche Verhalten der Fichte erft in Zukunft zu erwarten. Sie werden aber wahrfcheinlich für geeignete Standorte das Ergebnis liefern, baß unter ben vom Ver-fafser angegebenen, bem v. B entheim'fchen Zitat beizufügenden Be-

*) 2). !)• für bie ©ict)e auf guten ©oben in rnilben Sagen. §ier wirb man aber öermuten bürfen, bafj sict) bie ^Rentabilität ber Srjielmng guten (2id)enjiarl|olje8 infolge feiner SSertjunabme günstiger gestalten wirb, als ber 9?ecf)nung mit Satyrn früherer SBirtscbaft entsbridjt. Vergl. bie Wrbeiten »on S a r i , SS immenaue r , M a r t i n , ©dj toafcpact j , M e t j g e r (©änemarf). Sejüglid) ber Vudje bergt, bie prüfet im 3af,r= gang 1906 biefer 3eitsd)rift, worin bie 140—160 jährige UmtriebSäeit ber Vucbe in •Belgien auf Grunb be§ Maffenjuttadjfe« unb ber Sertjunabme begrünbet ist.

2) ä ^ f ä r i f . für gorst» unb Sagbtoesen, ©efctember« unb Oftoberljeft 1901 „S)er Sieb, iunggbetrieb öon V o g t in watbbaulict)er unb fiatifdjer -öegiefyung".

Die Bedeutung ber forstliche« Stauf usw. 401

bingungen1) bie Erziehung von starkem Bau- unb Schneibeholz in 70- bis 100jährigen Umtriebszeiten eine sehr rentabel« Kapitalanlage ist, bie den Privatwalbbesi|ern noch viel energischer empfohlen werben müßte, wenn von ber Beleihung des Waldes mehr Anwendung gemacht werben könnte.

Nachweife über bie Beziehungen zwischen bem Durchforstungsbetrieb und ben Wirischastsprinzipien sind selbst unter normalen Verhältnissen sehr schwierig. S ie bedürsen ein umfangreiches Zahlenmaterial. Im Nahmen dieser kurzen Entgegnung lassen sie sich nicht durchführen. Jn der Praxis können bekanntlich bestimmte Durchforstungsverfahren beim Nadelholz oft nicht eingehalten, geschweige denn nach ihren finanziellen Wirkungen bargelegt werben. Abweichungen in ber Haltung ber Bestänbe ergeben sich burch Einflüsse ber anorganischen unb organischen Natur (Sturm, Anhang, Pilze, Insekten). Aber sofern man, von solchen Schaben abstrahierend eine regelmäßige Entwicklung ber Bestänbe ju Unterstetten berechtigt zu sein glaubt, ist allerbings ber von v. Bentheim zitierte Satj bes Verfassers nicht nur für bie Fichte, sonbern sür alle Holzarten zutreffend, baß die höchsten Walbreinwträge bei sehr hohen Umtriebs-zeiten unb Einhaltung mäßiger Durchsorsiungsgrabe erzielt werben. Dies fchließt nicht (wie v. -Bentheim annimmt) aus, baß bei Unterstellung gleicher Umtriebszeiten bie starken Durchforstungen ben mäßigen über¬ legen find. 2)

IV. Stntoeitbttttgc«.

Ergebnisse über die Zeit der Hiebsreife, welche auf Grund von Nechnungen mit regelmäßigen Beständen gewonnen würben, sinb zunächst theoretischer Natur. Sie erstrecken sich auf normale Verhältnisse unb entsprechen bem Stanbpunkt ber Schule. Die forstliche Praps hat es aber meist mit Walbzusjänben zu tun, bie von den normalen mehr oder weniger stark abweichen. Was. in einem Nevier genu|t wird, ist in erster

*) Folgerungen ber SobenreinertragStfyeorie § 118. 2 ) Dbne weitere Ausführungen gibt ein Vticf auf bie neuesten ©rtragStafetn (öott

