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HINTE HINTE R R GRÜ GRÜ N N D D E E Die Zeitung der Grünen Alternative Mariahilf Nr. 2/2007 Zugestellt durch Post.at Engagierte BürgerInnen verhindern Baummord Mit Befremden mussten die BewohnerInnen des Hauses Hirschengasse 6 vernehmen, dass die teilwei- se Rodung und radikale Zusammenschneidung des Altbaumbestandes im weitläufigen, idyllisch begrün- ten Innenhof des Hauses geplant sei. Die Hausver- waltung, angetrieben von zwei Hausparteien, die sich durch die Bäume bedroht fühlten, wollte den Baum- bestand so weit wie möglich reduzieren. Vorgeschoben wurde dabei ein Sicherheitsargument, weil im vergangenen Sommer mit seinen zahlreichen Stürmen zwei Äste von einem 120jährigen Spitz- ahorn abgebrochen waren. In aller Eile wurde ein Fachgutachten eingeholt, das allerdings für keinen der Bäume eine unmittelbar drohende Gefährdung attestierte. Trotzdem wurde das Stadtgartenamt zu einer Begehung geladen, um auf diese Weise einen Rodungsbescheid zu erlangen. Die AnrainerInnen hatten schon da leidvolle Erfah- rungen gemacht: „Unter demselben Vorwand, mit so einem Attest in der Hand, hat man mir schon vor zehn Jahren zwei herrliche alte Bäume vor dem Bal- kon weg geschnitten“, erinnert sich die Anrainerin Irmgard Wolfrum: „Ich habe die Baumscheiben noch im Keller liegen: Die Bäume waren gesund!Ein im letzten Moment geretteter Bergahorn, den ein Fachmann damals ebenfalls zur Rodung empfohlen hatte, hat in all den Jahren seither nicht das geringste Problem gemacht. Auch dieser Baum wurde nun wie- der zur Rodung vorgeschlagen, obwohl seine Vitalität hoch ist. Der Verdacht lag also nahe, dass die Verant- wortlichen bei all diesen Maßnahmen mehr ihr eige- nes Interesse (keine Scherereien, keine Ausgaben für komplizierte Sanierungsmaßnahmen) als das Wohl der Bewohner und Bewohnerinnen verfolgten. Die gerettete grüne Innenhofidylle weiter auf Seite 2

Die Grünen Mariahilf / 2-2007

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HINTEHINTERRGRÜGRÜNNDDEEDie Zeitung der Grünen Alternative Mariahilf Nr. 2/2007Zu

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Engagierte BürgerInnenverhindern Baummord

Mit Befremden mussten die BewohnerInnen desHauses Hirschengasse 6 vernehmen, dass die teilwei-se Rodung und radikale Zusammenschneidung desAltbaumbestandes im weitläufigen, idyllisch begrün-ten Innenhof des Hauses geplant sei. Die Hausver-waltung, angetrieben von zwei Hausparteien, die sichdurch die Bäume bedroht fühlten, wollte den Baum-bestand so weit wie möglich reduzieren.

Vorgeschoben wurde dabei ein Sicherheitsargument,weil im vergangenen Sommer mit seinen zahlreichenStürmen zwei Äste von einem 120jährigen Spitz-ahorn abgebrochen waren. In aller Eile wurde einFachgutachten eingeholt, das allerdings für keinender Bäume eine unmittelbar drohende Gefährdungattestierte. Trotzdem wurde das Stadtgartenamt zueiner Begehung geladen, um auf diese Weise einenRodungsbescheid zu erlangen.

Die AnrainerInnen hatten schon da leidvolle Erfah-rungen gemacht: „Unter demselben Vorwand, mit soeinem Attest in der Hand, hat man mir schon vorzehn Jahren zwei herrliche alte Bäume vor dem Bal-kon weg geschnitten“, erinnert sich die AnrainerinIrmgard Wolfrum: „Ich habe die Baumscheiben nochim Keller liegen: Die Bäume waren gesund!”

Ein im letzten Moment geretteter Bergahorn, den einFachmann damals ebenfalls zur Rodung empfohlenhatte, hat in all den Jahren seither nicht das geringsteProblem gemacht. Auch dieser Baum wurde nun wie-der zur Rodung vorgeschlagen, obwohl seine Vitalitäthoch ist. Der Verdacht lag also nahe, dass die Verant-wortlichen bei all diesen Maßnahmen mehr ihr eige-nes Interesse (keine Scherereien, keine Ausgaben fürkomplizierte Sanierungsmaßnahmen) als das Wohlder Bewohner und Bewohnerinnen verfolgten.

