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Otto-Blume-Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik e. V. Postfach 26 02 44 D-50515 Köln Barbarossaplatz 2 D-50674 Köln Telefon: 0221 / 23 54 73 Telefax: 0221 / 21 52 67 e-mail: [email protected] Vorstand: Stadtsparkasse Köln Dr. Dietrich Engels (Vors.) Konto-Nr. 776 20 32 Dr. Michael Fertig BLZ 370 501 98 Dr. Werner Friedrich St.-Nr. 214 / 5862 / 0205 Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „Möglichkeiten und Grenzen einer selbstständigen Lebensführung in Einrichtungen“ Die Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in die Pflege und Betreuung in Einrichtungen Untersuchung des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik e.V. Dietrich Engels Frank Pfeuffer Köln, den 06.08.2007

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Otto-Blume-Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik e. V. • Postfach 26 02 44 • D-50515 Köln Barbarossaplatz 2 • D-50674 Köln • Telefon: 0221 / 23 54 73 • Telefax: 0221 / 21 52 67 • e-mail: [email protected]

Vorstand: Stadtsparkasse Köln Dr. Dietrich Engels (Vors.) Konto-Nr. 776 20 32 Dr. Michael Fertig BLZ 370 501 98 Dr. Werner Friedrich St.-Nr. 214 / 5862 / 0205

Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

„Möglichkeiten und Grenzen einer selbstständigen Lebensführung in Einrichtungen“

Die Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in die Pflege und Betreuung in Einrichtungen

Untersuchung des

Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik e.V.

Dietrich Engels Frank Pfeuffer

Köln, den 06.08.2007

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ............................................................................................................... 3 1.1 Zum Stand der Forschung und der aktuellen Diskussion................................. 5 1.2 Wohnen und Pflege im Heim – unterschiedliche Perspektiven...................... 14

2 Untersuchungskonzept und methodische Umsetzung ................................... 17 2.1 Untersuchungsansatz..................................................................................... 17 2.2 Untersuchungsleitende Fragestellungen........................................................ 18 2.3 Methodische Umsetzung................................................................................ 18 2.4 Beteiligung an der Untersuchung ................................................................... 21

3 Die Rolle der Angehörigen bei Pflege und Betreuung in Einrichtungen ....... 24 3.1 Verhältnis der Angehörigen zu den pflegebedürftigen Bewohnerinnen und

Bewohnern ..................................................................................................... 24 3.2 Die aktuelle Lebenssituation der Bewohnerinnen und Bewohner aus Sicht

ihrer Angehörigen........................................................................................... 29 3.3 Die Situation der Angehörigen ....................................................................... 33 3.4 Formen und Rahmenbedingungen der Mitwirkung von Angehörigen in der

Einrichtung ..................................................................................................... 38 3.5 Verhältnis der Angehörigen zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ................. 55

4 Die Mitwirkung von Freiwilligen......................................................................... 63 4.1 Die Vielfalt ehrenamtlicher Mitwirkung ........................................................... 63 4.2 Persönlichkeitsprofile der Engagierten........................................................... 67 4.3 Motivation und Belastung ............................................................................... 69 4.4 Einbindung in die Versorgung ........................................................................ 72 4.5 Anregungen zur Weiterentwicklung des Engagements.................................. 82

5 Kooperation der Angehörigen und Freiwilligen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern .......................................................................................................... 86

5.1 Kontakte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Angehörigen und Freiwilligen .............................................................................................. 87 5.2 Mitwirkungsmöglichkeiten aus Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter..... 88 5.3 Unterstützung durch die Einrichtung ............................................................ 101 5.4 Anregungen zur Weiterentwicklung.............................................................. 104

6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen................................................. 110 6.1 Zusammenfassung zentraler Ergebnisse..................................................... 110 6.2 Schlussfolgerungen und Empfehlungen....................................................... 118

7 Literaturverzeichnis .......................................................................................... 126

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1 Einleitung Für ältere Menschen, die auf Hilfe und Pflege angewiesen sind, erhält die Einbindung in soziale Unterstützungsnetze eine besonders hohe Bedeutung. Wechselseitige Hilfe im Rahmen der Familie, darüber hinaus aber auch freundschaftliche und nachbar-schaftliche Unterstützung können dazu beitragen, die begrenzte Leistungsfähigkeit von älteren Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf zu kompensieren. Ergänzt werden sie durch das Angebot professioneller Hilfen in ambulanter, teilstationärer und stationärer Form. Da diese aber vergleichsweise kostenintensiv sind, bilden sie eine knappe Res-source, die nach dem Modell eines subsidiären Versorgungssystems erst bei einem gesteigerten Maß an Hilfebedürftigkeit zum Einsatz kommt. Familiäre, freundschaftli-che und Unterstützungsleistungen im Rahmen eines freiwilligen Engagements sind demgegenüber zeitlich flexibler, inhaltlich gestaltungsoffener und ermöglichen vor al-lem stabilisierende soziale Beziehungen, eine abwechslungsreiche Alltagsgestaltung und damit eine höhere Lebensqualität. Im Rahmen der Untersuchung „Möglichkeiten und Grenzen einer selbstständigen Le-bensführung in Einrichtungen“ (MuG IV) wurde die Frage, welche Beiträge typischer-weise von Angehörigen, Freiwilligen und von hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter geleistet werden, eingehend untersucht. Die MuG IV-Untersuchung wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von einem Forschungsverbund aus vier Instituten im Zeitraum von Juli 2005 bis Juni 2007 durch-geführt. Diesem Forschungsverbund gehören an (mit Nennung des thematischen Schwerpunkts): • TNS Infratest Sozialforschung (München): Repräsentativuntersuchung zur Pflege-

und Wohnsituation in vollstationären Einrichtungen der Altenhilfe;1 Projektkoordina-tion

• Zentralinstitut für seelische Gesundheit (Mannheim): Demenzerkrankungen von Bewohnerinnen und Bewohnern stationärer Einrichtungen und deren spezifische Pflegebedarfe

• Institut für Gerontologische Forschung (Berlin): Pflegequalität in stationären Einrich-tungen unter besonderer Berücksichtigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter-Perspektive

• Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (Köln): Einbeziehung von Fami-lienangehörigen und freiwillig Engagierten in die Pflege und Betreuung in Einrich-tungen.

1 Schneekloth, U.; von Törne, I. (2006): Hilfe- und Pflegebedürftige in Heimen. Repräsenta-

tiverhebung im Forschungsprojekt „Möglichkeiten und Grenzen selbstständiger Lebens-führung“ (MuG IV), München.

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Die MuG IV-Untersuchung ist Teil der Untersuchungsreihe „Möglichkeiten und Grenzen einer selbstständigen Lebensführung“, die bereits zu früheren Zeitpunkten die Situation Hilfe- und Pflegebedürftiger sowohl in Privathaushalten (MuG I und III) als auch in Ein-richtungen (MuG II) zum Gegenstand hatte und dabei sich verändernde Strukturen und Rahmenbedingungen analysierte. Die Vorläuferuntersuchung zur Situation in Einrich-tungen (MuG II, 1993 – 1996) spiegelte die Situation der stationären Pflege unmittelbar vor Einführung der Pflegeversicherung wider, sodass es kaum überrascht, dass die Ergebnisse von MuG IV im Vergleich dazu in vielerlei Hinsicht starke Unterschiede aufweisen. Was den Untersuchungsteil des ISG innerhalb von MuG IV betrifft, so wur-de darüber hinaus die Untersuchungsperspektive erweitert: Während in MuG II nur die Mitwirkung von Angehörigen thematisiert worden war,2 wurde nun der Forschungsauf-trag um die freiwillig Engagierten erweitert. Die vorliegende Untersuchung zur Einbe-ziehung von Angehörigen und Freiwilligen in die Pflege und Betreuung in Einrichtungen zielt darauf ab, die vielfältigen Formen, Motive und Wirkungen dieser Mitarbeit empi-risch zu erfassen und aus der Perspektive der beteiligten Akteure, insbesondere der Angehörigen, Freiwilligen und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bewerten zu las-sen. Die Potenziale familiärer und ehrenamtlicher Unterstützung älterer Menschen würdigt auch der Fünfte Altenbericht (2006) im sechsten Kapitel „Potenziale des Alters in Fami-lie und privaten Netzwerken“ und im siebten Kapitel „Engagement und Teilhabe älterer Menschen“.3 Im Hinblick auf das familiale Unterstützungsnetz für Ältere sprechen die Autoren des Berichtes von einem Bedeutungszuwachs der Familien, da diese „im Zuge sich verlängernder Lebenszeit neue Aufgaben in Pflege und Betreuung alter Familien-mitglieder übernommen“ haben (Fünfter Altenbericht: 173). Bezüglich des Engage-ments von Älteren für Ältere stellen die Autoren fest, dass „der Gruppe der so genann-ten jungen Alten eine herausgehobene Stellung zukommt, da dort große Potenziale der Aktivierung von Engagement gesehen werden“ (Fünfter Altenbericht: 202). Zugleich verweist der Fünfte Altenbericht auf die Ambivalenz beider Unterstützungsressourcen: Die Familie ist gerade für hilfebedürftige ältere Menschen die wichtigste Unterstüt-zungsinstanz, aber angesichts des Wandels familiärer Strukturen und insbesondere der Zunahme kinderloser Paare ist fraglich, mit welcher Zukunftsperspektive familiale Solidarität langfristig einkalkuliert werden kann (Fünfter Altenbericht: 173). Außerdem stellt die familiale Unterstützungsleistung im Falle von schwerer Pflegebedürftigkeit und Demenz eine starke Belastung dar, die gerade ältere Familienangehörige nicht unbe-

2 Kremer-Preiß, U; Engels, D.; Urlaub, K.H. (2000): Familiäre Kontakte und die Einbezie-

hung von Angehörigen in die Betreuung und Pflege in Einrichtungen, hrsg. vom Kuratori-um Deutsche Altershilfe Köln, Reihe thema Nr. 162.

3 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2006, Hg.): Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland. Potenziale des Al-ters in Wirtschaft und Gesellschaft – Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen, BT-Drs. 16/2190, Berlin, 172 ff; 199 ff.

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grenzt ausdehnen können (Fünfter Altenbericht: 194). Auch das hoch angesehene freiwillige Engagement bleibt nicht ohne Ambivalenz, wenn dessen Beiträge nicht nur als qualitativer Zugewinn begrüßt werden, sondern auch die Gefahr gesehen wird, dass im Kontext eines auch kostenorientierten „Umbaus des Sozialstaats“ freiwilliges Engagement als parziell substituierende Leistung eingeplant und somit „interessegelei-tet instrumentalisiert“ werden könnte (Fünfter Altenbericht: 218). Der Erste Heimbericht der Bundesregierung4 widmet diesen Fragen keinen eigenen Schwerpunkt. Die Mitwirkung von Angehörigen wird dort insbesondere im Zusammen-hang mit Heimbeirat und Heimfürsprecher thematisiert (Erster Heimbericht: 120 ff), weiterhin im Zusammenhang mit Hospizarbeit und rechtlicher Betreuung (Erster Heim-bericht: 135; 137). Darüber hinaus werden Angehörige und Freiwillige als Mitwirkende an sozialer Betreuung genannt (Erster Heimbericht: 132) und speziell bei der Betreu-ung von Demenzkranken als Potenzial gesehen (Erster Heimbericht: 153). Auf die Voraussetzungen zur Erschließung dieses Potenzials und die Formen, in denen diese Ressourcen eingebunden werden können, geht der Heimbericht aber nicht näher ein. Bevor der konzeptionelle Ansatz der vorliegenden Untersuchung der Mitwirkungsmög-lichkeiten von Angehörigen und Freiwilligen näher erläutert wird, sollen zunächst vor-liegende empirische Untersuchungen sowie der aktuelle Diskussionsstand, soweit das Verständnis unserer Untersuchung dadurch erleichtert wird, kurz skizziert werden. 1.1 Zum Stand der Forschung und der aktuellen Diskussion Zur Mitwirkung von Angehörigen und Freiwilligen in stationären Einrichtungen der Al-tenpflege liegt eine Reihe von Untersuchungen vor, die sich nach der jeweils im Fokus stehenden Akteursgruppe unterscheiden lassen: • In einigen Studien stehen die Bewohnerinnen und Bewohner und ihre Stressbelas-

tung im Mittelpunkt, die sich je nach Phase – Eingewöhnung, Stabilisierung, Ster-beprozess – anders darstellen kann. Angehörige und Freiwillige kommen hier als entlastende Personen in den Blick, die die Bewohnerinnen und Bewohner emotio-nal und sozial stützen können.

• Andere Studien fokussieren auf die Situation der Angehörigen, auf Entlastungsef-fekte im Vergleich zur früheren Situation häuslicher Pflege, auf Rollenwechsel etwa vom versorgten Kind zum sorgenden Kind und schließlich auf deren Belastung in der Sterbephase des Angehörigen.

4 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2006, Hg.): Erster Bericht

über die Situation der Heime und die Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner, Ber-lin.

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• Wiederum andere Untersuchungen erfolgen aus der Perspektive der Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter und thematisieren deren Verhältnis zu Angehörigen und Frei-willigen im Hinblick auf Entlastungswirkungen oder Störungen, Kooperation oder Konflikte.

• Schließlich werden aus der Perspektive der Einrichtung bzw. der Heimleitung Fra-gen der konzeptionellen Einbindung von Angehörigen und Freiwilligen sowie ge-eignete Kooperationsformen von professioneller und nicht-professioneller Mitarbeit behandelt.

Diese Untersuchungen unterscheiden sich unter anderem auch darin, ob nur Angehö-rige oder nur Freiwillige oder beide Gruppen im Fokus stehen, und wenn beide, ob zwischen ihnen differenziert wird oder nicht. Sofern es sich um empirische Studien handelt, fällt auf, dass diese (auch auf internationaler Ebene) häufig auf vergleichswei-se kleinen Fallzahlen beruhen, meist mit dem Hinweis, dass eine Überprüfung der Re-sultate auf breiterer Basis erforderlich wäre. Diese Beobachtung lässt erkennen, dass diese Thematik bisher keinen Schwerpunkt empirischer Forschung gebildet hat. Als Orientierung diente mehreren Studien Litwaks Theorie der Aufgabenteilung und ausbalancierten Koordination (1977), die auf geeignete Formen der Kooperation zwi-schen Angehörigen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausgerichtet war. Mit einer auf individuelle Bedürfnisse eingehenden, emotionalen Zuwendung der Angehörigen („non-technical tasks“) einerseits und einer auf eher routinisierte Pflegetä-tigkeiten („technical tasks“) sich konzentrierenden Praxis der Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter andererseits sollten unterschiedliche Stärken in optimaler Weise kombiniert und strukturell begründete Spannungen zwischen beiden Gruppen entschärft werden können.5 Dieses Modell der Rollentrennung wurde in mehreren Studien empirisch ü-berprüft und weiter entwickelt. Dempsey und Pruchno (1993) ermitteln durch Einschät-zungen von 424 Angehörigen, welche Tätigkeiten jeweils als „technical“ bzw. „non-technical“ gelten können und kommen zu dem Ergebnis, dass zwar eine getrennte Zu-ordnung von Aufgaben möglich ist, aber eine flexible, kooperative Partnerschaft wichti-ger ist als eine rigide Arbeitsteilung (ähnlich auch Stull et al. 1997).6 Dabei scheint die begriffliche Unterscheidung in „fachliche“ und „persönliche Hilfen“ die jeweiligen Aufga-benschwerpunkte präziser zu treffen als das Begriffspaar „technisch – nicht technisch“, zumal auch die professionell-fachliche Hilfe von emotionaler Zuwendung begleitet sein sollte. In kritischer Anknüpfung an Litwak betonen auch Dupuis und Norris (1997) die Offenheit der Rollenteilung, die (in der Tradition des Symbolischen Interaktionismus)

5 Litwak, E. (1977): Theoretical Bases for Practice, in: Dobrof, R.; Litwak, E. (1977): Main-

tenance of Family Ties of Long-Term Care Patients, Washington, 80-116. 6 Dempsey, N.P.; Pruchno, R.A. (1993): The family’s role in the nursing home: Predictors

of technical and non-technical assistance, in: Journal of Gerontological Social Work, 21: 127-145. – Stull, D.E.; Cosbey, J.; Bowman, K.; McNutt, W. (1997): Institutionalization: A continuation of family care, in: Journal of Applied Gerontology, 16, 379-402.

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zwischen den beteiligten Akteuren jeweils erneut auszuhandeln sei.7 Aus dieser Per-spektive ist die Mitwirkung von Angehörigen ebenfalls keine Frage der arbeitstechni-schen Aufteilung und Delegation, sondern eines gemeinsamen, kommunikativen Pro-zesses im Bemühen um eine hohe Pflegequalität. In Deutschland wurde die Frage der Mitwirkung von Angehörigen und der geeigneten Formen der Rollenteilung beispielsweise von Steiner (1988) aufgegriffen, die mögliche Mitwirkungsformen mit Motivationslagen der Angehörigen verbindet,8 und durch Küh-nert (1991), die insbesondere auch die zeitlichen Restriktionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und daraus resultierende Konflikte mit Angehörigen thematisiert.9 An-knüpfend an die von Litwak vorgeschlagene Rollenteilung sowie an die Studien von Steiner und Kühnert entwickelt Urlaub (1995) eine Typologie von Angehörigen,10 indem er in pflegende und delegierende Angehörige differenziert und unter den pflegenden Angehörigen weiter in aktiv Mitgestaltende und kontrollierend Begleitende (Urlaub 1995: 24 f). Für diese unterschiedlichen Typen von Angehörigen zeichnet er Koopera-tionsformen bzw. Rollenmuster nach, in denen die jeweils spezifischen Perspektiven und Erwartungen von Angehörigen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einfließen und bearbeitet werden können. Mit dieser Untersuchung, deren empirische Grundlage Gruppeninterviews in 40 Einrichtungen sowie eine schriftliche Befragung von 80 Mitar-beiterinnen und Mitarbeitern bildeten, wird angestrebt, eine „Orientierungs- und Verhal-tenssicherheit“ herzustellen, die eine konstruktive Einbeziehung erleichtert und Konflik-te vermeidet (Urlaub 1995: 74). Diese Rollenfindung wird als ein Problem der Angehö-rigen gesehen, während davon ausgegangen wird, dass Freiwillige ein klareres Rollen-verständnis sowie eine größere Distanz zu den Bewohnerinnen und Bewohnern haben, was zu einem weniger belasteten Verhältnis zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führe (Urlaub 1995: 58). Im Rahmen des MuG II-Forschungsprojektes „Möglichkeiten und Grenzen selbststän-diger Lebensführung in Einrichtungen“ (1993 – 1996) wurde in einer Teilstudie die Si-tuation von Heimbewohnerinnen und -bewohnern und ihren Angehörigen untersucht. Dabei stand die Situation der Bewohnerinnen und Bewohner in der Eingewöhnungs-phase kurz nach dem Heimeinzug im Vordergrund, die damit einher gehende Belas-tung sowie die Möglichkeiten von Angehörigen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in dieser Situation stabilisierend und entlastend tätig zu werden (Kremer-Preiß; Engels;

7 Dupuis, S.L.; Norris, J.E. (1997): A multidimensional and contextual framework for under-

standing diverse family members’ roles in long-term care facilities, in: Journal of Aging Studies 11, 297-325.

8 Steiner, I. (1988): Angehörigenarbeit in Einrichtungen der Altenhilfe, in: Archiv für Wis-senschaft und Praxis der sozialen Arbeit (3), 198-211.

9 Kühnert, S. (1991): Das Verhältnis zwischen Angehörigen und Heimbewohnern und Mit-arbeitern im Pflegeheim, Frankfurt.

10 Urlaub, K.H. (1995): Angehörigenarbeit in Heimen, hrsg. vom Kuratorium Deutsche Al-tershilfe Köln, Reihe thema Nr. 109.

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Urlaub 2000). Die empirische Basis dieser Studie bildete eine Repräsentativbefragung von 500 Einrichtungen (Rücklauf 42%), ergänzt um Interviews mit Heimleitungen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 70 Einrichtungen sowie 15 Einzelfallstudien. Im Einzelnen ging es dabei um eine Validierung und weitere Differenzierung der in Urlaub (1995) skizzierten Typologie sowie um eine weiter gehende Klärung der Formen und Wirkungen der Mitarbeit von Angehörigen in Zuordnung zu den Lebensabschnitten der Bewohnerinnen und Bewohner vom Einzug bis zur Sterbephase. Konflikte und Kon-fliktanlässe zwischen Angehörigen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurden dabei ebenso in den Blick genommen wie Unterschiede in den Kommunikations- und Koope-rationsformen zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Pflegedienst und Sozialdienst. In den letzten Jahren wurden verschiedene empirische Studien zur Mitwirkung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflegeeinrichtungen durchgeführt, von denen einige hier erwähnt werden sollen, soweit sie zum besseren Verständnis der MuG IV-Untersuchung beitragen können. • Mit der Stressbelastung von Angehörigen und Möglichkeiten zu deren Unterstüt-

zung vor dem Hintergrund unterschiedlicher Einrichtungsformen befasst sich eine Studie aus Minnesota/ USA, an der 276 Angehörige von demenzkranken Heimbe-wohnerinnen und -bewohnern beteiligt waren.11 Bezüglich der persönlichen Merk-male der Angehörigen wurde eine höhere Stressbelastung nur im Zusammenhang mit höherem Alter festgestellt, nicht aber mit anderen Faktoren wie Verwandt-schaftsbeziehung oder Bildungsstatus. Auch die Dauer des Heimaufenthaltes wird hier nicht als Belastungsfaktor identifiziert, wohl aber die Dauer der vorhergehen-den häuslichen Pflege: Je länger diese dauerte, desto geringer ist jetzt die Belas-tung der Angehörigen, was die Autoren mit einem höheren Maß an Erfahrung erklä-ren. Als weitere Stressfaktoren erweisen sich das Maß der Einbeziehung in unmit-telbare Pflege sowie ein geringes Vertrauen in die Versorgungsqualität der Einrich-tung.

• Ebenfalls mit der Belastung von Angehörigen Demenzkranker in unterschiedlicher institutioneller Umgebung befasst sich eine Studie aus Berlin-Brandenburg.12 Den Ergebnissen zufolge wiegen psychische Belastungen schwerer als somatische An-strengung. Hinsichtlich der Pflegeumgebung zeigt sich, dass der Belastungsdruck in der häuslichen Pflege höher ist als in der stationären Pflege, aber auch dort nicht ganz wegfällt. Im Vergleich zwischen Pflegeheimen und ambulant betreuten Wohn-gruppen sind letztere mit einer geringeren Belastung der Angehörigen verbunden,

11 Tornatore, J. B.; Grant, L. A. (2002): Burden among family care givers of persons with

Alzheimer’s disease in nursing homes. The Gerontologist, 42 (4), 497-506. 12 Reggentin, H. (2005): Belastungen von Angehörigen demenziell Erkrankter in Wohn-

gruppen im Vergleich zu häuslicher und stationärer Versorgung, in: Zeitschrift für Geron-tologie und Geriatrie 38 (2), Darmstadt, 101-107.

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was unter anderem mit der höheren Akzeptanz dieser Versorgungsform gegenüber vollstationären Einrichtungen erklärt wird. Allerdings stammen nur 30 der insgesamt 314 ausgewerteten Fragebögen aus betreuten Wohngruppen, was weitere Über-prüfungen dieser Ergebnisse ratsam erscheinen lässt.

• Die Zufriedenheit von Angehörigen in Verbindung mit verschiedenen Rollen der Mitwirkung und der Dauer des Heimaufenthaltes wurde im Rahmen einer Langzeit-studie in Kalifornien/ USA untersucht.13 555 ambulant Pflegebedürftige wurden kon-taktiert, von denen 210 im Zeitraum von sechs Jahren in eine stationäre Einrichtung umzogen; in 145 Fällen wurden Interviews ein Jahr nach dem Heimeinzug durchge-führt. Dabei zeigten sich die Angehörigen insbesondere mit der Pflegequalität durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie mit dem Personalschlüssel unzufrieden. Weiterhin waren die Angehörigen, die regelmäßig in die Pflege im Sinne einer Hilfe bei ADL-Funktionen oder in flankierende Unterstützung bei IADL- Funktionen ein-bezogen waren, weniger zufrieden als diejenigen, die ihren Angehörigen lediglich Gesellschaft leisteten.

• In einer Pflegestudie in Maryland/ USA wurden die Hindernisse einer Mitwirkung von Angehörigen untersucht mit besonderem Interesse an veränderbaren Fakto-ren.14 In 93 untersuchten Fällen erwiesen sich die Fahrten zwischen Wohnung und Heim sowie eine längere Dauer des Heimaufenthalts und ein niedrigerer Verwandt-schaftsgrad als gravierendste Hindernisse der Mitwirkung, weitere hemmende Fak-toren waren die kognitive Einschränkungen der Bewohnerinnen und Bewohner und Kommunikationsprobleme mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In offenen Ant-wortmöglichkeiten konzentrierten sich die Sorgen der Angehörigen primär auf die Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner, gefolgt von Mängeln der Pflege-qualität und eigenen Transportproblemen. Als Maßnahmen werden unter anderem Informationsveranstaltungen und Gesprächskreise für Angehörige sowie die Ein-richtung von Fahrdiensten empfohlen.

• Eine Studie aus Salzburg/ Österreich nimmt die Angehörigen in der Differenzierung nach faktischer Mitwirkung und potenzieller Mitwirkungsbereitschaft in den Blick, wobei das ökonomische Interesse der Studie an kostengünstigeren Betreuungsal-ternativen nicht verschwiegen wird.15 Die konzeptionell fundierte Studie wurde al-lerdings sehr begrenzt umgesetzt, nur 40 Angehörige bildeten die empirische Ba-sis. Die Analysen ergaben, dass sich die Angehörigen an Aufgaben der sozialen Betreuung stärker beteiligten als an pflegerischen Aufgaben, und hierunter wieder-

13 Levy-Storms, L.; Miller-Martinez, D. (2005): Family Caregiver Involvement and Satisfac-

tion With Institutional Care During the 1st Year After Admission, The Journal of Applied Gerontology, Los Angeles, 24 (2), 160-174.

14 Port, C. L. (2004): Identifying Chabeable Barriers to Family Involvement in the Nursing Home for Cognitively Impaired Residents, in: The Gerontologist, 44 (6), 770-778.

15 Gsottschneider, A.; Baumann, U.; Messer, R. (2006): Integration von Angehörigen in Se-niorenheime, in: Zeitschrift für Gerontopsychologie & -psychiatrie, Bern, 19 (3), 161-177.

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um eher an Hilfestellung bei Essen und Bewegung, kaum dagegen an der Körper-pflege. Eine Bereitschaft zu weiter gehender Mitwirkung wird festgestellt, erweist sich allerdings als wenig differenziert, was die potenziellen Aufgaben angeht. Be-fürchtungen der Angehörigen sind in diesem Kontext nur gering ausgeprägt, am ehesten betreffen sie mögliche Einschränkungen der individuellen Zeitplanung und Ekelgefühle bei stärkerer Beteiligung in somatische Pflege. Auch nach erwarteten Gegenleistungen für eine stärkere Mitwirkung wurde gefragt, wobei der größere Teil der Befragten eine Reduktion der Heimentgelte befürwortete, während andere ihre Mitwirkung vor allem als Beitrag zum Wohlergehen des Angehörigen sahen und dafür lediglich Dank und Anerkennung erwarteten.

• Während die meisten der hier kursorisch dargestellten Studien die Mitwirkung von Angehörigen fokussieren, stehen bei der „Käferberg-Besucherstudie“ in Zürich/ Schweiz freiwillige Helferinnen und Helfer im Vordergrund.16 23 demente Heimbe-wohner mit nur geringen Angehörigenkontakten wurden von 23 Freiwilligen regel-mäßig besucht, weitere 20 Heimbewohner dienten als Kontrollgruppe. Die Besuche wirkten sich nachweislich positiv auf Wohlbefinden und Gesundheit der Bewohne-rinnen und Bewohner aus, und auch die Besucherinnen und Besucher fühlten sich mit ihrer sinnvollen Tätigkeit besser. Diesen Erfolg führen die Autor/innen maßgeb-lich auf die „intensive Vorbereitung, Schulung und Betreuung der freiwilligen Helfer“ und die gezielte Zuordnung von Besuchern zu Besuchten nach Interessensgebie-ten zurück.

• Auf das Verhältnis zwischen freiwilligen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fokussiert eine im Jahr 2000 durchgeführte Befragung von 178 freiwil-ligen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines deutschen Wohl-fahrtsverbandes.17 Die von Urlaub (1995) primär für die Angehörigen gesehene Problematik einer Rollenunsicherheit wird hier (von Graeff/ Weiffen 2001) auch für die ehrenamtlich Engagierten angenommen, woraus gefolgert wird, dass eine Stär-kung der Identität beider Gruppen unter Berücksichtigung ihrer Differenz anzustre-ben sei. Den befragten Freiwilligen zufolge können eine bessere Information durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, hinreichende Freiräume für Kommunikation und Mitsprachemöglichkeiten zur Verbesserung dieses Verhältnisses beitragen, wäh-rend aus Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Optimierung der Balance von Nähe und Distanz, eine Klärung der Motivation und der zeitlichen und inhaltli-chen Arbeitsteilung das Verhältnis zu den Freiwilligen verbessern könnten.

16 Oppikofer, S.; Albrecht, K.; Schelling, H.R.; Wettstein, A. (2002): Die Auswirkungen sozia-

ler Unterstützung auf das Wohlbefinden dementer Heimbewohnerinnen und Heimbewoh-ner – Die Käferberg-Besucherstudie, in: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 35: 39-48.

17 Graeff, P.; Weiffen, B. (2001): Das gestörte Verhältnis zwischen Haupt- und Ehrenamtli-chen – Was ist zu tun?, in: Theorie und Praxis der sozialen Arbeit (10) 368-375.

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• Das Projekt „Bürgerengagement für Lebensqualität im Alter“ (bela) in Baden-Württemberg hat die empirische Ermittlung von Umfang und Formen freiwilliger Mitarbeit in Alteneinrichtungen sowie Möglichkeiten zu deren Weiterentwicklung zum Ziel.18 Im Rahmen dieses Projektes wurden zwei Befragungen zu Formen der Mitwirkung bürgerschaftlich Engagierter durchgeführt, an der sich 263 Einrichtun-gen und 1.182 Freiwillige aus Baden-Württemberg beteiligten.19 Darauf aufbauend wurden in 19 Einrichtungen Formen der Zusammenarbeit von professionellen Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter, Freiwilligen und Familienangehörigen erprobt. Die in diesem Kontext veröffentlichten Berichte präsentieren reichhaltiges Anschauungs-material, in welchen Formen eine Mitwirkung von Angehörigen und Freiwilligen er-folgt. Die Ergebnisse der beiden Befragungen können, soweit vergleichbar, durch die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung weitgehend bestätigt werden. Grundlegende konzeptionelle Unterschiede bestehen jedoch in zweierlei Hinsicht: Zum einen subsummiert die bela-Studie Angehörige und Freiwillige unter die Kate-gorie der „bürgerschaftlich Engagierten“, während die hier vorliegende Untersu-chung grundlegende Unterschiede zwischen beiden Gruppen (hinsichtlich der Moti-vation, der Bindung zu den Bewohnerinnen und Bewohner, des Verhältnisses zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und der einzelnen Tätigkeitsfelder) herausar-beitet und eine entsprechende Differenzierung für unverzichtbar hält. Zum andern unterscheidet die bela-Studie nicht hinreichend scharf zwischen sozial betreuenden Leistungen und pflegerischen Leistungen, während die vorliegende Studie zu dem Ergebnis kommt, dass beide Bereiche in der Kooperation von Angehörigen, freiwil-ligen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern klar voneinander ge-trennt und auf je spezifische Weise zugeordnet werden.20

Neben den kursorisch referierten empirischen Untersuchungsergebnissen finden sich weiterhin Handlungsempfehlungen zur Konzeption der Arbeit mit Angehörigen und Freiwilligen, die entweder unmittelbar im Rahmen der MuG II-Studie entwickelt wurden (KDA 1998)21 oder (wie z.B. Daneke 2005 und Schmidt 2005) auf empirische Untersu-chungsergebnisse im Umfeld der MuG II-Studie Bezug nehmen.22 Ebenfalls mit stark

18 Steiner, I. et al. (2006): Der bela-Praxisverbund 2003-2006: Das hohe Alter in gemein-

schaftlicher Verantwortung, hrsg. vom Paritätischen Bildungswerk, Stuttgart. 19 Klie, T.; Hoch, H.; Pfundstein, T. (2005): Bürgerschaftliches Engagement für Lebensquali-

tät im Alter. Schlussbericht zur „Heim- und Engagiertenbefragung“, Freiburg. 20 Zwar kommt auch die bela-Untersuchung zu dem Ergebnis, dass der pflegerische Be-

reich die Domäne hauptamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist, sieht diesen aber dennoch als Teil eines Kontinuums (vgl. Klie et al 2005: 36). Dass dabei die persönliche Nähe zu den Pflegebedürftigen eine Rolle spielt, die für Angehörige völlig anders gege-ben ist als für Ehrenamtliche, wird nicht systematisch berücksichtigt.

21 Kuratorium Deutsche Altershilfe (1998, Hg.): Qualitätshandbuch Wohnen im Heim, KDA Köln, insbesondere Teil XII, Fragen 95 – 107.

22 Daneke, S. (2005): Angehörigenarbeit in Altenpflegeeinrichtungen, in: George, W. (2005): Evidenzbasierte Angehörigenintegration, Lengerich, 188-194; - Mit dem Fokus auf Ange-hörigenarbeit bei Demenzkrankheit: Schmidt, R. (2005): Geteilte Verantwortung: Angehö-rigenarbeit in der vollstationären Pflege und Begleitung von Menschen mit Demenz, in:

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praktischer Ausrichtung und einer Bezugnahme auf diese Untersuchung hat das Insti-tut für Pflegewissenschaft der Universität Bielefeld im Rahmen des Projektes „Refe-renzmodelle zur Förderung der qualitätsgesicherten Weiterentwicklung der vollstationä-ren Pflege 2004-2006“ an Heimleitungen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerichte-te Empfehlungen zur konzeptionellen Gestaltung der Angehörigen- und Freiwilligenar-beit entwickelt.23 Für den Bereich der Freiwilligenmitarbeit liegt in einer neueren (Litera-tur-) Studie eine Aufarbeitung der Diskussion vor, die auch auf eine Erarbeitung von Standards ausgerichtet ist, die den Einrichtungen bzw. ihren Leitungen eine Orientie-rung zu einer konstruktiven und durch Konflikte möglichst wenig beeinträchtigten Zu-sammenarbeit geben können.24 Dieser kurze Überblick über empirische Studien, der keine Vollständigkeit beansprucht, lässt das breite Spektrum der für diese Thematik relevanten Aspekte erkennen: Von unterschiedlichen Motiven Angehöriger und Freiwilliger sowie jeweils unterschiedlichen „Typen“ reicht es über die Frage der Stressbelastung (von Bewohnerinnen und Be-wohnern sowie Angehörigen, aber auch von Freiwilligen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern) bis zu den Formen der Mitwirkung, wobei einige Autoren eine klare Rol-lendefinition vorschlagen, während andere dies als zu starr empfinden und einer flexib-leren „Aushandlung“ von Kooperationsformen den Vorzug geben. In diesem Zusam-menhang werden Hindernisse der Mitwirkung und mögliche Konfliktanlässe untersucht, und Lösungsvorschläge von Informationspraktiken über Identitäts- und Rollenklärung bis hin zu spezifischen Themen von Fortbildungen erarbeitet. Vereinzelt wird auch der Aspekt möglicher Kostenreduktionen durch eine Aufgabenverlagerung auf Angehörige oder Freiwillige angesprochen, dann meist aber mit dem Tenor, dass diese die fachli-che Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht übernehmen, sondern eher (emo-tional und sozial begleitend) ergänzen können. Insgesamt sind die Studien nur sehr eingeschränkt vergleichbar, da sie unterschiedliche Zielgruppen im Blick haben (meist nur entweder Angehörige oder Freiwillige) und bei unterschiedlichen Fragestellungen ansetzen. Soweit es sich um empirische Untersuchungen handelt, sind sie meist auf begrenzte Regionen und vergleichsweise kleine Stichproben bezogen. In der aktuellen Diskussion in Deutschland wird die Kooperation der unterschiedlichen Akteure in der pflegerischen Versorgung unter anderem auch unter dem Stichwort ei-nes „neuen Wohlfahrtsmixes“ thematisiert, in dem das Zusammenwirken von „Staat“

Otto, U.; Bauer, P. (Hrsg.; 2005): Mit Netzwerken professionell zusammenarbeiten, Bd. 1: Soziale Netzwerke in Lebenslauf- und Lebenslagenperspektive, Tübingen.

23 Wingenfeld, K.; Korte-Pötters, U.; Heitmann, D. (2006): Referenzmodelle zur Förderung der qualitätsgesicherten Weiterentwicklung der vollstationären Pflege 2004–2006, Biele-feld, insbesondere Abschnitt 6.3 „Rahmenkonzept ‚Zusammenarbeit mit Angehörigen’ (Angehörigenarbeit)“.

24 Jäger, A. (2005): Auswirkungen von Freiwilligem Sozialen Engagement auf die Organisa-tions- und Qualitätsentwicklung von stationären Altenhilfeeinrichtungen, hrsg. vom Kura-torium Deutsche Altershilfe Köln, Reihe thema Nr. 197.