@ ä ) » a » h a # , fjictjte 1902, @. H O f.) einen SBeteg sür baS oben Gesagte. Sie ge» sarnte SBertersengung weidjt bei berfdjiebenen Suröjsorftnngägraben nur.wenig bonein* anber ab. Sei UtntriebSäeiten unter 90 Sauren berljält fid) bie starfe, bei höheren UrntriebSseiten bie rnägige ©urdjforftnng etwas günstiger in Veäng ans bie absolute Ser t * leiftnng. — U S ein Veteag p ber bonb. V e n t h e i r n gewünschten SterfteBung bur# bie Presse mag e? bienen, bag ber in ber SRebe hervorgehobene Gegensat ©djtoafcpaä) — M a r t i n betreffs ber UmtriebSjeit ber richte nicht mefjr borliegt. @cbwa£badh ist mit ber Siejenfton bes Verfaffers in Vejng auf bie UmtriebSäeit einberftanben unb hält bas im 3ab>e 1890 j u Gunsten ber 120 jährigen UmtriefeSgeit abgegebene Urteil «td)t me | r aufregt.

26*

402 Martin:

Linie von dem Verhältnis der Altersklassen und der Beschaffenheit der Bestände abhängig. Die Veränderungen in den Altersklassen dürfen, wie übereinstimmend gelehrt wird, 1 ) nicht überstürzt werden. Es kommen bei der Feststellung der Flächenabnufeung die Negeln des Wald¬ baues zur Geltung, welche sür die Verjüngung einen allmählichen Ver¬ laus vorschreiben; es müssen gewisse Verhältnisse des Forstschutjes berück¬ sichtigt werden, welche wegen der Gesahren durch Feuer und Insekten die Anhäusung großer zusammenhängender reiner Bestände von gleichem Alter verbieten. Auch die Forderungen der Forstbenu|ung sind von Ein-sluß, dahin gehend, daß mit den besseren Sortimenten auch die geringen, welche nicht in großen Massen absehbar sind, verwertet werden sollen. Für die Staatsforsten treten endlich Aufgaben der Forstpolitik hinzu, welche darauf gerichtet sind, daß die Nohstosfe für manche holzverarbeiten¬ den Gewerbe jährlich in nicht zu wechfelnder Menge dargeboten werden. Jn dem Einfluß diefer mannigfachen Faktoren liegt der Grund, weshalb in der Praris, insbefondere in der Staatsverwaltung, von der forstlichen Statik feither weniger Anwendung gemacht ist, als man nach dem Kern der Sache erwarten sollte. Die Frage nach der Hiebsreise der Bestände gehört nicht zu den brennenden, aktuellen Fragen. Aber sie trägt einen bleibenden Eharakter und wird, nachdem sie einmal in der Forstwirtschaft eingeführt ist, nie wieder aus ihrem Bereiche verschwinden; nur zeitweise tritt sie gegen andere Fragen, deren Lösung dringlicher ist, zurück.

Anwendungen der Ergebnisse der forstlichen Statik über die Hiebs¬ reife erscheinen, wenigstens vom Standpunkt der Wirtfchaftsführer, oft überflüssig, weil die Beftände, deren Nutzung in Frage steht, den Eha-rakter der Hiebsreise bestimmt an sich tragen und weil die Nichtung des Hiebes bei der natürlichen Verjüngung durch die Häufigkeit der Maft= jähre und die Schu|bedürftigkeit der Jungwüchfe, bei der künstlichen durch die Negeln der Hiebsfolge und die Schlagführung bestimmt wird. J n sehr charakteristischer Weise trat dieser Stand der Sache den Teilnehmern der leiten Neise (Herbst 1906), die von der Forstakabemie Eberswalde in verschiedene Gebiete Baperns gemacht würbe, entgegen. Jn ben Forst-amtern Zwiesel und Nabenstein im Bayerischen Walbe, welche be¬ sucht wurden, bestanb fast die Halste der Bestände- aus Tannen, Fichten und Buchen von mehr als 150 Jahren. Die Verjüngung ersolgt, sosern

*) ®ie8 muß mit @ntsäjiebenl)eit betont Werben gegenüber ben Mitteilungen, © . 374, Sabrg. 1906 bieser geitscbrift, burd) bie ganä salsdje VorfleUnngen über bie gotgerungen unb äteWenbung ber SReinertragälebre ertoecft Werben. £>er Übergang jn

niebrigen Umtriebüseiten für bie Kiefer in ben preußischen ©taatgforsten ist bon feinem

Vertretet ber <Äeinertrag8teI)re befürwortet worben.

