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Bertho und Bosch 23 Die Einwirkung von Li thiumaluminiumh ydrid und von Phenylmagnesiumbromid auf Brucin') Von Alfred Bertho und Hans Hoscii (Ails dem Chemischen Laboratorium der Universitat Miinchen) (Eingelaufen am 17. Juli 39.53) Die organisch-chemische Methodik verfugt uber keinerlei Mog- lichkeiten, aromatische Methoxylverbindungen direkt unter Ersatz der Methoxygruppe durch Wasserstoff zu entmethoxylieren. Die direkte Entmethoxylierung aromatischer Methoxylverbindungen unter gleichzeitigem Ersatz der Methoxygruppe durch Alkyl-, Aryl- und Aralkylreste ist dagegen in solchen Fallen gegliickt, wo kon- jugierte Addition von Grignardverbindungen moglich ist, auf die die Eliminierung der Methoxygruppe folgt. H. Richtzenhain und Mitarb.2) haben so mit Hilfe von Grignardverbindungen einen Aus- tausch der 2-Methoxygruppe in 2,3-Dimethoxybenzonitrilen be- werkstelligt. Die Gegenwart einer zweiten orthostandigen Methoxy- gruppe ist dabei notwendige Bedingung. R. C. Fuson und Mitarb.3) gelang mit Hilfe von Grignardverbindungen der glatte Austausch von Methoxygruppen durch Alkyl- und Arylreste in ortho- und para-Methoxyketonen, sofern eine der zu eliminierenden benach- barte (orthostandige) zweite Methoxygruppe vorhanden war. Kurz- lich teilten W. Awe und 0. Herte14) mit, daB sie bei Verwendung von Grignardverbindungen mit gesattigten Resten im nberachuli den Austausch 11- (bzw. 12-)standiger Methoxygruppen im 9- Oxoberberin gegen jene erzielten. Fur einen stufenweisen Austausch der Methoxygruppe durch Wasserstoff in aromatischen Systemen auf dem Umweg uber die phenolische Komponente, also nach vorausgehender Entmethy- lierung, gekennzeichnet durch die Substituentenfolge OCH3-OH- NH2-N,X--H, 1aBt sich indessen ein umfangreiches Belegmaterial anfuhren. Pereits 0. Fisclier5) fuhrte auf diese Weise Harmin durch Bellandlung mit ltonz. Salzsaure bei 140-170 O in Harmol, dieses bsi 250 O mit Chlorzink-Ammoniak in Aminoharman iiber, das bei Diazotierung und Verkochung Harman ergab. Fur l) Dissertation Hans B o s c h , Universitlit Miinchen 1953. 2, Ber. dtsch. chem. Ges. 77-79, 1 (1944-1948); ebda. mit P. N i p p u s , 77-79, 566 (1944-1946); ebda. 81, 92 (1948); ebda. mit P. Nippus, 82, 408 (1949); s. a. Ti. C. Fuson, G. Gaertneru. D. H. Chadwick, J. org. Chemistry13,489 (1948). 3, R. C. Fusonu. S. B. Speck, .J. Amer. chem. Soc. 64,2446 (1942);Derselbe u. R. Gaertner, J. org. Chemistry 13, 496 (1948). 4, Angew. Chem. 65, 328 (1953),Vortragsrefcrat. j) Chem. Zbl. 1901, I, 957.

Die Einwirkung von Lithiumaluminiumhydrid und von Phenylmagnesiumbromid auf Brucin

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B e r t h o und B o s c h 23

Die Einwirkung von Li thiumaluminiumh ydrid und von Phenylmagnesiumbromid auf Brucin')

Von Alfred Bertho und Hans Hoscii

(Ails dem Chemischen Laboratorium der Universitat Miinchen) (Eingelaufen am 17. Juli 39.53)

Die organisch-chemische Methodik verfugt uber keinerlei Mog- lichkeiten, aromatische Methoxylverbindungen direkt unter Ersatz der Methoxygruppe durch Wasserstoff zu entmethoxylieren. Die direkte Entmethoxylierung aromatischer Methoxylverbindungen unter gleichzeitigem Ersatz der Methoxygruppe durch Alkyl-, Aryl- und Aralkylreste ist dagegen in solchen Fallen gegliickt, wo kon- jugierte Addition von Grignardverbindungen moglich ist, auf die die Eliminierung der Methoxygruppe folgt. H. R i c h t z e n h a i n und Mitarb.2) haben so mit Hilfe von Grignardverbindungen einen Aus- tausch der 2-Methoxygruppe in 2,3-Dimethoxybenzonitrilen be- werkstelligt. Die Gegenwart einer zweiten orthostandigen Methoxy- gruppe ist dabei notwendige Bedingung. R. C. F u s o n und Mitarb.3) gelang mit Hilfe von Grignardverbindungen der glatte Austausch von Methoxygruppen durch Alkyl- und Arylreste in ortho- und para-Methoxyketonen, sofern eine der zu eliminierenden benach- barte (orthostandige) zweite Methoxygruppe vorhanden war. Kurz- lich teilten W. Awe und 0. Herte14) mit, daB sie bei Verwendung von Grignardverbindungen mit gesattigten Resten im nberachuli den Austausch 11- (bzw. 12-)standiger Methoxygruppen im 9- Oxoberberin gegen jene erzielten.

Fur einen stufenweisen Austausch der Methoxygruppe durch Wasserstoff in aromatischen Systemen auf dem Umweg uber die phenolische Komponente, also nach vorausgehender Entmethy- lierung, gekennzeichnet durch die Substituentenfolge OCH3-OH- NH2-N,X--H, 1aBt sich indessen ein umfangreiches Belegmaterial anfuhren.

Pereits 0. Fisclier5) fuhrte auf diese Weise Harmin durch Bellandlung mit ltonz. Salzsaure bei 140-170 O in Harmol, dieses bsi 250 O mit Chlorzink-Ammoniak in Aminoharman iiber, das bei Diazotierung und Verkochung Harman ergab. F u r

l ) Dissertation Hans B o s c h , Universitlit Miinchen 1953. 2, Ber. dtsch. chem. Ges. 77-79, 1 (1944-1948); ebda. mit P. Nippus, 77-79,

566 (1944-1946); ebda. 81, 92 (1948); ebda. mit P. N i p p u s , 82, 408 (1949); s. a. T i . C. F u s o n , G. G a e r t n e r u . D. H. Chadwick , J . org. Chemistry13,489 (1948).

3, R. C. F u s o n u . S. B. Speck , .J. Amer. chem. Soc. 64,2446 (1942); Derselbe u. R. G a e r t n e r , J. org. Chemistry 13, 496 (1948).

4, Angew. Chem. 65, 328 (1953), Vortragsrefcrat. j) Chem. Zbl. 1901, I, 957.

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den zweiten Schritt, die Umwandlung der phenolischen Komponente in das Amin, hat sich in bestimmten Fallen insbesondere auch die B u c h e r e r -Re& tionsa) bewahrt, bei der das Phenol meistens im EinschluBrohr bei maBig er- hohter Temperatur und notigenfalls in Anwesenheit eines organischen Losungs- mittels der Einwirkung von Ammoniumbisulfit und Ammoniak uutxworfen wird. Die Beispiele in der Naphtholreihe sind an Zahl uberwiegend; sie intxessieren nicht im Zusammenhang mit dem Nachfolgenden. I n der Benzolreihe ist die Reaktion nur auf meta-substituierte Verbindungen anwendbar. Auch in der Chinolinreihe sind einige Beispiele beschrieben worden. Die Rsaktion kann auch reversibel geleitet werden. A19 Zwischenprodukte nimmt man Bisulfit-Additions- produkte nach Art der Aldehydbisulfite an. Resorcin liefert bei 125-1500 m-Aminophenol bzw. m-Phenylendiamina). 6- und 8-Oxychinoline lieBen sich in die entsprechenden Amine iiberfuhren'), und zwar auch die (6-substituierten) Vertreter aus der Rsihe der Chinabasen. Dihvdrocuprein (entmethyliertes Dihydr0chinin)lieferte 6-Amino-dihydrocinchonidins), Dihydrocupreidin 6-Amino- dihydrocinchonin*s g), Cuprzin 6-Aminocinch~nidin~). Nach Diazotisrung der beidcn zuletzt genannten Verbindungen und Rsduktion der Diazoverbindungeu mit unterphosphoriger Saure nach der Methode von I.Mail0) gelangte H. Kingg) schlieBlich zu Dihydrocinchonin und Cinchonidin. Aus Apocuprein, einem iso- meren entmethylierten Chinin, entstand Amino-apocinchonidinll).

