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H. SCHAFER u. H. HEINE, Die Bildungsenthalpien von SiCI,, SiBr, und SiJ, 25 Die Bildungsenthalpien von SiCI4, S i b , und SiJ, Von HARALD SCHAFER und HEINZ HEINE Inhaltsiibersicht Die Reaktionsenthalpien der Siliciumhalogenide Six, (X = C1, Br, J) sowie des Siliciums mit Silberfluorid und FluDsLnre wurden gemessen. Six, + 4AgF + 2HF = 4AgX + H,SiF, Si + 4AgF + 2HF = 4Ag + H,SiF,. Die Kombination dieser Reaktionsenthalpien mit den fur die Silberhalogenide bekannten AH"- Werten liefert die Bildungsenthalpien der Siliciumtetrahalogenide (298 "K) : dH"(SiCI,, fl) = -163,9 kcal/Mol dH"(SiBr,, fl) = -108,4 kcal/Mol dH"(SiJ,, f) = - 47,6 kcal/Mol. Die Ergebnisse liefern ferner eine Bestiitigung des neuerdings fur a-Quarz gemessenen, hohen A Ho-Wertes. Summary The reaction enthalpy of silicon halides, Six, (X = C1, Br, J) and also that of silicon with silver fluoride and hydrofluoric acid was measured. Six, + 4AgF + 2HF = 4AgX + H,SiFB Si + 4AgF + 2HF = 4Ag + H,SiF,. The combination of these reaction enthalpies with the known AH"-values of the silver halides gives the enthalpies of formation of the silicon tetrahalides (at 298 "K): dHo(SiCI,, fl) = -163.9 kcal/Mol dH"(SiBr,, fl) = -108.4 kcal/Mol AH"(SiJ,, f) = - 47.6 kcal/Mol. The results also confirm the lately measured high value for AH" (a-quartz). Vor einiger Zeit wurden Hochtemperaturgleichgewichte untersucht, an denen Siliciumdi- und -tetrahalogenide beteiligt sind 1-5). Im Jodidsystem waren die Ergebnisse mit dem fur -AH"(SiJ,, f) gultigen Literafurwert 1-5) 8. S. 26.

Die Bildungsenthalpien von SiCl4, SiBr4 und SiJ4

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Page 1: Die Bildungsenthalpien von SiCl4, SiBr4 und SiJ4

H. SCHAFER u. H. HEINE, Die Bildungsenthalpien von SiCI,, SiBr, und SiJ, 25

Die Bildungsenthalpien von SiCI4, S i b , und SiJ,

Von HARALD SCHAFER und HEINZ HEINE

Inhaltsiibersicht Die Reaktionsenthalpien der Siliciumhalogenide Six, (X = C1, Br, J) sowie des Siliciums

mit Silberfluorid und FluDsLnre wurden gemessen.

Six, + 4AgF + 2HF = 4AgX + H,SiF,

Si + 4AgF + 2HF = 4Ag + H,SiF,.

Die Kombination dieser Reaktionsenthalpien mit den fur die Silberhalogenide bekannten AH"- Werten liefert die Bildungsenthalpien der Siliciumtetrahalogenide (298 "K) :

dH"(SiCI,, fl) = -163,9 kcal/Mol

dH"(SiBr,, fl) = -108,4 kcal/Mol

dH"(SiJ,, f) = - 47,6 kcal/Mol.

Die Ergebnisse liefern ferner eine Bestiitigung des neuerdings fur a-Quarz gemessenen, hohen A Ho-Wertes.

Summary The reaction enthalpy of silicon halides, Six, (X = C1, Br, J) and also that of silicon

with silver fluoride and hydrofluoric acid was measured.

Six, + 4AgF + 2HF = 4AgX + H,SiFB

Si + 4AgF + 2HF = 4Ag + H,SiF,.

The combination of these reaction enthalpies with the known AH"-values of the silver halides gives the enthalpies of formation of the silicon tetrahalides (at 298 "K):

dHo(SiCI,, fl) = -163.9 kcal/Mol

dH"(SiBr,, fl) = -108.4 kcal/Mol

AH"(SiJ,, f ) = - 47.6 kcal/Mol.

The results also confirm the lately measured high value for AH" (a-quartz).

