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Die Eucharistie: Communio mit Christus und untereinander Theologische und pastorale Überlegungen zur Vorbereitung auf den 50. Eucharistischen Weltkongress Dublin, Irland, 10. bis 17. Juni 2012 Päpstliches Komitee für die Eucharistischen Weltkongresse

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Die Eucharistie:Communio mit Christusund untereinander

Theologische und pastorale Überlegungenzur Vorbereitungauf den 50. Eucharistischen WeltkongressDublin, Irland, 10. bis 17. Juni 2012

Päpstliches Komitee für die Eucharistischen Weltkongresse

Eucharistischer Weltkongress-5160-umschlag-zz.PM6 23.07.2012, 11:513

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Die Eucharistie:Communio mit Christusund untereinander

Bestelladresse für die gedruckte Ausgabe

VzF Deutsches Liturgisches InstitutPostfach 2628, 54216 TrierTel. 0651 94808-50Fax 9651 94808-33www.liturgie.de

Bestell-Nr. 5160Broschüre 14 x 21,5 cm, 68 Seiten.4,90 EUR

Eucharistischer Weltkongress-5160-umschlag-zz.PM6 23.07.2012, 11:514

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PÄPSTLICHES KOMITEEFÜR DIE EUCHARISTISCHEN

WELTKONGRESSE

Die Eucharistie:Communio mit Christus und

untereinander

Theologische und pastorale Überlegungenzur Vorbereitung auf den

50. Eucharistischen Weltkongress,Dublin, Irland,

10. bis 17. Juni 2012

Aus dem Englischen übersetzt von Artur Waibel,herausgegeben vom Deutschen Liturgischen Institut

Trier 2012

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Biblische Zitate aus der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift.

© Päpstliches Komitee für die Internationalen Eucharistischen Weltkongresse© IEC 2012

© Für die deutschsprachige Ausgabe: Deutsches Liturgisches Institut, Trier

Auslieferung:VzF Deutsches Liturgisches Institut

Postfach 2628, 54216 TrierTel. 0(049)651 94808–50, Fax 0(049)651 94808-33

Internet www.liturgie.de, E-Mail [email protected]

Bestell-Nr. 5160

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Inhaltsverzeichnis

Erster Teil:Eine goldene Gelegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7a) Der fünfzigste Eucharistische Weltkongress . . . . . 7b) Was bedeutet „Communio“? . . . . . . . . . . . . 10c) Die Dringlichkeit des Themas . . . . . . . . . . . . 14d) Die Eucharistie in Irland . . . . . . . . . . . . . . . 15e) Schwestern und Brüder in Christus . . . . . . . . . 17f) Ein Eucharistischer Kongress für alle . . . . . . . . 20

II. Gemeinsam auf dem Weg zumEucharistischen Weltkongress 2012 . . . . . . . . . . . 22a) Zur Förderung der Communio-Ekklesiologie und

Communio-Spiritualität . . . . . . . . . . . . . . . 22b) Evangelisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25c) Eine wegweisende Erzählung:

Die Jünger auf dem Weg nach Emmaus . . . . . . . 28

Zweiter Teil:Die Teile der Messfeier, ein Leitfadenfür das Kongressthema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

III. Die Eröffnungsriten: Communio mit Christus in unseremNächsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33a) Der gekreuzigte und auferstandene Christus

ruft uns zusammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33b) Bußakt und Tagesgebet – In Solidarität miteinander . 35

IV. Die Liturgie des Wortes: Communio mit Christusim Wort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37a) Der zweifache Tisch des Wortes und des Lebensbrotes 37b) In der Kraft des Geistes macht uns das Wort

christusförmig und untereinander eins . . . . . . . . 40c) Die Homilie, das Glaubensbekenntnis und das Gebet

der Gläubigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

V. Die eucharistische Liturgie: Communio mit Christusin der Eucharistie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44a) In Entsprechung zum Letzten Abendmahl . . . . . . 44b) Die Gabenbereitung: Zeichen der Liebe,

der Danksagung und der Communio . . . . . . . . 45

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c) Das Eucharistische Hochgebet: GemeinschaftlicherAkt der Danksagung an den Vater . . . . . . . . . . 47(1) Epiklese: Zur Einheit zusammengeführt durch

den Heiligen Geist . . . . . . . . . . . . . . . . 48(2) Anamnese: Ein gemeinschaftliches Gedenken . . 50(3) Wandlung: Jesus Christus ist wirklich, wahrhaft

und wesenhaft gegenwärtig, er verwandeltunsere Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . 53

(4) Opfermahl: Wir haben teil an derOpferhingabe Christi . . . . . . . . . . . . . . . 55

VI. Die Kommunionriten: Wir sagen „Amen“ zu dem,was wir sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59a) Wir empfangen die heilige Kommunion . . . . . . . 59b) Die Eucharistie eint uns . . . . . . . . . . . . . . . 61c) Geistliche Kommunion . . . . . . . . . . . . . . . . 62

VII. Die Abschlussriten: Wir sind eins, auf dass alle eins seien 64a) Die Entlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64b) Von der Fußwaschung Jesu lernen . . . . . . . . . . 65

VIII. Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

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Erster Teil:Eine goldene Gelegenheit

I. Einleitung

a) Der fünfzigste Eucharistische Weltkongress

1. Im Juni 2012 wird in Dublin (Irland) der fünfzigste Eucharisti-sche Weltkongress stattfinden. Es ist ein glücklicher Zufall, dass wirim Jahr 2012 außerdem den fünfzigsten Jahrestag der Eröffnung desZweiten Vatikanischen Konzils begehen. Das Leitwort des Eucharis-tischen Kongresses in Dublin „Die Eucharistie – Communio mitChristus und untereinander“ greift den Gedanken der Communioauf, der in der Vision des Konzils einen so zentralen Platz einnimmt.

2. Das Zweite Vatikanische Konzil kann man als ein pfingstlichesEreignis beschreiben. Es bleibt ein sicherer Kompass, nach dem dieKirche auch heute ihren Kurs ausrichten kann. In einer Zeit, in derdie Menschheit in eine neue Epoche ihrer Geschichte eingetreten istmit neuen, rasch aufeinander folgenden und tiefgreifenden Verände-rungen1, war es ein vorrangiges Anliegen des Konzils bei all seinenBeratungen, wie die Kirche Jesus Christus so verkünden kann, dassdie Menschen unserer Zeit ihn lebendig sehen und hören und ihmbegegnen können. Auf der Suche nach einer Antwort auf diese Fragehat das Konzil, vom Heiligen Geist geleitet, eine Communio-Ekkle-siologie entwickelt. Es ist deshalb höchst angemessen, dass der Eu-charistische Kongress, der in diesem goldenen Jubiläumsjahr nachder Eröffnung des Konzils stattfindet, sich dem Thema der Commu-nio widmet.

3. Der Kongress bietet uns so eine goldene Gelegenheit zu überden-ken, inwieweit diese Communio-Reform des Konzils bisher verwirk-licht wurde, und zwar sowohl innerkirchlich als auch in der Begeg-nung der Kirche mit allen Menschen, die zusammen mit uns auf denPfaden der Geschichte unterwegs sind. Der Communio-Gedankesteht tatsächlich in enger Beziehung zur Evangelisierung, das heißtzur Verkündigung der Frohen Botschaft von Jesus Christus, der un-ter uns gegenwärtig bleiben will mit seiner Freude, seiner Freiheit,seiner Liebe und seinem Frieden. Die zahlreichen Schwestern undBrüder im Glauben, die aus Asien und Afrika, aus den beiden Ame-

1 Vgl. Gaudium et Spes (GS), 4.

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rikas, aus Ozeanien und auch aus Europa nach Dublin kommen wer-den, bringen bei all ihren Verschiedenheiten die Einheit und Gemein-schaft der Kirche zum Ausdruck und werden so unsere Beschäfti-gung mit diesem Kongressthema bereichern.

4. Es ist achtzig Jahre her, seit zuletzt ein Eucharistischer Weltkon-gress in Irland stattgefunden hat. Damals war der Anlass die1500-Jahrfeier der Ankunft des heiligen Patrick auf der irischen Inselund der Verbreitung der Liebe zur Eucharistie durch die irischenMissionare. Dieser Kongress 1932 war in mehrfacher Hinsicht be-deutsam. Obwohl er aus heutiger Sicht einen Hauch von Triumpha-lismus zeigte, hat er doch wesentlich dazu beigetragen, die Wundendes Bürgerkriegs zu heilen, der Irland wenige Jahre vorher zerrissenhatte2. Es hat sich allerdings auch herausgestellt, dass die enthusias-tische Mischung aus katholischem Überschwang und nationalemStolz bei diesem Kongress langfristig nicht ohne negative Auswir-kungen geblieben ist. Irland hat in der Zwischenzeit viele Umwäl-zungen erlebt. Der heutige Kontext unterscheidet sich erheblichvom damaligen. Ebenso haben sich über die Jahre hin auch die Eu-charistischen Kongresse in ihrem Charakter, ihrer Zielsetzung undihren Ergebnissen gewandelt. Neuerdings sind Eucharistische Welt-kongresse so etwas wie ein Glaubensfest, das aus Vorträgen, Gottes-diensten, Konzerten, Arbeitsgruppen und Ausstellungen besteht. DerKongress 2012 wird also ganz anders aussehen als der vor achtzigJahren.

5. Die gegenwärtige Situation in Irland im Hinblick auf den Eucha-ristischen Kongress ist gekennzeichnet von Licht und von Schatten.Wenn wir auf den Felsen des Glaubens blicken, aus dem irische Frau-en, Männer und Kinder der Kirche gehauen sind (vgl. Jes 51,1), kön-nen wir auf der einen Seite immer noch Gott danken für die groß-herzigen, ja oft heldenhaften Leistungen, die Iren für die Kirche undfür die Menschheit erbracht haben3. In jüngster Zeit war der Frie-densprozess in Nordirland, bei dem auch die Kirchen mitgewirkt ha-ben, eine Erfolgsgeschichte. Im Vergleich zu 1932 kann Irland, trotzder gegenwärtigen Finanzprobleme, mit Genugtuung auf einen enor-men sozio-ökonomischen Fortschritt auf der Insel blicken. Anderer-seits muss man am Beginn dieser theologischen und pastoralen Aus-

2 Vgl. Patrick Corish, The Irish Catholic Experience, Dublin 1985, S. 246.3 Vgl. Benedikt XVI, Schreiben an die Katholiken Irlands (19.03.2010), 2, deutsch in:http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/letters/2010/documents/hf_ben-xvi_let_20100319_church-ireland_ge.html (Zugriff am 01.07.2011).

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führungen zugeben, dass die katholische Kirche in Irland sich zurzeitauf einem Weg der Läuterung und Erneuerung befindet und der Wie-dergutmachung für den Missbrauch, den vor allem Priester und Or-densleute an Kindern und jungen Menschen verübt haben. Ähnlichwie die Jünger auf dem Weg nach Emmaus fühlen sich die irischenKatholiken in vieler Hinsicht verunsichert durch das, was da in ihrerKirche geschehen ist. Der Schrei der Opfer und Überlebenden dessexuellen Missbrauchs durch Kleriker durchbohrt Himmel und Erdeund fordert radikale Zeichen der Umkehr.

6. Der Kongress im Jahr 2012 kann als ein „kairós“ im biblischenSinn des Wortes betrachtet werden, das heißt als eine günstige undaußergewöhnliche Zeit, in der durch das Eingreifen Gottes etwas Be-sonderes geschehen kann. Es ist eine Gelegenheit für die Kirche inIrland und für die Weltkirche, neu auf das zu hören, was der HeiligeGeist durch das Zweite Vatikanische Konzil der Kirche gesagt hatund sagt. In der Tat ist der Kongress eine gottgegebene Chance fürMenschen, in der Gemeinschaft mit Christus und untereinander zu-sammenzukommen, um „die Wunden am Leib Christi zu betrach-ten“ und „an die manchmal schmerzhaften Heilmittel [zu denken],die erforderlich sind, um diese Wunden zu versorgen und zu heilen,und ebenfalls an die notwendige Einheit, Liebe und gegenseitige Un-terstützung in einem langwierigen Prozess der Wiederherstellungund kirchlichen Erneuerung“4. Der Kongress kann auch so etwaswie eine „Statio“ sein, das heißt ein Innehalten in Hingabe und Ge-bet auf dem Weg der Kirche, eine „Statio“, zu der die Kirche vonIrland die Kirche der ganzen Welt einlädt. So wird dieser Kongresszu einem herausragenden Moment auf dem Pilgerweg der Kirche, dasie eingeladen ist, im Sinne des Kongressthemas diesen besonderenAspekt der Eucharistie, die Communio mit Christus und untereinan-der, zu betrachten. Das werden wir tun, indem wir Gottesdienstefeiern, in aller Öffentlichkeit und geeint durch das Band der Liebe.Dadurch dass der Kongress Pilger aus allen Teilen der Welt zusam-menführt, wird er für die Welt zu einem authentischen Zeichen derCommunio im Glauben und in der Liebe werden.

4 Ebd., 5.

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b) Was bedeutet „Communio“?

7. Am Beginn dieses Dokuments müssen wir zunächst klären, wasmit dem Begriff „Communio“ gemeint ist. Wir Katholiken kennenden Begriff „Kommunion“; wir sagen „zur Kommunion gehen“bzw. „die Kommunion empfangen“. Der theologische Begriff„Communio“ (im Sinne des griechischen Wortes „koinonia“ imNeuen Testament) hat jedoch eine umfassendere und weiter reichen-de Bedeutung.

8. Jesus verkündete das Reich Gottes. Er bezog das Wort des Pro-pheten Jesaja auf sich: Der Herr „hat mich gesandt, damit ich denArmen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen dieEntlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich dieZerschlagenen in Freiheit setze.“ (Lk 4,18 vgl. 4,21) Durch seineWorte und Taten schuf Jesus eine messianische Gemeinschaft vonJüngern, die die Erfahrung machten, dass dieses Reich Gottes in Je-sus selbst zu ihnen gekommen war. Die Mitglieder dieser Gemein-schaft waren auf eine neue Weise untereinander verbunden, in einerBeziehung, die von Liebe, von Freiheit und Wahrheit, von Gleichheitund Gegenseitigkeit gekennzeichnet war. Wer mit der Leitung be-traut war, sollte seine Verantwortung durch Dienen ausüben. Dasvierte Evangelium überliefert uns, dass Jesus am Abend vor seinemTod das Gebet sprach, in dem seine ganze Sendung zusammengefasstist: „Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin,sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich ge-sandt hast.“ (Joh 17,21)

Das ist es, was diese neue Gemeinschaft ausmacht, Teilhabe amLeben Gottes, nichts weniger als das.

9. Durch seinen Tod am Kreuz schien die messianische SendungJesu katastrophal gescheitert zu sein. Und doch war das nicht dasEnde der Geschichte. Der auferstandene Christus besiegte den Tod.Wo die Sünde herrschte mit ihrem Dunkel, ihrer Spaltung und ihremGrauen, da wurde die Gnade übermächtig mit ihrem Licht, ihrer Ge-meinschaft und ihrer Freiheit (vgl. Röm 5,17–21). Der gekreuzigteund auferstandene Christus führte seine Gemeinschaft ganz neu zu-sammen. Die Bindungen, die sie zusammenhielten, vertieften sich. Erlebte und baute seine Gemeinschaft auf durch die Verkündigung desEvangeliums, durch die Feier der Sakramente, besonders der Eucha-ristie, durch den Dienst derer, die mit Gemeindeaufgaben betrautwaren, und durch die Liebe der Glieder der Kirche untereinander:„Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft,

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am Brechen des Brotes und an den Gebeten.“ (Apg 2,42) Es wargenau so wie zu der Zeit, als Jesus noch unter ihnen weilte, ja eswar noch stärker, die Jünger Christi waren nicht allein gelassen. Siewaren vereint in der Gemeinschaft mit Jesus Christus und unter-einander durch die Bande der Einheit und besonders durch dieEucharistie.

10. Der Apostel Paulus hebt im Ersten Korintherbrief die Bedeu-tung der Eucharistie als Gegenwart, Gemeinschaftsmahl und Opferhervor (vgl. 1 Kor 10,16–22). Er schreibt dies an eine Gemeinde, inder es viele Gaben und Dienste, aber auch ernsthafte Spaltungen gab.Der heilige Paulus wollte ihnen deutlich machen, dass wir durch Eu-charistie zu einer Gemeinschaft verbunden sind. Er schreibt: „Ist derKelch des Segens, über den wir den Segen sprechen, nicht Teilhabeam Blut Christi? Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe amLeib Christi? Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; dennwir alle haben teil an dem einen Brot.“ (1 Kor 10,16–17) Für „Teil-habe“ verwendet Paulus das Wort koinonia = communio. Durch denEmpfang der Eucharistie werden die vielen Glieder der Gemeindeeins, das heißt, sie haben auf eine so tiefe Weise teil am Leib und BlutChristi, dass sie zusammen der Leib Christi werden. Es ist also JesusChristus selbst, der die unterschiedlichen Gaben und Dienste auf dieEinheit ausrichtet. Wir gehören nicht zu Christus wie Mitgliedereiner sozialen Gruppe oder einer Vereinigung, nein, durch die Eu-charistie stehen wir in einer tiefen, personalen Verbindung mit demauferstandenen Christus und durch ihn miteinander.

11. Der Apostel Paulus spürt, dass er der Gemeinde in Korinth vomEvangelium her ganz neu verkünden muss, was Communio bedeu-tet. So überliefert er uns einen sehr alten Bericht des Letzten Abend-mahls (1 Kor 11,17–33), und er unterstreicht damit, dass wir imPaschamysterium, das beim Letzten Abendmahl sakramental vor-weggenommen wurde, den genetischen Code für die Einheit, dasheißt die Communio der Kirche, finden. Es war ja die SelbsthingabeJesu in seinem Leiden und Tod, die die Menschheit erlöst hat, undErlösung bedeutet Einheit mit Christus und untereinander. Die Eu-charistie befähigt uns und lädt uns ein, diese Einheit im Leben zuverwirklichen. Daraus folgen Versöhnungsbereitschaft, Toleranzund der Einsatz füreinander:

„Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann über-liefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgelie-fert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte:Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Eben-

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so nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch istder Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt,zu meinem Gedächtnis! Denn sooft ihr von diesem Brot esst undaus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis erkommt. Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelchdes Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut desHerrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brotessen und aus dem Kelch trinken. Denn wer davon isst und trinkt,ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich dasGericht zu, indem er isst und trinkt … Wenn ihr also zum Mahlzusammenkommt, meine Brüder, wartet aufeinander!“ (1 Kor11,23–29.33)

12. Nach der Überzeugung des heiligen Paulus hat die Eucharistieuns und unsere Beziehung zueinander grundlegend verändert, sodasser entsetzt war, als er von der Gleichgültigkeit erfuhr, die unter denKorinthern herrschte, von ihrer Benachteiligung der Armen undihrem Mangel an gegenseitiger Liebe. Er, der die korinthische Ge-meinde gegründet hatte, ging sogar so weit zu sagen, sie hätten sichselbst verurteilt, weil sie in ihrem Leben dem widersprächen, was siein der Feier der Eucharistie verkündeten. Die Eucharistie ist keinemoralische Pflicht; sie ist zuallererst eine Verwandlung, die JesusChristus bewirkt. Es ist unsere Würde, in eine Gemeinschaft, eineCommunio in Christus, gerufen zu sein und dies in unserem Lebenzu bezeugen.

13. Wie wir am Beginn dieses Dokuments erwähnten, hat dasZweite Vatikanische Konzil unsere Aufmerksamkeit neu auf die Be-deutung der Gemeinschaft in Christus, der Communio, gelenkt. Die-se Communio derer, die an Christus glauben, gründet in der Teilhabean heiligen Gaben. Es ist die Teilhabe am Glauben, die Teilhabe anden Sakramenten, die Teilhabe an den Charismen und vor allem dieTeilhabe an der Liebe. Die Communio drängt dazu, mit anderen zuteilen, und zwar sowohl geistliche als auch materielle Güter. Und sieist nicht begrenzt auf jene, die mit uns auf dieser Erde leben, sie er-streckt sich auch auf jene, die uns vorangegangen sind, und ganz be-sonders auf die Heiligen.