Die Entmethoxylierung des Brucins (11), das nach Abbau- reaktionen konstitutionell und sterisch ein dimethoxyliertes Strych- nin (I) ist, sei es durch direkten Ersatz der Methoxygruppen durch Wasserstoff, sei es durch stufenweisen Austausch, ist bisher noch nicht gelungen. Versuche, in dieser Hinsicht weiter zu kommen, denen neben ihrer theoretischen Bedeutung auch wirtschaftliches Interesse zukommt, bilden den Gegenstand nachfolgend beschrie- bener Untersuchungen.

D a s V e r h a l t e n v o n B i s a p o m e t h y l b r u c i n (111) u n t e r d e n B e d i n g u n g e n d e r B u c h e r e r - R e a k t i on 19)

Wir haben uns zuniichst dem stufenweisen Austausch zugewendet. Bei der Eigenart und Kompliziertheit des Brucinmolekuls boten aggressivere Methoderi bei irgendeiner der Teilreaktionen kaum Aussicht auf Erfolg. Aus diescm Grund

aa) H. T. Bucherer , J. pralrt. Chem. [2] 69, 49 (1904).

') M. N. Woroshtzow u. J. M. Kogan,Bcr. dtsch. chern. Ges. 65, 142 (1932). *) C. F. Boehr inger u. Soehne , DRP. 720160. O) J. chem. SOC. [London] 1946,523. lo) Ber. dtsch. chem. Gee. 35, 162 (1902). 11) A. G. Renfrew, W. W. Car l sonu . L. H. Cre tcher , J. Amer. chem. SOC. 65,

12) Diplomarbeit Hans Bosch, Universitat Munchen 1951.

DRP. 117471; Frdl . 6,191 (1900-1902).

2309 (1943).

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Zur Entmethoxylierung des Brucins 25

waren aiich Entmethylierunpsmethoden, wie etwa mit Jodwasserstoff, Natrium in fliissigem Ammoniak13), Aluminiumbromid'*), Pyridinhydrobromid15) usw., von vornherein auBer aeht zu lassen. Letztere Methoden erubrigten sich an iindfiir sish,denndie Entmethylierung desBrucins war von R.Leu ch s u. H.Ander ~

son16) Ee-eits in befriedigender Weise insofern durchgefuhrt worden, als es ihnen gelungen war, in guter Ausbeute uber das Orthochinon die entsprechende phenolische Komponente, das Bisapomethylbrucin (111), zu gewinnen. Diese Verbindung wurde in Form ihres Chlorhydrates in Anbetracht der Metastellung von Hvdroxyl in C, und Stickstoff in C, wie nach den piinstiqen Erfahrungen in der Reihe der China-Alkaloide zunachst der B u c h e r e r - Rsaktion unterworfen. Die zunachxt zu erwartende Orthoaminophenolverbindung sollte dann naeh dem Vorgang, wie ihn K i n g 9, beschreibt, entaminiert werden. Bei der Aufarbeitung des Reaktionsproduktes aus der B u c h e r e r - Reaktion wurde nach der Ent- fernung von Sulfit- und Sulfationen durch Eindampfen der wasserigen Losung ein amorphes Produkt erhalten, das die Rrueinolreaktion und eine im Farbton mit dem Ausgaiigsmaterial iibereinstimmende Eisenchloridreaktion gab. Die Substmz ist schwefelhaltig. Bei der Verdiinnung der Losung des Produktes in konz. Salzsaure fie1 cin sehr schwer loslicher, nicht kristallisierbarer Kiirper aus. der sowohl Schwefel als auch Chlor enthielt und sich selbst in heiBem Wasser nurmelir sehr schwer loste. SeineZusammensetzuug ergab sich zu C,,H,,O,,,N,ClS. Es unterliegt demnach keinem Zweifel, daB diescs Produkt seine Entstehnng erst der Behandlung mit konz. Salzsaure verdankt, im Reaktionsgemisch aber ur- spriinglich nicht vorhanden war, wie sich aus dem Fehlen der Eisenchlorid- Reaktion und der Eeobachtung ergab, daB Zuni Untersehied von Bisapomethgl- brucin die Brucinol-Rcalrtion mit Sn-Salpetersaure erst beim Erwarmen auf 40 auftrat. Die in friscli bereitetcr Form hochstens sehwach rosa gefarbte Substanz liist sich mit roter Farbc in Ammoniak und Natronlauge und ist aus diesen Losungen mit Saure fallbar. Kach der aus den Mittelwerten einer groBeren Anzahl von Analysen ermittelten obigen Formel muB eine schwefelhaltige Gruppe, ein Molekul Ammoniak nnd ein Molekul Chlorwasserstoff in das Molekiil des Bisapo- methylbrucins eingetrcten scin. Das Verhaltnis C :N:CI ist ein sehr gutes, wahrend das Verhaltnis N: S weniger befriedigt. wobei allerdings einzelne gut stimmende Schwefelwerte vorliegen.

Das Produkt koiinte nicht diazotiert werden. Wahrscheirilieh liegt das Amid viner Snlfin- oder Snlfonsaure vor.

L, i e E in w i r k u n g v o n L i t h i u m a 1 u m in i u m h y d r i d auf Bruc in

Die in jungster Zeit insbesondere von P. K a r r e r und Mitarb.17) beschriebene Anwendung von Lithiumaluminiumhydrid zu Ather- spnltungen und Spaltungen von Tosylestern kam als weit,ereMethode in Betracht, die in direktem Zugriff eine wenigstens teilweise Ent- inethoxylierung von Brucin immerhin im Bereich des Moglichen erscheinen lie13, wenngleich auch rnit diesem Reagens bisher kein Fall einer Entmethoxylierung einer aromatischen Komponente zum

13) A. J. B i r c h , J. chern. Soc. [London] 1947, 102. la) P. Pfe i f fe r u. E. H a a c k , Liebigs Ann. Chem. 460, 156 (1068). 15) V. P r e y , Ber. dtsch. ehem. Ges. 74, 1219 (1041); 75, 350, 445 (1942). la ) Ber. dtsch. chem. Ges. 44, 2136 (1911). l') Angew. Chem. 62, 334 (1950), Vortragsreferat.

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methoxylfreien Produkt bekannt geworden ist. Die groBe Ahnlich- keit zwischen Lithiumaluminiumhydrid und Alkylmagnesiumhalo- geniden im reaktiven Verhalten zeigt sich auch in diesem Falle. EH ist bisher mit Sicherheit kein Fall bekannt geworden, wonach Grignardverbindungen Arylalkylather nicht zum Phenol gespalten hattenla). kherspaltungen mit Lithiumaluminiumhydrid waren zuerst von P. K a r r e r und Mitarb.lg) bei der Bearbeitung von Corynanthein und Thebain beobachtet worden. P. K a r r e r untl 0. Ruttner20) fanden bald darauf, da13 Allyl-phenyl- und Benzyl- phenylather, die bei der Siedehitze des Athers von Lithiumalumi- niumhydrid nicht angegriffen werden, sich in gewissem Umfang zu Phenolen verseifen lassen, wenn als Katalysator Kobalt (11)-chloricl zugesetzt wird, dessen die Atherspaltung katalysierende Vl’irkung anlaBlich der Umsetzung zwischen Grignard-Reagentien, Alkylhalo- geniden und Alkylbenzolen schon beobachtet wo-den war21). Jeden- falls wird aber hier der aromatische Substituent am Athersauer- stoff in Form des Phenols erhalten. Das gleiche gilt nach H. Sc h m i d und P. Karrer22) auch fur die Spaltungen aromatischer Tosylester mit Lithiumaluminiumhydrid. Die reduktive Aufspaltung der Toluolsulfosaureester des Phenols und des Morphins (mit verester- tem phenolischem Hydroxyl) fuhrt demnach zu Phenol bzw . Morphin und zu Toluolsulfinsaure.