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(der z.B. versicherungsrechtliche Regelungen festlegt), „Markt“ (in Form des Angebots an professionellen Diensten und Einrichtungen), „Wohlfahrtspflege“ (mit einer Vielzahl von verbandlichen, ehrenamtlichen und karitativen Diensten) und „Privathaushalt“ (als familiäres Unterstützungssystem) bei der „Koproduktion“ pflegerischer Versorgung neu abgestimmt wird.25 In diesem Kontext wird auch angesprochen, inwieweit angesichts zunehmender Pflegekosten Potenziale einer zumindest parziellen Substitution profes-sioneller durch nicht-professionelle Leistungen erschlossen werden können. So meinen Klie; Steiner; Pfundstein (2006):

„Angesichts des sozialen und demografischen Wandels und mit Blick auf die begrenz-ten Ressourcen für die Wohlfahrtsproduktion zeigt sich allenthalben die Notwendigkeit, diesen Wohlfahrtsmix neu zu justieren.“26

Wenn auch die Autor/innen zunächst die Intention verfolgen, bürgerschaftlichem Enga-gement mehr Anerkennung zu verschaffen, weisen auch sie auf damit verbundene Tendenzen einer Ökonomisierung des Engagements hin; so knüpfen bereits einige Länder die Investitionskostenförderung der Pflege daran, dass auch freiwillige Leistun-gen der Bürgerinnen und Bürger zu erwarten seien (ebd.). Noch deutlicher in ökonomischem Interesse wird die Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in die pflegerische Versorgung in Einrichtungen von den Trägern der Sozialhilfe gefordert:

„Weitere Veränderungen sind unverzichtbar, wie z.B. … Abwenden vom ‚Vollversor-gungsdenken’ im stationären Bereich und Einbeziehung von Angehörigen und ehren-amtlichen Helfern. Es muss künftig mehr als heute – vor allem bei stationären Leistun-gen in Pflege- und Behinderteneinrichtungen – möglich sein, Angehörige und ehrenamt-liche Helfer in die professionelle Arbeit einzubinden, was dann auch zu reduzierten Ver-gütungen führen muss. Es ist nicht einzusehen, warum es heute nicht möglich sein soll, dass Angehörige einen bestimmten Teil des Angebotes einer Einrichtung im Heimver-trag ausschließen, weil sie dies selbst übernehmen. Die soziale Betreuung bietet sich hierfür besonders an.“ 27

25 Evers, A. (1996): Wohlfahrtspluralismus, Opladen; ders. (2002): Auf dem Weg zu einem

neuen Wohlfahrtsmix? Pflege im Alter und der mögliche Beitrag der Bürgergesellschaft, in: Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros (2002; Hg.): Grundsatzthemen der Freiwil-ligenarbeit, Stuttgart, 85-100

26 Klie, T.; Steiner, I.; Pfundstein, T. (2006): Angebot eines Welfare Mix, in: Bertelsmann Stiftung (2006, Hg.): Neues Altern in der Stadt – Handlungskonzepte, Gütersloh, S. 81. – An anderer Stelle wird im Zusammenhang mit dem „New-Welfare-Mix“ das Ziel formuliert, mit neuen „Formen der systematischen Einbeziehung von Angehörigen und bürgerschaft-lich Engagierten Pflegegeschichte zu schreiben, kulturell prägend zu wirken und empi-risch die Landschaft pflegerischer Infrastruktur zu verändern.“ – Vgl. Klie, T.; Blaumeiser, H. (2002): Perspektive Pflegemix, in: Klie, T.; Buhl, A.; Entzian, H.; Schmidt, R. (2002, Hg.): Das Pflegewesen und die Pflegebedürftigen, Frankfurt 2002, 132152; hier: 150.

27 Finke, B.; Bohn, E. (2006): Die Sozialhilfeträger und die pflegerische Versorgung Steue-rung des Finanzaufwandes angesichts der Sparabsichten, der wachsenden Nachfrage und des Wettbewerbs. Vortrag BFS Köln Februar 2006 (www.bagues.de)

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Vor dem Hintergrund solcher Forderungen hat die vorliegende Untersuchung auch kri-tisch zu prüfen, welche Ressourcen durch die Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen erschlossen werden können, unter welchen spezifischen Voraussetzungen und mit welchen Grenzen dies möglich ist und wie groß bzw. grundsätzlich die Unter-schiede zwischen diesem Engagement und professioneller Pflege sind. 1.2 Wohnen und Pflege im Heim – unterschiedliche Perspektiven Der hier vorliegende Untersuchungsteil zur Einbeziehung von Angehörigen und Freiwil-ligen in die Versorgung in Heimen thematisiert die Möglichkeiten wechselseitiger Er-gänzung, aber auch die Grenzen der Leistungsfähigkeit ebenso wie bereichsspezifi-sche Grenzen der Mitwirkung, und überprüft diese auf empirischer Grundlage. Als Be-sonderheit der Pflege in Einrichtungen ist dabei zunächst zu betonen, dass die Art des Zusammenwirkens zwischen professionellem und nicht-professionellem Handeln sich von dem in Privathaushalten fundamental unterscheidet. Wenn Pflegebedürftige in Pri-vathaushalten leben, wird der größte Teil der Pflege von Familienangehörigen geleis-tet. Professionelle ambulante Pflege tritt nur punktuell und in stark begrenzter Form hinzu: Sie ist zeitlich begrenzt, da sie nur für die Dauer eng bemessener Zeiträume erbracht wird, auch wenn in vielen Fällen eine permanente Betreuung erforderlich ist. Sie ist inhaltlich begrenzt, weil sie in der Regel auf gesetzlich definierte Tätigkeiten der Pflege und z.T. der hauswirtschaftlichen Versorgung konzentriert bleibt, während für soziale Betreuung kaum Spielraum bleibt. Und außerdem wird sie von Pflegebedürfti-gen in Privathaushalten nur begrenzt in Anspruch genommen, nur 36% der Pflegebe-dürftigen nutzen professionelle ambulante Pflege (Infratest 2002). Aus dieser Be-grenztheit lässt sich umgekehrt die Funktion der Familienpflege ableiten: Sie ist zeitlich ergänzend und oft unbegrenzt, inhaltlich um soziale Komponenten erweitert und ist die überwiegende, für zwei Drittel der Pflegebedürftigen sogar alleinige Hilfestruktur. Bei einem Wechsel des Pflegebedürftigen in eine stationäre Einrichtung kehrt sich die-ses Verhältnis um. Von diesem Zeitpunkt an wird die gesamte Versorgung durch hauswirtschaftliche, pflegerische und technische Dienste in professioneller Form er-bracht. Angehörige leisten mehr oder weniger flankierende Hilfen, sind aber von grund-legenden Versorgungsleistungen entbunden. Dieser grundlegende Unterschied zwi-schen häuslicher und stationärer Pflegesituation wirkt sich auf alle Beteiligten aus, auf die pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner ebenso wie auf deren Angehöri-ge, auf professionelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso wie auf Freiwillige. Ein solcher Wechsel ist für die Angehörigen mit einem Rollenwechsel verbunden – sie müssen lernen, statt ihrer bisher zentralen und tragenden Funktion nun eine nur noch marginale, ergänzende Unterstützung zu leisten. Dabei bewegen sie sich in zwei

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Spannungsfeldern, zum einen in dem von Nähe und Distanz zu ihrem pflegebedürfti-gen Angehörigen: Während vorher die Nähe möglicherweise zu groß war und die um-fassende Versorgungsverantwortung als zu große Belastung empfunden wurde, wer-den jetzt die ungewohnte Distanz als zu groß und die Möglichkeiten zur Mitwirkung und Verantwortungsübernahme als unzureichend empfunden. Ein gelungenes Mischver-hältnis von Entlastung und Mitwirkung muss in dieser Situation erst noch gefunden werden. Und zum andern bewegen sie sich im Spannungsfeld zwischen informeller Hilfe und professioneller Versorgung: Ihre Möglichkeiten, die professionelle Versorgung durch ergänzende, soziale Betreuung und biografische Informationen zu unterstützen, werden oft gern genutzt, aber auch eingeschränkt durch professionelle Routinen und mangelnde Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sie einzubeziehen. Für die pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner selbst bedeutet der Umzug in eine Einrichtung den Wechsel von einer langjährig gewohnten Lebenswelt in eine neue Umgebung. Vorher sind sie (zum großen Teil) noch in das soziale Netz der Familie und in die vertraute Wohnumgebung eingebunden. Der Umzug in die Einrichtung ist mit einer Reihe von Umstellungsproblemen verbunden, die von den Pflegebedürftigen in mehr oder weniger krisenhafter Form bewältigt werden. In diesem Prozess werden sie seitens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtung unterstützt, vor allem aber durch ihre Angehörigen und durch freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die An-gehörigen bilden ein wichtiges Bindeglied zwischen der früheren Lebenswelt und dem neuen Lebensumfeld der Pflegebewohnerinnen und -bewohner. Dabei sind unter-schiedliche Interessen, Selbstverständnisse und Gefühle der Bewohnerinnen und Be-wohner und ihrer Angehörigen zu berücksichtigen, die zwischen Distanz und dem Inte-resse an Entlastung einerseits und einer aktiven Mitwirkung und kontinuierlichen Auf-rechterhaltung enger Bindungen andererseits liegen. Aus der Perspektive der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewegt sich die Einstellung gegenüber Angehörigen und Freiwilligen auf einem Kontinuum, das von Ausgrenzung, wenn sie primär als „Störfaktor“ professioneller Routinen gesehen werden, bis hin zu einer Einbeziehung reicht, soweit ihr Mitwirken konstruktiv genutzt werden kann. Dabei kann die Einbeziehung von schwachen Formen, in der Angehörige und Freiwillige sich „Nischen“ der Mitwirkung selbst suchen, über eine mehr oder weniger formelle Einbe-ziehung bis zu aktiveren Formen reichen, in denen konkrete Rollenmuster zur Ausges-taltung angeboten werden (Urlaub 1995). Eine Problematik im wechselseitigen Ver-hältnis, die immer wieder zum Vorschein kommt, liegt in der unklaren Abgrenzung zwi-schen professionellen und nicht-professionellen Beurteilungs- und Handlungskompe-tenzen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben manchmal den Eindruck, dass An-gehörige und Freiwillige ihre Beurteilungskompetenz bezüglich der Krankheitsentwick-lung der Bewohnerinnen und Bewohner anzweifeln, sich den organisatorischen Rege-

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lungen in der Einrichtung nicht unterordnen und sich mit ihren Aktivitäten zu wenig mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abstimmen. Die Freiwilligen, die in Einrichtungen aktiv sind, stehen zu den anderen Akteuren in einer gewissen Distanz. Zwar waren einige von ihnen früher selbst als Angehörige in der Einrichtung tätig und sind dann, nach dem Tod ihres pflegebedürftigen Angehöri-gen, der Einrichtung weiterhin als Ehrenamtliche verbunden geblieben; in diesen Fällen kennen sie das Spannungsverhältnis zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern, An-gehörigen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus eigener Erfahrung. Die meisten Freiwilligen kommen aber aus altruistischen und karitativen Motiven in die Einrichtung und wollen dort mit ihrer Kreativität und ihren Fähigkeiten zu einer Verbesserung der Lebensqualität beitragen. Für Bewohnerinnen und Bewohner, die selbst keine Angehö-rigen mehr haben, können sie auch eine intensivere, Angehörigen-ähnliche Rolle über-nehmen. Grundsätzlich sehen sie sich aber in geringerem Maße mit dezidierten Erwar-tungen konfrontiert und können von daher ihre Mitarbeit auch entspannter durchführen als die Angehörigen. Der vorliegende Bericht erläutert zunächst das Untersuchungskonzept und dessen methodische Umsetzung (Kapitel 2), um dann Ergebnisse zur Einbindung von Angehö-rigen (Kapitel 3) und Freiwilligen (Kapitel 4) aus deren Sicht darzustellen und zu disku-tieren. Ebenfalls wird die Kooperation mit Angehörigen und Freiwilligen aus Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter behandelt (Kapitel 5). Abschließend werden die Er-gebnisse zusammengefasst und im thematischen Kontext erörtert (Kapitel 6). Besonderer Dank gilt den Angehörigen, Freiwilligen und Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter, die an den Befragungen und Gesprächsrunden mitgewirkt und mit ihren Beiträgen zu einem differenzierten Bild der Versorgungssituation und Einbeziehung in Pflegeein-richtungen beigetragen haben, weiterhin den Leiterinnen und Leitern dieser Einrichtun-gen, die die Untersuchung unterstützt und durch ihre Einschätzungen bereichert ha-ben.

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2 Untersuchungskonzept und methodische Umsetzung 2.1 Untersuchungsansatz Die vorliegende Untersuchung zur Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in die Pflege und Betreuung in Einrichtungen zielt darauf ab, die vielfältigen Formen, Mo-tive und Wirkungen dieser Mitarbeit empirisch zu erfassen und aus der Perspektive der beteiligten Akteure, insbesondere der Angehörigen, Freiwilligen und der Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter, bewerten zu lassen. In einem ersten Untersuchungsschritt wurden Umfang und Formen der Mitwirkung von Angehörigen und Freiwilligen in Einrichtungen ermittelt und ausgewertet. Darauf aufbauend wurden in einem zweiten Schritt Möglich-keiten und Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung der Formen, Inhalte und Rahmenbe-dingungen der Mitwirkung erarbeitet. • Zunächst wurde auf empirischer Datengrundlage beschrieben, welche Formen der

Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen es derzeit gibt und welche Verän-derungen seit MuG II (soweit vergleichbar) zu beobachten sind. Neben dem Um-fang und der zeitlichen Intensität war auch zu klären, durch welche Faktoren diese Mitwirkungsformen beeinflusst werden. Dabei wurde auch untersucht, welche Rolle insbesondere die Art der Einrichtung, ihre konzeptionelle Ausrichtung und die Ein-stellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüber Angehörigen und Freiwilli-gen spielen.

• Die Erfahrungen, die die befragten Akteure mit der Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen gemacht haben, wurden einerseits dahingehend ausgewertet, wie herkömmliche Formen der Mitwirkung neu gestaltet und erweitert werden können, andererseits aber auch, welche neuen Bereiche und Formen der Mitwirkung sich identifizieren lassen, die traditionell möglicherweise als professionelle Domäne gal-ten. Die Richtung der Fragestellung war dabei umfassend konzipiert und sollte po-sitive Effekte ebenso wie Konflikte und mögliche nachteilige Effekte einer Mitwir-kung aus unterschiedlichen Perspektiven ermitteln.

• In diesem Zusammenhang war auch zu klären, wie die Strukturen der Einrichtun-gen verändert werden müssen und wie interne Abgrenzungen, ihre zeitlichen und inhaltlichen Planungen flexibilisiert werden können, um Mitwirkungspotenziale von Angehörigen und Freiwilligen zur Entfaltung kommen zu lassen.

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2.2 Untersuchungsleitende Fragestellungen Auf der Grundlage dieser Konzeption wurden folgende Forschungsfragen formuliert: • Welche Potenziale familiärer und ehrenamtlicher Unterstützung stehen für die Be-

wohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen zur Verfügung?

• In welchen Bereichen der Pflege und Betreuung in Einrichtungen lassen sich diese Potenziale eher nutzen, und in welchen Bereichen ist dies weniger möglich? Durch welche Faktoren bzw. Akteure wird dies jeweils entschieden?

• Welche Wirkungen werden durch die Mitarbeit von Angehörigen und Freiwilligen in Bezug auf erhöhte Lebensqualität der Bewohner und einen Entlastungseffekt der professionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erzielt?

• Welche Maßnahmen, Vorkehrungen und Regelungen sind erforderlich, um diese vorhandenen Potenziale als produktive Ressourcen nutzen zu können? Welche Vorbereitung, Schulung und flankierende Unterstützung benötigen Angehörige ei-nerseits und Freiwillige andererseits?

• Welche persönliche Bereitschaft besteht seitens der professionellen Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter der Einrichtungen, mit Angehörigen und Freiwilligen zusammen zu arbeiten? Welche Vorbereitung und Schulung ist erforderlich, um diese Bereit-schaft zu verändern?

• Welche Konzepte der Angehörigenarbeit und der Förderung des Ehrenamts wur-den in den Einrichtungen mit dem Ziel einer systematischen Einbeziehung dieser Ressourcen entwickelt?

• Welche Erfahrungen mit der Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen kön-nen ausgewertet werden, und welche Anregungen geben die beteiligten Akteure (Angehörige, Freiwillige, professionelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Einrich-tungsleitung, ggf. Bewohnerinnen und Bewohner) zur Weiterentwicklung entspre-chender Konzepte?

2.3 Methodische Umsetzung Methodisch wurde der Forschungsauftrag in fünf Arbeitsschritten durchgeführt: Schrift-liche Befragungen von (1) Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, (2) Angehörigen und (3) Freiwilligen, weiterhin (4) mündliche Befragungen der Heimleitungen in fünf Einrichtun-gen und (5) Gruppengespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Angehörigen und Freiwilligen zur Weiterentwicklung ihrer Kooperation. Eine erste Datengrundlage bilden die Ergebnisse der Repräsentativbefragung von Infratest, die von Beginn an in

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die Analyse einbezogen wurden. Die folgende Grafik bietet eine Übersicht über die im Untersuchungsteil des ISG durchgeführten Arbeitsschritte (Abb. 1). Abbildung 1:

MuG IV

TNS Infratest Sozialforschung: Repräsentativerhebung(609 Einrichtungen)

ISG: Positivauswahl(50 Einrichtungen)

Schriftliche Befragungen:

• Angehörige (N=240)• Freiwillige (N=240)• Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter (N=150)

Telefoninterviews:• Heimleitungen (N=5)

Gruppengespräche:• Einrichtungen (N=5)

ISG-Untersuchungsteil: Einbeziehung von Angehörigenund Freiwilligen in die Pflege und Betreuung

Die Inhalte der schriftlichen Befragungen waren: (1) Befragung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

Fragen zu der Wahrnehmung der Angehörigen und deren Vorstellungen, Bedarf und Möglichkeiten der Mitwirkung in verschiedenen Bereichen (Mitwirkung bei Pflege/ Hilfe beim Essen, Mitwirkung bei Biografiearbeit/ Wunschklärung der Bewohner/ Pflegepla-nung, Mitwirkung bei Kultur- und Freizeitangeboten); bezüglich der Freiwilligen dto. (außer Biografie-/ Wunschklärung); Konzepte zur Einbeziehung beider Gruppen, Mög-lichkeiten und Grenzen, Be- und Entlastung; Bedarf an Veränderung/ Weiterentwick-lung in der Einrichtung. (2) Befragung von Angehörigen

Fragen zum Mitwirkungsinteresse, ihren diesbezüglichen Erfahrungen und ihre Wahr-nehmung der Kooperationsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Ein-schätzung der Situation/ Zufriedenheit der Bewohnerinnen und Bewohner.

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Im Einzelnen wurden erhoben: • Art und Inhalt der Mitwirkung/ konkrete Tätigkeit, Häufigkeit und zeitlicher Aufwand • Motivation und ggf. auch Belastung • Einschätzung der Bedeutung der Mitwirkung für zu betreuende Bewohnerinnen und

Bewohner • Unterstützung und Unterstützungsbedarf seitens der Einrichtung / Veränderungs-

wünsche • Unterstützung und Unterstützungsbedarf seitens der professionellen Mitarbeiterin-

nen und Mitarbeiter / Konflikte und Veränderungswünsche • soziodemografische Merkmale (Alter, Geschlecht, berufliche Stellung etc.) (3) Befragung von Freiwilligen

Fragen zu vergleichbaren Punkten wie Angehörige (siehe Befragung 2). Diese Befragungen wurden in schriftlicher Form durchgeführt. Ursprünglich wurde an-gestrebt, in 30 Einrichtungen jeweils 5 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (N = 150), 8 Angehörige (N = 240) und 8 Freiwillige (N = 240) zu befragen. Die Erhebungsinstru-mente wurden in Überarbeitung und Weiterentwicklung des Fragenprogramms erstellt, das in MuG II zur Anwendung kam. Die weiteren Arbeitsschritte umfassten folgende Untersuchungsaspekte: (4) Mündliche Befragung von Heimleitungen in ausgewählten Einrichtungen

Darüber hinaus wurden Interviews mit einigen Heimleiterinnen und -leitern zu Einrich-tungs-, Personal- und Bewohnerstruktur, zur konzeptionellen Ausrichtung (insbesonde-re Konzepte zur Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen), zu Fortbildungsan-geboten und Qualitätssicherung geführt. (5) Gruppengespräche in fünf Einrichtungen

Die Ergebnisse der Arbeitsschritte (1) - (4) wurden schließlich in vertiefenden Grup-pengesprächen in fünf Einrichtungen jeweils unter Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Angehörigen und Freiwilligen erörtert, um unterschiedliche Erfahrungen und Perspektiven im gemeinsamen Diskurs zu klären. Auf dieser Grundlage wurden Möglichkeiten einer Weiterentwicklung der Formen und Inhalte der Mitwirkung von An-gehörigen und Freiwilligen erarbeitet.

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2.4 Beteiligung an der Untersuchung Zwischen April und Juli 2006 wurden die Fragebögen des ISG an zunächst 30 Einrich-tungen versandt und von deren Leiterinnen oder Leitern an die drei Zielgruppen weiter gegeben. Als sich abzeichnete, dass die angestrebte Fallzahl nicht erreicht werden konnte, wurden weitere 20 Einrichtungen in die Untersuchung einbezogen. Die Aus-wahl dieser insgesamt 50 Einrichtungen erfolgte nach regionaler Verteilung sowie den Kriterien der Einrichtungsgröße und Trägerschaft. Ein weiteres Kriterium war, dass es in den Einrichtungen Formen der aktiven Einbindung von Angehörigen gibt (Angehöri-gentreff/ bzw. –gruppe oder Angehörigenbeirat oder gesonderte Beratungsangebote speziell für Angehörige) und Freiwillige systematisch einbezogen werden (feste Gruppe Freiwilliger oder Kooperation mit Gruppe/ Initiative Freiwilliger von außerhalb). Nur bei solchen Einrichtungen konnte davon ausgegangen werden, dass die Fragebögen an eine hinreichende Zahl von Adressaten weiter geleitet wurden und diese auch über hinreichende Erfahrungen in der gegenseitigen Kooperation verfügten, um qualifizierte Einschätzungen geben zu können. Es handelt sich damit um eine „Positivauswahl“ von Einrichtungen. Das Auswahlkriterium der gezielten Einbeziehung sowohl von Angehö-rigen als auch von Freiwilligen in den Heimalltag trifft nach Angaben von Infratest auf rd. die Hälfte aller Einrichtungen zu. Die andere Hälfte bezieht entweder nur Angehöri-ge oder nur Freiwillige bzw. keine dieser Gruppen systematisch ein. Bis zum Herbst 2006 wurden insgesamt 584 ausgefüllte Fragebögen an das ISG zu-rück geschickt, dies sind 93% der angestrebten Zahl von 630 Fragebögen. Darunter waren 233 Fragebögen von Angehörigen (97% der Zielgröße), 223 Fragebögen von Freiwilligen (93%) und 128 Fragebögen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (85% der Zielgröße). Tabelle 1:

Umfang der Stichproben und Beteiligung

QuoteHeime Teilnehmer Heime Teilnehmer

Angehörige 30 240 50 233 97%

Freiwillige 30 240 50 223 93%

Mitarbeiter/innen 30 150 46 128 85%

Fragebögen gesamt 30 630 50 584 93%

Plan Stichprobe

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Die Verteilung der Fragebögen nach den Kriterien Einrichtungsgröße, Trägerschaft und Region ist zufriedenstellend, sodass die Ergebnisse der Auswertungen ein verläss-liches Bild der Mitwirkung von Angehörigen und Freiwilligen in solchen Einrichtungen zeichnen, die gezielt „Angehörigenarbeit“ und „Freiwilligenarbeit“ leisten. Tabelle 2:

Verteilung nach Einrichtungsgröße und TrägerschaftStruktur der ISG-Stichproben (in Prozent)

Infratest ISGGesamt Angehörige Freiwillige Mitarbeiter

Einrichtungsgröße (N = 233) (N = 223) (N = 128)bis 50 Plätze 30 5 5 6üb. 50 bis 100 Plätze 40 37 35 35über 100 Plätze 31 58 59 59

Trägeröffentlich 8 10 9 11gemeinnützig 55 74 81 80privat 37 16 10 9

• Größe der Einrichtungen: Nach der Infratest-Erhebung haben 30% der Heime nur

bis zu 50 Plätze, 40% zwischen 50 und 100 Plätze und weitere rd. 30% mehr als 100 Plätze. Bei den kleineren Einrichtungen erwies es sich als schwierig, die ge-wünschte Zahl an Befragungsteilnehmern zu gewinnen. Daher sind in der ISG-Stichprobe kleinere Einrichtungen unter- und größere überrepräsentiert, während aus Einrichtungen mittlerer Größe eine passende Zahl von Teilnehmern gewonnen wurde.

• Hinsichtlich der Trägerschaft waren private Einrichtungen weniger zur Mitwirkung bereit oder, weil es kleinere Einrichtungen waren, dazu in der Lage. Teilnehmerin-nen und Teilnehmer aus freigemeinnützigen Einrichtungen sind in der Stichprobe relativ stark, die aus Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft in angemessenem Umfang vertreten.

• Unter regionalen Gesichtspunkten sind Befragungsteilnehmer aus Nordrhein-West-falen – gemessen an der Platzverteilung nach der Heimstatistik – überrepräsentiert, ebenso Angehörige und Freiwillige aus Mecklenburg-Vorpommern. Nicht in der Stichprobe enthalten und damit unterrepräsentiert sind in regionaler Hinsicht Teil-nehmer aus Berlin, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Die übrigen neun Länder sind in etwa angemessen in der Stichprobe vertreten.

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Tabelle 3:

Verteilung nach BundesländernStruktur der ISG-Stichproben (in Prozent)

Heim- ISG-Stichprobenstatistik Angehörige Freiwillige Mitarbeiter

Bundesland (N=638.000) (N = 233) (N = 223) (N = 128)Baden-Württemberg 12 7 6 13Bayern 15 16 19 14Berlin 4 / / /Brandenburg 3 3 3 3Bremen 1 1 2 /

Hamburg 2 3 4 2Hessen 6 6 7 5Mecklenburg-Vorpommern 2 6 4 2Niedersachsen 11 6 8 11Nordrhein-Westfalen 22 43 42 44

Rheinland-Pfalz/Saarl. 6 5 5 6Sachsen 6 / / /Sachsen-Anhalt 3 3 / 2Schleswig-Holstein 4 / / /Thüringen 3 / / /

Die telefonisch-mündlichen Befragungen der Heimleitungen (Arbeitsschritt 4) wurden im Laufe des Sommers 2006 durchgeführt. Die Gruppengespräche in fünf Einrichtun-gen (Schritt 5) erfolgten nach Abschluss der Auswertung der Befragungen im ersten Halbjahr 2007.

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3 Die Rolle der Angehörigen bei Pflege und Betreuung in Einrichtungen

Das persönliche Verhältnis zwischen den pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Be-wohnern und ihren Angehörigen ist, wie eingangs erwähnt, in der Regel emotional ge-laden (positiv oder negativ oder beides zugleich) und verändert sich mit dem Einzug ins Heim (3.1). Dieses Verhältnis beeinflusst die Einschätzung der Lebenssituation im Heim aus der Perspektive der Angehörigen (3.2) ebenso wie deren eigene Lebenssitu-ation (3.3). Nach Beschreibung dieser Voraussetzung stehen die Formen und Rah-menbedingungen der Mitwirkung von Angehörigen in der Einrichtung (3.4) im Mittel-punkt dieses Kapitels. Die Art und Weise der Mitwirkung der Angehörigen wird ent-scheidend durch ihr Verhältnis zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Einrich-tung beeinflusst (3.5). 3.1 Verhältnis der Angehörigen zu den pflegebedürftigen Bewohnerinnen und

Bewohnern Nach Schätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben 86% der Bewohnerinnen und Bewohner Angehörige wie (Ehe-) Partner, Kinder, Geschwister oder andere Ver-wandte, gegenüber rd. 14%, die keine Angehörigen mehr haben. Abbildung 2:

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Verwandtschaftsverhältnis von Angehörigen undHeimbewohner/innen, N=233

ISG 2007

42%

23%

12%

6%

3%

14%

Tochter

Sohn

(Ehe-) Partner

Schwester,Bruder

Schwiegertochter

andere Familien-angehörige

86 % der Bewohner haben Angehörige, davon sind:

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25

Zwei Drittel der Angehörigen sind Frauen, ein Drittel sind Männer. Bezogen auf die Bewohnerinnen und Bewohner in der Einrichtung handelt es sich zu 12% um (Ehe-) Partner, die ihre Verwandten besuchen, und zwar zu 8% um die Ehefrau eines Bewoh-ners und zu 4% um den Ehemann einer Bewohnerin. Der weit überwiegende Teil der Angehörigen (65%) sind jedoch die Kinder der Bewohnerinnen und Bewohner, und zwar sind 42% deren Töchter und 23% deren Söhne. Rd. 6% sind Geschwister (4% Schwestern und 2% Brüder) der Bewohnerinnen und Bewohner und 14% andere Ver-wandte wie z.B. deren Nichten, Neffen oder Enkelinnen und Enkel. Kontakthäufigkeit

Die Häufigkeit der Besuchskontakte kann als zentraler Indikator für die Intensität der Beziehung zwischen Heimbewohnerinnen und -bewohnern und ihren Angehörigen gesehen werden (Port 2004). Die hier befragten Angehörigen kommen recht häufig zu Besuch: 62% kommen ein- oder mehrmals pro Woche und ein Drittel kommt sogar täglich in die Einrichtung. Jeder der Angehörigen, die sich an unserer Befragung betei-ligt haben, kommt aber mindestens monatlich zu Besuch; die Gruppe derjenigen An-gehörigen, die seltener zu Besuch kommen, ist also in unserer Stichprobe nicht vertre-ten.28 Abbildung 3:

33%

62%

5%

5%

20%

4%

16%

56%

Häufigkeit

täglich

wöchentlich

monatlich

seltener

gar nicht

Besuche Telefonate

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Häufigkeit der Kontakte zwischen Angehörigen undHeimbewohner/innen, N=229

Art der Kontakte

28 Nach der Infratest-Repräsentativbefragung werden von den Bewohnerinnen und Bewoh-

nern, die mit Angehörigen in Kontakt stehen, 13% täglich, 43% wöchentlich, 24% monat-lich und 20% seltener von diesen besucht (Schneekloth; von Törne 2006: 114).

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

26

Die Besuchshäufigkeit der Angehörigen hängt von der verwandtschaftlichen Beziehung ab: Rd. 90% der Ehepartner kommen täglich zu Besuch, aber nur 30% der Kinder und Geschwister. Von den Töchtern und Söhnen der Bewohnerinnen und Bewohner kom-men 70% ein- bis mehrmals pro Woche zu Besuch, während fast ein Viertel der übri-gen Verwandten seltener als wöchentlich kommen. Tabelle 4:

Besuchshäufigkeit der Angehörigenin Relation zur Verwandtschaftsbeziehung

täglich wöchentlich monatlichEhe- /Lebenspartner 89% 12% -Kinder 29% 69% 2%Schwiegerkinder - 86% 14%Geschwister 29% 57% 14%andere Verwandte 13% 65% 23%

insgesamt 33% 62% 6%

Die Besuche dauern im Durchschnitt etwa zwei Stunden, wobei es Unterschiede je nach Verwandschaftsbeziehung und nach der Häufigkeit der Besuche gibt. Die häufi-gen Besuche von Ehepartnern dauern durchschnittlich 3,5 Stunden, die der Kinder sind etwas seltener und mit knapp 2 Stunden etwas kürzer. Andere Verwandte kommen deutlich seltener zu Besuch, bleiben dann aber durchschnittlich länger als zwei Stun-den. Am häufigsten sind Besuche mit einer Dauer zwischen einer und zwei Stunden, ein Viertel der Besuche ist länger als 2,5 Stunden, nur wenige sind kürzer als eine Stunde. Tabelle 5:

Besuchsdauer in Stunden

Anzahl Anteilunter 1 11 5%1 bis 1,5 Std. 95 42%1,5 bis 2 Std. 39 17%2 bis 2,5 Std. 26 12%2,5 bis 3 Std. 20 9%3 und mehr Std. 33 15%

insgesamt 224 100%

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

27

Manche Angehörigen, die nicht so häufig zu Besuch kommen (können), pflegen telefo-nische Kontakte. Allerdings macht nur knapp die Hälfte der Befragten hierzu Angaben, während über die Hälfte von ihnen offenbar gar keinen Telefonkontakt zu ihren Ange-hörigen haben. Dies kann zum einen damit zusammenhängen, dass sich bei häufigem Besuch zusätzliche Telefonate erübrigen, zum andern aber auch mit Hör- oder Wie-dererkennungsproblemen der Bewohnerinnen und Bewohner. Nur in wenigen Fällen (5% aller Angehörigen) wird täglich telefoniert, ein Fünftel ruft ein- oder mehrmals pro Woche an. Wenn der Kontakt über das Telefon läuft, dauern die Gespräche in der Re-gel zwischen 10 und 15 Minuten (39%), häufig sind sie auch kürzer (31%), und nur wenige dauern länger als 20 Minuten (17%). Situation vor dem Heimeinzug

Vor dem Heimeinzug hat der/die Pflegebedürftige meist allein gewohnt (63%) und nur in einem Viertel der Fälle mit dem Angehörigen zusammen; dieses Ergebnis wird durch die Repräsentativbefragung bestätigt.29 Von denen, die vorher nicht allein lebten, wohnte die Hälfte bei den Kindern und ein Drittel mit dem Ehepartner zusammen. In 5% der Fälle haben die Pflegebedürftigen vorher bei ihren Geschwistern gewohnt. Abbildung 4:

63%

24%

13%

6%

45%

22%

27%

Wohnform

allein

mit mir zusammen

mit anderen zusammen

Pflegebedürftigkeit

nicht pflegebedürftig

bis zu 1 Jahr Pflegeüber 1 bis zu

2 Jahre Pflegeüber 2 Jahre Pflege

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Situation der Pflegebedürftigen vor Heimeinzug, N=233

29 Schneekloth; von Törne (2006): 56. – Dass dem Haushalt der Angehörigen nach dem

Heimumzug der „Mittelpunkt“ fehle bzw. das „Zentrum des Lebens“ dann „verwaist“ sei, wie Schmidt (2005: 4) meint, trifft dagegen nur für einen kleinen Teil der Angehörigen zu.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

28

Die meisten Heimbewohnerinnen und -bewohner waren auch vor dem Heimeinzug schon seit längerer Zeit pflegebedürftig, gut die Hälfte (55%) von ihnen seit mehr als einem Jahr (darunter 27% seit mehr als 2 Jahren). Nur 6% von ihnen waren vor dem Heimeinzug nicht pflegebedürftig. Wenn die Pflegebedürftigkeit bereits vor dem Heimeinzug bestanden hat, so waren die Angehörigen in der Regel auch an der Pflege und Versorgung beteiligt (79%). Ein Drit-tel von ihnen hat dies sogar allein geleistet (31%), ein Fünftel gemeinsam mit anderen Familienangehörigen oder Bekannten (19%) und ein gutes Viertel unter Beteiligung eines ambulanten Pflegedienstes (27%). Diese Situation vor dem Heimeinzug wurde von vielen der Befragten als belastend empfunden. Weniger als die Hälfte der Angehörigen (43%) sagen, dass sie vorher ein unproblematisches Verhältnis zu ihren Pflegebedürftigen hatten. Für 35% der Angehö-rigen war dieses Verhältnis wechselhaft und 22% bezeichnen es definitiv als schwierig. Abbildung 5:

43%

35%

22%

53%

31%

16%

Beziehungs-qualität

unproble-matisch

teils unproble-matisch, teils

schwierig

schwierigaufgrund

Pflegesituation

vor Heimeinzug derzeit

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Beziehungsqualität von Angehörigen undHeimbewohner/innen, N=210

Der Wechsel in die Einrichtung hat sich in den meisten Fällen positiv auf das Verhältnis zwischen Pflegebedürftigen und Angehörigen ausgewirkt, wenn auch dieser „Entlas-tungseffekt“ nicht so stark ausfällt, wie häufig erwartet wird. Zum Zeitpunkt der Befra-gung war der Anteil derer, die über ein unproblematisches Verhältnis berichten können, auf 53% gestiegen, und nur noch 16% bezeichneten ihr Verhältnis als schwierig. In

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

29

29% der Fälle hat sich das Verhältnis durch den Heimeinzug verbessert, in 17% der Fälle verschlechtert und bei gut der Hälfte ist es unverändert geblieben. 3.2 Die aktuelle Lebenssituation der Bewohnerinnen und Bewohner aus Sicht

ihrer Angehörigen Unter den befragten Angehörigen überwiegen diejenigen, deren zu Pflegende schon seit längerer Zeit in der Einrichtung wohnen. Ein Drittel wohnte zum Zeitpunkt der Be-fragung seit bis zu zwei Jahren dort, zwei Drittel seit bis zu vier Jahren. Ein Fünftel lebt schon seit 6 oder mehr Jahren dort. Die bisherige Wohndauer (d.h. bis zum Zeitpunkt der Befragung) in allen Heimen weist nach der Infratest-Repräsentativerhebung eine ähnliche Verteilung auf, allerdings haben dort Bewohnerinnen und Bewohner mit kür-zerer Wohndauer ein etwas stärkeres Gewicht (Schneekloth; von Törne 2006: 98). Auch von ihrem Pflegebedarf her unterscheiden sich die Pflegebedürftigen, deren An-gehörige sich an der ISG-Befragung beteiligt haben, kaum von der Gesamtheit aller Pflegebedürftigen: Über die Hälfte von ihnen benötigen ständige Pflege, ein gutes Drit-tel mehrmals am Tag, und nur wenige kommen mit einer geringeren Pflegeintensität (5%) oder lediglich hauswirtschaftlicher Hilfe (3%) aus. Auch dieses Bild zeigt sich nach der Infratest-Erhebung ähnlich bei allen Pflegebedürftigen (Schneekloth; von Tör-ne 2006: 60). Gut 40% der Bewohnerinnen und Bewohner sind schwerbehindert, aber nur rd. 15% sind dauernd bettlägerig. Zwischen 22% und 25% sind schwierig im Umgang, nieder-geschlagen oder leicht altersverwirrt (einschließlich Mehrfachnennungen). Der Anteil der als „demenzkrank“ eingeschätzten Bewohnerinnen und Bewohner liegt mit 40% höher (aber unterhalb der Infratest-Ergebnisse). Nur 11% der Befragten sagen, dass keine dieser Beschreibungen auf ihren zu pflegenden Angehörigen zutrifft. Nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit geht es den hier in den Blick genommenen pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohnern etwas schlechter als allen Heimbe-wohnerinnen und -bewohnern im Durchschnitt, aber auch hier liegt die Verteilung sehr nahe an dem von Infratest ermittelten Gesamtergebnis. Jeweils ein Viertel sind den Pflegestufen I und III zugeordnet, fast die Hälfte der Pflegestufe II, und einige wenige weisen nur leichten Pflegebedarf auf (Pflegestufe 0).