Die Bedeutung der forstlichen Statik usw. 403

es die Bodenverhältnisse gestatten, durch das Femelschlagversahren (Gaver). Tanne unb Buche werden in Horsten natürlich verjüngt, die Fichte vor¬ zugsweise auf künstlichem Wege. Die Abnugung des Altholzes muß hier¬ bei entsprechend dem Schutjbedürfnis der jungen Tanne und Buche, all¬ mahlich, in längeren Zeiträumen vorgenommen werden. Es ergibt sich daraus, daß in den genannten Forstämtern während der nächsten beiden 24 jährigen Perioden in 150—200 jährigen Beständen gewirtschaftet werden wird, mag nun eine Nechnung, die nach den Negern der forstlichen Statik geführt wird, eine 100jährige oder 80jährige oder 120jährige Umtriebszeit ergeben. — Jm Anschluß an die Neife in den bäuerischen Wald wurde dann die Ausstellung der bayerischen Staatsforstverwaltung zu Nürnberg besichtigt. Neben vielem anderen gewahrte hier der Nach¬ weis über die Vorräte der bayerischen Siaatssorflen an Alteichen, die auf graphischem Wege dargestellt waren, besonderes Jnteresse. Und es war aus den zugehörigen Erläuterungen bezw. aus den Plänen der Forstämter zu ersehen, daß diese Alteichen nur sehr allmählich zur Abnu|ung kommen sollen. Dementsprechend sind in neuerer Zeit im Spessart (Forstamt Nohrbrunn u. a.) noch Eichenbestände von mehr als 200 Jahren mit Buchen unterbaut worden. Auch in den östlichen Provinzen Preußens (z. B. in der Umgebung von Eberswalde , in der Landsberger Heide, in manchen Gebieten Ostpreußens) sind Neviere vorhanden, in denen Alt¬ holz von 120 und mehr Jahren noch die Halste oder ein Drittel der Holzbodensläche ausmacht. Mit Nücfsicht auf die angegebenen Negeln des Waldbaus und des Forftfchu|es muß auch hier, unabhängig von den Ergebnifsen der forstlichen Statik, noch lange Zeit in Beständen von mehr als 140 jährigem Alter gewirtschaftet werden.

Jn der Verschiedenheit der begehenden Waldzufiande liegt die wesentlichste Ursache der Abweichungen, die bei Anwendung der mit ber Statik in Zusammenhang stehenben Wirtschastsmaßregeln, insbesonbere bei ber Festsetzung ber Umtriebszeiten, auch ba P la | greifen, wo bie Eigentumsverhältniffe bie gleichen sind, namentlich auch in ben Staats 1

forste« bes beutschen Neiches. Die Verschiebenheit bezüglich ber Umtriebs-zeiten, die vielfach als die Folge prinzipieller Gegensä|e, als Ausfluß siaats- und privatwirtfchastlicher Anschauungen aufgefaßt werden, hat ausschließlich oder vorzugsweise in ber Kulturgeschichte ber betreffenden Länder ihre Urfache, nicht in der Anwendung wirtschaftlicher Gegenfäle. Die fächsische Staatswirtfchast nimmt bei der Betriebsführung aus die Verhältnisse der Gesamtheit und der Zukunst — was als die wichtigste Seite des staatswirtfchastlichen Prinzips ausgefaßt wird — ebenso Nüct-ficht, als die bayerische und preußische Staatssorskverwaltung. Und diese

404 Martin:

müssen bei der Betriebsregelung sämtliche Kosten unb Produftionsgrund-lagen würbigen, worin bie privatökonomische Nichtung des Betriebs ihren Ausdruck findet. Die Unterschiebe in ben Walbzustänben unb Ma߬ nahmen ber sachsischen, bayerischen, preußischen Staatsforftoerwaltttng liegen hauptfächlich in ber Gefchichte biefer Länber unb in ben Bebingungen für ben Absa|. Jn Sachsen finb bie Servituten längst abgelöst; Ur-walbreste finb nicht mehr vorhanben, ber Abfa| ist sür alle Sortimente ein sehr günstiger. Jn Bayern bestehen noch mannigsache Servituten, welche bie Freiheit ber Wirtschaftsführung hemmen; bie Neste alter Natur¬ walbungen (wie bie Alteichen bes Spessart) ragen noch in bie Gegenwart hinein; die Absativerhältnisse sind weit ungünstiger.

