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Die Darstellung von Migration und Integration in den ZDF-Programmen: Status quo und Perspektiven

Die Darstellung von Migration und Integration in den ZDF-Programmen

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Die Darstellung von Migration und Integration in den ZDF-Programmen

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Die Darstellung von Migration und Integration in den ZDF-Programmen: Status quo und Perspektiven

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Die Darstellung von Migration und Integration in den ZDF-Programmen:

Status quo und Perspektiven

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 3

2. Migration, Migranten/-innen und Fernsehen in Deutschland 4

2.1. Migranten/-innen als soziale Gruppe 4

2.2. Fernsehnutzung von Migranten/-innen 5

2.3. Anforderungen an die Programmarbeit 6

3. Die Entwicklung der ZDF-Angebote zu Migration und Integration 7

3.1. 60er/70er/80er Jahre: Wahrnehmung ethnomedialer Funktionen für

Gastarbeiter durch muttersprachliche Sendungen 7

3.2. 90er Jahre: Weiterentwicklung der muttersprachlichen Sendungen

zu Integrationsmagazinen für Ausländer und Deutsche 7

3.3. Integration als Programmkonzept 7

4. Perspektiven und nächste Schritte im ZDF-Programm 11

4.1. Programm 11

4.2. Personal 12

4.3. Forschung 12

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1. Einleitung

1. Einleitung

Die politische Einigung und Weiterentwick-lung Europas, die fortschreitende Globali-sierung sowie regionale Konflikte werdenauch weiterhin Ausländer mit unterschied-lichen nationalen, kulturellen und religiö-sen Wurzeln nach Deutschland einwan-dern lassen. Die Integration und das fried-liche Zusammenleben von Menschen ver-schiedener Herkunft auf der Grundlage derdeutschen Verfassungsordnung und unterAchtung der jeweiligen kulturellenEigenheiten zu fördern und herzustellen,bleibt eine vorrangige Aufgabe. Integrationfordert alle gesellschaftlichen und kulturel-len Einrichtungen. Den Medien kommt dieAufgabe zu, Menschen aus sehr unter-schiedlichen Kulturen und Gesellschaftenmiteinander bekannt zu machen und insGespräch zu bringen. Das ZDF stellt sichausgehend von seinem Programmauftragund dessen Konkretisierung in der

Selbstverpflichtungserklärung„Programmperspektiven 2007 – 2008“ diesergesellschaftlichen Kommunikations- undIntegrationsaufgabe. Damit steht es selbervor der programmlichen Aufgabe, höchstunterschiedliche Themen und Haltungenso aufzugreifen, dass Migranten/-innenund Nicht-Migranten/-innen gleichermaßendavon profitieren und ins Gespräch kom-men können.

Im Folgenden werden die aktuellenAnforderungen und Perspektiven derProgrammarbeit des ZDF zu Integrationund Migration auf Basis einer Zielgruppen-skizze, einer kurzen Zusammenfassungder Erkenntnisse über ihre Fernseh-nutzung und eines Abrisses sowie einerStandortbestimmung der ZDF-Programm-angebote auf diesem Felde beschrieben.

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Migration, Migranten/-innen und Fernsehen in Deutschland

2. Migration, Migranten/-innen undFernsehen in Deutschland

2.1. Migranten/-innen als soziale Gruppe

Die Entwicklung der Zahl der Ausländer inder Bundesrepublik

Der gelungene Wiederaufbau nach demKrieg führte in Deutschland Ende der Fünf-ziger zu Vollbeschäftigung und Arbeits-kräftemangel. So wurden die ersten Aus-länder in ihren Heimatländern angeworbenund als „Gastarbeiter“ mit einer befristetenArbeitserlaubnis in Deutschland begrüßt,1964 der Einmillionste. 1973/1974 wurdeaufgrund der Ölkrise ein Anwerbestoppverhängt. Zu diesem Zeitpunkt lebten 3,9Mio. Ausländer in Deutschland, die 6,4 %an der Wohnbevölkerung und 12 % an dersozialversicherungspflichtigen Bevölkerungausmachten. Durch das 1974 weggefalle-ne Verbot des Familienzuzugs stieg dieabsolute Zahl der in Deutschland lebendenAusländer weiter an. Auf Basis der Datendes Ausländerzentralregisters (AZR) weistdas Statistische Bundesamt zum Stichtag31.12.2005 rund 6,76 Millionen Personenaus, die ausschließlich eine ausländischeStaatsbürgerschaft besitzen. Ihr durch-schnittliches Alter liegt bei 36 Jahren, diedurchschnittliche Aufenthaltsdauer bei 16,8 Jahren. Über ein Drittel der ausländi-schen Bevölkerung lebt seit mehr als 20Jahren in Deutschland, etwa zwei Drittelhalten sich seit mindestens acht Jahrenhier auf und haben damit die notwendigeAufenthaltsdauer für eine Einbürgerung er-reicht. Den größten Anteil an dieser Gruppestellen mit 26 % die Türken, danach folgenItaliener mit 8 %, Polen und Griechen mit 5 %sowie Serben und Montenegriner mit 4 %.Ein Drittel der ausländischen Bevölkerungkommt aus einem Mitgliedsstaat der Euro-päischen Union (2,1 Mio.); aus den andereneuropäischen Staaten kommen 48 % (3,2Mio.) Mit 12% sind die eingewandertenAsiaten (vor allem aus dem Iran, Vietnam,Irak und China) die größte außereuropä-ische Gruppe; dann folgen mit 4 % Afrikanerund mit 3 % Amerikaner (knapp die Hälftedavon aus den USA). Ein Prozent verfügtüber keine oder eine ungeklärte Staats-bürgerschaft.

Von „Gastarbeitern“ zu Mitbürgern

Primäre Motivation der ersten nach Deut-schland gekommenen Ausländer warenbessere Verdienst- und Arbeitsmöglich-keiten als in ihren Heimatländern, mitdenen sie sich nach Ablauf ihrer Verträgein ihrer Heimat eine neue Existenz aufbau-en wollten. Aus den Gastarbeitern sindaber mit zunehmender Dauer des Ver-bleibs und Familiennachzug im Verlauf vonmehr als vier Jahrzehnten Mitbürger ge-worden, die in mehreren Generationen inDeutschland leben und das gesellschaft-liche und kulturelle Leben auf vielfältige Art mitgestaltet und verändert haben. AlsFolge verändert und differenziert sich dieGruppe der Migranten/-innen. Zu ihrerBeschreibung hat das Statistische Bundes-amt im Mikrozensus 2005 erstmals dieKategorie der Menschen mit Migrationshin-tergrund eingeführt. 15,3 Mio. Menschengehören dazu, dies sind rund 19 % derBevölkerung. Differenziert nach persön-licher Migrationserfahrung stellen darunterzugewanderte Ausländer mit persönlicherMigrationserfahrung mit 36 % die größteGruppe, es folgen Eingebürgerte mit per-sönlicher Migrationserfahrung mit 20 %und Spätaussiedler mit eigener Migrations-erfahrung mit 12 %, die restlichen 32 %werden von Migranten der zweiten oderdritten Generation gebildet, die über keineeigenen Migrationserfahrungen verfügen.

Die Zahlen verdeutlichen: Für Medien sindMigranten/-innen und Menschen mitMigrationshintergrund eine sehr heteroge-ne Adressatengruppe. Sowohl ihre natio-nale Herkunft als auch ihre Erfahrungenmit dem Leben in der Bundesrepublik sindso unterschiedlich, dass es die „Migran-ten-Identität“ nicht gibt. Als einheitlicheGruppe sind Menschen mit Migrations-hintergrund somit von ihrer Zusammen-setzung wie von ihrer Biografie her kaumanzusprechen.

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Migration, Migranten/-innen und Fernsehen in Deutschland

2.2. Fernsehnutzung von Migranten

Forschungsergebnisse zur Mediennutzungvon Migranten/-innen sind nur lückenhaftvorhanden. ARD und ZDF gehören zu denVorreitern auf diesem Gebiet, konnten aberschon aus Aufwandsgründen nicht alleMigranten-Gruppen und alle Aspekte ihrerFernsehnutzung erforschen. Bereits 1982wurde eine Untersuchung zur Medienaus-stattung und -nutzung von Ausländern imAuftrag der ARD/ZDF-Medienkommissiondurchgeführt. Sie ergab nicht nur, dass diedamals angebotenen muttersprachlichenProgramme von ARD und ZDF gut nachge-fragt wurden, sondern auch bereits Hinwei-se darauf, dass Migranten/-innen nicht alssolche angesprochen werden wollen, son-dern als „normale“ Zuschauer. Es schlos-sen sich in unregelmäßigen Abständeneinzelne inhalts- und nutzungsbezogeneForschungsprojekte an, die Anhaltspunktefür die aktuelle Programmarbeit erbringensollten. Mit ihren Arbeiten haben die Me-dienforschungsabteilungen von ARD undZDF zum aktuellen Kenntnisstand über dieFernsehnutzung der Migranten beigetra-gen, der wie folgt zusammenzufassen ist:

Migranten/-innen nutzen in der Regel so-wohl deutsche, als auch ausländische Me-dien. Dem deutschsprachigen Fernsehan-gebot kommt jedoch eine besondere Be-deutung zu, da es den größten Stellenwertim Medienbudget der Migranten/-inneneinnimmt. Heimatsprachliche Fernsehan-gebote werden seltener genutzt als deut-sche. Einen Sonderfall bildet die türkischeBevölkerung, die über Satellit ein breitestürkischsprachiges Fernsehprogramman-gebot empfangen kann. Seit Mitte der 90erJahre entscheiden sich jedoch die jünge-ren türkischen Zuschauer vermehrt fürdeutsche Angebote. So kommt es, dassdie türkische Bevölkerung RTL undProSieben inzwischen mehr nutzt als dietürkischen Kanäle TRT, ATV, SHOW TVoder CANAL D. Generell ist bei Migranten/-innen ein starkes Interesse an Fiktion undUnterhaltung im Fernsehen zu beobach-ten. Diese Präferenzen bedenkend, über-rascht es nicht, dass die Bindung an dieöffentlich-rechtlichen Programme bei Mi-granten/-innen geringer ausgeprägt ist alsbei Deutschen.