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

30

Tabelle 6:

Situation der Pflegebedürftigenaus Sicht ihrer Angehörigen

AnteilGesundheitschwerbehindert 41%demenzkrank 40%niedergeschlagen 25%leicht altersverwirrt 24%schwierig im Umgang 23%erkennt mich nicht immer 15%dauernd bettlägrig 15%nichts davon 10%

Pflegebedarfständig 56%mehrmals täglich 36%einmal täglich 3%seltener 2%hauswirtsch. Hilfe 3%keine Hilfe 0,4%

Pflegestufenur leicht pflegebedürftig 2%Pflegestufe I 25%Pflegestufe II 47%Pflegestufe III 25%

Lebenszufriedenheit sehr zufrieden 7%zufrieden 38%teils, teils 42%unzufrieden 11%sehr unzufrieden 2%

Während generell mit zunehmendem Alter auch das Risiko der Pflegebedürftigkeit an-steigt, lässt sich dies in den untersuchten Einrichtungen nicht feststellen – im Gegen-teil: Wer mit unter 80 Jahren im Heim wohnt, ist meist wegen seines hohen Pflegebe-darfs dort, während unter den Bewohnerinnen und Bewohnern höheren Alters auch solche mit vergleichsweise geringem Pflegebedarf zu finden sind, die aus anderen Gründen (auch hauswirtschaftlicher Hilfebedarf, unzureichende Hilfenetze etc.) im Heim leben.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

31

Abbildung 6:

2%

3%

23%

25%

47%

47%

28%

25%

unter80 Jahre

(N=43)

über80 Jahre(N=175)

leicht pflege-bedürftigPflegestufe IPflegestufe IIPflegestufe III

ISG 2007

Alter und Risiko der Pflegebedürftigkeitin Einrichtungen

Alter

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Der Anteil der Frauen unter den hier in den Blick genommenen Bewohnerinnen und Bewohner ist mit 84% gegenüber 16% Männern höher als im bundesweiten Durch-schnitt der Heimbewohnerinnen und -bewohner (73% Frauen zu 27% Männern).30 Von ihrer Altersstruktur her sind sie mit 84,7 Jahren etwas älter als die Durchschnittsbe-wohnerinnen und -bewohner (nach Infratest 81,8 Jahre im Gesamtdurchschnitt, 82,4 Jahre im Durchschnitt der Pflegebedürftigen). Die Bewohnerinnen und Bewohner ab 85 Jahren haben hier mit 62% ein stärkeres Gewicht als unter allen Bewohnerinnen und Bewohnern der Heime in Deutschland (nach der Infratest-Repräsentativbefragung sind dies 45%). Die allgemeine Lebenszufriedenheit der Bewohnerinnen und Bewohner schätzen ihre Angehörigen allerdings eher zurückhaltend ein. Demnach sind rd. 46% von ihnen zu-frieden, darunter nur 7% sehr zufrieden. 12% sind unzufrieden, der Rest wird einer mittleren Zufriedenheit („teils/ teils“) zugerechnet.

30 Zu den soziodemografischen Merkmalen, die im Folgenden zum Vergleich herangezogen

werden, siehe Schneekloth; von Törne 2006: 52 ff.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

32

Abbildung 7:

7%

39% 41%

11%

2%

sehrzufrieden

zufrieden teils, teils unzufrieden sehrunzufrieden

Lebenszufriedenheit

Lebenszufriedenheit der Bewohner/innennach Einschätzung der Angehörigen, N=220

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006

In dieser Hinsicht weicht das Ergebnis der ISG-Befragung stark von dem der Infratest-Repräsentativerhebung ab – dort wurden 72% als zufrieden (darunter 34% als sehr zufrieden) eingeschätzt gegenüber nur 7% Unzufriedenen. Da die Bewohnerinnen und Bewohner, deren Angehörige wir befragt haben, aber in mehrfacher Hinsicht im Durch-schnitt aller Bewohnerinnen und Bewohner liegen, dürfte diese Diskrepanz weniger auf tatsächliche Unterschiede zurückzuführen sein als vielmehr darauf, dass die deutlich positivere Einschätzung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorgenommen wurde, die negativere Einschätzung von Angehörigen. Daraus werden unterschiedliche Per-spektiven erkennbar: Die Angehörigen sehen die Lebenszufriedenheit der Bewohne-rinnen und Bewohner sehr viel kritischer als die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zwi-schen der (eingeschätzten) Zufriedenheit der Bewohnerinnen und Bewohner und ihrem Alter besteht kein linearer Zusammenhang; wohl aber zeigt sich, dass die Zufriedenheit der Bewohnerinnen und Bewohner mit steigendem Pflegebedarf abnimmt. Im Vergleich zu der Gesamtbevölkerung ab 80 Jahren in Privathaushalten, von denen 15% sehr zufrieden und weitere 41% zufrieden sind (SOEP 2005), ist die Zufriedenheit der Heimbewohner deutlich geringer. Die Pflegebedürftigen, deren Angehörige das ISG befragt hat, weisen demnach in fast allen relevanten Aspekten ähnliche Merkmale auf wie die Pflegebedürftigen insgesamt. Daher ist davon auszugehen, dass sich die Situation der befragten Angehörigen (3.3) grundsätzlich nicht von der der Gesamtheit der Angehörigen unterscheidet. Ihre Erfah-

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

33

rungen und Einschätzungen hinsichtlich einer Einbindung in den Heimalltag hingegen (3.4) beziehen sich auf Einrichtungen, die Angehörige gezielt integrieren und ihnen systematisch Mitwirkungsmöglichkeiten eröffnen. 3.3 Die Situation der Angehörigen Die befragten Angehörigen sind zu zwei Dritteln Frauen und zu einem Drittel Männer. 42% von ihnen sind unter 60 Jahre alt, etwa ebenso viele (44%) zwischen 60 und 69 Jahren und 14% sind 70 Jahre oder älter. Das Durchschnittsalter der Angehörigen liegt bei 61 Jahren, also 24 Jahre unter dem Durchschnittsalter der von ihnen besuchten Bewohnerinnen und Bewohner. Darin kommt wieder zum Ausdruck, dass – wie oben festgestellt – der überwiegende Teil der mitwirkenden Angehörigen (70%) Kinder und Schwiegerkinder sind. Abbildung 8:

ISG 2007

11%

75%

10%

4%

8%

13%

80%

unter 50

50 bis 69

70 bis 79

über 80

Angehörige Bewohner/innenAlter (in Jahren)

Alter der Angehörigen und der Heimbewohner/innen, N=230

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Dass die berufliche Stellung der besuchenden Angehörigen deutlich höher ist als die der Bewohnerinnen und Bewohner (Abb. 9), ist demnach nicht nur ein Effekt des höhe-ren Männeranteils (34% der Angehörigen, 16% der Bewohnerinnen und Bewohner), sondern auch ein Kohorteneffekt: Von den Bewohnerinnen und Bewohnern waren 18% einfache Arbeiter/innen und weitere 25% ohne Berufsabschluss, aber nur 37% Ange-stellte oder Beamte. Von den Angehörigen sind dagegen drei Viertel Beamte oder An-

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

34

gestellte, aber nur 8% einfache Arbeiterinnen bzw. Arbeiter oder ohne Berufsab-schluss. Abbildung 9:

2%

5%

11%

60%

14%

8%

25%

18%

13%

35%

2%

7%

ohne Berufs-abschluss

angelernte/rArbeiter/in

Facharbeiter/in/Meister/in/

Techniker/in

Angestellte/r

Beamte/r

selbstständig

Befragte/rBewohner/in

ISG 2007

Beruf der Angehörigen und Beruf derHeimbewohner/innen N=226

ISG-Angehörigenbefragung

Beruf

Abbildung 10:

39%

59%

1%

ohnegesundheitliche

Probleme

mitgesundheitlichen

Problemen

selbstpflegebedürftig

Gesundheitszustand

ISG 2007

Gesundheitszustandder Angehörigen, N=226

ISG-Angehörigenbefragung 2006

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

35

Gesundheitlich geht es den meisten der befragten Angehörigen nicht besonders gut (Abb. 10). Zwar kommt es kaum einmal vor, dass die Angehörigen selbst ebenfalls pflegebedürftig sind (1%), aber nur rd. 40% von ihnen sind ganz ohne gesundheitliche Beschwerden, während knapp 60% auf gesundheitliche Probleme verweisen. Im Fol-genden wird untersucht, wie dies ihre Möglichkeit, im Heim mitzuwirken, beeinflusst. Der regelmäßige Besuch der Heimbewohnerinnen und -bewohner wird erleichtert, wenn die Einrichtung sich im Wohnort des Angehörigen befindet. Dies ist bei knapp zwei Dritteln der Fall, während 35% in einen anderen Ort fahren müssen, um zur Ein-richtung zu gelangen. Vor allem Angehörige, die in kleineren Orten (unter 5.000 Ein-wohner) leben, müssen überwiegend (zu über 70%) in einen anderen Ort fahren, nur bei knapp 30% von ihnen liegt das Heim in ihrem Wohnort. Ab einer Ortsgröße von 20.000 Einwohnern kehrt sich dieses Verhältnis um, von den dort lebenden Angehöri-gen müssen nur noch wenige in einen anderen Ort fahren. Die Belastung der Angehörigen, die in einen anderen Ort fahren müssen, wird dadurch deutlich erhöht: Das Heim, das sie besuchen, liegt durchschnittlich 26 Kilometer ent-fernt, und sie haben eine Fahrtzeit von durchschnittlich 23 Minuten. Dagegen brauchen die meisten Angehörigen, deren Verwandte in einem Heim ihres eigenen Wohnortes wohnen (zwei Drittel), nur eine Entfernung von durchschnittlich 3 Kilometern zurückzu-legen, wozu sie etwa 11 Minuten benötigen. Abbildung 11:

12%

8%

11%

5%

5%

14%

28%

18%

unter 5.000

5.000 bisunter 20.000

20.000 bisunter 100.000

ab 100.000

in anderem Ort im gleichen OrtWohnort (Einwohner)

ISG 2007

Lage der Einrichtung und Größe des Wohnortes, N=221

Lage der Einrichtung

ISG-Angehörigenbefragung 2006

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

36

Die Entfernung der Einrichtung wirkt sich auch auf die Besuchshäufigkeit aus. Die An-gehörigen, die täglich zu Besuch kommen, haben durchschnittlich 3,8 Kilometer zu-rückzulegen bei einer Fahrtzeit von 12 Minuten. Abbildung 12:

4

12

55

12

17

23

HäufigkeitBesuchskontakte

täglich

einmal/ mehrmalsin der Woche

einmal/ mehrmalsim Monat

Entfernung (in km)Fahrtzeit (in min)

Besuchskontakte in Abhängigkeit vonEntfernung und Fahrtzeit zur Einrichtung (Mittelwerte), N=216

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Einmal oder mehrmals pro Woche kommen die Angehörigen zu Besuch, die durch-schnittlich 12 Kilometer bzw. 17 Minuten vom Heim entfernt wohnen. Bei denen, die nur ein- oder mehrmals pro Monat zu Besuch kommen, hängt dies sicherlich auch mit einer Entfernung von durchschnittlich 55 Kilometern zusammen. Die allgemeine Lebenszufriedenheit der Angehörigen ist erwartungsgemäß höher als die der Heimbewohnerinnen und -bewohner; gut 70% von ihnen zeigen sich zufrieden, darunter 13% sehr zufrieden. Damit liegen sie etwa im Durchschnitt der Gesamtbevöl-kerung im Alter von 50 bis 79 Jahren, von denen knapp 70% zufrieden und darunter 14,5% sehr zufrieden sind (SOEP 2005). Die allgemeine Zufriedenheit der Angehöri-gen wird einerseits durch ihre eigene gesundheitliche Lage, andererseits aber auch durch ihr Verhältnis zu den Heimbewohnerinnen und -bewohnern beeinflusst. Von den Angehörigen, die selbst gesundheitlich eingeschränkt sind, äußern sich nur zwei Drittel zufrieden (66%), während dies von denen ohne gesundheitliche Beschwerden 78% sagen.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

37

Abbildung 13:

13%

57%

26%

4%

0%

7%

39%

41%

11%

2%

sehr zufrieden

zufrieden

teils, teils

unzufrieden

sehr unzufrieden

AngehörigeBewohner/innen

Lebenszufriedenheit der Angehörigen und der Heimbewohner/innennach Einschätzung der Angehörigen, N=226

ISG 2007

Lebens-zufriedenheit

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Abbildung 14:

17%

9%

19%

60%

54%

39%

22%

31%

35%

2%

6%

7%

unproble-matisch

teils proble-matisch, teils

schwierig

schwierigaufgrund

Pflegesituation

sehr zufrieden zufrieden teils, teils unzufrieden

Lebenszufriedenheit

Beziehungs-qualität

ISG 2007

Beziehungsqualität von Angehörigen und Pflegeheim-bewohner/innen und Lebenszufriedenheit Angehöriger, N=205

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Angehörige, die ein gutes, unbelastetes Verhältnis zur pflegebedürftigen Heimbewoh-nerin bzw. zum pflegebedürftigen Heimbewohner haben, sind zu 76% zufrieden, Ange-

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

38

hörige mit teilweise problematischem Verhältnis zu 63% und Angehörige mit einem schwierigen Verhältnis nur zu 58%. Komplementär dazu nimmt der Anteil der Unzufrie-denen zu. Daraus wird ersichtlich, dass die persönliche Lebenszufriedenheit durch die Angehörigenbeziehung unmittelbar beeinflusst wird. 3.4 Formen und Rahmenbedingungen der Mitwirkung von Angehörigen in der

Einrichtung Im Zusammenhang mit der Auswertung der Kontakthäufigkeit wurde bereits die unter-schiedliche Intensität der Beziehungen zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern und ihren Angehörigen thematisiert. Diese Intensitätsunterschiede können auch durch die räumliche Entfernung bedingt sein, vor allem aber ist zu berücksichtigen, dass sich Angehörige nicht alle in gleicher Weise engagieren können oder wollen: Manche (ins-besondere Ehepartner) kommen täglich in die Einrichtung, andere (z.B. die Kinder) sind dazu aufgrund eigener beruflicher oder familiärer Verpflichtungen oder aus ge-sundheitlichen Gründen nicht in der Lage, und wiederum andere möchten nicht häufi-ger in die Einrichtung kommen, da sie die Heimatmosphäre als unangenehm empfin-den oder ihre Beziehung zur Heimbewohnerin bzw. zum Heimbewohner nicht so eng, in manchen Fällen sogar gespannt ist. Um ihre Rolle als Angehörige zu beschreiben, wurden im Fragebogen einzelne Formu-lierungen angeboten. Deren Auswertung ergibt folgendes Bild: Die meisten der hier befragten Angehörigen (81%) versuchen zumindest ab und zu in die Einrichtung zu kommen. Fast ebenso so viele (72%) leisten ihren Angehörigen regelmäßig Gesell-schaft. Über die Hälfte der Angehörigen bringt der Einrichtung und ihren Mitarbeiterin-nen und Mitarbeitern großes Vertrauen entgegen und verlässt sich auf eine gute Ver-sorgungsqualität (55%), während jede/r fünfte Angehörige diesbezüglich selbst kontrol-liert (21%). Jede/r zweite Angehörige nimmt für sich in Anspruch, wichtige Hinweise zur Person des Bewohners bzw. der Bewohnerin geben zu können: 50% sagen, dass sie ihren Angehörigen am besten kennen und daher am ehesten wissen, was er/ sie braucht. Der Anteil der Angehörigen, die sich nach eigener Einschätzung aktiv an der Pflege und hauswirtschaftlichen Hilfe beteiligen, liegt bei 14%. Weitere 26% bringen sich auch in die Heimangelegenheiten mit ein. Dagegen sagen 16%, dass sie keine Zeit oder keine Kraft haben, sich regelmäßig um ihre Pflegebedürftigen zu kümmern.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

39

Abbildung 15:

ISG 2007

14%

5%

21%

17%

40%

48%

63%

63%

81%

72%

56%

50%

26%

21%

16%

14%

versuche ab und zueinfach da zu seinleiste Bewohner/in

regelm. Gesellschaftverlasse mich

auf gute Versorgungkenne Bew. am besten,

sage was er/sie brauchtbringe mich in Heim-angelegenheiten ein

kontrolliere Mitarbeiter

habe keine Zeit / Kraft für regelmäßiges Kümmern

helfe aktiv bei Pflegeund Hauswirtschaft

trifft nicht zu trifft zu

fehlend an 100 %: "teils-teils"

Eigenes Rollenverständnis der Angehörigen, N=212ISG-Angehörigenbefragung 2006

Aussagen

Im Rahmen der MuG II-Untersuchung (1995) wurden vier Typen von Angehörigen nach den Kriterien der Besuchshäufigkeit und der Intensität ihrer Mitwirkung unter-schieden. Die Datengrundlage waren Interviews mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zu unterscheiden sind demnach Angehörige, die … • regelmäßig und aktiv an Pflege und Betreuung mitwirken (Typ A)

• regelmäßig zu Besuch kommen und eher soziale Betreuung und psychische Stabi-lisierung leisten (Typ B)

• nicht ganz so häufig kommen und eher flankierend tätig werden (Besorgungen, finanzielle Dinge erledigen; Typ C)

• seltener zu Besuch kommen, Pflege und Betreuung im Wesentlichen an die Ein-richtung delegieren und punktuell „überwachen“ (Typ D).

Diese Typologie wurde auch in der aktuellen Untersuchung im Jahr 2006 den Mitarbei-terinnen und Mitarbeitern vorgelegt mit der Bitte um eine Einschätzung, wie die Ange-hörigen, mit denen sie unmittelbar zu tun haben, diesen Kategorien zuzuordnen sind. Das Ergebnis bestätigt in überraschend deutlicher Weise die Einschätzung, die mehr als zehn Jahre zuvor vorgenommen wurde: Ein gutes Zehntel der Angehörigen ist aus Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den aktiv Pflegenden zuzurechnen (Typ A), ein knappes Drittel nimmt psychosozial stabilisierende Funktionen wahr (Typ B) und

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

40

etwa ebenso viele leisten flankierende Unterstützung (Typ C). Der vierte Typ D der distanzierten bzw. delegierenden Angehörigen wurde 1995 auf einen Anteil von 24% und nun auf 27% geschätzt. Angesichts des gestiegenen Anteils von Einrichtungen, die eine aktive Angehörigenarbeit leisten, hätte man erwarten können, dass gegenwärtig mehr Angehörige dem Typ A oder B zugerechnet werden. Allerdings ist das Durch-schnittsalter der Heimbewohnerinnen und -bewohner in diesem Zeitraum gestiegen und damit auch das Alter der Angehörigen, wodurch ein Teil von ihnen weniger belast-bar ist. Außerdem mag die Einführung der Pflegeversicherung einige Angehörige auch von dem psychischen Druck, zur Mitwirkung verpflichtet zu sein, entlastet haben – bei-des spricht für nach wie vor starke Anteile des Typs C und D. Abbildung 16:

ISG 2007

12%

32%

32%

24%

11%

31%

29%

27%

Aktiv Pflegende(Typ A)

PsychosozialStabilisierende

(Typ B)

FlankierendHelfende

(Typ C)

Distanzierte,Delegierende

(Typ D)

MuG II 1995MuG IV 2006

ISG-Mitarbeiter/innenbefragung 1995 und 2006

Typen Angehöriger von Pflegeheimbewohner/innen(Einschätzung von Mitarbeiter/innen), N=117

Typen

Wir haben versucht, die Angehörigen auch auf Grund ihrer eigenen Einschätzungen dieser Typologie zuzuordnen. Dabei wurden die Häufigkeit der Besuchskontakte und die oben dargestellte Intensität der Mitwirkung als Indikatoren herangezogen. Auf diese Weise lassen sich die Angehörigentypen in etwa rekonstruieren: Die nach eigener Aussage aktiv Pflegenden machen 12% aller beteiligten Angehörigen aus und die psychosozial Stabilisierenden 36%. Was aber die übrigen Angehörigen betrifft, so sind die flankierend Helfenden nach dieser Auswertung mit 44% stärker und die Dis-tanzierten mit 8% schwächer vertreten, als es die Einschätzung aller Angehörigen durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwarten ließe. Dies kann durch die Erhe-

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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bungsmethodik bedingt sein: Da die Fragebögen über die Heimleiterinnen und Heimlei-ter verteilt wurden, bestand für die distanzierten Angehörigen, die seltener zu Besuch kommen, eine vergleichsweise geringere Wahrscheinlichkeit, einen Fragebogen zu erhalten, als für die öfter anwesenden Angehörigen. Unter Berücksichtigung dieser systematischen Verzerrung der Stichprobe können die Angaben der Befragten in Differenzierung nach der Vierfach-Typologie ausgewertet werden. Gleicht man zunächst die Typologie mit der Häufigkeit der Besuche in der Ein-richtung ab, so wird eine klare Abstufung erkennbar: Von den aktiv Pflegenden (Typ A) kommen zwei Drittel täglich und ein Drittel ein- oder mehrmals pro Woche zu Besuch. Diese Relation kehrt sich bei den psychosozial Stabilisierenden (Typ B) um, von diesen kommt nur ein Drittel täglich zu Besuch. Unter den flankierend Helfenden (Typ C) sinkt der Anteil der täglichen Besucher auf gut ein Viertel, und unter den Distanzierten (Typ D) ist keiner mehr, der täglich zu Besuch kommt. Allerdings geben auch diese beiden Gruppen zu hohen Anteilen an, ihre Pflegebedürftigen mindestens wöchentlich zu be-suchen, was auf eine gewisse „Positivauswahl“ der hier einbezogenen Angehörigen schließen lässt. Unter den Distanzierten ist mit 30% der Anteil derer mit Abstand am höchsten, die nur monatlich zu Besuch kommen. Abbildung 17:

68%

35%

26%

32%

61%

70%

71%

5%

4%

29%

Aktiv Pflegende(Typ A)

PsychosozialStabilisierende

(Typ B)Flankierend

Helfende(Typ C)

Distanzierte,Delegierende

(Typ D)

44%

9%

6%

25%

11%

39%

55%

50%

6%

8%

25%

44%

46%

32%

Kontakthäufigkeit und Rollentyp, N=229

ISG 2007

Besuchskontakte Telefongespräche

täglich einmal/ mehrmalsin der Woche

einmal/ mehrmalsim Monat seltener

Typen

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Auch in dieser Differenzierung bestätigt sich, dass nicht davon auszugehen ist, dass Telefonate die Besuchshäufigkeit ersetzen, sondern sie sind eher ein zusätzlicher Indi-

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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kator für die Intensität der Beziehung: Wer intensiver in die Pflege und Betreuung ein-gebunden ist und häufiger zu Besuch kommt, führt auch häufiger Telefonate. Nur beim Typ D scheint die geringere Besuchshäufigkeit durch Telefongespräche teilweise kom-pensiert zu werden. Abbildung 18:

7%

12%

2%

8%

4%

4%

12%

26%

26%

17%

36%

12%

10%

5%

38%

24%

26%

5%

3%

7%

1%

4%

4%

0%

1%

1%

2%

versuche ab undzu da zu sein

leiste Angeh.regelm. Gesellschaft

verlasse mich aufgute Versorgung

sage was Angeh. braucht

bringe mich in Heim-angelegenheiten ein

kontrolliere Mitarbeiter

keine Zeit/ Kraft fürregelmäßiges Kümmern

helfe aktiv bei Pflegeund Hauswirtschaft

Aktiv Pflegende(Typ A)

PsychosozialStabilisierende(Typ B)

FlankierendHelfende(Typ C)

Distanzierte,Delegierende(Typ D)

ISG 2007

Einbeziehung der befragten Angehörigenund Rollenverständnis, N=212

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Wertet man die o.g. Fragen zum Rollenverständnis nach der Rollentypologie aus, so werden die inhaltlichen Schwerpunkte deutlich: • Angehörige des Typs A leisten vor allem regelmäßig Gesellschaft und helfen aktiv

bei Pflege und Hauswirtschaft mit.

• Angehörige des Typs B legen den Schwerpunkt auf die gute Kenntnis der zu pfle-genden Bewohnerinnen und Bewohner und auf ihre Hinweise für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was für die Pflegebedürftigen gut ist. An zweiter Stelle stehen für

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Typ B, der Bewohnerin bzw. dem Bewohner Gesellschaft zu leisten, wobei ein Teil dazu regelmäßig in der Lage ist und ein anderer Teil nur ab und zu. Sie helfen nicht aktiv bei der Pflege mit, bringen sich aber in Heimangelegenheiten mit ein und ver-lassen sich ansonsten darauf, dass die Versorgung in der Einrichtung gut ist.

• Auf einer Begleitung bei geringerer Besuchshäufigkeit liegt der Schwerpunkt der Angehörigen des Typs C, nur ein Teil von ihnen ist an regelmäßigen Besuchen in-teressiert oder dazu in der Lage. An zweiter Stelle steht für diese Angehörigen, dass sie sich auf die Versorgung in der Einrichtung verlassen. Sie helfen weder bei der Pflege aktiv mit, noch beanspruchen sie, über die Bewohnerin bzw. den Be-wohner am besten Bescheid zu wissen.

• Für die Angehörigen des Typs D treffen die hier genannten Mitwirkungsmöglichkei-ten kaum zu. Sie leisten auch in gewisser Regelmäßigkeit Gesellschaft, beschrän-ken sich ansonsten aber auf das Vertrauen in die gute Versorgung in der Einrich-tung.

Tabelle 7:

Soziodemografie Angehörigentypen

Aktiv Psychosozial Flankierende Distanzierte/Merkmal Pflegende Stabilisierende Helfer Delegierende Gesamt

(N = 28) (N = 84) (N = 103) (N = 18) (N = 233)GeschlechtFrauen 85% 60% 67% 61% 66%Männer 15% 40% 33% 39% 34%

Alterunter 50 26% 8% 6% 29% 11%50 bis 59 37% 29% 34% 18% 31%60 bis 69 26% 46% 45% 53% 43%70 bis 79 7% 12% 12% - 10%80 und älter 37% 60% 4% - 4%

Gesundheitohne Beschwerden 37% 42% 36% 53% 39%mit Beschwerden 63% 56% 63% 47% 59%selbst pflegebedürftig - 3% 1% - 1%

Relation z. Bew.(Ehe-) Partner 18% 14% 10% - 12%Tochter / Sohn 61% 61% 70% 67% 65%Schwiegerkind - 2% 4% 6% 3%Schwester / Bruder 7% 6% 6% 6% 6%andere 14% 17% 11% 22% 14%

Eine weitere Charakterisierung der Angehörigen anhand dieser Rollenprofile ergibt, dass 85% der aktiv Pflegenden Frauen sind und nur 15% Männer, während unter den

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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weniger stark eingebundenen Angehörigen der Frauenanteil mit 64% niedriger und der Männeranteil mit 36% entsprechend höher liegt. Von der Altersstruktur her sind die entgegengesetzten Typen A und D mit einem Durchschnittsalter von 56 Jahren (hoher Anteil unter 60 Jahren, kaum dagegen über 70 Jahre) jünger als die Typen B und C mit 62 Jahren (hier weniger als 40% unter 60 Jahren, über 15% sind 70 Jahre oder älter). Gesundheitliche Beschwerden sind kein wesentlicher Hinderungsfaktor für ein pflegeri-sches Engagement, denn die aktiv Pflegenden sind überwiegend gesundheitlich einge-schränkt (63%), während die Distanzierten vergleichsweise am gesündesten sind (nur 47% mit Beschwerden). Von der verwandtschaftlichen Beziehung her entfällt auf die Kinder in allen vier Typen der größte Anteil, allerdings ist ihr Gewicht in Typ C mit 70% am höchsten, in Typ A und B machen sie 60% aus. Die Partner der Bewohnerinnen und Bewohner stellen unter allen Angehörigen 12% und haben unter den aktiv Pflegenden (Typ A) mit 18% das größte Gewicht. Ihr Anteil an Typ B liegt bei 14% und an Typ C bei 10%, in Typ D kommen sie gar nicht vor. Schwiegerkinder sowie Neffen und Nichten sind im distan-zierten Typ D relativ stärker vertreten als in den anderen Typen. Formen der Mitwirkung Um die Formen der Mitwirkung von Angehörigen im Detail erfassen zu können, enthielt der Fragebogen differenzierte Fragenblöcke mit vorgegebenen Kategorien. Dabei wur-de auch nach der Intensität der Mitwirkung unterschieden. Fasst man regelmäßige und sporadische („ab und zu“) Mitwirkung zusammen, so ergibt sich diese Reihenfolge: • Fast alle Angehörigen sind in der psychosozialen Betreuung aktiv, sie unterhalten

sich regelmäßig mit den Bewohnerinnen und Bewohnern und lesen ihnen vor. Die-se inhaltliche Mitwirkung wird sehr viel häufiger praktiziert als eine rein organisato-rische (bei Festen, Ausflügen, Veranstaltungen), bei der nur ein Drittel mitwirkt.

• 82% der Befragten konnten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über ihre Ange-

hörigen erzählen und so deren Kenntnis der Person verbessern helfen. Dieser Bei-trag wird aber in den meisten Fällen nur ab und zu geleistet, was daran liegen kann, dass der Bedarf an solchen Informationen nur punktuell besteht oder die Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter nicht immer hinreichend Zeit für ein solches Gespräch haben. Dies kann auch ein Grund dafür sein, dass weniger als die Hälfte der Ange-hörigen (darunter 20% regelmäßig, 26% ab und zu) die Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter in deren Sprechstunde aufsuchen.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Abbildung 19:

94%

82%

71%

64%

59%

45%

43%

33%

29%

16%

13%

Vorlesen, Unterhaltenaus dem Leben

d. Angeh. erzählenAngehörigentreffen

auch um andere Bewohner kümmern

Vermittlung von KontaktenMitarbeiter-Sprechstunden

nutzenHilfe bei Pflege

Organisation von Ausflug/ Veranstaltung

Beteiligung an Pflegeplanung

Heimbeirat

Teilnahme an Pflegevisiten

regelmäßigab und zu

Mitwirkung der Angehörigen an der Betreuung in Einrichtungen, N=228

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006

• Die meisten der hier befragten Angehörigen nehmen auch regelmäßig an Angehö-

rigentreffen teil (52%). Berücksichtigt man allerdings, dass nach der Infratest-Erhebung nur in 36% der Einrichtungen ein solches Angebot besteht, so zeigt sich, dass die Befragten in dieser Hinsicht eine Positivauswahl darstellen. Im Heimbeirat sind darüber hinaus 15% regelmäßig aktiv.

• Viele Angehörige beziehen bei ihrer Mitwirkung andere Bewohnerinnen und Be-

wohner mit ein. 64% kümmern sich auch um andere Bewohnerinnen und Bewoh-ner, und die meisten davon (59%) sind darum bemüht, gezielt Kontakte ihrer pfle-gebedürftigen Angehörigen mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern herzustel-len.

• Bei der Pflege im engeren Sinne wirken vergleichsweise wenige Angehörige mit.

„Ich bin bei der Pflege des Angehörigen zugegen und packe mit an“ ist für 33% der Befragten ab und zu, aber nur für 10% regelmäßig zutreffend (siehe auch Schnee-kloth; von Törne 2006: 80). An der Pflegeplanung sind mit 14% etwas mehr Ange-hörige regelmäßig beteiligt, weitere 16% ab und zu. Die Möglichkeit, an Pflegevisi-ten teilzunehmen, nehmen am wenigsten in Anspruch (5% regelmäßig und 9% ab und zu).

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Tabelle 8:

Beteiligung an Pflege und Betreuung

nein, wäre nein, kann/ Form der Mitwirkung regelmäßig ab und zu aber bereit möchte nicht Gesamt

% % % % Anzahl

vorlesen, sich unterhalten 77 17 2 5 212Angehörigentreffen 52 19 14 14 210aus dem Leben von Ang. erzählen 22 60 14 4 214andere Bewohner einbeziehen 21 43 5 30 197Mitarb.-Sprechstunden besuchen 19 26 29 25 195

Mitglied des Heimbeirats 15 1 19 66 194Beteilligung an Pflegeplanung 14 15 29 41 194Vermittlung von Kontakten 13 46 17 24 186Feste, Ausflüge, Veranstaltungen 11 22 24 44 200Hilfe bei Pflege 10 33 17 40 205Teilnahme an Pflegevisiten 5 8 37 49 189

Eine zentrale Fragestellung unserer Untersuchung ist, warum manche Angehörigen nicht mitwirken: Werden ihnen zu wenige Mitwirkungsmöglichkeiten eingeräumt, oder können bzw. möchten sie nicht mehr beitragen? Die Antwortmöglichkeiten auf diese Fragen waren so vorgegeben, dass sich diese Alternative auswerten lässt. Was die Pflege im engeren Sinne betrifft, so können oder möchten 40% weder bei der Pflege mithelfen noch an der Pflegeplanung beteiligt werden. Rd. 50% möchten nicht an einer Pflegevisite teilnehmen. Zu mehr Mitwirkung wären in der unmittelbaren Pflege 17% bereit, bei der Pflegeplanung 29% und bei Pflegevisiten 37%. Fast durchgängig zeigt sich dabei, dass von den Angehörigen, die nicht mitwirken, ein kleinerer Teil zu mehr Mitarbeit bereit wäre, während ein größerer Teil von ihnen dies nicht möchte oder sich dazu nicht in der Lage fühlt. Eine Ausnahme bilden nur die Sprechstunden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Diese würden 29% gerne wahr-nehmen, während nur 25% kein Interesse daran haben. In einzelnen Einrichtungen wurden diese Ergebnisse zur Diskussion gestellt und wie folgt kom-mentiert: • Die Pflegevisite wird nach Angaben eines Heimleiters etwa einmal pro Jahr und ansonsten

nur bei konkreter Veranlassung durchgeführt, dauert 60 Minuten und umfasst eine Überprü-fung von Pflegedokumentation, Medikation, Vorliegen einer richterlichen Verfügung etc.; dies sei für Angehörige wenig nachvollziehbar. In der Heimzeitung wurde das Konzept der Pflegevisite vorgestellt und auf die Möglichkeit der Beteiligung hingewiesen, es gab aber (anders als bei Hinweisen auf Feste und Veranstaltungen) keine Reaktion darauf. – Eine Angehörige assoziiert eine Teilnahme an der Pflegevisite mit einer Kontrollabsicht, sie wolle aber nicht den Eindruck des Misstrauens erwecken.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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• Was die Mitwirkung bei der Pflegeplanung betrifft, so sieht eine Mitarbeiterin die Angehöri-gen bei der Heimaufnahme ausführlich einbezogen, insbesondere bei der Biografieerstel-lung, womit deren „Mitteilungsbedürfnis“ wahrscheinlich erschöpft sei.

• Zu einer Beteiligung an der Pflege im engeren Sinne sieht sich eine Angehörige aus fachli-chen Gründen nicht in der Lage, eine andere sieht gerade darin die Entlastungsfunktion der Einrichtung.

Betrachtet man die einzelnen Tätigkeiten näher, die die Angehörigen beitragen, so ergibt sich folgendes Bild: • Fast alle Angehörigen sind in die Regelung der finanziellen Angelegenheiten ein-

bezogen (96%, darunter 91% regelmäßig). Kleinere Besorgungen leisten 84% der Angehörigen, darunter 58% regelmäßig.

Abbildung 20:

96%83%

61%49%

43%42%

40%32%

29%15%

12%1%

71%

finanzielle Angelegenheiten regelnBesorgungen machen

Wäsche waschen, Zimmer reinigenGedächtnis- / OrientierungstrainingGehübungen, Bewegungsübungen

Essen zubereiten/ anreichenKämmen oder Rasieren

An- und AusziehenToilettengang

Wundversorgung, EinreibungenWaschen, Duschen, Baden

Betreuung über Nachtandere Tätigkeiten

regelmäßigab und zu

Tätigkeiten mitwirkender Angehöriger,Selbstauskunft, N=230

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Unterstützung bei/ Übernahme von...

Bei allen weiteren Tätigkeiten, die im Fragebogen genannt wurden, erfolgt eine Mitwir-kung in deutlich geringerem Maße. • So helfen 62% dabei, die Wäsche in Ordnung zu halten und das Zimmer aufzu-

räumen, nur 25% tun dies aber regelmäßig.

• Hilfen bei Gedächtnis- und Orientierungstrainings leisten 49% der Angehörigen, darunter 17% regelmäßig.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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• Geh- und Bewegungsübungen (43% Mitwirkung, darunter 15% regelmäßig) sowie Hilfen beim Essen (42% Mitwirkung, darunter 11% regelmäßig) sind weitere Berei-che, in denen Angehörige in mittlerer Intensität mitwirken, während bei anderen pflegerischen Leistungen wie Hilfe beim Kämmen oder Rasieren, beim An- und Ausziehen oder beim Toilettengang nur jeweils weniger als 10% der Angehörigen regelmäßig mithelfen.