14. Die Communio war auch Thema im Dialog zwischen den Kir-chen. Die Anglikanisch/Römisch-Katholische Internationale Kom-mission (ARCIC) hat den Begriff der Communio folgendermaßenumschrieben:

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„Einheit mit Gott in Christus Jesus durch den Geist ist das Herzder christlichen koinonia. Der Ausdruck koinonia wird in ver-schiedenen neutestamentlichen Zusammenhängen unterschied-lich verwandt; wir konzentrieren uns auf seine Verwendung zurBezeichnung einer Beziehung zwischen Personen, die sich ausihrer Teilhabe an ein und derselben Wirklichkeit ergibt (vgl. 1 Joh1,3). Der Sohn Gottes hat unsere menschliche Natur angenom-men und uns seinen Geist gesandt; dieser macht uns auf solchwahrhafte Weise zu Gliedern des Leibes Christi, dass auch wirGott anrufen können als ‚Abba, Vater‘ (Röm 8,15; Gal 4,6). In-dem wir ferner teilhaben an demselben Heiligen Geist, durch denwir Glieder desselben Leibes Christi werden und angenommeneKinder desselben Vaters, sind wir auch miteinander in einer voll-kommen neuen Beziehung verbunden. Koinonia miteinanderfolgt aus unserer koinonia mit Gott in Christus. Dies ist das Ge-heimnis der Kirche … Durch die Eucharistie werden alle Getauf-ten in Gemeinschaft gebracht mit der Quelle der koinonia. Er istder Eine, der die Mauern, die die Menschheit trennten, nieder-gerissen hat (Eph 2,14); er ist der Eine, der gestorben ist, um alleKinder Gottes, seines Vaters, zur Einheit zu versammeln (vgl. Joh11,52; 17,20ff.).“5

15. Das Leben in der Communio hat für uns schon hier auf Erdenin der oben beschriebenen Weise begonnen, aber es wird erst zurVollendung gelangen, wenn der neue Himmel und die neue Erde ver-wirklicht sind, die Jesus Christus verheißen hat. Die Eucharistie istein Vorgeschmack dieses neuen Himmels und dieser neuen Erde, wodas Leben in der Communio ohne Ende sein wird. Die Heilige Schriftschließt mit dem Ruf: „Amen. Komm, Herr Jesus!“ (Offb 22,20).Die Eucharistie möchte uns als Communio-Gemeinschaft auf dieseZukunft hin ausrichten, nicht als Drohung, sondern als Einladung.In einer Welt, die sich nur allzu leicht ausschließlich mit der Gegen-wart beschäftigt, lädt die Eucharistie uns ein, unser Herz zu öffnenfür die von Gott verheißene Zukunft. In der Eucharistie nehmen wirdiese Zukunft in Worten und Handlungen vorweg, sodass die künf-tige Communio jetzt schon in die Gegenwart hereinleuchtet und wireinen lebendigen Vorgeschmack dessen haben, was wir einmal seinwerden.

5 Anglikanisch/Römisch-Katholische Internationale Kommission, Schlussbericht, Ein-leitung, Windsor 1981, Nr. 5–6, zitiert nach: Harding Meyer u.a. (Hg.), Dokumentewachsender Übereinstimmung 1931–1982, Paderborn/Frankfurt/M. 1983, S. 137.

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c) Die Dringlichkeit des Themas

16. Das Thema Communio spricht uns in unserer Identität und un-serer Sendung ganz besonders an in einer Zeit, die von tiefgreifendenVeränderungen in den Formen der Kommunikation und der mensch-lichen Beziehungen geprägt ist. Je mehr die traditionellen zwischen-menschlichen Netzwerke und sozialen Bindungen sich auflösen, um-so dringender ist es, neue Beziehungsmodelle auf regionaler,nationaler und globaler Ebene zu finden. So muss auch die Kirchesich fragen, wie sie ihr eigenes Gemeindeleben gestaltet.

17. Nach dem Plan Gottes soll die Kirche ein Zeichen und Werk-zeug der Vereinigung der Menschen mit Gott und untereinandersein6. So sagt der frühchristliche Kirchenschriftsteller Tertullian:„Ein Christ allein ist kein Christ.“ In der Eucharistie entschlüsselnwir den genetischen Code der Communio, die zutiefst die Identitätder Kirche ausmacht. Indem wir darüber nachdenken, was die eu-charistische Communio bedeutet, stellen wir fest, wie sehr die Zer-rissenheit des Leibes Christi die Sendung der Kirche, das Evangeliumzu verkünden, herausfordert. Die Kirche braucht ja nicht zu hoffen,dass ihre Stimme von der Gesellschaft gehört wird, wenn ihr eigenesVersagen auf dem Gebiet der Einheit so offenkundig und für viele einÄrgernis ist, zum Beispiel durch Formen der Sektiererei, des Macht-missbrauchs, des Institutionenkults und der Befangenheit in Vor-urteilen. Dies alles fordert von uns ständige Achtsamkeit für das,was Communio mit Christus und untereinander in allen Lebens-bereichen bedeutet. Vor allem müssen wir neue Wege finden, das Le-ben der Communio weiterzugeben an die jungen Menschen in derwestlichen Welt, wo vielfach sogar die Plausibilität des Glaubens ge-leugnet wird. Mehr als je zuvor stehen wir vor der Herausforderung,„die Kirche zum Haus und zur Schule der Gemeinschaft“ zu ma-chen, und zwar auch in Bezug auf die Reform kirchlicher Institutio-nen.7 Wir sollen eins sein, damit die Welt glaubt (vgl. Joh 17,21).

6 Vgl. Lumen gentium (LG), 1–4.7 Johannes Paul II., Novo Millennio ineunte (2001), 43, deutsch in: Verlautbarungendes Apostolischen Stuhls (VAS) 150.

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d) Die Eucharistie in Irland

18. Das Zweite Vatikanische Konzil beschreibt die Eucharistie als„Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“8 und sagtvon ihr aus, dass sie „das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fül-le“9 enthält. Seit der Zeit des heiligen Patrick haben die Iren die Eu-charistie hoch geschätzt. Sie haben die Eucharistie in kleinen Insel-Kapellen, in Mönchsgemeinden und in Kathedralen gefeiert undspäter, in Zeiten der Verfolgung, auch auf Mess-Felsen. Zahlreicheliterarische Schätze erinnern uns an das Erbe ihrer Liebe zur Eucha-ristie.10 Der älteste lateinische eucharistische Hymnus ist der Hym-nus Sancti venite im Antiphonar von Bangor aus dem siebten Jahr-hundert.11 Im berühmten Book of Kells findet sich eine reicheeucharistische Bildwelt. In der jüngeren irischen Geschichte enthältdie Darstellung der Marienerscheinung von Knock ein eucharisti-sches Motiv.12 Der schon erwähnte Eucharistische Kongress von1932 und auch der Papstbesuch von 1979 geben Zeugnis von dergroßen Hochschätzung der Iren für die Eucharistie. Die heilige Mes-se war von zentraler Bedeutung für die Tausenden von irischen Mis-sionaren, die den Glauben nach Afrika, Asien und Amerika gebrachthaben, wie auch für viele irische Auswanderer in zahlreichen Teilender Welt. Auch heute noch ist der Prozentsatz der sonntäglichenMessbesucher in Irland einer der höchsten in Europa. Auch die Zahlderer, die täglich an der Messe teilnehmen, ist beachtlich. Eucharis-tische Anbetung ist weit verbreitet. Der Brauch, die Messe für je-mand aufzuopfern wird nach wie vor gepflegt. In neuerer Zeit wur-den die eucharistischen Gottesdienste in Irland bereichert durch dieAnwesenheit von Migranten.

8 GL, 11. Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche (KKK), 1322–1419.9 Presbyterorum ordinis (PO), 5.10 Der volkstümliche Hymnus Audite omnes von Secundinus, einem Zeitgenossen undMitmissionar des hl. Patrick, geht auf Patrick und die Eucharistie ein. Der Text diesesHymnus findet sich im Antiphonar von Bangor. (Eine englische Übersetzung bietetLudwig Bieler, The Works of St. Patrick, London 1953.) Die Instructio XIII des hl.Kolumban ist ein schöner und zutiefst mystischer Text über die Eucharistie, ganz inder Sprache des Johannesevangeliums (vgl. Lektionar zum Stundenbuch I/8, Freiburgu.a. 1979, S. 21f. und 25f., Dienstag und Mittwoch der 28. Woche im Jahreskreis).Eine kritische Ausgabe der Werke des hl. Kolumban ist G. S. M. Walker, Sancti Colum-bani Opera. Scriptores Latini Hiberniae, Bd. 11, Dublin 1957. Vgl. Finbarr Clancy,Vive in Christo ut Christus in te, The Christology of St. Columbanus, in: T. Finan &V. Twomey (Hg.), Studies in Patristic Christology, Dublin 1998, S. 163–195. Eucharis-tische Hymnen finden sich auch im Stowe Missal aus dem 9. Jh.11 Text und Kommentar in Vincent Ryan, The Shaping of Sunday. Sunday and Eucha-rist in the Irish Tradition, Dublin 1997.12 Vgl. T. Lane, Reflecting on Knock. Before our merciful Lamb, Dublin 2007.

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19. Die Hochschätzung, die die Iren der Eucharistie entgegenbrin-gen, ist ein Geschenk des Heiligen Geistes. Entfernt war sie vielleichtvorbereitet worden von ihren Vorfahren, die – wie auch andere Völ-ker – mächtige Zeichen ihrer Suche nach dem Absoluten hinterlassenhaben. So bringt zum Beispiel die Anlage des steinzeitlichen Monu-ments von Newgrange im Tal des Boyne (erbaut ungefähr um 3200v.Chr.) das Verlangen des Volkes zum Ausdruck, sich auf das ein-zustimmen, was für sie das einzig Unvergängliche war, die jährlicheErneuerung der Erde durch die Sonne. Was in Newgrange jedes Jahrzur Wintersonnenwende gefeiert wurde, war in einem gewissen Sinnauf kosmischer Ebene eine – vielleicht vom Heiligen Geist eingegebe-ne – Intuition des christlichen Paschamysteriums, das von Versöh-nung, Frieden, Einheit mit Gott und untereinander spricht. Als dieIren dem Evangelium Jesu Christi begegneten, entdeckten sie die Eu-charistie als den großen und wahren Schatz, der uns mit dem unver-gänglichen Gott und miteinander in Christus vereint, der das Alphaund das Omega der menschlichen Geschichte ist (vgl. Offb. 1,8).

20. In neuerer Zeit hat sich allerdings in ihren Einstellungen zurMessfeier einiges geändert. Viele sagen heute, die Messe sei für sienicht Leben spendend und habe kaum etwas mit ihrem Leben zu tun.Sie sei langweilig. Sie vermissten das Geheimnisvolle in ihr. Viele su-chen geistliche Erfüllung außerhalb der eucharistischen Gemein-schaft einer Kirche. Die überdurchschnittliche Abwesenheit jungerMenschen in unseren Messfeiern ist Grund zu ernster Sorge. Mitdem Rückgang der Priesterberufe könnte auch Irland bald vor demgleichen Problem stehen, von dem schon andere Länder betroffensind, dass nämlich nicht mehr in jeder Gemeinde jeden Sonntag eineMessfeier stattfinden kann.

21. Für diese Veränderungen in der Einstellung zur Messfeier gibtes natürlich viele Gründe, nicht zuletzt eine Feier der Liturgie, die oftarmselig ist und nicht anspricht. Doch in einer Zeit, in der der Sinnfür Gott bei vielen Menschen wie eine untergehende Sonne schwin-det, ist die Erneuerung der Eucharistie als Mitte des christlichen Le-bens zutiefst verknüpft mit der Wiederentdeckung des Mensch ge-wordenen Gottes, des Gottes, der die Liebe ist, des Gottes, der einervon uns geworden ist: „Denn wo zwei oder drei in meinem Namenversammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20)

22. Die Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzilswünscht, dass die „volle und tätige Teilnahme des ganzen Volkes …bei der Erneuerung und Förderung der heiligen Liturgie aufs stärkste

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zu beachten“13 ist. Papst Benedikt hat davon gesprochen, welche Be-deutung die ars celebrandi hat, die Kunst, Liturgie richtig zu feiern.Alle, die in der Feier eine besondere Rolle haben, müssen sich gut aufihren Dienst vorbereiten; das sind vor allem die Priester, aber auchdie Lektoren und Lektorinnen, die Musiker/innen, die Kommunion-helfer/innen, die Fürbittensprecher/innen und auch die Ministrantenund Ministrantinnen sowie jene, die bei der Gabenprozession mit-wirken. Oft wird heute die Liturgie von einer Gruppe in der Pfarreivorbereitet. Dabei können Handreichungen, die die Messfeier er-schließen, behilflich sein. Besonders erwähnt seien hier die Grund-ordnung des Römischen Messbuchs und die Pastorale Einführungin das Messlektionar. Niemand ist allerdings bloßer Zuschauer inder Messe. Alle sind aufgerufen, aktiv teilzunehmen, in das Mysteri-um der Eucharistie einzutreten, danach zu trachten, einander zu lie-ben, aufmerksam und fromm mitzufeiern und sich innerlich mit demzu verbinden, was da geschieht. Ja, man könnte sagen, die tätigeTeilnahme an der Messe beginnt schon vor der Feier selbst. UnserMühen um ein Leben nach dem Evangelium in allen Bereichen unse-rer Existenz ist die beste Vorbereitung, um sich auf das Mysteriumder Eucharistie voll einzulassen.

23. Eine der Früchte des Zweiten Vatikanischen Konzils war dasRömische Messbuch von 1970. Zum Zeitpunkt des EucharistischenKongresses wird voraussichtlich die Englische Übersetzung des Mis-sale Romanum von 2008 veröffentlicht sein. Diese neue EnglischeÜbersetzung wurde nach den Normen erstellt, die in der für den Rö-mischen Ritus herausgegebenen Instruktion Liturgiam authenticamfestgelegt sind und die eine größere Treue zum lateinischen Original-text anmahnen.14

e) Schwestern und Brüder in Christus

24. Inspiriert von den Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzilsmöchte der Eucharistische Kongress 2012 Gelegenheit bieten, dassauch unsere Schwestern und Brüder aus anderen Kirchen und kirch-lichen Gemeinschaften die Einsichten und die Weisheit ihrer kirchli-chen Erfahrungen und Strukturen mit uns teilen.15 Vieles im Eucha-

13 Sacrosanctum Concilium (SC), 14.14 Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Der Gebrauch derVolkssprache bei der Herausgabe der Bücher der römischen Liturgie Liturgiam authen-ticam (2001), deutsch in: VAS 154.15 Vgl. Unitatis redintegratio (UR).

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ristieverständnis haben wir gemeinsam. Unzweifelhaft verstehensich viele Kirchen und kirchliche Gemeinschaften als eucharistischeGemeinschaften, die das Sakrament des Leibes und Blutes Christifeiern.

25. Der Lima-Text von 1982 Taufe, Eucharistie und Amt wurdevon vielen begrüßt, gerade weil er die gemeinsamen Lehren hervor-hebt. Die zahllosen bilateralen Dialoge über die Eucharistie, bei de-nen die katholische Kirche beteiligt war, sind eine Bereicherung füruns alle. Sie helfen den Katholiken, ihren Glauben tiefer zu verste-hen.16 Es ist sehr zu wünschen, dass im Zusammenhang dieses Kon-gresses die zahlreichen Dialog-Papiere gemeinsam studiert werden.Dazu gehören: Der Lima-Text Taufe, Eucharistie und Amt (1982);das Dokument der Gemeinsamen Kommission für den theologischenDialog zwischen der römisch-katholischen Kirche und der ortho-doxen Kirche Das Geheimnis der Kirche und der Eucharistie imLicht des Geheimnisses der heiligen Dreifaltigkeit (1982); ARCIC,Eucharistic Doctrine (1971), Eucharistic Doctrine, Elucidation(1979), Clarifications of Certain Aspects of the Agreed Statementson Eucharist and Ministry (1994); der lutherisch-katholische Dia-log, Die Eucharistie (1978); der reformiert-katholische Dialog, ThePresence of Christ in Church and World (1977). Die Eucharistie warauch Thema im methodistisch-katholischen Dialog, wie z.B. in: TheDublin Report (1976) und The Grace Given You in Christ (2006).

26. Dank der immer engeren Kontakte und der wechselseitigen Zu-sammenarbeit wächst die Sehnsucht unter Christen, eines Tages dieeine Eucharistie des Herrn gemeinsam feiern zu können. Dennochmuss man sagen, dass trotz der vielen reichen Früchte des Dialogsunsere Kirchen noch nicht an dem Punkt angekommen sind, wo siesich in voller Gemeinschaft um den gleichen eucharistischen Tischversammeln könnten. Deshalb erfahren Christen ihr getrennt Seinam schmerzlichsten in der Feier der Eucharistie. Das Leiden an die-ser Wunde müssen wir zur Kenntnis nehmen. Im Lima-DokumentTaufe, Eucharistie und Amt, Nr. 26, wird dargelegt, welche Folgensich aus dieser Tragödie für das missionarische Zeugnis ergeben.

27. Das Zweite Vatikanische Konzil hat zwei grundlegende Prinzi-pien herausgestellt, die für eine sakramentale Einheit wichtig sind.

16 Vgl. Kardinal Walter Kasper, Harvesting the Fruits. Basic Aspects of Christian Faithin Eucmenical Dialogue, Continuum, London 2009, deutsche Übersetzung: Die Früch-te ernten. Grundlagen christlichen Glaubens, Paderborn 2011.

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Das erste ist das Zeugnis für die Einheit der Kirche, das zweite dieTeilhabe an den Gnadenmitteln. Das Zeugnis für die Einheit der Kir-che verbietet in der Regel eine Eucharistiegemeinschaft von Kirchen-mitgliedern, die nicht in der vollen Einheit mit der katholischen Kir-che stehen. Aber um der Gnaden willen, die damit verbunden sind,kann manchmal eine Ausnahme befürwortet werden. Es ist nicht im-mer einfach, einen Weg zwischen diesen Prinzipien zu finden. Tat-sächlich ergänzen sie sich gegenseitig, und es müssen immer beidePrinzipien zusammen betrachtet werden. In diesem Sinn hält es diekatholische Kirche für möglich, dass in bestimmten Situationen we-gen eines objektiv ernsten und dringenden geistlichen Bedürfnissesein Mitglied einer anderen Kirche, das sich zum Glauben der katho-lischen Kirche bezüglich der Eucharistie bekennt, die heilige Kom-munion in einer katholischen Kirche empfangen darf. Beispiele sol-cher Situationen (von denen jede einzeln zu beurteilen ist) sind: dieZulassung zur Kommunion für ein Elternteil eines Kindes, das inner-halb einer Messfeier die Taufe, die Firmung oder die erste heiligeKommunion empfängt; ein Elternteil oder die Ehefrau von jemand,der die Priester- oder Diakonenweihe empfängt; die nächsten Ange-hörigen eines Verstorbenen bei der Messfeier zum Begräbnis.