Aus ber Anerkennung bei Nichtigkeit ber Forberung, baß bei ber Negelung bes forstlichen Betriebs auf bie vorhanbenen Verhältniffe Nück-ficht genommen werben foll, kann aber fein Motiv bafür abgeleitet werben, baß bie Anwenbungen ber Statik von ben Staatsforstverwaltungen abgelehnt werben. Wenn bie 500jährigen Eichen bes Speffarts, bie 200 jährigen Tannen unb Buchen bes Bayerifchen Walbes, bie 160 jäh¬ rigen Kiefern ber Lanbsberger Heibe auch bas beste Holz barstellen, wel¬ ches in ben beutschen Walbungen erzeugt ist, so lassen sich boch keine Schlüsse über bie zukünftige Umtriebszeit aus biefem vortrefflichen Holze ableiten. Man kann solche Stämme unb Bestänbe nur benu|en, um nachzuweisen, wie sich unter ben vorliegenden Stanborts- unb Bestanbes-verhältnissen ber Massen- unb Wertzuwachs gestaltet hat. Ein Prinzip für bie Umtriebszeit stellt aber bie Statik auf. Es geht bahin, baß für bie forstliche Werterzeugung bie Grunbsä|e, bie sür alle anberen Wirt¬ schaftszweige Geltung haben, in Krast treten, baß nämlich bie Pro buk-t ionskosten bei der Be t r i ebs rege lung vollstänbig gewürbigt werben müssen. Dies ist eins ber allgemeinsten unb wichtigsten Geseke ber Volkswirtschaft, bas, sosern ökonomische Ziele (nicht Zwecke bes Schubes, ber Schönheit, bes Sports) vorliegen, auch in ben Walbungen ber Kultur-länber ohne Unterschieb nach ben Eigentumsverhältnissen zur Anwenbung kommen muß. Mi t bem Hinweis auf bie Ge fah ren , zu welchen eine unverstänbige, übereilte Anwenbung bes richtigen Grunbgebankens ber forstlichen Statik Anlaß geben kann, bars keine Verwaltung bie aus ihm hervorgehenben Forberungen unb Anwenbungen ablehnen. Wo gibt es Gebiete bes menschlichen Lebens, aus benen bie unrichtige Anwenbung richtiger Gebanken keine Mißstänbe zur Folge hat? Auch mit ber Ent­wicklung ber Naturwissenschaften sinb für bas religiöse unb sittliche Leben ber Kulturvölker Gefahren erwachsen, die weit einflußreicher und folgen-fchwerer sind, als alle Gefahren, welche aus einer verkehrten Behandlung

D i e B e d e u t u n g b e r forstlichen S t a t i k usw. 4 0 5

t>er W a l d u n g e n h e r v o r g e h e n k ö n n e n . U n b doch k a n n kein Zweifel d a r ü b e r

bes tehen , d a ß e ine r ich t ige E r k e n n t n i s u n d A n w e n d u n g d e r Naturwissen¬ schaften d e r E n t w i c k l u n g d e s Menschengeschlech ts n u r förder l ich sein k a n n .

Auch v . B e n t h e i m ist o f f e n b a r v o n d e m G e d a n k e n a n G e f a h r e n ,

b i e b e n B e s t a n d d e r Forsien du rch b i e sorftl iche S t a t i k b e b r o h e n , durch¬

d r u n g e n . E r fragt: „ W a r u m fchweigen d ie G e g n e r ? Qui t a c e t consen-tire videtur. S t e h e n , w i e Herr M a r t i n a n k ü n d i g t , prakt ische N u t -

a n w e n b u n g e n se ine r L e h r e n a h e b e v o r , so m ü ß t e e s b e i i h n e n h e i ß e n :

A l l e M a n n a n B o r d , u m schwere Havarien z u v e r m e i d e n ! " D i e s e m

N u f e zu fo lge erscheint e s w o h l a n g e z e i g t , daß de r Verfasser, d e n W e i f u n g e n

s e i n e s a l t e n L e h r e r s B o r g g r e v e 1 } fo lgend , d ie U m s t u r z p l ä n e , d i e er i m

S c h i l d e f ü h r t , z u r K e n n t n i s se ine r Fachgenoffen b r i n g t . D i e s l i eg t im J n t e r e f f e b e i b e r Parteien. Auch v . B e n t h e i m s M a n n e n k ö n n e n sich d a n a c h be i d e r W a h l de r W a f f e n u n d d e r A r t d e r K a m p f e s f ü h r u n g

r i ch ten .