Eine Auswertung der pflegerischen Tätigkeiten (hier zusammengefasst: Hilfe bei der Pflege, Beteiligung an Planung und Visite, Hilfe bei Körperpflege) nach Rollentyp bes-tätigt zunächst einmal die Typisierung: Die meisten der aktiv Pflegenden (53% von Typ A) wirken bei der Pflege mit, davon die Hälfte regelmäßig. Auch bei den im Einzelnen genannten pflegerischen Tätigkeiten weisen die aktiv Pflegenden hohe Mitwirkungs-quoten auf, die weit über denen der anderen Angehörigen liegen. Im Unterschied zu diesen ist hier auch eine hohe Bereitschaft für eine weitere Mitwirkung festzustellen: 54% wären bereit, sich stärker an Pflegeplanung und Pflegevisiten zu beteiligen, zu-sammengefasst für alle pflegerischen Tätigkeiten gilt dies für 26%. Bei den anderen Angehörigen-Typen sind sowohl die tatsächliche Mitwirkung als auch die Bereitschaft zu weiterer Hilfe geringer ausgeprägt. Tabelle 9:

Mitwirkung nach AngehörigentypAngaben in Prozent (N = 233)

Aktiv Psychosozial Flankierende Distanzierte/Merkmal Pflegende Stabilisierende Helfer Delegierende GesamtBeteiligung an Pflegeregelmäßig 27 5 2 2 6 ab und zu 26 18 15 16 18 nein, wäre aber bereit 26 18 18 22 19 nein, kann/ möchte nicht 20 58 65 60 57

Hilfe, persönliche Dingeregelmäßig 61 44 38 32 42 ab und zu 30 32 31 34 32 nein, wäre aber bereit 5 7 13 11 9 nein, kann/ möchte nicht 5 17 19 23 17

Betreuung, Aktivierungregelmäßig 43 31 19 22 27 ab und zu 28 36 27 28 31 nein, wäre aber bereit 12 9 17 16 13 nein, kann/ möchte nicht 18 25 36 34 29

Interessenvertretungregelmäßig 35 33 26 24 30 ab und zu 18 11 19 14 15 nein, wäre aber bereit 19 24 19 16 21 nein, kann/ möchte nicht 28 32 37 46 35

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Bei den weiteren personenbezogenen Hilfen (hier zusammengefasst: Biografiearbeit, Besorgungen und finanzielle Angelegenheiten, Hilfe bei Essen und Zimmergestaltung) wirken auch die anderen Angehörigentypen stärker mit, allerdings auch hier erwar-tungsgemäß abgestuft von 61% regelmäßig (Typ A) bis 32% regelmäßig (Typ D). Die Mitwirkung des Typs B (psychosozial Stabilisierende) liegt in Bezug auf finanzielle An-gelegenheiten und Biografiearbeit auf gleich hohem Niveau wie bei den aktiv Pflegen-den, bei weiteren Tätigkeiten wie Besorgungen, Zimmergestaltung und Hilfe beim Es-sen aber bereits merklich niedriger. Beim Aktivitätenbündel der sozialen Betreuung (Vorlesen und Unterhalten, soziale Kontakte fördern, kognitive und somatische Übungen) bestätigt sich in der Regel die Varianz der Mitwirkungsintensität entsprechend der Typologie, 71% des Typs A und 67% des Typs B wirken in diesen Formen mit und knapp 50% der beiden anderen An-gehörigentypen. Eine Ausnahme bilden darunter die organisatorischen Hilfen, bei de-nen die aktiv Pflegenden relativ gering engagiert sind (meist weil sie dies nicht können oder möchten), hier sind die anderen Angehörigentypen aktiver. Bei der Interessenvertretung und Unterstützung (Mitwirkung im Heimbeirat, bei Ange-hörigentreffen und Inanspruchnahme von Sprechstunden) ist der Abstand zwischen den Typen geringer, die regelmäßige Mitwirkung bzw. Inanspruchnahme reicht von 24% (Typ D) bis 35% (Typ A). Die umgekehrte Rangfolge besteht hinsichtlich der ab-lehnenden Antwort, von 28% bei Typ A steigt die Distanz bis zu 46% bei Typ D. Motivation der Angehörigen Die Gründe, aus denen sich die Angehörigen in der Einrichtung engagieren, sind nicht ohne Weiteres zu ermitteln, da sich nicht jeder von ihnen über seine Motivlage bewusst ist. Zu der Frage, warum die Angehörigen sich in der Einrichtung engagieren, wurden unterschiedliche Motivbeschreibungen angeboten. Dabei wurde denjenigen, die ihre Motive weniger intensiv reflektiert hatten, die Antwortmöglichkeit angeboten, dass dies eine Selbstverständlichkeit sei. • Fast alle Befragten (97%) stimmten der Aussage zu, dass diese Mitwirkung für sie

„selbstverständlich“ sei. • An zweiter Stelle stehen sowohl Motive, die auf den Pflegebedürftigen gerichtet

sind (bessere Befindlichkeit 85%, weniger einsam 78%), als auch solche, die die Befragten selbst betreffen (moralische Verpflichtung und gutes Gefühl, jeweils 81% Zustimmung).

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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• An dritter Stelle folgen detailliertere Gründe, weshalb das Engagement gut für den Pflegebedürftigen ist: Die Versorgung wird dadurch verbessert (59%), die Bewoh-nerin bzw. der Bewohner ist dann aktiver (59%) und findet sich im Heim besser zu-recht (50%).

• Eine geringere Rolle spielen die Gründe, dass sich sonst niemand kümmert (39%),

dass es um die eigene Unterstützung und Anerkennung geht (35%), dass man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlasten möchte (30%) oder sich ganz allgemein engagieren und einbringen will (25%).

• Auf überwiegende Ablehnung stoßen schließlich die drei Motivbeschreibungen „ich

will selbst weniger einsam sein“ (13% Zustimmung vs. 77% Ablehnung), „habe nicht viel Anderes zu tun“ (6% Zustimmung vs. 85% Ablehnung) oder „man muss den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf die Finger schauen“ (6% Zustimmung vs. 69% Ablehnung).

Abbildung 21:

1%2%4%6%7%

16%24%

30%33%

27%28%

40%

77%69%

85%

97%85%

81%81%

78%

59%59%

49%39%

35%30%

25%

13%6%6%

ist selbstverständlichBew. geht es dann besser

gibt mir gutes Gefühlmoralische VerpflichtungBew. ist weniger einsam

Bew. ist dann aktivergute Versorgung sichern

Bew. findet sich besser zurechtsonst kümmert sich niemand

werde unterstützt u. anerkanntmöchte Mitarbeiter entlasten

will mich engagieren

bin selbst weniger einsamMitarbeiter kontrollieren

habe nichts anderes zu tun

trifft nicht zu trifft zu

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006Motive für die Mitwirkung bei der Pflege und Betreuung,

Selbstauskunft, N=230

fehlend an 100 %: "teils-teils"

Aussagen

Bei den Motiven, die für die meisten Angehörigen zutreffen, gibt es kaum Unterschiede nach Rollentyp. Bei den selbstbezogenen (gutes Gefühl) und bewohnerbezogenen Motiven (gute Versorgung) ist die Zustimmung bei den Typen A und B stärker ausge-prägt als bei C und D. Bei dem Motiv, sich engagieren und einbringen zu wollen, ist die

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Zustimmung entlang der Typologie abgestuft, sie reicht von 46% bei den aktiv Pflegen-den über 30% (Typ B) und 17% (Typ C) bis zu nur noch 8% bei den Distanzierten. Belastungen und Grenzen Als besonders belastend empfinden die Angehörigen vor allem drei Dinge: dass sie selbst (37%) und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (31%) zu wenig Zeit haben sowie die Situation demenziell erkrankter Menschen (36%). Weiterhin ist es für einen Teil der Angehörigen belastend, Leiden und Sterben mitzuerleben (24% Zustimmung gegen-über 34% „trifft nicht zu“) und mit den eigenen Kräften am Ende zu sein (22% Zustim-mung gegenüber 41% „trifft nicht zu“). Als definitiv nicht belastend wird eine unzurei-chende Anerkennung seitens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter empfunden, dies sieht fast niemand als Belastung. Abbildung 22:

36%

37%

31%

24%

22%

2%

36%

33%

40%

42%

36%

8%

28%

30%

29%

34%

41%

90%

Situation Demenzkranker

habe zu wenig Zeit

überlastetes Personal

Leiden u. Sterben miterleben

bin mit Kräften am Ende

zu geringe Anerkennung

trifft zu teils / teils trifft nicht zu

Belastungen für Angehörige bei der Mitwirkung in Einrichtungen, N=198

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006

In einer vertieften Analyse wurde überprüft, wie die Wahrnehmung von Belastungen mit der persönlichen Lebenssituation der Angehörigen zusammenhängt. Dabei zeigt sich, dass die Belastung durch die Situation demenziell Erkrankter mit zunehmendem Alter steigt; von den Angehörigen unter 60 Jahren finden dies rd. 30% belastend, von den über 70-Jährigen rd. 45%.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Tabelle 10:

Belastung bei der Arbeit im HeimAngaben in Prozent (N = 198, Mehrfachnennung)

habe zu Situation De- überlastetes Leiden, Ster- bin am Ende AnerkennungMerkmal wenig Zeit menzkranker Personal ben miterleben meiner Kräfte zu geringGeschlechtweiblich 38 35 22 22 24 2männlich 35 39 10 26 17 4Alterunter 50 49 24 3 25 36 -50 bis 59 47 33 11 23 18 360 bis 69 32 40 14 23 21 370 bis 79 22 49 2 30 22 -80 und älter - 19 2 - 40 -Gesundheitohne Beschwerden 35 42 12 26 13 2mit Beschwerden 38 33 19 23 27 3selbst pflegebedürftig 80 - 1 - 79 -

Gesamt 37 36 31 24 22 2

Männer empfinden dies etwas stärker belastend als Frauen. Bezüglich des Belastungs-faktors, selbst zu wenig Zeit zu haben, ist dies umgekehrt: Auf 48% der Angehörigen unter 60 Jahren trifft dies zu, aber auf weniger als 30% der über 60-Jährigen. Frauen finden den Zeitmangel eher belastend als Männer. Auch das Gefühl, mit den eigenen Kräften am Ende zu sein, äußern Frauen (zu 24%) eher als Männer (zu 17%). Hier kommt insbesondere der eigene Gesundheitszustand ins Spiel: Unter den Angehörigen mit gesundheitlichen Beschwerden wird dies von doppelt so vielen (27%) als belastend empfunden wie von denen ohne gesundheitliche Beeinträchtigung (13%). Die Überlastung des Personals beklagen allerdings alle An-gehörigen gleichermaßen, hier gibt es keine Unterschiede nach Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand. Unterstützung seitens der Einrichtung Die Untersuchung zeigt auch die Stellen auf, an denen Angehörige seitens der Einrich-tungen unterstützt werden bzw. wo eine weitere Unterstützung erforderlich wäre. Der im Rahmen von MuG IV durchgeführten Repräsentativbefragung zufolge bietet sich das Bild, dass 62% aller Einrichtungen in Deutschland regelmäßige Angehörigenaben-de durchführen und 46% spezielle Beratungsangebote. In 36% der Einrichtungen ha-ben Angehörige Selbsthilfegruppen gebildet, und in 34% werden den Angehörigen Zimmer zur Übernachtung angeboten (Schneekloth; von Törne 2006: 41). Die Einrich-tungen, in denen das ISG seine Befragungen durchgeführt hat, bilden in dieser Hin-sicht eine Positivauswahl.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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80% der Befragten, die sich zu den Unterstützungsformen äußern (dies sind insgesamt 153 Befragte) berichten, dass es eine regelmäßige Anleitung und Beratung der Ange-hörigen in ihrer Einrichtung gebe. Davon Gebrauch gemacht haben nur 29%. Diese geringe Nutzung kann auf ein geringes Erfordernis oder geringes Interesse der Ange-hörigen zurückzuführen sein oder darauf, dass dieses Angebot seitens der Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter nicht hinreichend offen unterbreitet wird. Im Rahmen der offenen Antwortmöglichkeiten wurde als ein Grund genannt, dass die Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter häufig wegen hohem Zeitdruck nicht gut ansprechbar seien, es wurde aber auch deutlich, dass diejenigen Angehörigen, die vor der Heimübersiedlung des Pflege-bedürftigen bereits längere Zeit pflegerisch tätig waren, keinen hohen Anleitungs- und Beratungsbedarf haben. In vertiefenden Gesprächen interpretierten einige Angehörige die zurückhaltende Nutzung von Angeboten so, dass sie auch Zeit für sich selbst benö-tigten. Abbildung 23:

80%

42%

37%

48%

29%

22%

16%

14%

regelmäßige Anleitungund Beratung

Fortbildungskurse

Selbsthilfegruppe

Übernachtungs-möglichkeiten

gibt esschon genutzt

Unterstützung Angehöriger durch die Einrichtungaus Sicht der Angehörigen, N=153

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Unterstützung durch...

42% der Befragten berichten über Fortbildungskurse bzw. Anleitungskurse für Angehö-rige. Die Hälfte von ihnen hat diese Kurse auch in Anspruch genommen. Ein fast glei-ches Bild bietet sich im Hinblick auf Angebot und Nutzung von Selbsthilfegruppen. Häufiger sind Übernachtungsmöglichkeiten in der Einrichtung vorhanden (fast die Hälf-te der Befragten berichten dies), die aber nur in geringem Maße genutzt werden (von 14% der Befragten). Dies hängt damit zusammen, dass bei zwei Drittel der Befragten

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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die Einrichtung in ihrem Wohnort liegt und eine Übernachtung im Heim daher nicht nö-tig ist. Die Typologie der Angehörigen bringt hinsichtlich der Nutzung dieser Angebote keine weiter führenden Erkenntnisse; Angehörige des Typs B (psychosozial Stabilisierende) und C (flankierend Unterstützende) nehmen etwas häufiger als andere eine regelmäßi-ge Anleitung und Beratung in Anspruch und beteiligen sich auch etwas stärker in Selbsthilfegruppen, aber diese Unterschiede sind nur gering ausgeprägt. Da das Angebot für Angehörige auch von der Art der Einrichtung abhängen kann, wur-de diese Frage im Hinblick auf Größe und Träger der Einrichtung untersucht. Tabelle 11:

Unterstützungsformen für Angehörigenach Art der Einrichtung (Anteil "gibt es" in %)

Anleitung Kurse zur Selbsthilfe- MöglichkeitEinrichtung u. Beratung Fortbildung gruppen Übernachtg.

bis 100 Plätze 78 33 33 40über 100 Plätze 81 47 39 54

öffentlich 83 50 28 33gemeinnützig 77 42 39 51

privat 95 35 30 45

• Demnach gibt es in größeren Einrichtungen alle Angebote häufiger als in kleineren

Einrichtungen, wobei dieser Unterschied bei der regelmäßigen Anleitung und Bera-tung kaum ins Gewicht fällt, dagegen aber bei den Angeboten an Fortbildungskur-sen und an Übernachtungsmöglichkeiten deutlich ausgeprägt ist.

• Befragte aus gemeinnützigen Einrichtungen, die drei Viertel aller Einrichtungen

ausmachen, können eher als andere über Angebote für Selbsthilfegruppen und zur Übernachtung berichten, aber weniger als andere über regelmäßige Anleitung und Beratung. Hier liegen – den Befragten zufolge – Angebotsschwerpunkte der priva-ten und der öffentlichen Einrichtungen. Die öffentlichen Einrichtungen haben ihren zweiten Schwerpunkt bei Fortbildungskursen, die privaten Einrichtungen bei Über-nachtungsmöglichkeiten.

Diese Analyse zeigt also, dass Angehörige in größeren Einrichtungen mit etwas mehr Unterstützung rechnen können als in kleineren Einrichtungen. Die Unterschiede nach Trägerschaft weisen dagegen keine eindeutige Tendenz auf, hier wurden unterschied-

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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liche Schwerpunkte festgestellt. Dass die Einrichtungen solche Unterstützungsformen anbieten, ist wichtig – auch wenn nicht alle Angehörigen davon Gebrauch machen. 3.5 Verhältnis der Angehörigen zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern In der Fachliteratur wird immer wieder das Konfliktpotenzial im Verhältnis zwischen Angehörigen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern thematisiert (z.B. Litwak 1977; Kühnert 1991). Bereits die MuG II-Untersuchung hatte ergeben, dass die Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter von eher positiven Erfahrungen berichten. Dieses Ergebnis wird hier auch aus der Perspektive der Angehörigen grundsätzlich bestätigt. Nahezu alle Befragten fühlen sich in der Einrichtung willkommen, kaum einer fühlt sich als „Stören-fried“. Sie können sich jederzeit mit Fragen und Problemen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wenden, sie fühlen sich von diesen gut unterstützt und wissen ihre Angehö-rigen in guten Händen (für 80-90% zutreffend). Die Informationslage über den zu Pfle-genden sowie über das Geschehen im Heim beurteilen zwei Drittel als gut, ein Drittel etwas zurückhaltender mit „teils/teils“. Abbildung 24:

0%

1%

0%

1%

1%

4%

13%

28%

31%

88%

89%

86%

82%

79%

67%

59%

51%

35%

21%

5%

fühle mich willkommen

Mitarbeiter immer ansprechbar

Bewohner/in in guten Händen

man hört mir zu, unterstützt mich

gut informiert über Bew.

gut informiert über Heim

werde durch Mitarbeiter unterstützt

Mitarb. beziehen mich in Versorgung ein

kann Mitarbeiter wirksam entlasten

fühle mich als Störenfried

trifft nicht zu trifft zu

fehlend an 100%: "teils/teils"

Verhältnis von Angehörigen zu Mitarbeiter/innen bzw. der Einrichtung aus Sicht der Angehörigen, N=233

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006

Aussagen

Etwas skeptischer beurteilen die Angehörigen nur ihre direkte Einbeziehung in die pflegerische Arbeit: Ausgewogen wird die Aussage beurteilt, seitens der Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter in die Versorgung und Pflege einbezogen zu werden (für 35% zu-

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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treffend, für 37% teils/ teils und für 28% nicht zutreffend). Noch zurückhaltender wird der Entlastungseffekt der eigenen Mitwirkung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeschätzt, hier antworten nur noch 21% mit „zutreffend“, aber 31% mit „trifft nicht zu“ und fast die Hälfte mit „teils/teils“. Dies zeigt aber, dass es in der Regel nicht um atmosphärische Störungen zwischen Angehörigen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geht: Deren Entgegenkommen wird von den Angehörigen hoch geachtet. Eine gewisse Skepsis besteht am ehesten hin-sichtlich der eigenen Wirksamkeit der Angehörigen, wenn es um die Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht. Allerdings bestehen diesbezüglich Unterschiede zwischen den Angehörigentypen: Von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut einbe-zogen fühlen sich 54% der aktiv Pflegenden (Typ A), 37% der psychosozial Stabilisie-renden (Typ B) und 26% der nur flankierend Unterstützenden (Typ C). In gleicher Ten-denz meinen 54% des Typs A gegenüber 21% des Typs B und 10% des Typs C, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirksam entlasten zu können. Das insgesamt sehr positive Verhältnis zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kann in einem nächsten Schritt nach einzelnen Mitarbeitergruppen differenziert betrachtet werden. Abbildung 25:

86%

80%

88%

70%

60%

8%

10%

11%

6%

11%

5%

7%

23%

28%

Heimleitung

Pflegedienstleitung

Pflegepersonal

Sozialdienst

Hauswirtschaftl. Personal

gut teils, teils weniger gut kein Kontakt

Verhältnis zu unterschiedlichen Akteuren im Heim aus Sicht der Angehörigen, N=233

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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In der MuG II-Untersuchung hatte eine Unterscheidung zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Pflegedienstes und denen des Sozialdienstes ergeben, dass das Ver-hältnis zu den letzteren besser beurteilt wurde. Diese Differenzierung wurde nun noch weiter geführt. Eine Präferenz des Sozialdienstes gegenüber dem Pflegedienst wird nun aber nicht bestätigt, vielmehr haben die Angehörigen zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Pflegedienstes am meisten Kontakt und kommen mit diesen auch am besten zu-recht. Das Verhältnis zu Heimleitung und Pflegedienstleitung ist ebenfalls sehr gut, nur sind die Kontakte nicht ganz so häufig. Deutlich geringer ist der Kontakt zu den Mitar-beiterinnen und Mitarbeitern des Sozialdienstes und der Hauswirtschaft, hier nimmt ein Viertel der Befragten keine Beurteilung vor, weil sie keinen Kontakt haben. Das Ver-hältnis der Angehörigen zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat sich während des Aufenthalts der zu Pflegenden im Heim kaum geändert, und wenn doch, dann in positi-ver Richtung. Für fast 80% der Angehörigen ist es von Beginn an gleich bleibend posi-tiv gewesen, für 16% hat es sich im Zeitverlauf verbessert. Nur jeweils 3% sagen, dass sich dieses Verhältnis verschlechtert habe bzw. gleich schlecht geblieben sei. Dabei haben sich bestimmte Bezugspersonen herauskristallisiert, zu denen das Ver-hältnis besonders gut ist. Zwei Drittel der Angehörigen haben ein besonderes Vertrau-ensverhältnis zu einer bestimmten Mitarbeiterin oder einem bestimmten Mitarbeiter. Abbildung 26:

67%

55%

29%

65%

56%

33%

68%

54%

27%

besonderes Vertrauensverhältnis

feste Bezugspersonfür Heimbewohner

fest zugeordnetePflegekraft

gesamtkleine Heimegroße Heime

Feste Ansprechpartner für Angehörige, N=218

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Gut die Hälfte der Befragten berichten, dass es für Angehörige eine feste Bezugsper-son im Heim gebe. Den pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohnern ist aber nur in rd. 30% der Fälle eine Pflegemitarbeiterin oder ein Mitarbeiter fest zugeordnet, ü-berwiegend (zu 71%) ist dies nicht der Fall. Aus kleineren Heimen (bis zu 100 Plätzen) wird dies häufiger berichtet als aus größeren Heimen (mit mehr als 100 Plätzen). Konflikte zwischen Angehörigen und Mitarbeitern Die Mehrzahl der Angehörigen (61%) hat bisher noch keinen Konflikt mit Mitarbeiterin-nen und Mitarbeitern der Einrichtung gehabt, und wenn Konflikte auftraten, so werden sie überwiegend als „harmlos“ bezeichnet (30%), nur 9% der Angehörigen berichten auch von ernsthaften Konflikten. Abbildung 27:

42%35%

19%19%

16%15%

11%5%4%3%

18%

Qualität der PflegeVerhalten von Mitarbeitern

Qualität der soz. BetreuungQualität des Essens

Verhalten anderer BewohnerQual. hausw. Versorgung

Qualität des ZimmersZimmerbelegung

finanzielle FragenMitwirkungsmöglichkeiten

anderer Konflikt

Häufigkeit und Schwere von

Konflikten

61%

30%

9%

Konfliktanlass

Konflikte zwischen Angehörigen und Mitarbeiter/innen aus Sicht der Angehörigen, N=233

ISG 2007

ISG-Angehörigenbefragung 2006

kein Konflikt

harmlos

ernst-haft

Wenn Konflikte aufgetreten sind, so ging es meist um die Qualität der Pflege (42% de-rer, die über Konflikte berichten) oder um das Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter (35%). An zweiter Stelle stehen Konflikte wegen der Qualität der sozialen Betreuung oder der Qualität des Essens (jeweils 19%) sowie wegen der hauswirt-schaftlichen Versorgung (15%) oder des Verhaltens anderer Bewohnerinnen und Be-wohner (16%). Nur in geringem Maße geben die Zimmerbelegung, finanzielle Fragen oder Mitwirkungsmöglichkeiten der Angehörigen Anlass zu Konflikten. Die in der Kate-

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gorie „anderer Konflikt“ genannten Anlässe geben meist in anderen Worten das wieder, was in den vorgegebenen Kategorien bereits angesprochen worden war. Bemerkenswert ist, dass Angehörige, die sich intensiver in der Pflege engagieren, über häufigere und zugleich gravierendere Konflikte berichten als die übrigen. So hatten 18% der aktiv Pflegenden (Typ A) und 13% der psychosozial Stabilisierenden (Typ B) schon einmal einen ernsthaften Konflikt mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber nur 5% der flankierend Helfenden (Typ C) und keiner unter den Distanzierten (Typ D). Umgekehrt hatten 78% des Typs D und 68% des Typs C noch keinen Konflikt gegen-über 52% des Typs B und 46% des Typs A. Die Rangfolge der Konfliktanlässe bei den aktiv Pflegenden, die am häufigsten einen Konflikt hatten, ist die gleiche wie im Ge-samtbild. Zu den einzelnen Bereichen, in denen es zu Konflikten gekommen ist, wurde auch nachgefragt, was jeweils der konkrete Anlass war. Die entsprechenden Antworten sind meist Einzelnennungen, die quantitativ nicht so sehr ins Gewicht fallen; zur Illustration seien sie aber dennoch im Folgenden genannt, um einen Eindruck von der Vielfalt der dahinter stehenden Probleme zu gewinnen. Beispiele für Konfliktanlässe aus Sicht der Angehörigen (N = 90) Häufigkeit Qualität der Pflege

• zu wenig Toilettengänge, nasse Einlagen 5 • Baden oder Duschen / ohne Aufsicht bei der Körperpflege 3 • Dekubitus / zu lange Liegezeiten 3 • zu wenig Zeit 2 • menschenunwürdig, gedankenlos 1 • zu wenig Personal 1 • schlechte Koordination 1 • Unzuverlässigkeit, Unwissenheit des Pflegepersonals 1 • Bewohner werden gemaßregelt 1 • zu wenig Intimpflege 1 • Abstimmung mit Hausarzt und Krankengymnastik 1 • Verteilung der Medikamente 1

Persönliches Verhalten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

• unfreundlich, arrogant, grob 7 • hat mich warten lassen/ hat Absprachen nicht eingehalten 2 • schlechte Koordination 1 • Unzuverlässigkeit, Unwissenheit des Pflegepersonals 1 • Bewohner werden gemaßregelt 1 • Mitarbeiter geben unaufgefordert Ratschläge 1 • Probleme mit Azubis 1

Qualität des Essens

• wenig Essen, nicht altersgerecht, eintönig 8 • Kaffee war morgens lauwarm 1

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Qualität des Zimmers

• Zimmer unsauber 4 • Bett nicht frisch bezogen 1 • nicht reparierte Defekte im Zimmer 1

Qualität der sozialen Betreuung

• zu wenig Angebote für Demenzkranke 2 • mehr Gespräche mit den Bewohnern 2 • unfreundlich, arrogant, grob 1 • zu wenig Zeit 1 • fehlende Informationen zum Tagesablauf 1 • Oberflächlichkeit 1

Verhalten anderer Bewohnerinnen und Bewohner

• verwirrte Mitbewohner kommen ins Zimmer (nachts) 6 • Schimpftiraden anderer Bewohner 1 • Aggressivität und Boshaftigkeit 1

Qualität der hauswirtschaftlichen Versorgung

• Wäsche nicht sauber 4 • Zimmer unsauber 3 • Wäsche verschwunden 2 • zu wenig Zeit 1 Was meinen nun die Angehörigen, auf welche Weise derartige Konflikte bearbeitet oder von vornherein vermieden werden könnten? Diese Frage hat beide Seiten im Blick, und so wurden die Angehörigen einerseits gefragt, in welcher Hinsicht sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ändern sollten, und andererseits, an welchen Punkten sie selbst ihr Verhalten ändern könnten. • Was sollten Hauptamtliche im Umgang mit Angehörigen ändern? (nach Mei-

nung der Angehörigen)

Auf die Frage, was hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umgang mit den Angehörigen ändern sollten, gibt es viele positive Äußerungen wie: „Es gibt eine gute Zusammenarbeit“, „nichts ändern – es herrscht eine freundliche Atmosphäre“, „alle sind sehr gut ausgebildet, sehr freundlich und prompt“ oder „wir fühlen uns hier sehr wohl“. Als problematisch wurde jedoch mehrfach der Mangel an (persönlichen) Gesprächen und Informationen hervorgehoben. Die Angehörigen wünschen sich, zum einen über ihre pflegebedürftigen Angehörigen und zum anderen über Angebote der Einrichtung besser informiert zu werden. Es sollte ihrer Meinung nach „mehr Gespräche“ mit ihnen (auch seitens der Einrichtungsleitung) geben und sie sollten an mehr Gesprächen über ihre Angehörigen teilnehmen dürfen. Probleme sollten offen angesprochen werden.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Vereinzelt werden mehr Informationen zu bestimmten Themen wie „Pflegemaßnahmen und aktuelle Gesetzgebung“ oder „Fortbildungskurse für Angehörige“ gewünscht. Darüber hinaus wird mehr Kooperation und Mitarbeit mit den Angehörigen vorgeschla-gen. Man sollte die „Angehörigen ansprechen“ und „noch mehr einbeziehen“, denn sie seien schließlich diejenigen, die sich mit dem/ der Heimbewohner/in und deren/ dessen Vorgeschichte am besten auskennen. „Es geht nur um das Wohl der Bewohner in ers-ter Linie, Mitarbeiter und Angehörige können als Team viel dazu beitragen und vom Wissen und Können voneinander im positiven Sinn lernen.“ Ferner sollte auch oder gerade auf seltene Besucherinnen und Besucher zugegangen werden, um sie zu moti-vieren. Ob dies in jedem Fall gewünscht ist, bleibt jedoch fraglich. Als größtes Übel wird von vielen befragten Angehörigen eine schlechte finanzielle und damit personelle Ausstattung der Einrichtungen angesehen. Dies führe in der Konse-quenz dazu, dass zu wenig Zeit für Gespräche (mit den Angehörigen) und die Pflege der Bewohnerinnen und Bewohner zur Verfügung stehe. „Es müssen unbedingt mehr Stellen im Pflegebereich geschaffen werden, damit die Mitarbeiterinnen mehr Zeit für die Bewohner haben, und nicht nach den ‚3 S: satt, sauber, still’ pflegen müssen.“ Viele von denjenigen, die dies bemängeln, glauben nicht, dass es an der „Bereitschaft“ oder der Motivation des Pflegepersonals mangelt, sondern dass einfach die Zeit für vieles fehlt. Auch der „zwischenmenschliche Kontakt zu bettlägerigen Bewohnern“, „Basteln, Malen“ und „Zeit im Freien“ kämen deshalb zu kurz. Teils wurden auch Besorgnis erre-gendere Problemlagen angesprochen: „Wenn die Bewohner läuten, dauert es oft eine halbe Stunde, bis jemand kommt. In der Zwischenzeit hat der Bewohner meistens schon in die Hose gemacht.“ Einige Antworten beziehen sich nicht unmittelbar auf das Verhältnis der Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter zu den Angehörigen, sondern auf deren Umgang mit den Bewoh-nerinnen und Bewohner. So wurde „mehr Beschäftigung“ mit und „mehr Interesse“ an den Bewohnern und ihren Lebensgeschichten verlangt. Den älteren Leuten (und vor allen Demenzkranken) sollte mit mehr „Einfühlungsvermögen“ und Respekt begegnet werden, um ihnen ein „menschenwürdiges“ Leben zu ermöglichen. Eine Person schreibt: „Weniger Verwaltung und Dokumentation, dafür persönliche Zuwendung, Mo-bilisierung, Sozialisierung.“ Dies betrifft sicher auch das Verhältnis zu den Angehöri-gen. Vereinzelt wurde außerdem über das Rauchen geklagt: „Bitte Rauchverbot auf den Etagen erteilen. Es ist für die Alten und Kranken heute eine Zumutung!“ Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Angehörigen bestehende Spannungen deutlich benennen, dabei aber auch die Lage der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Blick haben. Wege zur Problemlösung dürfen sich daher nicht allein auf die Beziehung zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Angehörigen beschränken, sondern

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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müssen verbesserte Arbeitsbedingungen des Personals und mehr Zeit für wechselsei-tige Kommunikation umfassen. • Was sollten Angehörige im Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

ändern? (nach Meinung der Angehörigen)

Auf ihre eigenen Möglichkeiten zur Verbesserung der Kommunikation angesprochen, meinen die Angehörigen, dass eine „direktere Kommunikation“ auch von ihrer Seite notwendig sei. Man sollte „aufeinander zugehen und miteinander sprechen“, wie schon bei den Verbesserungsvorschlägen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter formuliert wurde. Die Angehörigen sollten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern „Veränderungen am Bewohner“, die sie bemerken, mitteilen und außerdem mehr Fragen an das Perso-nal stellen und Interesse zeigen. Eng damit verknüpft ist die Forderung nach einer intensiveren Zusammenarbeit zum Wohle der Bewohnerinnen und Bewohner. Die Angehörigen sollten sich als Unterstüt-zer „der pflegerischen und körperlich schweren Arbeit“ verstehen. Eine Voraussetzung dafür ist das Verständnis für die Situation in der Einrichtung und die Möglichkeiten und Grenzen des Personals. Einige meinen, dass es „zu hohe Ansprüche an das Personal“ gebe. Mit „Einfühlungsvermögen“ sollte die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter adäquat gewürdigt werden. Ein/e Befragte/r meint, man sollte „Verständnis haben, dass alle nur zwei Hände haben und diese oft durch zuviel gute (und manchmal auch nicht) Vorschriften gebunden sind.“ Die „große zeitliche Belastung“ müsse immer be-rücksichtigt werden. Deshalb sollte man auch „nicht nur Forderungen stellen“. Von wenigen wurde auch angesprochen, dass manche Angehörigen forsch und for-dernd auftreten, auch für diese gelte – wie für das Personal – die Forderung, freundli-cher zu sein, „auch wenn es schwer fällt“. Fazit Aus diesen Äußerungen wird einerseits deutlich, weshalb die Konflikte zwischen Mitar-beiterinnen und Mitarbeitern und Angehörigen aus deren Sicht als meist nicht gravie-rend bewertet wurden: Die Angehörigen sehen, dass die professionelle pflegerische Arbeit körperlich und psychisch anstrengend ist und unter hohem Zeitdruck steht. Ein-deutiges Fehlverhalten wird demgegenüber eher als Ausnahme gesehen. Dies bedeu-tet aber andererseits, dass eine reibungslose Einbindung der Angehörigen an die Vor-aussetzung gebunden ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Zeit für die Kommunikation mit Angehörigen, Geduld und Einfühlungsvermögen aufbringen müs-sen, um deren Mitwirkungspotenziale aktivieren zu können.

