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Gefäßchirurgie Suppl 1•2001 | Chronischer A.-femoralis-superficialis-Verschluss S3 Die A. femoralis superficialis ist das am häufigsten von chronischen Ver- schlussprozessen betroffene Gefäß der unteren Extremität (47,6% [6]).Männer sind 6- bis 10fach häufiger betroffen als Frauen. Der Krankheitsbeginn ist meist einseitig und am Beginn des Hunter-Ka- nals lokalisiert. Bei 75% erfolgt ein Be- fall der kontralateralen Seite innerhalb der folgenden 5 Jahre [10]. Die klinische Symptomatik entwickelt sich in Abhän- gigkeit von der im Einzelfall zugrunde liegenden Pathophysiologie mehr oder weniger langsam progredient bis hin zum akuten Gefäßverschluss mit kriti- scher Ischämie. Das diagnostische und weitere operativ-therapeutische Vorge- hen ist dabei allein vom klinisch manife- sten Stadium der Durchblutungsstörung abhängig. 1949 wurde von Kunlin erstmals die Methode des femoropoplitealen Bypass zur effizienten Wiederherstellung einer ausreichenden Durchblutung der befalle- nen Extremität angegeben [8]. Diese Me- thode zählt auch heute zu den am häufig- sten verwendeten chirurgischen Verfah- ren zur Verbesserung der Beindurchblu- tung. Für ein erfolgreiches Bypassverfah- ren müssen 4 Kriterien erfüllt sein: ein unbehinderter arterieller Zu- strom aus dem aorto-iliakalen Ge- fäßbereich, ein offenes distales Anschlussgefäß, ein ausreichender Gefäßbezirk für den peripheren Abstrom und natürlich ein geeigneter Bypassgraft. Spezielle Anatomie Der femoropopliteale Gefäßabschnitt umfasst die Endstrecke der A. iliaca ex- tema, die A. femoralis communis mit ih- rer Aufzweigung in die A. profunda fe- moris und die A. femoralis superficialis, sowie die A. poplitea mit ihren 3 Seg- menten. Die A. iliaca externa als Fortsetzung der A. iliaca communis verläuft retrope- ritoneal an der medialen Seite des M. psoas major zum Leistenband. Sie gibt kurz vor ihrem Durchtritt unter dem Lig. inguinale 2 Äste ab: die A. cir- cumflexa ilium profunda zum Darm- beinkamm und die A. epigastrica inferi- or zur vorderen Bauchdecke. Die A. femoralis communis ist die Fortsetzung der A. iliaca externa distal des Leistenbandes, sie verläuft unterhalb der Oberschenkelfaszie und teilt sich nach 1–6 cm Länge in die A. profunda fe- moris sowie die A. femoralis superficia- lis auf. Zwei ihrer Äste (A. circumflexa ilium superficialis und die A. epigastrica superficialis) ziehen zur vorderen Bauchwand, der 3. Ast (die A. pudenda externa) versorgt die Genitalregion. Die A. profunda femoris und ihre Seitenäste versorgen den Oberschenkel, die tieferen Gesäßmuskeln, sowie die ventrale Hüftregion. Bei chronischem Verschluss der A.femoralis superficialis wird über mehr oder weniger stark ent- wickelte Kollateralen über das Rete arti- culare genus der Unterschenkel und Fuß mitversorgt. Die A. femoralis superficialis setzt die A. femoralis communis im geraden Verlauf fort, zieht zwischen dem M. vas- tus medialis und den Adduktoren nach kaudal und ist größtenteils vom M. sar- torius bedeckt. Distal taucht sie unter die Membrana vastoadduktoria in den Hun- ter-Kanal ein. Sie gibt in ihrem Verlauf kleinere Seitenäste zur Versorgung der Umgebung ab, die A. genus descendens als größter Ast entspringt im Hunter-Ka- nal und durchbohrt die Membrana va- stoadduktoria von innen her um zum Kniegelenk zu ziehen. Bei chronischem Verschluss der A. poplitea hat dieser Ast wesentlichen Anteil an der Kollateralver- sorgung des Unterschenkels und Fußes. Die A. poplitea setzt die A. femoralis superficialis distal des Adduktorenka- nals fort, verläuft an der Beugeseite des Kniegelenkes und reicht bis zum Soleus- bogen, wo sie in ihre Endäste, den Trac- tus tibiofibularis und die A. tibialis an- terior zerfällt. Ihre Äste sind klein und miteinander zum Rete articulare genus, einem feinen Gefäßnetz, verbunden.Aus chirurgisch-technischer Sicht erfolgt ei- ne Einteilung der A. poplitea in 3 Seg- mente: Gefäßchirurgie 2001 · 6:S 3–S 8 © Springer-Verlag 2001 W.Trubel · M.Staudacher · P.Polterauer Klinische Abteilung für Gefäßchirurgie, Universität Wien Die chirurgische Therapie des chronischen A.-femoralis- superficialis-Verschlusses Prof. Dr.Wolfgang Trubel Klinische Abteilung für Gefäßchirurgie, Universität Wien, Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich, E-Mail: [email protected]