Die Daten zur Fernsehnutzung entstam-men gezielt durchgeführten Einzelstudien.Im Rahmen der kontinuierlichen Fernseh-Reichweiten- und Nutzungsmessung imAGF/GfK-Fernsehpanel, die das ZDF zu-sammen mit den anderen großen Sendernbeauftragt, wird – wie bei Nutzungs-messungen für andere Medien auch – dieFernsehnutzung von Migranten bislangnicht für alle Nationalitäten gemessen. ImAGF/GfK-Fernsehpanel sind die Haushaltevertreten, die einen Haushaltsvorstand miteiner nicht-deutschen EU-Staatsbürger-schaft haben sowie alle Ausländer, die ineinem Haushalt mit deutschem Haushalts-vorstand leben. Da nur für die Gruppe derHaushalte mit dem Haushaltsvorstandeines EU-Auslandes aus den kommunalenWahlregistern valide statistische Daten alsAußenvorgaben zur Steuerung und Siche-rung der Repräsentativität des Fernseh-Panels zur Verfügung stehen, sind Haus-halte mit einem Haushaltsvorstand auseinem Nicht-EU-Land in die kontinuierlicheMessung der Fernsehnutzung nicht einbe-zogen. Die kontinuierliche Messung derFernsehnutzung für die Gruppen der Nicht-EU-Bürger wäre außerordentlich aufwän-dig, weil zugleich die permanente Erfass-ung der Basisdaten zur Außensteuerungbetrieben werden müsste und darüber hin-aus wegen der Vielzahl der Nationalitätenüberaus große, mit erheblichem Finanz-aufwand verbundene Panels erforderlichwären. Zur notwendigen Erforschung derMediennutzung von Migranten/-innen sinddaher zunächst weiterhin gezielte Einzel-studien das realisierbare und praktikableMittel.

Neben einzelnen Studien zum Umfang der Fernsehnutzung sind die Sehmotivevon Migranten/-innen untersucht worden.Eine 2005 vom ZDF durchgeführte Unter-suchung zur Erwartungshaltung an dasdeutsprachige Fernsehangebot zeigt: DieFernsehnutzung ist vor allem durch diekulturelle Lebenshaltung geprägt. Fragender Integration sind dabei für Migranten/-innen selbst von nachgelagerter Bedeut-ung. Türkische Migranten/-innen erhoffensich vom deutschen Programmangebotzwar Hinweise für ein Leben in Deutschland,jedoch dient das Fernsehen beispielsweiseauch zur Kompensation ungelebter

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Migration, Migranten/-innen und Fernsehen in Deutschland

Wünsche und Sehnsüchte. Für italienischeMigranten/-innen ist das Fernsehen vorallem ein Medium, das Einblicke in glanz-volle Welten gibt und ein belebtes, lautesund sinnlich erlebbares Unterhaltungs-angebot offerieren soll. Insbesondere US-Fictionproduktionen bedienen den Wunschnach Spektakel und Glamour gut. Einehohe Format- und Senderakzeptanz beiMigranten/-innen sind vor diesem Hinter-grund kein Indiz für die tatsächliche Inte-grationsleistung eines Senders.

Die skizzierten Ergebnisse verdeutlichen,dass die Fernsehnutzung von Menschenmit Migrationshintergrund in der Strukturder nachgefragten Programmgenres imDurchschnitt aller Fernsehzuschauer liegt.Die qualitative ZDF-Untersuchung weistzugleich auf die sehr verschiedenen, vonden nationalen Herkunftskulturen gepräg-ten Rezeptionsweisen hin. Weitere For-schungen sind erforderlich, um vollständi-gere und differenziertere Ergebnisse zuerhalten.

2.3. Anforderungen an dieProgrammarbeit

Für das öffentlich-rechtliche Fernsehen istdie Ansprache von ausländischen Mit-bürgern und von Menschen mit Migra-tionshintergrund eine Facette seines klassi-schen Auftrags, zur Integration der Gesell-schaft beizutragen. Bei seiner Einlösungmuss es die Heterogenität der ZielgruppeMigranten/-innen ebenso wie die sich ausden Untersuchungen abzeichnende„Normalität“ der Fernsehnutzung beizugleich nationalkulturell bedingt unter-schiedlichen inhaltlichen Präferenzenberücksichtigen.

Sowohl die unter 2.2. skizzierten Unter-suchungen als auch die im Folgendenunter 3. geschilderte Programmentwick-lung haben die Einsicht wachsen lassen,dass die Verspartung der Migrations-bezo-genen Integrationsaufgabe in einzelneSendungen wie z.B. Magazine oder gar inganze Kanäle der Zielgruppe ebensowenigwie der Problemstellung gerecht wird. EinBeitrag zur Integration im Fernsehen erfor-dert zwingend, die Gruppen der zugewan-

derten ebenso wie der einheimischen Be-völkerung zu erreichen und ins Gesprächzu bringen und dabei sich veränderndeLebenserfahrungen der zweiten oder drit-ten Migranten-Generation sowie ihrer An-gehörigen aufzugreifen. Hierzu müssenProgrammangebote ebenso mehrheitsfä-hig sein, wie sie zum Teil vergleichsweisespezielle Themen und Lebenserfahrungenaufgreifen müssen. Öffentlich-rechtlichesFernsehen kann den damit aufgeworfenenkomplexen Zielgruppen- und Inhaltsanfor-derungen am besten gerecht werden,wenn es Integration und Migration als einQuerschnittsthema aller Programmange-bote ansieht und es ganzheitlich im Pro-gramm aufgreift. Hierzu nutzt es alleProgrammgenres. Über ihre verschiedenenDarstellungs- und Erzählweisen eröffnensich unterschiedliche Zugänge zu konkre-ten Themen und Lebenserfahrungen. DieEinbeziehung aller Sendeplätze undKanäle ermöglicht eine hohe thematischeBandbreite und die Einbeziehung unter-schiedlicher Vorverständnisse. Mit diesemvom ZDF im Verlaufe der 90er Jahre seinerMigrations-bezogenen Programmarbeitexplizit zugrundegelegten Konzeption lei-stet es einen Beitrag zur „interkulturellenKommunikation“. Der damit in Anerken-nung der zugrundeliegenden Verschieden-heiten eröffnete Austausch über kulturelleUnterschiede fördert am ehesten das Ver-stehen zwischen den verschiedenen politi-schen, sozialen und ethnischen Gruppie-rungen und kann dadurch einen Beitragzum Abbau von Vorurteilen leisten.

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Die Entwicklung der ZDF-Angebote zu Migration und Integration

3. Die Entwicklung der ZDF-Angebotezu Migration und Integration

Die im Folgenden skizzierten Programm-leistungen des ZDF zum Thema Migrationund Integration verdeutlichen den Weg hinzum Konzept der integralen Berücksich-tigung des Themas im Gesamtprogramm.Im Folgenden wird nach einer kurzen pro-grammhistorischen Notiz die Struktur deraktuellen Angebotspalette skizziert, um aufdieser Basis Perspektiven der weiterenProgrammarbeit in Abschnitt 4 formulierenzu können. Darüber hinaus ist in einernach Genres und Kanälen gegliedertenDarstellung eine ausführlichere Beschrei-bung der ZDF-Programme zu Migrationund Integration angefügt.

3.1. 60er/70er/80er Jahre: Wahrneh-mung ethnomedialer Funktionen fürGastarbeiter durch muttersprachlicheSendungen

Das ZDF hat in den 60er Jahren begon-nen, durch besondere Programminitiativenauf die wachsende Zahl der Migranten/-innen in Deutschland einzugehen. Speziellfür die damals so genannten „Gastarbeiter“hat es die Wochensendung „Nachbarn inEuropa“ geschaffen: Die in den jeweiligenMuttersprachen präsentierten Informationenaus den Herkunftsländern erfreuten sichgroßer Beliebtheit beim Publikum. Inhalt-lich diente das Format weniger einem Inte-grationsansatz, sondern es sollte den In-formationsbedarf der nur wenig oder garnicht deutsch sprechenden Ausländer decken. Durch Berichte über die Heimat-länder riss die Verbindung zu diesen nichtab. Gleichzeitig bot „Nachbarn“ eineOrientierungshilfe für das Leben in Deutschland und übernahm damit Funk-tionen, wie sie die bislang in aller Regelmuttersprachlich angelegten Ethnomedienfür einzelne Nationalitäten wahrnehmen.

3.2. 90er Jahre: Weiterentwicklung dermuttersprachlichen zu Integrations-magazinen für Ausländer und Deutsche

Mit dem Aufkommen des Satelliten-Fernsehens, aber auch mit der zunehmen-den Aufenthaltsdauer und der Assimilie-

rung der zweiten Generation von Migran-ten/-innen, erwies sich die muttersprachli-che Sendeform mehr und mehr als obsoletund wurde 1995 durch die Sendung„Nachbarn“ abgelöst, die ausdrücklich ein„Magazin für Ausländer und Deutsche“war. 1998 folgte „schwarzrotbunt – wir inDeutschland“ mit dem Konzept, auch kon-troverse Themen im Zusammenleben derKulturen anzupacken. „schwarzrotbunt“fand aber genauso wenig wie „Nachbarn“eine spürbare Akzeptanz. Daher wurde es1999 eingestellt.

Die damit vollzogene Abkehr von speziel-len Migrationsmagazinen ging zugleich mitder Entscheidung einher, den Sendungenzu Migration und Integration das Konzeptder ganzheitlichen Berücksichtigung imProgramm zugrunde zu legen und dasThema kontinuierlich und verstärkt in denaktuellen Magazinen und sonstigen infor-mierenden und unterhaltenden Regelsen-dungen aufzugreifen. Auch dieses Konzeptfolgt dem Anspruch, über kulturelle Unter-schiede aufzuklären und dadurch Vorur-teile abzubauen und ein gesellschaftlichesMiteinander zu fördern.

3.3. Integration als Programmkonzept

Im Folgenden werden nach der Darstel-lung der wichtigsten Ergebnisse einerinhaltsanalytischen Auswertung ausNutzerperspektive die zentralen, kontinu-ierlich auf verschiedenen Sendeplätzenund Kanälen sowie in verschiedenenGenres realisierten publizistischen Funk-tionen skizziert, die im ZDF-Programm zumThema Migration und Integration wahrge-nommen werden.

Umfang und Struktur der Darstellung vonMigration im NonfictionprogrammAnfang 2005 hat die ZDF-Medienforschungam Beispiel von drei Programmwochenaus den Jahren 2003 und 2004 Angebots-umfang und Art der Darstellung von Migra-tion und Migranten/-innen im Nonfiction-Programm der fünf großen Sender ARD,ZDF, RTL, Sat1 und Pro7 untersuchen las-

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Die Entwicklung der ZDF-Angebote zu Migration und Integration

sen. Nach Abzug von Wiederholungenwurden in den Beispielwochen insgesamt1251 Beiträge zum Thema bzw. mit Mi-granten als Akteuren ausgestrahlt, dassind 12 Beiträge pro Sender pro Tag. Mit301 Beiträgen sendete das ZDF die höch-ste Zahl vor der ARD mit 280, Pro7 264,RTL 209 und Sat1 mit 197. Dies geschahhauptsächlich in Informationssendungen,bei den kommerziellen Sendern zu einemmarkanten Teil auch in nonfiktionalerUnterhaltung. Die häufigste Erscheinungs-form waren mit 70 % Beiträge mit perso-neller Repräsentanz von Migranten/-innen,20 % hatten einen indirekten Bezug zumThema Migration, 9 % thematisierten esexplizit. Im Teilkomplex Beiträge mit Mi-grantenthema hatte das ZDF mit knapp 70 % den vergleichsweise höchsten Anteilim Themenbereich Politik/Wirtschaft/Zeit-geschehen. Zu den Akteurauftritten gehör-ten u.a im ZDF auch solche in Sportsen-dungen; sie zeigten Formen selbstver-ständlicher Einbeziehung von Migranten/-innen in den gesellschaftlichen Alltag.