Bei der von uns ausgefuhrten Reduktion von Rrucin in siedendem Ather mit dem 5-fachen UberschuIj an Lithiumaluminiumhydrid lie13 sich ein bisher noch nicht beschriebenes, aus Petrolather oder Petrolather-Chloroform gut kristallisierendes Reduktionsprodukt Cz3Hz,03N2 vom Schmp. 173O gewinnen. Es wird weiter unten gezeigt werden, da13 es von der Einhaltung bestimmter Bedingungen bei der Aufarbeitung des Versuchssnsatzes abhangt, ob der obige Korper isoliert wird, der einen spez. Drehwert [a],, = + 420 O (in Athanol) zeigt, der im Laufe von 10 Tagen zu einem Wert von f2100 abklingt. Die Substanz gibt keine Brucinolreaktion, jedoch eine eindeutig positive Eisenchlorid-Reaktion, die bei Brucin nicht beobachtet wird. I n der Zusammensetzung unterscheidet sich die Substanz von Brucin lediglich durch einen Mindergehalt von einem Sauerstoffatom. Eine Abspaltung eines der beiden Methoxyle hat demnach nicht stattgefunden.

18) Literatur bei R i c h t z e n h a i n , 1. Mitt. LOC. cit. 2); s. a. A. L u t t r i n g h a u s

19) A. C h a t t e r j e e u. P. K a r r e r , Helv. chirn. Act,a 33, 802 (1950); H. Schmid

20) Helv. chim. Acta 33, 812 (1950). 2”) M. S. K h a r a s o h u . W. H. U r r y , J . org. Chemistry 13, 101 (1948). 22) Helv. chim. Acta 32, 1371 (1949).

u. G . v. SaLf,Angew. Chem. 51, 915 (1938).

u. P. K a r r e r , Helv. chim. Acta 33, 863 (1950).

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Zur Entmethoxylierung des Brucins 27

Eine derartige Resistenz aromatischer Methoxyverbindungen gegenuber Lithiumaluminiumhydrid ist auch in anderen Fallen beobachtet worden. Anisol z. B. wird auch inGegenwart vonKobalt- chlorid nicht zum Phenol aufgespalten.

Falls Brucin ohne Beanspruchung seiner beiden Methoxygruppen mit Lithiumaluminiumhydrid analog zum Strychnin reagiert hatte, aus dem nach P. K a r r e r , C. H. E u g s t e r und P. Waser") Strych- nidin entsteht , die Carbonylgruppe des Laktamrings also zur Methylengruppe reduziert wird, ware Brucidin zu erwarten gewesen. Mit Brucidin war die Substanz jedoch nicht identisch2*). Anders als im Falle des Strychnins, der ein typisches Beispiel fur die Reaktions- weise acylierter Amine gegenuber Lithiumaluminiumhydrid dar- stellt, die dabei in gesattigte primare bzw. sekundare Amine uber- gehen25), bleibt also hier die Reduktion auf einer partiell reduzierten Zwischenstufe stehen. Man gewinnt einen Einblick in die Vorgange, wenn man der weitgehenden Ahnlichkeit von Lithiumaluminium- hydrid und Grignardverbindungen im reaktiven Verhalten - im vorliegenden Fall gegenuber der Carbony1gruppez6) - Rechnung tragt. Nach H. Wie land und F. HOlscher2') reagieren Alkyl- magnesiumhalogenide mit dem Carbonyl des Laktamrings in Strychnin und Brucin unter Bildung (der Halogenalkylate) der Desoxyalkylbasen .

Demnach mulj Lithiumaluminiumhydrid mit Brucin folgender- mal3en reagiert haben :

2s) Helv. chim. Acta 32, 9381 (1949). 24) Herrn Doz. Dr. H.-G. B o i t sind wir fur eine Vergleichsprobe sehr zu L)ank

25) F. Wessely u. W. Swoboda , Mh. Chem. 82, 621 (1951). 26) R. F. N y s t r o m u . W. G. Brown, J. Amer. chem. Soc. 69,1197 (1947). 27) Liebigs Ann. Chem. 500, 70 (1933).

verpflichtet.

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28 B e r t h o und B o s c h

In ubereinstimmung rnit diesem Reaktionsschema enthhlt das von uns isolierte Produkt C23H2603N2 zwei Wasserstoffatome weniger als Brucidin, wodurch die Bezeichnung D e h y d r o b r u c i d i n ge- rechtfertigt erscheint. Auch die Bezeichnung Desoxybruc in ist angebracht. Das Vorhandensein vo3 nunmehr insgesamt zwei Dop- pelbindungen wird durch das Ergebnis der katalytischen Hydrierung bestatigt. Es wurden zwei Mole Wasserstoff aufgenommen, wobei das bereits bekannte Dihydrobruc id inZ8) vom Schmp. 1730 ent- stand. Es zeigt im Mischschmp. mit Dehydrobrucidin, das eben- falls bei 173 O schmilzt, eine sehr erhebliche Depression. Wir be- zeichnen diese Form des Dehydrobrucidins aus Grunden, die sich aus dem Nachfolgenden ergeben, als a-Form.

Da zuweilen bei Wechsel des Losungsmittels mit Lithium- aluminiumhydrid veranderte Ergebnisse erhalten werden, wurde die Reduktion des Brucins auch in abs. Tetrahydrofuran unter- sucht. Auch hier entstand Dehydrobrucidin vom Schmp. 173 0 ,

menn die Au farbeitung so durchge fiihrt wurde wie in den Versuchen mit Ather als Losungsmittel, wo das rohe Reduktionsprodukt mit Chloroform ausgeschiittelt und hernach aus Chloroform-Petrolather oder Petrolather allein umkristallisiert wurde.

Unter identischen Versuchsbedingungen, jedoch unter geanderten Bedingungen der Aufarbeitung, dann namlich, wenn das Reaktions- produkt n i c h t mit Chloroform aus der waBrigen alkalischen Losung ausgeschiittelt wurde und auch keine Umkristallisation unter Zuhilfenahme von Chloroform erfolgte, lie13 sich eine zweite Form des Dehydrobrucidins isolieren, die bei 186,5 O schmolz, ein- deutig in ihrer Zusammensetzung der Formel C,,H,,O,N, entsprach, also losungsmittelfrei kristallisierte, und die gleichen Farbreaktionen wie die oben beschriebene a-Form vom Schmp. 173 0 zeigte. Diese zweite Form des Dehydrobrucidins wird als p-F o r m bezeichnet. Es handelt sich hier offenbar um dimorphe Formen, wie sich aus deren Umwandelbarkeit ineinander ergibt (s. S. 37).

Ausschlaggebend fiir die Bereitung der P-Form des Dehydro- brucidins ist wie gesagt der Ausschlu13 von Chloroform in jeder Phase seiner Gewinnung. Diese Beobachtung wurde gemacht, als ein durch Extraktion mit Petrolather gewonnenes Rohkristallisat des Korpers vom Schmp. 180-1 82 O aus Chloroform-Petrolather umkristallisiert wurde und dabei die a-Form vom Schmp. 173O lieferte. Diese Beobachtung lie13 sich leicht an der analysenreinen P-Form be- statigen, die nach Auflosung in wenig Chloroform bei Zugabe von

la) O.Achmatowicz,R. C. Fawcett , W. H. Perltin, R. Robinson , J. chem. SOC. [London] 1930,1769.

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Zur Entmethoxylierung des Brucins 29

Petrolather quantitativ in die schonen Saulen der u-Form iiber- ging.

Wir hatten diese Ergebnisse bereits in Handen, als uns die Unter- suchung von St. P. Findlayzg) uber die Reduktion des Brucins mit Lithiumaluminiumhydrid bekannt wurde. Dieser Autor hat aus Reduktionsversuchen in Ather und nach Umkristallisation aus Methanol ein Produkt vom Schmp. 188-189° erhalten, dem er die Zusammensetzung des Dehydrobrucidins C2,Hz,0,Nz zuschreibt, das zu Dihydrobrucidin hydrierbar war und das jm ubrigen in seinem allgemeinen chemischen Verhalten mit dem von uns be- obachteten beiden Formen des Dehydrobrucidins ubereinstimmt. Wir konnen also in wesentlichen Punkten F i n d l a y s Untersuchung bestatigen, wurden aber in Anbetracht der abweichenden Befunde veranlafit, die eigenen Untersuchungen fortzusetzen.