Die chirurgische Therapie des chronischen A.-femoralis-superficialis-Verschlusses

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Gefäßchirurgie Suppl 1•2001 |

Chronischer A.-femoralis-superficialis-Verschluss

S 3

Die A. femoralis superficialis ist dasam häufigsten von chronischen Ver-schlussprozessen betroffene Gefäß derunteren Extremität (47,6% [6]). Männersind 6- bis 10fach häufiger betroffen alsFrauen. Der Krankheitsbeginn ist meisteinseitig und am Beginn des Hunter-Ka-nals lokalisiert. Bei 75% erfolgt ein Be-fall der kontralateralen Seite innerhalbder folgenden 5 Jahre [10]. Die klinischeSymptomatik entwickelt sich in Abhän-gigkeit von der im Einzelfall zugrundeliegenden Pathophysiologie mehr oderweniger langsam progredient bis hinzum akuten Gefäßverschluss mit kriti-scher Ischämie. Das diagnostische undweitere operativ-therapeutische Vorge-hen ist dabei allein vom klinisch manife-sten Stadium der Durchblutungsstörungabhängig.

1949 wurde von Kunlin erstmals dieMethode des femoropoplitealen Bypasszur effizienten Wiederherstellung einerausreichenden Durchblutung der befalle-nen Extremität angegeben [8].Diese Me-thode zählt auch heute zu den am häufig-sten verwendeten chirurgischen Verfah-ren zur Verbesserung der Beindurchblu-tung.Für ein erfolgreiches Bypassverfah-ren müssen 4 Kriterien erfüllt sein:

◗ ein unbehinderter arterieller Zu-strom aus dem aorto-iliakalen Ge-fäßbereich,

◗ ein offenes distales Anschlussgefäß,◗ ein ausreichender Gefäßbezirk für

den peripheren Abstrom und◗ natürlich ein geeigneter Bypassgraft.

Spezielle Anatomie

Der femoropopliteale Gefäßabschnittumfasst die Endstrecke der A. iliaca ex-tema, die A. femoralis communis mit ih-rer Aufzweigung in die A. profunda fe-moris und die A. femoralis superficialis,sowie die A. poplitea mit ihren 3 Seg-menten.

Die A. iliaca externa als Fortsetzungder A. iliaca communis verläuft retrope-ritoneal an der medialen Seite desM. psoas major zum Leistenband. Siegibt kurz vor ihrem Durchtritt unterdem Lig. inguinale 2 Äste ab: die A. cir-cumflexa ilium profunda zum Darm-beinkamm und die A. epigastrica inferi-or zur vorderen Bauchdecke.

Die A. femoralis communis ist dieFortsetzung der A. iliaca externa distaldes Leistenbandes, sie verläuft unterhalbder Oberschenkelfaszie und teilt sichnach 1–6 cm Länge in die A. profunda fe-moris sowie die A. femoralis superficia-lis auf. Zwei ihrer Äste (A. circumflexailium superficialis und die A. epigastricasuperficialis) ziehen zur vorderenBauchwand, der 3. Ast (die A. pudendaexterna) versorgt die Genitalregion.

Die A. profunda femoris und ihreSeitenäste versorgen den Oberschenkel,die tieferen Gesäßmuskeln, sowie dieventrale Hüftregion. Bei chronischemVerschluss der A. femoralis superficialiswird über mehr oder weniger stark ent-wickelte Kollateralen über das Rete arti-culare genus der Unterschenkel und Fußmitversorgt.