Diese Daten verdeutlichen: Migration undMigranten/-innen gehören im ZDF zumProgrammalltag. Die vielfältigen funktionalenKontexte ihrer Darstellung untermauern dies:

Aktuelle BerichterstattungDie aktuelle Berichterstattung des ZDF hältdeutsche und ausländische Zuschauer zuallen mit Migration und Integration verbun-denen Vorgängen auf dem Laufenden. Siewerden anknüpfend an aktuelle Ereignissekontinuierlich in den Sendungen der„heute“-Familie sowie den Morgen-,Mittags- und Nachmittagsmagazinengemeldet und dargestellt, wie z. B. bei derBerichterstattung über eine möglicheAufnahme der Türkei in die EuropäischeUnion oder den so genannten Kopftuch-streit (2003/4) und den Streit um das Zu-wanderungsgesetz (2004). Eigene Filmbei-träge und -reihen (u. a. „Islam daheim“ am28.9.2006, „Gewalt an Schulen“ am31.3./10.4.2006, „Rassismus im Fußball“am 12.10.2006) illustrieren aktuelle Pro-blemstellungen und ordnen sie ein.

ServiceBeiträge in ZDF-Servicesendungen gebendeutschen und ausländischen Zuschauern

Integrations-relevante praktische Alltags-tipps und Hinweise zur Lebensbewäl-tigung. „Volle Kanne“ berichtet z. B. überArbeitsmöglichkeiten für ausländischeStudenten (2003). „Sonntags“ thematisiertdie Bewerbungssituation von türkischenMitbürgern auf dem Arbeitsmarkt und gehtu. a. auf Ängste in der Bewerbungssitua-tion ein (Juli 2006).

Hintergrund / AnalyseMagazinbeiträge sowie einzelneDokumentationen und Reportagen gebenin den ZDF-Programmen Einblicke in denLebensalltag von Menschen mit Migra-tionshintergrund und machen großePublika mit Migranten/-innen und ihrenSichtweisen bekannt. „zdf.reporter“,„Frontal21“, „Länderspiegel“, „blickpunkt“,„Berlin direkt“ und „Mona Lisa“ berichtenz.B. über Moscheevereine, deutsch-türki-sche Unternehmer, die Einbürgerung einesjungen Marokkaners (17.5.2006), und bie-ten Schwerpunktsendungen wie „ZumKopftuch gezwungen“ über in Deutschlandlebende Musliminnen (Feb. 2004) oder„Arbeitslosigkeit in Migrantenfamilien“(14.09.2005). „37°“ und die „zdf.reportage“greifen das Thema regelmäßig auf – so inder Schilderung der Erfahrungen türki-scher Frauen in „37° - ’Hasret’ heißt Sehn-sucht“ (16.11.2004) oder in der Beschrei-bung der Lebenssituation in Duisburg„zdf.reportage – Ein Döner für Schimanski“(05.11.2006).

Kulturproduktion / KulturbeiträgeZDF-Kulturmagazine und -reportagengeben regelmäßige Einblicke in Kulturpro-duktion und kulturelles Leben von Migran-ten/-innen und greifen Fragen der kulturel-len Eigenheit und Integration auf. „aspek-te“ z. B. hat Beiträge zu den Stichworten„Leitkultur“ und Parallelgesellschaften ge-liefert und mit Berichten wie über denSiegerfilm der Berlinale 2004 „Gegen dieWand“ von Fatik Akin Kulturproduktionenvon Migranten vorgestellt.

Gesellschaftsgespräch / politischeDiskussionZDF-Gesprächsprogramme schaffen einForum zur gesellschaftlichen Diskussionvon Fragen der Integration und Migration.In „Berlin Mitte“ z. B. haben sich die

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Teilnehmer u. a. über Fragen wie „Europaohne Türken – Wovor haben die TürkenAngst?“ (19.02.2004), „Multikulti am Ende?Wächst der Hass auch bei uns?“(18.11.2004) oder „Schule der Gewalt – IstMultikulti endgültig gescheitert?“(06.04.2006) auseinandergesetzt.

Erzählung und UnterhaltungDie Funktion des Mediums als großerGeschichtenerzähler unserer Zeit setzt dasZDF mit Serien und Fernsehfilmen um, diekontinuierlich die Lebenserfahrungen vonMigranten/-innen und ihre Integration auf-greifen. Das „Kleine Fernsehspiel“ ist undwar dabei Vorreiter – in Beiträgen wie z. B.dem Spielfilmdebut der in Griechenlandgeborenen Regisseurin Daphne Charizani„Madrid“ (Sendung: 09.07.2004), das den„kleinen Unterschied“ zwischen einer spa-nischen Supermarktverkäuferin und ihrendeutschen Kolleginnen mit großer Subtilitätbehandelte. Aber auch in „großen“ Fern-sehspielen und Serien wird dauerhaft vonMigranten/-innen und ihren Lebenser-fahrungen erzählt (vg. Anlage).

Themen im Überblick und imZusammenhangProgramm- und Themenschwerpunkteeröffnen Zuschauern die Möglichkeit, sichzu Migrations- und Integrationsthemeneinen vertiefenden Gesamtüberblick zuverschaffen. Vom 14. bis 23. Mai 2006 wid-mete sich z. B. 3sat in einem Programm-schwerpunkt unter dem Titel „Aus derFremde – In die Fremde“ in Dokumentar-filmen und Reportagen, Spiel- und Fern-sehfilmen, Gesprächsrunden und aktuellenMagazinbeiträgen den vielschichtigenFacetten des Themas. Schon 2002 hattees sich unter dem Titel „Jung, deutsch undtürkisch“ der zweiten und drittenEinwanderergeneration gewidmet.

Angebote für KinderZDF-Kinderprogramme sensibilisierennachwachsende Zuschauergruppen fürdas Thema. Die Kindernachrichten „logo“z. B. offerieren regelmäßige Erklärstückewie z. B. zum Thema „Welche Schwierig-keiten haben Migrantenkinder in derSchule?“ (16.05.2006). In „pur+ – Moslemfür einen Tag“ nimmt der Moderator am

Leben in einer moslemischen Familie teilund schildert deren Lebensweise. DieKinderserie „Dunja und Desie“ erzählt vomZusammenleben von Muslimen und Nicht-Muslimen (2005).

Ergänzende Online-AngeboteDie Online-Angebote des ZDF stellenergänzende Informationen zum Themajederzeit zugänglich zur Verfügung undverweisen auf kompetente Anlaufstellen.

Migranten/-innen als Akteure, Präsen-tatoren, Macher und IdentifikationsfigurenMigranten/-innen präsentieren und gestal-ten ZDF-Sendungen und weisen damitMigranten/-innen als Teil gesellschaftlicherNormalität aus. Die ZDF-Moderatorinnenund Moderatoren Hülya Özkan („heute inEuropa“), Susana Santina („Top 7“),Cherno Jobatey („ZDF-Morgenmagazin“)sowie Annabelle Mandeng (3sat, „vivo“) z. B. tragen ebenso dazu bei wie Schau-spieler wie der Türke Taysun Bademsoy,der einen der Ermittler in der samstäg-lichen 20.15 Uhr-Krimi-Reihe „Ein starkesTeam“ verkörpert. Programm-Macher wiedie türkischstämmige Regisseurin BuketAlakus bringen ihre Lebenserfahrungenund Sichtweisen in die Produktion vonProgrammen ein. Die kürzlich erfolgteBerufung eines türkischen Redaktions-leiters bei PHOENIX zeigt an, dass die aktive Einbindung von Migranten/-innen indie Redaktionsarbeit zunehmend gelingt.

Die unter Abschnitt 2 und Abschnitt 3 skiz-zierten Rahmendaten zur Entwicklung derMigranten/-innen als Zielgruppe sowie derZDF-Programmangebote zu diesemThema geben ein Bild von der eingangserwähnten Komplexität der Aufgabe, Migration im Programm abzubilden. Mitder Konzeption der ganzheitlichen Berück-sichtigung der Thematik im Programmüber alle Genres, Sendeplätze und Kanälehinweg wird das öffentlich-rechtliche Fern-sehen ihr konzeptionell am ehesten ge-recht. Sie eröffnet die Möglichkeit, die the-matisch gegebene Bandbreite und Facet-tierung zu bewältigen. Sie knüpft an Fern-sehgewohnheiten der Zielgruppe an. Zu-gleich macht sie es möglich, Formen derPublikumsansprache zu wählen, die v. a. inunterhaltenden fiktionalen Genres rein for-

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Die Entwicklung der ZDF-Angebote zu Migration und Integration

mal gute Voraussetzungen bieten, sich jen-seits weltanschaulicher Festlegungen mitVorurteilen auseinanderzusetzen. Die inne-re Vielfalt und der Umfang der ZDF-Ange-bote zum Thema ebenso wie ihre Kontinui-tät im Programm unterstreichen, dass dasZDF seine Integrationsaufgabe im The-menfeld Migration und Integration in denvergangenen Jahren wahrgenommen hat.In der aktuellen politischen und gesell-schaftlichen Diskussion über die zuneh-mende Bedeutung des Themas steht dasZDF somit nicht vor der Situation, einenBeitrag hierzu erst aufbauen zu müssen.

Die zugleich in den vergangenen Jahrenzu konstatierende zunehmende Brisanzder Integrationsproblematik, die sich inöffentlichen Diskussionen wie z. B. überdie auch im ZDF-Programm ausführlichdargestellte Situation an Hauptschulengezeigt hat, hat auch zu Anfragen an dasöffentlich-rechtliche Fernsehen, ob esgenügend Beiträge zur Integration vonMigranten/-innen leiste, geführt. DieseAnfragen ebenso wie interne Selbst-Evaluationen hat das Haus in den vergan-genen zwei Jahren in seinen Programm-diskussionen berücksichtigt und seineProgrammarbeit zum Thema Migration undIntegration kritisch diskutiert und überprüft,um Ansatzpunkte für die weitere Arbeit zugewinnen.

