5
224 Zeitachrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. &nd 234. 1937 Die Bestimmung des Bleies in Gegenwart anderer Metalle Von C.MAHR und HERTHA OHLE In den meisten Fiillen, vor allem bei der Analyse von Legierungen, wird das Blei als Sulfat abgeschieden. Schon hiiufig wurde jedoch versucht, diese zeitraubende und mit einer Reihe von Fehlermoglich- keiten behaftetel) Bestimmungsweise durch das einfaohere und schnellere Chromatverfahren zu ersetzen2). Aber abgesehen davon, daB auch dieses nicht in allen Fiillen anwendbar ist, besteht bei der Analyse der sehr oft zinnhaltigen Bleilegierungen grundsiitzlich die Schwierig- keit, daD in Gegenwart von Blei die mit Salpetersaure abgeschiedene Zinnsiiure stets bleihaltig ist3), so daB man bei genaueren Analysen gezwungen ist, die rohe Zinnsiiure aufzuschlieBen. Es fehlte also immer noch ein Verfahren, welches die Ausfiillung des Bleis auch aus stark saurer oder sogar Konigswasser enthaltender Losung gestattet und das nicht durch die anderen in der Praxis hiiufig das Blei begleitenden Metalle wie Zinn, Antimon, Wismut, Kupfer, Kadmium usw. gestort wird. Im Verlauf unserer Untersuchungen uber die Anwendung von Thioharnstoff CS(NH,), in der quantitativen Analyse4) gelang es uns, ein Verfahren auszuarbeiten, das diesen Forderungen weit- gehend entspricht. Die im folgenden naher beschriebene Arbeits- weise zur Bestimmung des Bleis beruht darauf, daB aus einer sauren, nitrathaltigen Losung beim Sattigen mit Thioharnstoff nur das Blei als schwerlosliches Thiohamstoffnitrat der Formel 2Pb(NO,),- 11 CS(NH,), ausfiillt, wahrend fast alle anderen Metalle als losliche Thioharnstoffkomplexverbindungen oder als Nitrate in Losung bleiben. Der abfiltrierte und mit thioharnstoffgesiittigter Salpeter- siiure gewaschene Niederschlag wird in heiBem Wasser gelost, worauf in der nunmehr als einziges Metal1 Blei enthaltenden Losung dieses l) Vgl. z. B. Z. KARAOQLANOV u. B. SAQORTSCHEV, Z. analyt. Chem. 81 (1930), 275; ferner: H. WDOWISZEWSEI, Z. analyt. Chem. 104 (1936), 94. 2, Z. KARAOQLANOV u. M. M~CHOV, Z. analyt. Chem. 103 (1936), 113; L. GUZELJ, Z. analyt. Chem. 104 (1936), 107. 3, W. TILE u. R. HOLTJE, Z. anorg. u. allg. Chem. 218 (1934), 314. 4, C. MAHR, Angew. Chem. 60 (1937), 412.

Die Bestimmung des Bleies in Gegenwart anderer Metalle

  • Upload
    c-mahr

  • View
    213

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die Bestimmung des Bleies in Gegenwart anderer Metalle

224 Zeitachrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. &nd 234. 1937

Die Bestimmung des Bleies in Gegenwart anderer Metalle Von C.MAHR und HERTHA OHLE

In den meisten Fiillen, vor allem bei der Analyse von Legierungen, wird das Blei als Sulfat abgeschieden. Schon hiiufig wurde jedoch versucht, diese zeitraubende und mit einer Reihe von Fehlermoglich- keiten behaftetel) Bestimmungsweise durch das einfaohere und schnellere Chromatverfahren zu ersetzen2). Aber abgesehen davon, daB auch dieses nicht in allen Fiillen anwendbar ist, besteht bei der Analyse der sehr oft zinnhaltigen Bleilegierungen grundsiitzlich die Schwierig- keit, daD in Gegenwart von Blei die mit Salpetersaure abgeschiedene Zinnsiiure stets bleihaltig ist3), so daB man bei genaueren Analysen gezwungen ist, die rohe Zinnsiiure aufzuschlieBen. Es fehlte also immer noch ein Verfahren, welches die Ausfiillung des Bleis auch aus stark saurer oder sogar Konigswasser enthaltender Losung gestattet und das nicht durch die anderen in der Praxis hiiufig das Blei begleitenden Metalle wie Zinn, Antimon, Wismut, Kupfer, Kadmium usw. gestort wird.