Die A. femoralis superficialis setztdie A. femoralis communis im geradenVerlauf fort, zieht zwischen dem M. vas-tus medialis und den Adduktoren nachkaudal und ist größtenteils vom M. sar-torius bedeckt.Distal taucht sie unter dieMembrana vastoadduktoria in den Hun-ter-Kanal ein. Sie gibt in ihrem Verlaufkleinere Seitenäste zur Versorgung derUmgebung ab, die A. genus descendensals größter Ast entspringt im Hunter-Ka-nal und durchbohrt die Membrana va-stoadduktoria von innen her um zumKniegelenk zu ziehen. Bei chronischemVerschluss der A. poplitea hat dieser Astwesentlichen Anteil an der Kollateralver-sorgung des Unterschenkels und Fußes.

Die A. poplitea setzt die A. femoralissuperficialis distal des Adduktorenka-nals fort, verläuft an der Beugeseite desKniegelenkes und reicht bis zum Soleus-bogen, wo sie in ihre Endäste, den Trac-tus tibiofibularis und die A. tibialis an-terior zerfällt. Ihre Äste sind klein undmiteinander zum Rete articulare genus,einem feinen Gefäßnetz,verbunden.Auschirurgisch-technischer Sicht erfolgt ei-ne Einteilung der A. poplitea in 3 Seg-mente:

Gefäßchirurgie2001 · 6:S 3–S 8 © Springer-Verlag 2001

W.Trubel · M. Staudacher · P. PolterauerKlinische Abteilung für Gefäßchirurgie, Universität Wien

Die chirurgische Therapie des chronischen A.-femoralis-superficialis-Verschlusses

Prof. Dr.Wolfgang TrubelKlinische Abteilung für Gefäßchirurgie,

Universität Wien,Währinger Gürtel 18–20,

1090 Wien, Österreich,

E-Mail: [email protected]

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◗ Das 1. Popliteasegment umfasst densupragenual zugänglichen Anteilvom Adduktorenkanal bis zur Knie-gelenkskapsel.

◗ Das 2. Popliteasegment in Höhe derKniegelenkskapsel wird primärdurch einen dorsalen Zugang er-reicht.

◗ Das 3. Popliteasegment umfasst deninfragenual zugänglichen Anteil biszur Unterschenkeltrifurkation.

Pathophysiologische und pathomorphologische Aspekte

Etwa 40% sind Verschlüsse der A. femo-ralis superficialis mit Stenosen bzw.Ver-schlüssen der vorgeschalteten aortoilia-kalen Strombahn kombiniert, in etwader gleichen Anzahl auch mit solchenVeränderungen der nachgeschaltetenpopliteokruralen Gefäße.

Obwohl die Arteriosklerose eine ge-neralisierte Erkrankung der Gefäße dar-stellt, gibt es Predilektionsstellen für dasbevorzugte Auftreten von Stenosen bzw.Verschlüssen [5] wie Aufzweigungsstel-

len größerer Gefäße,scharfwinkelige Ge-fäßabgänge und Gefäßabschnitte,welchedurch die Umgebung relativ fixiert sind.An solchen Stellen wird durch turbulen-te Strömungen und erhöhte Scherkräftedie Gefäßintima traumatisiert, was dieEntstehung von atheromatösen Plaqueszur Folge haben kann. Wegen der engenFixierung mit der Umgebung zählt derBereich der A. femoralis superficialis imHunter-Kanal zu den ersten und am häu-figsten von arteriosklerotischen Läsio-nen befallenen Gefäßabschnitten [5].

Verschlussprozesse der A. femoralissuperficialis lassen sich morphologischin 3 Gruppen einteilen:

◗ segmentäre (kurzstreckige) Ver-schlüsse mit bevorzugter Lokalisati-on im Adduktorenkanal (Häufigkeit15–20%),

◗ langstreckige Verschlüsse der A. fe-moralis superficialis vom Profunda-abgang bis zur A. poplitea (Häufig-keit 60%),

◗ Übergangsformen mit Stenosen undkurzstreckigen Verschlüssen im ge-

samten Verlauf der A. femoralis su-perficialis (15%).