Jedenfalls zeigt also nur Brucin ein besonders Verhalten bei der Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid, denn, wie F i n d l a y fand29), werden auch u- und p-Colubrin [(IV) und (V)] ganz ent- sprechend dem S t r y ~ h n i n ~ ~ ) in die beiden Colubridine verwandelt .

Als das aus einem Reduktionsversuch in Tetrahydrofuran ge- wonnene Rohprodukt aus Methanol umkristallisiert wurde, ergab sich ein Kristallisat von feinen unregelmafiigen Blattchen vom Schmp. 188 0. Die Analysenwerte dieses Produktes stimmten auf die Pormel Cz3Hz60,N2, CH,OH. I m Verlauf von vier Tagen gab das Praparat bei 1150 uber P20, nur ein halbes Mol Methanol ab. Hier lieferte eine Methoxylbestimmung einen Wert, der exakt die An- wesenheit eines halben Molekuls Methanol bewies.

Wir konnen daher mit Sicherheit sagen, daB das Dehydro- brucidin beim Umkristallisieren aus Methanol in Form eines Kristallisats vom Schmp. 188O erhalten wird, das ein Mol Kristall- methanol enthalt. Es sei an dieser Stelle erwahnt, daB auch Brucidin mit einem Mol Methanol kristallisiert. Wir befinden uns hier in Widerspruch zu F i n d l a y , der trotz Umkristallisation ausMethano1, wie aus den Analysen hervorgeht , zu einem me t h a n o 1 f r e i e n Produkt vom Schmp. 188-189O gekommen ist. Die von ihm ge- fundenen spez. Drehwerte in Athano1 betragen [uID = +242 O (An- fangswert) und [uID = +210 O (nach 24 Stunden, 0,g-proc. Losung).

Unsere durch Umkristallisation aus Methanol erhaltliche, mit einem Mol Methanol kristallisierende Base besitzt ebenfalls ein [a],, = +242O (1-proc. Losung in Xthanol), welches im Laufe von 24 Stunden auf [a],, = +210° absinkt. Wir konnten jedoch be- obachten, dafi damit noch kein Endstand eingetreten war, vielmehr

29) J. Amer. chem. SOC. 73,3008 (1951).

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fie1 der Drehwert weiterhin ab und naherte sich im Verlauf von 10 Tagen asymptotisch dem von uns festgestellten Endstand von [=ID = + 113 O. Es erscheint nach diesen Feststellungen nicht aus- geschlossen, daB F i n d l a y ebenfalls ein methanolhaltiges Produkt zur Drehwertsbestimmung benutzt hat.

In Ubereinstimmung mit F i n d l a y lafit sich das aus Methanol kristallisierte Produkt zu Dihydrobrucidin hydrieren.

AuBer den beiden losungsmittelfreien u- und P-Formen vom Schmp. 173 bzw. 186,5 existiert also Dehydrobrucidin in einer methanolhaltigen Form von Schmp. 188O, die jedoch nicht ohne weiteres durch Losen in Chloroform und Fallen mit Petrolather in die a-Form umgewandelt werden kann. Man gelangt hier zunachst nur zu einem Produkt vom Schmp. 178O (s. S. 38).

Zwecks Vergleichs der u-Form und der P-Form wurden Salze aus beiden Formen dargestellt. Die Jodmethylate, die Sulfate und die Nitrate beider waren in jeder Hinsicht identisch. Auch ein Per- chlorat konnte gewonnen werden. F i n d l a y beschreibt ein Mono- und ein Di-hydrochlorid seiner Substanz, das Pikrat und zwei Jod- methylate, von denen aber nur eines vom Schmp. 297O der Aus- gangsbase zugeschrieben werden kann. Dieses kristallisiert im Cxegensatz zu dem unsrjgen vom Schmp. 268O wasserfrei.

Wir haben schliel3lich auch versucht, die freien Basen aus den Salzen durch Alkalisieren der wal3rigen Salzlosungen zuruck- zugewinnen, was jedoch in jedem Falle scheiterte. Stets ergab sich ein amorphes Produkt, das bei 260° unter Zers. schmolz und in keiner Weise identisch war mit der Ausgangsbase. Die Analyse des Produktes und seine Molekulargewichtnbestinimung nach R a s t lassen den SchluB zu, daB ein Dimeres des Dehydrobrucidins vorliegt, das unter intermolekularer Absattigung der Doppelbindungen ent- standen ist.

Die Zugabe von Kobalt (11)-chlorid zu den Versuchen Lnderte das Ergebnis nicht wesentlich.

Versuche, das durch Oxydation des Brucins mit 5n-Salpetersaure gewinnbare o -Chi n o n und B i s a p o me t h y l b r u c i n mit Lithiumaluminiumhydrid zu redu- zieren blieben ohne Ergebnis.

Die U m s e t z u n g v o n B r u c i n m i t P h e n y l m a g n e s i u m - bromid

Auf die weitgehende Ahnlichkeit im Verhalten von Lithium- aluminiumhydrid und Grignardverbindungen ist von verschiedener Seite hingewiesen worden171 22926). Die Bildung des Dehydro- brucidins aus Brucin und Lithiumaluminiumhydrid war aus dem

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Zur Entmethoxylierung des Brucins 31

analogen Verhalten der Strychnosbasen Strychnin und Brucin gegeniibw Alkylmagnesiumhalogeniden hergeleitet worden. Wie oben schon erwahnt, haben Wie land und Holscher27) dabei die Desoxyalkylbasen in Form ihrer Halogenalkylate erhalten. Im ein- zelnen gelang dies bei der Einwirkung von Methylmagnesiumjodid auf Strychnin und auf Brucin sowie von Athylmagnesiumbromid ttuf Strychnin. Hingegen konnte Phenylmagnesiumbromid nicht zur Einwirkung auf Strychnin gebracht werden. Das aus Brucin er- haltene Produkt ware als Jodmethylat des 10-Methylderivates des oben beschriebenen Dehydrobrucidins zu bezeichnen (vgl. Schema (A) und (B) auf S. 27).

Obgleich wir uns von der urspriinglichen Fragestellung, die die Entmethoxylierung betraf, zunachst zu entfernen schienen, haben wir wegen der erwahnten Analogien die Einwirkung von Phenyl- magnesiumbromid auf Brucin untersucht. Eine Entmethoxyljerung war dabei zunachst nicht zu erwarten, einerseits in Anbetracht obiger Ergebnisse, zum andern, weil keine mit dem 2,3-Dimethoxy- benzonitri12) bzw. 0- und p-Methoxyketonen,) vergleichbaren Ver- haltnisse vorlagen. Nachdem aber in allerjungster Zeit Entmethoxy- lierungen beim Oxoberberin durch Grignard~erbindungen~) mit gleichzeitigem Ersatz der Methoxygruppe durch Alkyl bekannt geworden sind, von denen, so vie1 sich aus der kurzen Notiz ent- nehmen lafit, sich nicht alle durch konjugierte Additionen wie bei R i c h t z e n h a i n bzw. F u s o n erklaren lassen, erhalt auch beim Brucin der Gedanke seine Berechtigung, hinsichtlich der Ent- rnethoxylierung durch Verwendung geeigneter Grignardkompo- nenten weiterkommen zu konnen30).

Phenylmagnesiumbromid reagiert in Btherisch-anisolischer Lo- sung mit Brucin bei 7 0 ° zum gut kristallisierten 10-Phenyl- d e r i v a t des D e h y d r o b r u c i d i n s C2,H,o0,N2 vom Schmp. 262O bis 262,5O in Bestatigung des von Wie land und Holscher an- gegebenen Reaktionsschemas (Schema (A) S. 27 C,H, statt CH,). Die Vermutung dieser Autoren, da13 die Bildung des quartaren Salzes Voraussetzung fur das Zustandekommen der Reaktion ist, bewahrheitet sich demnach nicht. Die Substanz kann wegen ihrer besseren Loslichkeit in Petrolather gut vom etwa unverandert gebliebenen Brucin getrennt werden. Bei der Hydrierung nimmt die Base 4 Mol Wasserstoff auf; das hydrierte Produkt konnte bisher noch nicht kristallisiert werden.