Die gerettete grüne Innenhofidylle

weiter auf Seite 2

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Editorial

Die BürgerInnen ließen sich das aber nicht so einfachgefallen: Sie verfassten eine Petition und begannen Un-terschriften gegen die Schlägerungen zu sammeln. Ge-schäftsleute der angrenzenden Gumpendorferstraßestellen ihr Lokal als Sammelstelle zur Verfügung undeine rüstige Arztwitwe kündigte sogar an, sich an dieBäume ketten zu wollen. Die Bezirksvorstehung wurdeum Hilfe gebeten und auch die Mariahilfer Grünenhalfen mit Polit- und Medienkontakten.

Und siehe da: Nach einer offiziellen Begehung stimm-ten weder die Bezirksvorstehung noch das Baum-schutzreferat der MA 42 dem Rodungsantrag zu! DieBäume in der Hirschengasse sind damit gerettet undwerden nun fachgerecht mittels baumchirurgischerMaßnahmen saniert. So hat sich wieder einmal gezeigt,dass es sich auszahlt, obrigkeitliche Maßnahmen nichtgottergeben hinzunehmen, sondern sich aktiv für seineInteressen einzusetzen.

Schade nur, dass manche Hausverwaltungen noch im-mer nicht verstanden haben, dass Altbaumbestand undGrünbewuchs im Innenhof nicht nur im ideellen Sinneine besondere Kostbarkeit darstellen. Es erhöht sichdadurch auch der materielle Wert der angrenzendenWohnungen durch Hebung der Lebensqualität:Geräuschdämmung, Sichtschutz, sowie nachweisbarpositive kleinklimatische Auswirkungen im Sommerdurch Staubbindung, Kühlung und Luftbefeuchtung.

Kälte–auch in denHerzenLiebe Mariahilferinnen und Mariahilfer,

die jahreszeitlich fallenden Temperaturen stellen einzusätzliches Problem für all jene Menschen dar, die aufund „von“ der Straße leben. Mit der Kälte werdenwieder die Passagen und überdachten Räume bevölkertsein: Oben der jährliche Weihnachts-Einkaufsrausch,unten die, die verschwinden sollten, weil sie durch ihrDasein geschäftsstörend sind. Oben jene, die glauben,durch Punschsaufen ihre christliche Pflicht zu tun, undunten jene, die versuchen, durch einen Rausch ihrDasein erträglicher zu machen.

Das Weihnachts-Evangelium erzählt von einerObdachlosen-Familie mit schwangerer Frau, die ineinem Stall ihren Sohn zur Welt bringt und ins Strohbettet. Für die damalige Zeit waren das Menschen amunteren Rand der Gesellschaft! Im Verlaufe des kurzenLebens eben jenes Mannes, der im Stall das Licht einesDungfeuers erblickte, nimmt sich dieser immer wiederZeit, um Aussätzige, Bettler, Huren und andere„Unberührbare“ anzuhören, zu trösten, zu heilen. Aberheute haben viele von denen, die sich ständig auf„christliche Werte“ berufen, längst vergessen, dass ERder Sohn von Obdachlosen war.

Die Kälte der überheblichen Ablehnung von Menschendurch Menschen beißt genauso wie die Minusgrade.Ein wenig mehr Weihnacht im Herzen und dafürweniger „Stille Nacht“ in den Verkaufsauslagen

wünscht sich in den kommenden WochenIhr stellvertretender Bezirksvorsteher

Werner [email protected]

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Impressum:MHV: Die Grünen Mariahilf, Kaunitzgasse 33/13, 1060 Wien,http://mariahilf.gruene.at

Druck: Luigard, 1100 Wien, Gestaltung: Mag. Susa Fuhrherr

Fortsetzung von Seite 1

So geht’s natürlich auch...

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Völlig unverfroren hat die SP-Bezirksvorsteherin ihreAsphaltierungspläne im Grünwald-Park durchgezogen– und zwar entgegen ihren ausdrücklichen Verspre-chungen. Schon letzten Herbst war ohne jede Vor-ankündigung im vorderen Bereich des Parks die Pfla-sterung herausgerissen und die Flächen asphaltiert wor-den. Kostenpunkt: € 30.000.- Auf die Idee zu einer Bür-gerbeteiligung sei sie überhaupt nicht gekommen, sagtedie Vorsteherin. Kein Wunder: Schließlich hat sie sichja als „leidenschaftlicheAsphaltiererin“ deklariert.