Für die Kompensation eines chronischenVerschlusses der A. femoralis superficia-lis kommt dem Profundakreislauf ent-scheidende Bedeutung zu.Die A.profun-da femoris besitzt ein erhebliches Poten-tial zur kompensatorischen Kalibererwei-terung. Das kann sich im Angiogrammdurch einen deutlichen Kaliberunter-schied der A. profunda femoris der er-krankten Seite im Vergleich zur gesundenExtremität zeigen.Bei ausreichender Kol-lateralenbildung kann so auch ein chro-nischer langer Verschluss der A. femora-lis superficialis vollkommen asymtoma-tisch bleiben. Erst Mechanismen, welchezur Insuffizienz des Profundakollateral-netzes führen, wie Stenosierungen derA. profunda femoris bzw. der Kollatera-len, aber auch allgemeine Faktoren, wieReduktion der Herzleistung, Erhöhungder Blutviskosität, Hyperfibrinogenämieund Dehydratation lassen dann den Ver-schluss der A. femoralis superficialisdann symptomatisch werden.

Indikationen und Kontraindikationen

Die Indikation für Revaskularisations-eingriffe bei Verschlüssen an der unte-ren Extremität stellt sich vor allem nachdem Ausmaß der Kollateralversorgungund damit nach dem klinischen Be-schwerdebild des Patienten:

Extremitätenbedrohende Ischämi-en (Stadium III und IV nach Fontaine)stellen absolute Operationsindikationendar, wobei gewährleistet sein muss, dassein solcher Eingriff Aussicht auf Erfolghat und der Patient ihn auch vom Allge-meinbefinden her toleriert. Dabei ist al-lerdings zu beachten, dass die periope-rative Mortalität der meisten gefäßchir-urgischen Eingriffe deutlich niedrigerist, als die Mortalität bei großen Extre-mitätenamputationen [2].

Die Operationsindikation ist beifunktionellen Ischämien (Stadium IInach Fontaine) restriktiv zu sehen. Sieist in Abhängigkeit vom Allgemeinzu-stand des Patienten,von der Art und denErfolgsaussichten des erforderlichenEingriffes und auch individuell-subjek-tiven Faktoren, wie der Einschränkungder Lebensqualität durch die Claudica-tio in Hinblick auf das berufliche undgesellschaftliche Umfeld des Patienten

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Abb. 1 � a Operativer Zugang in der Leistenregion mit Erweiterungsmöglichkeit nach kranial.b Exposition der Femoralisgabel. (Aus [4], mit freundlicher Genehmigung des Verlages)

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zu stellen. Die Operation sollte auch nurdann erfolgen, wenn trotz medikamen-töser und physikalischer Maßnahmen(Gehtraining) bzw.nach Ausschöpfen al-ler perkutan-interventionellem Mög-lichkeiten keine für den Patienten ak-zeptable beschwerdefreie Gehstrecke er-reicht werden konnte.

Indikationen im klinischen Stadi-um I beschränken sich auf ganz wenigeAusnahmen wie sogenannte Serviceein-griffe, die eine drohende Progredienzder Durchblutungsstörung verhindernsollen. Durch die umfangreichen Mög-lichkeiten der PTA kommen heute ge-fäßchirurgische Serviceeingriffe im fe-moropoplitealen Bereich nur selten vor.

Voraussetzung für eine erfolgreicheRevaskularisation ist ein ausreichenderarterieller Zu- und Abstrom des er-krankten Gefäßabschnitts. Die regiona-le und auch überregionale Gefäßsituati-on muss präoperativ durch einen Farb-duplex oder noch besser durch eine An-giographie dargestellt werden,wobei vorallem dem peripheren Gefäßanschluss-bereich wesentliche Bedeutung zu-kommt. Moderne Subtraktionsverfah-ren sowie die MR-Angiographie ermög-lichen praktisch immer eine ausreichen-de Darstellung der arteriellen Blutgefä-ße bis in den Fußbereich. Ein sogenann-tes „leeres Angiogramm“ sollte nie ak-zeptiert werden, weshalb auch die Indi-kation zu Probatoria-Eingriffen im Rah-men der peripheren Gefäßchirurgieheute nicht mehr zu stellen ist.

Operative Behandlung

Vorbereitung und Lagerung

Die zu operierende Extremität wird amVorabend des Eingriffs konventionellgereinigt (Duschbad, Seife), Ulzera undNekrosen werden frisch verbunden.AmOperationstag selbst erfolgt ein Ver-bandwechsel solcher Areale nur im Fal-le einer Sekretion durch den Verbandhindurch.