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4 Die Mitwirkung von Freiwilligen Freiwillige in Pflegeeinrichtungen leisten eine vielfältige flankierende Unterstützung schwerpunktmäßig im Bereich sozialer Begleitung und kultureller Angebote. Sie tragen zur Verbesserung der Lebensqualität in den Einrichtungen bei, sind aber als Besuche-rinnen und Besucher von außerhalb der Einrichtung weniger in das Beziehungsgeflecht zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Bewohnerinnen und Bewohnern ein-gebunden als die Angehörigen. Dass die ehrenamtlich Engagierten zu den pflegebe-dürftigen Bewohnerinnen und Bewohnern eine geringere Bindung haben als die Ange-hörigen, ermöglicht ihnen einerseits, ihr Mitwirken unbeschwert von persönlichen Pflichtgefühlen oder biografischen Belastungen zu gestalten, bedeutet andererseits aber auch, dass wegen der geringeren Nähe die persönlich-intimen Bereiche der Mit-wirkung, wie z.B. der Bereich der somatischen Pflege, meist nicht in Frage kommen, und auch Vermögensverwaltung bzw. rechtliche Betreuung werden eher von Angehö-rigen als von Freiwilligen übernommen. Allerdings können fehlende Angehörigenkontakte von Heimbewohnerinnen und -bewohnern durch ehrenamtliche Besuchsdienste teilweise kompensiert werden (vgl. Oppikofer et al. 2002): Regelmäßige (wöchentliche) Besuche durch ehrenamtliche Be-treuer erhalten nach der MuG II-Untersuchung 10% der Bewohnerinnen und Bewohner mit Angehörigen, aber 16% der Bewohnerinnen und Bewohner ohne Angehörige (Kremer-Preiß; Engels; Urlaub 2000: 63). Dieser Befund darf aber nicht dazu verleiten, Freiwillige in substituierender Funktion für Angehörige oder professionelle Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter einzuplanen; ehrenamtliches Engagement bleibt wesentlich eine freiwillige und zusätzliche Mitwirkung, die jederzeit aufgekündigt werden kann, da sie weder durch familiale Bindungen noch durch arbeitsvertragliche Regelungen verpflich-tet ist. An der Befragung des ISG im Jahr 2006 haben sich 223 Freiwillige aus 50 Einrichtun-gen beteiligt, darunter 40% aus kleinen und mittleren Einrichtungen (bis zu 100 Plät-zen) und 60% aus größeren Einrichtungen (mit über 100 Plätzen). Gut 80% arbeiten in Einrichtungen eines gemeinnützigen Trägers mit, 10% in einer Einrichtung mit privatem Träger und 9% in einer Einrichtung mit öffentlichem Träger. 4.1 Die Vielfalt ehrenamtlicher Mitwirkung Rd. 60% der ehrenamtlich Engagierten wirken bei Gruppenangeboten mit, 46% leisten (zum Teil zusätzlich) persönliche Einzelbetreuung. Beide Formen konzentrieren sich, wie erwähnt, auf den sozio-kulturellen Bereich, während die Mitarbeit im organisato-risch-technischen Bereich eine marginale Rolle spielt. Allenfalls der Bereich Hauswirt-

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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schaft/ Bewirtung, worunter auch die Durchführung einer „Kaffeerunde“ fällt, tritt mit 11% etwas deutlicher hervor, während nur wenige in der Verwaltung (3%) oder in technischen Bereichen (1%) mitarbeiten. Eine inhaltlich spezifische Mitwirkung liegt bei denen vor, die in der Hospizarbeit bzw. Sterbebegleitung (10%) oder in der Interessenvertretung im Heim (9%) mitwirken. Mit 5% gibt ein nur sehr geringer Teil der Freiwilligen an, auch in der Pflege im engeren Sinne mitzuarbeiten. Abbildung 28:

58%

46%

10%

9%

5%

11%

3%

1%

Gruppenangebote

Einzelbetreuung

Hospiz / Sterbebegleitung

Heimmitwirkung

Pflege

Hauswirtschaft / Bewirtung

Verwaltung / Administration

Handwerk / Technik

ISG-Ehrenamtlerbefragung 2006Bereiche ehrenamtlicher Tätigkeit in Einrichtungen, N=208

ISG 2007 Die konkreten Formen, in denen Freiwillige im Einzelnen mitwirken, wurden in der ISG-Befragung 2006 nicht standardisiert, sondern mit einem offenen Frageinstrument ermit-telt. Darauf antworteten 199 Freiwillige und nannten insgesamt 530 Aktivitäten. Die folgende Übersicht vermittelt einen Eindruck von diesen vielfältigen Aktivitäten, die hier zu sechs Bündeln zusammengefasst wurden. Demnach konzentriert sich ehrenamtliche Arbeit in Heimen überwiegend auf persönli-che Besuche mit Angeboten wie Gesprächen und Vorlesen, gemeinsamen kulturellen Aktivitäten sowie Spielen, Übungen und Gymnastik. Auf dieses Bündel entfallen 46% der Aktivitäten. Spaziergänge und die Mitwirkung bei Ausflügen (18% der Aktivitäten) gehören mit zu dieser Form der Begleitung, hierbei handelt es sich um Außenaktivitä-ten.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

65

Abbildung 29:

17%

17%

8%

4%

13%

5%

8%

3%

4%

1%

2%

4%

2%

0%

2%

7%

1%

1%

2%

soziale Begleitung

Besuchsdienst/ Gespräche

Vorlesen/ Singen/ Basteln

Spiele/ Gedächtnisübungen

Gymnastik/ Tanz

Außenaktivitäten

Spaziergänge

Ausflüge

Kultur u. Infrastruktur

Cafeteria, Bücherei, Kiosk

Seelsorge, Gottesdienst

Feste, Geburtstage

Heimzeitung, -radio, -fernsehen

Versorgung u. Pflege

Kochen, hausw. Versorgung

Hilfe beim Essen

Pflege und Hilfestellung

Massage, Körperpflege

Sterbebegleitung

technische Unterstützung

Besorgungen, Bankgeschäfte

Fahrdienste, Arztbesuche

Heimangelegenheiten

Heimbeirat

Telefondienst, Verwaltung

ISG 2007

ISG-Freiwilligenbefragung 2006

Aktivitäten der Freiwilligenbei der Pflege und Betreuung, N=199

530 Aktivitäten

Übergreifende infrastrukturelle und kulturelle Angebote machen 16% der Aktivitäten aus. Dazu wurden Angebote wie Cafeteria bzw. „Erzählcafé“, Bücherei, Kiosk oder ein regelmäßiger „Markttag“ zusammengefasst, weiterhin seelsorgerische Angebote, die Organisation von Festen und die Arbeit mit Medien (wie Heimzeitung, Heimradio oder -fernsehen). 10% der Aktivitäten liegen im Bereich von Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung. Dabei ließe sich „gemeinsames Kochen“ ebenso gut dem ersten Bereich der sozialen Betreuung zuordnen, der Übungsaspekt wird hier mit dem der Versorgung verbunden. Hauptsächlich leisten Freiwillige aber in diesem Bereich eine Hilfestellung

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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beim Essen. Pflegerische Hilfen und Sterbehilfe machen jeweils 2% dieser Aktivitäten aus. In den Bereich der technischen Unterstützung fallen 8% der Aktivitäten, dazu zäh-len Besorgungen und die Erledigung von Bankgeschäften ebenso wie Fahrdienste und Begleitung bei Arztbesuchen. Schließlich wurden unter dem Stichwort „Heimmitwir-kung“ (3%) die Interessenvertretung der Bewohnerinnen und Bewohner im Heimbeirat oder als Heimfürsprecher mit Hilfeleistungen im Heim wie Telefondienst, Rezeption und verschiedenen Hilfen in der Verwaltung zusammengefasst. Hinsichtlich des Bereichs der Mitwirkung gibt es kaum Unterschiede nach dem Ge-schlecht der Freiwilligen mit Ausnahme eines höheren Frauenanteils bei sozialer Be-gleitung und höherer Männeranteile bei technischer Unterstützung und Heimmitwir-kung. Zwei Drittel der Freiwilligen kommen wöchentlich in die Einrichtung, nur ein kleiner Teil geht täglich dort ein und aus (6%). Ein knappes Viertel ist weniger als wöchentlich dort aktiv (24% „ein- bis mehrmals im Monat“), einige wenige (3%) seltener als monatlich. Abbildung 30:

täglich6%

wöchentlich68%

monatlich23%

seltener3%

Wie häufig sind die Freiwilligen in der Einrichtung aktiv? Selbstauskunft, N=220

ISG 2007

ISG-Freiwilligenbefragung 2006

Unabhängig von der Häufigkeit der Besuche dauert ein Aufenthalt im Durchschnitt knapp drei Stunden. Die Hälfte der Freiwilligen hält sich bis zu zwei Stunden im Heim auf, weitere 40% bis zu vier Stunden und jede/r Zehnte länger als vier Stunden.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Die Schwerpunktsetzung auf die sechs Aktivitätsbündel ist unabhängig davon, wie lan-ge jemand ehrenamtlich engagiert ist. Unterschiede gibt es aber hinsichtlich der zeitli-chen Intensität dieser Aktivitäten: Die Mitwirkung in Form von sozialer Begleitung liegt mit knapp drei Stunden im Durchschnitt, die Außenaktivitäten etwas darunter. Eine Mitwirkung in Form von Infrastruktur- und Kulturangeboten, Versorgung und Pflege sowie Fahrdienste/ technische Unterstützung nehmen im Durchschnitt zwischen drei und vier Stunden in Anspruch. Die zeitintensivste Form der Mitarbeit liegt dann vor, wenn (meist zusätzlich zu anderen Betreuungsformen) die Heimangelegenheiten mit-gestaltet werden; Freiwillige, die unter anderem in der Heimmitwirkung aktiv sind, blei-ben bei ihren Besuchen durchschnittlich 5 Stunden im Heim. Tabelle 12:

Wie lange dauert Ihr Aufenthalt in der Einrichtung im Durchschnitt?

Aktivitätsbündel Dauer (in Stunden)

soziale Begleitung (N = 243) 2,8Außenaktivitäten (N = 94) 2,6Angebote Kultur/ Infrastruktur (N = 84) 3,4Versorgung / Pflege (N = 53) 3,3techn. Unterstützung (N = 43) 3,7Heimmitwirkung (N = 14) 4,8

4.2 Persönlichkeitsprofile der Engagierten Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden sich in allen Altersgruppen: Die jüngste Freiwillige in der ISG-Stichprobe ist erst 13 Jahre alt, spielt Akkordeon und kommt regelmäßig ins Heim, um mit den Bewohnerinnen und Bewohnern zu singen. Die älteste ehrenamtliche Mitarbeiterin ist 92 Jahre alt und kommt ein- bis mehrmals pro Woche in die Einrichtung, um einzelnen Bewohnerinnen und Bewohnern beim Es-sen zu helfen. Die größte Gruppe machen jedoch Frauen zwischen 60 und 79 Jahren aus (rd. 60% der Freiwilligen). Nur 13,5% der Ehrenamtlichen in Heimen sind Männer gegenüber 86,5% Frauen. Dies wirkt sich unter anderem auch darin aus, dass es zu wenige Freizeitangebote für männliche Heimbewohner gibt. Im Freiwilligensurvey 2004 wurden deutlich andere Relationen ermittelt, dort lagen in der Bevölkerung über 65 Jahren die Engagementquoten der Männer bei 33% und der Frauen bei 21% (Gensicke; Picot; Geiss 2005), dies entspricht einer Relation von 53% älteren Männern zu 47% älteren Frauen. Das hier untersuchte Engagement in Einrich-tungen ist in dieser Hinsicht also untypisch für bürgerschaftliches Engagement älterer Menschen insgesamt.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

68

Abbildung 31:

2%

1%

5%

4%

1%

7%

17%

36%

24%

2%

unter 50 Jahre

50 bis 59 Jahre

60 bis 69 Jahre

70 bis 79 Jahre

80 und älter

Männer Frauen

Alter und Geschlecht der Freiwilligen, N=222

ISG 2007

ISG-Freiwilligenbefragung 2006

Alter

Von ihrer (ggf. früheren) beruflichen Stellung her sind oder waren die meisten Freiwilli-gen Angestellte (60%), 19% waren Beamte oder Selbstständige und die restlichen 21% Arbeiter/innen oder haben keinen Berufsabschluss. Gesundheitlich geht es ihnen über-wiegend gut, 59% haben keine gesundheitlichen Beschwerden gegenüber 41% mit gesundheitlichen Beschwerden, aber keiner der Befragten ist selbst pflegebedürftig. Dabei spielt natürlich das Alter eine Rolle: Freiwillige mit Gesundheitsbeschwerden sind im Durchschnitt älter (65 Jahre) als diejenigen ohne solche Beschwerden (61,5 Jahre). Dies wirkt sich aber nicht auf Umfang und Intensität des Engagements aus: Weder bei der Häufigkeit der Besuche im Heim noch bei der durchschnittlichen Dauer dieser Aufenthalte gibt es gesundheitlich bedingte Unterschiede. Viele der hier befragten Freiwilligen sind bereits seit mehreren Jahren in dieser Weise aktiv, dabei weist die Dauer des bisherigen Engagements eine große Bandbreite auf: Ein Viertel der Freiwilligen ist seit bis zu einem Jahr tätig, weitere 22% seit einem bis drei Jahren. Etwa ebenso viele sind seit vier bis sechs Jahren engagiert (insgesamt also 70% seit bis zu sechs Jahren). Die restlichen 30% sind teilweise schon sehr lange als Freiwillige tätig, davon die Hälfte seit bis zu 10 Jahren, die andere Hälfte zwischen 10 und 30 Jahren. Daraus lässt sich schließen, dass viele der hier befragten Freiwilli-gen eine enge persönliche Verbindung zu Bewohnerinnen und Bewohnern bzw. der Einrichtung aufgebaut haben.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

69

4.3 Motivation und Belastung Einige unter den Freiwilligen haben den Zugang zur Einrichtung ursprünglich als Ange-hörige von Bewohnerinnen und Bewohnern gefunden und sind nach dem Tod ihres angehörigen Bewohners weiterhin dem Heim, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern verbunden geblieben. Dieser be-sondere Zugangsweg zum freiwilligen Engagement trifft aber nur auf einen relativ klei-nen Teil zu (10%). Die anderen nennen recht unterschiedliche Zugangswege. 42% der Befragten haben die Hilfe „aus eigenem Antrieb“ ohne einen weiteren Anlass angebo-ten. Abbildung 32:

aus eigenem Antrieb 42%

durch Pfarrer / Kirche 16%Angehöriger wohnt(e) h 10%

Aufruf/ Werbung 10%

Freunde wohn(t)en hier 4%Medienberichte 2%

Freiwilligenagentur 1%

sonst. Zugang 14%

Freiwilligenagentur 1%

hier 10%

Zugang zum Engagement in Pflegeheimen, N=219

ISG 2007

ISG-Freiwilligenbefragung 2006

Recht häufig waren auch Pfarrer/ Pfarrerin bzw. die Kirchengemeinde Auslöser des Engagements (17%), oder die Einrichtung selbst hat die Freiwilligen geworben (10%). Eine vergleichsweise geringe Rolle spielen dagegen Medienberichte und Freiwilligen-agenturen. Die unter „Sonstiges“ genannten Zugangswege (14%) lassen sich zusam-menfassen in berufsnahe (Zugang über Praktikum, ABM-Stelle, frühere berufliche Tä-tigkeit), familiäre (Mutter/ Sohn/ Freundin arbeitet dort) und organisationsnahe (durch Verein/ Organisation/ Musikgruppe). Mit einer Reihe von Formulierungshilfen wurde versucht, Motivbündel für das Engage-ment in der Einrichtung zu ermitteln. Unter den Motiven, die für dieses Engagement am wichtigsten sind, finden sich sowohl bewohnerorientierte (den Bewohnerinnen und Be-

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

70

wohnern Gutes tun, etwas gegen deren Einsamkeit unternehmen) als auch selbstorien-tierte Motive (möchte etwas Sinnvolles tun und Kontakt zu anderen Menschen haben). In dem Motiv „ich freue mich über die Dankbarkeit der Bewohnerinnen und Bewohner“ kommen beide Aspekte zum Ausdruck. Diese Motivbündel werden von den Befragten hoch eingestuft, zwischen 60% und 95% halten sie für „wichtig“. Motive, die eher am Heim und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern orientiert sind, erhalten eine mittlere Zustimmung zwischen 40% und 60%. Dazu gehören Formulie-rungen wie „ich will mich im Heim engagieren und einbringen“ sowie „zu einer besse-ren Versorgung beitragen“, in denen die Motive von zwei Dritteln der Freiwilligen zum Ausdruck kommen, und weiterhin die auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezogenen Gründe, diese „entlasten“ zu wollen und von diesen „positive Rückmeldungen“ zu er-halten. Abbildung 33:

0%8%

22%23%19%

26%36%

26%39%

71%82%82%

95%83%

64%64%62%

57%47%

39%39%

22%11%11%

Bewohnern Gutes tunetwas Sinnvolles tun

Dankbarkeit der Bew.Einsamkeit der Bew.Kontakt zu anderen

im Heim mitarbeitenVersorgung verbessern

Lob von HauptamtlichenHauptamtliche entlasten

früher Angehörige im Heimeigene EinsamkeitKosteneinsparung

nicht wichtig wichtig

fehlend an 100%: "teils/teils"

Motive für das freiwillige Engagement, N=190

ISG 2007

ISG-Freiwilligenbefragung 2006

Motive

Eine vergleichsweise geringe Bedeutung haben demgegenüber die eigene Einsamkeit und das Motiv, zur Kosteneinsparung beitragen zu wollen. Ebenfalls von nur geringer Wichtigkeit ist das Motiv, früher Angehörige in der Einrichtung betreut zu haben, da dies nur für eine Teilgruppe zutrifft (s.o.). Als besonders belastend empfinden die Freiwilligen die Situation demenziell erkrankter Menschen (49%) und dass sie selbst zu wenig Zeit haben (41%). An dritter Stelle folgt

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

71

das Problem, dass ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter häufig überlastet er-scheinen (36%). Durch das Miterleben von Leiden und Sterben fühlen sich etwa eben-so viele belastet (19%) wie nicht belastet (23%). Als eher unzutreffend bezeichnen es die Freiwilligen, dass die Begrenztheit der eigenen Kräfte eine Belastung sei (5% zu-treffend, 50% unzutreffend) oder dass ihre Arbeit seitens der Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter zu wenig anerkannt werde (4% zutreffend, 56% unzutreffend). Abbildung 34:

20%

25%

16%

23%

50%

56%

49%

41%

36%

19%

5%

4%

Situation Demenzkranker

zu wenig Zeit haben

überlastetes Personal

Leiden, Sterben erleben

mit den Kräften am Ende

zu geringe Anerkennung

trifft nicht zu trifft zu

ISG-Freiwilligenbefragung 2006Was belastet die Freiwilligen im Rahmen ihres Engagements? N=162

ISG 2007

Belastung durch...

fehlend an 100%: "teils/teils" Die Rangfolge dieser Belastungseinschätzung ist bei den Freiwilligen die gleiche wie bei den Angehörigen (s.o. Abschnitt 3.4). Auffällig ist aber, dass für Angehörige die Begrenztheit der eigenen Kräfte ein größeres Problem darstellt als für die Freiwilligen, die im Falle eigener Überlastung ja ihre Mitwirkung reduzieren könnten, ohne Schuld-gefühle gegenüber Verwandten haben zu müssen. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass Angehörige die Klage über unzureichende Anerkennung entschiedener zurückweisen als Freiwillige.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

72

4.4 Einbindung in die Versorgung Wie die Angehörigen, so fühlen sich auch die Freiwilligen fast ausnahmslos in der Ein-richtung willkommen, kaum einer sieht sich hier als „Störenfried“. Die Freiwilligen füh-len sich weit überwiegend unterstützt und gefördert, die Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter sind jederzeit ansprechbar und erkennen ihr Engagement an. In einer derart positi-ven Atmosphäre fühlen sich die meisten dem Haus zugehörig und können auch ande-ren empfehlen, sich in ähnlicher Weise zu engagieren. Abbildung 35:

0%

0%

3%

3%

2%

4%

13%

19%

60%

84%

91%

91%

78%

77%

72%

71%

45%

30%

12%

1%

fühle mich willkommen

kann Engagement weiterempfehlen

mein Engagement wird anerkannt

Mitarbeiter jederzeit ansprechbar

werde unterstützt und gefördert

fühle mich dem Haus zugehörig

werde gut über Heim informiert

kann Mitarb. wirksam entlasten

werde in Versorgung einbezogen

fühle mich als Störenfried

trifft nicht zu trifft zu

Verhältnis zu Mitarbeiter/innen und zur Einrichtungaus Sicht der Freiwilligen, N=222

ISG 2007

ISG-Freiwilligenbefragung 2006

Aussagen

fehlend an 100%: "teils/teils" Eine leichte Einschränkung wird darin sichtbar, dass ein Teil der Befragten gerne bes-ser über das Heimgeschehen informiert würde – aber immerhin 45% fühlen sich gut informiert, nur 13% nicht gut. Skeptisch wird die Möglichkeit bewertet, professionelle Pflege durch ehrenamtliche Mitwirkung zu unterstützen. Nach der Infratest-Repräsentativbefragung schätzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass bei 14% der Bewohnerinnen und Bewohner auch Freiwillige „ab und zu“ in die Versorgung einbezogen sind, aber nur bei 2% sei dies „regelmäßig“ der Fall. Etwas häufiger werden sie in die soziale Betreuung einbe-zogen, bei 19% der Bewohnerinnen und Bewohner „ab und zu“ und bei 3% „regelmä-ßig“ (Schneekloth; von Törne 2006: 80).

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

73

Von den Freiwilligen, die sich an der ISG-Befragung beteiligten, sehen sich 30% als wirksame Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 51% sehen eine solche Wir-kung nur teilweise und 19% gar nicht. Dabei bezieht sich die Entlastungswirkung auf die soziale Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner; fragt man nämlich, inwieweit die Freiwilligen in die unmittelbare Versorgung und Pflege einbezogen werden, so ant-worten nur noch 12% positiv, während sich 60% nicht einbezogen fühlen (28% fühlen sich teilweise einbezogen). Beides, die wirksame Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Einbe-ziehung in Versorgung und Pflege, stellen sich für die verschiedenen Typen von Frei-willigen, wie sie oben anhand ihrer Tätigkeiten gruppiert wurden, sehr unterschiedlich dar, wie die folgende Grafik zeigt. Abbildung 36:

30%

24%

22%

21%

51%

42%

55%

12%

13%

10%

3%

39%

7%

insgesamt

soziale Begleitung

Außenaktivitäten

Angebote Kultur/ Infrastruktur

Versorgung / Pflege

techn. Unterstützung

Heimmitwirkung

Einbeziehung Entlastung

Angabe "trifft zu"

Grad der Einbeziehung in die Versorgung nach Tätigkeitsschwerpunkt, N=131

ISG 2007

ISG-Freiwilligenbefragung 2006

In die Versorgung und Pflege fühlen sich vor allem diejenigen eingebunden, die mit Hilfe beim Essen, Unterstützung bei pflegerischen Tätigkeiten und hauswirtschaftlicher Versorgung entsprechende Tätigkeiten angegeben haben. Dies gilt in gleichem Maße für die Freiwilligen, die sich im Bereich der Heimmitwirkung engagieren, und in etwas geringerem Maße auch für die, die technische Unterstützung in Form von Besorgun-gen, Fahrdiensten und Begleitung bei Arztbesuchen leisten. Andere, die sich in der sozialen Begleitung, in Außenaktivitäten oder mit spezifischen Angeboten engagieren, sehen sich in deutlich geringerem Maße in Versorgung und Pflege eingebunden, ihre Aktivitäten haben eher flankierenden Charakter.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

74

Auch bei der noch enger gefassten Frage, ob sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirksam entlasten können, variieren die Einschätzungen entlang der Tätigkeitsfelder. Als wirksame Entlastung sehen sich vor allem diejenigen, die im Bereich von Essens-hilfe, hauswirtschaftlicher Versorgung und Pflegehilfen tätig sind, hier ist der Anteil mit positiver Einschätzung mehr als drei Mal so hoch wie im Durchschnitt. Eine gewisse Entlastungswirkung, aber in deutlich geringerem Maße, ist mit Aktivitäten der sozialen Begleitung (Gespräche, Spiele, kulturelle Aktivitäten etc.) und mit Außenaktivitäten (Spaziergänge, Ausflüge) verbunden, während sich die in anderen Feldern Engagier-ten eher nicht als Entlastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstehen. Verhältnis der Freiwilligen zu anderen Akteuren im Heim Das Verhältnis der Freiwilligen ist zu allen Akteursgruppen im Heim überwiegend posi-tiv, am besten ist es zum Sozialdienst. Nur 8% der Befragten haben keinen Kontakt zu dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und fast alle anderen bewerten ihren Kontakt auch als gut. Abbildung 37:

76%

56%

68%

83%

65%

15%

13%

7%

7%

14%

9%

30%

24%

8%

18%

Heimleitung

Pflegedienstleitung

Pflegepersonal

Sozialdienst

HauswirtschaftlichesPersonal

gut teils, teils weniger gut kein Kontakt

Verhältnis zu unterschiedlichen Akteuren in der Einrichtung aus Sicht der Freiwilligen, N=197

ISG 2007

ISG-Freiwilligenbefragung 2006

Akteure

Im Vergleich mit den entsprechenden Antworten der Angehörigen werden Unterschie-de in den Kooperationsbeziehungen klar erkennbar. Für die Angehörigen waren Pfle-gedienstleitung und vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pflegedienstes die wichtigsten Ansprechpartner. Die Kooperation mit diesen wurde sehr positiv bewer-

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

75

tet. Diese beiden Gruppen haben aber für die Arbeit der Freiwilligen eine vergleichs-weise geringe Bedeutung, ein Viertel von ihnen hat keinen nennenswerten Kontakt zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Pflege, ein Drittel keinen Kontakt zur Pfle-gedienstleitung. Nur gut die Hälfte der Freiwilligen hat zu dieser einen guten Kontakt, das ist der niedrigste Wert bei dieser Frage. Zur Heimleitung haben drei Viertel der Freiwilligen einen guten Kontakt, das sind 10 Prozentpunkte weniger als bei den Ange-hörigen. Zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem hauswirtschaftlichen Be-reich haben die Freiwilligen etwas mehr Kontakt als die Angehörigen, sodass sich als Kontaktprofil herauskristallisiert: Die Freiwilligen stehen schwerpunktmäßig mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialdienstes in (gutem) Kontakt, weiterhin mit der Heimleitung sowie in etwa gleichem Maße mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bereiche Pflege und Hauswirtschaft. Die Angehörigen haben dagegen ihren Kon-taktschwerpunkt eindeutig beim Pflegepersonal, bei der Pflegedienstleitung und der Heimleitung, während die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Sozialdienst und Haus-wirtschaft für ihre Mitwirkung von sekundärer Bedeutung sind. Das Verhältnis der Freiwilligen zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat sich im Zeitverlauf ihres Engagements nur wenig geändert. Für 69% von ihnen ist es von Be-ginn an gleich bleibend positiv gewesen (von den Angehörigen sagten dies 80%), für 22% hat es sich im Zeitverlauf verbessert (Angehörige: 16%). 6% sagen, dass sich dieses Verhältnis verschlechtert habe und 3%, dass es gleich schlecht geblieben sei. Wie bei den Angehörigen sind es also auch hier nur Einzelfälle, in denen ein belastetes Verhältnis sichtbar wird; ein leichter Unterschied besteht darin, dass mehr Angehörige über ein gutes Verhältnis von Beginn an berichten, während sich dies bei Freiwilligen eher noch nach einer gewissen Zeit einstellt. Nach Einschätzung der Freiwilligen stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihrer Mitwirkung insgesamt positiv gegenüber (zu 88%), darunter meinen 27% sogar „sehr positiv“. Den Grund für diese Wertschätzung sehen sie vor allem darin, dass die Frei-willigen für die Bewohnerinnen und Bewohner Freude und Abwechslung bedeuten, dass sie die Betreuung (insbesondere für Demenzkranke) erleichtern und damit auch zur Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beitragen können. Nur wenige mei-nen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit ambivalent (12%) und fast keiner, dass sie diese negativ sehen (nur einmal genannt). Solche eher zurückhalten-den Einschätzungen werden damit begründet, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter nicht immer genügend Zeit hätten, auf die Freiwilligen einzugehen.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

76

Abbildung 38:

sehr positiv27%

positiv61%

teils, teils12%

negativ1%

Wertschätzung seitens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiteraus Sicht der Freiwilligen, N=130

ISG 2007

ISG-Freiwilligenbefragung 2006

Ernsthafte Konflikte sind zwischen den Freiwilligen und den Mitarbeiterinnen und Mit-arbeitern der Einrichtung aber selten. 70% der Befragten hatten noch keinen Konflikt. Von den übrigen berichten 25% über harmlose Konflikte und nur 5% über einen ernst-haften Konflikt. Dies gilt unabhängig vom Tätigkeitsschwerpunkt für alle Freiwilligen. Dieses Ergebnis macht deutlich, dass das Verhältnis zwischen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weniger konfliktträchtig ist als das der Angehörigen zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, denn von diesen hatten knapp 40% über Konflikte berichtet, darunter 9% über einen ernsthaften Konflikt (s.o.). Wenn es zum Konflikt gekommen ist, steht das persönliche Verhalten von Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern als Konfliktanlass an erster Stelle. Erst mit einem gewissen Abstand folgen die Qualität der Pflege (23%) und die Mitwirkungsmöglichkeiten der Freiwilligen. Aspekte der Versorgungsqualität werden mit Bezug auf das Essen und die soziale Betreuung von 12-13% der Freiwilligen mit Konflikterfahrung genannt, mit Be-zug auf Hauswirtschaft und Qualität des Zimmers aber kaum (5%). Das Verhalten an-derer Bewohnerinnen und Bewohner spielt bei 10% der Konflikte eine Rolle, finanzielle Fragen bei 8%.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

77

Abbildung 39:

55%

23%

22%

13%

12%

10%

8%

5%

5%

13%

Verhalten von Mitarbeitern

Qualität der Pflege

Mitwirkungsmöglichkeiten

Qualität des Essens

Qualität der soz. Betreuung

Verhalten anderer Bewohner

finanzielle Fragen

Qualität hausw. Versorgung

Qualität des Zimmers

anderer Konflikt

70%

25%

5%

Häufigkeit und Anlass von Konflikten mit Mitarbeiter/innen aus Sicht der Freiwilligen, N=208

ISG 2007

ISG-Freiwilligenbefragung 2006

kein Konflikt

harmlos

ernst-haft

Häufigkeit und Schwere von

Konflikten Konfliktanlass

Für persönliches Verhalten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Konfliktanlass nannten 22 Freiwillige Beispiele. Auch wenn dies in der Regel Einzelerfahrungen sind, werden sie im Folgenden aufgelistet: • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden als „unfreundlich“, „häufig gereizt“ und

„teilweise lieblos“ empfunden

• mangelnde Rücksichtnahme auf die Freiwilligen (unzureichende Unterstützung, fehlende Akzeptanz der Person oder des Angebots, Zumutbarkeit von Ekelgefüh-len, unzureichende Information über Bewohnerinnen und Bewohner)

• mangelndes Eingehen auf die Bewohnerinnen und Bewohner (spezifische Hilfebe-darfe, geäußerte Wünsche, Verhinderung von Hilferufen der Bewohnerinnen und Bewohner).

Unterstützung durch die Einrichtung Die Mitwirkung von Freiwilligen ist nicht voraussetzungslos; während einerseits die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vertraglich gebunden sind und monetär vergütet wer-den und andererseits die Angehörigen in ihrer persönlichen Bindung ein starkes Motiv zur Mitarbeit haben, lebt die Gewinnung und kontinuierliche Motivierung von Freiwilli-gen in starkem Maße von der Anerkennung ihrer Leistungen. Weitere Voraussetzun-

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

78

gen für eine gute Einbindung von Freiwilligen bilden Anleitung, fachliche Begleitung und Hilfe in Krisensituationen, wobei dies auch für die Einbeziehung von Angehörigen gilt. Beide Aspekte, die Anerkennung ebenso wie die begleitende Unterstützung der Freiwilligen, wurden in der Befragung des ISG angesprochen. In den meisten Einrichtungen erfahren die freiwillig Engagierten eine symbolische An-erkennung in der Form, dass sie zu Veranstaltungen, Festen oder Ausflügen der Ein-richtungen eingeladen werden (78%). Darüber hinaus gibt es auch Feiern speziell für die Freiwilligen, wie z.B. zum Tag des ehrenamtlichen Engagements. Allerdings berich-ten nur noch 44% der hier befragten Freiwilligen, dass es solche Feiern in ihrer Einrich-tung gebe. Abbildung 40:

78%

44%

39%

11%

2%

18%

15%

5%

Einladung zu Festen / Ausflügen

gesonderte Feiern für FreiwilligeGeschenke (Geburtstag,

Weihnachten)Ehrungen (Urkunden etc.)

Geldzuwendungen

andere Anerkennung

Fahrtkostenerstattung

Erstattung von Aufwendungen

symbolische Anerkennung

Kostenerstattung

Anerkennung des freiwilligen Engagements durch die Einrichtung nach Auskunft der Freiwilligen, N=222

ISG 2007

ISG-Freiwilligenbefragung 2006

Neben Formen der kollektiven Würdigung wird auch von individuellen Gratifikationen berichtet, und zwar meist in Form eines Geschenks zu Weihnachten oder zum Ge-burtstag (39%), in seltenen Fällen auch durch Ehrungen/ Urkunden/ „Ehrencard“ (11%) oder Geldzuwendungen (2%). Über die im Fragebogen aufgeführten Formen hinaus wurden von 18% der Befragten weiterhin genannt: • Artikel in Heimzeitschriften • monatliche Gesprächsrunde aller Freiwilligen • Mittagessen / Frühstück / Kaffee und Kuchen umsonst

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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• Geburtstagsgratulation • Gutscheine • Lob und dankende Worte, von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ebenso wie

von der Heimleitung. Von diesen Anerkennungsformen, die meist immateriell und vor allem symbolischer Natur sind, lassen sich Formen der Kostenerstattung unterscheiden. Wenn diese ge-währt werden, kommt auch darin eine Anerkennung der Arbeit von Freiwilligen zum Ausdruck, aber im Vordergrund steht hier der Gedanke, dass das Engagement nicht noch mit zusätzlichen finanziellen Belastungen verbunden sein soll. Diese Formen werden allerdings relativ selten praktiziert: Für 15% der Freiwilligen gibt es eine Fahrt-kostenerstattung (darunter: 9% nur gegen Beleg, 6% pauschal). Weitere Aufwendun-gen, die seitens der Freiwilligen getätigt werden, werden in der Regel nicht erstattet, nur 5% der Befragten geben diesbezüglich eine positive Rückmeldung.

In den vertiefenden Gesprächen in den Einrichtungen wurde dieser Befund ambivalent aufgenommen: Gut gestellte Freiwillige betrachten es als unter ihrer Würde, wenn ihr Engagement mit monetären Angeboten in Verbindung gebracht wird. Andere, die nur über geringe Renteneinkünfte verfügen, würden ein solches Angebot gerne annehmen, scheuen sich aber, dies von sich aus anzusprechen. Hier sind die Heimleitungen gefor-dert, ein solches Angebot klar und mit Aufforderungscharakter zu unterbreiten, um den-jenigen, die engagementbereit, aber einkommensarm sind, eine Mitwirkung zu ermögli-chen, die nicht zu weiteren Belastungen führt.

In größeren Einrichtungen (mit über 100 Plätzen) ist die Anerkennung von freiwillig Engagierten weiter entwickelt als in kleineren Einrichtungen (mit bis zu 100 Plätzen). Dieser Unterschied lässt sich bei fast allen genannten Formen beobachten: So berich-ten • über gesonderte Feste für Freiwillige 47% der Befragten aus größeren Einrichtun-

gen gegenüber 39% aus kleineren Einrichtungen,

• über Geschenke 44% der Befragten aus größeren gegenüber 32% aus kleineren Einrichtungen,

• von anderen Ehrungen 14% der Befragten aus größeren gegenüber 7% aus kleine-ren Einrichtungen,

und auch die beiden Formen der Kostenerstattung sind in größeren Einrichtungen eher üblich als in kleineren. Nur Einladungen zu Festen und Ausflügen, die seitens der Ein-richtung organisiert werden, gibt es in kleineren Einrichtungen vergleichsweise häufiger als in den großen. Auf die offene Frage nach Formen der Anerkennung, die Freiwillige sich wünschen, wurden mehr Anerkennung und Dank seitens der Heimleitung genannt, weiterhin der Wunsch, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern persönlich vorgestellt zu werden sowie

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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stärkere Beachtung durch die Medien (z.B. Zeitungsartikel, um neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu gewinnen, Anerkennung durch Bürgermeisterin bzw. Bürgermeister etc., Vorstellung freiwilliger Arbeit). Als weitere Form der Anerkennung wird eine „schriftliche Bestätigung über Art und Umfang der Leistungen“ angeregt. Sehr wichtig ist für die Freiwilligen, dass sie fachlich begleitet werden und sich mit ih-ren Fragen ebenso wie bei auftretenden Schwierigkeiten vertrauensvoll an Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter der Einrichtung wenden können. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, dass sie in der Einrichtung eine feste Ansprechpartnerin bzw. einen festen Ansprechpartner haben (55%), davon hat aber nur jede/r Zweite von diesem Angebot Gebrauch gemacht. Etwa ebenso häufig (53%) steht ihnen eine feste Gruppe Freiwilliger zur Verfügung, die sich regelmäßig trifft, ein Drittel der Befragten ist Mitglied einer solchen Gruppe. Fortbildungskurse für Freiwillige werden in den Einrichtungen häufiger angeboten (bei 40% der Befragten vorhanden, von 28% genutzt) als eine aus-führliche Anleitung bzw. ein Vorbereitungskurs vor Beginn der Tätigkeit (gibt es bei 25%, genutzt von 17%).31 Abbildung 41:

55%

53%

40%

25%

19%

3%

27%

31%

28%

17%

8%

1%

feste Ansprechpartner

feste Freiwilligen-Gruppe

Fortbildungskurse

Anleitung / Vorbereitungskurs

regelmäßige Beratung

sonstige Unterstützung

gibt esschon genutzt

Unterstützung durch die Einrichtung nach Auskunft der Freiwilligen, N=222

ISG 2007

ISG-Freiwilligenbefragung 2006

Unterstützung durch...

31 Nach der Infratest-Repräsentativbefragung gibt es die Angebote von Ehrenamtlichen-

Gruppen (in 54% aller Einrichtungen) und Qualifizierungskursen (38% aller Einrichtun-gen) bundesweit ebenso häufig wie in den von uns kontaktierten Heimen, während die Verfügbarkeit eines festen Ansprechpartners dort mit rd. 80% höher ausfiel (Schneekloth; von Törne 2006: 45). An dieser Stelle werden unterschiedliche Verständnisse der Heim-leitungen (Infratest-Repräsentativbefragung) und der Freiwilligen selbst (ISG-Befragung) erkennbar, was unter einem „festen Ansprechpartner“ zu verstehen ist.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

81

In größeren Einrichtungen werden relativ häufiger Fortbildungskurse (46% in größeren gegenüber 31% in kleineren Einrichtungen) und ausführliche Anleitung von Freiwilligen angeboten (30% in größeren gegenüber 18% in kleineren Einrichtungen). Die anderen Formen der Unterstützung (feste Ansprechpartner/innen, regelmäßige Gruppentreffen, Beratung) werden in kleinen und großen Einrichtungen gleichermaßen angeboten. Alle Angebote werden von Freiwilligen, die in größeren Einrichtungen mitarbeiten, in stärke-rem Maße genutzt als von denen in kleineren Einrichtungen (vgl. Tabelle 13). Tabelle 13:

Nutzung von UnterstützungsformenAnteile je Kategorie in %

Ansprech- feste Fortbildungs- Anleitung / regelmäßigeKategorie partner Gruppe kurse Vorbereitung Beratung

insgesamt 27 31 28 17 8darunternach Aktivitätsbündelsoziale Begleitung 34 37 33 19 9Außenaktivitäten 32 34 26 18 7Angebote Kultur/ Infrastr. 29 36 25 17 6Versorgung / Pflege 21 30 40 25 13techn. Unterstützung 14 33 28 19 14Heimmitwirkung 29 21 21 14 7

nach Größebis zu 100 Plätze 21 27 22 12 6über 100 Plätze 30 33 32 20 10

Die Unterstützung seitens der Einrichtung hat allerdings nicht für alle Freiwilligen den gleichen Stellenwert. • Feste Ansprechpartner/innen unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind vor

allem für diejenigen wichtig, die bei sozialer Begleitung (34%) und Außenaktivitäten (32%) mitwirken.

• Auch an einer festen Gruppe von Freiwilligen nehmen diese (37% bzw. 34%) sowie die Anbieter von Kultur- und Infrastrukturleistungen (36%) überdurchschnittlich teil.

• Fortbildungskurse werden am stärksten von den Freiwilligen genutzt, die im Be-reich von Versorgung und Pflege tätig sind; 40% von diesen nehmen ein solches Angebot in Anspruch (gegenüber 28% im Durchschnitt).

• Auch an einer ausführlichen Anleitung und Vorbereitung ist dieser Engagementtyp (mit 25%) stärker als andere interessiert.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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• Eine regelmäßige Beratung nehmen ebenfalls die in Pflege und Versorgung Täti-gen in Anspruch (13%), aber auch die Freiwilligen, die technische Unterstützung leisten (14%).