Im heurigen Frühjahr sollte auf ihren Wunsch die ge-samte restliche Pflasterung des Parks entfernt unddurch Asphalt ersetzt werden. Kosten: 100.000.- €. EinTeil dieser Pflastersteine war nach Bauarbeiten erstkürzlich neu verlegt worden. Wir Grüne haben deshalbeine Bürgerversammlung durchgesetzt – sehr zum Un-willen der Mariahilfer SP. Diese hat dann im Finanz-ausschuss versucht, noch schnell vor der Versammlungdie Auftragsvergabe für die Asphaltierungsarbeiten be-schließen zu lassen: Diese undemokratische Aktionfand allerdings keine Mehrheit.

Bei der Versammlung schwangen dann die SP-Bezirks-räte hymnische Lobreden auf die Segnungen desAsphalts. Hinter dem Sperrfeuer ihrer GenossInnenhatte die Bezirksvorsteherin allerdings bereits einenKompromiss vorbereitet: Sie stellte mittels Power-point-Präsentation einen neuen Plan vor: Die Wege

sollten nur einen asphaltierten Mittelstreifen bekom-men und auf beiden Seiten würden mindestens zweiReihen von Pflastersteinen erhalten bleiben.

Durch zahlreiche bittere Erfahrungen vorsichtig gewor-den, erkundigte ich mich in der Bezirksvertretungssit-zung am 20. September nochmals, ob die Pläne nunwirklich so wie angekündigt ausgeführt würden.„Selbstverständlich!“ versicherte die Vorsteherin. Wieviel ihr Wort wert ist, zeigte sich schon wenige Wochen

später: Entgegen ihren Ver-sprechungen wurden die As-phaltierungsarbeiten näm-lich haargenau so wie imvorderen Teil durchgeführt!

Vor 28 Jahren habe ich dieBürgerinitiative gegründet,die den Grünwald-Park ander Linken Wienzeile erstmühsam gegen die rote Ge-meinde erkämpfen musste.In dieser Zeit habe ich vonSeiten der Mariahilfer SPschon allerhand erlebt: Diesewar ja von Anfang an gegeneinen Park und wollte dortlieber einen riesigen Ge-meindebau mit 180 Woh-

nungen errichten. Eine dermaßen unseriöse und un-redliche Vorgangsweise wie jetzt hätte ich allerdingsbislang nicht für möglich gehalten.

Eine derartige Brüskierung der BürgerInnen leisten sichPolitiker eigentlich nur dann, wenn sie sich völlig sicherund unangreifbar fühlen: Einzementiert, sozusagen.

G R Ü NWA L D - PA R K A S P H A LT I E R T

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RichardWeihsBezirksrat

[email protected]

Frisch asphaltiert

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Schon immer war der Naschmarkt in seiner räumlichenNatur und Angebotsseite vom Wandel der Zeit geprägt.Auch derzeit ändert er sich von einem reinen Einkaufs-markt zu einem Ort der öffentlichen Begegnung, desFlanierens und Verweilens. Vielen ist der Markt noch inseiner alten Struktur in Erinnerung: Durchzugsverkehr,desolate Stände, oft auch nur als Lager verwendet, ab-gestellte Kisten und Müll waren bleibende Eindrücke.Es war leichter einen Kranz für den Friedhof zu bekom-men als ein Getränk samt Tisch und Sessel.

Doch langsam erholte sich der Markt wieder und eswurden Schritte zur Verbesserung gesetzt. Durch dieSperre des Querverkehrs in der Faulmanngasse konnteMarktraum zurückgewonnen und mit neuen Ständenausgestattet werden. Haushalts-, Blumen- und Kleider-geschäfte wurden renoviert und mutierten zu Lebens-mittel- und Gastronomiepavillons. Anstelle der herr-schenden Nachkriegstristesse und Verwahrlosunghauchte die Gastronomie dem Markt neues Leben einund es machte sich buntes Treiben, gekoppelt mit inter-nationaler Küche breit.

Büroangestellte, Studenten und Touristen nahmen dasAngebot freudig an. Parkplätze, die auf einem Marktsicherlich nichts verloren haben, wurden durch neue

transparente Stände ersetzt und verdichteten das medi-terrane Flair. Waren können nun nicht nur gekauft, son-dern auch gleich vor Ort verkostet werden.