Die perioperativen Antibiotikapro-phylaxe, welche bei allen gefäßchirurgi-schen Eingriffen der unteren Extremitätentweder als Einmalgabe („single shot“)bei ausschließlicher Verwendung vonautologem Gefäßersatzmaterial bzw. alsKurzzeitgabe (24–72 h) bei Verwendungvon prothetischem Gefäßersatzmaterialbzw. dem Vorliegen von Nekrosen etc.erfolgt [1], muss jedenfalls rechtzeitig

appliziert werden, um zum Zeitpunktdes Hautschnittes ausreichende Antibio-tikagewebespiegel im Operationsgebietzu erreichen. In der Regel erfolgt dieseGabe intravenös etwa 30 min vor Haut-schnitt, dieser Zeitraum ist aber von derindividuellen Pharmakokinetik des ge-wählten Antibiotikums abhängig.

Die Depilation im Bereich des Ope-rationsgebietes erfolgt unmittelbar prä-operativ und keinesfalls schon am Vor-tag, um die Keimeindringung und -ver-mehrung in rasurbedingte Mikroläsio-nen der Haut zu vermeiden.

Der Patient wird in Rückenlage mitaußenrotiertem Bein gelagert, eventuelldie kontralaterale Beckenhälfte mit ei-nem flachen Kissen unterlegt. Im Knie-bereich wird das zu operierende Bein miteinem keilförmigen Kissen oder einergerollten Kompresse unterstützt. DieHautdesinfektion und sterile Abdeckungerfolgt bei Gefäßoperationen immer soweit nach kranial und distal, dass auchdie nächsthöhere bzw. weiter distal gele-

gene Anschlussmöglichkeit problemlosoperativ erfolgen kann.Daher wird auchdas laterale Abdomen der zu operieren-den Seite für einen evtl. retroperitonea-len Zugang zum aortoiliakalen Strom-bett entsprechend gewaschen und abge-deckt. Das Bein wird bis unter den Knö-chel abgedeckt; bei schlechten periphe-ren Anschlussverhältnissen werden auchdie A.dorsalis pedis und die Plantararte-rie zugänglich gehalten.

Spezielles Instrumentarium

Für die rekonstruktive Chirurgie der A.femoralis findet man größtenteils mitdem normalen gefäßchirurgischen In-strumentarium das Auslangen. Einigewenige Instrumente werden primär fürdie Rekonstruktion der femoropoplitea-len Gefäßachse verwendet:

Für die Präparation und Operation ander infragenualen A.poplitea wurde ein ei-genes Wundspreizinstrument (infragenua-ler Sperrer nach van Dongen) entwickelt,

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Abb. 2 � a Medialer Zugangzur distalen A. femoralis

superficialis und dem erstenSegment der A. poplitea.

b, c Darstellung des Adduk-torenkanals, Exposition des

femoropoplitealen Übergan-ges. (Aus [4], mit freundlicher

Genehmigung des Verlages)

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welches den speziellen anatomischen Be-dingungen in der Fossa poplitea Rechnungträgt und auch mit einer zusätzlichenLichtquelle versehen werden kann.

Bei diffuser Wandsklerose (z.B.Mön-ckeberg-Mediasklerose) kann auch beischonenstem Ausklemmen der Gefäßedurch Brechen von Kalzifikationen derGefäßwand ein irreversibler Wandscha-den entstehen. In solchen Fällen erfolgtdie Arteriotomie am ungeklemmten Ge-fäß und die Blutstromunterbrechung vonendoluminal her. Dafür eignen sich Fo-garty-Katheter,deren Ballons mittels Drei-wegehahn in dilatiertem Zustand gehaltenwerden ebenso,wie olivenförmige Knopf-sonden nach Pilling bzw.Garrett und aucheigens konstruierte Einmalkatheter (For-rester® Atraumatic Vessel Occludors).Die-

se Instrumente sind ebenso wie auch dieGefäßdilatatoren nach van Dongen auchdafür geeignet, anastomosennahe Steno-sen durch „Austasten“ des peripheren Ab-stromes zu erkennen und gegebenenfallsschonend zu dilatieren.