28. Während die volle Eucharistiegemeinschaft unter allen Chris-ten noch nicht möglich ist, sollten doch andere Ausdrucksformender Communio gepflegt werden.17 Bei unserem Verlangen nach Ein-heit beginnen wir nicht bei Null. Wenn die Eucharistie Quelle undHöhepunkt des christlichen Lebens ist, gibt es ein weites Feld imUmkreis der Eucharistie, das wir alle bearbeiten können und sollen.Da wir durch die Taufe in die eine Kirche Christi eingegliedert wur-den (vgl. Gal 3,28; 1 Kor 12,13; Eph 4,4), gibt es viele Gegenwarts-weisen Jesu Christi, die wir hochschätzen und teilen und gemeinsamfeiern und leben können. Unser Taufglaube ist das Tor zu zahlrei-chen Formen der Interkommunion in einem Lebens-Dialog, der dieGrundlage für vielfältige Initiativen ist, vor allem in der gemein-samen Teilhabe am Wort Gottes, z.B. in ökumenischen Vespern, inFriedensprojekten und Friedensgebeten, in ökumenischen Pilger-fahrten, in Werken der Liebe und der Sorge für Randgruppen, in ört-lichen Pastoralkonferenzen, in Projekten der Evangelisierung sowiein Zusammenschlüssen in neuen und alten geistlichen Gemeinschaf-ten, in Klöstern, Ordensgemeinschaften und geistlichen Bewegun-gen.

17 Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Ut unum sint (1993), 9, deutsch in: VAS 121.

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29. Es ist zu hoffen, dass der Eucharistische Kongress ein Forumgemeinsamen Überlegens sein kann im Licht der vielen positiven Er-fahrungen, die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil gemacht wur-den. Der Kongress sollte auch Gelegenheit bieten, mit Dankbarkeitdie wertvolle und oft pionierhafte Rolle von konfessionsverschiede-nen Ehen anzuerkennen, die in ihren Familien Gemeinschaft mitChristus und miteinander unter Christen aus verschiedenen Kirchenaufbauen. Beten wir gemeinsam für den Kongress, dass er uns helfe,ein intensiveres Leben in Einheit und Liebe zu führen, um eintretenzu können in „jenen inneren Raum, in dem Christus, die Quelle derEinheit der Kirche, mit der ganzen Kraft seines Tröstergeistes wirk-sam tätig werden kann“18.

f) Ein Eucharistischer Kongress für alle

30. Es wurde vorgeschlagen, den Satz „Here comes everybody“(Jeder und jede kommt und gehört dazu), der in einem der Werkevon James Joyce vorkommt, in gewisser Weise auf den Begriff derKatholizität anzuwenden. Da die Eucharistie alles enthält, was Gottfür die gesamte Menschheit in der Heilsgeschichte getan hat und tunwird, deshalb muss ein Internationaler Eucharistischer Kongress je-den Menschen ansprechen, in der Gegenwart und in der Zukunft, obsie getauft sind oder nicht. Das Zweite Vatikanische Konzil lehrtuns: „Da nämlich Christus für alle gestorben ist und da es in Wahr-heit nur eine letzte Berufung des Menschen gibt, die göttliche, müs-sen wir festhalten, dass der Heilige Geist allen die Möglichkeit an-bietet, diesem österlichen Geheimnis in einer Gott bekannten Weiseverbunden zu sein.“19

31. Es ist nicht zu leugnen, dass es für manche schwierig ist, eineKirche auch nur zu betreten, nach allem, was bekannt wurde überVergehen von Priestern und Ordensleuten und Unterlassungen vonVorgesetzten. Andere unterhalten aus unterschiedlichen Gründennur lose Kontakte zur Kirche oder wenden sich an sie nur zu be-stimmten Anlässen. Es ist aber zu hoffen, dass jene, die sich der Kir-che gegenüber entfremdet haben, eine Rückkehr in Erwägung ziehenund anlässlich dieses Kongresses die Botschaft der Kirche in einemneuen Licht sehen. Es ist zu hoffen, dass sie eine Gemeinschaft ent-decken, die in den vergangenen Jahren deutlicher ihre eigenen Fehler

18 Ebd., 35.19 GS, 22.

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und ihr Versagen eingesehen hat, und sich jetzt bemüht, im Geist derBuße und Versöhnung die Erinnerungen zu heilen, und die neu damitbeginnt, von der Leben spendenden Botschaft Jesu durch Wort undTat Zeugnis zu geben.

32. Ganz im Sinne dessen, was das Zweite Vatikanische Konzil an-geregt hat, möchte die Kirche heute lernen von ihren Schwestern undBrüdern, mit denen sie gemeinsam auf ihrer Pilgerschaft unterwegsist.20 Jeder und jede kann einen Beitrag leisten zur Reform der Kirchegemäß den Worten des Propheten Jesaja (43,19): „Seht her, nun ma-che ich etwas Neues. Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr esnicht?“

20 GS, 11 und 45.

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II. Gemeinsam auf dem Weg zumEucharistischen Weltkongress 2012

33. Der Eucharistische Weltkongress ist mehr als nur das, was daim Juni 2012 stattfinden wird. Auch die Hinführung zu diesem Er-eignis und die Umsetzung danach sind wichtig und gehören dazu.Die Bemühungen um Heilung, Erneuerung und Wiedergutmachungnach dem Ärgernis des sexuellen Missbrauchs durch Kleriker habenweiterhin Priorität. Wegweiser auf diesem Weg während der nächs-ten eineinhalb Jahre sind die Lehren des Zweiten VatikanischenKonzils. Die folgenden Punkte rund um die Leitmotive der Commu-nio und der Evangelisierung sind nur als Beispiele zu verstehen. Zuallererst will der Kongress als eine Plattform für die Katholikenselbst dienen, die bereit sind, sich auf den Weg der Neu-Evangelisie-rung zu begeben.

a) Zur Förderung der Communio-Ekklesiologieund Communio-Spiritualität

34. Das Leitmotiv des Kongresses kann zu zahlreichen Aktivitätenanregen. Doch bevor wir konkrete Pläne machen, sollten wir eineCommunio-Spiritualität fördern, die in der Begegnung mit der Per-son Jesu Christi gründet. So schreibt Papst Benedikt in seiner erstenEnzyklika Deus caritas est (Nr. 1): „Am Anfang des Christseins stehtnicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Be-gegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Lebeneinen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtunggibt.“ Im Licht der um die Person Jesu Christi zentrierten Commu-nio-Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils kann man sa-gen, dass der Geist heute die ganze Kirche in diese Richtung drängt,nämlich hin zu einer Communio-Spiritualität, die Jesus Christus ver-kündet und zur Begegnung mit ihm hinführt.21 Es hat wohl noch nieein Papst in einem kirchlichen Lehrschreiben an die ganze Kircheeine so kraftvolle Beschreibung der Communio als geschwisterlicherLiebe gewagt wie Papst Johannes Paul, wenn er die wesentlichenMerkmale einer gemeinschaftlichen Spiritualität entfaltet, die einer

21 Vgl. Schlussdokument der Außerordentlichen Bischofssynode 1985, deutsch in: VAS68; Johannes Paul II., Novo Millennio ineunte (2001), 43, deutsch in: VAS 150; Bene-dikt XVI., Enzyklika Deus caritas est (2005), 1, deutsch in: VAS 171.

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jeden Berufung zugrunde liegen.22 Diese Spiritualität muss geübtwerden in den Beziehungen zwischen Bischöfen, Priestern und Dia-konen, zwischen Priestern und Laien, zwischen Klerikern und Or-densleuten, zwischen Vereinigungen und kirchlichen Bewegungen.

35. Nach den Wortes des Papstes (in Novo Millennio ineunte) be-deutet Communio-Spiritualität zuallererst, „den Blick des Herzensauf das Geheimnis der Dreifaltigkeit zu lenken, das in uns wohntund dessen Licht auch auf dem Angesicht der Brüder und Schwesternneben uns wahrgenommen werden muss“. Sie bedeutet „die Fähig-keit, den Bruder und die Schwester im Glauben in der tiefen Einheitdes mystischen Leibes zu erkennen, d.h. es geht um ‚einen, der zumir gehört‘.“ Der Papst fordert hier ein neues Denken und Fühlen,damit wir die Freuden, Wünsche und Nöte der Brüder und Schwes-tern teilen können. Das bedeutet, ihnen „echte, tiefe Freundschaft“anzubieten.

36. Eine Communio-Spiritualität ist auch „die Fähigkeit, vor allemdas Positive im anderen zu sehen, um es als Gottesgeschenk anzu-nehmen und zu schätzen: nicht nur ein Geschenk für den anderen,der es direkt empfangen hat, sondern auch ein ‚Geschenk für mich‘.“Communio-Spiritualität heißt nach Papst Johannes Paul schließlich,„dem Bruder ‚Platz machen‘ können, indem ‚einer des anderen Lastträgt‘ (Gal 6,2) und den egoistischen Versuchungen widersteht, dieuns dauernd bedrohen und Rivalität, Karrierestreben, Misstrauenund Eifersüchteleien erzeugen“.

37. Eindringlich beschließt der Papst seine Ausführungen über dieCommunio-Spiritualität: „Machen wir uns keine Illusionen: Ohnediesen geistlichen Weg würden die äußeren Mittel der Gemeinschaftrecht wenig nützen. Sie würden zu seelenlosen Apparaten werden,eher Masken der Gemeinschaft als Möglichkeiten, dass diese sichausdrücken und wachsen kann.“

38. Auf der Grundlage einer gelebten Communio-Spiritualität kön-nen und müssen wir daran gehen, das, was mit Communio-Ekklesio-logie gemeint ist, auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens umzuset-zen. Daraus ergibt sich eine neue Achtsamkeit auf das Wort Gottes,wie es vom Zweiten Vatikanischen Konzil gewünscht wurde, einstärkeres Gefühl der Mitverantwortung in der Hirtensorge, eine vor-rangige Liebe zu den armen und den jungen Menschen, eine Wieder-

22 Vgl. Novo Millennio ineunte (2001), 43, deutsch in: VAS 150.

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entdeckung der charismatischen Dimension der Kirche und größereHochschätzung für die synodale Dynamik im Leben der Kirche.

39. In der Zeit der Vorbereitung auf den Kongress können wir neuauf die Bedeutung der Sonntagsmesse schauen, und zwar unter derRücksicht der Communio mit Christus und untereinander. Die Sonn-tagspflicht hat zuallererst mit uns selbst zu tun, weil sie uns bewusstmacht, dass wir Teil einer Gemeinschaft sind und dass wir selbst unddie Gemeinschaft Schaden leiden, wenn diese Tatsache missachtetwird.

Das Apostolische Schreiben Dies Domini (2. Juli 1989, deutschin: VAS 133) ist eine Fundgrube, wenn wir die vielfältigen Aspekteder Sonntagsmesse ergründen möchten. Katechesen zu diesem The-ma können hervorheben, dass die Eucharistie das Mysterium Christiist, der in der Communio der Kirche lebt und wirkt. Solche Kateche-sen können auch die sozialen, kulturellen und ethischen Seiten derEucharistie herausarbeiten.

40. Die Familie spielt als „Hauskirche“ eine wichtige Rolle im Le-ben der Kirche. Die gegenseitige Hingabe von Mann und Frauschafft eine neue Realität der Communio, eines miteinander geteil-ten Lebens, das hinüberströmt in das Leben der Gesellschaft und derKirche. Die Kirche hat oft von der Eucharistie unter dem Bild desHochzeitsmahls gesprochen, bei dem Christus der Bräutigam istund die Kirche seine Braut. Papst Benedikt schreibt im Nachsynoda-len Apostolischen Schreiben Sacramentum caritatis (Nr. 27, deutschin: VAS 177): „Tatsächlich ist in der paulinischen Theologie die ehe-liche Liebe ein sakramentales Zeichen der Liebe Christi zu seinerKirche – einer Liebe, die ihren Höhepunkt im Kreuz erreicht, dasder Ausdruck seiner ‚Hochzeit‘ mit der Menschheit und zugleichder Ursprung und das Zentrum der Eucharistie ist. Darum tut dieKirche all denen, die ihre Familie auf das Sakrament der Ehe gegrün-det haben, eine besondere geistliche Nähe kund.“ Der EucharistischeKongress 2012 stellt eine wertvolle Gelegenheit dar, um darübernachzudenken, wie den Familien in unserer Gesellschaft bei der Ver-wirklichung ihres Communio-Lebens geholfen werden und was dasFamilienleben – in all seinen Dimensionen – zum Communio-Lebender Kirche beitragen kann. In diesem Zusammenhang sollten auchdas Apostolische Schreiben Papst Johannes Pauls II. Familiaris con-sortio (1981, deutsch in VAS 33) und sein Brief an die Frauen (1995,deutsch in: VAS 122) beachtet werden.

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41. Der Beitrag liebevoller Ehen und stabiler Familien für das Ge-meinwohl ist unermesslich. Umso schmerzlicher ist der Schaden, derdurch zerbrochene Ehen und zerrissene Familien angerichtet wird.Die Kirche möchte allen Gläubigen, die sich in solch schwierigen Si-tuationen befinden, die Hand ausstrecken und ihnen helfen, ihreEntscheidung sorgfältig und klug zu treffen. Der EucharistischeWeltkongress 2012 sollte bedenken, was in Nr. 29 von Sacramentumcaritatis steht: „Die wiederverheirateten Geschiedenen gehören je-doch trotz ihrer Situation weiter zur Kirche, die ihnen mit speziellerAufmerksamkeit nachgeht, in dem Wunsch, dass sie so weit als mög-lich einen christlichen Lebensstil pflegen durch die Teilnahme an derheiligen Messe, wenn auch ohne Kommunionempfang, das Hörendes Wortes Gottes, die eucharistische Anbetung, das Gebet, die Teil-nahme am Gemeindeleben, das vertrauensvolle Gespräch mit einemPriester oder einem geistlichen Führer, hingebungsvoll geübteNächstenliebe, Werke der Buße und den Einsatz in der Erziehungder Kinder.“

b) Evangelisierung

42. Die Kirche ist dazu da zu evangelisieren. Sie hat eine froh ma-chende Botschaft zu verkünden. Sie ist berufen, den Weg zum Glückund zu einem erfüllten Leben zu weisen. Das Evangelium berichtetvon einigen Griechen, die während einer Wallfahrt zum Paschafestin Jerusalem zum Apostel Philippus kamen und ihn baten: „Wirmöchten Jesus sehen.“ (Joh 12,21) Auch heute gibt es viele Men-schen, die Jesus sehen möchten. Vielleicht mehr als früher erwartensie von den Christen nicht nur, dass sie von Jesus sprechen, sonderndass sie Jesus zeigen.

43. Die Eucharistie zieht uns in eine Communio hinein, die wesent-lich missionarisch ist, evangelisierend. Wenn wir aus der Eucharistieleben, machen wir Jesus Christus in unserem persönlichen und ge-meinschaftlichen Leben sichtbar. Communio und Evangelisierunggehören zusammen. Ein zeitgenössischer Autor formuliert das so:„… es ist ja klar: Nur ein Gottesvolk, das sich zur Einheit und Ein-mütigkeit hat sammeln lassen, könnte die Welt überzeugen“23. Es istgeschuldete Liebe, wenn wir, selbst verwandelt durch die Eucharis-tie, hinausgehen, um die Welt um uns mit der Liebe zu verwandeln,

23 Gerhard Lohfink, Braucht Gott die Kirche? Zur Theologie des Volkes Gottes, Frei-burg i.Br., 1998, S. 81.

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die wir in der Eucharistie erfahren haben. Wir tun das in der Über-zeugung, dass wir das Werk Jesu Christi fortsetzen, der alle Men-schen zu einer Gemeinschaft zusammenführen will. „Was wir gese-hen und gehört haben, das verkünden wir auch euch, damit auch ihrGemeinschaft mit uns habt.“ (1 Joh 1,3)

44. Der Eucharistische Weltkongress 2012 ist demnach eine Gele-genheit, gemeinsam über die Konsequenzen nachzudenken, die sichaus der Eucharistie für die Evangelisierung ergeben. Auf der Grund-lage der missionarischen Communio-Ekklesiologie des Konzilsspricht man im Zusammenhang der Sendung der Kirche, das Evan-gelium zu verkünden, oft von konzentrischen Kreisen des Dialogs24.Wir führen einen Dialog miteinander, mit unseren christlichenSchwestern und Brüdern, mit den Schwestern und Brüdern andererReligionen. Der Dialog erstreckt sich auf alle Menschen guten Wil-lens, ob sie eine religiöse Überzeugung haben oder nicht, auf alleMenschen, die sich darum bemühen, an einer Welt zu bauen, derenGrundlage die Würde der menschlichen Person und die Werte derGerechtigkeit und Freiheit, des Lebens und des Friedens, der Solida-rität mit den Ausgegrenzten, der Bildung und der Sorge für die Kran-ken und Notleidenden sind. Wenn wir das festhalten, dann kann derEucharistische Kongress eine Gelegenheit für respektvolle Verkündi-gung, für Dialog, für Bibelteilen und Glaubenszeugnisse werden.Das bedeutet auch, dass wir unsere Berufung erneuern, „jedem Redeund Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch er-füllt“ (1 Petr 3,15). Dabei können wir uns auch inspirieren lassenvom Seligen John Henry Newman und seinen scharfsinnigen Gedan-ken über das Verhältnis von Glaube und Vernunft.

45. Die Kirche lädt uns ein erfinderisch zu sein. Sie spricht von derNotwendigkeit einer neuen Evangelisierung, die neu ist an Ressour-cen, Methoden und Ausdrucksformen. Der Eucharistische Kongresssollte auch die verschiedenen Formen der eucharistischen Volks-frömmigkeit in diese neue Evangelisierung mit einbeziehen.

46. Es erscheint angemessen, dass im Rahmen der Vorbereitung aufden Kongress auch irgendeine Form von Schuldbekenntnis vor Gottund vor allen Menschen stattfindet, ein Schuldbekenntnis für dieFehler und Vergehen, die von Gliedern der Kirche begangen wurden.Die Läuterung des Gedächtnisses ist wesentlich für die Communiound die Evangelisierung.

24 Vgl. LG, 14–16; GS, 92; Paul VI., Enzyklika Ecclesiam suam (1964), Nr. 96–114.

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47. Das Mysterium der Eucharistie öffnet uns die Augen für die so-zialen, kulturellen und politischen Implikationen des Evangeliums.Die Eucharistie ist eine „Schule tätiger Nächstenliebe“25. Denkenwir an das, was die Selige Mutter Teresa von Calcutta gesagt hat:„In der Messe haben wir Jesus in der Gestalt von Brot, in den Slumssehen und berühren wir ihn in gebrochenen Leibern und verlassenenKindern“. Echte Teilnahme an der Messe wird uns veranlassen, un-sere persönlichen, sozialen und institutionellen Beziehungen zu allenunseren Mitmenschen zu überdenken. Der Eucharistische Kongress2012 kann die Gelegenheit bieten, im Licht der kirchlichen Sozial-lehre darüber nachzudenken, wie die Eucharistie mit dem Einsatzder Kirche für Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit zusammenhängt.Im Besonderen kann das wirtschaftliche und politische Leben unterder Rücksicht der Communio im Licht der Enzyklika Papst BenediktXVI. Caritas in Veritate (2009, deutsch in: VAS 186) untersucht wer-den.

48. Ein anderes Feld, das in der Zeit der Vorbereitung auf den Kon-gress in der Logik der Communio mit Gewinn bearbeitet werdenkann, ist unsere Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung.Es ist eine Chance, über die Bedrohung unserer Umwelt nachzu-denken sowie über die christliche Hoffnung, die uns anspornt, ver-antwortungsbewusst zum Schutz der Schöpfung beizutragen. DieEucharistie hat einen universellen und sozusagen kosmischen Cha-rakter, „denn auch dann, wenn man die Eucharistie auf dem kleinenAltar einer Dorfkirche feiert, feiert man sie immer in einem gewissenSinn auf dem Altar der Welt. Sie verbindet Himmel und Erde. Sieumfasst und erfüllt alles Geschaffene.“26

49. Schließlich könnte der Eucharistische Weltkongress 2012 eineGelegenheit sein, über die ungeheuren Möglichkeiten nachzuden-ken, die uns die Massenmedien und die Digitaltechnologie für denAufbau einer weltweiten Menschheitsfamilie bieten. Die Botschaftder Eucharistie eröffnet uns geistliche, theologische und kulturellePerspektiven für ein besseres Verständnis und eine sinnvollere Nut-zung der Massenmedien.