Vor einiger Zeit wurden Hochtemperaturgleichgewichte untersucht, an denen Siliciumdi- und -tetrahalogenide beteiligt sind 1-5). Im Jodidsystem waren die Ergebnisse mit dem fur -AH"(SiJ,, f ) gultigen Literafurwert

1-5) 8. S. 26.

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26 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 332. 1964

( N 32 kcal/Mol) nicht vereinbar ; sie forderten hierfur - 48 kcal/Mol5). All- gemein fehlten fur eine umfassende Auswertung der friiheren Gleichgewichts- messungen zuverliissige Werte fur die Bildungsenthalpien der Verbindungen SiCl,, SiBr, und SiJ,. Die Literaturwerte stammen aus Messungen der Hydro- lysenwarme oder schlieI3en auf anderem Wege an die Bildungsenthalpie von Quarz an. Sie hangen damit von einer GroOe ab, deren ,,anerkannter" Zah- lenwert in den letzten Jahrzehnten standig zugenommen hat : Wahrend ROTH und SCHWARTZ~) (1928) -AH" (Quarz, 298) noch mit 191 kcal/Mol ein- setzten, findet man bei BICHOWSKY-ROSSINI 7, (1936) 203 kcal, bei ROSSINI- WAGMAN u. Mitarb.s) (1952) 205 kcal, bei HUMPHREY und KING^) (1952) auf Grund neuer Messungen 210 kcal und schliefilich (1962) bei COCHRAN und FOSTER^^), GOOD 11), sowie WISE, MARGRAVE, FEDER und HUB BARD^^) Werte zwischen 215,s und 217,75 kcal/Mol.

Unter diesen Umstiinden war es notwendig, die Bildungsenthalpie der Siliciumhalogenide auf einem von AH" (SiO,) unabhiingigen Wege zu er- mitteln.

Das fur die Losungsca lor imet r ie gewahlte Reaktionsschema ist ein- fach und fur SiCI,, SiBr, und SiJ, anwendbar:

Six, + 4AgF + 2HF = 4AgX + H,SiF6 4Ag + H,SiF, = Si + 4AgF + 2HF

_ _ - ~ Six4 + 4Ag = Si + 4AgX

Da die Bildungsenthalpie der Silberhalogenide gut bekannt ist, war so auch die der Siliciumhalogenide zuganglich.

Trotz der Einfachheit des Reaktionsschernas waren zur Sicherung eines ungestorten Ablaufs der calorimetrischen Reaktionen umfangreichere Un- tersuchungen notwendig 13).

1) H. SCHAFER u. J. NICKL, Z. anorg. allg. Chem. 974, 250 (1953). z, H. SCHAFER u. B. MORCHER, Z. anorg. allg. Chem. 290, 279 (1957). 3) H. SCHAFER u. B. MORCHER, Dissertation MORCHER, Munster 1956. 4) H. SCHAFER u. H. BRUDERRECK, Dissertation BRUDERRECK, Munster 1959. 5 ) H. SCHAFER u. H. BRUDERRECK, Diplomarbeit BRUDERRECK, Munster 1957. 6, W. A. ROTH u. 0. SCHWARTZ, Z. physik. Chem. 134, 456, 464 (1928). ?) F. R. BICHOWSKY u. F. D. ROSSINI. The Thermochemistry of the Chemical Sub-

8) F. D. ROSSINI, D. D. WAGMAN u. Mitarb., Selected Values of Chemical Thermody-

9) G. L. HUMPHREY u. E. G. KING, J. Amer. chem. SOC. 74, 2041 (1952). 1 0 ) C. N. COCHRAN u. L. M. FOSTER, J. physic. Chem. 66, 380 (1962). 11) W. D. GOOD, J. physic. Chem. 66, 380 (1962). 12) S. S. WISE, J. L. MARGRAVE, H. M. FEDER u. W. N. HUBBARD, J. physic. Chem.

13) H. SCHAFER u. H. HEINE, Diplomarbeit HEINP, Munster 1960; Dissertation HEINE,

stances, New York, 1936.

namic Properties, Washington 1952.

86, 381 (1962).

Munster 1963.