Zwar wurden die Ladenöffnungszeiten an die Umge-bung angepasst, doch diese Schritte zu einer Marktord-nungsdynamik erscheinen mir zuwenig. Darum hier ei-nige Anregungen zur weiteren Flexibilisierung diesesurbanen Zentrums:

� Die Einrichtung eines Abendmarktes, wie inter-national bereits üblich, z. B. am Freitag bis 22 Uhr

� Einzelne Gemischtwarenhändler erhalteneine Nachtkonzession bis 23 Uhr

� Die Gastronomiesperre um 23 Uhr ist absurd,Theater- und Kinobesucher werden dadurch ver-ärgert. Eine Öffnung bis ein Uhr früh ist angebracht.

� Keine Sonntagssperre der Gastronomie:Gerade zur lärmarmen Zeit könnte man Anrainermit Frühstück und Brunch locken und auch dieherumirrenden Touristen würden es danken.

N A S C H M A R K T: M E H R M A R K T !

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� Die Sperre der Schleifmühlgassenquerung würdeeine durchgängige Flaniermeile ermöglichen,ergänzt durch eine zur temporären Fußgängerzoneumgestalteten Schleifmühlgasse, ähnlich derBarnabitengasse in Mariahilf.

� Die Überplattung des offenen U4-Schachtes könnteeine Erweiterung des Marktes bringen.Damit würde Raum geschaffen für Biostände,Slow Food und Spezialprodukte aus den Bundes-ländern. Dem Bau eines Einkaufszentrums oderweiteren Gastronomieständen sollte jedoch eineAbsage erteilt werden.

� Eine mit allen betroffenen Beteiligten ausgestattetePlanungs- und Diskussionsrunde soll neueRichtlinien erarbeiten.

� Eine Jury könnte dann anhand von präsentiertenVorgaben (Mischkonzepte, Raumordnung,Qualitätskriterien) eine Vergabe von neuen Ständendurchführen.

Es wäre hoch an der Zeit, dass der Naschmarkt nichtnur seine räumliche Weitebehält, sondern auch seinengeistigen Horizont erweitert.

Manfred RakouskyBezirksrat

[email protected]

KUNST UND WERBUNGAn der Spitze des Flakturms im Esterhazypark befindetsich ein Kunstwerk: Der bildende Künstler LawrenceWeiner, einer der bedeutendsten Vertreter der in den1960er-Jahren aus dem Minimalismus entstandenenKonzeptkunst, hat dort im Jahr 1991 den zweisprachi-gen Schriftzug Zerschmettert in Stücke (im Frieden derNacht) / Smashed to pieces (in the still of the night)anbringen lassen.

Erst kürzlich wurde die mittlerweile verblasste Schrift,die an die Opfer des zweiten Weltkriegs erinnern soll,neu angebracht. Für diese Renovierung und dieVerlängerung der Nutzungsrechte zahlte die Stadt Wieninsgesamt € 80.000.- an Steuergeldern.

Keinen Respekt vor dem teuren Kunstwerk zeigtenjedoch die Verwalter vom „Haus des Meeres“. Dieseließen vor wenigen Tagen eine Leuchtreklame für ihrVivarium oben am Flakturm anbringen.

Die nunmehrige Botschaft der Kunstschrift samtintegrierter Werbung lautet nun sinnigerweise:

HAUS DES MEERES – SMASHED TO PIECES(IN THE STILLOFTHE NIGHT).

Sollte dieses Beispiel Schule machen, so böte sich einweiteres Kunstwerk im Bezirk dafür an: Die sogenannte „Gerngross-Säule“ in der Rahlgasse. Die aus

betonierten Mistkübeln bestehendeSäule vor der Rahlstiege hat dieSteuerzahler die Kleinigkeit von €210.000.- gekostet und würde sich ganzhervorragend als Träger für eineweitere Leuchtreklame eignen:

KAUFHAUS GERNGROSS.

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Der Naschmarkt ist das Herz unseres Bezirks, bekanntweit über die Grenzen unseres Landes hinaus. Wir ma-chen uns aber Sorgen um die Zukunft dieses Juwels:Wir wollen investieren, renovieren und verbessern –aber nicht zerstören, wie in den vergangenen Jahren lei-der schon zur Genüge geschehen.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie vor Jahrzehntenam jetzigen Flohmarkt-Gelände der Wiener Gemüse-großmarkt war: Es herrschte Tag und Nacht ein ständi-ges Treiben. Den Verkehr regelten damals die „Markt-helfer“, was relativ reibungslos funktionierte. MeinVater sperrte damals unser Gasthaus „Schmauswaberl“schon um drei Uhr in der Früh auf.