A l l e r d i n g s h a t d e r Verfasser, w i e v . B e n t h e i m h e r v o r h e b t , p r a f -

tische N u | a n w e n b u n g e n d e r forst l ichen S t a t i k v o r A u g e n . D a s ist g a n g

setbstoerstänblich. J m V o r w o r t de r S tauf w i r d b e s o n d e r s d a r a u s tjin= gewiesen , d a ß e ine A r b e i t o h n e Ersolg (b ies W o r t i m we i t e s t en S i n n e

ge faß t ) i n b e r L i t e r a t u r e in ebenso t ö r i c h t e s U n t e r n e h m e n ist, m i e d ie

A r b e i t f ü r e i n e n T a g e l ö h n e r , w e n n fe in A r b e i t s l o h n g e z a h l t w i r d . D e r

wesentlichste E r f o l g forft l icher l i t e r a r i s che r A r b e i t e n l i eg t a b e r i n i h r e r

E i n w i r f u n g aus d i e praftische W i r t s c h a f t s f ü h r u n g . Auch v . B e n t h e i m

e rkenn t d ie B e d e u t u n g d e r L i t e r a t u r i n diesem S i n n e a n ; e s m u ß i h m

d e s h a l b s e i t e n s d e r V e r t r e t e r d e r forst l ichen Presse ( o h n e Unte r sch ied d e r

N i c h t u n g e n ) D a n k gezollt w e r d e n .

W e l c h e r A r t foH n u n a b e r d i e E i n f ü h r u n g d e r S t a t i k i n d ie Praris f e i n ? W e n n m a n v . B e n t l j e i m ' s N e d e a u f sich e i n w i r k e n l ä ß t , so f ü h l t

m a n sich fast i n d ie Zeit v o r 3 0 ode r 4 0 J a h r e n z u r ü c f v e r s e t t , als G r e b e , Helferich, B r a u n , S c h a e s f l e , B o r g g r e v e u . a. ihre S c h r i f t e n u n d N e b e n ü b e r Preßler's r a t i o n e l l e n W a l b w i r t kund g a b e n .

A l l e i n e s b e b e u t e t gewiß keine Ger ingschä |ung dieser v e r b i e n s t v o D e n

A u t o r e n , w e n n m a n h e r v o r h e b t , d a ß i h r e d a m a l i g e n A u s s ü h r u n g e n j e | t

i n v i e l e r Hinsicht v e r a l t e t sinb. D i e N e i n e r t r a g s l e h r e h a t sich seit j e n e r

Zeit g a n z a n b e r s entwickel t , a l s i n i h r e n A n f ä n g e n ; sie ist i n ökonomischer

u n d forsttechnifcher Seite f o r t g e b i l d e t , sie w i r d n icht m e h r so e in se i t i g

m a t h e m a t i s c h d a r g e s t e l l t , w i e e s n a m e n t l i c h v o n G . H e n e t geschah.

*) Sie gorflreinertragstelre, 1878. ©ritte Ibtei fung: Offenlegung be§ Pro* granunes unb D.peration8}>IanS.

406 Mart in:

Auch die äußeren wirtschaftlichen Verhältnisse (Nutholzverbrauch, Be¬ förderungsmittel) find andere geworden. Wird dies nicht anerkannt, so geschieht es zwm Schaden derjenigen, die gegen die Fortschritte absichtlich oder unabsichtlich die Augen verfchließen. — Wie die Einführung der Statik in die P r a r i s zu denken ift, wird der Verfasser voraussichtlich in Kürze in dieser Zeitschrift1) näher darzulegen Veranlassung haben. Hier mögen nur einige Andeutungen folgen:

Die nächste und wichtigste Ausgabe für die Einsührung des boden¬ reinerträglerischen Zukunftsstaats, wie v. Benthe im die Einrichtung der Forsten nach den Grundsätzen der Statik nennt, geht dahin, daß gründ¬ liche Nachweise der H i e b s r e i f e der wichtigsten H o l z a r t e n f ü r charakteristische Nev iere oder Wirtschaftsgebiete i n der Lite¬ r a t u r und P r a r i s n iedergelegt werden. Von seinen eigenen Arbeiten aus den Jahren 1893—1899 ist der Versasser selbst noch durch¬ aus nicht befriedigt. Um folche Grundlagen zu schaffen, ist es erforder¬ lich, daß über den Gang des Zuwachfes in charakteristischen Beständen der in der Ertragsregelung begriffenen Neviere Untersuchungen gemacht und Anweisungen hierfür gegeben werden. Die vorliegenden Ertrags¬ tafeln geben zwar wesentliche Hilfsmittel in dieser Hinsicht ab. Allein sie beziehen sich doch aus normale Bestände und -te umfassen zu umfang¬ reiche Gebiete. Jhre Angaben bedürfen deshalb, um in der P ra r i s an--gewandt zu werden, je nach Standort unb Wirtschaftsführung, der Be¬ richtigung — wie es bei der Betriebsregelung für bie Staatsforsten in Ofterreich2) vorgeschrieben ist. J n nach höherem Maße gilt die aus¬ gesprochene Forderung in Bezug aus den Wertzuwachs. Es muß auf Grund der Wirtfchaftsergebniffe unb bes Zuivctchsgangs dargelegt werden,, in welchem Zeitraum Gebrauchswerte von wirtschaftlicher Bedeutung seit¬ her erwachsen sind; und es ift weiter zu beurteilen, welche Sortimente die zukünftige Wirtschaft in bestimmten Zeiträumen erziehen fann. Durch die neuerdings in mehreren Staaten bewirkte einheitliche Gestaltung der Sortierung der Nutjstämme ist bereits ein wichtiger Schritt nach dieser Nichtung t)in vottzogen. Sodann ist der Nachweis des V o r r a t s nach Masse und Wert eine Forderung, die zusotge des der Statik eigentüm¬ lichen Prinzips von ihren Vertretern gestellt wird. Er muß sür die e inzelnen Neviere oder Betriebsverbände nachgewiesen werden. AU¬ gemein gehaltene Angaben dieser Art, wie sie von v. B e n t h e i m ge=

1 ) ©ei Seftoredjrntg ber in luSsictjt stebenbett Anleitung gur 8etrie68regetung fü r bie fereusjisdjen ©taat6forsten (salfe sie »erössentiiibt Wirb).

2 ) 9?ad) § 32 ber Snftruft icn für bie Segrensung, Vermessung unb Vetriebäein» ridjtung ber öjierr. ©taatsfocst öon 1 9 0 1 .

Die Bedeutung ber forstlichen Sta tu usw. 407

macht werden (Altersklafsenverhältnis der ostlichen Provinzen Preußens) sind, wie event. bei anderer Gelegenheit begrünbet werben mag, mit großer Vorsicht aufzufassen.

Unterfuchungen über ben Massen- unb Wertzuwachs, sowie über bas Holzvorratskapital, benen sich weitere über ben Einfluß ber Durchforstungen unb Lichtungen anzufchließen haben, bilben aber auch eine wichtige Auf¬ gäbe berjenigen Nichtung, beren Ziel nur auf bie absolute Werterzeugung ber Walbungen gerichtet ist. Sie werben auch von ben Vertretern bes Waldreinertrags geforbert unb müssen auch von biesem Standpunkt aus als um so dringlicher bezeichnet werben, als viele anbere Aufgaben, auf bie in neuerer Zeit hingewiesen wirb (z. B. bie Beleihung ber Waldungen, die Besteuerung) den Nachweis des Wertes des Holzvorrats zur Voraus-seiung haben. Mi t Nücfsicht aus diesen Stand der Dinge hat man allen Grund, für die nächste Zeit die Gemeinsamkeit der Interessen der verschiedenen forstlichen Nichtungen zu betonen. Auch mit Nück-sicht auf die technischen Maßnahmen (Bestandesbegründung, Bestandes¬ pflege) besteht eine solche. Nicht die kritische, sondern die produktive Arbeit hat für die Zukunft am meisten Bedeutung. Erst wenn genügende Grundlagen der angegebenen Art vorliegen, wird es angezeigt sein, unter Benu|ung amtlichen Materials bestimmte Folgerungen nach den Lehren der Statik zu ziehen. Daß diese, den Folgerungen der Bobenreinerirags-theorie bes Verfassers entsprechend, voraussichtlich weit konservativer sich erweisen werden, als es nach bem früheren Stand der Verhältnisse unb Lehren anzunehmen war, wurde bereits unter I I I hervorgehoben. Die berufenen Träger aller hierher gehörigen Aufgaben find die Vertretet ber Betriebsregelung, für welche deshalb ständige Einrichtungen wün¬ schenswert sind.