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Perspektiven und nächste Schritte im ZDF-Programm

4. Perspektiven und nächste Schritteim ZDF-Programm

4.1. Programm

Im Ergebnis dieser Diskussionen ist festzu-stellen, dass – bei aller Anerkennung derNotwendigkeit, das eigene Programm auf-grund aktueller Entwicklungen immer wie-der kritisch zu überprüfen und weiter zuentwickeln – aufgrund der vorliegendenErfahrungen und Daten derzeit kein Anlassbesteht, die grundlegende konzeptionelleAusrichtung „Migration ist ein Quer-schnittsthema und kontinuierlicher Be-standteil unserer gesamten Programm-arbeit“ für das ZDF zu modifizieren. Konti-nuität und Umfang der ZDF- (wie auch derARD-) Programmangebote machen vorge-schlagene Integrationskanäle oder -sen-dungen nicht erforderlich, zumal diese anden dargestellten Erwartungen der Nutzervorbeigehen. Hinzu kommt, dass sie dasThema in eine Nische schieben und nachallen Erfahrungen eher zur Ab- und Aus-grenzung führen, als dass sie die Integra-tion fördern.

Gleichwohl sind Umfang und Kontinuitäteines Programmangebots nicht allein maß-geblich für seine Wirkkraft und seine Wahr-nehmung. Sie wird erfahrungsgemäß auchdavon geprägt, wie markant und hervorge-hoben einzelne Programmbeiträge undProgrammprotagonisten in Thema, Zahlder Auftritte, Platzierung etc. sind. Ein ein-ziges auffälliges Programm zu einemThema kann Image-prägend werden, ins-besondere wenn es großen Zuschauerzu-spruch erfährt. Die grosso modo zufrieden-stellende Gesamtpalette der ZDF-Pro-gramme zu Migration ist nach hausinternerEinschätzung im Verlauf der Jahre zu sehr„Regelangebot“ geworden, ihr fehlen dieregelmäßig herausgehobenen, besonde-ren, auffälligen Akzente.

Um die Auffälligkeit und Wahrnehmbarkeitunserer Programmarbeit zu erhöhen, wirddas ZDF in den nächsten Jahren folgendeMaßnahmen angehen:

Die Zahl thematisch auffälliger Produktio-nen, die sich unmittelbar Fragen der

Migration und Integration widmen, sollerhöht werden. Beispielhaft hierfür ist etwaeine dreiteilige Dokumentationsreihe zurGeschichte des Islam, die im Abendpro-gramm ausgestrahlt werden soll.

Die Fokussierung des Themas soll inbestimmten Sendungen noch deutlicherund häufiger vorgenommen werden alsbislang, etwa durch eine verstärkte Be-rücksichtigung von Migrationsthemen imRahmen des Magazins „ML – Mona Lisa“.

Programm- und Themenschwerpunkte sol-len genreübergreifend das Thema auffälligim Programm aufgreifen. So wird das ZDFz. B. Anfang 2007 am Themenschwerpunkt„Religionen“ in 3sat beteiligt sein, der sichauch dem Islam widmet. Für das Haupt-programm ist Ende 2007/Anfang 2008 eingroßer Programmschwerpunkt geplant, deralle ZDF-Kanäle und das Online-Angeboteinbezieht.

Die Wahrnehmbarkeit eines Themas imProgramm wird aber nicht nur durch Sen-dungen, sondern auch durch Personenhergestellt. Zwar hat das ZDF bereits frühMigranten/-innen auch an prominenterStelle auf dem Bildschirm eingesetzt. Aller-dings ist nicht von der Hand zu weisen,dass sich der Anteil von knapp 20 % derMenschen mit Migrationshintergrund ander Gesamtbevölkerung bislang nicht aus-reichend im Bildschirmpersonal widerspie-gelt. In den kommenden Jahren sollendaher zwei weitere Kolleginnen undKollegen mit Migrationshintergrund mit derPräsentation von Sendungen betraut wer-den, eine davon soll im Nachrichtenbe-reich tätig werden.

Zugleich wird die Zahl der tragendenRollen in fiktionalen Produktionen, die vonMenschen mit Migrationshintergrund ein-genommen werden, weiter erhöht. Einerster Schritt hierzu erfolgt Anfang 2007 inder neuen Freitagskrimireihe „Kriminal-dauerdienst“.

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Perspektiven und nächste Schritte im ZDF-Programm

4.2. Personal

Das ZDF hat in den vergangenen Jahrenbegonnen, in seiner PersonalpolitikMigranten/-innen stärker zu berücksichti-gen, wie die hohe Zahl von Auszubilden-den mit Migrationshintergrund im Rahmender Ausbildungsoffensive 2004 zeigt. Nichtnur das ZDF, sondern auch andere Me-dienunternehmen machen speziell für dieredaktionelle Arbeit dabei die Erfahrung,dass ausgebildetes journalistisches Perso-nal mit Migrationshintergrund nur einge-schränkt zur Verfügung steht. Wie die Er-fahrungen in anderen Ländern, etwa denVereinigten Staaten, zeigen, ist es aber fürdie Behandlung von Migrations- und Inte-grationsthemen unabdingbar, Journalistenzur Verfügung zu haben, die eigene Erfah-rungen in ihre Aufarbeitung einbringenkönnen. Eine ähnliche Erfahrung hat dasZDF nach der Wiedervereinigung bei derBehandlung von Themen aus den neuenBundesländern gemacht. Die seinerzeiteingeleiteten Personalmaßnahmen mit derErhöhung der Zahl aus den neuen Bun-desländern stammender Journalistenhaben sich in der praktischen Programm-arbeit unmittelbar bewährt. Redaktions-personal, das die in Rede stehendenThemen nicht nur vom Hörensagen, son-dern aus der eigenen Biographie herauskennt, ist im übrigen auch unerlässlich, umschnell auf aktuelle Vorgänge mit vertiefen-den Beiträgen angemessen eingehen zukönnen. In dieser Hinsicht ist die Ausstat-tung des Hauses mit qualifiziertem Redak-tionspersonal verbesserbar. Hierzu werdenin den nächsten Jahren unter Berücksichti-gung einschlägiger gesetzlicher Vorgabeninsbesondere aus dem „AllgemeinenGleichbehandlungsgesetz“ mehrere Maß-nahmen angegangen:

In den Volontariaten des ZDF sollen Be-werber mit Migrationshintergrund verstärktberücksichtigt werden. Langfristiges Zielist, sich über eine gezielte Personalpolitikeiner bevölkerungsrepräsentativen Zu-sammensetzung des Redaktionspersonalsauch unter dem Gesichtspunkt Migrationanzunähern.

Dasselbe gilt für Hospitationen undPraktika.

Als eine erste Sofortmaßnahme wird dasHaus Anfang 2007 mehreren journalisti-schen Nachwuchskräften mit Migrations-biographie die Gelegenheit geben, ineinem Trainee-Programm redaktionell tätigzu werden. Aufgrund von Rechercheneiner Arbeitsgruppe aus der HR Innen-politik ist der Kontakt zu einer Reihe von inFrage kommenden Kandidatinnen undKandidaten hergestellt worden. Hierauswerden geeignete Bewerberinnen undBewerber ausgewählt.

Für die Hauptredaktion Kultur undWissenschaft, wo die beiden Kirchenre-daktionen des Hauses angesiedelt sind,wird die Einrichtung einer Redaktions-position für nichtchristliche Religionengeprüft.

Parallel dazu wird die Aus- und Fortbildungdes Hauses ein Programm zur Weiter-bildung unseres Redaktionspersonals ent-wickeln. Ziel ist, allen Redakteuren, Jour-nalistinnen und Journalisten ein nicht nurwie bislang vereinzeltes, sondern systema-tisches Angebot zu machen, sich überHintergründe und Zusammenhänge desThemas Migration und Integration fortzubil-den.

Mit der Beteiligung am CIVIS-Medienpreisunterstreicht das ZDF öffentlich, dass esBeiträge zur Integration im Fernsehen ver-stärkt fördern will.

4.3. Forschung

Um die Programmangebote besser auf dieSeherwartungen der Zielgruppe abstim-men zu können, sind weitere Forschungennotwendig. Die nur in geringem Umfangvorliegenden Forschungsergebnissemachen es dabei notwendig, bei Basis-studien anzusetzen.

Um das Mediennutzungsverhalten vonMigranten/-innen in einer digitalen Medien-welt noch besser zu verstehen, führenARD und ZDF daher zur Zeit eine bundes-weite Repräsentativbefragung durch. Ziel

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ist, die Bedeutung deutscher und ausländi-scher Medien im Medienbudget der wich-tigsten Migrantengruppen sowie die Erwar-tungshaltung an die einzelnen Medien zuuntersuchen. Im Rahmen der Studie wer-den Vertreter der fünf größten Migranten-gruppen (Türken, Italiener, Griechen, Mit-bürger aus dem ehemaligen Jugoslawienund Polen) befragt. Da in Deutschland mitinsgesamt 8,0 Millionen mehr Personen mitdeutscher Staatsbürgerschaft mit Migra-tionshintergrund als Ausländer mit 7,3 Mio.leben, werden sowohl Deutsche mit Migra-tionshintergrund als auch Ausländer ausden genannten Nationen befragt. Fernerwird die Gruppe der Spätaussiedler in derBefragung berücksichtigt. Erste Ergeb-nisse liegen im Frühjahr 2007 vor.

Weitere Einzelstudien zu einzelnenProgrammformaten und -genres sind vor-gesehen und werden der Arbeit an Sen-dungskonzepten folgend v. a. als qualita-tive Erhebungen stattfinden.

Die genannten Maßnahmen dienen derIntensivierung unserer bisher geleistetenProgrammarbeit zum Thema Integrationund Migration. Sie sind mittel- bis langfri-stig angelegte Maßnahmen, die mit Konti-nuität zu verfolgen und nicht in einem kur-zen überschaubaren Zeitraum endgültigabarbeitbar sind. Fortschritte werden sichetappenweise einstellen. Damit werden sieder Langwierigkeit des Integrationspro-zesses gerecht.