Die Freiwilligen selbst nennen vielfältige Aspekte, zu denen sie sich mehr Informatio-nen oder Fortbildungen wünschen. Bezogen auf die Bewohnerinnen und Bewohner sind dies vor allem Fragen zum Verlauf von und zum geeigneten Umgang mit Demenz, aber auch generell eine Information über neue Bewohnerinnen und Bewohner, was sie können und welchen Hilfebedarf sie haben. Manche möchten die spezifischen Proble-me älterer Menschen in Einrichtungen wie „Verlustängste, Aufgabe lieb gewordener Gewohnheiten, enges Zusammenleben mit anderen (fremden) Menschen auf engstem Raum, Vorbereitung auf die Sterbephase“ besser kennen lernen. Von der Heimleitung werden regelmäßige Info-Briefe zum Geschehen im Heim wie „Sterbefälle, Neuzugän-ge, Zimmerwechsel, Baumaßnahmen, Geburtstage, Feste, hohe Besuche etc.“ sowie schriftliche Informationen über rechtliche Fragen (z.B. Haftpflicht, Schweigepflicht) ge-wünscht. 4.5 Anregungen zur Weiterentwicklung des Engagements In den Studien zum bürgerschaftlichen Engagement wird neben den Engagementquo-ten meist auch die Bereitschaft zu weiterem Engagement ermittelt. So weist der Frei-willigensurvey 2004 neben dem faktischen Engagement von 36% der Bevölkerung ab 14 Jahren ein weiteres Engagementpotenzial im Umfang von 32% aus, darunter 12%, die bestimmt, und weitere 20%, die eventuell zu einem Engagement bereit sind (Gen-sicke et al. 2005, S. 81). Auch die vom ISG befragten Freiwilligen wurden nach ihrer Empfehlung gefragt, auf welchem Wege ein Engagement in Heimen befördert werden könne. Diese empfahlen den Einrichtungen vor allem, mehr Öffentlichkeitsarbeit und Werbung für bürgerschaft-liches Engagement zu machen (70%). Ebenfalls große Zustimmung erhielt der in die gleiche Richtung gehende Vorschlag, über den Stellenwert dieser Arbeit besser aufzu-klären (63%). An dritter Stelle steht die Möglichkeit, ein Engagement probeweise zu ermöglichen (sog. „Schnupperangebote“). 17% halten eine bessere Begleitung wäh-rend der Arbeit, 6% eine bessere Vorbereitung für sinnvoll und motivierend. Geldleis-tungen werden von 5% für geeignet gehalten und rangieren damit an letzter Stelle un-ter den Vorschlägen.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

83

Abbildung 42:

70%

63%

38%

17%

6%

5%

10%

Öffentlichkeitsarbeit/Werbung

Aufklärung überStellenwert

Schnupperangebote

Bessere Begleitungwährend der Arbeit

Bessere Vorbereitung

Geldleistungen

Anderes

Wie könnte das freiwillige Engagement in Einrichtungengefördert werden? Einschätzung der Freiwilligen, N=194

ISG 2007

ISG-Freiwilligenbefragung 2006

Maßnahmen

Andere Vorschläge, die die Befragten ergänzt haben, lassen sich in vier Gruppen zu-sammenfassen: • zielgerichtet ansprechen (Schülerinnen und Schüler ansprechen, Zertifikate für spä-

teren Beruf ausstellen, Hausfrauen ansprechen)

• Interesse wecken (darüber aufklären, wie wichtig soziale Kontakte für Heimbewoh-nerinnen und Heimbewohner sind, Berührungsängste abbauen)

• reibungslose Umsetzung sichern (klare Organisation – Teamwork, Anlernkurse, Austausch mit Wohnbereichsleitungen)

• allgemeine Kultur des Helfens fördern (breit angelegte Wertediskussion, weniger Egoismus, entsprechende Erziehung im Kindes-/Jugendalter).

Derartige Empfehlungen können je nach der Erfahrung, über die die Befragten jeweils verfügen, unterschiedlich ausfallen. Bei der Auswertung wurde dieser Aspekt daher geprüft. Über den Stellenwert des Engagements aufzuklären, halten Freiwillige, die seit weniger als drei Jahren engagiert sind, für wichtiger als langjährig Engagierte. Diese hingegen setzen einen stärkeren Akzent auf eine bessere Unterstützung und Be-gleitung während der Arbeit. Bei den übrigen Vorschlägen konnten keine nennenswer-ten Unterschiede festgestellt werden.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Auch die Freiwilligen wurden um Vorschläge gebeten, was zur Verbesserung des wechselseitigen Verhältnisses unternommen werden könne. • Was sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umgang mit Freiwilligen än-

dern? (Anregungen aus Sicht der Freiwilligen)

Danach gefragt, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umgang mit ihnen verän-dern sollten, nennen die Freiwilligen vor allem die häufig schlechte Kommunikation und Gesprächsbereitschaft. Sie fühlen sich oft schlecht informiert, insbesondere über die Bewohnerinnen und Bewohner: Über Auffälligkeiten und Probleme der Patientinnen und Patienten, eine Verlegung in ein Krankenhaus oder den Tod möchten sie gerne möglichst früh unterrichtet werden. „Ich würde mir ab und zu mehr Informationen über den Zustand der Bewohner wünschen.“ Viele sind der Meinung, dass schlicht mehr miteinander gesprochen werden sollte, „um Missverständnisse auszuräumen“. Ähnlich häufig wurde der Kontakt zwischen Freiwilligen und Mitarbeiterinnen und Mit-arbeitern beklagt. Ein „Miteinander“ in Pausen und bei regelmäßigen Treffen wird dafür vorgeschlagen. Die Freiwilligen wünschen sich, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser kennen zu lernen und dass diese mehr auf sie zugehen. So lautet eine Antwort: „Misstrauen abbauen. Seit 24 Jahren bin ich den Mitarbeitern nicht näher gekommen.“ Offenheit im Kontakt miteinander sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Einige der Be-fragten wünschen sich zusätzlich mehr Hilfestellungen im Umgang mit den Bewohne-rinnen und Bewohnern. Sie wollen jedoch nicht bevormundet werden, sondern in ko-operativer Weise eingebunden werden. „Gegenseitige Achtung und Verständnis“ gehö-ren dazu; die Freiwilligen erwarten, dass ihre freiwillige, ehrenamtliche Tätigkeit auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entsprechend gewürdigt wird. Es sollte an-erkannt werden, „dass Ehrenamtliche ihre Zeit den alten Bewohnern und den Mitarbei-tern schenken“. Sie wollen nicht als Personen angesehen werden, die „nur die schönen Arbeiten“ machen, sondern möchten auch mit ihren Vorschlägen ernst genommen und verstanden werden. Damit verbunden ist die Forderung nach mehr Freundlichkeit und Höflichkeit im täglichen Umgang miteinander: „mehr einbeziehen, beachten, grüßen, sich freuen, dass man kommt.“ Es wird durchaus gesehen, dass die Arbeitsbelastung in der Einrichtung mit Stress verbunden ist, dennoch wird „eine freundliche Wortwahl“ gewünscht. Zusammenfassend lassen sich die Wünsche vieler Freiwilliger auf den Nenner bringen: „Mehr mit einbeziehen, Aufgaben verteilen, danken, freundliche Wor-te, Beziehung herstellen.“ • Was sollten Freiwillige im Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern än-

dern? (Anregungen aus Sicht der Freiwilligen)

Auch die Freiwilligen selbst können zu einer Verbesserung des Verhältnisses zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern etwas beitragen. An erster Stelle wurde wiederum eine verbesserte Kommunikation genannt. Während einige es für eine beiderseitige

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Aufgabe halten, den Informationsfluss zu verbessern, sind andere der Meinung, dass die Initiative durchaus von ihnen selbst ausgehen sollte. Sie könnten „immer wieder nachfragen ‚mach ich’s so recht?’, ‚stört Sie etwas an meinem Tun?’“ und „Wünsche und Vorstellungen vortragen“. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern „Verständnis ent-gegen zu bringen“, „ihre Arbeit loben“ und „keine Vorwürfe zu machen“ halten viele der befragten Freiwilligen für einen wichtigen ersten Schritt. Mehr „Achtung“ und „Respekt“ für die „anstrengende Arbeit“ seien die Grundlage für ein gutes Arbeitsverhältnis in der Einrichtung. All dies muss jedoch auf der Basis zwischenmenschlicher Kontakte stattfinden. Ein „Händedruck“ sei genauso wichtig „wie die tägliche Pflege“. Auch die Freiwilligen müs-sen selbstverständlich freundlich sein, auch wenn sie dies bei sich selbst als nicht so großes Problem wie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ansehen. Kontakte sol-len gesucht und gepflegt werden. Selbstkritisch wird als Problem mehrfach genannt, dass es manchmal zu Kompetenz-überschreitungen kommt. Die Freiwilligen sollten „nichts mit den Bewohnern unter-nehmen, was nicht vorher mit dem Personal abgesprochen ist“. Auch sollten sie „de-nen nicht in die Vorgehensweise reinreden bei der Pflege“. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verdienen für ihre Tätigkeit Lob, und die Freiwilligen sollten die unterschied-liche Kompetenz anerkennen. Über die Aufgaben, die sie leisten können, hinweg sollen sich die Freiwilligen „in Zurückhaltung üben“, wie ein/e Befragte/r meint. Fazit Wenn auch die Freiwilligen generell wenig über Konflikte mit Mitarbeiterinnen und Mit-arbeitern berichten, so lassen sich doch aus den Empfehlungen zur Verbesserung des Verhältnisses indirekt die aktuell bestehenden Probleme erkennen. Unter dem Stich-wort einer unbefriedigenden Kommunikation werden rechtzeitige und umfassende In-formation über das Heim und seine Bewohnerinnen und Bewohner, mehr Zeit für ge-meinsame Gespräche und die Möglichkeit, Missverständnisse und Meinungsverschie-denheiten besprechen zu können, angemahnt. Unter dem Stichwort der wechselseiti-gen Anerkennung wird die Grundlage für ein vertrauensvolles Verhältnis angespro-chen: Die Freiwilligen wollen mit ihrem Engagement und ihrer Sichtweise ernst ge-nommen werden und halten es für ebenso wichtig, dass sie selbst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit deren professioneller Kompetenz und starker Belastung angemes-sen wahrnehmen.

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5 Kooperation der Angehörigen und Freiwilligen mit Mitar-beiterinnen und Mitarbeitern

Die Freiwilligen und auch die meisten Angehörigen sind in hohem Maße motiviert, sich für die Bewohnerinnen und Bewohner einzusetzen und das Leben im Heim mitzuges-talten. Die Frage ist aber, wie dieses Angebot seitens der Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter aufgegriffen wird: Halten diese die Mitwirkungsbereitschaft für hilfreich und ent-lastend, oder fühlt sich der/ die eine oder andere manchmal dadurch bei der Arbeit ge-stört? Oder lässt sich dies nicht generell beantworten, sondern nur in Differenzierung nach einzelnen Aufgabenbereichen? Gibt es eine Diskrepanz zwischen der grundsätz-lichen Bereitschaft, dieses Hilfeangebot aufzugreifen, und der Umsetzbarkeit im Heim-alltag mit seinen Routinen und Sachzwängen, insbesondere den zeitlich eng bemes-senen Einsatzplänen? Um diese Fragen aus Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beantworten zu können, wurde je Einrichtung bis zu fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbei-tern ein Fragebogen zugesandt.32 An diesem Befragungsteil haben sich 128 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt (dies sind 85% der angestrebten Zahl von 150). Es sind zu 85% Frauen und zu 15% Männer. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen aus allen Altersgruppen zwi-schen 20 und 61 Jahren, der Altersdurchschnitt liegt bei 41 Jahren. Auch von der Dau-er ihrer Tätigkeit in der Einrichtung her vertreten sie ein breites Spektrum: Rd. 40% arbeiten seit bis zu 5 Jahren dort, weitere 30% zwischen 5 und 10 Jahren und die rest-lichen 30% seit über 10 Jahren. Von ihrer Qualifikation her sind die Hälfte der beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter examinierte Altenpfleger/innen, ein Fünftel Krankenschwestern/ -pfleger und ein Zehntel Pflegehelfer/innen. Obwohl die Zahl von 128 Befragungsteilnehmer/innen ver-gleichsweise gering ist, spiegelt die Stichprobe recht gut die Verteilung nach Qualifika-tionen wider, wie sie in der Pflegestatistik 2005 für Deutschland insgesamt ausgewie-sen ist. Im Vergleich zur bundesweiten Qualifikationsstruktur sind in der ISG-Stichprobe die Altenpfleger/innen leicht und die Sozialarbeiter/innen stark überreprä-sentiert, dagegen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Hauswirtschaft, Verwaltung und Technik unterrepräsentiert.

32 Zur Perspektive der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vgl. auch den Beitrag des Instituts

für gerontologische Forschung (2007): Pflegequalität in stationären Einrichtungen – Bei-spiele, Strukturen und Rahmenbedingungen, Berlin (im Rahmen des MuG IV-For-schungsverbundes).

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Abbildung 43:

21%

42%

12%

2%

9%

11%

3%

19%

52%

10%

8%

2%

4%

3%

2%

Krankenschwester/-pfleger

exam. Altenpfleger/in

Pflegehelfer/in

Sozialarbeiter/in

Hauswirtschafter/in

Verwaltung/ Technik

Therapeuten

andereBund (Pflegestatistik 2005)ISG-Stichprobe

Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin den Heimen der ISG-Stichprobe, N=128

ISG-Mitarbeiter/innenbefragung 2006

ISG 2007 5.1 Kontakte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Angehörigen und Freiwil-

ligen Die befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben im Durchschnitt zu 38 Bewohne-rinnen und Bewohnern regelmäßigen Kontakt. Dies gliedert sich so auf, dass 43% zu 15 bis 30 Bewohnerinnen und Bewohnern Kontakt haben, etwa ebenso viele (44%) zu 30 bis 50 Bewohnerinnen und Bewohnern und die übrigen 13% zu mehr als 50 Be-wohnerinnen und Bewohnern (bis zu Höchstwerten von über 100 Bewohnerinnen und Bewohnern, was aber nur drei Mal genannt wurde). Nach Angaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben durchschnittlich 32,5 dieser Bewohnerinnen und Bewohner noch Angehörige, dies entspricht einem Anteil von 86%. Die Zahl der Freiwilligen, zu denen die befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kontakt haben, ist mit durchschnittlich 8,4 deutlich kleiner. Überwiegend sind es wö-chentliche Kontakte (zu 61% der Freiwilligen), in geringerem Maße seltenere Kontakte („ein- bis mehrmals pro Monat“ zu 39% der Freiwilligen). Diesen Schätzungen zufolge kommen auf 100 Bewohnerinnen und Bewohner im Durchschnitt 21 Freiwillige.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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5.2 Mitwirkungsmöglichkeiten aus Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter In vorliegenden Untersuchungen kommt immer wieder zum Ausdruck, dass das Ver-hältnis zwischen Angehörigen, Freiwilligen und Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern grundsätzlich gut ist, und dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch einer Mitwir-kung positiv gegenüberstehen, soweit sie sich in geeigneten Aufgabenfeldern bewegt. In der ISG-Befragung sollte genau ermittelt werden, welche Bereiche aus Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu gut geeignet sind und welche weniger gut. Dabei wurden zunächst „Aufgaben der Pflege – Aufgaben des Sozialdienstes – hauswirt-schaftliche Aufgaben – soziale Begleitung“ unterschieden. Darüber hinaus gab es die Möglichkeit, weitere Aufgabenbereiche zu nennen; diese Nennungen (meist Begleitung bei Spaziergängen, Ausflügen oder Arztbesuchen sowie Mitgestaltung bei Festen und in der Freizeit) lassen sich dem Aufgabenfeld der sozialen Begleitung zuordnen. Die Einschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ergibt folgendes Bild: Abbildung 44:

3%

37%

42%

73%

1%

37%

41%

67%

32%

34%

45%

26%

19%

37%

39%

28%

50%

21%

7%

52%

18%

12%

2%

15%

8%

7%

1%

28%

8%

8%

3%

Pflege

Hauswirtschaft

Sozialdienst

soziale Begleitung

Pflege

Hauswirtschaft

Sozialdienst

soziale Begleitung

gut teils, teils weniger gut keine ErfahrungAngehörige

Freiwillige

Möglichkeiten der Mitwirkung nach Aufgabenbereich aus Sicht der Mitarbeiter/innen, N=126

ISG 2007

ISG-Mitarbeiterbefragung 2006

2% 3%

3%

1

Von der Tendenz her werden die Mitwirkungsmöglichkeiten für beide Gruppen ähnlich eingeschätzt: Bei Aufgaben der Pflege lehnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Mitwirkung eher ab, bei Hauswirtschaft und Sozialdienst sehen sie eingeschränkte Möglichkeiten der Mitwirkung, während im Aufgabenfeld der sozialen Begleitung der zentrale Bereich gesehen wird, in dem Angehörige und Freiwillige eine gute Unterstüt-zung leisten können.

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Auch bei näherer Betrachtung werden im Bereich der sozialen Betreuung kaum Unter-schiede hinsichtlich der Eignung von Angehörigen und Freiwilligen gemacht: Für Frei-willige halten zwei Drittel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diesen Bereich für gut geeignet, für Angehörige fast drei Viertel. Die übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen in diesem Bereich zumindest teilweise Mitwirkungsmöglichkeiten. Eine klare Unterscheidung machen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwischen sozi-aler Begleitung und den Aufgaben eines professionellen Sozialdienstes. Diesen kön-nen die Angehörigen ebenso wie die Freiwilligen nach Ansicht von rd. 40% der Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter gut unterstützen, etwa ebenso viele sehen hier nur bedingt Mitwirkungsmöglichkeiten. Dass dieser Bereich zur Mitwirkung weniger geeignet sei, meinen in Bezug auf Freiwillige 12% und in Bezug auf Angehörige 7% der Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter. Ähnlich und nur etwas zurückhaltender werden die Möglichkeiten zur Mitarbeit im hauswirtschaftlichen Bereich eingeschätzt. 37% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich dies bei Angehörigen ebenso wie bei Freiwilligen gut vorstellen, etwa e-benso viele nur teilweise. Rd. 20% meinen aber, dass dieser Bereich für eine Mitwir-kung ungeeignet ist, wobei auch hygienerechtliche Einschränkungen eine Rolle spielen können. Damit sind die Bereiche, in denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Mitwirkung befürworten, im Grunde genommen ausgeschöpft. Betrachtet man nämlich den Be-reich pflegerischer Aufgaben, so verändert sich die Einschätzung deutlich: Nur ein Drit-tel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meinen, dass Angehörige hier mitarbeiten kön-nen, und fast alle davon sehen nur bedingte Mitwirkungsmöglichkeiten (32% „teilweise möglich“, 3% „gut möglich“). Dagegen meint die Hälfte der Befragten, hier sei eine Mit-wirkung von Angehörigen nicht gut möglich. 15% trauen sich dazu kein Urteil zu, da sie mit Angehörigen in der Pflege noch keine Erfahrungen gemacht haben. Bezüglich der Einbeziehung von Freiwilligen in pflegerische Aufgaben fällt die Skepsis noch stärker aus, nur 20% können sich dies bedingt vorstellen, 52% halten dies für nicht gut möglich und 28% haben damit noch keine Erfahrung gemacht. Selbst wenn bei den Letztgenannten zumindest die Möglichkeit bestünde, im Falle einer Erprobung der Einbeziehung zu einer positiven Bewertung zu gelangen, fällt das Gesamtbild der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter-Einschätzung doch eindeutig so aus, dass Angehörige und Freiwillige im Bereich der sozialen Begleitung gut mitarbeiten können, in den Auf-gabenbereichen von Sozialdienst und Hauswirtschaft nur bedingt und im Bereich pfle-gerischer Aufgaben eher nicht.

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Schwerpunkte der Mitwirkung In einer vertiefenden Fragestellung wurde weiterhin ermittelt, bei welchen Aktivitäten im Einzelnen Angehörige und Freiwillige tatsächlich mitarbeiten. Dabei bestätigt sich weit-gehend das Bild, das die Einschätzung von geeigneten Aufgabenfeldern ergeben hat-te: Im Bereich der sozialen Begleitung sehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel-fältige Möglichkeiten der Mitwirkung, aber kaum im pflegerischen Bereich. Abbildung 45:

7%4%

29%16%

43%10%

27%

83%74%75%

64%45%

25%

11%5%2%1%

92%90%

87%84%

81%57%

41%

64%41%

15%27%26%

37%

22%24%24%24%

finanzielle AngelegenheitenAufbereitung der Biografie

Besorgungen, BehördengängeZimmergestaltung

MahlzeitenWäsche

Heimbeirat

Vorlesen, Gesellschaft leistensoziale Kontakte

Sing- oder SpielkreiseAusflüge, Feste, Veranstaltungen

Orientierungs-/ GedächtnistrainingGeh-/ Bewegungsübungen

Betreuung über Nachtunmittelbare Pflege

PflegeplanungPflegevisiten

Ehrenamtler Angehörige

Mitwirkung von Angehörigen und Freiwilligenaus Sicht der Mitarbeiter/innen, N=126

ISG 2007

ISG-Mitarbeiter/innenbefragung 2006

Diese Auswertung lässt darüber hinaus erkennen, wo die Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter spezifische Schwerpunkte der Mitwirkung von Angehörigen einerseits und Frei-willigen andererseits sehen. • Gesellschaft leisten: So unspezifisch es auch klingen mag, aber die reine Anwe-

senheit eines Besuchers, der den Bewohnerinnen und Bewohnern Gesellschaft leistet, ihnen zuhört und sich mit ihnen unterhält und dabei auch manchmal etwas vorliest, ist eine wichtige und zeitaufwändige Aufgabe, die das Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner erhöht und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ent-lastet. Beide Gruppen wirken daran mit: dass Freiwillige dies regelmäßig leisten, berichten 83% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass die Angehörigen dies re-gelmäßig tun, sagen 64%.

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• Persönliche Hilfen für Bewohnerinnen und Bewohner: Die Angehörigen leisten vor allem bei der Regelung persönlicher Angelegenheiten wie finanziellen Dingen (92%), Besorgungen und Behördengängen (87%) einen wichtigen Beitrag. Aus ih-rer Kenntnis der Lebensgeschichte des Bewohners bzw. der Bewohnerin heraus helfen sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den biografischen Hintergrund aufzuarbeiten und auf dieser Grundlage persönliche Verhaltensweisen, Vorlieben und Ängste besser zu verstehen (90%). Auch bei der Zimmergestaltung (einrichten, aufräumen, schmücken; 84%) und bei Mahlzeiten (Essen zerkleinern und anrei-chen; 81%) wirken sie mit und helfen zum Teil auch, die Wäsche in Ordnung zu halten (57%). Als Vertretung persönlicher Interessen lässt sich die Mitwirkung im Heimbeirat verstehen, die 41% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Aktivität der Angehörigen und 27% als Aktivität der Freiwilligen kennen.

• Gemeinschaftliche Angebote: Zu den Schwerpunkten der ehrenamtlichen Aktivitä-

ten gehören die Durchführung von Sing- und Spielkreisen (nach Auskunft von 75% Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter), die Förderung sozialer Kontakte der Bewohnerin-nen und Bewohner untereinander (74%) und die Mitwirkung bei der Organisation von Ausflügen, Festen und Veranstaltungen (64%). Eine im engeren Sinne aktivie-rende und rehabilitative Funktion erfüllen Freiwillige und Angehörige mit Angeboten zum Orientierungs- und Gedächtnistraining (45% bzw. 26%) sowie Geh- und Be-wegungsübungen (25% bzw. 37%).

• Pflegerische Hilfen: Ein knappes Viertel der Angehörigen wirken im pflegerischen

Bereich mit, und zwar (nach der Erfahrung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) gleichermaßen bei unmittelbaren pflegerischen Hilfen (z.B. Waschen, Kämmen, An- und Auskleiden etc.) wie auch bei der Pflegeplanung und bei Pflegevisiten. Wenn es überhaupt Hilfen in diesem Bereich gibt, so bleiben diese im Wesentli-chen auf die Angehörigen beschränkt, während Freiwillige daran kaum mitwirken. Lediglich eine Betreuung über Nacht, wozu auch ehrenamtliche Hospizdienste ge-hören, wird sowohl von Angehörigen (22%) als auch von Freiwilligen (11%) geleis-tet.

Profil der Möglichkeiten und Grenzen Neben diesem Bericht über die faktische Mitwirkung wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch um ihre Einschätzung gebeten, worin sie spezifische Stärken von An-gehörigen und Freiwilligen sehen und wo deren Einbeziehung mit Schwierigkeiten ver-bunden ist.

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(1a) Stärken der Angehörigen

Die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genannten Stärken der Angehörigen lassen sich unter den Kategorien „persönliche Beziehung“, „Interessenvertretung“, „Kenntnis der Biografie“ und „vielfältige Möglichkeiten der Mitwirkung“ subsummieren. • persönliche Beziehung

Die Angehörigen stehen den Bewohnerinnen und Bewohnern nahe und haben eine enge emotionale Bindung zu diesen; meist sind sie die engste Bezugsperson. Den Bewohnerinnen und Bewohnern werden durch dieses Vertrauensverhältnis und die emotionale Wärme Wohlbefinden, Rückhalt und innere Ruhe vermittelt. Die Einbindung in ihre Familien wird durch die Angehörigen auch nach dem Heimumzug noch aufrecht erhalten. Aufgrund ihrer guten Kenntnis der Bewohnerinnen und Bewohner sehen sie, „ob es ihm gut geht oder schlecht“. • Interessenvertretung

Die enge persönliche Bindung hat zur Folge, dass die Angehörigen ein starkes Interes-se daran haben, dass es den Bewohnerinnen und Bewohnern in der Einrichtung gut geht. Dieses Interesse vertreten sie energisch auch gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und der Heimleitung. Obwohl sich die Kritik der Angehörigen auch gegen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter richten kann, bezeichnet es eine/r der Befragten ausdrücklich als Stärke, dass Angehörige „sich beschweren, falls etwas mal nicht so gut gelaufen ist“. Die Interessenvertretung kann bis zur Mitwirkung im Heimbeirat rei-chen. • Kenntnis der Biografie

Besonders wichtig ist, dass die Angehörigen lange Zeit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern gemeinsam gelebt haben und daher deren Biografie einschließlich persön-licher Gewohnheiten, zentraler Ereignisse und Personen kennen. Mit diesem gemein-samen Erfahrungshintergrund können sie besser auf die Bewohnerinnen und Bewoh-ner eingehen, sie über gemeinsame Erinnerungen ansprechen und sie „an die Vergan-genheit erinnern“. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern können sie Informationen ü-ber den biografischen Werdegang und prägende Erlebnisse geben und mit diesem Hintergrundwissen dazu beitragen, dass Gewohnheiten, Verhaltensweisen in spezifi-schen Situationen sowie Vorlieben und Abneigungen, Freuden und Ängste der Bewoh-nerinnen und Bewohner besser verstehbar werden. • Vielfältige Möglichkeiten der Mitwirkung

Die Angehörigen stehen weniger unter Zeitdruck als die hauptamtlichen Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter. Zugleich sind sie sehr engagiert und in hohem Maße zur Mitwir-kung bereit. Schließlich verfügen diejenigen unter ihnen, die die pflegebedürftige Per-

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son bereits vor dem Heimeinzug betreut haben, über „gute Kenntnisse im Bereich der Pflege“. Mit diesen Voraussetzungen können sie nach Ansicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in vieler Hinsicht flankierende Unterstützung leisten. Am häufigsten wird „soziale Betreuung“ genannt, z.B. mit den Komponenten „Da sein, Gespräche führen, Spazieren gehen“. Darüber hinaus werden Beiträge bis hin zur intensiven Begleitung in der Sterbephase genannt: „Psychische Betreuung, Gedächtnistraining, Biografiearbeit, Sterbebegleitung“. Weiterhin können sie finanzielle Angelegenheiten regeln, bei der Ordnung der Wäsche mithelfen, „Besorgungen machen und kleinere Aufgaben erledi-gen, bei Arztbesuchen begleiten“. Pflegerische Leistungen werden in diesem Zusam-menhang allerdings nicht genannt, in einem Fragebogen sogar ausdrücklich ausge-schlossen: „alles regeln außer Pflege“. (1b) Grenzen der Mitwirkung von Angehörigen

Die Schwierigkeiten bei der Mitwirkung von Angehörigen liegen aus Sicht der Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter in der eingeschränkten Möglichkeit der Einbeziehung in die unmittelbare Pflege, in Fehleinschätzungen von Krankheiten und Krankheitsentwick-lung sowie in den Nachteilen der emotionalen Bindung, die auch in Rollenkonflikten zum Ausdruck kommt. • Eingeschränkte Mitwirkung bei der Pflege

Eine Mithilfe der Angehörigen in der unmittelbaren Pflege ist nach Meinung vieler Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter nur eingeschränkt möglich, da diesen das „Verständnis für die Pflegesituation“ fehle, sie die erforderlichen Pflegetätigkeiten „nicht gelernt“ hät-ten und sich daher häufig „hilflos und überfordert“ fühlten. Manche fühlten sich unsi-cher, sie „haben oft Angst, ihren Angehörigen zu helfen, sie könnten sich z.B. beim Trinken verschlucken“. Eine Überforderung von Angehörigen durch eine zu starke Ein-bindung in die Pflege wird insbesondere im Hinblick auf Demenzkrankheit und die Sterbephase genannt. • Mangelnde Beurteilungskompetenz

Die eingeschränkte Pflegekompetenz sehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Verbindung mit einer eingeschränkten Beurteilungskompetenz. Der medizinische und psychische Gesundheitszustand werde oft nicht richtig eingeschätzt. Dies wird zum einen auf fehlende Kenntnisse zurückgeführt („Wissen über Krankheitsbilder fehlt“, Demenzkrankheiten werden nicht adäquat wahrgenommen), zum andern aber auch auf die Unfähigkeit, die Krankheiten der Bewohnerinnen und Bewohner zu akzeptieren: „sie kommen oft mit dem Abbau der Fähigkeiten ihrer Angehörigen nicht zurecht und sind deshalb emotional stark betroffen, brauchen Betreuung“; sie „akzeptieren manch-mal nicht den Abbau (körperlich und geistig) und sehen ihre Verwandten noch wie sie früher waren, sie kommen mit der Situation nicht klar“.

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• Emotionalität und Rollenkonflikte

Die starke emotionale Bindung, die unter dem Aspekt der Stärke als besonders moti-vierend genannt wurde, erweist sich als ambivalent: „Familiäre Differenzen“ bestehen fort, „Angehörige fühlen sich oft durch forderndes Verhalten der Bewohner überfordert“, haben ein „schlechtes Gewissen“ und „Schuldgefühle“ (auch, weil manche Bewohne-rinnen und Bewohner ihren Angehörigen „die Schuld an der Heimunterbringung“ ge-ben). Hier spielen „unaufgearbeitete Rollenmodelle“ mit hinein, manche sind „zu sehr auf Mutter oder Vater, Mann oder Frau fixiert“, sie versuchen sich gegenseitig zu be-einflussen und tragen langjährige Rollenkonflikte aus. Viele haben Schwierigkeiten „im Umgang mit der Krankheit oder dem Älterwerden von Mutter und Vater“. Eine zu starke emotionale Bindung kann auch zu Fehleinschätzungen und Fehlverhalten führen, manche „können nicht loslassen und vertrauen, dass andere Menschen auch gut zu ihren Angehörigen sind“; manchen fehle ein ausgewogenes Verhältnis von „Nähe und Distanz“. • Gespanntes Verhältnis zum Personal

Als Schwäche der Angehörigen sehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schließlich auch eine ihrer Meinung nach zu starke und zu einseitige Interessenvertretung: wenn Angehörige ihre Aufgabe in einer „Kontrolle der hauptamtlichen Mitarbeiter“ sehen und diesen gegenüber grundsätzlich misstrauisch sind, die „Grenzen zwischen Unterstüt-zung und unpassender Einmischung“ missachten und überzogene Erwartungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das Heim haben. Sie richten ihren „Fokus nur auf ihren Angehörigen und sehen nicht die Gesamtsituation“ und „verstehen meist nicht, dass das Personal noch 29 andere Bewohner zu versorgen hat“. Manche Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter haben das Gefühl, dass einige Angehörige auch durch Kritik am Personal „ihr eigenes schlechtes Gewissen“ (siehe vorherigen Punkt) kompensieren. (2a) Stärken der Freiwilligen

Auch bei Freiwilligen werden die verfügbare Zeit und die hohe Motivation als Vorteile gesehen. Darüber hinaus verfügen sie oft über spezifische (musikalische, handwerkli-che etc.) Kompetenzen, mit denen sie Abwechslung bringen und den Heimalltag bele-ben. • Mitwirkungsmöglichkeiten

Die Mitwirkungsmöglichkeiten von Freiwilligen werden vor allem bei sozialen Gruppen-aktivitäten gesehen: „Durchführung von Sing- und Spielkreisen“, Mitwirkung bei „Fes-ten, Feiern, Ausflügen“ sowie bei „Beschäftigung, Orientierung, Gedächtnistraining“. Dazu gehören „Gestaltung von Lesezirkeln, Kaffeestübchen, Kochgruppen, Biografie-arbeit“.