10-Phenyldehydrobrucidin gibt mit konz. Salpetersaure eine positive Brucinolreaktion und zum Unterschied von Brucin eine eindeutig positive Eisenchlorid-Reaktion, welche auch im Farbton mit der des Dehydrobrucidins ubereinstimmt.

* O ) Mit derartigen Versuchen sind wir beschiiftigt.

Page 10: Die Einwirkung von Lithiumaluminiumhydrid und von Phenylmagnesiumbromid auf Brucin

32 B e r t h o und B o s c h

Zur vorstehend beschriebenen Reaktion finden sich in der Alkaloidchemie verschiedentlich Parallelen, die als Stutze obiger Formulierung gelten konnen. K. Winter fe ld und Mitarb. haben iiber das Verhalten des Lupanins bei der Grignardierung mit Phenylmagne~iumbrornid~~) und einer Anzahl von Alkylmagnesium- bromiden b e r i ~ h t e t ~ ~ ) . Durch diese Arbeiten wurde das Vorliegen einer Laktamgruppe im Lupanin bewiesen. Mit Phenylmagnesium- bromid lieferte Lupanin Phenyldehydrospartein ; die Stufe des Phenyllupanols 1aBt sich dabei nicht fassen. Bei der Umsetzung mit nliphatischen Grignardverbindungen gelingt es dagegen, neben den Alkyldehydrosparteinen auch die entsprechenden Alkyllupanole zu isolieren.

SchlieBlich haben wir unter den verschiedensten Bedingungen versucht, durch Einwirkung von Lithiumphenyl ebenfalls zum Phenyldehydrobrucidin zu gelangen. Das eingesetzte Ausgangs- material wurde hierbei unverandert zuruckgewonnen. Moglicher- weise ist das Lithium in einer Austauschreaktion in die Methylen- gruppe in Cll eingetreten und hat sich so der Reaktion entzogen.

Der Firma C. H. B o e h r i n g e r S o h n in Ingelheim/Rh. sind wir fur die flber- lassung von Brucin sehr zu Dank verpflichtet.

Beschreibung der Versuche

U m s e t z u n g von Bisapomethy1brucinl6) u n t e r den Bedingungen d e r B u c h e r e r - R e a k t i o n

2,2 g Bisapomethylbrucin-hydrochlorid, 15 ccm 20-proc. Ammoniak und 15 ccm 20-proc. wasserige Ammoniumbisulfitlosung wurden 6 Stunden im Ein- schlu5rohr auf 168-170° erhitzt. Hernach ist der Rohrinhalt vollig klar, rotlich- braun gefarbt und enthalt keine festen Anteile mehr. E r wurde von geringen Verunreinigungen abfiltriert und i. V. eingeengt. Die nunmehr grune Losung hinterlie5 im Exsiccator uber P,O, 9,5 g Ruckstand. Dieser wurde mit 25 ccm konz. Salzsaure angeteigt und 4 Stunden stehen gelassen. Vom abgeschiedenen Ammoniumchlorid wurde abgesaugt. Das tiefrotc salzsaure Filtrat wird mit 115 ccm Wasser versetzt. Es fallt ein voluminoser leicht rosafarbener Nieder- schlag aus, der nach 12-stundigem Stehen im Eisschrank abfiltriert und aus- giebig mit kaltem Wasser gewaschen wurde. 2,l g. D:r Korper ist amorph. Er verbrennt ruckstandsfrei auf dem Platinblech. Die Mutterlauge wurde im Ex- siccator eingedunstet und lieferte nach nochmaliger Behandlung wie oben erneut 0.5 g.

C,,H,,O,,N,ClS (554,Ol) Ber. C 45.53 H 5.82 N 7.59 C1 6,40 S 5.79 Gef. )) 45,37 )) 5,84 )) 7,58 )) 6,25 )) 7,lO

5 1 ) K. Winter fe ld u. E. H o f f m a n n , Arch. Pharmaz. Ber. dtsch. pharamaz.

32) Derse lbe u. P. P e t k o w , Ber. dtsch. chem. Ges. 82, 156 (1949). Ges. 275, 5 (1937).

Page 11: Die Einwirkung von Lithiumaluminiumhydrid und von Phenylmagnesiumbromid auf Brucin

Zur Enimethoxylierung des Brucins 33

Die angegebenen Werte sind Mittelwerte aus einer groderen Anzahl von Analysen. Dar Mittelwert fur Schwefel ist zu hoch; in zweien der hier einbezogenen Analysen lag er jedoch dem berechneten Wert sehr nahe.

Die Brucinol-Reaktion der Substanz mit konz. Salpetersaure ist stark positiv, die Eisenchlorid-Reaktion negativ. 5n-Salpetersaure verursacht bei Zimmer- temperatur keine Rotfarbung. Erst beim Erwiirmen auf 40--50° tritt diese unter AufschLumen ein. Die tief dunkelrote Losung der Substanz in konz. Salz- siiure wird beim Eintragen von Zinn bei 40-50" aufgehellt. Aus der Reduktions- losung la5t sich durch Zugabe von Wasser ein gelbes Produkt ausfallen, das noch untersucht werden mu5. Bei der Destillation mit Alkali werden nur 25-30% der fur 1 Mol berechneten Ammoniakmenge frei; in der alkalisch-wiisserigen Losung ist weder Sulfit noch Sulfat vorhanden. Eine durch Auflosen der Substanz in konz. Schwefelsaure und Verdunnen mit Wasser gewonnene Losung war von hellblauer Farbe, die bei Zugabe von Natriumnitritlosung in R3t umschlug. Kuppelungsversuche dieser Losung mit p-Naphthol in schwefelsaurer, essigsaurer und natronalkalischer Losung blieben ohne Erfolg.

R e d u k t i o n von Bruc in m i t LiAlH,. Dehydrobruc id in

I. I n L t h e r i s c h e r Losung. In einem Dreihalskolben mit Schliffen, auf- gesetztem Quecksilberruhrer, Ruckfludkuhler mit Chlorcalciumrohr und Tropf- trichter befindet sich eine Auflosung von 0,980 g ( l / p o o Mol) i. V. bei 115O getrock- netem Brucin in 800 ccm abs. Ather. Unter kraftigem Ruhren ladt man dazu aus dem Tropftrichter 27,5 ccm einer 1,6-proc. atherischen LiAlH,-Losung (5-faches d. Th.) im Laufe von Stunde hinzuflieden. Anschliedend wurde die Reaktionsmischung fur die Dauer von 8 Stunden zum Sieden erhitzt und uber Nacht bei Zimmertemperatur stehen gelassen.

Unter Eiskuhlung und kriiftigem Ruhren wurde mit 50 ccrn Wasser zersetzt. Dabei bilden sich zwei Schichten aus, die im Scheidetrichter voneinander getrennt werden. Die hherschicht wird noch 2-ma1 mit je 50 ccm Wasser kraftig durchgeschuttelt. Nach dem Trocknen uber Pottasche werden 120 mg nicht umgesetztes Brucin vom Schmp. 176O erhalten.

Die wiisserigen Losungen wurden vereinigt und durch Absaugen von aus- gefallenem Aluminiumhydroxyd befreit, hernach mit einer Losung von 10 g Natriumhydroxyd in 40 ocm Wasser alkalisiert. Die nun als weide Emulsion ausfallende Base wurde leicht von 50 ccm Chloroform aufgenommen und die wasserige Schicht noch 2-ma1 mit je 25 ccm Chloroform durchgeschuttelt. Die vereinigten Chloroformlosungen wurden einige Male mit insgesamt 200 c c n Wasser gewaschen und uber Pottasche getrocknet. Nach Entfernung des Losungs- mittels, zuletzt im Exsiccator, bleiben 830 mg einer schwach gelblich-braunen Masse.