Markus Schächter

Anlage

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Die Darstellung von Migration und Integration in denZDF-Programmen:

Status quo und Perspektiven

Die ZDF-Programme zu Migration und Integrationnach Kanälen und Genres

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ZDF-Programme zu Migration und Integration nach Kanälen und Genres

ZDF-Hauptprogramm

Aktuelle Sendungen Migration und Integration sind in der ak-tuellen Berichterstattung wiederkehrendeThemen, die an aktuelle Ereignisse ausallen Bereichen des politischen, gesell-schaftlichen, wirtschaftlichen und kulturel-len Lebens anknüpfen. Dabei reicht dieBandbreite der Berichterstattung in dentagesaktuellen Formaten wie „heute“,„heute-journal“, „heute nacht“ von denDiskussionen um eine mögliche Aufnahmeder Türkei in die Europäische Union überdas politisch-juristische Tagesgeschehenwie etwa den so genannten Kopftuchstreit(2003/2004), den Streit um das Zuwande-rungsgesetz (2004) oder Diskussionen umneue Bleiberechtsregelungen(14./15.11.2006), den Fall Metin Kaplan(2004) oder die so genannten „Ehren-morde“ (2006), über die Flüchtlingsströmeoder Kriegsgeschehnisse (z. B. Irak, Af-ghanistan) bis hin zu der Frage, ob aufden Schulhöfen künftig nur noch deutschgesprochen werden sollte (24./25.1.2006).Diesen Informationsstand vertieft das„ZDF-Morgenmagazin“ durch aktuelleGesprächspartner sowie durch die Be-richterstattung über gesellschaftliche Ent-wicklungen (u. a. „Islam daheim“ am28.09.2006, „Gewalt an Schulen“ am31.03./10.4.2006), die auch alltagsrelevan-te („Rassismus im Fußball“ am 12.10.2006)und kulturelle Themen einbeziehen. Da-rüber hinaus gibt es Schwerpunktsendun-gen zu wichtigen Ereignissen wie z. B.„Ausländer rein?“ (29.7.1997), „zdf.spezial“zum Zuwanderungsgesetz (22.3.2002,20.6.2002, 18.12.2002) und zum Urteil desBundesverfassungsgerichts zum Kopftuch-streit (24.9.2003).

MagazineSowohl die Magazine der Aktualität alsauch die innen- und gesellschaftspoliti-schen Magazine „zdf.reporter“, „Frontal21“, „Länderspiegel“, „blickpunkt“, „Berlindirekt“ knüpfen an die aktuelle Berichter-stattung der Nachrichtenformate an, vertie-fen diese, indem sie besondere Aspekteherausgreifen, um über die Hintergründeund den Alltagsbezug der jeweiligen The-men zu informieren. Dabei liegt ein beson-

deres Augenmerk darauf, auch die Sicht-weise der Migranten/-innen zu verdeut-lichen und das alltägliche Leben derMenschen nichtdeutscher Herkunft darzu-stellen. Aktuell war dies bei der Diskussionüber das Bleiberecht am 14.11.2006 zusehen. Anknüpfend an die Meldungen derNachrichtensendungen, die über diegrundsätzliche Einigung von CDU undSPD in dieser Frage informierten, griff„Frontal 21“ das Thema in einem Beitragauf, der den arbeitsrechtlichen Status hiergeduldeter Ausländer an konkreten Fallbei-spielen beleuchtete. Daneben greifen dieMagazine aber auch kontinuierlich Themenauf, die das Alltags- und Gesellschafts-leben der hier lebenden Migranten/-innenbeleuchten: Dies gelingt etwa durch Bei-träge über Moscheevereine, deutsch-türki-sche Unternehmer, die Einbürgerung einesjungen Marokkaners (17.5.2006), italieni-sche Künstler, bosnische Flüchtlinge oderden Bericht über die Probleme einesdeutsch-türkischen Paares, dessenFamilien gegen die Verbindung (6.10.2004)sind.

„Mona Lisa“ stellt in seinen Beiträgen diefrauenspezifischen Aspekte des Themas inden Vordergrund, wobei sich nicht nur ein-zelne Beiträge, sondern auch ganzeSchwerpunktsendungen wie „Zum Kopf-tuch gezwungen“ über in Deutschlandlebende Musliminnen (Feb. 2004), „NurAllah verpflichtet“ über den Umgang mitReligion in einer weitgehend säkularisier-ten Gesellschaft (01.05.2005) oder „Arbeitslosigkeit in Migrantenfamilien“(14.09.2005) mit der Thematik befassthaben. Das Kulturmagazin „aspekte“belegt, dass Menschen aus Einwanderer-familien ihre ganz eigenen Erfahrungen oftkreativ und innovativ verarbeiten und damiteine kulturelle Bereicherung darstellen.Darüber hinaus berichtet „aspekte“ über dieunterschiedlichsten Formen von Integra-tion und Migration und hat Beiträge zu denStichworten „Leitkultur“ und Parallelgesell-schaften geliefert. Dabei behandelten dieBeiträge der vergangenen drei Jahre u. a.die in Deutschland lebenden türkischstäm-migen Yesiden, die noch immer die Blut-rache kennen; den Siegerfilm der Berlinale2004 „Gegen die Wand“ von Fatik Akin;den Mord an dem holländischen Filme-

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ZDF-Hauptprogramm

macher Theo van Gogh; den so genann-ten Karikaturenstreit über die Propheten-darstellung in einer dänischen Zeitschrift.

Einen internationalen Fokus haben dieSendungen „heute in Europa“ und „aus-landsjournal“. Sie präsentieren Wissens-wertes über Politik und Leben aus denHeimatländern der Zuwanderer und bietendabei den deutschen Zuschauern einenZugang zu anderen Kulturen, Lebens-weisen und Religionen. Dabei lag im letz-ten Jahr ein Schwerpunkt auf der Bericht-erstattung über das Flüchtlingselend inAfrika, dem am 19.10.2006 eine Schwer-punktsendung gewidmet war. Zudem the-matisieren die beiden Sendungen, wieZuwanderung in anderen Ländern disku-tiert und praktiziert wird. So wurde z. B. imAnschluss an die Ereignisse der BerlinerRütli-Schule in mehreren „heute in Euro-pa“-Ausgaben darüber berichtet, wie unse-re europäischen Nachbarn mit diesenProblemen umgehen (26.4./18.5.2006).

Einen wichtigen Programmbeitrag leistenzudem die beiden Kirchenredaktionenauch im aktuellen Bereich mit ihren Sen-dungen. In der interreligiösen Diskussionwerden durch das Magazin „Sonntags –TV fürs Leben“ eigenständige Akzentegesetzt. Indem das Format religiöseLebenswelten, gesellschaftliche Wertvor-stellungen und individuelle Lebensstile vor-stellt und in der Rubrik „Menschen undProjekte“ über Integrationsprojekte für dasMiteinander von Kulturen berichtet, leistetes einen Beitrag zum gegenseitigen Verständnis. Daneben ist auch in denwöchentlichen Gottesdiensten der Dialogder Religionen und Mitmenschlichkeitimmer wieder Thema.

GesprächssendungenEine ganz eigenständige Note gewinnt dieInformation über das Thema Migration inpolitischen und kulturellen Gesprächs-sendungen. Sie bieten mehr Raum für aus-führlichere und differenziertere Stellung-nahmen als die naturgemäß knappen „O-Töne“ der Informationssendungen, wasgerade bei sensiblen Themen einen uner-lässlichen Programmbestandteil bedeutet.In „Berlin Mitte“ haben sich die Teilnehmeru.a. mit Fragen wie „Europa ohne Türken –

Wovor haben die Türken Angst?“(19.02.2004), „Multikulti am Ende? Wächstder Hass auch bei uns?“ (18.11.2004) oder„Schule der Gewalt – Ist Multikulti endgül-tig gescheitert?“ (06.04.2006) auseinander-gesetzt; und in der Gesprächsrunde„nachtstudio“ diskutierten Gäste aus derganzen Welt über Themen wie „DasFremde und die Heimat“ (20.06.2001),„Moderne Sklaven“ (25.01.2004) oder „DieDöner-Connection: Deutsch-Türken stür-men den Kulturbetrieb“ (07.03.2004).Dabei kommen in diesen Formaten Men-schen mit ausländischer Herkunft alsGäste zu Wort, und zwar nicht nur zuAusländerthemen, sondern zunehmend zuallgemeinen Fragen („Berlin Mitte“, „VolleKanne – Service täglich“). Gerade letzteresetabliert eine originäre Integrationsleistungdurch das ZDF-Programm, eben weil dienicht-deutsche Herkunft des Gesprächs-partners gar keine Rolle mehr spielt unddie Talk-Gäste damit allein schon alsIdentifikationsfiguren für die Migranten/-innen eine integrative Funktion besitzen.Diese integrative Funktion erfüllen im Übrigen auch die ZDF-Moderatorinnen und Moderatoren Hülya Özkan („heute in Europa“), Susana Santina („Top 7“)sowie Cherno Jobatey („ZDF-Morgen-magazin“).

Dokumentationen und Reportagen In den verschiedenen Dokumentationenund Reportagen finden sich viele Prota-gonisten, die unmittelbar von der Migra-tionsproblematik betroffen sind. Die wöchentliche Dokumentationsreihe „37°“begleitet gezielt Menschen bei Umbrü-chen und persönlichen Gratwanderungen.Zum Konzept der Reihe gehört es, dieeigene Perspektive dieser Menschen inden Vordergrund zu stellen. Die Band-breite der Porträtierten reicht von Flücht-lingen aus Kriegsgebieten („Im Gepäcknur das Grauen – Kosovo-Flüchtline erzäh-len“ 15.6.1999), illegalen Zuwanderern(„Schattenmenschen“ 04.02.1997) bis hinzu den Erfahrungen türkischer Frauen inDeutschland („Kopftuch und Minirock“ am03.11.1998 / „’Hasret’ heißt Sehnsucht“ am16.11.2004) oder die multikulturelle Szenein Berlin („Kreuzberger Nächte – jungeTürken in Berlin“ am 10.01.2006). ÄhnlicheSchwerpunkte setzen die Reportagen,

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ZDF-Hauptprogramm

welche die Probleme der Migranten/-innenbei der Erlangung von Arbeits- und Aufent-haltsgenehmigungen zeigen oder die sichvor dem Hintergrund von Zwangsheiratund Ehrenmorden mit der Gewalt gegenFrauen befassen. In anderen Reportagenspielen die Themen Migration und Inte-gration darüber hinaus in einer alltags-orientierteren Perspektive eine wichtigeRolle. (z. B.: „Auf den Spuren der Nacht“,07.01.2003, „Ein Döner für Schimanski“05.11.2006).

Fiktionale ProgrammeEbenso gehört es zum Profil der fiktionalenSendungen des ZDF, das Thema Migrationkontinuierlich aufzugreifen. Die Behand-lung der Thematik erfolgt auf den einzel-nen Sendeplätzen sowie innerhalb derGenres auf unterschiedliche Weise undentspricht der jeweiligen Sendeplatzinten-tion im Rahmen des Gesamtangebotes.Gemeinsam ist allen Sendungen, dass siesich als Spiegelbild gesellschaftlicherStrömungen und Prozesse verstehen, diediese für das Publikum in angemessenerWeise fiktional aufbereiten.