Page 3: Die Bildungsenthalpien von SiCl4, SiBr4 und SiJ4

H. SCHAFER u. H. HEINE, Die Bildungsenthalpien von SiCI,, SiBr, und SiJ, 27

A. Stiehworte zur Calorimetrie14) Calorimeter mit isothermer Umgebung (25'). DEWAR-GefaB paraffiniert. Darin neben

Riihrer, BECKMANN-Thermometer, Heizer, Abkuhlfinger eine Silberhiilse, deren Boden auf ~

geetoBen werden konnte. Korrektur fur den Wiirmeaustausch mit der REGNAULT-PFAUND. LERschen Formel. Wasserwert (-380 cal/Grad) elektrisch bestimmt. Heizwiderstand nach FRIcKE'~) rnit 5,887 & 0,003 absol. !2. Silberfluoborat-Coulometer nach v. WARTENBERG und SCHUTZA~~), geeichte Stoppuhr. 1 cal = 4,1840 absol. Joule. Gemessene Temperatur- erhohungen etwa 1".

Die (aul3en paraffinierte) Quarzkirsche mit Six, war unter der Glocke des Zentrifugal- riihrers befestigt und konnte wiihrend des Riihrens auf einem Silberdorri zertriimmert wer- den. Die AgF-Losung wurde aus der Silberhiilse - 2,5 Minuten spater zugefiigt. Die Reaktion zwischen dem Quarz der Kirsche und der FluBsaurelosung ist vernachlassigbar kleinl7) ' 8 ) .

Die Umsetzung des Si mit AgF-Losung erfolgte in der Silberhiilse (zweiter Ruhrer). An- schlieBend wurde die Reaktionsmischung beim Offnen der Silberhulse verdunnt.

B. Losungen L o s u n g L,. Verdiinnte FIuBsaure, wie unten mit Lauge titriert: 2,503& 0,002 Gew.-0/6

HF. J e Millimol Six, bzw. mg-At. Si wurden 119,21 g verwendet. Pro Mol Six, bzw. g-At. Si entspricht das der Losung L, = [149,1 H F ; 6451 H,O].

L o s u n g L,. Ag,O wurde auf dem Wege AgNO, + AgCl + Ag + AgNO, + Ag,O her- gestellt und durch rnehrfache Auflosung mit HF und Fallung mit KOH frei von NO; erhal- ten; NOT-Gehalt < 0,001%18). Die durch Auflosung von Ag,O in HF f H,O erhaltene Losung L, wurde analysiert.

H F - G e h a l t : 5 Titrationen rnit Lauge nach Komplexierung von Ag+ rnit KJ. Brom- thymolblau-Phenolrot-Mischindikator, Polyiithylenbecher, Wiigebiirette. HF-Gehalt = 2,53, f 0,005 Gew.-%.

AgF-Gehal t (gravimetrisch als AgC1): 14,021 & 0,002 Gew.-%. Von dieser Losung wurden bei jeder Messung pro Millimol Six, bzw. mg-At. Si 14,231 g verwendet. Daraus folgt pro Mol Six, bzw. g-At. Si die Losung L, = [18,03 HF; 15.73 AgF; 659 H,O].

C. SiC14 + AgF

Silicium(1V)-chlorid wurde aus Si (99,96proz.) und Chlor (HC1-frei) ge- wonnen. Das Rohprodukt wurde mit Kupferspiinen von Chlor befreit und in einer 80 cm langen Kolonne rnit Raschigringen destilliert. Die Hauptfrak- tion lieferte einen Siedepunkt von 57,12 f 0,03"C bei 760 Ton, gemessen mit einem amtlich geeichten Thermometer, dessen Faden vollig vom Dampf umspult war.

l4) Weitere Angaben zur Arbeitstechnik vgl. 13).

l5) R. FRICKE, Z. Naturforsch. 28, 39 (1947). Is) H. v. WARTENBERG u. H. SCHUTZA, Z. Elektrochem. angew. physik. Chem. 36,

17) W. A. ROTH u. P. CHILL, Z. Elektrochem. angew. physik. Chem. 34, 185 (1928). 1 8 ) H. SCHAFER u. F. KAHLENBERG, Z. anorg. allg. Chem. 294, 242 (1958). 1 9 ) Photometrische Bestimmung rnit der BRucIN-Methode, vgl. z. B. W. LEITHE, in

254 (1930).