Im Verlauf unserer Untersuchungen uber die Anwendung von Thioharnstoff CS(NH,), in der quantitativen Analyse4) gelang es uns, ein Verfahren auszuarbeiten, das diesen Forderungen weit- gehend entspricht. Die im folgenden naher beschriebene Arbeits- weise zur Bestimmung des Bleis beruht darauf, daB aus einer sauren, nitrathaltigen Losung beim Sattigen mit Thioharnstoff nur das Blei als schwerlosliches Thiohamstoffnitrat der Formel 2Pb(NO,),- 11 CS(NH,), ausfiillt, wahrend fast alle anderen Metalle als losliche Thioharnstoffkomplexverbindungen oder als Nitrate in Losung bleiben. Der abfiltrierte und mit thioharnstoffgesiittigter Salpeter- siiure gewaschene Niederschlag wird in heiBem Wasser gelost, worauf in der nunmehr als einziges Metal1 Blei enthaltenden Losung dieses

l) Vgl. z. B. Z. KARAOQLANOV u. B. SAQORTSCHEV, Z. analyt. Chem. 81 (1930), 275; ferner: H. WDOWISZEWSEI, Z . analyt. Chem. 104 (1936), 94.

2, Z. KARAOQLANOV u. M. M~CHOV, Z. analyt. Chem. 103 (1936), 113; L. GUZELJ, Z. analyt. Chem. 104 (1936), 107.

3, W. TILE u. R. HOLTJE, Z. anorg. u. allg. Chem. 218 (1934), 314. 4, C. MAHR, Angew. Chem. 60 (1937), 412.

Page 2: Die Bestimmung des Bleies in Gegenwart anderer Metalle

C. Mahr u. H. Ohle. Bestimmung des Bleies in Gegenwart anderer Metalle 225

Element rasch und einfach durch Fiillung mittels Chromat, Anthranil- siiure oder Pikrolonsiiure abgeschieden werden kann.

Das Verfahren wurde an Losungen gepruft, die auBer Blei noch die Elemente Ag, Hg, Cu, Bi, Cd, As, Sb, Sn, Co, Ni, Fey Mh, Al, Cr, Zn und Ba enthielten. In keinem Fall traten dadurch Storungen auf. Besonders deutlich wurden aber die Vorteile des neuen Analysen- verfahrens bei der Bleibestimmung in Legierungen. In vier, meist zinnhaltigen Metallproben, deren Bleigehalt von 44,75--1,5O/,, ab- gestuft war, konnte das BIei rasch und genau durch einmslige Abscheidung als Thioharnstoffnitrat und Ausfiillung als Chromat bzw. Anthranilat bestimmt werden. Nach den bisherigen Fest- stellungen zeigt nur das Thallium ein Bhnliches Verhalten wie das Blei. Die Anwendung dieser Reaktion fiir die Thalliumbestimmung wird 4ur Zeit ausgearbeitet.

Wenn neben dem Blei auch die anderen Bestandteile eker Legierung bestimmt werden sollen, so sind, falls man nicht uberhaupt in anderen Teilen der Losung spezifische Fiillungsverfahren fiir die betreffende Ionenart anwenden will, die restlichen Elemente durch Schwefelwasserstoff aus dem Filtrat des Bleiniederschlages ab- zuscheiden. Nur Kupfer ist dabei nicht vollstiindig zu erfassen, man kann aber dieses Element unabhlingig vom Blei, Zinn usw. in einem anderen Teil der Losung als Kupfersalz der Reineckesaurel) bestimmen.