Vorflehenb ist der erste unb wichtigste Schritt zur Einführung bes bobenerträglerischen Zufunstsstaatei, soweit es möglich i( i, gekennzeichnet v. B e n t h e i m vergleicht, biesen Ausbrucf gebrauchend, die Vertreter der Neinertragslehre dem ejtremen Sozialismus. Geht man aber auf den Kern der beiderseitigen Lehren ein, fo gibt es keinen stärkeren Gegensatz als diese beiden Nichtungen: Der Sozialismus (die Lehre von K. MarrJ ist durch die Negation der Kapitalverzinsung ausgezeichnet; die Neinertrags¬ lehre durch die Forderung ber Verzinsung!

Hiermit schließt ber Verfasser ben fachlichen Teil btefer seiner Er-wiberung, bie zugleich zur Begrünbung seiner Ansichten unb Bestrebungen auch gegenüber anbern literarischen Außerungen, bie in neuerer Zeit er¬ schienen finb ober noch erscheinen werben, bienen mögen. J n persönlicher Beziehung finb nur 2 Bemerkungen ersorberlich:

408 Martin: Die Bedeutung der forstlichen Statu usw.

M i t der „Dame Mathematik" (wie ». Benthe im diese Wissen¬ schast nennt) hat der Verfasser seit seiner Schulzeit im besten Einver¬ nehmen gestanden. Er ist mit ihr sogar eine Art von Verbindung ein¬ gegangen, indem er unter dem Einfluß seines Lehrers Gustav Heyer noch 5 Jahre nach seinem Staatsexamen bei seiner Promotion in Leipzig (1881) diese Dame zum Gegenstand der mündlichen Prüsung erwählt und den Prüsungstanz mit ihr zur Befriedigung des betreffenden Pro-fefsors getanzt hat. Diese Verbindung würde auch aufrecht erhalten fein und die Kinder, die später das Licht der Welt erblickten, würden dem¬ gemäß gan| andere Züge tragen, wenn nicht eine langjährige Befchästi-gung im Forsteinrichtungswesen unter der Leitung des Forstrats Ka i se r im Negierungsbezirk Kassel und eine noch längere in der preußischen Forst¬ Verwaltung die Überzeugung begründet hatte, daß die wichtigsten Fragen der Forstwirtschaft auf mathematischem Wege, in der von G. Hey er an¬ gestrebten Weise, nicht gelöst werden können. Dies ist oben unter I I und im Vorwort der S t a t u ausführlich begründet worden. Sofern es sich aber um Gegenftände handelt, die nach ihrem Kern, nach ihren Grundlagen und Zielen der mathematifchen Behandlung fähig sind, ordnet sich der Verfasser ohne jede Widerrede und Einschränkung der Mathematik wittig unter und gestattet sich keinerlei Dispens von der ihr eigentümlichen zwingenden Beweiskraft, Ein Lehrer an einer forstlichen Hochschule würde sich dadurch unmöglich machen. Als Grundlage der theoretischen Ausbildung, zur Schärfung des Verstandes und als Zer¬ störerin der Phrase hat die Mathematik unter allen Umständen sür den Unterricht ihre große Bedeutung, auch wenn sie im beruflichen Leben (ebenso wie die alten Sprachen) nicht unmittelbar, in der Art wie sie ge¬ lehrt ist, zur Anwendung kommt.

Was sodann die Äußerung v. Ben the ims über die wilde Ehe be¬ trifft, so hat der Verfaffer diefe als einen Scherz aufgefaßt, der ja in einer Forstversammlung, für die das Thema des forstlichen Neinertrags zu trocken ist, ganj angebracht sein mag. Der tatsächlichen Entwicklung entspricht sie aber durchaus nicht. Wer den Arbeiten des Verfassers im leiten Jahrzehnt gefolgt ist, wird leicht ermessen, daß dieselben anders entstanden sind, als v. Benthe im annimmt, wenn er den versammelten Fachgenossen in Danzig den Verfasser als einen Vater gezeichnet hat, der seinen eigenen Kindern die Kopse und Füße abhackt.