In den 1970er-Jahren wurde der Großmarkt dann nachInzersdorf verlegt. Die historischen Stände auf demFlohmarkt-Areal und entlang der Wienzeilen wurdenbrutal abgerissen und auch das schöne Jugendstil-WCwurde demoliert.

Das gesamte Grätzel schien in Tiefschlaf zu verfallen.Erst als der Flohmarkt Einzug hielt, kam wieder Bewe-gung auf.

Heute klagen die StandlerInnen über ständig wechseln-de Ladezonen, die noch dazu von ihren Ständen viel zuweit weg sind. Auch fehlen wichtige Zufahrten zu denStänden. Bei den künftigen Planungen für denNaschmarkt darf daher nicht auf ein straffes Verkehrs-konzept vergessen werden –und zwar vom Getreide-markt bis zum Bauernmarkt!

DER NASCHMARKT–GESTERN UND MORGEN

Waltraud FreybergerBezirksrätin

„Schock über Betonwüste!“ titelte eine Tageszeitungim Bezug auf die Bestürzung über das für fast eineMillion Euro umgestaltete „Mariahilfer Platzl“ beimWestbahnhof. AnrainerInnen hatten sich schon früherkritisch über die „urbane“ Neugestaltung geäußert.Statt von Bäumen wird die durchgehend asphaltierteFläche nun von einem ganzen Wald aus hohen Mastengeziert. Einen „Platz mit Stacheln“ hatte der verant-wortliche Architekt das Gebilde genannt.Vielleicht wäre die Bezirksvorsteherin doch besser be-raten gewesen, wenn sie ein wenig mehr auf die Wün-sche der BenützerInnen gehört hätte, anstatt sich imzweifelhaften Glanz abgehobener StararchitektInnenzu sonnen...

MARIAH ILFER PLATZL :ENTÄUSCHUNG ÜBER NEUGESTALTUNG

Naschmarkt anno dazumal

Stadtrat und Bezirksvorsteherin freuen sich

wie

n.at

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Der Naschmarkt und seine Schanigärten: Tiefe Tempe-raturen, die für die restlichen Open-Air-Lokalewährend der kalten Jahreszeit Winterpause bedeuten,gelten offenbar nicht für den Naschmarkt. Wer aberglaubt, dass dort ausschließlich eine Handvoll Unbeug-samer Wind und Wetter trotzen würde, der irrt: DieSchanigärten erfreuen sich - Winter hin, Winter her -ungebrochener Beliebtheit und locken mehr Menschendenn je an.

Was ist passiert? Frostbeulenresistentes Wien?Oder sollte dieser Zulauf den zum Standard-inventar von Freiluftlokalen avancierten, gutzwei Meter hohen Heizstrahlern zu dan-ken sein, die neuerdings die Marktland-schaft zieren und dafür sorgen, dass denGästen draußen nicht kalt wird? Das Auf-kommen dieser zweifelsohne bemer-kenswerten Innovation ist jedenfallsim Zusammenhang mit der zuneh-mend hysterisch geratenen Diskus-sion über den Ausstoß kleiner

Nikotinwölkchen in geschlossenen Räumen und derdarauf folgenden Verbannung aller Rauchenden nachdraußen zu sehen.

Bei näherer Betrachtung entpuppt sich diese Maßnah-me jedoch als ökologisch äußerst bedenklicher Deal:Die mit Flüssiggas betriebenen Heizstrahler stoßen beimaximaler Leistung pro Stunde etwa 3,5 KilogrammKohlendioxid aus, was durchaus vergleichbar ist mit

dem Beitrag eines Autos zu gesunder Luft.Fazit: Wessen Menschenverstand nicht aus-reicht um zu erkennen, dass Heizen imFreien Wahnsinnist, dem solltenzumindest dieseZahlen Anlass

zum Nachdenkengeben.

Judith ZachBezirksrätin

[email protected]

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Ö KO - WA H N S I N N A M N A S C H M A R K T

Im Banne der Heizstrahler...