25 Johannes Paul II., Schreiben Dominicae cenae (1980), Nr. 6, deutsch in: VAS 15.26 Johannes Paul II. Enzyklika Ecclesia de eucharistia (2003), Nr. 8, deutsch in: VAS159.

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c) Eine wegweisende Erzählung:Die Jünger auf dem Weg nach Emmaus

50. Die Erzählung von der Begegnung Jesu Christi mit den beidenJüngern auf dem Weg nach Emmaus (Lk 24,13–35) hat uns einigeszu sagen, wenn wir uns auf den Kongress 2012 vorbereiten. Die Er-zählung ist eine Metapher, die uns inspirieren kann. Es ist ein Ereig-nis, das „unterwegs“ passiert. Zwei Jünger aus der Gefolgschaft Jesuwandern zusammen und unterhalten sich über die schrecklichen undrätselhaften Ereignisse, die in Jerusalem geschehen waren – die Kreu-zigung Jesu und die Entdeckung des leeren Grabes. Ein Fremder holtsie ein und wandert mit ihnen. Trauer umfängt sie, und in ihrer Ent-täuschung und ihrem schwankenden Glauben sind sie unfähig zu er-kennen, dass es der gekreuzigte und auferstandene Jesus ist. Sie sindso in ihrem Schmerz gefangen, dass sie das Neue nicht zu sehen ver-mögen. Doch der unbekannte Fremde beteiligt sich an ihrem Ge-spräch. Es gleicht fast einer Osterpredigt, wie sie ihm die ganze Ge-schichte bis zur Kreuzigung berichten. Das Einzige, was fehlt, ist dieAuferstehung. Jesu Tod hatte ganz offensichtlich ihre Hoffnung aufBefreiung zerstört. Sie hatten gehofft, dass mit ihm das Reich Gottesanbrechen werde mit all seinen Auswirkungen auf die Beziehung zuGott und untereinander in einer neuen messianischen Gemeinschaft.Stattdessen waren es sogar einige ihrer eigenen Anführer, die Jesusausgeliefert hatten, damit er zum Tod verurteilt würde. Die Jüngersind ganz durcheinander und tief betrübt. Die Dinge hatten sichnicht so entwickelt, wie sie es gehofft hatten. Zwar hatten sie ersteGerüchte über das leere Grab von den Frauen vernommen, die alsErste die Auferstehung verkündeten, aber das hatte in den beidenMännern nur ein ungläubiges Erstaunen hervorgerufen.

51. An diesem Punkt beginnt Jesus, der die ganze Zeit aufmerksamzugehört hatte, zu reden. Er selbst ist die Frohe Botschaft, die es zuerfahren gilt. Das Erste, was er tut, ist, die Schrift auszulegen, umihnen zu helfen, das Christusereignis zu verstehen. Er unterstreichtdie wesentliche Bedingung, die erfüllt werden muss, um in das neueLeben mit Gott einzutreten: Leiden und Sterben wie Christus, ummit ihm zu neuem Leben zu erstehen. Die beiden Jünger haben ihrZiel erreicht, ihre Wanderung ist zu Ende. Die Nacht bricht an. Siedrängen Jesus, bei ihnen zu bleiben. Können wir darin unsere Bittean Jesus erkennen, er möge doch bei uns bleiben, wenn die Nacht derPrüfung hereinbricht?

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52. Jesus tut nun das, was in einem rituellen jüdischen Mahl üblichist. Christliche Leser erkennen darin die Sprache der Eucharistiefeier.Jesus ist jetzt sozusagen das Haupt der Familie geworden und teiltseinen Tisch mit seinen Jüngern. Das erinnert uns daran, dass dieGläubigen in der Eucharistiefeier eingeladen sind, am himmlischenFestmahl teilzunehmen, an dessen Spitze der auferstandene Christusselbst ist. Die beiden Jünger erfahren seine Gegenwart. In der Eucha-ristie erkennen sie schließlich, wer da mit ihnen zusammen unter-wegs war. Aber kaum haben sie ihn erkannt, entschwindet er ihrenBlicken. Seine Gegenwart wird jetzt auf eine neue Weise anschaulichdurch den Glauben. Sie wird anschaulich in ihnen selbst, deren Au-gen durch die Schriften und die Eucharistie geöffnet wurden. Jetztsetzen sie die Sendung Jesu fort und verkünden die Frohe Botschaft.Jesus ist in ihnen und unter ihnen.

53. In seiner Erzählung von den Emmausjüngern hebt der Evan-gelist Lukas für uns hervor, dass Jesus den Jüngern die Schriften auf-geschlossen hat, bevor ihnen die Augen aufgingen – eine echte Vor-bereitung auf die persönliche Begegnung mit ihm im Glauben. Lukasmacht uns auch aufmerksam, dass es der Heilige Geist war, der ihnendas „Herz in der Brust brennen“ ließ (vgl. Lk 24,32), als Jesus zuihnen sprach, ihren Glauben weckte, sie in eine neue Beziehung zusich, dem auferstandenen Christus, versetzte und ihnen die Kraftzum Zeugnis gab. Die zwei Jünger brechen sofort auf, so wird be-richtet, und kehren nach Jerusalem zurück, obwohl es schon spät ist.Offensichtlich ist es wichtig, zu jener Gemeinschaft zurückzukehren,die in Jesus Christus der Kern der frühen Kirche ist. Dort hören siedie Verkündigung der Elf: „Der Herr ist wirklich auferstanden undist dem Simon erschienen“, das heißt dem Petrus. Das Zeugnis desPetrus und das der von Jesus berufenen Apostel wird maßgeblichsein für den Glauben an die Auferstehung Jesu. Aber die beiden Jün-ger gehen nach Jerusalem, um auch ihrerseits die frohe Kunde zubringen. Sie erzählen ihre Geschichte, das, was sich auf dem Wegereignete, wie ein Fremder ihnen die Schrift erschloss und wie siebeim Brechen des Brotes den auferstandenen Christus erkannten.Die Botschaft ist deutlich. Für die christliche Gemeinde sind Schriftund Eucharistie die Hauptquellen der Begegnung mit dem auferstan-denen Christus, der uns zu einer Gemeinschaft miteinander aufbautund jeden von uns als einen anderen Christus aussendet, um dasEvangelium zu verkünden.

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Zweiter Teil:Die Teile der Messfeier,

ein Leitfaden für das Kongressthema

54. Im zweiten Teil dieses Dokuments werden wir das Kongress-thema näher betrachten. Keine noch so gute Synthese könnte denganzen Bedeutungs- und Beziehungsreichtum der Eucharistie er-schöpfend darstellen. Der Katechismus der Katholischen Kirchesagt: „Die Teilnahme am göttlichen Leben und die Einheit des Vol-kes Gottes machen die Kirche zur Kirche; beide werden durch dieEucharistie sinnvoll bezeichnet und wunderbar bewirkt.“27 In derAntiphon O Sacrum Convivium28 hat uns der heilige Thomas vonAquin eine wunderbare Zusammenfassung der Eucharistie ge-schenkt: „O heiliges Mahl, in dem Christus unsere Speise ist: Ge-dächtnis seines Leidens, Fülle der Gnade, Unterpfand der künftigenHerrlichkeit.“

55. Die Messe ist die heilige Handlung, von der der heilige Augus-tinus sagt, sie sei der ganze Christus, das heißt Jesus Christus undsein Leib, die Kirche. Jesus Christus ist der eigentliche Vorsteher inder Eucharistie. Er ist es, der uns zuerst liebt, indem er uns zusam-menruft, zu uns spricht, unsere Gebete annimmt und in der Kraft desGeistes sich dem Vater zu unserem Heil opfert. Er ist es, der uns mitdem Brot vom Himmel nährt, dem Brot des Lebens, dem wahrenBrot. Die Eucharistie richtet uns aus auf die Wiederkunft Christi inHerrlichkeit. Die Kirche ist ganz und gar angewiesen auf dieses Han-deln Christi. Das Volk Gottes betet und bringt sich selbst dem Vaterdar durch Christus, mit Christus und in Christus in der Einheit desHeiligen Geistes. Jede Gemeinschaft, die zur Feier der Messe zusam-menkommt, und sei sie noch so klein, stellt in dieser großen eucha-ristischen Handlung die universelle Kirche dar. Deshalb ist die Messeein öffentlicher Akt und keine private oder individuelle Angelegen-heit.29

56. Um das Kongressthema im Blick zu behalten, werden wir indiesem zweiten Teil dieses Dokuments dem Verlauf der Eucharistie-feier folgen. Wenn wir die Teile und Texte der Messe aufmerksam

27 KKK, 1325.28 Zweite Vesper am Hochfest des Leibes und Blutes Christi, Antiphon zum Magnifi-kat.29 Siehe SC, 27, 48.

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studieren, eröffnet sich uns der ganze geistliche Schatz der Kirche.Die Messe selbst mit ihren Elementen ist ein Leitfaden zum Ver-ständnis des Themas des Eucharistischen Weltkongresses 2012. Wirstellen fest, dass drei Dimensionen der Communio ineinander ver-woben sind, die Communio mit Christus in unserem Nächsten, dieCommunio mit Christus in seinem Wort und die Communio mitChristus in den sakramentalen Zeichen von Brot und Wein. Ein Ab-schnitt aus der Emmauserzählung wird jeweils am Beginn unsererBetrachtungen stehen.

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III. Die Eröffnungsriten:Communio mit Christus in unserem Nächsten

Am gleichen Tag waren zwei von den Jüngern auf dem Weg in einDorf namens Emmaus … Während sie redeten und ihre Gedan-ken austauschten, kam Jesus hinzu und ging mit ihnen. … So er-reichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, alswolle er weitergehen, aber sie drängten ihn und sagten: Bleibdoch bei uns; denn es wird bald Abend, der Tag hat sich schongeneigt. Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben.(Lk 24,13.15.28–29)

a) Der gekreuzigte und auferstandene Christus ruft uns zusammen

57. Die Jünger auf dem Weg nach Emmaus bitten Jesus, bei ihnenzu bleiben. Dadurch wurde er sozusagen das Familienoberhaupt,und er versammelte sie zum eucharistischen Mahl. Jede Messfeierbeginnt damit, dass Menschen sich an einem Ort versammeln, zu-sammengerufen von Jesus Christus selbst.

58. Wenn wir so zusammenkommen, ist es die Kirche, die sich andiesem Ort versammelt. Paulus verwendet an der Stelle, wo er überdie Teilnahme am Herrenmahl schreibt („wenn ihr als Gemeinde zu-sammenkommt“, 1 Kor 11,18), einen Ausdruck, in dem das grie-chische Wort für Kirche (ekklesía) vorkommt, dem das hebräischeWort für die Versammlung des Volkes Gottes (qahal) entspricht.Jesus Christus, der immer seiner Kirche vorangeht und der unsicht-bare, aber eigentliche Vorsteher bei der Messfeier ist, versammeltsein priesterliches Volk um sich (vgl. 1 Petr 2,9). Er ist der Bräutigamseines ihm anverlobten Volkes, der Kirche. Er lädt uns ein, immerwieder neu an dem Gedächtnismahl teilzunehmen, in dem seine ein-malige Heilstat real gegenwärtig wird. In unseren Gesängen bei derMessfeier vereinigen sich unsere vielen Stimmen zu einer einzigenund machen so deutlich, dass wir das eine Volk Gottes sind, ein Herzund eine Seele, zur Ehre Gottes.

59. Dass wir zur Messfeier zusammenkommen, ist so selbstver-ständlich, dass wir die tiefere Bedeutung dieser Versammlung leichtübersehen könnten. Doch in einer Zeit, in der – besonders in derAnonymität unserer Großstädte – unsere Kontakte mit anderenmehr über das Fernsehen, das Internet und den Mobilfunk erfolgen

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als im Gegenüber von Person zu Person, tut es uns gut, dieses soselbstverständliche und doch so bedeutungsvolle Wesensmerkmalder Messfeier neu zu entdecken: Sie führt Menschen zusammen,Menschen verschiedenen Alters, mit unterschiedlichen sozialen Hin-tergründen und Interessen. Eine der ältesten Bezeichnungen für dieEucharistiefeier ist denn auch Zusammenkunft, synaxis, Versamm-lung.

60. Der Beginn der Messfeier ist gekennzeichnet durch eine Prozes-sion, den Einzug. In Prozessionen, ob sie nun kürzer oder längersind, kommt der Wegcharakter unseres Lebens zum Ausdruck. Wirbefinden uns alle gemeinsam auf einer Pilgerreise. Das Volk Israelwanderte durch die Wüste in das gelobte Land „auf Adlerflügeln ge-tragen“ (Ex 19,4) und geführt von Mose, Josua und anderen. Gottnährte sie mit dem Manna als Nahrung für diese Reise. Auch Jesussammelte seine Jünger um sich und zog zusammen mit ihnen hinaufnach Jerusalem. In einem tieferen Sinn sprach Jesus von seinem Hi-nübergang aus dieser Welt zu dem, den er „Abba“, Vater, nannte.Wie wir am Beispiel der beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaussehen, versammelte der gekreuzigte und auferstandene Christusnach seinem Tod und seiner Auferstehung seine messianische Ge-meinde, die nach dem scheinbaren totalen Scheitern seiner Missionversprengt war. Er verwandelte seine Jünger, sodass sie Zeugen derBotschaft wurden, die dann „der (neue) Weg“ genannt wurde. Wirerinnern uns, dass Jesus von sich selbst gesagt hatte: „Ich bin derWeg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). In jeder Messfeierversammelt Jesus Christus dieses sein Volk, um das große Gedächt-nis seines Leidens, seines Todes und seiner Auferstehung zu feiern.Dieses Gedächtnis verbindet uns zu einer Gemeinschaft und lässtuns Anteil haben am Sieg unseres Hauptes, dem neuen Josua, deruns auf unserer Pilgerschaft anführt in das neue gelobte Land derCommunio mit Christus und untereinander.

61. Ganz am Anfang der Messe, wenn der Bischof oder der Priester,„in persona Christi“ handelnd, sagt: „Der Herr sei mit euch“ und dieGemeinde antwortet: „Und mit deinem Geiste“, erkennen wir jedesMal die geheimnisvolle Wirklichkeit, dass Jesus unter uns gegenwär-tig ist und unsere Sehnsucht nach Gemeinschaft mit ihm überreich-lich erfüllt. Er hat versprochen: „Wo zwei oder drei in meinem Na-men versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20)Aber, wenn wir sagen: Jesus ist mitten unter uns, dann heißt dasauch, dass er wünscht, dass wir dort sind, wo er ist, im innerstenHerzen Gottes.

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62. Am Beginn der Messe, wenn wir das Kreuzzeichen über unsmachen, werden wir daran erinnert, dass wir uns nicht einfach inirgendeiner Kirche befinden, um einen fernen Gott zu verehren.Nein, wir sind nicht fern von Gott, vielmehr kam Gott uns in JesusChristus nahe. Als getaufte Glaubende haben wir Anteil am LebenGottes, wir haben Anteil an der innigsten Communio, die in Gottselbst zwischen Vater, Sohn und Geist besteht. Jesus steht als unserHoherpriester und Vorbeter vor dem Thron der Gnade und tritt füruns ein. Durch das liturgische Zeichen des Kreuzes treten wir ein ineine Dynamik der Liebe, die uns in Jesus Christus erfasst, uns imHeiligen Geist zum Vater zieht und uns die Augen öffnet für unsereBrüder und Schwestern in der Gemeinschaft des Glaubens. Ja, wirbefinden uns in einem Gebäude, das man Kirche nennt, aber zugleichund in Wirklichkeit befinden wir uns in einem heiligen Raum, dender Heilige Geist für uns geöffnet hat. In diesem geisterfüllten Raumdes dreieinen Gottes, der die Liebe ist (vgl. 1 Joh 4,8), werden wireingeladen, jeden unserer Nachbarn als Schwester oder Bruder zuerkennen, mit denen wir verbunden sind, weil Jesus Christus für jedeund jeden von ihnen gestorben ist (vgl. 1 Kor 8,11).

b) Bußakt und Tagesgebet – In Solidarität miteinander

63. Unmittelbar nach der Zusage am Beginn der Messe, dass „derHerr mit uns“ ist, und im Bewusstsein der Größe des Geschehens,das wir feiern dürfen, und bevor wir das Wort Gottes hören, wirduns Gelegenheit gegeben innezuhalten, unsere Sünden zu bekennenund Gottes heilende Vergebung zu empfangen. Nur Gott kann Sün-den vergeben. Doch im vierten Evangelium lesen wir, wie Jesus amAbend des ersten Tags der Woche den elf Aposteln die Macht gab,Sünden zu vergeben (Joh 20,21–23). Er hauchte sie dabei an, einZeichen des Heiligen Geistes, den er ihnen dazu verlieh. Die zurMessfeier versammelten Gläubigen bedürfen der Vergebung nichtnur als je Einzelne, sondern als eine Gemeinschaft, die solidarisch ist.Wir bitten um Vergebung im Vertrauen auf Maria, die Engel undHeiligen und auf alle Brüder und Schwestern. Und wir machen unsneu auf den Weg, der in der Taufe begonnen hat, den Weg der Liebezu Gott und zum Nächsten aus ganzem Herzen und ganzer Seele.Das Taufgedächtnis und das Besprengen mit geweihtem Wasser amBeginn der Messe kann diese Verbindung zwischen unserer Taufeund unserer Teilnahme an der Eucharistie unterstreichen. Im Gesangdes Gloria preisen wir Gott für alle seine guten Gaben, an erster Stel-le für das Geschenk seines Sohnes.

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64. Der Priester lädt uns ein: „Lasset uns beten“, bevor er das Ta-gesgebet spricht und damit den Eröffnungsteil der Messe beschließt.Er lädt uns ein, in Stille zu beten. Dann sammelt er alle Anliegen undGebete, die wir in unseren Herzen tragen, und bringt sie im Kollek-tengebet der Kirche, dem Tagesgebet, vor Gott, den Vater, durchChristus, im Heiligen Geist. Ausgerüstet mit Glauben, Hoffnungund Liebe sind wir berufen, unser Leben in ein bedingungsloses Jazu Gott zu verwandeln durch tätige Nächstenliebe und tägliches Ge-bet. Das wird jedes Mal nachdrücklich bekräftigt, wenn wir in derMessfeier unser Leben vor Gott tragen, unser persönliches Lebenund das unserer Familie und auch die Freuden und Schmerzen, dieHoffnungen und Sehnsüchte der ganzen Kirche und aller Menschen.Wir brauchen diesen Augenblick stillen Gebets am Beginn der Mes-se, wenn wir an all das Gute denken, das wir Gott verdanken, undihn um seine bleibende Hilfe bitten. Das Tagesgebet greift dann oftAussagen des Festgeheimnisses oder der Kirchenjahreszeit auf.

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IV. Die Liturgie des Wortes:Communio mit Christus im Wort

Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten,was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht … Und siesagten zueinander: Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als erunterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss?(Lk 24,27.32)

a) Der zweifache Tisch des Wortes und des Lebensbrotes

65. In der Emmauserzählung tadelt der auferstandene Jesus diezwei Jünger, weil sie ihren Glauben zu wenig aus der Heiligen Schriftnähren: „Begreift ihr denn nicht? Wie schwer fällt es euch, alles zuglauben, was die Propheten gesagt haben.“ (Lk 24,25) Bevor er ihreAugen öffnet, sodass sie ihn beim Brotbrechen erkennen, erschließtJesus ihnen die Schriften und legt sie ihnen aus. Die Begegnung mitJesus in der Heiligen Schrift ist eng verbunden mit ihrer persönlichenBegegnung mit ihm im Glauben und im Brechen des Brotes. Dassechste Kapitel des Johannesevangeliums macht ebenfalls deutlich,dass wir das Brot des Lebens nur empfangen können, wenn wir aufdas Wort Jesus Christi hören, daran glauben und daraus leben.