Zum Selbstverständnis des „Fernsehfilmsder Woche“ am Montag um 20.15 Uhr ge-hört es, Geschichten von alltäglichen Prob-lemen und nah am heutigen Lebensgefühlzu erzählen. Dabei wird regelmäßig auchdie Lebenswelt von Ausländern in Deut-schland gespiegelt. Besonders erwähntseien hier die Filme von Autor und Regis-seur Lars Becker, der sich in seinen Arbei-ten immer wieder mit dem Thema Migra-tion beschäftigt hat, zuletzt in „Nacht-schicht – Vatertag“ (22.03.2004), der u.a.einen Migranten/-innen aus dem früherenJugoslawien auf der Suche nach seinemSohn zum Protagonisten macht. In derKrimi-Reihe ist mit Minh-Khai Phan-Thiauch eine durchgängige Rolle mit einerbeliebten Protagonistin mit erkennbaremMigrationshintergrund besetzt worden.Fatih Akins zweiter sehr erfolgreicher Spiel-film „Im Juli“ (30.06.2003) behandelte dasThema Migration auf eine erfrischendselbstverständliche Weise. Auch dasGenre „Komödie“ kann diese Funktionerfüllen, wie z. B. „Das Schwalbennest“(7.3.2005) „Süperseks“ (4.9.2006) und„Deutschmänner“ (16.1.2006).

Aber auch ernste Themen werden aufge-griffen. Das Drama „Kleine Schwester“(13.9.2004) behandelt den Kampf derBundespolizei gegen den Menschen-schmuggel an der deutsch-tschechischenGrenze.

Eingebettet in die Krimihandlungen wer-den auch in den verschiedenen Reihendes „Samstagskrimis“ Menschen auslän-discher Herkunft dargestellt, die sowohl inder Täter- als auch in der Opferrolle vor-kommen, ohne dass ihre Herkunft dabeiselbst zum zentralen Thema des Films ge-macht würde (u. a. „Ein starkes Team:Dunkle Schatten“ 15.04.2006, „Bella Block:Im Namen der Ehre“ 30.03.2002, „Stubbe – Von Fall zu Fall: Yesterday“ 20.12.2003und „Kommissarin Lucas: Skizze einerToten“ 21.10.2006). In der Reihe „Ein star-kes Team“ spielt seit vielen Jahren derTürke Taysun Bademsoy eine der Team-rollen und agiert in der Berliner Ermittler-truppe neben Florian Martens, MajaMaranow und Leonard Lansinck.

Die Redaktion „Das Kleine Fernsehspiel“fördert kontinuierlich in Deutschland leben-de Filmemacher, Autoren und Schauspie-ler mit Migrationshintergrund. Sie wissenaus eigener Erfahrung, wovon sie in ihrenFilmen erzählen und schaffen so einenZugang zu Sichtweisen und Milieus vonMigranten/-innen, die uns sonst verschlos-sen bleiben würden. So arbeitete die Re-daktion mit der türkischstämmigen Regis-seurin Buket Alakus zusammen, derenEmanzipationsgeschichte einer türkischenHausfrau „Anam – meine Mutter“ 2003 mitdem CIVIS Fernsehpreis ausgezeichnetwurde. Mit der Hamburgerin Ayshe Polatist der Film „En garde“ (Silberner Leopardin Locarno 2004, Sendung 10.10.2005)entstanden und die in Griechenland gebo-rene Regisseurin Daphne Charizani thema-tisiert in ihrem Spielfilmdebut „Madrid“(Sendung: 09.07.2004) den „kleinen Unter-schied“ zwischen einer spanischen Super-marktverkäuferin und ihren deutschen Kolleginnen mit großer Subtilität. Die ehe-maligen Kinder der so genannten Gastar-beiter setzen sich auch mit den Kriegen inder Heimat ihrer Eltern und mit Flüchtlings-schicksalen in Deutschland auseinander.So beendete der türkische Kurde Yüksel

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Yavuz seine Trilogie der Lebensbedingun-gen türkischer Migranten/-innen mit demSpielfilm „Kleine Freiheit“ (16.08.2004), derauch auf dem Filmfestival in Cannes fürAufmerksamkeit sorgte. „Heimkehr“ vonDamir Lukacevic erzählt, wie der Krieg imehemaligen Jugoslawien die Träume undLebenslügen einer kroatischen „Gastar-beiterfamilie“ zerstört. Darüber hinaus initi-ierte die Redaktion „Das Kleine Fernseh-spiel“ in Zusammenarbeit mit der EBU denbesonderen europäischen Programmaus-tausch N-Trade. Hier entstanden mehrfachReihen zum Thema Migration. 2006 stehtdie Reihe unter dem Vorzeichen „InnereSicherheit“ und nimmt mit dem preisge-krönten Debütfilm „Schläfer“ von BenjaminHeisenberg (Sendung: 04.12.06) die akt-uelle Terrorismus-Debatte auf. Unter denDokumentarfilmen der Redaktion ist „Waslebst Du?“ von Bettina Braun (Sendung:14.11.2005) zu nennen, der zu demZeitpunkt, als in Paris die Vorstädte brann-ten, einen frischen Einblick in das Lebenjunger Männer mit Migrationshintergrundin Deutschland gab. In dem sehr persön-lichen Dokumentarfilm „Mein Vietnam –Land und kein Krieg“ (21.2.2005) erzähltdie in Deutschland als Tochter eines viet-namesischen Migrantenpaares geboreneSchauspielerin Minh-Khai Phan-Thi überdie Zerrissenheit, zwischen zwei Kulturenzu leben.

Bei den Fernsehserien, insbesondere imZDF-Werberahmenprogramm, erfolgt derIntegrationsbeitrag auf eine selbstverständ-liche, unterhaltsame Art. Dies lässt sich inerster Linie über die Geschichten und dieBesetzung einlösen. Dabei ist es auch möglich, auf humorvolle, augenzwinkerndeWeise mit gängigen Klischees bei derZeichnung der Charaktere zu spielen.Eingelöst wird dies häufig in den Episodender verschiedenen Serien, u. a. „Die Ret-tungsflieger“, „Eine Liebe am Gardasee“,Notruf Hafenkante“.

Daneben gibt es Serien, in denen durch-gängig ein Charakter ausländischer Herkunft etabliert wurde. Jasmin Gerat ermittelt seit 2005 als deutsch-türkischeKommissarin Jale Beck im Team der„SOKO Köln.“ Sie folgte der ausgeschiede-nen italienischen Kommissarin Daniela

Fiori. In der aktuellen Staffel „SOKOLeipzig“ nimmt Kommissar Patrick DiegoGrimm (dargestellt von Tyron Ricketts),Sohn eines Mosambikaners und einerDeutschen, den Platz des spanischenKommissars Miguel Alvarez im Team umHauptkommissar Trautschke ein. Mentalitätund Familienhintergrund beider Protago-nisten werden in den einzelnen Episodendes jeweiligen Formates immer wieder the-matisiert. Ebenso wie bei dem türkisch-stämmigen Kommissar Cem Panuk in derSerie „Die Spezialisten: Kripo Rhein-Main“,der in seiner Rolle als Spurensicherungs-experte eine tragende Funktion innerhalbdes Frankfurter Teams übernimmt. Darüberhinaus unterstützt Leena Virtanen, alsKonstabler der finnischen Staatspolizei, imRahmen eines europäischen Austausch-programms wöchentlich das Team der„SOKO Wismar“.

Die neue Krimi-Serie „KDD-Kriminaldauer-dienst“ erzählt die Geschichte einer Be-rufsfamilie im Polizeimilieu, deren DienstortBerlin Kreuzberg ist. Eine zentrale Figur imTeam um Dienstgruppenleiter Enders istder türkische Kriminalkommissar MehmetKilic (Billey Demirtas), Einwanderer derdritten Generation. Seine ganz privateGeschichte um Tradition, Stolz und Vorur-teile ist ebenso immer wieder Thema, wieder Fall des Flüchtlingsjungen Enes, derden Dauerdienst immer wieder mit Klein-delikten beschäftigt. Neben Billey Demirtasbesetzen Melika Foroutan, Barnaby Met-schurat, Saskia Vester, Manfred Zapatkaund Götz Schubert den „Dauerdienst“, imMulti-Kulti Bezirk Kreuzberg.

ShowDie fortschreitende Entwicklung zu einermultikulturellen Gesellschaft spiegelt sichauch in den Showprogrammen des ZDFwider, einerseits durch die Künstler desglobal orientierten Musikmarktes, anderer-seits durch Gäste, die immer häufigereinen Migrationshintergrund aufweisen.Besonders bei Johannes B. Kerner werdendie Geschichten, Erfahrungen oder Be-lange ausländischer Mitbürger in regelmä-ßigen Abständen thematisiert. Hier kom-men bekannte Autoren, Komiker, Schau-spieler, Moderatoren, Musiker unterschied-lichster Nationalitäten, aber auch nicht-pro-

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ZDF-Hauptprogramm

minente Gäste mit besonderen Erlebnissenoder Schicksalen zu Wort.

Die erfolgreichste UnterhaltungssendungEuropas „Wetten, dass..?“ bietet nicht nurinternationalen Gästen, sondern auch aus-ländischen Mitbürgern ein Forum, wenndiese über ein hohes Maß an Bekanntheitverfügen. Beispielhaft können hier der Mu-siker Mustafa Sandal oder die Boxer Vitaliund Wladimir Klitschko genannt werden.Besonders herauszuheben ist hier eineAktion des DFB gegen Rassismus, die am22.1.2005 mit Gerald Asamoah einem brei-ten Publikum in Deutschland vorgestelltwurde. Die live aus dem antiken Amphi-theater der türkischen Stadt Aspendosausgestrahlte „Wetten, dass?“-Ausgabe(15.05.2005) hat in besonderer Weisedeutsche und türkische Mitbürger inDeutschland angesprochen.

Einen weiteren Akzent konnte derDeutsch-Türke Bülent Ceylan mit seinemComedy-Programm im Sommer 2006 set-zen. Das Solo bot einen humorvollen Blickauf die multikulturelle Gesellschaft inDeutschland und wurde in einer Fassungvon 45 Minuten Länge gezeigt.

Zum Jahresausklang zeigt auch regelmä-ßig die Sendung „Menschen“ die Lebens-welten bzw. Erfahrungen ausländischerBürger in Deutschland. So wurde 2005zum Beispiel eine aus Kirgisien ausgewan-derte Großfamilie mit 16 Kindern in dieSendung eingeladen. 2006 sind eine türki-sche Schülerin und ein pakistanischerSchüler aufgrund ihres integrativen Enga-gements in der Sendung zu Gast.

KinderprogrammDie Themen Migration und Integration wer-den innerhalb des Kinderprogramms desZDF, ZDF tivi, so vielschichtig abgebildet,wie das Thema die Realität der Kinderprägt. Vom problemfreien Zusammenlebenunterschiedlicher Kulturen über das Auf-zeigen von Zusammenhängen, die hinterinterkulturellen Konflikten stehen, bis hinzur Darstellung individueller Probleme derIntegration bietet ZDF tivi über das Einzel-programm hinaus Einblicke und Einsichtenin die Ursachen und Ausformungen vonMigration in Deutschland.