W. FRESXNIUS u. G. JANDER, Handb. analyt,. Chem. V a a , 220. Berlin 1957.

Page 4: Die Bildungsenthalpien von SiCl4, SiBr4 und SiJ4

28 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 332. 1964

Literaturwerte: Sdp. (SiCl,; 760 Tom) = 56,820); 56,gZ1); 57,02-57,0622); 57,OoC23). C1, war nicht nachweisbar: SiCI, w-urde unter Kuhlung in peroxidfreiem Dioxan gelost

und mit Wasser, K J und Starke versetzt,,). Nachweisgrenze 0,004% Cl,. SiHCI, war in methanolischer, salpetersaurer Losung mit AgNO, nicht nachweisbar.

Diese auf die Si-H-Bindung ansprechende Probe ,5) wiirde O , l % SiHCl, mit Sicherheit an- gezeigt haben.

H o h e r e S i l i c i u m c h l o r i d e Si,Cl,,+, waren gaschromatographisch nicht nachweis- bar 28).

SiCl, (- 2,6 Millimol) wurde unter allen Vorsichtmafiregeln im Vakuum in Wagekapillaren und von dort quantitativ in dunnwandige Quarzkirschen eindestilliert, die spater im Calorimeter zertriimmert wurden.

Die Umsetzung von SiCI, mit HF und AgF verlief zu Beginn so heftig, daB HCI-Nebel entweichen konnten. Dennoch wurden SiC1,-Anteile vom AgC1-Niederschlag umhiillt, so daB sich die Reaktion uber Stunden hinzog. Diese Fehlerquellen wurden durch eine entsprechende Arbeitstechnik aus- geschl~ssen~~) . AgCl fie1 im Calorimeter grob aus und lieferte ein bis zu gro- 13en Winkeln scharfes Rontgendiagramm (a,/a,-Aufspaltung). Auf 1 Mol SiCl, bezogen, entsprach die Reaktion im Calorimeter den Gleichungen

SiCI,, fl + L, = L, L, + L, = 4AgC1 + L,

~ .. ~ ~ . .~ ~~ - ~~~ -

SiCl,, fl + L, + L, = 4AgCl + L4; AH;

L, = [149,1 HF; 6451 H,O] L, = [H,SiF,; 143,l HF; 4 HCI; 6451 H,O] L, = [18,03 HF; 15,73 AgF; 659 H,O] L4 = [H,SiF,; 165,l HF; 11,73 AgF; 7110 H,O]

Aus 9 Messungen ergab sich AH," = -150,l kcal/Mol. Standardabweichung s = ([f2]/(n - l ) ) ' / z = & 0,34 kcal/Mol. Fehler des Mittelwerts

s / l i = f 0, l kcal/Mol. D. SiBr, + AgF

Die Darstellung von SiBr, erfolgte aus Si (99,96proz.) undBr, (DAB 6, mit CaO getrocknet) in Anlehnung an RHEINBOLDT und WISFELD ,').

20) A. STOCK, C. SOMIESKI u. R. WINTGEN, Ber. dtsch. chem. Ges. 50, 1754, 1761

21) W. BECKER u. J. MEYER, Z. anorg. Chem. 43, 251, 259 (1905). 22) P. L. ROBINSON u. H. C. SMITH, J. chem. SOC. [London] 1926, 1262, 1270. 23) K. KEARBY, J. Amer. chem. Soc. 68, 374 (1936). 24) G. H. OSBORN, Analyst 78, 65 (1953). Analoge Prufung von BCl,. *5) Den Hinweis auf diese Probe verdanken wir Herrn Prof. G. FRITZ u. Mitarb.; vgl.

26) Fur diese Prufung mochten wir Herrn Prof. Dr. G . FRITZ und Herrn Dr. D. KSINSIK

27) H. RREINBOLDT u. W. WISFELD, Liebigs Ann. Chem. 517, 197, 206 (1935).

(1917).

ferner H. BUFF u. F. WOHLER, Liebigs Ann. Chem. 104, 103 (1857).

besonders danken.

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H. SCIIAFER u. H. HEINE, Die Bildungsenthalpien von SiCl,, SiBr, und SiJ, 29

1,3 kg Rohprodukt murden in einer Fraktionierkolonne dreifacli destilliert. S i e d e - p i i n k t e (760 Torr) der Mittelfraktion bei der ersten, zweiten und dritten Destillation: 154,63; 154,66; 154,72 "C. Li terat~rwerteza-~~): 152,8--154"C. S c h m e l z p u n k t : 5,4"C; Literaturwertezs) 30) 32) : 5,O-5,4 "C. SiHBr, war mit AgNO, nicht nachweisbar25). Das Pra- parat war klar und farblos.