66. Die Geschichte des Volkes Israel ist die Geschichte eines Volkes,das auf eindrucksvolle Weise vom Wort Gottes geleitet wird. DieWelt wurde geschaffen durch das Wort. Die Propheten verkündetendas Wort des Herrn. Dem Wort Gottes eignet nahezu eine personaleGegenwart. Das Volk Israel machte diese Erfahrung: „Wie der Re-gen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurück-kehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossenbringt, … so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt:Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, underreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe.“ (Jes 55,10f.) Auch inden Schriften des Apostels Paulus wird das Wort Gottes als etwasLebendiges und Aktives dargestellt. Er vertraute die Ältesten inEphesus dem Wort Gottes an, das die Kraft hat aufzubauen (Apg20,32). Im Prolog des vierten Evangeliums lesen wir, dass alles, wasGott im Alten Testament gewirkt hat, in Jesus seine Erfüllung findet.Jesus ist das Fleisch gewordene Wort, er hat unter uns gewohnt (Joh1,14). Es besteht ein enges Band zwischen Jesus, dem Wort, das vomHimmel herabgekommen ist, seinem Leben spendenden Wort in den

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Heiligen Schriften und dem Brot des Lebens, das er uns als geistlicheNahrung schenkt. Der Anfang des Ersten Johannesbriefs beschreibtdas, was die Apostel gehört, gesehen, geschaut und verkündet haben,als das Wort des Lebens.

67. In Übereinstimmung mit der Tradition bis in die frühe Zeit derKirche, wird in jeder Messfeier aus der Heiligen Schrift gelesen. Ineiner Schrift um 150 n. Chr. beschreibt der heilige Justin die Messeauf eine Weise, dass wir darin unschwer unsere heutige Messfeiererkennen können. Er liefert die Grundstruktur der Feier der Eucha-ristie, die bis zum heutigen Tag die gleiche geblieben ist. Er berichtet:„An dem Tag, den man Sonntag nennt, findet eine Versammlung al-ler statt …; dabei werden die Denkwürdigkeiten der Apostel oder dieSchriften der Propheten vorgelesen, solange es angeht. Hat der Vor-leser aufgehört, so gibt der Vorsteher in einer Ansprache eine Ermah-nung und Aufforderung zur Nachahmung all dieses Guten.“30

68. Indem sie die Gegenwart Christi in seinem Wort bekennen, zie-hen viele patristische und konziliare Texte eine Parallele zwischender Eucharistie und der Wortverkündigung. Ignatius von Antiochienbekennt, dass er „zum Evangelium als dem Fleisch Jesu“ Zufluchtnahm.“31 Caesarius von Arles schreibt: „Sagt mir, Brüder undSchwestern, was denkt ihr ist wichtiger, das Wort Gottes oder derLeib Christi? Wenn ihr richtig antworten wollt, müsst ihr ohneZweifel sagen, das Wort Gottes ist nicht weniger als der Leib Christi.Wenn wir also sehr achtsam sind, dass nichts von unseren Händenauf den Boden fällt, wenn man uns den Leib Christi reicht, müsstenwir dann nicht die gleiche Sorgfalt walten lassen, dass vom WortGottes, das man uns reicht und anbietet, nichts unserem Herzen ver-loren geht? Das wäre aber der Fall, wenn unsere Gedanken woan-ders sind. Es ist nicht weniger schuldhaft, nachlässig auf das WortGottes zu hören, als den Leib Christi auf den Boden fallen zu las-sen.“32 Auch der heilige Hieronymus vergleicht den Leib und dasBlut des Herrn mit der Kenntnis der Schriften: „Gewiss, da der Leibdes Herrn wahre Speise ist und sein Blut wahrer Trank, … haben wirin unserem irdischen Leben in der Welt den Vorteil, nicht nur im Sa-krament sein Fleisch essen und sein Blut trinken zu können, sondern

30 Justin, Apologie, I, 67: PG 6,429, zitiert nach Bibliothek der Kirchenväter, Bd. 12,übers. v. Gerhard Rauschen, Kempten u.a. 1913, S. 136.31 Ignatius von Antiochien, Ad Philad., 5, PG 5,699–700, zitiert nach Schriften desUrchristentums, Bd. 1, Die Apostolischen Väter, hgg. von Joseph A. Fischer, Darmstadt1993, S. 197.32 Caesarius von Arles, Predigt, 78,2: PL 39, 2319, eigene Übersetzung.

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auch im Lesen der Schriften. Die wahre Speise und der wahre Trank,die uns das Wort Gottes bietet, ist die Kenntnis der Schriften.“33 Undwir erinnern uns auch an das berühmte Wort des heiligen Hierony-mus: „Unkenntnis der Schriften ist Unkenntnis Christi.“34

Das Zweite Vatikanische Konzil hat viel Wichtiges über die Be-deutung des Wortes Gottes gesagt.35 Es war eines der großen Ver-dienste des Konzils zu fordern: „Auf dass den Gläubigen der Tischdes Gotteswortes reicher bereitet werde, soll die Schatzkammer derBibel weiter aufgetan werden, so dass innerhalb einer bestimmtenAnzahl von Jahren die wichtigsten Teile der Heiligen Schrift demVolk vorgetragen werden.“36

69. Um die enge Beziehung zwischen der Liturgie des Wortes undder eucharistischen Liturgie deutlich zu machen, verwendet dieGrundordnung des Römischen Messbuchs dieses Bild der beiden Ti-sche, um die wir uns versammeln, der Tisch des Wortes und der Tischdes Leibes Christi: „Die heilige Messe besteht gewissermaßen auszwei Teilen, der Liturgie des Wortes und der Eucharistischen Litur-gie, die jedoch so eng miteinander verbunden sind, dass sie eine got-tesdienstliche Einheit bilden. Denn in der Messe wird der Tisch so-wohl des Gotteswortes als auch des Herrenleibes bereitet. Von dortsollen die Gläubigen Belehrung und Nahrung empfangen.“37

70. Der Hauptteil der Liturgie des Wortes besteht aus den Schrift-lesungen und einem Psalm zwischen den Lesungen. Die Homilie, dasGlaubensbekenntnis und das Allgemeine Gebet oder Gebet derGläubigen schließt sich daran an und bildet den Abschluss. Das sindzugegebenermaßen viele Worte, die hier gesprochen und gehört wer-den, und bei der Flut von Worten in unserer heutigen Welt kann esleicht geschehen, dass wir ihrer überdrüssig werden und gegenüberihrer Wirkung abstumpfen. Und doch haben wir alle schon einmaldie Erfahrung gemacht, dass ein richtiges Wort zur rechten Zeit ge-sagt für uns eine große Hilfe war. Worte können trösten und ermuti-gen, sie können Freundschaft stiften und erneuern, sie können Liebebekunden oder einen Entschluss bekräftigen. Worte vermitteln mehrals nur Informationen. Sie sind das Medium für zwischenmensch-liche Beziehungen. Um wie viel mehr gilt dies für Jesus Christus, derzu uns spricht und gegenwärtig ist in seinem Wort, das in der Kirche

33 Hieronymus, Comm. in Eccles.: PL 23, 1092, eigene Übersetzung.34 Hieronymus, Comm. in Isaias, Prol.: PL 24, 17, eigene Übersetzung.35 Siehe besonders Dei Verbum (DV).36 SC, 51.37 Grundordnung des Römischen Messbuchs (GORM), 28.

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verkündet wird, dem Wort das die Gemeinschaft der Kirche, dieCommunio aufbaut.38

b) In der Kraft des Geistes macht uns das Wortchristusförmig und untereinander eins

71. Die große Bedeutung der Liturgie des Wortes liegt darin, dassdie versammelte Gemeinde darin auf vielfältige und wirkmächtigeWeise Jesus Christus in seinem Wort begegnen kann und so in derCommunio mit ihm und untereinander wächst. Dies geschieht inder Kraft des Heiligen Geistes. So lesen wir in der Pastoralen Einfüh-rung in das Messlektionar: „Das im Gottesdienst fortwährend ver-kündete Wort Gottes ist durch die Kraft des Heiligen Geistes immerlebendig und wirksam und bezeugt so die immer tätige Liebe desVaters zu den Menschen.“39 Die Liturgie des Wortes lässt uns ineinen Dialog eintreten; dabei ist der Heilige Geist am Werk. In derTat befähigt uns der Heilige Geist, wirksam auf das Wort Gottes zuantworten, sodass wir uns mit dem identifizieren, was uns in derFeier der Liturgie verkündet wird, und bereit und willens sind, daszu tun, was uns das Wort sagt (vgl. Jak 1,22).

72. Das Wort Gottes baut Gemeinschaft auf, nicht zuletzt dadurch,dass wir durch die Kraft des Heiligen Geistes christusförmig werden,und zwar durch die dialogische Begegnung mit Jesus Christus in sei-nem Wort, wenn wir uns dafür öffnen. Das Wort Gottes bewirkt inunserem Leben Teilhabe am Tod und an der Auferstehung Jesu; deralte Mensch muss, wie der heilige Paulus sagt, in uns sterben, damitder neue Mensch zum Leben kommt. Christus in uns bringt das zurVollendung, was wir nach Gottes Plan sind (vgl. Eph 4,22f.). DasWort Gottes hält uns in einer lebendigen Verbindung mit dem Zeug-nis der Apostel, das in der Heiligen Schrift zu uns gekommen ist, undhilft uns tiefer zu verstehen, was uns in der Taufe geschenkt wurde:„Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20). Undwenn Christus in uns lebt, dann sind wir alle eins: „Es gibt nichtmehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mannund Frau; denn ihr alle seid ‚einer‘ in Christus Jesus“ (Gal 3,28).

73. Vom Gleichnis Jesu über den Sämann, der aufs Feld ging, um zusäen (Mk 4,1–20), können wir lernen, dass das Wort Gottes die

38 SC, 7, vgl. auch 33.39 Pastorale Einführung in das Messlektionar (PEM), 4.

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Keimkraft des Reiches Gottes enthält. Es kann reiche Frucht brin-gen. Dass das Wort, das in der Messe verkündet und gehört wird,solch mächtige Wirkungen in unserem Leben haben kann, könnenwir an zahlreichen Beispielen im Lauf der Kirchengeschichte sehen,wo Menschen aufgrund eines Wortes, das sie in der Messe gehörthatten, die Richtung ihres Lebens änderten. Ja, das Wort ist prophe-tisch und aufrüttelnd. Denken wir nur an den Mönchsvater Antoni-us. Als er in der Messe den Satz des Evangeliums hörte „wenn duvollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geldden Armen; so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben;dann komm und folge mir nach“ (Mt 19,21), und als er damit ernstmachte, änderte sich sein Leben grundlegend. Er wurde der Begrün-der der monastischen Tradition in der Kirche, einer Tradition, diezahllose Gemeinschaften zu einem radikalen Leben in Communioinspiriert hat. Ähnlich war es bei Franz von Assisi, der durch seineBegegnung mit dem Wort Gottes die franziskanische Reformbewe-gung ins Leben rief. Der Rat, den der heilige Johannes Chrysostomusin den frühen Jahrhunderten der Kirche einigen Männern gegebenhat, ist nach wie vor befolgenswert: „Wenn wir aus dem Gottes-dienst kommen, sollten wir … sogleich die Heilige Schrift zur Handnehmen, Frau und Kind zusammenrufen und mit ihnen das, was inder Predigt gesagt wurde, wiederholen …“40.

c) Die Homilie, das Glaubensbekenntnis unddas Gebet der Gläubigen

74. Man könnte sagen, die Homilie ist für die Liturgie des Wortesdas, was die Brotbrechung für den Kommunionritus ist. Sie soll unsermutigen, das Wort als das anzunehmen, was es in Wahrheit ist,nämlich als Wort Gottes, um es dann in den alltäglichen Anforde-rungen unseres Lebens zu verwirklichen. Das Wort Homilie kommtaus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „vertrauliche Unter-haltung“ oder „Rede von Herz zu Herz“. Durch die Homilie wirddas verkündete Wort Gottes zusammen mit der eucharistischen Li-turgie zur „Botschaft von den Wundertaten Gottes in der Geschichtedes Heils, d.h. im Mysterium Christi“41. In der Homilie werden dieSchriftlesungen oder auch Texte aus dem Ordinarium oder Proprium

40 Johannes Chrysostomus, In Ev. Matth., 5,1: PG 57,55, zitiert nach Bibliothek derKirchenväter, Bd. 23, übers. v. Johannes Chr. Baur, Kempten u.a. 1915, S. 84.41 PEM, 24, vgl. SC, Nr. 35, 2.

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der Tagesmesse unter bestimmten Gesichtspunkten ausgelegt, umden Hörern zu helfen, sich die Gesinnung Christi anzueignen. Dabeisollen sowohl das Mysterium, das gefeiert wird, als auch die beson-deren Bedürfnisse der Hörer beachtet werden.42 Das Ziel der Homi-lie ist also, das Wort Gottes zu erschließen und den Menschen zuhelfen, in ihrem Leben jene Communio mit Christus und untereinan-der zu verwirklichen, die eine Frucht der Eucharistie ist.

75. Im Credo, dem Glaubensbekenntnis, das in der Sonntagseucha-ristie gesprochen bzw. gesungen wird, sind die großen Geheimnisseunseres Glaubens zusammengefasst. Das Credo ist wie ein Ausweis,der in der Sprache des Glaubens unsere Communio im Glauben be-scheinigt. Der Katechismus formuliert das so: „Gläubig das Credobeten heißt, mit Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geistin Verbindung treten; es heißt aber auch, mit der Gesamtkirche ver-bunden zu werden, die uns den Glauben überliefert und in deren Ge-meinschaft wir glauben.“43 Wenn in den Inschriften auf frühchrist-lichen Grabstätten der Ausdruck „in pace“ (im Frieden) vorkommt,dann war das nicht nur der Gebetswunsch „ruhe in Frieden“, son-dern das Bekenntnis, dass die verstorbene Person in der Glaubens-gemeinschaft der Kirche gelebt hatte. Jedes Mal, wenn wir das Cre-do sprechen, bekennen wir unseren Glauben an den dreieinen Gott,die tiefste Quelle und das höchste Vorbild der Communio der Kir-che. Die Kirche ist dazu berufen, „das von der Einheit des Vatersund des Sohnes und des Heiligen Geistes her geeinte Volk“44 zu sein.

76. Nach dem Glaubensbekenntnis halten wir im Gebet der Gläu-bigen Fürbitte für die Anliegen der gesamten Kirche und das Heil derganzen Welt. In diesem Allgemeinen Gebet dehnen wir die Reichwei-te unserer Communio über die Grenzen der an diesem bestimmtenOrt versammelten Gebetsgemeinde hinaus aus. Wir beten voll Zu-versicht, im Vertrauen auf die Zusage Jesu: „Alles, was zwei voneuch auf Erden gemeinsam erbitten, werden sie von meinem himm-lischen Vater erhalten“ (Mt 18,19). Hier stehen wir mit Jesus vordem Thron der Gnade und treten ein für die ganze Menschheit. Für-bittendes Gebet ist eine Gebetsform, die die Christen vom Synago-gengottesdienst übernommen und von Anfang an in ihren Eucharis-tiefeiern praktiziert haben. Die Fürbitten als das Gebet der

42 Vgl. Ritenkongregation, Instruktion Inter Oecumenici (1964), Nr. 54.43 KKK, 197.44 LG, 4. Siehe Cyprian, De Orat. Dom. 23: PL 4,583.

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Gläubigen sind nicht etwas Selbstverständliches. Die Katechumenenwerden vor den Fürbitten entlassen. Es ist ein Vorrecht, zu dieserGebetsgemeinschaft zu gehören, zu dieser Communio mit Christusund miteinander.

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V. Die eucharistische Liturgie:Communio mit Christus in der Eucharistie

Und als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach denLobpreis, brach das Brot und gab es ihnen. (Lk 24,30)

a) In Entsprechung zum Letzten Abendmahl

77. Wo der Evangelist Lukas den Höhepunkt der Emmaus-geschichte beschreibt, lässt er den auferstandenen Christus die glei-chen Handlungen vollziehen wie bei der wunderbaren Brotvermeh-rung und beim Letzten Abendmahl. Er nimmt das Brot, spricht dasDankgebet, bricht das Brot und teilt es aus. Das eucharistische Ver-ständnis dieser Handlung ist offensichtlich. Bei allen vier in der Hei-ligen Schrift überlieferten Berichten von der Einsetzung der Eucha-ristie (Mt 26,17–35; Mk 14,12–31; Lk 22,7–38; 1 Kor 11,23–26)finden wir einen schon in den apostolischen Gemeinden verwende-ten liturgischen Text vor, in dem die Worte und Handlungen Jesubeim Letzten Abendmahl zusammenfassend wiedergegeben sind.

78. Die Nr. 72 der Grundordnung des Römischen Messbuchsmacht uns aufmerksam, dass die eucharistische Liturgie den Wortenund Handlungen Christi beim Letzten Abendmahl, wie sie uns in derHeiligen Schrift und der Tradition überliefert sind, entspricht:• Bei der Gabenbereitung werden Brot und Wein und etwas Wasser

zum Altar gebracht, die gleichen Elemente, die auch Jesus in seineHände nahm.

• Im Eucharistischen Hochgebet wird Gott Dank gesagt für dasganze Werk der Erlösung, und die dargebrachten Gaben werdenzum Leib und zum Blut Christi, der Quelle unserer Communiomiteinander.

• Durch die Brotbrechung und in der Kommunion empfangen dieGläubigen, obwohl sie viele sind, alle von dem einen Brot denLeib Christi und von dem einen Kelch das Blut des Herrn auf diegleiche Weise, wie die Apostel diese aus den Händen Christi emp-fangen haben.

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b) Die Gabenbereitung:Zeichen der Liebe, der Danksagung und der Communio

79. Zu Beginn der eucharistischen Liturgie werden die Gaben vonBrot und Wein, die in den Leib und das Blut Christi verwandelt wer-den, zum Altar gebracht. Es sind einfache Elemente, Zeichen der Lie-be Gottes, die im Kleinen die Gaben der Schöpfung versinnbild-lichen, die Gott uns geschenkt hat und die wir durch unserer HändeArbeit und unsere Schöpferkraft mitgestaltet haben. Die Darbrin-gung der Gaben auf dem Altar greift die Geste Melchisedeks aufund „legt die Gaben des Schöpfers in die Hände Christi. In seinemOpfer vollendet Jesus alle menschlichen Bemühungen, Opfer dar-zubringen.“45

80. In den Worten zur Darbringung von Brot und Wein klingt die inder jüdischen Liturgie übliche Segensformel, die Berakah, an. DerBerakah-Segen ist nicht bloß ein rituelles Segensgebet über Dinge,sondern vielmehr eine Danksagung an Gott für die Wohltaten undWunder, die er für sein Volk gewirkt hat. Darin kommen Bewun-derung und Glaube zum Ausdruck, aber auch die Bereitschaft, aufden Ruf Gottes zu antworten, der einen Bund mit seinem Volk ge-schlossen und es dadurch zu einer Einheit verbunden hat. Weil Gottuns zuerst geliebt hat und uns entgegen gekommen ist und uns seg-net, nur deshalb können wir das Wunder unserer Erlösung feiern,Gott dafür danken und ihn preisen.

81. Diese Darbringung von Brot und Wein an dieser Stelle derMessfeier ist ein Zeichen, das uns auch auf das vorbereiten soll,was anschließend geschieht. Gott wird dieses Brot und diesen Weinin den auferstandenen Leib und das verklärte Blut seines Sohnes ver-wandeln. Dann dürfen wir teilhaben an seinem verherrlichten Lebenin der Form von Speise und Trank, die uns nähren und uns zu einerGemeinschaft zusammenschließen. Wenn wir bei der Kommuniondas Brot, das in das Brot vom Himmel verwandelt ist, kauen, hinun-terschlucken und verdauen und es so gewissermaßen zerstören, dannwerden wir durch diese „Zerstörung“ in Wirklichkeit aufgebaut inChristus in der Communio miteinander. Durch die Bereitung der Ga-ben öffnen wir uns nicht nur für Gott, der Brot und Wein in den Leibund das Blut Christi verwandeln wird, sondern wir machen uns be-reit, selbst in Werkzeuge der Communio verwandelt zu werden. DasWasser, das dem Wein im Kelch beigemischt wird, kann man auch in

45 KKK, 1350.

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diesem Sinn als unsere menschliche Natur verstehen, die sich mit derSelbsthingabe Jesu Christi vereinigen soll, deren Gedächtnis wir inder Eucharistie feiern und die uns eint.