Dieses Produkt wurde im Laufe eines Tages aus der Hulse mit 150 ccm Petrolather (35-60") heid extrahiert. I n der Hulse blieb nur ein geringer rotlich- brauner Rest von schmieriger Beschaffenheit. Aus der Extraktionsflussigkeit hatte sich eine schwach gelbe, mikrokristalline Masse abgeschieden. Von dieser wurde die uberstehende Losung abgegossen, eingeengt und langsam abgekuhlt. Es schieden sich zu Rosetten geordnete sechseckige Saulen, zum Teil auch nadelformige einzelne Kristalle ab. Bei zu raschem Abkuhlen wurden derbe Kristalldrusen erhalten. Schmp. 171,5". Dieses Produkt wurde in einer Menge von 250 mg durch Sieden am RuckfluB in 150 ccm Petrolather (35-60°) gelost, die Losung filtriert und auf 30ccm eingeengt. Bei langsamem Abkuhlen im Wasserbad wurden 150 mg der oben beschriebenen Siiulen erhalten. Mit dem mikrokristallinen Belag im Extraktionskolben wurde ebenso verfahren. Insgesamt ergaben sich

4nnalen der Phrinie. 584. nand :1

Page 12: Die Einwirkung von Lithiumaluminiumhydrid und von Phenylmagnesiumbromid auf Brucin

34 B e r t h o und B o s c h

so 430 mg reiner Base vom Schmp. 173O. Ausbeute 45,9% d. Th. Die Kristalle sind opt.isch zweiachsig und wahrscheinlich monoklin. Sehr empfehlenswert ist es, die durch Extraktion mit Petrolather bereits vorgereinigte Base aus Chloro- form/Petrol&ther zu kristallisieren. Schmp. 173 O. Vgl. oben.

Zur Analyse wurden aus Petrolather allein und aus Petroliither/Chloroform umkristallisierte Proben benutzt, die im Exsiccator getrocknet worden waren.

Stdn. U Stdn. a Stdn. a

0 4

22 28 45 53

+ 4,20° + 4,13O + 3,85O + 3,81° + 3,550 + 3,36O

69 77 94

102 118 165

+ 3,17O + 3,m0 + 2,83O + 2,72O + 2,54O + 2,28O

173 191 198 214 237 245

+ 2,23O + 2,17O + 2,15O + 2,120 + 2,100 + 2,100

F a r b r e a k t i o n e n . Einige mg Substanz geben mit einem Tropfen konz. Salpetersaure eine orangegelbe Farbung, die deutlich verschieden ist von der bekannten blutroten Brucinolreaktion des Brucins.

Die Losung von einigen mg der Base in Wasser oder verd. Salzsaure gibt mit einem Tropfen Eisenchloridltisung eine intensiv dunkelgriine Farbung, die nach einiger Zeit in tiefes Blaugriin iibergeht.

Sulfat. 175 mg der Base wurden in 2 ccm 2n-Essigsaure gelost und mit einer Losung von 225 mg Natriumsulfat in 3 ccm Wasser versetzt. Es fallt sofort ein weiBer voluminoser Niederschlag aus, welcher abgesaugt und mit wenig kaltem Wasser gewaschen wurde. Aus wenig heiBem Wasser feine farblose, asbestartig verfilzte Nadeln. Das Sulfat zersetzt sich a b 2500 ohne zu schmelzen.

Cp3H,,0,Nz, lizH,S04, 3Hz0 (481,W Bcr. C! 57,36 H 6,91 N 5,82 S 3,33 Gef. )) 57,02, 57,71 )) 6,96, 6,78 )) 5,92 )) 3,52

Gut loslich in Wasser und verd. Sluren, unloslich in organischen Losungs-

Jodmethylat. 50 mg der Base wurden in 6 ccm Aceton mit 0,5 ccm Methyljodid 1 Stunde unter RiickfluB erhitzt. Es fallt ein voluminoser Niederschlag von amorpher Beschaffenheit aus, der abgesaugt und mit wenig Aceton ausgewaschen

mitteln.

Page 13: Die Einwirkung von Lithiumaluminiumhydrid und von Phenylmagnesiumbromid auf Brucin

Zur Entrnethoxylierung des Brucins 35

wurde. Ails 50 ccm heiBem abs. Methanol werden bei langsamem Abkiihlen schone Nadelbiischel erhalten. 90 mg. Schmp. 268O u. Zers. Zur Analyse wurde im Exsiccator getrocknet.

C,,H,,O,N,, CH,J. H,O (538,42) Ber. C 5333 H 5,80 Gef 1) 52,60 )) 6,23

Nitrat. Beim Versetzen einer Losung der Base in wenig 2n-Essigsiiure mit einigen Tropfen einer gesattigten Natriumnitratlosung fallt ein weiBer Nieder- schlag aus, der bald unter Braunfarbung verschmierte. Aus heiBem Wasser farblose feine Nadelbiischel. Das Salz zersetzt sich beim Erhitzen allmahlich unter Braunfarbung ohne zu schmelzen.

Perchlorat. Die in Wasser geloste Base gibt mit eineni Tropfen Uberchlorsanrc ein schon kristallisiertes Perchlorat.

Pikrat. Die abs. alkoholische Losung der Base gibt beim Hinznfiigen von alkohol. Pikrinsaurelosung ein fein kristallisiertes Pikrat.

11. I n T e t r a h y d r o f u r a n - A t h e r . In der erwiihnten Biihrapparatur wurden 1,960 g Brucin in 30 ccm gereinigtem wasserfreiem Tetrahydrofuran gelost. In die turbinierte, im Sieden gehaltene Losung IaBt man im Verlauf von 1 Stunde 54 ccm einer 1,6-proc. atherischen LiAlH,-Losung (5-faches d. Th.) fliel3en und erhitzt 8 Stunden weiter. Nach dem Stehen iiber Nacht wird aufgearbeitet.

a ) Nach dem Zersetzen mit 50 ccm Wasser unter Eiskiihlung wird die Ather- Tetrahydrofuranschicht abgehoben, wiederholt mit Wasser gewaschen und mit Pottasche getrocknet. Nach Abdestillieren der Atherlosung hinterbleibt eine sehr geringe Menge unveriinderten Brucins. Die Aufarbeitung des wiisserigen Anteils erfolgte unter Verwendung von Chloroform wie beim vorausgehenden Versuch beschrieben. Das in praktisch-theoretischer Ausbeute entstandene Reaktions- produkt liefert nach Reinigung durch HeiBextraktion mit Petrolather und Um- kristallisation aus Petrol&ther/Chloroform die oben beschriebene a-For m d e s D e h y d r o b r u c i d i n s vom Schmp. 173O.

b) Zur Gewinnung derp-Formdes D e h y d r o b r u c i d i n s gelangte der doppel- te Versuchsansatz zur Anwendung.

Nach dem Zersetzen der Reaktionsmischung mit 5 ccm Wasser und Absaugen der Losung vom ausgefallenen Aluminiumhydroxyd wurde diese iiber Pottasche getrocknet und auf 10 ccm eingeengt. Dann wurde so lange tropfenweise mit abs. Ather versetzt, bis eine schwache Triibung auftrat. Diese Triibung wurde nach einigem Zuwarten durch Filtrieren entfernt und diese Prozedur mit der klaren Losung so lange wiederholt, bis mit Ather keine weitere Triibung mehr auftrat. Nun wurde die klare Losung langsam eingeengt und in den Kiihlschrank gestellt. I m Laufe einiger Stunden t ra t eine schone Kristallisation in Form von feinen Nade!biischeln auf. Diese wurden abgesaugt, mit wenig eiskalter Tetra- hydrofuran/Athermischung gewaschen und im Exsiccator getrocknet. Schmp. 184,5O. 1,33 g, 33,5% d. Th. Durch Aufarbeitung der Mutterlauge werden weitere 350 mg erhalten.

Zwecks weiterer Reinigung wurden diese 1,33 g Substanz in 750 ccm sieden- dem Petrolather (35-60°) gelost und die Losung noch heiB von der vorhandenen geringen Triibung abfiltriert. Die klare Losung wurde eingeengt. Tritt hierbei erneut schwache Triibung auf, muB abermals filtriert werden. I n der Kiilte scheidet diese Losung 700mg Substanz ab, die nochmals in der angegebenen Weise umkristallisiert werden. Ausbeute 590 mg vom Schmp. 186,5O. Der

Page 14: Die Einwirkung von Lithiumaluminiumhydrid und von Phenylmagnesiumbromid auf Brucin

36 B e r t h o und B o s c h

Mischschmp. dieser Substanz mit reinem Brucin (178O) lag bei 154O. jener mit der oben beschriebenen a-Form des Dehpdrohrucidins bei 178-179O. Die gut aus- gebildeten Nadeln sind optisch zweiachsig und gehoren dem monoklinen System an.