Für den tiefen Durchzug des By-passgrafts vom distalen zum proxima-len Anastomosenbereich werden alter-nativ zu langen Kornzangen auch eigeneDurchzugsröhren verwendet (Jenkner,Aesculap®; Osw.Leibinger Instr.™, beideTuttlingen, BRD), mit welchem Bypass-grafts beim Durchzug vor Verletzungenund Längstorquieren besser geschütztwerden können.

Für halbgeschlossene Thromben-darteriektomieverfahren werden unter-schiedlich konfigurierte Stripper ver-

wendet. Zu nennen sind der rundeRingstripper nach Vollmar, der ovaleRingstripper nach Donders undvan Dongen („Amsterdamer Modell“[3]), sowie der schneidende Ringstrip-per („Mollring cutter“ [7]).

Operative Zugangswege und Technikder Freilegung

Arteria femoralis communis und ihreAufzweigung

Die tiefen Gefäße der Leiste erreicht manvon einem sagittalen Längsschnitt aus,der in der gedachten Mitte zwischen derSpina iliaca anterior superior und demlateralen Rand der Symphyse ausgeführtwird (Abb.1a) nach Versorgung der ober-flächlichen Lymphknoten und Venenge-flechte. Die inguinalen Lymphknotensollen bei der Gefäßpräparation mög-lichst bei Seite geschoben, bzw. durchDurchtrennung und Ligatur der Lymph-bahnen mobilisiert werden, sollten aberkeinesfalls direkt durchtrennt werden.Die Einmündungssteile der V. saphenamagna kann ohne Schwierigkeiten vomselben Hautschnitt aus in anderer Präpa-rationsebene dargestellt werden.

Nach Spaltung der Fascia cribrosaist die A. femoralis communis mit ihrerAufzweigung zu erreichen (Abb. 1b).Letztere ist am Kalibersprung zwischenA. femoralis communis und superficialisdeutlich zu erkennen. Beim Präparierenund insbesondere beim Anschlingen derAa.circumflexa femoris medialis und la-teralis und evtl. weiterer abnormer Sei-tenäste ist deren enge Nachbarschaft zuden gleichnamigen Venen zu beachten,deren Verletzung durch Ungeübte leichterfolgen kann.

Auch der distale Anteil der A. iliacaexterna kann durch Hochziehen desLig. inguinale (ggf. auch nach Spaltungder Externusaponeurose parallel zumLig.inguinale,Abb.1a) für operative Maß-nahmen zugänglich gemacht werden.

Die langstreckige Präparation derA. profunda femoris für Erweiterungs-plastiken bzw. Revaskularisationsmanö-ver erfolgt ebenfalls von diesem ingui-nalen Längsschnitt aus, der nach Bedarfnach kaudal verlängert wird. Für dieProfundapräparation müssen die V. cir-cumflexa femoris lateralis und dieVv. comitantes, ggf. auch die V. profun-da femoris zwischen Durchstechungsli-gaturen durchtrennt werden.

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Abb. 3 � a Antero-medialer Zugang zur A. poplitea.b, c Exposition des mittlerenPopliteasegmentes unter evtl.erforderlicher Durchtrennungkreuzender Sehen- und Muskelzüge. (Aus [4], mitfreundlicher Genehmigung des Verlages)

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Bei allen Manövern in der Leiste istdie A. profunda femoris wegen der imVergleich zu den anderen Femoralisbe-reichen dünneren Gefäßwand beson-ders sorgsam zu behandeln. Es sollteauch immer daran gedacht werden, dassbei Versagen der femoropoplitealen Ge-fäßrekonstruktion der A. profunda fe-moris die alleinige Versorgung der be-troffenen Extremität zufällt. Die A. pro-funda femoris, welche also gleichsam ei-ne „Lebensversicherung“ dieser Extre-mität darstellt zu verletzen oder absicht-lich einzuengen bzw. zu ligieren, zählt zuden ganz wenigen „Todsünden“, die derGefäßchirurg an der femoropoplitealenGefäßachse begehen kann!

Arteria femoralis superficialis

Die Längsinzision der Haut erfolgt ander Innenseite des Oberschenkels,wobeider M. sartorius bei der Freipräparationder A.femoralis superficialis als Leitmus-kel dient. Er wird nach Spaltung derOberschenkelfaszie nach dorsomedialabgedrängt,um einen guten Zugang zumdarunter liegenden Gefäß zu ermögli-chen (Abb. 2a, b).Vor jeder Verwendungder A. femoralis superficialis als proxi-males Anschlussgefäß für eine distaleGefäßrekonstruktion ist unbedingt jedeStenose dieses Gefäßes von der Femora-

lisgabelung bis zur Anschlussstelle mit-tels Duplex auszuschließen.