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• Persönliche Kompetenzen

Die Freiwilligen bringen unterschiedliche Interessen und Fähigkeiten mit, sie haben „gute und neue Ideen“. Sie bringen „Optimismus“ und „Leben von außerhalb mit ins Heim“. Anders als die Angehörigen haben sie aber auch mehr Distanz zu den Bewoh-nerinnen und Bewohnern, sehen diese „aus einem anderen Blickwinkel“ und können „gewisse Sachen ohne Emotionen betrachten“. Sie sind nicht durch „emotionale Ab-hängigkeit“ gebunden und „können sich besser abgrenzen“. Damit werden sie für alle anderen zu einem „neutralen Ansprechpartner“. In den Gesprächen mit Heimleitungen wird darauf hingewiesen, dass Freiwillige häufiger als Interessenvertreterinnen und -vertreter der gesamten Bewohnerschaft auftreten, während Angehörige eher das Wohl ihrer/s zu Pflegenden im Blick haben. Aufgrund weniger ausgeprägter Berührungs-ängste seien Freiwillige zudem tendenziell kritischer als Angehörige und – in einem positiven Sinne – beschwerdefreudiger. (2b) Grenzen der Mitwirkung von Freiwilligen

Ihre Grenze findet die Einbeziehung Freiwilliger, wie die der Angehörigen, in den Be-reichen, in denen pflegerische Kompetenzen und Fachwissen erforderlich sind. Neben fachlich bedingten Grenzen zählen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch manche persönliche Eigenschaften sowie mangelnde Berechenbarkeit zu den Grenzen der Einbeziehung Freiwilliger. • Fachliche Grenze der Mitwirkung

Freiwillige haben nach Einschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu wenig Kenntnisse über Krankheiten („Krankheitsbilder verstehen sie oft schlecht, z.B. De-menz oder Alzheimer“) und pflegerische Erfordernisse, in pflegerischen und hauswirt-schaftlichen Bereichen könnten sie daher nicht eingesetzt werden. Sie seien „oft über-fordert“, insbesondere im Umgang mit Demenzkrankheit. Manche „sehen sich außer Stande, mehr zu leisten als soziale Betreuung“. Eine weitere Grenze der Beteiligung sind persönliche Bereiche wie Zimmergestaltung und Regelung finanzieller Angele-genheiten, des Weiteren auch vertrauliche Informationen über das gesundheitliche Befinden („Schweigepflicht“). Schwierigkeiten ergeben sich aus mangelnder Kenntnis, wenn Freiwillige dies selbst nicht sehen: Manche „meinen es gut, mischen sich aber zu viel in Sachen ein, wovon sie keine Ahnung haben“ und „überschreiten ihre Kompe-tenz“. • Persönliche Grenzen

Zu den persönlichen Grenzen von Freiwilligen rechnen die Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter einerseits zu große Zurückhaltung, die in „Unsicherheit“ und „Berührungsängs-ten“ zum Ausdruck kommen kann, andererseits aber auch Überengagement und

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Selbstüberforderung mit den Stichworten „Selbstüberschätzung“ bzw. „Unterschätzung des erforderlichen Kraftpotenzials“, „Übereifer“, „Helfersyndrom“ und übertriebenes Be-mühen um Anerkennung seitens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ein weiteres Problem kann im Alter der Freiwilligen liegen, wenn diese „meist sehr alt und oft selbst angeschlagen“ sind. Manche könnten auch zu wenig Distanz zu den Bewohnerinnen und Bewohnern halten und „lassen sich um den Finger wickeln“. • Begrenzte Planbarkeit ehrenamtlicher Ressourcen

Da Freiwillige keine festen Arbeitszeiten haben, ist „schlecht mit ihnen zu planen“. Sie selbst könnten auch ihre Zeit schlecht planen und „vergessen die Zeit bei Angeboten“. Sie können weniger als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf bestehende Regelungen verpflichtet werden, worin diese eine Grenze der Integrierbarkeit in ihr Handeln sehen: „Sie wollen manchmal bestehende Ordnungen umwerfen, verstehen manchmal die Abläufe im Heim nicht“. Diesen Äußerungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lassen sich wertvolle Hinwei-se für die Gestaltung der Mitwirkung von Angehörigen und Freiwilligen entnehmen, für geeignete Formen und Bereiche der Mitarbeit ebenso wie zu den Grenzen und Prob-lemstellen. Allerdings müssen auch diese Einschätzungen an der einen oder anderen Stelle kritisch hinterfragt werden; so kann eine den Angehörigen attestierte „Unsicher-heit in der Mitarbeit“ auch an fehlender Anleitung und Einarbeitung liegen, und die Kri-tik an der „bestehenden Ordnung“ im Heim und an manchen Handlungsroutinen der Hauptamtlichen könnte im Einzelfall auch berechtigt sein und dann – konstruktiv ge-wendet – zur Qualitätsverbesserung genutzt werden. Hinzu kommt, dass manche Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter einer Einbeziehung Angehöriger in pflegerische Tätigkei-ten zwar skeptisch gegenüberstehen, aber zumindest ein Teil der Angehörigen – häu-fig aufbauend auf früheren Pflegeerfahrungen – solche Unterstützung leistet bzw. für ein solches Engagement bereit steht. Dies bezieht sich dabei in aller Regel auf leichte pflegerische Tätigkeiten und zudem eher nicht auf eine komplette Übernahme als viel-mehr eine Unterstützung von professionellen Pflegeleistungen. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich einen solchen „Akteursmix“ von professioneller und nicht-professioneller Pflege offenbar nur schwer vorstellen. Das heißt aber nicht, dass es nicht in geeigneten Fällen und unter bestimmten Voraussetzungen zu solchen Formen der Zusammenarbeit kommen kann. Wichtig ist, diesbezüglich keine generelle Erwar-tung an alle Angehörigen zu formulieren, sondern im Einzelfall zu prüfen, ob und unter welchen Bedingungen die Einbeziehung von Angehörigen in (leichte) pflegerische Tä-tigkeiten in Frage kommt. Wichtig ist auch, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Schulungen und flankierende Begleitung darauf vorzubereiten, Angehörige in diesen Bereich zu integrieren und ihre professionellen Routinen neu zu gestalten.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Bewertung der Mitarbeit von Angehörigen und Freiwilligen Neben dieser detaillierten Beschreibung wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch anhand standardisierter Aussagen um eine Bewertung der Mitarbeit von Angehö-rigen und Freiwilligen gebeten. Betrachtet man zunächst die Einschätzung der Mitwir-kung von Angehörigen, so weisen die Antworten eine interessante Abstufung auf, bei der die mittlere Antwortkategorie „teilweise“ zunehmend Gewicht erhält (Abb. 46). Als eindeutig zutreffend wird es bezeichnet, dass die Angehörigen für die Bewohnerin-nen und Bewohner eine wichtige Konstante und Verbindung nach außen sind (91%). Fast ebenso eindeutig erfüllen sie eine wichtige Funktion, indem sie nützliches Wissen über die Bewohnerinnen und Bewohner mitbringen (84%). Und fast drei Viertel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen die Angehörigen als eine echte Entlastung (72%). Dass Angehörige Leben ins Heim bringen, sagen mehr als die Hälfte der Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter, während 38% dies nicht für alle Angehörigen gelten lassen wollen, sondern nur für einen Teil von ihnen. Dies wird noch deutlicher bei der Aussage, dass die Angehörigen helfen, manches besser zu machen – nur noch 27% stimmen dem uneingeschränkt zu, während fast 60% dies nur teilweise bestätigen. Abbildung 46:

91%

84%

72%

56%

27%

2%

14%

21%

29%

8%

13%

24%

38%

57%

55%

62%

64%

59%

1%

2%

4%

6%

16%

43%

24%

15%

12%

wichtige Konstante, Außenkontakt

Wissen viel über Bewohner

sind echte Entlastung

bringen Leben ins Heim

helfen manches zu verbessern

stören die Abläufe im Haus

bedeuten zusätzliche Arbeit

kontrollieren Hauptamtliche

meinen, sie wüssten es besser

ja teilweise neinpositive Aussagen

negative Aussagen

Wirkungen der Einbeziehung Angehörigeraus Sicht der Mitarbeiter/innen, N=125

ISG 2007

ISG-Mitarbeiter/innenbefragung 2006

2%

2%

1%

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Dieses etwas zurückhaltende Meinungsbild setzt sich fort bei einigen kritischen Aussa-gen, die im Fragebogen vorgegeben waren. Zwar wird die sehr negative Aussage, dass Angehörige die Abläufe im Heim stören, von 43% der Befragten als unzutreffend abgelehnt, die Mehrheit hat jedoch diese Erfahrung zumindest mit manchen Angehöri-gen gemacht (55% „teilweise“). Ähnlich wird die Aussage bewertet, dass Angehörigen-arbeit vor allem zusätzliche Arbeit bedeutet – ein Viertel der Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter meint dies nicht, 62% stimmen dem teilweise und 14% ganz zu. Mehr Zustim-mung als Ablehnung erhält die Aussage, dass Angehörige dazu neigen, die Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter in ihrer Arbeit zu kontrollieren, und auch hier wird die Antwort, dass dies auf einen Teil der Angehörigen zutreffe, am häufigsten gewählt (64%). Dass Angehörige oft meinen, sie wüssten alles besser, finden schließlich rd. 30% der Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter zutreffend und weitere rd. 60% teilweise zutreffend, nur 12% sind nicht dieser Meinung. Zusammengefasst zeigt sich hier ein ambivalentes Bild, das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von den Angehörigen haben: Einerseits ist unstrittig, dass die Angehörigen für die Bewohnerinnen und Bewohner eine wichtige Funktion haben, was psychische Stabilisierung und Außenkontakte angeht. Ebenso wichtig sind sie bei der Biografiear-beit, und generell werden sie als Entlastung und als belebendes Element wahrgenom-men. Andererseits ist dies zumindest bei einem Teil der Angehörigen immer auch mit einem zusätzlichen Aufwand verbunden – ein Heimleiter meint etwas überspitzt, man habe „fast mehr Arbeit mit den Angehörigen als mit den Bewohnern“. Hinzu kommt, dass der überwiegende Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Angehörigen teil-weise als kontrollierend und „besserwisserisch“ erfahren hat. Wägt man positive und negative Einschätzungen gegeneinander ab, so überwiegen im Gesamtbild jedoch die positiven Meinungen von der Bedeutung der Angehörigen. Wechselt man nun zur Bewertung der Rolle der Freiwilligen über, so fällt diese insge-samt positiver aus. Zwar konnten nicht alle Frageaspekte auf die Freiwilligen übertra-gen werden, aber wo dies möglich ist, zeigt sich durchgängig eine bessere Bewertung. So sehen 76% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Freiwilligen uneingeschränkt als Entlastung gegenüber 72%, die dies von den Angehörigen meinten. 70% sagen, dass Freiwillige Leben ins Heim bringen, nur 56% sagten dies über die Angehörigen. Und dass die Einbeziehung von Freiwilligen vor allem zusätzliche Arbeit bedeute, mei-nen 6%, während 43% dies verneinen – auch darin zeigt sich eine positivere Bewer-tung der Freiwilligen im Vergleich zu der auf die Angehörigen bezogenen Einschät-zung. Darüber hinaus stimmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fast uneinge-schränkt den Aussagen zu, dass die Freiwilligen für Bewohnerinnen und Bewohner ohne Angehörige besonders wichtig seien (90%) und dass sie die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner verbessern (78%). Allerdings herrscht die Meinung vor,

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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dass Freiwillige nur bei sozialer Betreuung, nicht aber bei der Pflege mitwirken können, 77% stimmen dem zu und nur 3% halten dies für unzutreffend. Abbildung 47:

90%

78%

77%

76%

70%

6%

7%

19%

20%

17%

26%

51%

2%

3%

3%

7%

4%

43%

wichtig für Bew. ohne Angehörige

verbessern Lebensqualitätder Bewohner/innen

soziale Betreuung, keine Pflege

sind echte Entlastung

bringen Leben ins Heim

bedeuten zusätzliche Arbeit

ja teilweise neinpositive Aussagen

negative Aussagen

Wirkungen der Einbeziehung Freiwilligeraus Sicht der Mitarbeiter/innen, N=125

ISG 2007

ISG-Mitarbeiter/innenbefragung 2006

2%

Im Vergleich mit der Bedeutung der Angehörigen werden somit die Freiwilligen als größere Bereicherung und auch etwas größere Entlastung bewertet, und sie erfordern weniger zusätzlichen Aufwand der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese Einschät-zung lässt sich einerseits mit dem höheren Maß an Kreativität und freiwilliger Motivati-on erklären, das die Freiwilligen mitbringen, und andererseits mit der geringeren Bin-dung an einzelne Bewohnerinnen und Bewohner und entsprechend weniger zusätzli-chem Aufwand für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch was die kritische und kon-trollierende Haltung ihnen gegenüber betrifft. Konflikte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Angehörigen und Freiwilligen Zum Auftreten von Konflikten geben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine eindeutig andere Rückmeldung als Angehörige und Freiwillige (Abb. 48). • Dass sie schon einmal einen ernsthaften Konflikt mit diesen gehabt haben, sagen

31% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber umgekehrt nur 9% der Angehörigen und 5% der Freiwilligen.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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• Dass sie noch keinen Konflikt hatten, sagen nur 16% der Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter, aber umgekehrt nur 61% der Angehörigen und 70% der Freiwilligen.

• Über einen Konflikt, der aber harmlos gewesen sei, berichten 53% der Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter, aber umgekehrt nur 30% der Angehörigen und 25% der Freiwilligen.

Somit stellt sich das wechselseitige Verhältnis aus Sicht der Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter – bei aller bisher dargestellten Wertschätzung – sehr deutlich auch als ein kon-flikthaftes Verhältnis dar. Eine vertiefende Auswertung hat ergeben, dass diese Wahr-nehmung vom Alter und Geschlecht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unabhängig ist. Abbildung 48:

54%

46%

38%

36%

24%

24%

17%

15%

7%

7%

Qualität der Pflege

persönliches Verhalten

Qualität des Essens

Qualität der hausw. Versorgung

Qualität der sozialen Betreuung

Qualität des Zimmers

Verhalten von Bew.

finanzielle Fragen der Bew.

Mitwirkungsmöglichkeiten

anderer Konflikt

16%53%

31%

Häufigkeit und Anlass von Konflikten mit Angehörigen und Freiwilligenaus Sicht der Mitarbeiter/innen, N=96

ISG 2007

ISG-Mitarbeiter/innenbefragung 2006

kein Konfliktharmlos

ernst-haft

Häufigkeit und Schwere von

Konflikten

Konfliktanlass

Die Konfliktanlässe sind dabei gar nicht so verschieden von dem, was Angehörige und Freiwillige berichtet haben: Die Qualität der Pflege sowie das persönliche Verhalten der jeweils anderen rangiert an vorderer Stelle, die soziale Betreuung und die Qualität des Essens im mittleren Bereich. Unterschiedlich werden die Mitwirkungsmöglichkeiten als Konfliktanlass eingeschätzt – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (7%) und Angehörige (3%) sehen darin kein Problem, während dieser Aspekt von den Freiwilligen mit 22% an dritter Stelle genannt wurde.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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In den vertiefenden Gesprächen in den Einrichtungen wurde die stärkere Wahrnehmung von Konflikten durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so kommentiert, dass diese stärker unter Druck stehen, da sich je Mitarbeiter/in mehrere kritische Anliegen von Angehörigen häuften, während diese jeweils nur ihr eigenes Anliegen im Blick hätten und meist zufrie-den seien, wenn dies aufgegriffen werde. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass Konflikte für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch aus formalen Gründen ein größeres Gewicht haben, da diese dokumentiert werden müssten und ggf. ein Gespräch mit dem Vorgesetzten erforderten.

5.3 Unterstützung durch die Einrichtung Für eine lebendige Mitarbeit von Angehörigen und Freiwilligen ist es förderlich, wenn die Heimleitung diese Arbeit für wichtig hält und unterstützt. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden gefragt, welche Formen einer solchen Unterstützung es in ihrer Einrichtung bereits gibt und sollten darüber hinaus einschätzen, welche Unterstützung sie für sinnvoll halten. Als häufigste Unterstützungsform sowohl für Angehörige wie für Freiwillige wird eine feste Ansprechperson in der Einrichtung genannt; 95% bzw. 85% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berichten, dass es diese Form gebe, und entsprechend gering ist der zusätzliche Bedarf, der in dieser Hinsicht gesehen wird. An zweiter Stelle folgt eine regelmäßige (Einzel-) Beratung, die aber nur in der Hälfte der Einrichtungen schon angeboten wird (zu 53% für Angehörige und zu 47% für Freiwillige). Besonders für die Angehörigen halten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dies aber für wichtig – die meisten von denen, in deren Einrichtung es dieses Angebot noch nicht gibt, meinen, dass es diese Unterstützung geben sollte. Etwa ein Drittel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berichten, dass es in ihrer Einrich-tung eine organisierte Interessenvertretung für Angehörige (33% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) bzw. für Freiwillige (29% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) bereits gibt, etwa ebenso viele sind der Meinung, dass es eine solche Struktur geben sollte (32% bzw. 25%). Bei den drei weiterhin aufgeführten Unterstützungsformen bietet sich für Angehörige und Freiwillige ein unterschiedliches Bild: Fortbildungskurse, eine feste (Angehörigen- oder Freiwilligen-) Gruppe sowie ausführliche Anleitung und Vorbereitungskurse gibt es nach Auskunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Freiwillige häufiger als für An-gehörige. Für diese wird dies aber ebenso für wichtig gehalten, so meinen z.B. 56% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass es auch für Angehörige eine feste Bezugs-gruppe geben sollte. Dies gilt ebenfalls für eine ausführliche Anleitung bzw. einen Vor-bereitungskurs, dies gibt es nur in den Einrichtungen von 19% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Möglicherweise wird bei Angehörigen vorausgesetzt, dass diese auf Grund der früheren Pflege im Privathaushalt keine Vorbereitung mehr benötigten. Die Mitar-

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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beiterinnen und Mitarbeiter sehen dies aber entschieden anders, 61% von ihnen halten eine ausführliche Anleitung und Vorbereitung auch der Angehörigen für unentbehrlich. Abbildung 49:

95%85%

53%47%

33%29%30%

41%28%

41%19%

38%11%

3%

7%8%

33%24%

32%25%

50%40%

56%30%

61%46%

3%3%

feste Ansprechpartner

regelmäßige (Einzel-) Beratung

Interessenvertretung

Fortbildungskurse

feste Gruppe

Anleitung, Vorbereitungskurs

sonstige Unterstützung

für Angehörigefür Freiwillige

gibt es schon sollte es geben

Unterstützungsformen für Angehörige und Freiwilligeseitens der Einrichtung aus Sicht der Mitarbeiter/innen, N=116

ISG 2007

ISG-Mitarbeiter/innenbefragung 2006

Auch die Heimleitung ist hier gefragt, denn wie gut die Kooperation zwischen Mitarbei-terinnen und Mitarbeitern und Angehörigen bzw. Freiwilligen funktioniert, hängt ent-scheidend davon ab, ob die Einrichtung ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin ak-tiv unterstützt, ihnen ausreichend Zeit für die notwendigen Gespräche gibt und mögli-cherweise sogar über ein ausgearbeitetes Konzept zur Angehörigen- und Freiwilligen-arbeit verfügt. Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen sich von ihrer Hausleitung hinrei-chend unterstützt, in der Arbeit mit Angehörigen noch etwas mehr (70%) als in der Freiwilligenarbeit (60%). In großen Einrichtungen ist diese Unterstützung stärker aus-geprägt als in kleineren Einrichtungen. So berichten 74% der Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter aus Einrichtungen mit mehr als 100 Plätzen über eine gute Unterstützung in der Angehörigenarbeit, aber nur 64% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Einrich-tungen mit bis zu 100 Plätzen. Für die Arbeit mit Freiwilligen sind diese Unterschiede nicht so stark: 57% aus kleineren Einrichtungen fühlen sich unterstützt gegenüber 62% aus größeren Einrichtungen.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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Abbildung 50:

30%

70%

26%

24%

18%

40%

60%

24%

17%

13%

keine

gute

ausgearbeitetesKonzept

Fortbildung inKommunikation

auf andere Weise

... Angehörigen ... Freiwilligen

Wie werden die Mitarbeiter/innen bei der Arbeit mit Angehörigen und Freiwilligen unterstützt? N=116

ISG 2007

ISG-Mitarbeiter/innenbefragung 2006

bei der Arbeit mit...

Art der Unterstützung

Unterstützung

Ein ausgearbeitetes Konzept gibt es nach Auskunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter in 26% der Einrichtungen zur Einbeziehung von Angehörigen und in 24% der Ein-richtungen zur Einbeziehung von Freiwilligen. Dies ist erheblich mehr als noch Mitte der 1990er Jahre, als lediglich in 1,5% der Einrichtungen ein solches Konzept existier-te. Andererseits ist dieser Anteil aber geringer als in der repräsentativen Einrichtungs-befragung, in der 46% der Heimleiterinnen und -leiter angaben, über ein „schriftliches niedergelegtes, gesondertes Konzept zur Einbeziehung von Angehörigen“ zu verfügen (Schneekloth; von Törne 2006: 41). Über eine gezielte Fortbildung in der Kommunikation mit beiden Personengruppen können 24% bzw. 17% positiv berichten. Auch weitere Formen der Unterstützung sei-tens der Heimleitung wurden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genannt, dar-unter vor allem offene Gespräche und Einladungen zu den Treffen von Angehörigen und Freiwilligen.

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Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in Pflege und Betreuung

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5.4 Anregungen zur Weiterentwicklung Die Befragung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gab diesen viel Raum, um eigene Vorschläge zur Verbesserung und Weiterentwicklung der Kooperation zu machen. Ei-nen Bedarf an weiteren Informationen bzw. an Fortbildungsinhalten für Angehörige und Freiwillige sehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allem in vier Bereichen: • Krankheit (insbesondere Demenz) und Befindlichkeit der Bewohnerinnen und Be-

wohner „Über Krankheitsbilder (vor allem Alzheimer und Demenz)“, Verhaltensweisen und Eigenar-ten von älteren Bewohnern“.

• Sterbebegleitung „Was ist, wenn meine Mutter/mein Vater stirbt? Letzte Pflegephase“ – „Sterben, Loslassen können“.

• Möglichkeiten der Mitwirkung „Umgang mit Dementen und Alten, Essen und Trinken anreichen, Beschäftigungsmöglich-keiten altersgerecht, evtl. Einführung in leichte pflegerische Tätigkeiten“ – „Was leistet die Einrichtung? Welche Defizite ergeben sich daraus, wie sind diese durch Angehörige und Ehrenamtliche konstruktiv auszufüllen?“ – „Kooperationsmöglichkeiten mit dem Pflegeper-sonal, Planung und Durchführung selbstständiger Hilfsangebote für Bewohner“.

• Abläufe im Heim und Situation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „Stationsablauf. Zeitfaktor bei Personalschlüsseln“ – „über die gesamten pflegerischen Ab-läufe im Tag- und Nachtdienst und wie viel Zeit dafür benötigt wird; dass im Heim immer weniger Personal zur Verfügung steht und dass die Bürokratie immer mehr Überhand nimmt“.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden weiterhin danach gefragt, unter welchen Bedingungen bzw. durch welche Maßnahmen ihre Kooperation mit Angehörigen und Freiwilligen verbessert werden könnte. Etwa die Hälfte der Befragten meint, dass diese Kooperation bereits sehr gut sei und keiner Verbesserung bedürfe – 47% der Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter sagen dies im Hinblick auf Angehörige und sogar 58% im Hin-blick auf Freiwillige. Die entgegengesetzte Meinung, dass diese Kooperation einfach schlecht sei und nicht verbessert werden könne, wird kaum vertreten. Konkrete Mög-lichkeiten zur Verbesserung der Kooperation sehen 52% der Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter im Hinblick auf Angehörige, wenn … Nennungen • Angehörige mehr Interesse / mehr Engagement zeigen würden 13 • mehr kommuniziert würde 12 • Angehörige die Gesamtsituation besser verstehen würden 6 • an durchgehendem Informationsfluss gearbeitet würde 4 • es regelmäßige Angehörigenabende gäbe 3 • mehr Zeit zur Verfügung stünde 2

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Ein besseres Verhältnis zu Freiwilligen halten 41% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für möglich und nennen dazu als Voraussetzungen, dass … Nennungen • mehr miteinander kommuniziert würde 9 • es mehr Interessenten für ehrenamtliche Arbeit geben würde 8 • mehr Zeit zur Verfügung stünde 3 • Anleitungs- /Vorbereitungskurse angeboten würden 3 • mehr Grundwissen vorhanden wäre 2 • mehr Absprache erfolgen würde 2 • sie die Situation der Bewohner besser einschätzen könnten 1 • sie sich nicht mit ihrem Halbwissen in die Pflege einmischten 1 • sie mehr in den Tagesablauf der Bewohner einbezogen werden 1

Diese z.T. als Einzelmeinung geäußerten Anregungen stellen eine bessere Kommuni-kation und mehr Verständnis für einander ebenso wie für die Situation der Bewohne-rinnen und Bewohner in den Vordergrund. Entsprechende Strukturen wie Anleitungs-kurse und regelmäßige Treffen werden dabei als hilfreich angesehen. Ein Heimleiter regt darüber hinaus an, für die Freiwilligenarbeit seitens der Leistungs-träger auch finanzielle Zuschüsse zu gewähren – diese könnten, auch wenn sie gering bemessen wären, zu Qualitätszuwachs und Entlastung führen. Weitere Anregungen zur Weiterentwicklung der Arbeit mit Angehörigen und Freiwilligen haben die befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in eigenen Worten gegeben, die auf ihren Erfahrungen beruhen und im Folgenden auszugsweise dargestellt werden. Erfahrungen und konzeptionelle Anregungen der Mitarbeiter Die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genannten Erfahrungen sind recht un-terschiedlich und hängen in starkem Maße mit persönlichen Eigenschaften aller Betei-ligten zusammen:

„Die Erfahrungen der Kooperation mit Angehörigen sind derart unterschiedlich, dass man nur von Fall zu Fall bzw. Charakter des Gegenübers entscheidet.“

Zum Teil werden hier Erfahrungen zum Ausdruck gebracht, die auch bereits das oben dargestellte „Stärken- und Schwierigkeitenprofil“ beeinflusst haben. Gute und hilfreiche Zusammenarbeit

Die Mitwirkung von Angehörigen wird als besonders hilfreich empfunden, wenn sie für die Bewohnerinnen und Bewohner einen psycho-sozial stabilisierenden Rückhalt bil-den, die biografische Vergangenheit erinnern helfen und die Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter mit persönlichen Informationen zu den Bewohnerinnen und Bewohnern unter-stützen.

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„Angehörige sind meiner Meinung nach wichtige Bindeglieder zum Bewohner, sehr hilfreich in persönlicher und biografischer Begleitung. Keine negativen Erfahrungen, die ernsthaft erwähnt werden sollten.“ – „Angehörige bringen viel nützliches Wissen über den Bewohner mit.“ – „Angehörige sind der Genesung der Bewohner sehr dienlich, setzen neue Reize, hel-fen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit bspw. Biografiearbeit besser auf Bewohner eingehen zu können.“

Freiwillige leisten eine auf mehrere Bewohnerinnen und Bewohner ausgerichtete, komplementäre Betreuung, die als hilfreiche Entlastung empfunden wird.

„Die ehrenamtlichen Mitarbeiter haben sich eine Nische gesucht, in der sie die Bewohner selbstständig betreuen und unterstützen“. – „Ehrenamtliche bauen oft eine herzliche und enge Beziehung zu den Bewohnern auf und sind oft eine große Hilfe.“

Insgesamt überwiegen die positiven Erfahrungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Angehörigen und Freiwilligen.

„Angehörige und Ehrenamtliche tragen einen großen Teil dazu bei, hilfsbedürftigen Men-schen eine bessere Lebensqualität zu vermitteln.“ – „Meine Erfahrungen mit Angehörigen und Ehrenamtlichen sind prinzipiell positiv. Es lohnt sich, Zeit in Gespräche mit ihnen zu in-vestieren.“

Allerdings setzt eine produktive Einbindung voraus, dass Zeit in Gespräche investiert wird, Probleme gemeinsam erörtert und Lösungswege kooperativ gefunden werden. Dies muss auch in die Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einfließen.

„Meine Erfahrungen mit Angehörigen sind gut, da ich mir immer genügend Zeit für die An-gehörigen nehme und die Anregungen, Sorgen und Ängste der Angehörigen ernst nehme. Zusammen werden Lösungen einfacher gefunden. Denn nur die Angehörigen kennen die Bewohner. Und wenn man miteinander arbeitet, so kommt es den Bewohnern immer zugu-te. Deshalb schule ich meine Mitarbeiter dahingehend, dass sie sich die Zeit für Angehörige nehmen sollen. Ehrenamtliche können eine große Entlastung sein im sozialen Bereich, lei-der haben wir bei uns in der Einrichtung davon nicht viele, somit müsste dieses ausgebaut werden. Ich kann mir die Arbeit mit Ehrenamtlichen sehr gut vorstellen, denn es gibt ein breites Feld an Aufgaben, wozu das Personal leider nicht kommt: Zeitung lesen, Einkaufen, Spaziergänge, Spiele, usw.“ – „Der Umgang mit Angehörigen und Ehrenamtlichen will ge-lernt sein und erfordert Einfühlungsvermögen; beide sind aber wichtige Bestandteile der Gesamtorganisation eines Pflegeheims.“

Spannungen im wechselseitigen Verhältnis

Wiederholt wird allerdings zum Ausdruck gebracht, dass der Umgang mit Freiwilligen generell entspannter sei als der mit Angehörigen, die sich emotionaler für einzelne Be-wohnerinnen und Bewohner engagierten.

„Mit Ehrenamtlichen habe ich nur positive Erfahrungen gemacht, leider gibt es nicht genug. Mit Angehörigen ist es etwas komplizierter. Die meisten aber zeigen sehr viel Verständnis für das Alltägliche und nicht Alltägliche im Heim.“ – „Angehörige sehen nur sich und ihre zu Pflegenden, andere Bewohnerinnen und Bewohner, die nicht zu ihnen passen, sind stö-rend.“ – „Angehörige sehen nur ihre Pflegefälle, haben oftmals kein Verständnis, dass man sich auch um andere Menschen kümmern muss.“

Auch auf ambivalente Gefühle aufgrund schlechten Gewissens führen manche Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter bestehende Spannungen zurück:

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„Es gibt verschiedene Arten von Angehörigen. Mit den meisten kann man gut sprechen, a-ber manche kommen mit der Situation, Vater oder Mutter ins Heim geben zu müssen, nicht zurecht. Um ihr eigenes schlechtes Gewissen zu erleichtern, suchen sie nach Kleinigkeiten und geben den Druck an das Pflegepersonal weiter.“ – „Die meisten Angehörigen haben immer noch ein schlechtes Gewissen, dass sie ihre Eltern in eine Einrichtung geben muss-ten und suchen dann oft in unserer Arbeit Fehler. Ich denke dies kann nur mit Gesprächen aus der Welt geschafft und verbessert werden, aber da wir ja nur 3-4 Pflegekräfte pro Schicht sind, ist für ausführliche Gespräche wenig Zeit. Solange sich der Stellenschlüssel nicht ändert, wird sich an dieser wie auch an so vielen anderen wichtigen Dingen in der Al-tenpflege keine Zeit finden.“

Mangelnde Erfahrung mit Krankheiten und insbesondere dem Verlauf demenzieller Erkrankungen können nach Meinung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unberech-tigter Kritik an professionellem Handeln führen.

„Zum Teil haben Angehörige wenig Verständnis für die Pflege vor allem bei Demenzkran-ken und wollen körperlichen und psychischen Abbau nicht wahr haben.“ – „Viele Angehöri-ge sowie Ehrenamtliche glauben nicht an die Kompetenz der jeweiligen Mitarbeiter, sie schätzen den Gesundheitszustand des Bewohners anders ein.“

Während zu derartigen Spannungen ein eher starkes Engagement der Angehörigen beiträgt, wird umgekehrt auch zu geringes Engagement beklagt, insbesondere in der Verbindung von oberflächlichem Interesse und rascher Kritik.

„Angehörige machen oft nur kurze Besuche, wälzen alles auf die Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter im Heim ab, verlangen aber alles, kennen selbst keine Pflichten.“ – „Angehörige sprechen oft nicht mit uns, um Missverständnisse zu klären, sondern gehen zum Chef. An-dere Angehörige kommen für 5 Minuten und zeigen kein Interesse an der Verfassung des Bewohners.“

Spannungen können aber auch dadurch entstehen, dass die Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter zu wenig Zeit haben, auf die Fragen der Angehörigen und Freiwilligen einzu-gehen.

„In der Pflege hat man nicht immer die Zeit, um ausführliche Gespräche mit Angehörigen und Ehrenamtlichen zu führen.“

Elemente eines Konzepts zur systematischen Einbeziehung

Die Anregungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lassen sich zu einzelnen Kern-elementen bündeln, die Bestandteile eines systematischen Konzeptes zur Einbezie-hung von Angehörigen und Freiwilligen sein sollten. • Information und Kommunikation

„Alles kommunizieren! Offen miteinander umgehen, auch wenn es nicht unbedingt ange-nehm ist.“ – „Angehörige müssen immer ernst genommen werden. Pflegepersonal muss immer offen und ehrlich ihnen gegenüber sein.“ – „Die Kommunikation grade am Anfang bei Neuaufnahme, wie Wünsche und Bedürfnisse der Angehörigen, sollte mehr stattfinden.“ –„Angehörige wünschen Informationen. Sie helfen gern mit, wenn sie sich vom Fachpersonal unterstützt fühlen. Sie sind oft unsicher, wenn sich die Eltern, bzw. Angehörigen verändern. Sie wollen auch Bestätigung, ob ihr Verhalten richtig ist. In Angehörigenabenden haben sie Gelegenheit, sich auszutauschen. Übergreifende Angehörigenabende zu Themenkomple-

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xen haben sich bei uns bewährt und werden gut besucht. Angehörigenstammtische dage-gen werden nicht so gut besucht. Es dürfen nicht zu viele Termine sein.“

„Mehr Verständnis von Seiten der Angehörigen für manche Pflegesituationen.“ – „Angehöri-gen und Ehrenamtlichen sollte man durch Veranstaltungen oder Broschüren die Tätigkeiten einer Pflegekraft, quasi was sie alles leisten muss, dazu den Stationsablauf näher bringen.“ – Angehörige müssen öfter mit dem Pflegepersonal reden und mehr Informationen über den Tagesablauf des Bewohners erfahren.“ – „Die Angehörigen und Ehrenamtlichen auf die Rahmenbedingungen hinweisen, dass immer mehr dokumentiert werden muss, Mitarbeiter immer häufiger an Grenzen stoßen und ihnen mitteilen, wie wichtig ihre Arbeit am Bewoh-ner ist.“

„Insgesamt sind die Erfahrungen positiv, wenn der Austausch regelmäßig ist und bei Prob-lemen die Angehörigen oder Ehrenamtlichen immer rechtzeitig informiert werden.“

• fester Ansprechpartner „Angehörige und ehrenamtliche Mitarbeiter benötigen immer einen Ansprechpartner, z.B. Sozialdienst und Wohnbereichsleitung.“ – „Zentrale Wohnbereichsleitung als Ansprechpart-ner mit bekannten Sprechzeiten, zeitliche Ressourcen sind gegeben“.

• regelmäßige Gesprächskreise und Fortbildungen „Angehörigenabende unter Einbeziehung von direktem Personal aus allen Tätigkeitsberei-chen sind wichtig.“ – „Gesprächskreis für Angehörige bilden für Erfahrungsaustausch, das Pflegepersonal mit einbinden. Gezielte Fortbildung im Umgang mit dementen Menschen.“ – „Fortbildungen über Pflege, Betreuung und Demenz sowie Grundlagen der Beschäftigungs-therapie für Angehörige und Ehrenamtliche, kleine Einblicke in die Pflege.“ – „Angehörige und Ehrenamtliche werden von Pflegepersonal angeleitet und geschult. Regelmäßige Ge-spräche / Austausch über Befinden von Bewohnern / Absprachen über Handlungen.“

• Einbeziehung in Alltagsleben und Heimbeirat „Es ist wichtig, Angehörige und Freiwillige mehr in das Alltagsgeschehen der Einrichtung mit einbeziehen, sich aufgeschlossen für Anregungen zu zeigen und diese konkret umzu-setzen.“ – „In alltägliche Arbeit einbeziehen, z.B. in Festgestaltung, dann fühlen sie sich auch nicht mehr als Gast, sondern helfen mehr mit, fühlen sich auch verantwortlich.“ – „Ein-beziehung von Angehörigen in den Heimbeirat, um Entscheidungen, die die Einrichtung betreffen, gemeinsam zu lösen.“

• Anerkennung freiwilliger Mitarbeit „Ehrenamtliche sollten geführt, freiwillig fortgebildet und lieber zu viel als zu wenig mit Lob und Dank bedacht werden.“ – Die Leitung unterschätzt die Mitarbeit der ehrenamtlichen Helfer, eher „laufen so mit“, Wichtigkeit müsste besser gewürdigt werden.“ – „Mehr Aner-kennung seitens der Heimleitung (persönlich!). Mehr Unterstützung (professionell) und An-leitung.“

• Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Supervision „Es ist nötig, regelmäßig alle Mitarbeiter über die Betreuung der Angehörigen- und Ehren-amtlichenarbeit zu informieren.“ – „Schulungen für Personal: Umgang mit Angehörigen, Einbeziehung in alle Fragen.“ – „Durch Supervision Selbstbewusstsein fördern. Kommuni-kation einüben durch Fortbildung. Fallbesprechung im Team.“ – „Es sollten ein oder zwei Personen als ständige Ansprechpartner/innen zur Verfügung stehen, um auch belastende Situationen auffangen zu können (Supervision).“

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• Werbung und Öffentlichkeitsarbeit „Noch mehr Öffentlichkeitsarbeit und Werbung für Besuche und Mitarbeit in den Pflegeein-richtungen.“ – „Angehörige und Freiwillige sollten in den Medien viel öfter auftauchen.“ – „Es sollten in Fernsehen und Nachrichten nicht nur schlechte Altenheime gezeigt werden, sondern auch die andere Seite, damit das Bild „Altenheim“ wieder positiver wird.“

Die Umsetzung dieser Anregungen zur Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen kann zu mehr Lebensqualität in den Einrichtungen führen, erfordert aber zunächst eine Investition von Zeit, Energie und konzeptioneller Phantasie.

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6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 6.1 Zusammenfassung zentraler Ergebnisse Gegenstand der Teilstudie

Im Rahmen der Untersuchung „Möglichkeiten und Grenzen einer selbstständigen Le-bensführung in Einrichtungen“ (MuG IV) führte das Institut für Sozialforschung und Ge-sellschaftspolitik (ISG) eine Teilstudie zur Mitwirkung von Angehörigen und Freiwilligen bei der Pflege und Betreuung in stationären Einrichtungen durch. Diese Untersuchung zielt darauf ab, die vielfältigen Formen, Motive und Wirkungen dieser Mitarbeit empi-risch zu erfassen und aus der Perspektive der beteiligten Akteure, insbesondere der Angehörigen, Freiwilligen und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bewerten zu las-sen. Die forschungsleitenden Fragestellungen fokussieren auf: • Potenziale familiärer und ehrenamtlicher Unterstützung

• Bereiche der Pflege und Betreuung, in denen sich diese Potenziale nutzen lassen oder nicht

• Wirkungen der Mitarbeit von Angehörigen und Freiwilligen in Bezug auf die Le-bensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner und eine Entlastung der professio-nellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

• Erforderliche Maßnahmen und Regelungen zur optimalen Nutzung der Potenziale

• Bereitschaft und Voraussetzungen seitens der professionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit Angehörigen und Freiwilligen zusammen zu arbeiten

• Konzepte der Angehörigenarbeit und der Förderung des Ehrenamts zur systemati-schen Einbeziehung dieser Ressourcen

• Erfahrungen mit der Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen, Anregungen zur Weiterentwicklung entsprechender Konzepte.