82. Die Gabenbereitung hilft uns auch zu verstehen, dass wir ineine Liturgie hineingenommen sind, die man eine kosmische Liturgienennen könnte, in der die gesamte Schöpfung sich auf ein letztes Zielhin bewegt, nämlich die Verherrlichung Gottes und die Verwand-lung der Welt. Die Eucharistie ist darauf ausgerichtet, hier und jetztdamit zu beginnen, den ganzen Kosmos christusförmig zu machen,sodass er hineingenommen wird in die Anbetung Gottes, damit, wieder heilige Paulus schreibt, „Gott herrscht über alles und in allem“(1 Kor 15,28). Die Tatsache, dass wir Brot und Wein, einfache Ele-mente der Schöpfung, verwenden, erinnert an die Heiligkeit derSchöpfung. Die Welt ist nicht etwas Indifferentes, sozusagen nurRohmaterial, das man nach Belieben benutzen könnte. Vielmehr istsie von Gott geschaffen und bildet einen wesentlichen Teil des gött-lichen Plans. Als Teil dieser Schöpfung sind wir Menschen berufen,Söhne und Töchter in dem einen Sohn Gottes, Jesus Christus, zu wer-den (vgl. Eph 1,4–12). Die Eucharistie hat eine kosmische Ausrich-tung. Teilhard de Chardin hat darüber sehr schön in dem Band„Lobgesang des Alls“ geschrieben.

83. Vielfach werden in der Messe im Rahmen der GabenbereitungGeld- oder Sachspenden eingesammelt und zum Altar gebracht, umdas enge Band zwischen der Eucharistie und dem Gebot der Nächs-tenliebe zu betonen. Wir wissen, dass die Christen von Anfang an diesozialen Konsequenzen ihres Glaubens ernst nahmen und deshalbanfingen, ihren Besitz zu teilen (vgl. Apg 4,32) und die Armen zuunterstützen (vgl. Röm 15,26) als Ausdruck ihres Lebens in Commu-nio. Beschreibungen der Eucharistie aus der Mitte des zweiten Jahr-hunderts erwähnen eine Spendensammlung für die Waisen und Wit-wen und jene, die durch Krankheit oder andere Ursachen in Notwaren. Denken wir z.B. an die Worte des heiligen Justin: „Wer …die Mittel und guten Willen hat, gibt nach seinem Ermessen, was erwill, und das, was da zusammenkommt, wird bei dem Vorsteher hin-terlegt; dieser kommt damit Waisen und Witwen zu Hilfe, solchen,die wegen Krankheit oder aus sonst einem Grunde bedürftig sind,den Gefangenen und den Fremdlingen.“46 Auch der heilige JohannesChrysostomus kann hier angeführt werden: „Willst du also Christi

46 Justin, Apologie, I, 67: PG 6,329, zitiert nach Bibliothek der Kirchenväter, Bd. 12,übers. v. Gerhard Rauschen, Kempten u.a. 1913, S. 136.

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Leib ehren? Geh nicht an ihm vorüber, wenn du ihn nackt siehst;ehre ihn nicht hier (in der Kirche) mit seidenen Gewändern, währenddu dich draußen auf der Straße nicht um ihn kümmerst, wo er vorKälte und Blöße zugrunde geht! … was nützt es dem Herrn, wennsein Tisch voll ist von goldenen Kelchen, er selber dagegen vor Hun-ger stirbt? … Du lässt einen goldenen Kelch herstellen und reichstihm dafür nicht einmal einen Becher kalten Wassers. … Geradesodenke auch bei Christus, wenn er verlassen und fremd umhergehtund um ein Obdach bittet; denn anstatt ihn aufzunehmen,schmückst du den Fußboden seines Hauses, die Wände und die Ka-pitelle der Säulen, hängst Lampen an silbernen Ketten auf, und ihnselbst, der im Kerker gefesselt liegt, willst du nicht einmal sehen?“47

c) Das Eucharistische Hochgebet:Gemeinschaftlicher Akt der Danksagung an den Vater

84. Im Eucharistischen Hochgebet haben wir die Herzmitte undden Gipfelpunkt der Eucharistie erreicht. Dieses Gebet ist ein Aktder Danksagung an Gott, den Vater, durch Jesus Christus in derKraft des Heiligen Geistes. Im Verlauf dieses Gebets gedenken wirder großen Taten, die Gott gewirkt hat, Brot und Wein werden inden Leib und das Blut Christi verwandelt und auch wir werden zueinem Leib und einem Geist in Christus umgeformt. Wir schließenuns dem einen und einzigen vollkommenen Opfer der Liebe an,dem Opfer Jesu, der sein Leben für uns hingegeben hat.

85. Der Priester, der hier Christus als das Haupt der Kirche reprä-sentiert und damit „in persona Christi“ handelt, eröffnet das Eucha-ristische Hochgebet mit einem Dialog mit den Gläubigen: „Der Herrsei mit euch … Erhebet die Herzen …“. Kraft ihres königlichenPriestertums antwortet die gläubig teilnehmende Gemeinde: „Dasist würdig und recht“. In der darauf folgenden Präfation wird demVater gedankt für das gesamte Werk der Schöpfung, der Erlösungund Heiligung.

86. Im Eucharistischen Hochgebet klingen zahlreiche Communio-Motive an. So werden zum Beispiel der Ortsbischof genannt und dasganze Kollegium der Bischöfe in Einheit mit dem Papst. Wir beten

47 Johannes Chrysostomus, In Ev. Matth., 50,3.4: PG 58, 509, zitiert nach Bibliothekder Kirchenväter, Bd. 26, übers. v. Johannes Chr. Baur, Kempten u.a. 1916, S. 107–109.

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nicht nur für sie, sondern wir bringen unsere Einheit, unsere Com-munio mit ihnen zum Ausdruck. Im Dritten Eucharistischen Hoch-gebet lautet diese Bitte so: „… stärke [deine Kirche] im Glauben undin der Liebe: deinen Diener, unseren Papst N., unseren Bischof N.und die Gemeinschaft der Bischöfe, unsere Priester und Diakone, al-le, die zum Dienst in der Kirche bestellt sind, und das ganze Volkdeiner Erlösten.“ In der frühen Kirche wurde den Christen, die aufReisen unterwegs waren, häufig ein Brief ihres Bischofs mitgegeben,der ihre Einheit mit ihm bestätigte. Der jeweilige Bischof vor Ortüberprüfte diesen Brief dann anhand der Liste aller Bischöfe, die dievolle Einheit mit der Kirche und das ganze Glaubensbekenntnis be-wahrt hatten. Befand sich der Name des Bischofs, der den Brief aus-gestellt hatte, auf der Liste, wurde der oder die Reisende zur Kom-munion in dieser Stadt zugelassen, weil er oder sie die Gemeinschaftim Glauben besaß.

Der Name des Papstes wird im Eucharistischen Hochgebet ge-nannt, weil er aufgrund seines Petrusamtes in jeder EucharistiefeierZeichen und Diener der Einheit der Gesamtkirche ist.48

87. Zum Abschluss des Eucharistischen Hochgebets nach der Gro-ßen Doxologie rufen wir alle gemeinsam „Amen“; es ist ein kraft-volles „Ja“, das wir Gott sagen. In diesem großen „Amen“ bekennenwir, dass wir glauben, was hier gesagt wurde, dass wir uns diesesGebet zu eigen machen und uns zu dem verpflichten, was darin ent-halten ist. Unser persönliches Bekenntnis „ich glaube“ geht ein indas „wir glauben“ der Gemeinschaft der Kirche, die hier um den ge-kreuzigten und auferstandenen Christus versammelt ist.

88. Noch viele weitere Aspekte in den Eucharistischen Hochgebe-ten könnten hier meditiert werden. Wir beschränken uns in diesemDokument auf einige Gesichtspunkte, die sich besonders auf dasCommunio-Thema des Eucharistischen Kongresses beziehen.

(1) Epiklese: Zur Einheit zusammengeführt durch den Heiligen Geist

89. In der Messe ist der Heilige Geist auf intensivste Weise amWerk. Er, die dritte göttliche Person, bewirkt die Communio der Kir-che und verbindet uns auf innigste Weise in Christus. Die Herab-rufung des Heiligen Geistes im Eucharistischen Hochgebet wird Epi-klese genannt. Schon im Schöpfungsbericht lesen wir, dass der Geist

48 KKK, 1369.

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Gottes über dem Wasser schwebte und die Erschaffung der Welt be-wirkte. Und als die Zeit erfüllt war, ließ sich der Geist auf Mariaherab und bewirkte die Menschwerdung des Sohnes Gottes und da-mit den Beginn der neuen Schöpfung. Im Eucharistischen Hochgebetrufen wir den Geist an, das Wunder einer neuen Schöpfung, dasWunder der Gnade zu wirken. Wir werden daran erinnert, dass das,was wir in der Eucharistie feiern, nicht unsere Leistung ist. Eskommt von Gott. In der Epiklese bittet die Kirche den Vater, denHeiligen Geist (oder die Kraft seines Segens) zu senden, um die Ga-ben von Brot und Wein zu heiligen, sodass sie zum Leib und Blut JesuChristi werden, und um alle, die an der Eucharistie teilhaben, zueinem Leib und einem Geist zu einen.

90. So hören wir zum Beispiel im Dritten Eucharistischen Hoch-gebet, dass der Vater durch die Kraft des Heiligen Geistes die Schöp-fung belebt und heiligt und uns zu einer Einheit zusammenführt: „Ja,du bist heilig, großer Gott, und alle deine Werke verkünden deinLob. Denn durch deinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, undin der Kraft des Heiligen Geistes erfüllst du die ganze Schöpfungmit Leben und Gnade. Bis ans Ende der Zeiten versammelst du direin Volk …“. Nachdem so die Kraft des Geistes als die Quelle desLebens und der Heiligung gepriesen wurde, wird diese Kraft jetztangerufen, als Höhepunkt seines Wirkens die Gaben von Brot undWein zu heiligen, sodass sie für uns der Leib und das Blut Christiwerden: „Darum bitten wir dich, allmächtiger Gott: heilige unsereGaben durch deinen Geist …“ Entsprechend unserer lobpreisendenSegensbitte (Berakah) bei der Darbringung der Gaben geschieht jetztdie Konsekration der Gaben durch den Heiligen Geist. Und nach denEinsetzungsworten und dem Gedenken an Christi Tod und Auferste-hung wird der Heilige Geist in der Kommunion-Epiklese auf die ver-sammelte Gottesdienst-Gemeinde herabgerufen: „Schau gütig aufdie Gaben deiner Kirche. Denn sie stellt dir das Lamm vor Augen,das geopfert wurde und uns nach deinem Willen mit dir versöhnthat. Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes und erfül-le uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geistwerden in Christus.“

91. Diese Anrufung des Geistes über die zur Eucharistie versam-melte Gemeinde hängt eng zusammen mit dem Thema des Eucharis-tischen Kongresses. Durch die Kraft des Heiligen Geistes werden dieElemente von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi ver-wandelt, aber der Geist wird auch über die versammelten Menschenherabgerufen; denn sie sind der Leib Christi und sollen immer mehr

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der Gabe entsprechen und die Communio verwirklichen, die Gottihnen in der Kommunion schenkt. „So sollen wir alle zur Einheit imGlauben und in der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, damitwir zum vollkommenen Menschen werden und Christus in seinervollendeten Gestalt darstellen.“ (Eph 4,13)

92. Die Epiklese lehrt uns etwas Wichtiges über uns selbst. Die Kir-che hat als eine gesellschaftliche Größe zahlreiche institutionelle Or-ganisationsformen. Doch das Wirken des Heiligen Geistes ist unab-dingbar, um unsere innere Einheit zu schaffen. Ohne den HeiligenGeist wäre unser Leben als Gemeinschaft tot. „Ohne ihn wäre esnutzlos zu planen, zu organisieren, Normen und Leitlinien zu erlas-sen, auf alles vorbereitet zu sein und alles ‚unter Kontrolle‘ zu haben.Wir hätten vielleicht ein vorbildliches Unternehmen, eine beispiel-hafte Gesellschaft. Aber eine Gemeinschaft von Menschen wird LeibChristi nur, wenn sie gehalten und beseelt ist vom Geist Christi, unddies im Sinne der eucharistischen Epiklese.“49

(2) Anamnese: Ein gemeinschaftliches Gedenken

93. In den vergangenen Jahren wurde die reiche biblische Bedeu-tung des Begriffs „Gedächtnis“ (Anamnese) neu entdeckt. Dieser Be-griff liegt dem liturgischen Gedenken zugrunde.50 Wir gedenken des-sen, was Jesus getan hat, nicht im Sinne eines Geschichtsunterrichts,sondern im Sinne von Ereignissen, die uns hier und heute betreffen.

94. Tatsächlich hat das Volk Gottes seit der Zeit des MosaischenGesetzes der wunderbaren Rettungstaten Gottes gedacht, denen esseine Entstehung als Volk verdankte. Insbesondere ist die Paschafeierzum Gedächtnis (zikkarón) des Gründungsgeschehens der Geschich-te Israels als Volk Gottes geworden. Die Riten der jährlichen Pascha-feier gedachten des Übergangs von der Sklaverei zur Freiheit. Be-schrieben werden diese Riten in Ex 12,1–28. Es ist ein Mahl, beidem ein Lamm geschlachtet und gegessen wird. Das Blut des Lam-mes wird an die Türpfosten gestrichen, um den Todesengel abzu-wehren, der die Erstgeborenen der Ägypter tötete. Wenn die Judendieses Fest feiern, erzählen sie nicht einfach ein vergangenes Ereignis,nein, das Ereignis, das in der Vergangenheit geschehen ist, wird

49 Luis Alonso Schökel, Eucharistie feiern. Biblische Meditationen zum Verständnisder heiligen Messe. München 1989, S. 84.50 Siehe SC, 47. Siehe auch Ad Gentes (AG), 14.

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wirksam in der Gegenwart. Durch die Feier nehmen sie teil amGründungsgeschehen ihrer Identität als Volk Gottes und rüsten sichzugleich für die Zukunft.

95. Das Letzte Abendmahl, das Jesus mit seinen Jüngern am Abendvor seinem Leiden und Tod gehalten hat, war das Paschamahl (Mt26,2.17–19; Mk 14,12–17; Lk 22,7–14). Nachdem sie das Pascha-lamm gegessen hatten, nahm Jesus das Brot und den Wein, segnetesie und sprach: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird“und „Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euchvergossen wird“ (Lk 22,19–20). Mit diesen Handlungen und Wor-ten deutete Jesus seinen Tod am Kreuz im Sinn des geopferten Pa-schalamms. Er wird die Menschheit erretten aus der Sklaverei derSünde mit all ihren Spaltungen und Egoismen und sie hineinführenin die Freiheit der Kinder Gottes in der Gemeinschaft, der Commu-nio untereinander.

96. Das Paschamahl, das Jesus mit seinen Jüngern feierte, war einesakramentale Vorwegnahme seines Leidens und seines Todes, seinerAuferstehung und der Ausgießung des Heiligen Geistes. Das Brotmachte er zum Zeichen seines für uns hingegebenen Leibes und denWein zum Zeichen seines für uns vergossenen Blutes. Brot und Weinwurden zu sakramentalen Zeichen des eschatologischen Bundes, derin ihm seine Erfüllung fand. Er trug seinen Jüngern auf, seines Tunszu gedenken: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (Lk 22,19; 1 Kor11,25).

97. Die Kirche begeht die eucharistische Gedächtnisfeier in Treuezu diesem Auftrag Jesu. Es ist keineswegs nur eine bloße Erinnerungan ein vergangenes Ereignis. Die Kirche verkündet in dieser Feierwirksam die Versöhnungstat Gottes in Christus. Wir gedenken abernicht nur des Leidens Jesu Christi zum Heil der ganzen Kirche, son-dern wir selbst nehmen „heute“ daran teil und treten in die Bewe-gung seiner Selbsthingabe ein. Durch die Kraft des Heiligen Geisteswird das einmalige Ereignis des Kreuzestodes Jesu in jeder Messfeiergegenwärtig. Oder, anders gesagt, wir nehmen teil an diesem großenEreignis und werden dadurch zu einer Gemeinschaft zusammenge-fügt, und zwar nicht nur zusammen mit denen, mit denen wir dieMesse feiern, sondern mit allen, die sich zur Eucharistie versammelnan allen Orten und zu allen Zeiten.51

51 Anglikanisch/Römisch-Katholische Internationale Kommission, Die Lehre von derEucharistie, Windsor 1971, Nr. 5; vgl. 3, deutsch in: Harding Meyer u.a. (Hg.), Doku-

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98. Durch die Eucharistie werden wir also zu Zeitgenossen des Stif-tungsaktes, in dem unsere Gemeinschaft mit Christus und unter-einander begründet wurde. Im Katechismus der Katholischen Kirchelesen wir:

„In der Liturgie der Kirche bezeichnet und verwirklicht Christusvor allem sein Pascha-Mysterium. Während seines Erdenlebenskündigte Jesus durch sein Lehren das Pascha-Mysterium an undnahm es in seinen Taten vorweg. Als dann seine Stunde gekommenwar [Vgl. Joh 13,1;17,1], durchlebte er das einzige Ereignis derGeschichte, das nicht vergeht: Jesus stirbt „ein für allemal“ (Röm6,10; Hebr 7,27; 9,12), wird begraben, ersteht von den Toten undsitzt zur Rechten des Vaters. Dieses tatsächliche Ereignis, welchessich in unserer Geschichte ereignet hat, ist ganz und gar einmalig:Alle anderen Ereignisse geschehen einmal, dann gehen sie vorüber,versinken in der Vergangenheit. Das Pascha-Mysterium Christihingegen kann nicht in der Vergangenheit bleiben, denn durch sei-nen Tod hat er den Tod besiegt. Alles, was Christus ist, und alles,was er für alle Menschen getan und gelitten hat, nimmt an derEwigkeit Gottes teil, steht somit über allen Zeiten und wird ihnengegenwärtig. Das Ereignis des Kreuzes und der Auferstehung istetwas Bleibendes und zieht alles zum Leben hin.“52

99. Jede Eucharistiefeier bewirkt für uns „heute“ auch die endzeit-liche Versammlung des Volkes Gottes. Mit anderen Worten, jedeMessfeier hier und heute ist ein echter Vorgeschmack des Festmahlsam Ende der Zeiten, das die Propheten vorhergesagt haben (vgl. Jes25,6–9) und das im Neuen Testament als Hochzeitsmahl des Lam-mes beschrieben wird (Offb 19,7–9). Wenn der Zelebrant im DrittenEucharistischen Hochgebet nach dem Gedenken an die Auferste-hung und Himmelfahrt Christi die Worte spricht: „… und erwartenseine Wiederkunft“, werden wir daran erinnert, dass das Gedächtnisdes Stiftungsereignisses unseres Glaubens uns in Kontakt bringt mitunserer gemeinsamen Zukunft, wenn Christus kommt in Herrlich-keit. Aus diesem Grund bekennen wir auch in der Anamnese-Akkla-mation: „… bis du kommst in Herrlichkeit“. In jeder Messfeier den-ken wir an unsere Zukunft und werden zu ihr hingezogen.

100. Wegen dieser dynamischen eucharistischen Bedeutung von„Gedächtnis“ und „Gedenken“, wo Vergangenheit und Zukunft ge-

mente wachsender Übereinstimmung 1931–1982, Paderborn/Frankfurt a.M. 1983,S. 140f.52 KKK, 1085.