Arteria poplitea

Auch das 1. Popliteasegment wird übereinen Hautschnitt am ventralen Randedes M. sartorius aus erreicht (Abb. 2a).Die Spaltung der Membrana va-stoadductoia und der Sehne desM. adductor magnus erfolgen am bestennach dem Einschieben eines Kunststoff-spatels (Kocher-Sonde) mittels Diather-mie. Dabei sind der im Adduktorenka-nal die Gefäßscheide verlassende N. sa-phenus sowie die A. genus descendensunbedingt zu schonen. Die A. popliteaist in diesem Abschnitt von einem Ve-nengeflecht umgeben (Abb. 2c), welchessparsam zwischen Ligaturen durch-trennt wird, um die Vorderwand der Ar-terie zugänglich zu machen. Durch stär-keres Abwinkeln im Kniegelenk kanndie A. poplitea nun auch weiter nach di-stal verfolgt werden, ohne dass die Seh-nen des M. gastrocnemius, des M. semi-membranosus und des Pes anserinusdurchtrennt werden müssen.

Im Rahmen von extraanatomischenGefäßumleitungen kann auch ein late-rater Zugang zum supragenualen Popli-teaabschnitt [9] erforderlich sein: DerHautschnitt erfolgt zwischen dem Trac-

tus ilio tibilais und dem M. biceps femo-ris. Die Präparation führt entlang demVastus lateralis in die Tiefe, wo der Ge-fäßnervenstrang in Fettgewebe eingela-gert verläuft. Bei der lateralen Präpara-tion der A. poplitea ist dabei unbedingtder dorsal verlaufende N.peroneus com-munis zu schonen.

Das 2. Popliteasegment ist von me-dial evtl. nach Durchtrennung der Seh-nen des M. gastrocnemius, des M. semi-membranosus und des Pes anserinuszugänglich zu machen (Abb. 3a–c), wo-bei diese mittels Fäden für die nachfol-gende Naht markiert werden müssen.Der gelegentlich erforderliche isolierteZugang zum 2. Popliteasegment kannauch in Bauchlage des Patienten vondorsal her erfolgen. Der Hautschnittwird dabei S-förmig von kraniomedialnach laterokaudal geführt und verläuftin der Beugefalte der Haut horizontal(Abb. 4a). Nach Spaltung der Fasziekann dann die von einem Venengeflechtumgebene Arterie zwischen dem M. bi-ceps und dem M. semimembranosusaufgesucht werden (Abb. 4b). Dabei istauf die besonders enge Beziehung derArterie mit der V. poplitea und demN. tibialis in diesem Bereich zu achten,um jegliche Beschädigung der Vene unddes Nerves zu vermeiden.

Der infragenuale Anteil der A. pop-litea (Abb. 5a, b) wird in der Regel vonanteromedial her freigelegt. Dabei er-folgt die bogenförmige Hautinzisionvon dorsal der dorsolateralen Kante desoberen Tibiaendes aus unterhalb dermedialen Schienbeinkante entlang. Diesubkutan gelegene und gelegentlich dasOperationsgebiet kreuzende V. saphenamagna ist dabei unbedingt zu schonen.Auch wenn diese Vene ausnahmsweisenicht für einen Bypass verwendet wer-den soll, sollte sie in dieser Operations-phase zumindest so weit mobilisiert undpräpariert werden, dass sie durch dasAufspreizen und Präparieren der Arte-rie in der Tiefe nicht beschädigt bzw. ok-kludiert, sondern in Funktion erhaltenwird. Nach Durchtrennung der Fasciacruris bis zum Pes anserinus wird durchstumpfes Abschieben des medialen M.-gastrocnemius-Kopfes nach dorsal dasGefäßnervenbündel erreicht.Die A.pop-litea ist hier meist zwischen 2 starkenBegleitvenen eingescheidet und verläuftin enger Nachbarschaft mit dem N. ti-bialis. Durch zirkuläres Lösen aus ihrerUmgebung kann die in der Folge nun

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Abb. 4 � a, b Isolierter dorsaler Zugang und Exposition des 2. Popliteasegmentes.(Aus [4], mit freundlicher Genehmigung des Verlages)

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angeschlungene Arterie vorgezogen unddanach nach kranial und kaudal weiterauspräpariert werden. Zur weiteren Ex-position der Trifurkation sind die kreu-zenden Vv. tibiales anteriores zwischen(Durchstechungs)ligaturen zu durch-trennen und der Arcus tendineus desM. soleus zu spalten.