Fur die Bleifiillung als Thioharnstoffnitrat ist die genaue Arbeits- vorschrift folgendermaBen :

Die genugend Salpetersiiure enthaltende Losung wird soweit verdunnt, dab sie etwa 1-2n an HN03 ist. Das Gesamtvolumen sol1 nicht allzu groS sein, damit der Verbrauch an Thioharnstoff vermindert wird. Zu der Losung gibt man das gleiche Volumen einer frisch bereiteten, bei etwa 25-30° gesiittigten, einfach normal salpetersauren Thiohamstofflosung (Sulfocarbamid, Schwefelharn- stoff ,,reinst" von Kahlbaum), oder man slittigt beim Vorliegen groBerer Flussigkeitsmengen die zu analysierende Losung durch Zugabe von festem Thioharnstoff. Danach kiihlt man durch Ein- stellen in Eis griindlich ab. In kleinen weiBen, meist nadelformigen Kristallen erscheint der aus 2Pb(N03)2- 11 CS(NH,), bestehende Niederschlagz). Andere Fallungen, die bei Anwesenheit von Silber

1) C. IUm, Z. anorg. u. aUg. Chem. 226 (1935), 386. 2, Diem Verbindung ist bereita von A. ROSENHEIM u. V. J. RIEYER, Z. anorg.

Chem. 49 (1906), 13, dargestellt und amlysiert worden. Die angegebene Formel wurde durch eigene Analysen bestiltigt.

Z. anorg. u. allg. Chem. Bd. 234. 16

Page 3: Die Bestimmung des Bleies in Gegenwart anderer Metalle

226 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Bmd 234, 1937

oder vie1 Kupfer beim ersten Zusatz des Thioharnstoffes entstehen konnen, losen sich bei hoheren Thioharnstoffkonzentrationen glatt wieder auf. Zur abgekuhlten Losung setzt man noch eine kleine Menge festen Thioharnstoffes hinzu und beobachtet, ob nach llingerem Stehen in Eis und gelegentlichem Umschwenken noch die derben, groben Korner des zugesetzten Thioharnstoffes sichtbar sind. Andern- falls wiederholt man den Zusatz von Thioharnstoff. Es ist fur die quantitative Abscheidung des Bleies wich tig, daB die Losung an Thioharnstoff vollkommen gesattigt und auf Oo abgekiihlt ist. Nach 1/2-1 stindigem Stehen in Eis filtriert man durch ein Filterrohr mit Jenaer Glasfritte und wlischt den Niederschlag mit einer eis- gekiihlten, etwa 1 -2fach normalen Salpetersiiure, die ebenfalls an Thioharnstoff geslittigt ist und bei 00 einen kleinen Bodensatz von Thioharnstoff hat. Nach beendetem Auswaschen saugt man scharf ab, lost nach Wechseln der Vorlage den Niederschlag durch heiBes Wasser und wlischt grundlich mit kaltem Wasser na,ch. Das Filtrat ist nun eine fast neutrale, thioharnstoffhaltige Bleinitrah- losung, die zweckmiiBig sofort weiterverarbeitet wird.

Zur Bestimmung des Bleies als Chromat versetzt man die Losung mit 1-2 g Ammoniumacetat, erhitzt zum Sieden und fiillt mit heiBer Kaliumbichromatlosung das Bleichromat aus. Nach llingerem Stehen filtriert man dieses durch einen Porzellanfiltertiegel ab , wiisch t rnit heiBem Wasser nach und glriht im elektrischen Ofen bei 550-600° bis zur Konstanz. In Obereinstimmung rnit den Beobachtungen von L. GUZELJ~) konnten wir feststellen, daB das meist vorgeschriebene Trocknen des Bleichromats bei 1400 nicht geniigt, denn die Bleiwerte liegen in diesem Falle stets etwas uber den theoretischen, wiihrend die nach dem Gliihen des Bleichromats erhaltenen Werte besser damit ubereinstimmen. Im ubrigen kann man das ausgefallte Blei- chromat natiirlich auch jodometrjsch bestimmen.

Weiterhin wurde versucht, in der thioharnstoffhaltigen Losung das Blei nach H. FUNK und F. R ~ M E R ~ ) zu fallen. Die erhaltenen Werte lieBen auch diese Bestimmungsart als empfehlenswert er- scheinen. SchlieBlich ist es noch moglich, das Blei aus der Losung mittels Pikrolonsiiure nach F. HECIIT, W. REICH-ROHRWIG und H. BRANTNER3) ZU fallen.