SiBr, wurde wie SiCl, in Quarzkirschen gebracht. Das im Calorimeter ausgefallte AgBr befand sich in einem guten Ordnungszustand (Debyeo- gramm). Auf 1 Mol SiBr, bezogene calorimetrische Umsetzungen :

SiBr,, f l + L, = L,

L, + L, = 4AgBr + L,

SiBr,, fl + L, + L, = 4AgBr + L,; AH,"

L,, L,, L, vgl. beim SiCI,

L, = [H,SiF,; 143,l HF; 4 HBr; 6451 H,O]

Aus 8 Messungen erhielt man AH; = -179,5 kcal/Mol. Standardabweichung s = 1,13kcal/Mol. Feliler des Mittelwerts s / l n = f 0,4kcal/Mol.

E. SiJ, + AgF SiJ, wurde in Anlehnung an SCHWARZ und P F L U G M A C H E R ~ ~ ) aus s i

(99,96proz.) und J, im N,-Strom gewonnen. Dabei war N, frei von 0, (gliihende Fe-Strecke) und P,O,-trocken. J, passierte zur Be-

seitigung von etwa vorhandenem C1, oder Br, eine erhitzte KJ-Strecke. Das gewonnene Roh-SiJ, war durch einen geringen J,-Gehalt rotlich gefgrbt. Dieses freie J, wurde bei 140" im N,-Strom entfernt. Zur Abtrennung hoherer Glieder (Si,J,, SinJ,,,+,) wurde SiJ, mehr- farh bei 110°C im Vakuum sublimiert. Es besaS danach eine rein weiDe Farbe.

Das SiJ,-Priiparat wurde unter trockenem, 0,-freiem N, gepulvert und in evakuierte Quarzkirschen gebracht. Beim Abschmelzen der Quarzkirschen wurde SiJ, mit fliissigem N, gekiihlt. Dariiber hinaus wurde nachgewiesen, daB ein thermischer Zerfall (in J, + Si,J,) nicht merklich war; der Gehalt an freiem J, war < 0,05%34).

Freies Jod kann in SiJ,-Praparaten auch am Farbwechsel beim Kiihlen erkannt werden: Ein bei Raumtemperatur schwach rosa gefarbtes Praparat ist bei -195 "C fast schwarz. Rein weiBes SiJ, andert dagegen seine Farbe beim Abkiihlen nicht.

28) S. M. S. KENNARD u. P. A. MCCUSKER, J. Amer. chem. SOC. T O , 1039 (1948). 29) W. C. SCHUMB u. R. C. YOUNG, J. Amer. chem. SOC. 62, 1464 (1930). 30) W. BILTZ u. K. JEEP, Z. anorg. allg. Chem. 162, 32 (1927). 31) W. M. LISTER u. I. E. SUTTON, Trans. Faraday SOC. 35, 393 (1941). 32) E. POHLAND, Z. anorg. allg. Chem. 201, 265 (1931). 33) R. SCHWARZ u. A. PFLUGMACHER, Ber. dtach. chem. Ges. 75, 1062 (1942). 34) Photometrie der J,-Farbe in einer iluflosung in besonders gereinigtem CS,. Kon-

trollversuche mit Zugabe von Si,J, und J,.

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30 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 332. 1964

Die Umsetzung im Calorimeter wurde in zwei Schritten durchgefiihrt, wobei hier wegen der relativ langsamen Auflosung des SiJ, beide Schritte getrennt gemessen wurden. Das ausgefallte AgJ zeigte das Rontgendia- gramm 35) der kubischen neben wenig hexagonaler hlodifikation.

Auf 1 Mol SiJ, bezogen, gilt:

SiJ4,f + L, = L,; 5 H3", L, + L, = 4AgJ + L,.; AH&

-~

SiJ,, f + L, + L, = 48gJ + L,; AH,"

L,, L,, L4 vgl. beim SiCI,.

& = [H,SiF,; 143,l HF; 4 H J ; 6461 H,O].