C,,H,,O,N, (378,45) Ber. C 72,99 H 6,92 N 7,40 Gef. )) 72,83 )) 7,12 )) 7,36, 7,64

[a]? = +2100 (Chloroform, 1-proc. Losung, nach 24 Stunden).

In den Farbreaktionen und der Loslichkeit stimmt die P-Form des Dehydro- brucidins rnit der a-Form iiberein.

Nitrat. 100 mg der P-Base in 2 ccm verd. Essigsiiure werden mit 5 ccm einer gesattigten Natriumnitratlosung versetzt. Um ein Verschmieren der Fallung zu vermeiden, warnit man die Losungen vor dem ZusammengieSen schwach an. Die Fallung tritt dann kristallinisch auf. Nach Absaugen und Auswaschen mit kaltem Wasser wird 2-ma1 aus 2 ccm heiBem Wasser umkristallisiert. Zur Analyse wurde das Salz im Exsiccator uber P,O, getrocknet. Es war identisch mit dem aus der a-Form erhaltenen Nitrat (s. S. 35). Das Salz zersetzt sich a b 260° unter Braunfkrbung.

C~,H,,O,N,, HNO,, H,O (459,48) Ber. C60,12 H 6,36 N 9,14 Gef. )) 60,08, 59,75 )) 6,56, 6,47 )) 8,83

Jodmethylat. Die Darstellung erfolgt wie beim Jodmethylat aus der a-Form. Das Salz schmolz ebenfalls bei 268O und zeigt in Mischung mit jenem keine Depression.

C Z ~ ~ Z ~ O ~ N Z , CH,J, HzO (538342) Ber. C 53,53 H 5,SO N 5,20 Gef. )) 53,45 )) 5,89 )) 4,78

Sulfat. Bereitung wie beim Sulfat aus der a-Form beschrieben. Das Salz zersetzt sich ebenfalls ab 250° unter Braunfarbung und war in jeder Hinsicht mit jenem identisch.

C23H,60,Ns, ' /zH804, 3H,O (481,54) Ber. C 57,36 H 6,91 N 5,82 8 3,33 Gef. )) 56,81 )) 6,74 )) 5,58 B 3,66

111. I n T e t r a h y d r o f u r a n u n t e r Z u g a b e d e r B r u c i n l o s u n g z u r H y d r i d 16s u ng. I m Reaktionskolben der angegebenen Ruhrapparatur be- findet sich eine Aufschlammung von ,700 mg LiAlH, (etwa das ll/,-fache d. Th.) in 40 ccm Tetrahydrofuran. Unter kraftigem Riihren l&Bt man im Laufe von 2 Stunden die Losung von 5 g Brucin in 60ccm Tetrahydrofuran zuflieoen. Sodann wird noch 7 Stunden bei 60° weiter geriihrt. Unter den iiblichen Kautelen wird dann mit 5 ccm Wasser zersetzt, vom Aluminiumhydroxyd abgesaugt und die Tetrahydrofuranlosung mit Pottasche getrocknet. Nach dem Abdestillieren und Trocknen im Exsiccator werden 4,95 g rohes Reaktionsprodukt erhalten.

Das gesamte Reaktionsprodukt wurde aus 10 ccm heil3em Methanol um- kristallisiert. Bei gelindem Einengen der Losung wurden zwei Kristallfraktionen im Gesamtgewicht von 3,26 g erhalten, die beide bei 186O schmolzen, 68,2% d. Th. Nach einer weiteren Umkristallisation werden in ubereinstimmung rnit St. P. Findlayso) sehr schone, farblose, unregelmaflige sechseckige Bhttchen vom Schmp. 188O erhalten. Sie sind optisch zweiachsig, wahrscheinlich monoklin und loschen ebenso wie die Kristalle der a-und @-Form auf der Hauptflache gerade am.

Page 15: Die Einwirkung von Lithiumaluminiumhydrid und von Phenylmagnesiumbromid auf Brucin

Zur Entmethoxylierung des Brucins 37

I m nachfolgenden sind die Analysenergebnisse von zwei ubereinstimmenden Versuchen zusammengefaBt. Die Siibstanz war lediglich im Exsiccator getrocknet worden.

C,3H,,0,N,, CH,OH (410,44) Ber. C 70,22 H 7,37 N 6,83 Gef. )) 70,81, 70,74 )) 7,26, 7,lO )) 6,99, 7,32

Die obigen Analysensubstanzen wurden 4 Tage bei 115O i. V. iiber P,O, getrocknet. Der Methanolgchalt verringerte sich dabei nur um l/, Mol.

1 I8 4 2,200 24 -: 2,110

C,3H,,O,N,, l/,CH,OH (394,42) Ber. C 71,55 H 7,16 N 7,lO 2.50CH3 19.68 Gef. D 71,60, 71,43 )) 7,26, 7,22 )) 7,87 )) 19,25

66 + 1,69O 169 75 4 1,60° 186 93 + 1,500 194

138 4 1,3l0 210

DaB der Methanolgehalt auch unter energischen Bedingungen nicht gilnzlich entfernt werden kann, ist im Hinblick auf die Befunde von St. P. Findlayzg) wichtig.

D r e h w e r t . Eine 1-proc. Losung der aus Methanol umkristallisierten Base in abs. khan01 wurde mlhrend einer Zeitdauer von 10 Tagen in einem 1-dm-Rohr im Polarisationsapparat ausgemessen. Etwa nach 9 Tagen war der Drehwert kon- stant. Vom 6. Tage ab verfarbte sich die Losung mehr und mehr rotlich. Die Drehwertsanderung ist aus Tab. 2 zu entnehmen.

Tab. 2 Anfangswert: [a]: = +242O; Endwert: [a]: = +1130.

Stdn. 1 'x I FTtdn. 1 r I Stdn. I 1

42 50 -+ + 1,84O l Y g 3 O I 146 I62

t 1,290 218 4- 1,23O 233

+ 1,24" + 1,17O + 1,16O + 1,14O + 1,13O + 1,13"

Bei den F a r b r e a k t i o n e n und L o s l i c h k e i t c n ergibt sich kein bemerkens- werter Unterschied gegeniiber der a- und p-Form der Base.

Salze. Die methanolhaltige Base liefert in der wiederholt beschriebenen Weise ein S u l f a t und ein N i t r a t , die sich nicht wesentlich von den beschrie- benen Salzen unterscheiden, moglicherweise aber noch methanolhaltig sind (8. S. 36).

H y d r i e r u n g . 500 mg wurden in 30 ccm abs. Methanol gelost und im Laufe von 24 Stunden mit 50 mg Platinoxyd hydriert. Dzr H,-Verbrauch betrug 83 ccm, fur 2 Mol ber. 68,5 ccm. Man erhielt (aus Aceton) farblose Kristalle des D i h v d r o b r u c i d i n s vom Schmp. 173O, die im Mischschmp. mit der =-Form des Dehydrobrucidins vom gleichen Schmp. eine Dspression von etwa 15O zeigen.

Versuche i iber d i e B e z i e h u n g e n d e r d r e i F o r m e n d e s D e h y d r o - h r u c i d i n s u n t e r e i n a n d e r . 1 . 9 0 mg der a-Form (173O) wurden in 0,5 ccm heiBem Methanol gelost. Die erkaltete Losung scheidet schone farblose Nadeln ab, die bei 178-179O schmolzen. Die Umwandlung der a-Form in die methanol- haltige gelingt demnach nicht bei einmaligem Umkristallisieren.

2. Eine Probe der p-Form (186,5O) laBt sich, wie schon auf S. 28 beschrieben, durch Losen in wenig Chloroform und Zugabe von Petrolather bis zur Trubung vollstandig in die %-Form vom Schmp. 173O uberfiihren.

Page 16: Die Einwirkung von Lithiumaluminiumhydrid und von Phenylmagnesiumbromid auf Brucin

38 B e r t h o und B o s c h

3. Die methanolhaltige Base (188O) gab bei gleicher Behandlung wie sub 2. Nadelbiischel vom Schmp. 178O, so daB also die Umwandlung in die a-Form nicht vollstandig war.