1) L. GUZELJ, Z . analyt. Chem. 104 (1936), 107. 2) H. FUNK u. F. R~~MER, Z. analyt. Chem. 101 (1935), 85. 8 ) F. HECHT, W. REICH-ROJTRWIU u. H. BRANTNER, Z. analyt. Chem. 95

(1933), 152.

Page 4: Die Bestimmung des Bleies in Gegenwart anderer Metalle

C. Mahr u. H. Ohle. Bestimmung des Bleies in Gegenwart anderer Metalle 227

Zinn- oder antimonhaltige Legierungen werden auf dem Wasser- bad in Konigswasser gelost, die etwas eingeengte Losung wird dann auf 60-100 em3 verdiinnt und mit 5-8 g festem Thioharnstoff versetzt, worauf sich beim Abkiihlen der Bleiniederschlag abscheidet. Moglicherweise notwendiger Weinsiiurezusatz ist ohne EinfluB auf die Bleibestimmung. Bei Gegenwart von Wismut ist der aus- gewaschene Niederschlag schwach gelblich gefiirbt, ein bemerkbarer Fehler wird dadurch aber nicht verursacht. Liegen besonders groBe Wismutmengen vor, so empfiehlt es sich, den Blei-Thioharnstoff- Nitratniederschhg in Wasser zu losen und nach dem Ansiiuem mit Salpetersiiure nochmals durch Thiohamstoffzusatz zu fiillen.

Eine Reihe typischer Ergebnisse zeigt folgende Ubersichtl) : I. Fiillung reiner Bleisalzlosungen mit Thioharnstoff und Salpeter-

siiure, Auflosen und Fiillen des Bleies als

a) Chromat

Gegeben in mg Pb

5030 5090 49,99 20,20 20,20 20,20 20,20

101,oo

10,o 49,99

Gefnnden in mg Pb

50,l 49,9 49,97 2429 20,21 20,26 20,H

101,12

______ Abweichung

in mg

+ OJ - 0,l - 0,02 + 0909 + 0901 + 0,os - 0,09 + 0912

___-

b) mit Anthranilsiinrc

9,93 ' - 407 49,95 j - 0,04

c) mit Pikrolonsiiurt

Bemerkungen __

Chromat gegliiht

Chromat bei 140° getr. neben I g Weinsiiure

I ) Die Versohiedenheit in der Angabe der Stellen hinter dem Komma bei den angefiihrten Analysenergebniesen riihrt daher, daB bei den einen eine ge- wiihnliche Andysenwaage benutzt und Tiegel und Niederschlag in normaler Weise mit Gewichten ausgewogen wurden, wiihrend die gemueren Analysen unter Benutzung einer Halbmhwaage und durch Wirgung gegen einen gleich- artigen Tiegel als Tar& [C. MAER, Z. analyt. Chem. 109 (1937), I] durchgefiihrt wurden.

15*

Page 5: Die Bestimmung des Bleies in Gegenwart anderer Metalle

228 Zeitschrift fiir anoxganirjche und allgemeine Chemie. Band 234. 1937

11. Bestimmungen in Gegenwart anderer Metalle :

Zusatz I?:%

je 35mg Fe, Mn, Ni,

hfunden n mg Pb

49,95 49,94 20,35 20,39

20,32 20,35

Abweichung I Bemerkungen.

1 :g I } Chromat gegluht

+ 0.19 + 0,15 I \ Chromat bei 1400 . .

getrocknet

Chromat jodo- metrisch bestimmt

Bleibestimmung in Legierungen: Legierung 1 enthiilt: 55,3% Sn; 44,760/0 Pb.

gefunden: 44,87 Pb. Legierung 2 enthtilt: 40,5% Bi; 15,2% Sn; 12,5% Cd;

30y80/0 Pb. gefunden: 30y860/0 Pb.

hgierung 3 enthtilt: 81,2°/0 Cu; 10,Oo/o Sn; 2,60°/0 Zn; 0,7°/0 Sb; 0,13% Ni; 4,2S0/0 Pb. 4,20°/0 Pb. g e fund en :

Legierung 4 enthtilt: 0,12°/0 Unlod., 58,53°/0 Cu; 39,7% Zn; O,lSo/o Fe; 1,61°/0 Pb.

gefunden: 1,490/0 Pb.

i t faThTgl Lahm, Chemisches Institut aer Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 23. September 1937.