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Etwa zur Zeit der Türkenbelagerung bestand unserBezirk noch zum Großteil aus Weingärten, die sich amSüdhang entlang der Mariahilfer Straße (sie wurdebereits von den Römern angelegt und hieß damals:„Alte Poststraße nach Linz“) hinunter zur Wien er-streckten. An dieser Straße fanden sich seit jeher zahl-reiche Wirtshäuser, „wo man Pferd und Wagen einkeh-ren und auch Zimmer, Speiß und Trank“ haben konnte.

Auf dem Grundstück des Klosters der Barnabiten standeine Kapelle mit dem Gnadenbild „Maria Hülf“, demspeziell die Donauschiffer ihre Bitt- und Dankgebetezusprachen. Für diese sehr trink-, wenn auch damalsnicht schwimmfeste Zielgruppe, errichteten die Barna-biten 1664 am Schöff die erste namentlich benannteGaststätte „Zum goldenen Engel“ (Mariahilfer Straße51). 1665 wird bereits das „Goldene Kreuz“ erwähnt(Mariahilfer Straße 651 Hier traten schon damals Wan-dertruppen auf, 100 Jahre später fanden bereits Thea-teraufführungen statt.

Wieder einige Häuser weiter verdient auf der Mariahil-fer Straße 812 das Gasthaus „Zum blauen Bock“ Er-wähnung: Nicht nur war der Tanzsaal sehr beliebt –auch Josef Lanner spielte hier auf; von hier fuhr An-fang des 19. Jahrhunderts das erste öffentliche Ver-kehrsmittel, der Stellwagen nach Meidling. Dieser ver-

fügte im Gegensatz zu seinem Vorgänger, dem Zeiserl-wagen, über wenigstens sechs Sitzbänke, ein Dach und –sehr wichtig! – einen halbwegs regelmäßigen Fahrplan.

Weniger hochkulturell spielte es sich am „LiesingerWeg“ ab, der heutigen Windmühlgasse. Auch hier hat-ten bereits die Römer einen etwas flacheren Weg durchdie „Lahmgruabm“ zur späteren Gumpendorferstraße3

angelegt. Hier, entlang der „Bettlerstiege“ hinunter zurWien, wird 1779 etwa das „Goldene Einhorn“ und dasGasthaus „Zum schwarzen Mohren“ erwähnt. Das be-trächtliche Einkommensgefälle zwischen dem reichenHandelszentrum Mariahilfer Straße und den armenZiegelbrennern, Wäscherinnen, Ledergerbern unten inder Laimgrube, im Ratznstadl, hat sich in gewisserWeise bis heute unter wechselnden gesellschaftlichenRahmenbedingungen fortgesetzt.

Da unten ging es besonders lebhaft zu, denn auch dieHalbwelt verkehrte hier. Die Unterhaltung war offen-

bar so laut, dass die guten Bürger sichgenötigt sahen, sich an die Behörde mitder Bitte zu wenden, „zur Vermeidungaller göttlichen Straff und sonst zu be-sorgenden Unglücks aus obrigkeitlicherGewalt diese (...) Wirthe sambt ihremganzen liederlichen Gesindel nebst derMusik, woraus alles Übel entstehet, gnä-dig abzuschaffen.“ 4

Die Wirtshäuser erfüllten damals also si-cher viel mehr Funktionen, als wir unsheute im Zeitalter von Kino, technischreproduzierbarer Musik und Fernsehenvorstellen können: Als Raststätte, Hotel,Nahversorger, Konzert- und Ballsaal,Theater oder ganz einfach als sozialerund kultureller Treffpunkt.

In der „Casa Piccola“ (heute MariahilferStraße 1c) befand sich bereits im 18. Jahrhundert ein be-liebtes Kaffeehaus, in dem nicht nur Napoleon seine er-ste Kommandantur einrichtete, bevor er 1809 eineNacht lang Wien beschoss, um seinerseits einem Bom-bardement Mariahilfs durch Erzherzog Maximilian vonder befestigten Innenstadt aus zuvorzukommen.

ZZ UU RR GG EE SS CC HH II CC HH TT EE DD EE RR WW II RR T S H Ä U S E R I N M A R I A H I L F

Hotel Kummer

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Im 19. Jahrhundert fanden hier geheimeTreffen italienischer Revolutionäre statt,der so genannten „Carbonari“.

Durch deren antimonarchistische An-sichten sah sich Österreich – es besaßdamals große Teile des KönigreichesItalien – natürlich gefährdet, die Italienerwurden von der Wiener Polizei bald ent-deckt und nach Italien „abgeschafft“. ZuBeginn des 20. Jahrhunderts verkehrtenhier dann unter anderen Lina Loos undEmilie Flöge mit ihren ausgedehntenliterarischen und modischen Zirkeln.