In den Informationsprogrammen wie„logo!“, der einzigen werktäglichen Nach-richtensendung für Kinder, „PuR“ und des-sen Nachfolgeformat „pur+, sowie derDokumentationsreihe „Stark – Kindererzählen ihre Geschichte“ werden Infor-mationen vermittelt, die neue Blickwinkeleröffnen und das Verständnis des Frem-den fördern. In „logo“ sind es regelmäßigeErklärstücke wie z. B. zum Thema „WelcheSchwierigkeiten haben Migrantenkinder inder Schule?“ (16.05.2006) oder Berichteaus dem Alltag ausländischer Kinder undderen Erlebnisse bei ihren ersten Schritten,sich in Deutschland einzuleben. Wie schon„PuR“ widmet sich auch „pur+“ den Fra-gen von Migration und Integration. Die 15-minütigen Dokumentationen der Reihe„Stark!“, die ZDF tivi für den KI.KA produ-ziert, schaffen immer wieder ungewöhnli-che und sehr persönliche Zugänge zu die-sem Thema. Preisgekrönt wurde der Bei-trag der 13-jährigen Vivian, die trotz rudi-mentärer Sprachkenntnisse an einem 6-monatigen Austauschprogramm mitFrankreich teilnimmt. Die Sprachbarriere,die für viele Migranten/-innen die Barrierefür Integration darstellt, wird hier für deut-sche Kinder intensiv erlebbar.

In den fiktionalen Programmen befasstsich „Dunja und Desie“, eine Serie für diejugendliche Zielgruppe, mit dem Zu-sammenleben von Muslimen und Nicht-Muslimen. In der Umsetzung gelingt dassowohl realistisch wie heiter, absurd über-höht wie alltäglich. Hier ist kulturelle Vielfaltals Normalität abgebildet mit all ihrer Har-monie und ihren Konflikten und zeigt sichdarüber hinaus sehr menschlich und sym-pathisch. In den preisgekrönten Kinofilmen„Die Blindgänger“ und „Paulas Geheimnis“erzählt das Kinderprogramm des ZDF kon-sequent und zeitgemäß aus der Perspek-tive der jungen Protagonisten. In der Fa-milienserie „Da kommt Kalle“ ist es wiede-rum die Darstellung des Selbstverständ-lichen, die beispielhaft für ein friedlichesMiteinander in unserer Gesellschaft ist: dersympathische Freund der Familie ist einGrieche.

Mit „Arkadaslar Elele“ (16.09.2006) habendie unterhaltenden Formate einen fröh-lichen und spielerischen Zugang zu dem

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Thema eröffnet. In diesem Musikprojektmacht Mitsingen Spaß und zwar aufDeutsch und Türkisch. Nela Panghy-Lee,Tochter einer Südkoreanerin und einesUngarn, moderierte mit Sebastian Höffnerdie „Fun Factory“, die Kreativ Show in ZDFtivi. Ihr Aussehen und ihr Name sind an-ders und doch ist Migration kein Thema.Sie spiegelt als positiv besetzte interkultu-relle Moderatorin die Natürlichkeit einestoleranten Miteinanders wider.

Der Quizklassiker „1,2 oder 3“ spielte imJuni 2006 zum ersten Mal mit internationa-len Rateteams. Die Freude am spieleri-schen Wettstreit ist Ausgangspunkt fürviele internationale Begegnungen und denBeginn weltweiter Freundschaften.

Neue MedienDas Thema „Migration“ ist ein regelmäßi-ger Bestandteil der Berichterstattung aufallen Internetplattformen des ZDF. Nebenaktuellen Meldungen zu Themen wieEinwanderungspolitik, Integration undFlüchtlingsproblematiken veranschau-lichen die Online-Angebote in Reportagen,Interviews, Bildergalerien und vielen weite-ren Darstellungsformen die Situation vonMigranten/-innen in Deutschland und welt-weit. Alle Texte der Sendungen und dieselbst recherchierten Beiträge wurden aufder Themenseite „Zuwanderung und Inte-gration“ auf ZDF.de, im nachrichtlichen Be-reich von heute.de und in den unterschied-lichen Sendungsrubriken bei tivi.de gebün-delt.

Ein zentrales Thema dieses Schwerpunk-tes auf ZDF.de ist die Integration von Aus-ländern in die Schul- und Berufswelt. Diepolitischen Ansätze, wie etwa spezielleDeutschkurse im Kindergarten für Kinderausländischer Herkunft oder islamischerReligionsunterricht an Schulen in Baden-Württemberg, werden vorgestellt und be-wertet. Auch das Informationsformat logo!behandelt immer wieder das Thema Migra-tion. Auf tivi.de finden die Kinder nebenden unzähligen aktuellen sendungsbeglei-tenden Artikeln zu einzelnen logo!-Sende-beiträgen im logo!-Lexikon weiterführendeInformationen zu einzelnen Begriffen wiebeispielsweise „Asyl“, „Kinderflüchtlinge“oder den großen Weltreligionen.

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Partnerkanäle 3sat und ARTE

Partnerkanäle 3sat und ARTE

3satFragen der Migration sind Fragen derKultur. Insofern ist es selbstverständlich,dass 3sat die öffentlich-rechtliche Plattformfür Kultur und Wissen, Bildung undWissenschaft dem Thema breite Aufmerk-samkeit einräumt.

Vom 14. bis 23. Mai 2006 widmete sich3sat mit einem besonderen Programm-schwerpunkt dem Thema „Migration“.Unter dem Titel „Aus der Fremde – In dieFremde“ wurden in Dokumentarfilmen undReportagen, Spiel- und Fernsehfilmen,Gesprächsrunden und aktuellen Magazin-beiträgen die vielschichtigen Facetten die-ses Themas beleuchtet. Konzeptionellstanden dabei hauptsächlich drei Aspekteim Vordergrund: Die Geschichte der Ein-wanderer primär aus deren eigener Per-spektive zu erzählen, einen Bogen zuspannen von den Migranten/-innen derersten Stunde bis zur heutigen drittenEinwanderergeneration und – vor allem –die Normalität des Alltags von Einwand-ererfamilien hierzulande zu zeigen.

In den 3sat-Flaggschiffen „Kulturzeit“ (u. a.„Der Tag an dem ich Deutscher wurde“ am28.03.2006), „delta“ (u. a. „Planet derNomaden – Herausforderung Migration“am 18.05.2006) und „nano“ (u. a. „50 Jahre fremde Heimat – Gastarbeiter in Deutschland“ am 15.02.2005) wirdregelmäßig aktuell über die Situation vonMigranten/-innen und die neuestenEntwicklungen in der deutschen Migra-tionspolitik berichtet.

In der Dokumentarfilm-Reihe „FremdeKinder“, die den Alltag von Kindern auf derganzen Welt beschreibt, werden regelmä-ßig Immigrantenschicksale dargestellt.Migration ist zudem das Thema etlicherpreisgekrönter Dokumentarfilme: „LostKillers“ (23.07.2004), „Die große Reise“,„Asyl“ (23.05.2006), der Kurzfilm „Lebwohl“ (12.10.2004).

Entscheidend für die Integration von Mit-bürgern mit Migrationshintergrund istneben den programmlichen Vorhaben imKern des Programms Personen einzuset-

zen, die den Integrationsprozess erfolg-reich durchlaufen haben. 3sat hat dies beider Besetzung der Moderation des Rat-gebermagazins „vivo“ berücksichtigt.Unter den Bewerbern befanden sich mehr-heitlich Personen mit Migrationshinter-grund. Seit Oktober moderiert die in Togound Pakistan aufgewachsene AnnabelleMandeng „vivo“, das neue Servicemagazinvon 3sat.

ARTEAufgrund seines europäischen Programm-auftrages spielen bei ARTE Themen mitinternationalem Bezug, die das Zu-sammenleben von Völkern und verschie-denen Volksgruppen in einem Staatsgebietbetrachten, eine herausgehobene Rolle.Speziell zum Thema Migration hatZDF/ARTE eine ganze Reihe von Program-men produziert, die sich mit unterschied-lichen Aspekten der Migration nachEuropa und der Integration von Einwan-derern in Europa auseinandersetzen.Naturgemäß bildet dabei die Integrationvon ausländischen Mitbürgerinnen undMitbürger in der Bundesrepublik nur einenTeilaspekt; ARTE stellt zumeist den Blickauf die europäische Situation in den Vor-dergrund. Beiträge zum Thema Migrationliefern hauptsächlich die beiden Subkoor-dinationen Fernsehspiel und Themen-abende.

Darunter befinden sich ausgesprocheneHighlight-Programme, die zum Teil vorihrer Fernsehausstrahlung eine erfolgrei-che Kinoauswertung vorweisen konnten.So zeigt der Spielfilm „Lichter“ von Hans-Christian Schmid (22.3.05) Schlepper ander deutsch-polnischen Grenze, die immerwieder versuchen, Flüchtlinge nach Deutschland einzuschleusen. Ein weitererSpielfilm, „Süperseks“ (9.12.2005), erzähltdie Geschichte von Elviz, der die erste tür-kischsprachige Telefonsex-Hotline namensSüperseks gründet. In „Schläfer“, einemFernsehfilm von Benjamin Heisenberg(20.10.06), wird Johannes, ein junger deut-scher Wissenschaftler, vom Geheimdienstgebeten, Informationen über seinen algeri-schen Kollegen Farid – einen vermeint-lichen Schläfer – zu liefern. In dem Doku-

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Partnerkanäle 3sat und ARTE

mentarfilm „I for India“ von Sandhya Suri(12.8.2006) sahen die Zuschauer ein faszi-nierendes Portrait eines Lebens zwischenzwei Kulturen und zwei „Heimatländern“.

Wie Migranten/-innen ihre besonderenLebensumstände bewältigen, stand auchim Mittelpunkt einiger vom ZDF produzier-ten ARTE-Themenabende: Der Themen-abend „Für eine Handvoll Euros – Arbeits-migranten in der EU“ vom 22. Juni 2004behandelte die Situation nach der Ver-schärfung einiger Gesetze bezüglich Arbeitsmigration. „Schöne, neue Arbeits-welt“ vom 28.09.04 enthielt die Doku-mentation „Kapital Mensch“, die zeigt, wieder Mensch immer mehr zum leicht ver-schiebbaren „Arbeitskraftkapital“ wird. DieArbeitnehmerwanderung hat eine neueBranche entstehen lassen: Die privateArbeitsvermittlung.

Darüber hinaus wird das Thema Migrationregelmäßig im Magazin „arte Europa“ be-handelt. Am 27.01.04 gab es eine ganzeSendung mit dem Titel „Migration undIntegration“, wobei es in den einzelnenBeiträgen hauptsächlich um die Integrationin Europa ging. Am 16.6.04 hieß die Sen-dung „Heimat“, mit Beiträgen über jüdi-sche Einwanderer in Deutschland oderbosnische Rückkehrer. Am 15.09.04 lief dieSendung „Mittelmeer und Barcelona-Pro-zess“, in der vor allem die Situation inItalien und Spanien im Mittelpunkt stand.Am 10.6.05 lief „Arbeit“, in der die Beiträgesich vor allem um Jobnomaden in Europadrehten.