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wissermaßen hier und jetzt in unsere Gegenwart hereinragen, sindwir nie so nah bei unseren verstorbenen Brüdern und Schwesternwie in der Messfeier. Unsere Communio mit denen, die uns voraus-gegangen sind „bezeichnet mit dem Siegel des Glaubens“ (ErstesHochgebet) wird jedes Mal erneuert. So lesen wir in Lumen gentiumNr. 50: „Bei der Feier des eucharistischen Opfers sind wir also si-cherlich dem Kult der himmlischen Kirche innigst verbunden.“ Indiesem Kontext verstehen wir dann auch die Worte der heiligen Mo-nika vor ihrem Tod zu ihren Söhnen, dem heiligen Augustinus undseinem Bruder: „Nur um das eine bitt ich euch, dass ihr am Altar desHerrn meiner gedenkt, wo ihr auch seid“.53

(3) Wandlung: Jesus Christus ist wirklich, wahrhaft und wesenhaftgegenwärtig, er verwandelt unsere Gemeinschaft

101. Das Eucharistische Hochgebet ist ein Gebet der Danksagungund der Heiligung. Der gekreuzigte und auferstandene Christus han-delt durch die Kraft des Heiligen Geistes und teilt durch die ElementeBrot und Wein sein verherrlichtes Leben mit. Brot und Wein werdenverwandelt in den Leib und das Blut Christi „in der Kraft, mit der ersich alles unterwerfen kann“ (Phil 3,21). Von den Anfängen der Kir-che bis heute wird geglaubt und bekannt, dass diese Wandlung durchdie Kraft des Wortes Christi und das Wirken des Heiligen Geistesgeschieht. Das Konzil von Trient fasst zusammen:

„Weil aber Christus, unser Erlöser, sagte, das, was er unter derGestalt des Brotes darbrachte, sei wahrhaft sein Leib, deshalb hatin der Kirche Gottes stets die Überzeugung geherrscht, und diesesheilige Konzil erklärt es jetzt von neuem, durch die Konsekrationdes Brotes und Weines geschieht eine Verwandlung der ganzenSubstanz des Brotes in die Substanz des Leibes Christi, unseresHerrn, und der ganzen Substanz des Weines in die Substanz seinesBlutes. Diese Wandlung wurde von der heiligen katholischen Kir-che treffend und im eigentlichen Sinne Wesensverwandlung ge-nannt.“54

102. Die Art und Weise der Gegenwart Christi in den eucharisti-schen Gestalten ist einzigartig. In der Erläuterung zur Lehre der Eu-charistie stellt die Anglikanisch/Römisch-katholische Internationale

53 Augustinus, Confessiones, IX, 11, 27: PL 32, 775, zitiert nach Augustinus, Bekennt-nisse, übers. v. Joseph Bernhart, Frankfurt/M. u.a. 1955, S. 166.54 Konzil von Trient (1551), DS 1642.

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Kommission fest: „Vor dem Eucharistiegebet gibt der Glaubende aufdie Frage: ‚Was ist dies?‘ zur Antwort: ‚Es ist Brot.‘ Nach dem Eu-charistiegebet antwortet er auf dieselbe Frage: ‚Es ist wahrhaft derLeib Christi, das Brot des Lebens.‘“55 Unser Herr Jesus Christus,wahrer Gott und Mensch, ist „wahrhaft, wesentlich und wirklich“gegenwärtig unter den äußerlich sichtbaren Gestalten von Brot undWein.56 Brot und Wein werden in eine neue Seinsweise erhoben, umdie Liebe Jesu Christi zum Ausdruck zu bringen. „Wenn nun sowohlder Mischbecher als auch das zubereitete Brot das Wort Gottes auf-nehmen und zur Eucharistie, zum Blut und Leib Christi werden undwenn daraus die Substanz unseres Fleisches gestärkt wird und be-steht, wie können sie dann bestreiten, dass das Fleisch aufnahme-fähig ist für Gottes Geschenk, das das ewige Leben ist?“57

103. Den Begriff der Realpräsenz müssen wir verstehen auf demHintergrund der großen Taten Gottes in der Geschichte, da er sichein Volk schuf in Gemeinschaft mit ihm und untereinander. Die gan-ze Heilsgeschichte hindurch lesen wir vom Wohnen Gottes (sheki-nah) in seinem Volk – er wohnt in der Welt, er ist gegenwärtig inIsrael. In Jesus Christus ist Gott Fleisch geworden und wohnt unteruns. Jesus Christus ist jetzt auf verschiedene Weise in seiner Kirchegegenwärtig: in seinem Wort, im Gebet der Kirche, wo zwei oderdrei in seinem Namen versammelt sind (vgl. Mt 18,20), in den Ar-men, den Kranken und Gefangenen (vgl. Mt 25,31–46), in den Sa-kramenten. Aber auf ganz besondere Weise ist er gegenwärtig in deneucharistischen Gestalten. Der gekreuzigte und auferstandene Chris-tus ist mit Leib und Blut zugegen unter den Gestalten von Brot undWein, sodass er sich uns durch diese Gestalten mitteilen und in sei-nen Leib umgestalten kann.

104. Durch diese verwandelten Elemente teilt uns Jesus Christussein endgültiges Leben in Communio mit dem Vater mit. Die in denLeib und das Blut Christi verwandelten Gestalten von Brot und Weinziehen uns hinein in die Dynamik einer kontinuierlichen Umgestal-tung und bringen uns dem Ziel näher, nach dem wir uns sehnen – der

55 Anglikanisch/Römisch-katholische Internationale Kommission, Die Lehre von derEucharistie: Erläuterung (Salisbury 1979), Nr. 6, zitiert nach: Harding Meyer u.a.(Hg.), Dokumente wachsender Übereinstimmung 1931–1982, Paderborn/Frankfurt/M., 1983, S. 146.56 Vgl. Paul VI, Enzyklika Mysterium fidei (1965), Nr. 45. Vgl. Konzil von Trient, De-kret über die Eucharistie, Kap. 1.57 Irenäus von Lyon, Adv. Haer., Gegen die Häresien V, 2, 3, übersetzt von NorbertBrox, Fontes Christiani, Bd. 8/5, Freiburg u.a. 2001, S. 35.

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endgültigen Verwandlung von allem in der Communio mit Christusund untereinander: „Wir alle … werden so in sein eigenes Bild ver-wandelt, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, durch den Geist desHerrn.“ (2 Kor 3,18). Unsere eigenen Belange, unsere Sorge für dieFamilie, unsere Arbeit und unsere Beziehungen mit andern Men-schen werden hineingenommen in diese Umgestaltungs-Dynamik.Jedes Mal, wenn wir an der Messe teilnehmen, bringen wir etwasNeues dar, damit es umgestaltet werde, vor allem das, was in unserenBeziehungen zu andern verhärtet oder schwierig ist, aber auchschmerzliche Situationen – seien sie gesellschaftlicher, wirtschaft-licher, kultureller oder ökologischer Art, seien sie lokal oder global– von denen wir vielleicht durch die Medien erfahren haben. Die Eu-charistie ist Zeugnis, Garant und Vorwegnahme unserer Umgestal-tung zur Communio, unserer eigenen und der der ganzen Welt.

(4) Opfermahl: Wir haben teil an der Opferhingabe Christi

105. Die Eucharistie ist ein Opfermahl. Wie wir schon gesehen ha-ben, wird in der Eucharistie das Kreuzesopfer repräsentiert, also ver-gegenwärtigt. In der Tat sind das Opfer Christi und das Opfer derEucharistie ein einziges Opfer, dessen Ziel unsere Communio ist.

106. Im Alten Testament finden wir eine enge Verknüpfung zwi-schen „Bund“, „Opfer“ und „Opfermahl“ bzw. „Bundesmahl“. ImBuch Exodus (24,1–11) lesen wir, dass Gottes neue Beziehung zuseinem auserwählten Volk (der Bund) besiegelt wurde durch das Ver-gießen von Tierblut (Opfer) und das gemeinsame Essen von der Op-ferspeise (Kommunion). Mose sprach über das Blut: „Das ist dasBlut des Bundes, den der Herr … mit euch geschlossen hat“ (Ex24,8). Danach besprengte er den Altar (Zeichen für Gott) und dasVolk mit dem Blut, eine Gebärde, die die Lebensgemeinschaft zumAusdruck bringt, die Gott zwischen sich und Israel geschaffen hat.Das gemeinsame Essen von der Opferspeise kann man als Opfer-mahl bezeichnen, durch das sich das Volk zu dieser Bundesbeziehungverpflichtete und durch das es eins wurde, da es an den SegnungenGottes Anteil erhielt. Als dann die Zeit gekommen war, wurde einneuer Bund verheißen, einer, der in die Herzen der Glaubenden ein-graviert werden sollte (vgl. Jes 55,3; Jer 31,31–34).

107. In seinem öffentlichen Leben betonte Jesus die Notwendigkeiteiner echten inneren Frömmigkeit anstatt bloßer äußerlicher Opferund Rituale. Sein ganzes Leben war geprägt von selbstloser Liebe zu

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den Menschen. Im Brief an die Hebräer lesen wir: „Darum sprichtChristus bei seinem Eintritt in die Welt: Schlacht- und Speiseopferhast du nicht gefordert, doch einen Leib hast du mir geschaffen: anBrand- und Sündopfern hast du kein Gefallen. Da sagte ich: Ja, ichkomme – so steht es von mir in der Schriftrolle –, um deinen Willen,Gott, zu tun.“ (Hebr 10,5–7) Die Sendung Jesu bestand ganz undgar darin, sein Leben hinzugeben, sodass wir eins seien. Die Mähler,die er mit anderen teilte, machen dieses Bestreben deutlich. Seine„Liebe bis zur Vollendung“, wie Johannes es ausdrückt (Joh 13,1),vollendete sich in seinem Leiden und seinem Tod.

108. Beim Letzten Abendmahl hinterließ uns Jesus sozusagen eineDeutung seines Opfertodes am Kreuz. Er bezog die Worte des Moseauf sich: „Das ist mein Blut, das Blut des Bundes“ (Mt 26,28) oder,wie wir bei Lukas lesen: „Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinemBlut, das für euch vergossen wird“ (Lk 22,20). Er deutet seinen Todals stellvertretendes Leiden für uns. Wenn er auf seinem Weg nachJerusalem gesagt hatte, „der Menschensohn ist nicht gekommen,um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hin-zugeben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45), so hat er dies am Kreuzbis zum Äußersten durchlebt. Das Opfer Jesu war nicht ein „Ding“.Es war seine Selbsthingabe aus Liebe. Er selbst und sein Opfer sindeins. Er ist Opferpriester und Opfergabe in einem. Der Apostel Pau-lus vertieft diesen Gedanken weiter, wenn er ausführt, dass Jesusnach dem Willen Gottes unsere Stelle am Kreuz eingenommen hat:„Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht,damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden“ (2 Kor 5,21). Er,der Sohn Gottes, „entäußerte sich“ um unsertwillen, damit wir amLeben Gottes Anteil erhalten. Er sollte die Gottferne und die Todes-verlassenheit erfahren, damit wir Gott erkennen, der uns nahe ist,der mit uns ist, der unter uns ist in unserer Communio miteinander.Paulus schreibt: „Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euchdurch seine Armut reich zu machen“ (2 Kor 8,9).

109. Wir haben also Anteil an der Communio, die eine Frucht desOpfers Christi ist und die wir als Geschenk empfangen. Aber in derMessfeier erhalten wir zudem das Vorrecht, uns dem Opfer Christianzuschließen. Schon in unserer Taufe hat Christus uns in sein Opferhineingezogen, da wir Glieder an seinem Leib wurden. Wir bringenuns selbst Tag für Tag als „lebendiges und heiliges Opfer“ (Röm12,1) dar. Aber in der Messe sind Christus und seine Kirche vereintim Opfer des Lobes, wie wir im Vierten Eucharistischen Hochgebethören: „Sieh her auf die Opfergabe, die du selbst deiner Kirche be-

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reitet hast, und gib, dass alle, die Anteil erhalten an dem einen Brotund dem einen Kelch, ein Leib werden im Heiligen Geist, eine leben-dige Opfergabe in Christus zum Lob deiner Herrlichkeit.“ Unser Ge-bet, unser Lobpreis und unsere Selbsthingabe werden in sein Opferhineingenommen, das die Kirche darbringt „durch ihn, mit ihm undin ihm“. In der Eucharistie wird das Opfer Christi auch zum Opferder Glieder an seinem Leib. Der heilige Augustinus schreibt:

„… dass die gesamte erlöste Gemeinde, d. i. die Vereinigung undGemeinschaft der Heiligen, als ein allumfassendes Opfer Gott dar-gebracht wird durch den Hohenpriester, der seinerseits auch sichfür uns, damit wir der Leib eines so erhabenen Hauptes seien, dar-gebracht hat in seinem Leiden nach seiner Knechtsgestalt. Denndiese hat er dargebracht, in dieser wurde er dargebracht, weil erin ihr Mittler ist, in ihr Priester und Opfer zugleich. […] Das istdas Opfer der Christen: ‚die vielen ein Leib in Christus‘. DiesesOpfer feiert die Kirche auch durch das den Gläubigen bekannteSakrament des Altares, worin ihr vor Augen gehalten wird, dasssie in dem, was sie darbringt, selbst dargebracht wird.“58

110. Das auf dem Altar gegenwärtige Opfer Christi gibt allen Ge-nerationen von Christen die Möglichkeit, mit seinem Opfer vereintzu sein. In den römischen Katakomben wird die Kirche oft als einebetende Frau dargestellt, mit weit ausgebreiteten Armen, in der Hal-tung einer Orante. Ihre Haltung erinnert an Jesus, der mit aus-gestreckten Armen am Kreuz hing. Die Aussage ist eindeutig: In derCommunio mit Christus opfert sich die Kirche selbst und tritt fürbit-tend für alle ein.59 Was ist das, was wir darbringen können? Wir bie-ten Gott unsere Leiden und Gebete an, unsere Arbeiten und unsereTaten der Liebe. Wenn wir sie mit Christus und seiner Ganzhingabeverbinden, erhält alles einen neuen Wert. Auch das Unscheinbarste,das wir darbringen, erhält einen neuen Wert. Wenn wir uns für dieselbstlose Liebe Jesu Christi öffnen, berührt und verwandelt er alleunsere begrenzten Bemühungen, eine Communio miteinander auf-zubauen. Durch die Vereinigung mit der Selbsthingabe Jesu wird al-les von Liebe durchdrungen. Das ist keine geringfügige Sache. Indemwir uns selbst und die Welt um uns mit dem Opfer Christi verbinden,leisten wir einen Beitrag zu dem, was Teilhard de Chardin die „Amo-risation“ (die Verwandlung in Liebe, von „amor“, dem lateinischenWort für Liebe) des Alls nannte.

58 Augustinus, Gottesstaat, 10,6: PL 41, 283; vgl. Röm 12,5, zitiert nach: Bibliothekder Kirchenväter, Bd. 16, übers. v. Alfred Schröder, Kempten u.a. 1914, S. 82.59 Vgl. KKK, 1368.

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111. Unsere Teilhabe an der Selbsthingabe des Sohnes wird zueinem Gebet, nicht nur für die Lebenden, sondern auch für die heim-gegangenen Brüder und Schwestern, die in Christus gestorben, abernoch nicht vollkommen in der Liebe geläutert sind. Der heilige Cyrillvon Jerusalem schreibt: „Dann beten wir auch für … alle vor unsEntschlafenen …, obwohl sie Sünder sind! Wir … bringen den geop-ferten Christus für unsere Sünden dar. So machen wir uns und ihnenden menschenliebenden Gott geneigt.“60 Aber nicht nur das! UnserGebet geschieht in der Communio mit denen, die schon in der Herr-lichkeit des Himmels sind, besonders mit Maria. „Die Kirche bringtdas eucharistische Opfer in Gemeinschaft mit der heiligen JungfrauMaria dar sowie im Gedenken an sie und alle Heiligen. In der Eucha-ristie steht die Kirche mit Maria gleichsam zu Füßen des Kreuzes, mitdem Opfer und der Fürbitte Christi vereint.“61

60 Cyrill von Jerusalem, Catech. Myst. 5, 9 und 10; PG 33, 1116–1117, zitiert nach:Cyrill von Jerusalem, Mystagogische Katechesen, übers. v. Georg Röwerkamp, FontesChristiani, Bd. 7, Freiburg u.a. 1992, S. 154f.61 KKK, 1370.

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VI. Die Kommunionriten:Wir sagen „Amen“ zu dem, was wir sind

Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn. (Lk 24,31)

a) Wir empfangen die heilige Kommunion

112. Die Kommunionriten ergeben sich logisch aus der Dramatur-gie der Eucharistiefeier, die wir bisher betrachtet haben. Die Ge-meinde hat sich an einem Ort versammelt. Gottes Heilsplan ist voruns ausgebreitet worden, als die Heiligen Schriften verkündet wur-den, und unsere Antwort darauf haben wir in der Darbringung derGaben zum Ausdruck gebracht. Das Dankgebet wurde gesprochen.Brot und Wein wurden verwandelt in den Leib und das Blut Christi,und auch wir selbst wurden umgestaltet in einen Leib und einenGeist in Christus. Jetzt ist die Zeit gekommen, die heilige Kommuni-on zu empfangen.

113. Das Vaterunser eröffnet die Kommunionriten. Eingefügt zwi-schen dem Eucharistischen Hochgebet und der Kommunionspen-dung „fasst es einerseits alle Bitten und Fürbitten, die in der Epiklesegeäußert werden, zusammen, andererseits bittet es um Einlass zumhimmlischen Hochzeitsmahl, welches in der sakramentalen Kom-munion vorweggenommen wird“62. Das Gebet des Herrn ist dasGrundgebet der Kirche. Es zeigt uns, wer wir sind, und zugleich of-fenbart es uns den Vater. In der Communio mit Christus können wirdarauf vertrauen, dass wir mit Christus die Schwelle der göttlichenHeiligkeit überschreiten und erkennen können, dass wir einen Vaterhaben und dass wir alle Schwestern und Brüder sind. Das bringenwir auch im Austausch des Friedensgrußes zum Ausdruck.

114. In Nr. 80 der Grundordnung des Römischen Messbuchs lesenwir: „Da die Eucharistiefeier das österliche Mahl ist, ist es ange-bracht, dass die in rechter Weise disponierten Gläubigen nach derWeisung des Herrn seinen Leib und sein Blut als geistliche Speiseempfangen. Darauf sind die Brotbrechung und die anderen vorberei-tenden Riten ausgerichtet, wodurch die Gläubigen zur Kommunionunmittelbar hingeführt werden.“ Die Brotbrechung ist ein symboli-scher Akt, der uns zeigt, dass wir alle an dem einen Brot vom Him-

62 Ebd., 2770.

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mel teilhaben, das wir jetzt empfangen werden. Bei der Brotbre-chung wird ein Stückchen der Hostie (fermentum genannt) demKelch beigemischt. Nach einer möglichen Deutung soll uns dieseralte Brauch daran erinnern, dass jede Eucharistiefeier in Einheit mitdem Bischof von Rom geschieht. Mehrere Jahrhunderte lang sandteder Papst ein Stückchen des in seiner Messfeier konsekrierten Brotesan die Priester, die an ihren Orten der Eucharistie vorstanden, um zubestätigen, dass sie die Eucharistie in der Communio mit ihm feier-ten. Dieses Brotstücken (fermentum genannt) wurde dann vor derKommunion dem Kelch beigemischt, um zu unterstreichen, dass dieEucharistie das Sakrament der Einheit der Kirche ist. Der Begriff fer-mentum (Sauerteig) deutete möglicherweise auch darauf hin, dassdie Eucharistie der Sauerteig des christlichen Lebens ist und dass dieChristen durch die Eucharistie, geeint in dem einen Leib Christi, wieein Sauerteig die ganze Welt durchdringen sollen.