4.250 mg der a-Form (173O) wurden in 20 ccm Tetrahydrofuran gelost und im Laufe von 15 Min. mit 15 ccm einer 1,6-proc. ather. Hydridlosung versetzt. Nach 5 Stunden Siedens blieb der Ansatz uber Nacht stehen. Aufarbeitung unter Vermeidung von Chloroform lieferte die a-Form zuriick.

Mischschmelzpunkte . Das Gemisch der reinen a-Form (173O) und der reinen @-Form (186,5O) begann ab 174O zu sintern und schmolz allmahlich unter Meniskusbildung bei 182O. Die Produkte aus 1. und 3. ( 9 . 0 . ) vom Schmp. 178 his 179O bzw. 178O gaben im Mischschmp. keine Depression.

V e r s u c h e z u r R u c k g e w i n n u n g d e r B a s e a u s d e n Salzen. 350mgreine a - F o r m (173O) wurde in das S u l f a t ubergefiihrt. Das frisch gefallte Salz wurde in 200 ccm heiBem Wasser gelost, mit 250 mg Bariumacetat in 10 ccm Wasser versetzt und die Losung 10Min. zum Sieden erhitzt. Aus der erkalteten und filtrierten Losung wurde die Base mit Hilfe von Ammoniak und Chloroform ab- geschieden. Es ergaben sich als Riickstand 340 mg rotbrauner Substanz, die mit 750 ccm Petrolather (35-60°) erschopfend extrahiert wurden. Ungelost bleiben rotbraune Schmieren. Aus der klaren Petrolatherlosung lieB sich nicht die a-Form (173 O ) abscheiden, vielmehr war beim Einengen eine weiBe feinkornige Masse ausgefallen, die riickstandslos auf dem Platinblech verbrannte, schwefelfrei war und keinen scharfen Schmp. zeigte. Sie erleidet ab 247O unter Braunfarbung Zersetzung und ist bei etwa 260° geschmolzen. Die Substanz ist in den meisten organischen Losungsmitteln spielend loslich; Petrolather lost schlechter, Wasser nur in der Hitze, Kristallisationsversuche blieben erfolglos. Die Substanz kann ein Jodmethylat bilden. Ein Versuch, die Base aus ihrem N i t r a t zuriickzu- gewinnen, fuhrte zum gleichen Produkt, daswieder in einNitrat zuriickverwandelt werden konnte, das nicht wesentlich vom Ausgangssalz verschieden war. Als die gleichen Umwandlungen mit einer Nitratprobe aus der @-Form (186,5O) durchgefuhrt wurden, war das Ergebnis iibereinstimmend.

SchlieBlich wurde versucht, aus 350 mg der reinen m e t h a n o l h a l t i g e n F o r m (188O) iiber das Sulfat die Base zu regenerieren. Beim Alkalisieren der von Sulfationen befreiten Losung mit Ammoniak fie1 die Base als milchig-weiBe Emulsion aus, die in Chloroform aufgenommen wurde. Das erhaltene Produkt stimmte in seinen Eigenschaften mit dem oben beschriebenen uberein, zersetzte sich ebenfalls ab 247O, war aber erst bei 286O vollig durchgeschmolzen. Fur die Analyse und die Molekulargewichtsbestimmung wurde die Substanz pulverisiert und bei 115O i. V. iiber P,O, getrocknet. Es stellt aller Wahrscheinlichkeit ein Dimeres der Base dar.

C,,H,,0,N4, H,O (774,93) Ber. C 71,29 H 7,02 N 7,23 Gef. )) 71,76 B 6,99 )) 7,76

Mol-Gew. Ber. 774,9 Gef. 654,9 [a]: = +332,3O (1-proc. Losung Chloroform). Die Drehung blieb konstant.

Die Hydrierung der Substanz erfolgte unter Verbrauch von etwas mehr als 2 Molen Wasserstoff, doch lie13 sich kein einheitliches Produkt isolieren.

G r i g n a r d i e r u n g v o n B r u c i n m i t P h e n y l - m a g n e s i u m b r o m i d

Die verwendete Apparatur bestand aus einem Dreihalsrundkolhen von 250 ccm Inhalt mit Schliffen, der mit einem Quecksilberriihrer, RiickfluBkuhler mit CaC1,-Rohr und Tropftrichter versehen war.

Page 17: Die Einwirkung von Lithiumaluminiumhydrid und von Phenylmagnesiumbromid auf Brucin

Zur Entmethoxylierung des Brucins 39

Eine aus 10 g Brombenzol, 1,6 g Magnesium und 25 ccm abs. dther frisch hergestellte Grignardlosung laBt man aus dem Tropftrichter im Verlauf von 11% Stunde zu einer Losung von 5 g Brucin (bei 115O i. V. getr.) in 130 ccm frisch iiber Natrium dest. Anisol flieBen. Dabei wird die Rsaktionslosung kraftig geriihrt und die Temperatur auf 700 gehalten. Beim ZuflieDen der Grignard- losung scheidet die Reaktionsmischung einen hellen, gelbgriinen Brei ab. Nach Pi2 Stunden wird der Versuch abgebrochen und das Ganze iiber Nacht bei Zimmertemperatur stehen gelassen.

Unter Eiskiihlung und krlftigem Riihren wird die Grignardverbindung mit 50 ccm 2n-Salzsaure zersetzt, die rotbraun gefarbte salzsaure Schicht von der iiberstehenden schwach gelben Anisolschicht im Scheidetrichter abgetrennt und letztere noch einige Male mit verd. Salzsaure nachgewaschen. Die vereinigten salzsauren Losungen werden mit Ather ausgeschiittelt, sodann mit einer Am- moniumchloridlosung versetzt und mit Ammoniak alkalisiert. Die ausfallende Base wird durch wiederholtes Ausschiitteln mit insgesamt etwa 2 1 dther ab- getrennt. Die mit Pottasche getrocknete goldgelbe dtherlosung hinterla& nach restlosem Entfernen des Losungsmittels, zuletzt i. V., 2,3 g gelblich-weiBen Riickstand.

Zur Reinigung wird dieses amorphe Reaktionsprodukt mit wenig verd. Salz- saure gelost, im Scheidetrichter mit niedrigsiedendem Petrolather iiberschichtet und die saure Losung nun mit Ammoniak bis zur alkalischen Retktion versetzt. Durch kraftiges Schutteln kann die entstandene Emulsion verhaltnismaidig leicht in den Petrolather gebracht werden. Beim Einengen der iiber Pottasche ge- trockneten Losung scheiden sich bisweilen bereits schwach gelbe, zu Biischeln geordnete Nadeln ab. Wenn dies nicht der Fall ist und beim Einengen lediglich eine amorphe gelbe Masse ausfallt, mu13 diese abgetrennt werden. Das klare Petrolatherfiltrat liefert nun beim Einengen farbloue, zu Biischeln geordnete Nadeln. 630 mg, 11% d. Th. Die Substanz wurde noch 2-ma1 umkristallisiert und schmolz dann bei 262-262,5° u. Zers.

10-Phenyldehydrobruc id in ist spielend loslich in Chloroform, leicht in den Alkoholen und maBig in Petrolather und Aceton, worin es sich schlechter lost als Brucin, wahrend bei Petrolather die Loslichkeiten umgekehrt sind. Diese Tatsache ist wichtig fur die Abtrennung vom Brucin.

C2JLOaN, (454955) Ber. C 76,63 H 6,65 N 6,16 2 OCH, 13.66 Gef. )) 76,52, 76,20 )) 6,33, 6,40 )) 6,17, 6,55, 6,06 ,, 13.22 [a ]E = +156O (1-proc. Losung, Chloroform) const.

F a r b r e a k t i o n e n . Mit konz. Salpetersaure gibt die Base eine inteusiv blutrote Farbung, die im Farbton mit jener von Brucin iibereinstimmt. Fugt man zu einer Losung von einigen mg Base in Wasser oder auch in verd. Salz- saure einen Tropfen E i s e n c h l o r i d hinzu, so tritt eine dunkelblauqriine Farbung auf, welche auch beim Kochen der Losung erhalten bleibt. Diese Farbenreaktion ist demnach auch im Farbton identisch mit der des Dzhydrobrucidins (s. S. 34).

H y d r i e r u n g . Bei der Hydrierung der Base mit Platin und Wasserstoff wurden rund 4 Mole Wasserstoff aufgenommen, doch lie13 sich aus dem Ansatz keine definierte Substanz isolieren.