Entlang der Linken Wienzeile – sie hießdamals noch Magdalenenstraße oder„An der Wien“ („Wieden“) – verkehrtennicht nur die Schauspielerinnen vom Theater an derWien, die sich manchmal handfeste Skandale lieferten:Etwa eine gewaltige Ohrfeige von Fanny Hornischerfür die Sängerin Marie Wanthaler 1886 in „C. Bauern-feinds Mariahilfer Soiree-Salon”. (O-Ton Hornischer:„Leider war es nur eine!“)

Daneben verkehrten auch die Damen der Halbwelt undes traten täglich und bei freiem Eintritt (!) Dudelsänger,Bauchredner, Volkssängergesellschaften und Komikerauf – also alles, was man heute als KleinkünstlerInnen6

bezeichnen würde. Und so war es auch nicht verwun-derlich, dass man „wegen lauter Lehenkutscherspaßund Schlosserpossen schwerlich ein Souper daselbstmit Ruhe genießen“ konnte7. Und vergessen wir nicht:Das war noch alles, bevor der Naschmarkt die Gegendzusätzlich zu beleben begann!

Literatur:

BLASCHEK, Ernest (Hg.): Mariahilf einst und jetzt.Wien und Leipzig 1926

FINK, Heinz: Die „Mariahilfer Linien“. Wien, Eigen-verlag 2002

PEMMER, Hans: Zur Geschichte der Mariahilfer Gast-stätten. In: Mariahilfer Museumsblätter, Jg.1, Heft 1 –3. Wien 1966

Erich DimitzKlubobmensch

[email protected]

Z U R G E S C H I C H T E D E R W I RR TT SS HH ÄÄ UU SS EE RR II NN MM AA RR II AA HH II LL FF

Zum goldenen Kreuz

1 Heute Hotel Kummer2 Später Hotel Englischer Hof, dann Monopol, Savoy und zuletzt Münchnerhof3 Sie hieß damals im Gegensatz zur wohlhabenden Mariahilfer Straße mit ihrer ersten durchgehenden Gasbeleuchtung und Pflasterung im Volksmund „Kothgasse”

4 Zit. Karl Glossy: Fasching in Wien. In Neues Wiener Tagblatt vom 4.1.19335 Magdalenenstraße 126 Besonders bekannt war die Restauration „Zur Kettenbrücke“7 So im Goldenen Metzen am Getreidemarkt

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B E Z I R K S M U S E U M

Es ist eines der bestausgestatteten Bezirksmuseen inWien: Neben einem sehenswerten Diorama des ehema-ligen „Ratzenstadel“ im Magdalenengrund bietet esu. a. Information zu den alten Gewerbebetrieben, einenach Straßenzügen geordnete Dokumentation von altenAnsichten der Gebäude, sowie einiges aus derGeschichte des Theaters an der Wien.

Die Geschichte endet hier leider – wie bei vielen histo-rischen Sammlungen – mit dem 19. Jahrhundert. UnserAnliegen ist es, diese wichtige Sammlung ins 20. Jahr-hundert fortzusetzen. Unter HistorikerInnen meist nochals „Zeitgeschichte“ eingestuft, ist dieser Zeitraum fürviele Bezirksbewohner -Innen jedoch schon Ge-schichte, weil sie we-nigstens die erste Hälf-te davon nicht mehr er-lebt haben. Umgekehrtleben noch viele Men-schen, die bei sich da-heim Dokumente ausder Zeit haben (Fotos,Briefe, Urkunden undZeitungsausschnitte,usw.), die für spätereGenerationen wichtigsind.

Bei Wohnungsauflösungen wer-den solche Erinnerungsstückeerfahrungsgemäß oft entsorgt,da die Nachkommen keinerleiBezug mehr dazu haben. Bittekontaktiert uns, damit wir sol-che Dinge für das Museum ret-ten können. Es ist nicht notwen-dig, dass Ihr uns das schenkt,wir sind schon zufrieden, wennwir Farbkopien machen dürfen.Die Ausstellung über die auto-nomen Schulprojekte in derHofmühlgasse 2 war ein An-fang dazu.