Aus 6 Messungen ergibt sich AH: = -206,6 kcal/Mol.

Standardabweichung s = & 0,41 kcal/Mol. Fehler des Mittelwerts s / v i = i: 0,17 kcal/Mol.

F. Si + AgF VON WARTENBERG 36) hat bereits die Reaktion von Oxydationsmitteln

mit Silicium auf ihre calorimetrische Brauchbarkeit hin untersucht und die Umsetzung von Silicium mit fluBsaurer Agf-Losung als geeignet erkannt. Wir fanden, daB hierzu noch umfangreiche Studien notwendig waren.

Sili c iu m. Ein zonengeschmolzener Silicium-Einkristall mit einem spe- zifischen Widerstand von 300 bis 550 Ohm . cm stand als Ausgangsmaterial zur Verfiigung. Nach Zerkleinerung mit einem Stahlmorser und einer Achat- Kugelmuhle passierte die Substanz ein 40-p-Sieb ohne Ruckstand. Die wei- tere Fraktionierung erfolgte durch Sedimentation mit Wasser in Quarzgefa- Ben. Die spiiter verwendeten Fraktionen VI, bzw. V I I I entsprachen einer Sedimentationsdauer von > 90 bzw. < 30 Minuten.

An der Luft zerkleinertes Si enthiilt erhebliche Mengen SiOZ3'). Daher wurden die Praparate rnit 20 ml 40% HF + 2 ml konz. H,SO, erwiirmt. Schliefllich wurde abgedampft und das verbleibende Silicium im Vakuum auf Y O 0 "C erhitzt. Die Siliciumkomchen zeigten unter dem Auflichtmikroskop metallischen Glanz.

35) Da die hexagonale Modifikation beim Verreiben in die kubische iibergeht, wurde bei

36) H. v. WARTENBERQ, Z . Elektrochem. angew. physik. Chem. 53, 343 (1949). 37) F. FISCHER u. E. BAERWISD, Z. anorg. allg. Chem. 97, 56 (1916).

der Snfertigung der Rontgenaufnahme jede mechanische Beanspruchung vermieden.

Page 7: Die Bildungsenthalpien von SiCl4, SiBr4 und SiJ4

H. SCHAFER u. H. HEINE, Die Bildungsenthalpien von SiCl,, SiBr, und SiJ, 31

~

TeilchengroBe (t*) YO

dunkelbraun 0,5-2 95

grauschwarz 1-5 10

PrLparat VI

PrLparat VIII

Die mikroskopische Ausmessung lieferte folgende Korngrofienverteilung :

TeilchengroBe TeilchengroSe (I*) % (I4 %

2-5 5 > 5 0

5-15 85 15-%5 5

Debyeogramme beider Fraktionen zeigten die scharfen Reflexe des Dia- mantgitters mit a,/&,-Aufspaltung. Die Bestimmung der noch vorhandenen Si0,-Gehalte erfolgte durch Umsetzung mit C1, nach FISCHER und BAER- WIND 9, wobei die Methode modifiziert und mit hochgereinigtem C1, ausge- fuhrt wurde. Der rontgenamorphe, bei 900" gegluhte, weii3e Chlorierungs- riickstand betrug bei Praparat V I 2,9 und 3,2y0, bei Priiparat VI I I je- doch nur O,lS%. Fur diesen Si0,-Gehalt wurde mit Hilfe der Reaktion SiO, + [aHF; bH,O] = [H,SiF,; (a - 6) HF; (b + 2) H,O] k~rrigiert~') .

Si + [HF; A@]. Bei dieser Umsetzung kann sich neben Ag auch H, in storender Menge abscheiden. Versuche hierzu, bei denen der entwickelte Wasserstoff in einer azotometerahnlichen Anordnung gemessen wurde, lie- ferten das plausible Resultat, dal3 das Verhaltnis H,/Ag rnit zunehmender Saurekonzentration wachst und mit zunehmender Ag+-Konzentration sinkt. Wird intensiv geriihrt und feinteiliges Si angewendet, so wird die H,-Ent- wicklung weitgehend unterdruckt (Atomverhaltnis H/Ag 5 0,001) und die Reaktionsgeschwindigkeit hinreichend grofi, wenn eine Losung rnit 14% AgF und 2,5% HF auf Si einwirkt. Diese entspricht unserer Losung L,.