Auch das 3. Popliteasegment ist fürausgewählte Situationen von lateral heroperativ zu erreichen: Dabei wird dieHautinzision über dem Fibulaköpfchenentlang dem proximalsten Abschnitt derFibila geführt, die Sehne des M. bicepsfemoris längs gespalten und auch der M.peroneus longus an seinem Ursprungvon der Fibulakopfregion abgelöst. DerN. peroneus communis ist sorgfältig zuisolieren und anzuschlingen. Er wirdohne zu festen Zug aus dem Operations-gebiet herausgehalten,um beim nachfol-genden Befreien des Fibulaköpfchensvon allen Sehnen- und Muskelansätzen,sowie beim Abtrennen des Fibulaköpf-chens nicht verletzt zu werden. Nach derResektion der proximalen Fibula er-rreicht man ohne weitere Schwierigkei-ten die infragenuale A. poplitea und dieAufzweigung der 3 Unterschenkelarteri-en, welche nur mehr aus ihrem engenVerband mit den sie umgebenden Venenherausgelöst werden müssen.

Schlussbemerkungen

Der femoropopliteale Bypass hat vor we-nigen Jahren seinen Fünfziger gefeiert,diese Tatsache wurde unter anderemvon den 3 deutschsprachigen gefäßchir-urgischen Gesellschaften im Rahmen ei-ner gemeinsamen Jahrestagung 1999 inLuzern ausgiebig gewürdigt. Bypassver-fahren haben viele Jahre hindurch dielokalen gefäßchirurgischen Reperatur-techniken sehr in den Hintergrund ge-drängt. Heute droht dem femoropopli-tealen Bypass – dem jahrzehntelangen„Klassiker“ der infrainguinalen Gefäß-chirurgie – durch die rasanten Fort-schritte der perkutanen Interventions-techniken und auch der medikamentö-sen Therapiemaßnahmen ein ähnlichesSchicksal. Die Rekonstruktionsebene inder Bypasschirurgie ist viel weiter nachdistal bis auf die Fußebene hinunter ge-wandert.

Infrainguinale gefäßchirurgischeRekonstruktionen werden auch zuneh-mend mit endoluminalen Verfahrennach zentral- oder distalwärts kombi-niert, womit das lange Zeit gültige Prin-zip der etagenweisen Rekonstruktionbei kombinierter Becken-Beinerkran-kung zugunsten der geringeren lnvasi-vität und gesteigerten Effizienz verlas-

sen wird. Die femoropopliteale Bypass-operation wird aber trotz dieser genann-ten Entwicklungen im Standardreper-toire jeder Gefäßchirurgie erhalten blei-ben und gerade wegen der genanntensteigenden operationstechnischen An-forderungen auch weiterhin dem gefäß-chirurgischen Nachwuchs als „Einstiegs-droge“ dienen können.

Diese „Einführungen“ in die chirurgischeTherapie des chronischen A.-femoralis-super-ficialis-Verschlusses waren ursprünglich fürdie 2. Auflage der „Kirschner’schen Operati-onslehre-Gefäßchirurgie“ gedacht. Der Bei-trag wurde in engem Kontakt mit dem Seni-oreditor der leider nicht zustandegekomme-nen Neuauflage, Herrn Prof. Dr. van Dongenverfasst und auch von ihm redigiert.Für dieseehrenvolle und gute Zusammenarbeit möch-ten ihm die Autoren sehr herzlich danken!

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S 8 | Gefäßchirurgie Suppl 1•2001

Chronischer A.-femoralis-superficialis-VerschlussTrubel et al. · Die chirurgische Therapie des chronischen A.-femoralis-superficialis-Verschlusses

Abb. 5 � a, b AnteromedialerZugang und Exposition des3. Segmentes der A. popliteasowie der Unterschenkeltri-furkation. (Aus [4], mit freundlicher Genehmigung des Verlages)