Forschungsstand und aktuelle Diskussion

Zu dieser Thematik liegt bereits eine ganze Reihe von Studien vor, die aber mit unter-schiedlichem Fokus (meist nur entweder auf Angehörige oder auf Freiwillige bezogen) und bei unterschiedlichen Fragestellungen ansetzen. Soweit es sich um empirische Untersuchungen handelt, sind sie meist auf begrenzte Regionen und vergleichsweise kleine Stichproben bezogen. Das thematische Spektrum reicht von der Motivation zur Mitarbeit über die Stressbelastung der Beteiligten bis zu den Formen der Mitwirkung, wobei einige Autorinnen und Autoren eine klare Rollendefinition vorschlagen, während andere dies als zu starr empfinden und eine flexiblere Aushandlung bevorzugen. In diesem Zusammenhang werden Hindernisse der Mitwirkung und mögliche Konfliktan-

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lässe untersucht und Lösungsvorschläge erarbeitet. Vereinzelt wird auch der Aspekt möglicher Kostenreduktionen durch eine Aufgabenverlagerung auf Angehörige oder Freiwillige angesprochen, dann meist aber mit dem Tenor, dass diese die fachliche Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht übernehmen, sondern eher (emotional und sozial begleitend) ergänzen können. Solche ökonomischen Erwägungen erhalten allerdings in der aktuellen Diskussion in Deutschland zunehmend Gewicht, wenn unter Verweis auf steigenden Pflegebedarf und begrenzte Ressourcen für einen „neuen Wohlfahrtsmix“ geworben wird. Vor diesem Hintergrund prüft die vorliegende Untersu-chung kritisch, welche Ressourcen durch die Einbeziehung von Angehörigen und Frei-willigen erschlossen werden können, unter welchen spezifischen Voraussetzungen und mit welchen Grenzen dies möglich ist und welche grundsätzlichen Unterschiede zwi-schen diesem Engagement und professioneller Pflege bestehen. Methodik und Beteiligung

Methodisch wurde der Forschungsauftrag in fünf Arbeitsschritten durchgeführt: Schrift-liche Befragungen von (1) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, (2) Angehörigen und (3) Freiwilligen, weiterhin (4) mündliche Befragungen der Heimleitungen in fünf Einrichtun-gen und (5) Gruppengespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Angehörigen und Freiwilligen zur Weiterentwicklung ihrer Kooperation. Die Untersuchungsschritte (1) bis (3) wurden zwischen April und Oktober 2006 durch-geführt; insgesamt 584 Fragebögen konnten ausgewertet werden, darunter Fragebö-gen von 233 Angehörigen, von 223 Freiwilligen und von 128 Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter. Die telefonisch-mündlichen Befragungen der Heimleitungen (Schritt 4) wurden im Laufe des Sommers 2006 durchgeführt. Die Gruppengespräche in fünf Einrichtun-gen (Schritt 5) erfolgten nach Abschluss der Auswertung der Befragungen im ersten Halbjahr 2007. Mitwirkung aus der Perspektive der Angehörigen

Die meisten Heimbewohnerinnen und -bewohner (86%) haben Angehörige, zwei Drittel davon sind Kinder, ein Zehntel die Ehepartner und die übrigen andere Verwandte. Die hier befragten Angehörigen kommen recht häufig zu Besuch (viele täglich, die meisten zumindest ein- bis zweimal pro Woche), was auf eine lebendige Beziehung schließen lässt. Telefonische Kontakte spielen dagegen kaum eine Rolle. Die Besuche dauern im Durchschnitt etwa zwei Stunden, wobei es Unterschiede nach der Verwandtschaftsbe-ziehung gibt. Ehepartner kommen meistens täglich zu Besuch und bleiben überdurch-schnittlich lange, die Kinder kommen meist wöchentlich und mit knapp 2 Stunden et-was kürzer zu Besuch. Die meisten Heimbewohnerinnen und -bewohner haben vor dem Heimeinzug allein gelebt und waren schon seit längerer Zeit pflegebedürftig, nur 6% von ihnen waren

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vorher nicht pflegebedürftig. Die Angehörigen waren in der Regel auch zu dieser Zeit schon in die Versorgung einbezogen. Dies war mit teilweise erheblichen Belastungen verbunden, und auch das Verhältnis zu den Pflegebedürftigen war dadurch ange-spannt. Der Umzug ins Heim hat zu einer Entlastung beigetragen, der Anteil derer mit einem unbelasteten Verhältnis erhöhte sich dadurch von 43% auf 53%. Die Pflegebedürftigen, deren Angehörige das ISG befragt hat, weisen meist ähnliche Merkmale auf wie die Pflegebedürftigen insgesamt: Es sind weit überwiegend Frauen (84%), das Durchschnittsalter liegt deutlich über 80 Jahren. Die Angehörigen sind im Durchschnitt 24 Jahre jünger (rd. 60 Jahre), zwei Drittel von ihnen sind Frauen und ein Drittel Männer. 65% der Angehörigen wohnen im gleichen Ort, in dem die Einrichtung liegt, während 35% teilweise größere Entfernungen zurücklegen müssen. Dies wirkt sich nachteilig auf die Besuchshäufigkeit und auf die subjektive Belastung aus. Ihre Rolle als Angehörige beschreiben die Angehörigen so: Die meisten versuchen zumindest ab und zu in die Einrichtung zu kommen und leisten ihren Angehörigen re-gelmäßig Gesellschaft. Über die Hälfte der Angehörigen bringt der Einrichtung und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern großes Vertrauen entgegen und verlässt sich auf eine gute Versorgungsqualität, während jede/r fünfte Angehörige diesbezüglich selbst kontrolliert. Die Hälfte sagt, dass sie ihren Angehörigen am besten kennen und daher am ehesten wissen, was er/ sie braucht. Nur 14% der Angehörigen beteiligen sich aktiv an der Pflege und hauswirtschaftlichen Hilfe. Die Angehörigen wurden nach der Intensität ihrer Mitwirkung typisiert. Nach Einschät-zung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lassen sie sich dieser Typologie folgender-maßen zuordnen: 11% wirken regelmäßig und aktiv an Pflege und Betreuung mit (Typ A), 31% kommen regelmäßig zu Besuch und leisten eher soziale Betreuung und psy-chische Stabilisierung (Typ B), 29% kommen nicht ganz so häufig und sind eher flan-kierend tätig (Besorgungen, finanzielle Dinge erledigen; Typ C), und 27% kommen sel-tener zu Besuch, delegieren Pflege und Betreuung im Wesentlichen an die Einrichtung und „überwachen“ sie nur punktuell (Typ D). Diese Unterschiede wurden bei der Aus-wertung der Mitwirkungsformen berücksichtigt. Was die Bereiche der Mitwirkung betrifft, so sind fast alle Angehörigen in der psycho-sozialen Betreuung aktiv, sie unterhalten sich regelmäßig mit den Bewohnerinnen und Bewohnern und lesen ihnen vor. Ebenso viele leisten Biografiearbeit und tragen damit zur besseren Kenntnis der Person bei. Diese inhaltliche Mitwirkung wird häufiger prak-tiziert als eine rein organisatorische (bei Festen, Ausflügen, Veranstaltungen), bei der nur ein Drittel mitwirkt. Viele Angehörige beziehen bei ihrer Mitwirkung andere Bewoh-

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nerinnen und Bewohner mit ein und nehmen auch regelmäßig an Angehörigentreffen teil. Bei der Pflege im engeren Sinne wirken vergleichsweise wenige Angehörige mit (10% regelmäßig, weitere 33% sporadisch). 17% der Befragten wären zu einer stärke-ren Mitwirkung bei der Pflege bereit, während 40% sagen, dass sie dies nicht können oder nicht wollen. Typische Formen der Mitwirkung beziehen sich auf die Regelung der finanziellen An-gelegenheiten, kleinere Besorgungen. In etwas geringerem Maße helfen sie auch, die Wäsche in Ordnung zu halten, das Zimmer aufzuräumen, unterstützen beim Gedächt-nis- und Orientierungstraining, beim Essen sowie bei Geh- und Bewegungsübungen. Was die Motive der Angehörigen betrifft, so wirken die meisten deshalb mit, weil dies für sie „selbstverständlich“ ist und weil dies den Pflegebedürftigen oder ihnen selbst gut tut. Eine geringere Rolle spielen die Gründe, dass sich sonst niemand kümmere, dass es um die eigene Unterstützung und Anerkennung gehe oder dass man die Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter entlasten könne. Keine maßgeblichen Motive zur Mitwirkung sind dagegen eigene Einsamkeit oder ein Kontrollbedürfnis gegenüber den Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter. Als besondere Belastung empfinden die Angehörigen den Zeitmangel, sowohl ihren eigenen als auch den der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie die Situation demen-ziell erkrankter Menschen. 22% leiden unter der Begrenztheit der eigenen Kräfte, auf weitere 36% trifft dies teilweise zu; dabei ist ein schlechter Gesundheitszustand eine zentrale Ursache. Bezüglich der Unterstützungsangebote der Einrichtungen berichten 80% der Angehöri-gen über eine regelmäßige Anleitung und Beratung, die aber nur 29% in Anspruch ge-nommen haben. 42% der Angehörigen sagen, dass es Fortbildungskurse bzw. Anlei-tungskurse gebe, die Hälfte von ihnen hat einen solchen Kurs auch in Anspruch ge-nommen. Ein ähnliches Bild bietet sich im Hinblick auf Angebot und Nutzung von Selbsthilfegruppen. Was das Verhältnis zu der Einrichtung und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern be-trifft, so fühlen sich die meisten Angehörigen in der Einrichtung willkommen, kaum ei-ner fühlt sich als „Störenfried“. Sie können sich jederzeit mit Fragen und Problemen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wenden, fühlen sich von diesen gut unterstützt und wissen ihre Angehörigen in guten Händen. Die Informationslage über den zu Pflegen-den sowie über das Geschehen im Heim beurteilen zwei Drittel als gut, ein Drittel aber etwas zurückhaltender. Skeptischer beurteilen die Angehörigen ihre direkte Einbezie-hung in die pflegerische Arbeit und den Entlastungseffekt, den ihre Mitwirkung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat.

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Konflikte mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat die Mehrzahl der Angehörigen bisher noch nicht gehabt, und wenn Konflikte auftraten, so werden sie überwiegend als „harm-los“ bezeichnet, nur 9% der Angehörigen berichten auch von ernsthaften Konflikten. Wenn Konflikte aufgetreten sind, so ging es meist um die Qualität der Pflege oder um das Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an zweiter Stelle stehen Konflikte wegen der Qualität der sozialen Betreuung oder der Qualität des Essens sowie wegen der hauswirtschaftlichen Versorgung oder des Verhaltens anderer Bewohnerinnen und Bewohner. Angehörige, die sich intensiver in der Pflege engagieren, berichten über häufigere und zugleich gravierendere Konflikte als die anderen. Die Vorschläge der Angehörigen, wie Konflikte vermieden werden können, reichen von besserer Information (über den Pflegebedürftigen und über Angebote der Einrichtung) über mehr Gespräche (mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und der Einrichtungslei-tung) bis zu Fortbildungskursen. Sie möchten auch stärker in den Alltag im Heim ein-bezogen werden. Dabei wird als größtes Problem von vielen befragten Angehörigen eine schlechte finanzielle und damit personelle Ausstattung der Einrichtungen angese-hen. Die Angehörigen sehen, dass die professionelle pflegerische Arbeit körperlich und psychisch anstrengend ist und unter hohem Zeitdruck steht und betrachten Fehlverhal-ten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eher als Ausnahme. Eine reibungslose Ein-bindung der Angehörigen ist ihrer Meinung nach an die Voraussetzung gebunden, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Zeit für die Kommunikation mit Angehö-rigen, Geduld und Einfühlungsvermögen aufbringen, um deren Mitwirkungspotenziale aktivieren zu können. Mitwirkung aus der Perspektive der Freiwilligen

Freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen leisten eine vielfälti-ge flankierende Unterstützung schwerpunktmäßig im Bereich sozialer Begleitung und kultureller Angebote. Für die Bewohnerinnen und Bewohner sind sie wichtige Bezugs-personen, vor allem für diejenigen ohne Angehörige. An der ISG-Befragung 2006 be-teiligten sich 223 Freiwillige aus 50 Einrichtungen, die überwiegend ein bis zwei Mal pro Woche für durchschnittlich knapp drei Stunden in die Einrichtung kommen. Sie leis-ten zu einem größeren Anteil Gruppenangebote (wie Sing- und Spielkreise, Ausflüge oder Infrastrukturangebote) und zu einem kleineren Anteil Einzelbetreuung (persönli-che Gespräche, Begleitung bei Spaziergängen). In den Bereichen der hauswirtschaftli-chen Versorgung oder der Verwaltung sind sie weniger aktiv und im pflegerischen Be-reich fast gar nicht. Die soziodemografische Analyse ergibt, dass die Freiwilligen überwiegend Frauen sind, viele zwischen 60 und 80 Jahre alt und die meisten ohne gesundheitliche Beein-trächtigungen. Die Hälfte von ihnen ist aus eigenem Antrieb ehrenamtlich aktiv gewor-den, rd. 20% sind durch die Kirchengemeinde zu diesem Engagement gekommen und

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weitere rd. 10% haben die Einrichtung ursprünglich als pflegende Angehörige kennen gelernt. Die Motive sind gleichermaßen altruistisch wie selbstbezogen: Die meisten möchten sowohl den Bewohnerinnen und Bewohnern etwas Gutes als auch selbst et-was Sinnvolles tun und dabei Kontakt zu anderen Menschen pflegen. Eine nur geringe Rolle spielen dagegen die Motive, etwas gegen die eigene Einsamkeit tun oder zur Kosteneinsparung beitragen zu wollen. Die Freiwilligen kommen gerne in die Einrichtung und fühlen sich weit überwiegend unterstützt und gefördert, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind jederzeit ansprech-bar und sie sehen ihr Engagement anerkannt. Die meisten fühlen sich dem Haus zu-gehörig und würden ein solches Engagement weiter empfehlen. Viele Freiwillige meinen, dass sie durch ihre Betreuungsleistungen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlasten können, beurteilen ihren Entlastungsbeitrag in den Bereichen der Pflege und Versorgung aber sehr zurückhaltend (und je nach Engagementbereich unterschiedlich). Sie stehen schwerpunktmäßig mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbei-tern des Sozialdienstes in (gutem) Kontakt, weiterhin mit der Heimleitung sowie in etwa gleichem Maße mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bereiche Pflege und Haus-wirtschaft. Hinsichtlich ihres Kontaktschwerpunktes unterscheiden sie sich damit von den Angehörigen, die in erster Linie mit dem Pflegepersonal zu tun haben. Als belastend empfinden die Freiwilligen die Situation demenziell erkrankter Menschen und dass sie selbst zu wenig Zeit haben. An dritter Stelle folgt das Problem, dass ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter häufig überlastet erscheinen. Nach Einschätzung der Freiwilligen stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihrer Mitwirkung sehr positiv gegenüber und sehen den Grund dafür insbesondere darin, dass sie für die Bewohnerinnen und Bewohner Freude und Abwechslung bedeuten, dass sie die Betreuung erleichtern und damit auch zur Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beitragen können. Mit diesen haben sie kaum Konflikte, ihr Verhältnis zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist weniger konfliktträchtig ist als das der An-gehörigen. Wenn es zum Konflikt kommt, dann noch am ehesten wegen persönlichem Verhalten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Gewinnung und kontinuierliche Motivierung von Freiwilligen lebt in starkem Maße von der Anerkennung ihrer Leistungen und einer fachlichen Begleitung in Krisensituati-onen. Häufig erfahren die Freiwilligen eine symbolische Anerkennung in der Form, dass sie zu Veranstaltungen, Festen oder Ausflügen der Einrichtungen eingeladen werden. Darüber hinaus gibt es auch Feiern speziell für die Freiwilligen sowie individu-elle Gratifikationen. Eine Erstattung von Fahrtkosten oder Auslagen wird nur von einem kleineren Teil der Einrichtungen praktiziert. Während ein Teil der Freiwilligen dies auch

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ablehnen, würden finanziell schlechter gestellte dies gerne in Anspruch nehmen (wobei zum Teil mit Schamgrenzen zu rechnen ist). Weitere Formen der Anerkennung wie Danksagung durch die Heimleitung oder eine schriftliche Dokumentation der geleiste-ten Arbeit werden von den Freiwilligen angeregt. Gut die Hälfte der Einrichtungen bietet den Freiwilligen eine feste Ansprechpartnerin bzw. einen festen Ansprechpartner, und ebenso häufig gibt es die Möglichkeit, sich einer Freiwilligengruppe anzuschließen; beide Angebote werden von etwa einem Drittel der Freiwilligen genutzt. Wichtig sind den Freiwilligen auch eine Einbeziehung in die Heimabläufe (z.B. Informationen über neue Bewohnerinnen und Bewohner) und geziel-te Qualifizierungsangebote wie etwa zum Verlauf von und zum geeigneten Umgang mit Demenz. Auch in dieser Hinsicht wird deutlich, dass die Freiwilligen keine homogene Gruppe sind, sondern unterschiedliche Interessen haben. Zur Aktivierung weiterer Engagementpotenziale empfehlen die Freiwilligen vor allem eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit der Einrichtungen und mehr Aufklärung über den hohen Stellenwert dieser Arbeit, aber auch „Schnupperangebote“ für noch Unent-schlossene. Obwohl das Verhältnis zwischen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Großen und Ganzen recht gut ist, lassen sich den Fragebögen Hinweise zu einer weiteren Optimierung entnehmen. Die wechselseitige Kommunikati-on kann verbessert werden durch rechtzeitige und umfassende Information über das Heim und seine Bewohnerinnen und Bewohner, mehr Zeit für gemeinsame Gespräche und die Möglichkeit, Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten besprechen zu können. Um ein vertrauensvolles Verhältnis zu pflegen, sollten Freiwillige und Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter ihre jeweiligen Kompetenzen, Engagements und Belas-tungen wechselseitig anerkennen. Mitwirkung von Angehörigen und Freiwilligen aus der Perspektive der Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter

Die Mitwirkungspotenziale von Angehörigen und Freiwilligen können nur dann zur Ent-faltung kommen, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Angebot aufgreifen und in ihren zeitlich durchstrukturierten Arbeitsalltag integrieren. Diese Perspektive kann auf der Basis von 128 Fragebögen in die Untersuchung einbezogen werden, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beantwortet wurden. Diese repräsentieren von ihrer fachlichen Qualifikation her recht gut die Mitarbeiterschaft in Altenpflegeheimen; 85% von ihnen sind Frauen, das Durchschnittsalter liegt bei 41 Jahren. Gute Mitwirkungsmöglichkeiten für Angehörige und Freiwillige sehen die Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter vor allem im Aufgabenfeld der sozialen Begleitung, mit Einschrän-

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kungen auch bei Hauswirtschaft und Sozialdienst, in geringem Maße aber bei Aufga-ben der Pflege – dort finden mehr als die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Angehörigen und Freiwilligen zur Mitwirkung gar nicht, die übrigen nur teilweise geeignet. Den Schwerpunkt der Mitarbeit von Angehörigen sehen die befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in persönlichen Hilfen, während Freiwillige vor allem gesellige (Grup-pen-) Angebote und Ergänzungen der Infrastruktur im Heim (z.B. durch Cafeteria, Bib-liothek, Heimradio) erbringen können. Durch beide Gruppen sehen sich die Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter vor allem dann entlastet, wenn sie den Bewohnerinnen und Be-wohnern Gesellschaft leisten und mit ihnen kommunizieren. Die Stärken der Angehörigen liegen nach Einschätzung der Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter in der hohen persönlichen Motivation und meist auch ausreichenden Zeit zur Mitarbeit, in der Enge der persönlichen Beziehung und Aufrechterhaltung der Einbin-dung in die Familie, in der guten Kenntnis der Biografie der Bewohnerinnen und Be-wohner und der Möglichkeit, von hier aus deren Interessen zur Sprache zu bringen. Schwierigkeiten bei der Einbeziehung sehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin, dass Angehörige die Entwicklung von Krankheitsbildern unzureichend beurteilen könn-ten und im pflegerischen Bereich kaum einsetzbar seien. Zudem seien viele emotional durch Rollenkonflikte und Schuldgefühle belastet und manche überkritisch gegenüber dem Personal. Bezüglich der Freiwilligen sehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Stärken vor allem in deren Kreativität und persönlichen Fähigkeiten, auch in der geringeren emoti-onalen Bindung an die Bewohnerinnen und Bewohner. Als schwierig bei der Einbezie-hung von Freiwilligen bewerten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deren fachliche Grenzen, Über- oder Unterschätzung ihrer Leistungsfähigkeit sowie die schlechte zeit-liche Planbarkeit dieser Ressource. Bei der Bewertung der Mitwirkung von Angehörigen und Freiwilligen zeichnen die Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter ein differenziertes Bild. Einerseits haben die Angehörigen für die Bewohnerinnen und Bewohner wichtige Funktionen bezüglich psychischer Sta-bilisierung und der Aufrechterhaltung von Außenkontakten, ebenso bei der Biografiear-beit und als belebendes Element. Andererseits erfordern sie teilweise auch einen zu-sätzlichen Aufwand, einige haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als kontrollie-rend erfahren. Insgesamt überwiegen jedoch die positiven Meinungen von der Bedeu-tung der Angehörigen. Die Bedeutung der Freiwilligen wird im Vergleich dazu positiver bewertet, die Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter sehen sie eher als Entlastung und als belebendes Element,

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gleichzeitig bedeuten sie weniger Aufwand, kritische und kontrollierende Haltungen gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind bei ihnen geringer ausgeprägt als bei den Angehörigen. Dies zeigt sich auch bei der Einschätzung von Konflikten, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insgesamt als häufiger und gravierender wahrnehmen, als sie aus Sicht der Angehörigen und Freiwilligen sind. Dabei stellt sich das Verhältnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu den Angehörigen als konfliktträchtiger dar als das zu den Freiwilli-gen. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten es für wichtig, dass Angehörige und Freiwillige angemessen unterstützt werden, vor allem durch eine feste Ansprechperson in der Einrichtung sowie durch eine regelmäßige (Einzel-) Beratung, die bisher aber nur in der Hälfte der Einrichtungen angeboten wird. Fortbildungskurse, eine feste Gruppe sowie ausführliche Anleitung und Vorbereitungskurse gibt es nach Einschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Freiwillige häufiger als für Angehörige, für diese wird dies aber ebenfalls für wichtig gehalten. Von ihrer Heimleitung erwarten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass sie bei der Arbeit mit Angehörigen und Freiwilligen aktiv unterstützt werden, ausreichend Zeit für Gespräche erhalten und dass diese Arbeit in einem ausgearbeiteten Konzept in ver-lässlicher Weise geregelt wird. Über eine gezielte Fortbildung in der Kommunikation mit beiden Personengruppen berichtet nur ein kleinerer Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ansatzpunkte für eine Weiterentwicklung sind vor allem eine bessere In-formation, offene Gespräche und Einladungen zu den Treffen von Angehörigen und Freiwilligen. 6.2 Schlussfolgerungen und Empfehlungen Zur Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen in die Pflege und Betreuung in Heimen liegen vielfältige Forschungsergebnisse vor, die über die Motive und Belastun-gen, Formen der Einbeziehung und Hindernisse Auskunft geben. Viele dieser Ergeb-nisse konnten durch die empirischen Analysen der vorliegenden Untersuchung weiter vertieft und differenziert werden, manche Überzeugungen konnten dagegen nicht bes-tätigt werden. Generell zeichnen sich folgende Tendenzen ab: • Markante Unterschiede bestehen zwischen Angehörigen und Freiwilligen. Dies

lässt sich zeigen insbesondere hinsichtlich der Motivation (eigene Betroffenheit vs. Engagement für Andere), dem Grad der Verpflichtung (moralisch-familiäre Bindung vs. Selbstverpflichtung), Distanz zu den Bewohnerinnen und Bewohner (bei Ange-

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hörigen geringer als bei Freiwilligen), Kreativität (bei Angehörigen eher zufällig, bei Freiwilligen meist ein Grund für das Engagement), Verhältnis zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (bei Angehörigen eher konfliktanfällig als bei Freiwilligen). Unter-suchungen, die auf diese Unterscheidung verzichten, blenden wichtige Erkenntnis-se aus.

• Innerhalb jeder dieser untersuchten Gruppen gibt es wiederum deutliche Unter-

schiede. So lassen sich verschiedene Typen von Angehörigen etwa nach der Kon-takthäufigkeit und ihrem Engagement für die pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner unterscheiden. Unter den Freiwilligen werden Unterschiede in der Art der Angebote, ihrer Motivation und Zugangsweise sowie ihrer sozialen Stellung deutlich. Die Angehörigenarbeit einerseits und die Freiwilligenarbeit andererseits müssen diese typologischen Unterschiede im Blick haben.

• Hinsichtlich des Mitwirkungsinteresses und der faktischen Möglichkeiten zur Mitwir-

kung haben sich klar unterscheidbare Bereiche ergeben. Gemeinsam ist beiden Gruppen der Schwerpunkt auf sozialer Betreuung, wobei die Angehörigen diese meist auf eine Person beziehen, während die Freiwilligen eher Gruppenangebote durchführen. Darüber hinaus wird Hilfe bei persönlichen Angelegenheiten vor allem durch Angehörige geleistet, während Freiwillige personübergreifende und infra-strukturelle Angebote entwickeln. Wenn eine Mitwirkung für bestimmte Aufgaben geplant wird, sollten diese Unterschiede berücksichtigt werden.

• Was eine Einbeziehung in die Pflege im engeren Sinne betrifft, so gilt generell,

dass die Mitwirkungsmöglichkeiten sehr begrenzt sind, da Pflege vor allem eine fachlich-professionell zu erbringende Leistung ist. Angehörige (bzw. der aktive Typ darunter) können eher noch für bestimmte pflegeergänzende Hilfen hinzu gezogen werden (ohne sie aber durch die Erwartung einer Leistungskonstanz zu überfor-dern) als Freiwillige, die allein schon wegen der größeren Distanz zur pflegebedürf-tigen Person hierfür kaum in Frage kommen. Allen Überlegungen, durch Einbezie-hung von Angehörigen und Freiwilligen professionelle Pflegeleistungen auch nur teilweise substituieren zu können, muss angesichts dieser Ergebnisse klar wider-sprochen werden. Der Entlastungsbedarf, der die vormals pflegenden Angehörigen dazu veranlasst, ihre Verwandten ab einem bestimmten Moment in einem Heim pflegen zu lassen, darf nicht übersehen und kann nicht rückgängig gemacht wer-den.

Auf der Grundlage der Forschungsergebnisse lassen sich einige Elemente benennen, die eine gute Angehörigen- und Freiwilligenarbeit auszeichnen. Obwohl die meisten

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dieser Elemente sowohl Angehörige als auch Freiwillige betreffen, stellen wir sie ge-trennt dar, da die Erläuterungen teilweise unterschiedlich sind.33 Elemente einer guten Angehörigenarbeit (1) Regelmäßige Information

Grundlage einer guten Zusammenarbeit mit Angehörigen ist eine regelmäßige und umfassende Information über die Angelegenheiten der Einrichtung, die Situation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und vor allem die Befindlichkeit des angehörigen Be-wohners. Diese Information kann teilweise formell erfolgen (z.B. über eine Hauszeitung oder einen Infobrief), wird im Wesentlichen, insbesondere soweit es um individuelle Belange geht, aber in Einzelgesprächen erfolgen müssen. Ein wechselseitiges Ver-ständnis von unterschiedlichen Perspektiven ist in entscheidender Weise auf eine gute Informationsbasis angewiesen. (2) Offene Kommunikation

Konflikte müssen offen angesprochen werden, auch wenn dies manchmal unange-nehm ist. Gespräche über Konflikte können einen höheren Zeitbedarf haben als reine Informationsgespräche, sodass hinreichend Zeit dafür verfügbar sein sollte. Sie dürfen aber nicht deswegen verschoben werden, weil sie zeitlich unpassend erscheinen. Des Weiteren können und sollten interessierte Angehörige für eine Mitarbeit im Qualitäts- und Beschwerdemanagement der Einrichtung gewonnen werden (z.B. Teilnahme an Qualitätszirkeln). (3) Feste Ansprechpartner

Ein fester Ansprechpartner ist für die Angehörigen wichtig, in den meisten Einrichtun-gen gibt es ihn bereits. Nur dadurch kann garantiert werden, dass Anliegen oder Kon-flikte auch in ihrer Bearbeitung mitverfolgt und gegebenenfalls nochmals zur Sprache gebracht werden können. (4) Kontinuierliche Begleitung

Die Mitwirkung von Angehörigen funktioniert dort am besten, wo diese nicht allein ge-lassen, sondern kontinuierlich begleitet werden. Dies wird durch eine konzeptionelle Verankerung der Angehörigenarbeit erleichtert. Darüber hinaus ist es vor allem in der Sterbephase für Angehörige hilfreich, von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begleitet und emotional gestützt zu werden.

33 Diese Hinweise sind nur punktuell, da die Entwicklung praktischer Orientierungshilfen

nicht im Vordergrund der ISG-Untersuchung steht; zur Praxisanleitung vgl. die eingangs erwähnten Leitfäden des KDA (1998) und des IPW der Universität Bielefeld (Wingenfeld et al. 2006).

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(5) Regelmäßige Gesprächskreise

Eine feste Angehörigengruppe bietet ihren Teilnehmenden die Möglichkeit, sich mit Gleichbetroffenen auszutauschen, sich gegenseitig hilfreiche ebenso wie bedrückende Erfahrungen zu berichten und daraus entlastet und gestärkt hervorzugehen. Dabei dürfen regelmäßige Gruppentreffen nicht als Zwang empfunden werden, sondern als ein Angebot, das je nach eigener Befindlichkeit genutzt werden kann oder auch nicht. (6) Fortbildungen

Angehörige benötigen weniger eine Anleitung zur pflegerischen Hilfe, da viele von ih-nen ja bereits vor dem Heimeinzug ihres Verwandten pflegerisch tätig waren. Aber spezifische Fortbildungen zum Umgang mit Rollenkonflikten und Schuldgefühlen sind für sie ebenso hilfreich wie zur Vorbereitung des letzten Lebensabschnitts ihres Ver-wandten, der durch zunehmenden Hilfebedarf und meist auch fortschreitende Demenz gekennzeichnet ist. (7) Einbeziehung in das Alltagsleben

Durch eine stärkere Einbeziehung der Angehörigen in das Alltagsleben im Heim soll ein besseres Verständnis für die Pflegesituation, für das Handeln der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für die Rahmenbedingungen der Einrichtung erzielt werden. Die Mitwirkung soll dadurch selbstverständlicher werden. (8) Mitwirkung im Heimbeirat

Eine spezielle Form der Mitwirkung ist die im Heimbeirat, die ein kontinuierliches En-gagement über die Betreuung des Verwandten hinaus erfordert. Angehörige können als Interessenvertreter ihrer verwandten Bewohnerinnen und Bewohner und darüber hinaus der Bewohnerschaft insgesamt wirksam werden. Angesichts des Aufwandes einer solchen Verpflichtung ist allerdings nur ein kleiner Teil der Angehörigen dazu be-reit. (9) Anerkennung freiwilliger Mitarbeit

Auch Angehörige freuen sich über eine Anerkennung ihrer Mitwirkung, ihnen ist dies aber weniger wichtig als den Freiwilligen (s.u.). (10) Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Supervision

Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich für die Anliegen von Angehörigen Zeit nehmen sollen, müssen sie sicher sein, dass ihre Vorgesetzten und die Heimleitung dies uneingeschränkt unterstützen. Über diesen grundsätzlichen Rückhalt hinaus be-nötigen sie aber auch methodische Kompetenzen zur Gesprächsführung und Konflikt-bearbeitung. In besonders kritischen Fällen müssen sie die Möglichkeit haben, selbst

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Rat zu suchen, d.h. die Frage des Umgangs mit den Angehörigen sollte ein fester Be-standteil von Supervisionen sein. (11) Werbung und Öffentlichkeitsarbeit

Mit der Einbindung der Angehörigen in den Heimalltag wird die Verbindung der Be-wohnerinnen und Bewohner zum „normalen“ Leben in ihrer Kommune teilweise auf-recht erhalten. Diese Verbindung sollte im Sinne einer „Öffnung der Heime“ auch öf-fentlichkeitswirksam dargestellt werden. In den Gesprächen in den Einrichtungen wur-de wiederholt bedauert, dass die Medien vor allem Pflegedefizite zum Anlass einer (skandalisierenden) Berichterstattung nehmen. Dem sollte mit einer aktiven Öffentlich-keitsarbeit begegnet werden, die auch gelungene Beispiele für eine Erhöhung von Le-bensqualität durch die Mitwirkung von Angehörigen publik macht. Elemente einer guten Freiwilligenarbeit Soweit die Elemente einer guten Angehörigenarbeit auch für Freiwillige gelten, wird darauf verwiesen; aber es gibt auch spezifische Empfehlungen für diese Gruppe. (1) Regelmäßige Information

Auch für die Freiwilligenarbeit gilt, dass eine regelmäßige und umfassende Information Grundlage einer guten Zusammenarbeit ist. Dabei stehen die Angelegenheiten der Einrichtung im Vordergrund, aber auch Veränderungen der Lebenssituation und Be-findlichkeit der Bewohnerinnen und Bewohner, für die die Freiwilligen Angebote entwi-ckeln. (2) Offene Kommunikation

Der Grundsatz einer offenen Kommunikation einschließlich eines offenen Umgangs mit Konflikten gilt auch für das Verhältnis zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Freiwilligen (auch wenn sich gezeigt hat, dass deren Verhältnis weniger konfliktträchtig ist als das zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Angehörigen). Wie Angehöri-ge können interessierte Freiwillige gewinnbringend in heiminterne Maßnahmen des Qualitäts- und Beschwerdemanagements einbezogen werden. (3) Feste Ansprechpartner

Ein fester Ansprechpartner ist auch für die Freiwilligen wichtig und in den meisten Ein-richtungen auch vorhanden. Eine Ansprechpartnerschaft stellt eine wichtige Form der symbolischen Anerkennung der Mitwirkung Freiwilliger dar und kann auch durch aus-gewählte Freiwillige selbst gewährleistet werden.

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(4) Kontinuierliche Begleitung

Das Engagement der Freiwilligen ist kein „Selbstläufer“, der aus sich heraus Entlastung schafft, sondern muss in begleitende Strukturen eingebettet sein. Dazu gehören alle im Bericht dargestellten Formen der Anleitung, Fortbildung und Anerkennung. Wichtig ist, dass die Freiwilligen kontinuierlich begleitet werden, wie es etwa in den Einrichtungen erfolgt, die für die Freiwilligenarbeit ein klares Konzept ausgearbeitet haben. Dabei ist auf die unterschiedlichen Einsatzfelder und Motivlagen der Freiwilligen abzustellen. Die Freiwilligen, die Gruppenaktivitäten für die eher noch mobilen Heimbewohnerinnen und -bewohner anbieten, benötigen in der Regel weniger Anleitung und Begleitung als Freiwillige, die in der Einzelbetreuung oder in der Hospizarbeit tätig sind. (5) Regelmäßige Gesprächskreise

Bei Freiwilligengruppen steht nicht so sehr eine Entlastungsfunktion im Vordergrund wie bei Angehörigengruppen, aber für Freiwillige ist der Kontakt zu anderen ein wichti-ges Motiv ihres Engagements, sodass eine lebendige Freiwilligengruppe zur Stärkung und Langfristigkeit dieses Engagements beiträgt. (6) Fortbildungen

Freiwillige haben, wie aus Untersuchungen immer wieder hervor geht, ein starkes Inte-resse an Angeboten zur Fortbildung. In spezifischem Zuschnitt auf das Engagement in einem Alten- oder Pflegeheim kann ein Fortbildungsbedarf einerseits darin bestehen, wie kulturelle Angebote entwickelt und auf Dauer gestellt werden können und wie an-dere Freiwillige zur Mitwirkung gewonnen werden können.34 Andererseits besteht auch Interesse an Fortbildungen zu Pflege- und Betreuungsthemen sowie zur Sterbebeglei-tung, wie sie im Rahmen der Hospizarbeit angeboten werden.35 (7) Einbeziehung in das Alltagsleben

Eine Einbeziehung in das Alltagsleben im Heim kommt für Freiwillige nicht im Sinne einer Einbeziehung in den Pflegealltag in Betracht – dies ist aus den Analysen der fak-tischen ebenso wie der als geeignet angesehenen Tätigkeiten deutlich geworden. Für Freiwillige bieten sich eher Möglichkeiten der Mitwirkung im Sinne der sozialen und kulturellen Bereicherung des Lebens im Heim an, weiterhin bei Ausflügen und Veran-staltungen sowie bei infrastrukturellen Angeboten wie Cafeteria, Bibliothek oder Heim-zeitung.

34 Eine Fortbildungsform, die methodische Kompetenzen des ehrenamtlichen Engagements

und multiplikatorische Funktionen vermittelt, wurde im Rahmen des Bundesmodellpro-gramms „Erfahrungswissen für Initiativen“ entwickelt und erprobt; vgl. Engels, D./ Braun, J./ Burmeister, J. (2007): SeniorTrainerinnen und seniorKompetenzteams: Erfahrungs-wissen und Engagement älterer Menschen in einer neuen Verantwortungsrolle, Köln.

35 Vgl. Student, J. C. (1999): Das Hospiz-Buch, Freiburg.

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(8) Mitwirkung im Heimbeirat

Bei der Mitwirkung im Heimbeirat spielen Freiwillige derzeit noch kaum eine Rolle; in stellvertretender Funktion wird dies eher durch Angehörige wahrgenommen. Der spezi-fische, häufig kritischere Blick Freiwilliger auf das Leben im Heim spricht aber dafür, auch Freiwillige stärker als bisher für eine Heimmitwirkung zu gewinnen. (9) Anerkennung freiwilliger Mitarbeit

Freiwillige engagieren sich in erster Linie, um etwas Sinnvolles zu tun und das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner zu bereichern. Die Anerkennung, die sie für diese Tätigkeiten erhalten, ist daher zwar nicht das wichtigste Motiv, hat für sie aber dennoch eine hohe Bedeutung. Dabei ist vor allem die symbolische Funktion dieser Anerken-nung entscheidend, die in Form von Zertifikaten, expliziter Danksagung oder speziellen Festveranstaltungen für Freiwillige erfüllt werden kann. Eine finanzielle Anerkennung spielt dagegen nur eine geringe Rolle, allerdings würden Aufwandsentschädigungen für Materialien oder Fahrtkosten von einem Teil der Freiwilligen (insbesondere denen mit geringer Rente) begrüßt. (10) Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Supervision

Auch für die Freiwilligenarbeit benötigen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kompe-tenzen der Gesprächsführung und Konfliktbearbeitung sowie den Rückhalt der Heimlei-tung. In fortschrittlichen Einrichtungen können interne Fortbildungsangebote teils von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Angehörigen und Freiwilligen gemeinsam genutzt werden. Dann haben diese Angebote – neben der Wissensvermittlung – auch die wich-tige Funktion, eine offene Kommunikation unter den Beteiligten zu fördern. (11) Werbung und Öffentlichkeitsarbeit

Für die Gewinnung von Freiwilligen haben die Werbung der Einrichtung, die gezielt für bestimmte Aufgabenbereiche freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter suchen kann, und die Öffentlichkeitsarbeit einen hohen Stellenwert. Es gibt in der Bevölkerung und insbesondere unter den jungen Seniorinnen und Senioren noch unausgeschöpfte Po-tenziale von Personen, die sich gerne in sinnvoller Form engagieren würden (Gensi-cke; Picot; Geiss 2005). Diejenigen, die sich bereits in Alteneinrichtungen engagieren, empfinden dies als eine sehr befriedigende Arbeit und berichten sehr positiv darüber. Dies müsste stärker als bisher in den Medien öffentlich gemacht werden, etwa durch Darstellung positiver Beispiele, um noch unentschiedene oder zurückhaltende Interes-sierte für eine Mitwirkung zu gewinnen. Der Berichterstattung über einzelne „Pflege-skandale“, die in den Antworten der befragten Gruppen und in den Gesprächen mit Heimleitungen immer wieder eine Rolle spielte, sollten Berichte über positive Beispiele der Einbeziehung von Freiwilligen (und Angehörigen) gegenüber gestellt werden.

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Umsetzung dieser Elemente Dass die Umsetzung dieser Anregungen eine Investition von Zeit, Energie und konzep-tioneller Phantasie erfordert, liegt angesichts der hier präsentierten Untersuchungser-gebnisse auf der Hand. Das Programm einer stärkeren Einbeziehung von Angehörigen und Freiwilligen kann unter diesen Voraussetzungen zu mehr Lebensqualität in den Einrichtungen führen, wovon die Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch die haupt-amtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso wie die Angehörigen und Freiwilli-gen selbst profitieren. Dieses Programm kann aber kaum Erfolg haben, wenn das Ziel einer Kosteneinsparung im Vordergrund steht. Systematische Formen der Angehöri-genarbeit und Freiwilligenarbeit von Einrichtungen stellen vielmehr entscheidende Maßnahmen einer Qualitätsentwicklung des Lebens in Einrichtungen dar, die entspre-chende zusätzliche Investitionen erfordern.

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