Eine Ag,F-Bildung, die bei hohen Ag+-Konzentrationen bekannt ist, t ra t bei den yon uns benutzten Verdunnungen nicht auf, wie Versuche zeigten.

Wegen des notwendigen Anschlusses an die Messungen rnit den Siliciumtetrahalogeni- den mu5te die nach der Reaktion von Si rnit L, vorliegende Losung im Calorimeter rnit einer verdunnten FluBsBure (L,) vermischt werden.

Das im Calorimeter abgeschiedene Si lber war ein hellgraues Pulver, dessen Debyeogramm scharf war und durch &,/n,-Aufspaltung den guten Ordnungszustand anzeigte.

Unter ungunstigen Bedingungen (mit Silicium ungenugender Feinheit) kann das Silber erhebliche Siliciummengen (z. B. 10%) einschlieBen und der Umsetzung entziehen. Bei unseren Messungen lag dieser Siliciumanteil in der GroBenordnung von 0,3o/b. Er wurde nach jeder Messung photometrisch mit der Molpbdatmethode bestirnmt und berucksichtigt.

Page 8: Die Bildungsenthalpien von SiCl4, SiBr4 und SiJ4

32 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 332. 1964

Die calorimetrischen Reaktionen, bezogen auf 1 g-At. Si, lauten Si + L, = 4Ag + L7

4 4 + L7 + L1 == 4Ag + L4

Si + L, + L, = 4Ag + L,; AH:

L,, L3, L, vgl. beim SiCl,

L, = [HzSiF6; 16,03 HF; 11,73 AgF; 659 HzO1

5 Messungen mit Silicium VII I und 3 Messungen mit Silicium V I zeig- ten keine Unterschiede. M i t t e 1 we r t :

AH: = -192,s kcallg-At.

Standardabweichung s = & 0,44 kcal/g.-At. Fehler des Mittelwerts s/vn = -J= OJ, kcal/g.-At.

G. Kombination der MeQwerte. Bildungsenthalpien Die Kombination der gewonnenen Reaktionsenthalpien ergibt das

Schema Six4 + Li + L3 = 4AgX + L4; +dH,"p,,,

4Ag + L, = Si + L, + L,; -AH,"

Six, + 4Ag = Si + 4AgX; -/-AH,"(,,3, --AH:

AH"(SiX,) = 4AH" (AgX) + AH," - AH:(2,3)

SiCI,. Unter Berucksichtigung der Angaben von BERTRAM und RoTH3'), ROSSINI 39) sowie ROSSINI, WAGMAN und Mitarb. ') setzen wir AHo(AgC1,298) = - 30,30 kcal/Mol. Damit erhalt man AH"(SiCl,, fl, 298) = - 121,2 - 192,s + 150,l = -163,9 keallMo1.

SiBr,. Der von ROSSINI, WAGMAN und Mitarb.') revidierte Wert von BERTRAM und R O T H ~ ~ ) betragt AH"(AgBr: 298) = - 23,78 kcal/Mol. Damit folgt dH"(SiBr,, €1, 298) = -95,l - 192,8 + 179,5 = -108,4 kcaL/Mol.

SiJ,. Fur dH"(AgJ, 298) liegen Literaturwerte zwischen - 15,O und - 15,3, kcal/Mol vor.

Bei der Ableitung dieser Angaben wurde nicht beriicksichtigt, da13 AgJ &us Losungen sowohl in der kubischen als auch in der hexagonalen Form abgeschieden werden kann, wobei in der Regel Gemenge beider vorliegen. Jedoch kann die Umwandlungsenthalpie nur sehr wenig von Null verschieden sein, wie eine nahere Diskussion ergibt.

Wir bevorzugen den von BERTRAM und ROTH~') ermittelten Wert AH"(AgJ, 298) = - 15,34 kcal/Mol und erhalten damit dH"(SiJ,, €, 298) = -61,4 - 192,s + 206,6 = -47,6 kcal1Mol.

38) A. BERTRAM u. W. A. ROTH, Z. physik. Chem. Aht. A 178, 227 (1937). 39) F. D. ROSSIXI, Bur. Standards, J. of Research 9, 679 (1932).