115. Da die Eucharistie, die wir empfangen, „Brot vom Himmel“und „Kelch des Heiles“ ist, ermahnt uns der heilige Justin: „Nie-mand darf daran teilnehmen, als wer unsere Lehren für wahr hält,das Bad zur Nachlassung der Sünden und zur Wiedergeburt empfan-gen hat und nach den Weisungen Christi lebt.“63 Wenn der Kom-munionspender uns die Hostie zeigt und sagt „Der Leib Christi“,dann ist darin auch die Frage eingeschlossen, ob wir selbst der LeibChristi sind, das heißt, ob wir in der Communio mit Christus undmit seinen Schwestern und Brüdern leben. Und wenn wir dazu„Amen“ sagen können, dann dürfen wir den Leib Christi als unsereNahrung empfangen.

116. Wir empfangen den Leib Christi, sodass wir gemeinsam wahr-haft und in zunehmendem Maß der Leib Christi in der Welt sein kön-nen. Wie der heilige Augustinus von Hippo es formuliert: „In derEucharistie sollen wir sein, was wir sehen, und empfangen, was wirsind.“ Und er fährt fort: „Du antwortest ‚Amen‘ auf das, was du bist,und durch deine Antwort sagst du Ja dazu; denn du hörst ‚Der LeibChristi‘ und du antwortest ‚Amen‘.“ 64 Dieses Amen, das wir sagen,wenn wir die Kommunion empfangen, ist die Fortsetzung des großenAmen, in dem wir bekennen, dass wir bereit sind, in die lebendigeCommunio einzutreten, die Christus uns durch seinen Tod und seineAuferstehung eröffnet hat.

63 Justin, Apologie, I, 66; PG 6:428, zitiert nach Bibliothek der Kirchenväter, Bd. 12,übers. v. Gerhard Rauschen, Kempten u.a. 1913, S. 134f.64 Augustinus, Predigten, 272; PL 38,1246–1248, eigene Übersetzung.

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b) Die Eucharistie eint uns

117. Die herausragende Wirkung der Eucharistie, wie der heiligeThomas von Aquin und viele andere in der Tradition gelehrt haben,ist unsere wirkliche, mystische Einverleibung in Christus. In diesemSinn deutet zum Beispiel der heilige Augustinus die Tatsache, dassJesus in der Kommunion sich uns hingibt, wenn er sagt: „Ich bindas Brot der Starken: wachse und du wirst mich essen. Und nichtdu wirst mich in dich verwandeln wie die Speise für deinen Leib,sondern du wirst in mich gewandelt werden.“ 65 Auch der große mit-telalterliche Theologe Albert der Große lehrt: „Dieses Sakramentverwandelt uns in den Leib Christi, und zwar so, dass wir Bein vonseinem Bein und Fleisch von seinem Fleisch, Glieder von seinen Glie-dern werden.“66 Und als guter Lehrer erläutert er das Gemeinte:„Immer wenn zwei Dinge sich so vereinen, dass das eine im andernaufgeht, verwandelt das mächtigere das schwächere in sich selbst.Da nun diese Speise eine Kraft hat, die mächtiger ist als jene, die sieessen, verwandelt diese Speise jene, die sie essen, in sich selbst.“67

Und voll Dankbarkeit ruft er aus: „Welchen Dank schulden wirChristus, der uns mit seinem Leben spendenden Leib in sich selbstverwandelt, sodass wir sein heiliger, reiner und göttlicher Leib wer-den.“68 Die heilige Theresia vom Kinde Jesu, eine Kirchenlehrerinaus jüngerer Zeit, schreibt: „Jeden Morgen verwandelt Jesus eineweiße Hostie in sich selbst, um dir sein Leben mitzuteilen. Nicht ge-nug damit, mit einer Liebe, die noch viel größer ist, möchte er dich insich verwandeln.“69 Das Zweite Vatikanische Konzil zitiert PapstLeo den Großen: „Nichts anderes wirkt die Teilhabe an Leib undBlut Christi, als dass wir in das übergehen, was wir empfangen.“70

118. Wenn wir diese herausragende Wirkung der Eucharistie be-trachten, unsere Umwandlung in Christus, dann können wir ermes-sen, was es bedeutet, dass die Eucharistie uns auf einzigartige Weisezu einem Leib und einer Seele macht. Papst Benedikt führt aus, dassdieser Umwandlungsprozess, der schon in der Wandlung von Brot

65 Augustinus, Confessiones, VII, 10: PL 32,742, zitiert nach Augustinus, Bekenntnis-se, übers. v. Joseph Bernhart, Frankfurt/M. u.a. 1955, S. 120.66 Albert der Große, De Euch., D. 3 tr. 1, c. 5, eigene Übersetzung.67 Albert der Große, In IV Sent., D. 9, a. 2, eigene Übersetzung.68 Albert der Große, De Euch., D. 3, tr. 1, c. 8, n. 2, eigene Übersetzung.69 Poésie de Sainte Thérèse de l’Enfant-Jesus, Office centrale de Lisieux, 1951, S. 31,eigene Übersetzung.70 LG, 26. Siehe Leo der Große, Serm. 63, 7; PL 54, 357 C.

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und Wein begonnen hat, jetzt an Bedeutung zunimmt und zu wei-teren Veränderungen führt:

„Leib und Blut Jesu Christi werden uns gegeben, damit wir ver-wandelt werden. Wir selber sollen Leib Christi werden, blutsver-wandt mit ihm. Wir essen alle das eine Brot. Das aber heißt: Wirwerden untereinander eins gemacht. Anbetung wird, so sagtenwir, Vereinigung. Gott ist nicht mehr bloß uns gegenüber der ganzAndere. Er ist in uns selbst und wir in ihm. Seine Dynamik durch-dringt uns und will von uns auf die anderen und auf die Welt imGanzen übergreifen, dass seine Liebe wirklich das beherrschendeMaß der Welt werde.“71

119. So entsteht eine neue Lebensgemeinschaft, die alle unsere Er-fahrungen des Miteinander-Teilens übersteigt und eine wahremenschliche Gemeinschaft hervorbringt. Die einigende Kraft desLeibes Christi kann alle Kräfte, die in uns selbst und in der Welt umuns die Einheit zu zerstören versuchen, überwinden. Papst Benediktvergleicht diesen ganzen Prozess mit einer „Kernspaltung im Inners-ten des Seins“. „Nur von dieser innersten Explosion des Guten her,die das Böse überwindet, kann dann die Kette der Verwandlungenausgehen, die allmählich die Welt umformt.“72

120. Durch den Empfang der Eucharistie sind wir aufgerufen, inWort und Tat einer neuen Zukunft Gestalt zu geben, sodass dieseZukunft jetzt schon als gegenwärtig erahnt und erfahren werdenkann und wir spüren können, was wir einmal sein werden. Augen-blicke des Schweigens und der Stille in unseren Eucharistiefeiern bie-ten die Gelegenheit, nicht nur über Vergangenes nachzudenken undGegenwärtiges zu feiern, sondern unsere Herzen auch zu öffnen fürdie Zukunft, die Gott verheißen hat, die vollendete Communio mitChristus und untereinander. Die Eucharistie öffnet uns die Augenunseres Herzens, sodass wir einen Schimmer des neuen Himmelsund der neuen Erde erhaschen können.

c) Geistliche Kommunion

121. Nicht alle, die an der Messfeier teilnehmen, mögen in der La-ge sein, die Kommunion in dieser Messe zu empfangen, aber jede

71 Benedikt XVI., Welt-Jugend-Tag 2005 in Köln, Predigt beim Abschlussgottesdienstam 21.08.2005, VAS 169, Bonn 2005, S. 86.72 Ebd.

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und jeder ist imstande, die so genannte „geistliche Kommunion“ zuvollziehen, indem sie sich in einem Akt der Anbetung in die Dynamikder Selbsthingabe hinein begeben, die in der Messe gefeiert wird. Dieheilige Teresa von Avila schreibt: „Wenn du die Kommunion nichtempfängst und nicht an der Messfeier teilnimmst, kannst du einegeistliche Kommunion vornehmen, was eine überaus nützliche Pra-xis ist. Die Liebe Gottes wird dadurch machtvoll in dich einge-senkt.“73 Wir sind alle geeint durch den Heiligen Geist. Jene, dienicht in der Lage sind, die Kommunion zu empfangen, können inihrem Herzen die Sehnsucht danach wecken und sich und ihrenSchmerz in diesem Augenblick mit dem Opfer Jesu Christi vereini-gen. In neuerer Zeit wurde es vielerorts üblich, jene, die die sakra-mentale Kommunion nicht empfangen können, wie z.B. Kinder vorder Erstkommunion oder nichtkatholische Erwachsene, zum Emp-fang eines Segens vortreten zu lassen.

73 Teresa von Avila, Camino de Perfección, Kap. 35, eigene Übersetzung.

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VII. Die Abschlussriten:Wir sind eins, auf dass alle eins seien

Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten ihn; dann sahensie ihn nicht mehr … Noch in derselben Stunde brachen sie aufund kehrten nach Jerusalem zurück und sie fanden die Elf unddie anderen Jünger versammelt … Da erzählten … sie, was sieunterwegs erlebt und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brotbrach.

a) Die Entlassung

122. Der vom Diakon oder vom Priester gesprochene Ruf „Gehethin in Frieden“ ist ein Entlassruf und zugleich ein Ruf der Sendung,„damit jeder Gott lobend und preisend zu seinen guten Werken zu-rückkehre“74. Die Entlassung der Emmausjünger hat etwas Geheim-nisvolles an sich. Unmittelbar nachdem sie den auferstandenenChristus erkannt hatten, entschwand er ihren Augen. Wie sollenwir das deuten? Es ist gut, die Aufmerksamkeit auf dieses Detail zulenken; denn wir erfahren hier etwas Wichtiges über die Auswirkungunserer Begegnung mit Christus in der Eucharistie. Als die beidenJünger sich dem Wort Gottes geöffnet und die Eucharistie in ihr Le-ben aufgenommen hatten, konnten sie das österliche Leben, das Je-sus Christus ihnen geschenkt hatte, übernehmen und seine Gegen-wart in der Welt bezeugen: „Für mich ist Christus das Leben“ (Phil1,21). Sie sind umgestaltet in Christus. Christus setzt sein Leben so-zusagen in ihnen und unter ihnen fort. Wir denken hier an ein Gebet,das der heiligen Teresa von Avila zugeschrieben wird: „Christus hatjetzt keinen anderen Leib als den deinen, keine anderen Hände alsdie deinen, keine anderen Füße als die deinen. Durch deine Augenmuss jetzt das Erbarmen Christi in die Welt schauen. Mit deinen Fü-ßen muss er umherziehen und Gutes tun. Mit deinen Händen muss erjetzt segnen.“ Wir selbst sind es, die jetzt gemeinsam die Wege Chris-ti weitergehen auf den Pfaden der Welt.

123. So wie der gekreuzigte und auferstandene Christus seine Ge-genwart uns in der Eucharistie auf vielfältige Weise vermittelt, be-sonders am zweifachen Tisch des Wortes und der Eucharistie, sowerden in der Liturgie des Lebens wir selbst es sein, wir, die „zwei

74 GORM, 90c.

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oder drei“, die in seinem Namen versammelt sind, die jetzt seine Ge-genwart vermitteln müssen, damit sie durch uns für andere ertastbarund sichtbar wird (vgl. Mt 18,20). Es wird unser Glaube sein, der inder Liebe wirksam ist (vgl. Gal 5,6), der die Wärme und Freude derEucharistie mit anderen teilen muss. In einem gewissen Sinn könnenwir noch weiter gehen und sagen, dass der gekreuzigte und auf-erstandene Christus, der in der Kraft des Geistes der Kirche voran-geht und uns versammelt und mit seinem Wort und Sakramentnährt, dass dieser Christus auch die Frucht unseres Zeugnisses fürihn (das selbst wieder sein Geschenk an uns ist!) in der Kirche seinwill. Zitieren wir die Dienerin Gottes Dorothy Day: „Wir müssendie Gegenwart Gottes praktizieren. Er sagte, wenn zwei oder drei inseinem Namen versammelt sind, dann ist er selbst in ihrer Mitte. Erist bei uns in unseren Küchen, an unseren Tischen, in den Menschen-schlangen vor unseren Armentafeln, bei unseren Gästen, auf unserenFarmen … Was wir tun können, ist nicht viel. Aber es ist so wie beidem Jungen mit seinen paar Broten und Fischen. Christus nahm sieund vermehrte sie. Er wird den Rest machen.“75

b) Von der Fußwaschung Jesu lernen

124. Die Abschlussriten senden uns aus, damit wir eucharistischleben. Wenn wir verstehen wollen, was damit gemeint ist, könnenwir auf Jesus schauen, der uns in der Fußwaschung ein Beispiel gege-ben hat, das seine selbstlose, hingebende Liebe widerspiegelt, derenwir in der Messfeier gedenken. Im vierten Evangelium wird uns dasLetzte Abendmahl als der Ort vorgestellt, wo Jesus durch letzte sym-bolische Handlungen gezeigt hat, was die Eucharistie zuinnerst be-deutet und welche sozialen und zwischenmenschlichen Konsequen-zen sich daraus ergeben. Seine „Liebe bis zur Vollendung“ (Joh 13,1)wurde offenbar, als Jesus den Jüngern die Füße wusch. Er legte seinObergewand ab und vollzog an ihnen diesen niederen Dienst; ausLiebe machte er sich zum Sklaven, um seinen Freunden zu dienen.In diesem symbolischen Akt der Fußwaschung gibt Jesus den Jün-gern ein Beispiel des Dienens, dem sie folgen sollen; sie sollen IhrLeben füreinander hingeben: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben,damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe“ (Joh13,15); auch ihr sollt einander die Füße waschen (vgl. Joh 13,14).

75 Dorothy Day, in: The Catholic Worker, 1940.

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125. Später, in den Abschiedsreden, wird Jesus nochmals sein neuesGebot verkünden, das uns auch in der Eucharistie entgegen tritt:„Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größereLiebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ (Joh15,12) Dadurch, dass wir einander dienen, können andere sehen,dass wir Jünger Jesu Christi sind (vgl. Joh 13,34f.). „Eucharistischleben“ bedeutet, dass wir uns dieser Verantwortung stellen und amAufbau einer Welt mitarbeiten, die durchtränkt ist von der Logikeiner geschwisterlichen Communio, die uns die Eucharistie schenktund lehrt. In der Messe werden wir „mit allem Segen seines Geistesgesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel“ (Eph1,3). Jetzt öffnet sich die Tür, damit wir hinausgehen und in unseremLeben und mit unseren Worten das Evangelium bezeugen. Jede undjeder von uns verlässt die Versammlung, um unsere verschiedenenWege zu gehen, aber wir sind nicht allein gelassen. Wir behalten ei-nander im Herzen, um das fortzusetzen, was sich in der Eucharistiean uns ereignet hat und immer wieder ereignet, nämlich Beziehungenaufzubauen und zu stärken und in Communio zu leben, wo immerwir sind. Auch in der eucharistischen Anbetung außerhalb der Messewird all das fortgesetzt und intensiviert, was in der Feier der Eucha-ristie selbst geschieht.76

126. Wenn wir die Messe verlassen, beginnt das, was wir gefeierthaben, allmählich seine Wirkung zu entfalten. „Die Gnade JesuChristi, des Herrn, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heili-gen Geistes“ (2 Kor 13,13), die wir erfahren haben, bleiben in unsund tragen Frucht. Wir können zuversichtlich hinausgehen, denn inder Messe hat die Kirche den Vater gebeten, „den Heiligen Geist zusenden, damit dieser das Leben der Gläubigen zu einer lebendigenOpfergabe für Gott mache: durch die geistige Umgestaltung nachdem Bild Christi, durch die Sorge um die Einheit der Kirche unddurch die Beteiligung an seiner Sendung im Zeugnis und im Dienstder Liebe“.77

76 Vgl. Kommunionspendung und Eucharistieverehrung außerhalb der Messe(21.06.1973), Freiburg u.a. 1976, Nr. 81, S. 51.77 KKK, 1109.

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VIII. Schlusswort

127. Pierre Julien Eymard, der Gründer der Kongregation vom hei-ligsten Sakrament, schrieb: „Jesus Christus will uns sein Andenkenhinterlassen …, sein Meisterstück, das unaufhörlich seine Liebe zurMenschheit bekundet. Er ist der Erfinder dieses Meisterstücks, seineHände haben es gestaltet, er schenkt es uns als seine wertvollste Ga-be. Er macht es zu seinem letzten Vermächtnis; sein Tod verleiht die-sem Meisterstück Leben und Herrlichkeit. Was ist dieses wertvollsteAndenken an die Liebe Jesu Christi? Es ist die Eucharistie.“78 In un-seren theologischen und pastoralen Überlegungen zur Vorbereitungauf den Eucharistischen Weltkongress haben wir uns mit diesem„Meisterstück“ Jesu Christi beschäftigt; wir haben es betrachtet un-ter der Rücksicht des Leitgedankens, der über dem EucharistischenKongress steht, der Communio mit Christus und untereinander.

128. Wenn wir diese Überlegungen nun beschließen, sind wir unsder Unzulänglichkeit unserer Worte bewusst. Wenn alles gesagt undgetan ist, ist es vielleicht das Beste, einfach alle, die am Kongress teil-nehmen, einzuladen: Kommt zur Eucharistie, nehmt Jesus Christusin euch auf, damit er mit seinem Licht und seiner Liebe eure Herzenverwandle. Heute, wie durch alle Jahrhunderte hindurch, lädt unsdie Eucharistie leise aber hartnäckig ein, uns in das Obergemach zubegeben, wo die Eucharistie eingesetzt wurde und wo die Kirche alsGottes Familie geboren wurde, die ein Herz und eine Seele in derCommunio mit Christus und untereinander ist. In diesem Oberge-mach entdecken wir in der Eucharistie den Herzschlag Jesu Christi,und wir erkennen, was er für uns getan hat. Er liebte uns bis zur Voll-endung, so sehr, dass er – in der Eucharistie – bei uns bleibt, zu jederZeit und an jedem Ort, und zwar in dem, worin seine Liebe in höchs-tem Maß zum Ausdruck kommt, in seinem Leiden, seinem Tod undseiner Auferstehung. Die heilige Theresia vom Kinde Jesu sprach ausder Tiefe ihres Herzens, als sie, überwältigt von der ungeschuldetenLiebe, die uns in der Eucharistie begegnet, ausrief: „O Jesus, lassmich es dir sagen: deine Liebe reicht bis zur Torheit. … Wie sollteangesichts dieser Torheit mein Herz dir nicht entgegenstürzen?“79

78 Pierre Julien Eymard, Œvres complêtes, XIII, S. 819, PD 42,6, eigene Übersetzung.79 Geschichte einer Seele, Selbstbiographie der hl. Theresia vom Kinde Jesu, Kirnach-Villingen 1928, Kap. 11, 50, S. 225.

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129. Der Eucharistische Kongress bietet die Gelegenheit, uns neuvon diesem Geschenk der Liebe ergreifen zu lassen und in unserenHerzen die Liebe zu Jesus Christus zu erneuern, der will, dass wirvollkommen in der Liebe und heilig werden (vgl. 1 Thess 4,3), dasswir nach Heiligkeit streben, nicht als eine persönliche Leistung, son-dern als ein Beitrag zum Aufbau einer geschwisterlichen Welt. Unse-re Communio steht im Dienst universeller Solidarität. Wir überlas-sen das Schlusswort dieses Dokuments einer jungen Frau, die erstkürzlich selig gesprochen wurde, Chiara Luce Badano, die aus derLiebe zur Eucharistie die Kraft schöpfte, trotz ihrer geschwächtenGesundheit für andere zu leben. Die Eucharistie schenkte ihr Leben,Licht und Liebe, so sehr, dass dies ihre letzten Worte zu ihrer Muttersein konnten: „Sei glücklich, denn ich bin es auch“. Es ist das Glückder Communio mit Christus und untereinander.

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