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ZDF.vision

ZDF.vision

ZDFtheaterkanalDas aktuelle Theater setzt sich sehr inten-siv mit den sozialen Brennpunkten unsererGesellschaft auseinander. Dabei hat auchdas Thema Migration einen bedeutendenAnteil. Das Theatermagazin FOYER berich-tet regelmäßig über aktuelle Theaterstückeund Ereignisse zu diesem Thema.

Mit der Aufzeichnung von Lessings„Nathan der Weise“ am neu eröffnetenHans Otto Theater Potsdam im September2006 konnte der ZDFtheaterkanal ein her-vorragendes Beispiel eines Versöhnungs-versuchs zwischen Kulturen und Religio-nen in einer aktuellen Inszenierung demPublikum zugänglich machen.

Des weiteren zeigte der ZDFtheaterkanalu.a. in seinem Monatsprogramm Oktober2006 eine Reihe von Stücken und Porträtszum Thema „Polen und sein Theater“ undvermittelte damit einen Einblick in Kulturund Geschichte unserer polnischen Nach-barn. Mit Themenschwerpunkten wie„Außenseiter“, „Visionen“ und „Unsereneuen Nachbarn“ hat der ZDFtheaterkanalbereits früher Stücke und Dokumentatio-nen gezeigt, die zu einer Sensibilisierungim Umgang mit dem Fremdsein beitragenkönnen.

ZDFdokukanalZum programmatischen Ansatz desZDFdokukanal gehört ganz wesentlich, dieVerständigung zwischen den Kulturen zufördern und durch die Vermittlung vonHintergrundwissen einen Beitrag zumVerständnis für fremde Kulturen und derenIntegration in Deutschland zu leisten. Ausdiesem Anspruch heraus hat derZDFdokukanal einen eigenen Sendeplatz„Fremde Kulturen“ eingerichtet, in dem all-wöchentlich in einem Beitrag dieGeschichte, Kultur und Tradition einesanderen Kulturkreises aus nächster Nähebeleuchtet wird, z.B. in „Konya –Mystischer Ort des Islam“ (Juli 2006).Daneben berichtet die Korrespondenten-Reihe des ZDFdokukanal regelmäßig vomLebensalltag der Menschen im Ausland.So in der jüngsten Reihe „Reifeprüfung“(November 2006), die der Frage nachgeht,

wann in anderen Ländern für Jugendlicheder Übergang in das Erwachsenendaseinstattfindet.

Der ZDFdokukanal wiederholt und bündeltdarüber hinaus zahlreiche Produktionenzum Thema Migration/Integration u.a. aus„Das kleine Fernsehspiel“ oder auchDokumentationen von ZDF, 3sat und ARTEzu speziellen Programmschwerpunktenwie „Am Rand der Gesellschaft – Aus-länder in Deutschland“ (Oktober 2004)oder Tagesdoku-Reihen wie „Die StimmeAllahs – der Islam“ (Juli 2004). Danebensind auch Eigenproduktionen entstanden,wie zuletzt „Emine“, die Geschichte einerTürkin, die mit 18 Jahren von ihrem Vaterzum Arbeiten nach Deutschland geschicktwurde (März 2006). Immer wieder widmetsich der ZDFdokukanal zudem in ganzenThementagen oder speziellen Themen-abenden der Darstellung fremder Kulturen,Religionen und Traditionen, wie zuletzt indem Thementag „Türkei“ (März 2006). Undschließlich wirbt der ZDFdokukanal in sei-nem „Forum Junger Film“ für Verständnisund ein Miteinander der Kulturen, indem erz.B. gemeinsame Projekte von iranischenund deutschen Film-Studenten fördert(2006/2007) und auf dem Sendeplatz des„Forum junger Film“ Werke junger Autorenaller Kulturen ausstrahlt, in denen diesevon ihren Lebenswirklichkeiten berichten.

ZDFinfokanalDer digitale Ratgeber- und Servicekanal desZDF liefert Erkenntnisse zu den Bereichendes täglichen Lebens. Vor allem in derRubrik „aktuell“ taucht dabei das ThemaMigration/Integration immer wieder auf,denn hier werden in den aktuellen heute-Nachrichten sowie in den Berichten ausdeutschen Regionen, aus Europa und derWelt gesellschaftliche Realitäten abgebildet,in denen das Thema ständig virulent ist.

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Programmvorhaben 2007

Programmvorhaben 2007

In der Weiterverfolgung seiner integrativenProgrammkonzeption wird das ZDF auchim Jahr 2007 in allen wichtigen Pro-grammgenres das Thema Migration undIntegration weiterverfolgen.

So plant die Hauptredaktion Innen-, Ge-sellschafts- und Bildungspolitik ein doku-mentarisches Sonderprojekt zum ThemaIntegration. Eine drei- bis vierteilige Doku-mentationsreihe soll Einblicke liefern in dieSituation eines Stadtteils oder – nochenger – eines Wohnhauses, in demDeutsche und Ausländer oder solche mitMigrationshintergrund leben und wohnen.Dabei soll exemplarisch ein Mikrokosmosbeleuchtet werden, der für die vielfältigenProbleme des Zusammenlebens und dieAuswirkungen mangelnder Integrationsteht. Sprache, Religion, kulturelle Unter-schiede, Arbeitslosigkeit, Gewalt sindAspekte, die dabei eine Rolle spielen wer-den. Die Filmreihe soll jedoch nicht bei dervordergründigen Beschreibung einesschwierigen Zustands stehen bleiben, son-dern Auswege in Form konkreter Problem-lösungen aufzeigen. Die Dokumentationgreift dabei den Ansatz des konkretenCoachings auf, dem auch bereits dieerfolgreiche Dokumentationsreihe „SOSSchule“, ausgestrahlt im Frühjahr 2006,folgte. Darüber hinaus ist für die Schwer-punktwoche zum Thema Integration einegroße abendliche Live-Sendung ange-dacht, die einen weiteren auffälligenProgrammakzent setzen soll. Das FormatZDF FORUM, im Bundestagswahljahr 2005entwickelt und im Jahr 2006 zum Thema„Gewalt an Schulen“ erprobt, dient dabeider kontroversen Diskussion verschiede-ner gesellschaftlicher Gruppen, bietetFakten und Hintergründe zum Thema undbezieht sowohl das Studiopublikum alsauch die Zuschauer zuhause mit ein.

Die HR Kultur und Wissenschaft sieht ver-schiedene Projekte vor, die das interkultu-relle Miteinander fördern sollen. Für „37°“sind vorerst zwei Beiträge zu diesenThemen geplant: Die Dokumentation„Farbige in Deutschland“ beleuchtet dieVerhältnisse in Ostdeutschland seit derWiedervereinigung, wo seither sechs

Menschen von rechtsextremen Gewalt-tätern getötet worden sind. Die meistenOpfer waren Schwarzafrikaner. Aber auchdie brutalen Angriffe ohne Todesfolgeenden oft tragisch. Aus diesen Gründenwird seit längerem eine Debatte über ‚No-go-Areas’ geführt. Können sich Menschenmit dunkler Hautfarbe in Ostdeutschlandnicht mehr frei bewegen, ohne um Leibund Leben fürchten zu müssen? Eine wei-tere Folge wird die mühsame, aber gelun-gene und daher motivierende Integra-tionsarbeit mit türkischen Jugendlichen inBerlin-Neukölln behandeln. Am Sonntag-abend will die dreiteilige Dokumentation“Morgenland – Geheimnisse der islami-schen Welt” die von Missverständnissen,Klischees und gezielter Verfremdunggeprägte Geschichte von Orient undOkzident erzählen und den Ursachen derEntfremdung auf den Grund gehen. In diesem Zusammenhang sind auch dreibesondere Gottesdienste geplant: Am29.04.07 ein Gottesdienst aus der evange-lischen Gemeinde in Istanbul, am13.05.07. zur aktuellen Globalisierungs-debatte aus der „Eine-Welt-Kirche“ inSchneverdingen, am 03.06.07 thematisiertein Gottesdienst aus Duisburg-Marxlohedie wegweisende Zusammenarbeit vonChristen und Muslimen in dieser stark vontürkischen Mitbürgern geprägtenGemeinde.

Auch in den fiktionalen Angeboten soll dasThema Migration in verschiedenenFernsehfilmen und Serien aufgegriffen wer-den. So befasst sich der zweite Film derKriminalreihe „Unter anderen Umständen –Bis dass dein Tod euch scheidet“ mit demThema Scheinehen. Ein großer zweiteiligerFernsehfilm mit dem Arbeitstitel „Mein Herzin Chile“ ist in Planung. Im Mittelpunktsteht das Schicksal einer Frau, die 1973vor den chilenischen Militärs nach Deutschland flüchtete und heute in ihrerHeimat ihren Frieden mit der Vergangen-heit schließen will.

Die Hauptredaktion Fernsehspiel setzt ihreZusammenarbeit mit der türkischstämmi-gen Regisseurin Buket Alakus fort. Nachzwei erfolgreichen Spielfilmen für die Re-

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daktion des „Kleinen Fernsehspiels“(„Anam – Meine Mutter“, Sendung25.07.2003 und „Eine andere Liga“, Sen-dung Sommer 2007) arbeitet sie auch fürdie Primetime-Angebote und führte Regiebeim Fernsehfilm der Woche „Freundinnenfürs Leben“ (Sendung 16.10.2006). Auchdie Hamburgerin Ayshe Polat entwickeltderzeit mit der Redaktion das Drehbuch fürihren dritten Spielfilm „Luks Glück“. Inihren Filmen ist das Leben der Migranten/-innen in Deutschland bereits zu einerSelbstverständlichkeit geworden. Die inGriechenland geborene RegisseurinDaphne Charizani entwickelt ihren näch-sten Spielfilm „Freundliches Feuer“ mit derRedaktion.

Im Kinderprogramm arbeitet die RedaktionFiktion an einer Vorschulsendung, die sichgezielt der Bewegungs- und Sprachförde-rung für Kinder mit und ohne Migrations-hintergrund widmet. Wissenschaftler undPädagogen sind von Beginn an in dievisuelle wie inhaltliche Entwicklungsarbeiteingebunden. Zum 30. Jubiläum derQuizshow „1,2 oder 3“ wird 2007 jedeSendung mit einem ausländischen Teambesetzt werden. „30 Jahre – 30 Länder“ –ein Konzept, das über Spiel und Spaß hin-aus internationale Begegnungen ermög-licht, den Austausch zwischen den gegne-rischen Quizmannschaften rund um dieSendung fördert und sendungsbegleitendInformationen zum jeweiligen Land unddessen Kandidaten liefert.

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