Page 9: Die Bildungsenthalpien von SiCl4, SiBr4 und SiJ4

H. SCHAFER u. H. HEINE, Die Bildungsenthalpien von SiC14, SiBr, und SiJ, 33

H. AnschluB an die Literatur. AH" (Quarz) Als Ergebnisse erhielten wir -AHo(298) fur SiCl,, fl; SiBr,, fl; SiJ,, f

mit 163,Q; 108,4; 47,6 kcal/Mol. Diese Zahlen weichen von den Literatur- angaben [z. B. bei ROSSINI, WAGMAN u. Mitarb.*), 153,O; 95,l; 31,6 kcal/ Mol) stark ab. Geht man jedoch auf die Originalangaben zuruck und beriick- sichtigt, da13 in fast alle Auswertungen die Bildungsenthalpie von Quarz ein- geht, so 1aDt sich eine befriedigende Ubereinstimmung aller Messungen er- reichen, wenn fur AH" (Quarz) der neueste Wert (- 217,6 kcal, gewogenes Mittel von l0)l1)l2)) eingefiihrt wird. Auf diese Weise l iefern unsere Messungen eine unabhangige Besti i t igung des neuen Wertes fu r dH"(Quarz) :

- AHo( SiCl,, fl) Si + CI,, TROOST u. H A U T E F E U I L L E ~ ~ ) : 158 keal/Mol Sic1, + H,O, BERTHEL0T4l) 167,8 kcal/Mol SiCl, + HzO, ROTH u. Mi ta1-b .4~)~~) : 166,7 kcal/Mol SiCI, + NaOH, WOLF44): 1GG,2 kcal/Mol Vorliegende Untersuchung : 163,Q kcal/Mol

Die etwas zu hohen Werte der Hydrolysenmessungen konnten durch unvollstandige Um- setzung oder HC1-Verluste erklart werden.

-AHo(SiBr,, fl) SiBr, + H,O, BERTHEL0T4') : 109,8 kcal/Mol Vorliegende Untersuchung : 108,4 kcal/l\lol

- AHo ( Si J,, f ) SiJ4 + H,O, BERTHEL0T4l): 45 kcal/Mol Gleichgewichtsmessung, BRUDERRECK5) : -48 kcal/Mol Vorliegende Untersuchung : 47,6 kcal/Mol

Diese Zusammenstellung beruht auf der Kombination folgender Beobachtungen:

Si + 0, = SiO, (a-Quarz); AH" = -217,G kcal SiO, (a-Quarz) + aq = SiO,, aq ; AH" = + 3,44 k ~ a l ~ ~ ) SiCI,, f l + 2H,O + aq = SiO,, aq + 4HC1, aq; AHo = - 70,1 kca14,)

bzw. - 69 kca141) SiBr,, fl + 2H,O + a q = SiO,, aq + 4HBr, aq; AH" = - 83 ltca14') SiJ,, f + 2H,O + aq AH" = - 85,8 kca141) = SiO,, aq + 4HJ, aq;

Unter Beriicksichtigung der bei BERTHELOT vorliegenden Verdunnuugeu betragt:

-AH" fur HCI, aq; HBr, aq; H J , aq nach8) = 39,8; 28,8; 13,3 kcal.

40) L. T ~ O O S T u. P. HAUTEFEUILLE, Ann. Chim. Physique (5) 9, 70 (1876). 41) M. BERTHELOT, Ann. Chim. Physique (5) 16, 213 (1878). 42) W. A. ROTH u. 0. SCEWARTZ, Z. physik. Chem. 134, 456 (1928). 43) W. A. ROTH u. G. BECKER, Z. physik. Chem. Abt. A 169, 19 (1932). 44) E. WOLF, Z. anorg. allg. Chem. 313, 228 (1961).

3 Z. anorg. allg. Chernie. Bd. 332.

Page 10: Die Bildungsenthalpien von SiCl4, SiBr4 und SiJ4

34 Zeitschrift fur a,norganische und allgemeine Chemie. Band 332. 1964

Diese Untersuchung Iiefert eine gesicherte Basis fur die Auswertung der in unserein Arbeitskreis gemessenen Gleichgewichte

Si + Six,,, = 2SiX,,g (X = C1, Br, J).

Hieruber wird bald berichtet werden.

Miinster / Westf., Anorganisch-Cheniisches Institut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 7. Januar 1964.