Auch das Projekt „Erinnern für die Zukunft“ soll nichtzuletzt diesem Anliegen dienen. Es soll aber auch Zeit-zeugInnen, Menschen aus dem Bezirk miteinander insGespräch bringen: Erinnern, reden über unsere Kind-heit, Erfahrungen austauschen, wie es seither weitergegangen ist. Viele von uns brauchen das und wir wol-len diese Gelegenheit nützen!

Nach der gelungenen Präsentationsveranstaltung am2.Oktober geht das Gedenkprojekt für die Opfer desNationalsozialismus „Erinnern für die Zukunft“ in dienächste Runde. Derzeit treffen sich die TeilnehmerIn-nen einer Geschichtswerkstatt regelmäßig jeden zwei-ten Freitag im Bezirksmuseum in der Mollardgasse 8.Nächster Termin: 14.12. um 17 Uhr.

Es wurde auch ein Bezirksplan erstellt, in dem jeneAdressen angezeichnet sind, von denen aus Menschenin die Vernichtungslager deportiert wurden. Für die Ge-denktafeln, die bei diesen Adressen angebracht werden

sollen, werden nun Personen gesucht, diedafür die Patenschaft übernehmen wollen.Als Patin bzw. Pate bekommen Sie eineUrkunde und werden namentlich auf derWebsite und in der geplanten Publikationerwähnt. Eine Patenschaft kostet 150,- €

Einzahlungen bitte auf das Konto Nr.:323 7807, BLZ 32000 - Raiffeisenlandes-bank NÖ-Wien, lautend auf Mariahilfer Kul-turplattform – „Erinnern für die Zukunft“.Selbstverständlich sind auch Spenden injeder Höhe willkommen. Beratung und In-formation bei der Koordina torin Ulli Fuchs:

Tel.: 0650/510 92 78, E-Mail:[email protected]

http://www.erinnern-fuer-die-zukunft.at

Erich Dimitz

1060, Mollardgasse 8/1Öffnungszeiten:

Donnerstag und Sonntag zwischen 10 und 12 Uhr

EErriinnnneerrnn ffüürr ddiiee ZZuukkuunnfftt:: Patenschaften gesucht

Ratzenstadel

Eingang Bezirksmuseum

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BLAUE VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNGWie wichtig das Projekt „Erinnern für die Zukunft“tatsächlich ist, hat sich erst jüngst wieder bei einerSitzung anhand der historischen Ausführungen desKlubobmanns der Mariahilfer FPÖ sehr deutlichgezeigt. Der schmissverzierte Bundesheeroffizier inRente war aber schon vor einigen Jahren durch einenEklat im Mariahilfer Bezirksparlament unerfreulichaufgefallen.

Damals ging es um die Aberkennung des Ehrenstatus fürdas Grab einer Ikone der Rechtsextremisten, des „Kriegs-helden“ und hoch dekorierten Wehrmacht-OffiziersWalter Nowotny. Der Adlatus des Ex-WehrsportlersStrache, Harald Vilimsky, hatte dies in seiner Einladungzur FP-Veranstaltung „Die geraubte Ehre“ als „Aktunglaublicher Kulturbarbarei“ bezeichnet.

Der jetzige blaue Klubobmann setzte damals in seinerWortmeldung seine Tätigkeit beim österreichischenBundesheer auf die gleiche Stufe wie das Wirken MajorNowotny’s bei der deutschen Wehrmacht des DrittenReiches. Dieser habe schließlich auch nur „sein Bestesgetan, um den Feind zu bekämpfen“. Anschließend liefer-te er sich noch ein Brüllduell mit einem SP-Bezirksrat.

Nunmehr ließ der blaue Recke abermals tiefe Einblickein die Abgründe seiner Geschichtsauffassung zu. Beieiner Diskussion über das Erinnerungsprojekt des Be-zirks erklärte er, dass im Jahr 1937 jüdische Organisa-tionen unter der Führung des Oberrabbiners von NewYork dem Deutschen Reich den Krieg erklärt hätten.

Deshalb müsse man sichauch nicht darüber wun-dern, dass im DrittenReich Leute jüdischerAbstammung als Kriegs-gegner betrachtet und alssolche behandelt wurden.

Weiters vermisste der al-te Kämpfer auch die Er-innerung an „den Todes-marsch vertriebenerDeutscher“. In die glei-che Kerbe hatte er auchschon einmal in einer ge-meinsamen Presseaus-sendung mit Herrn

Vilimsky geschlagen: „Menschen, die sich nichts zuSchulden kommen haben lassen, wird in den Sarg hin-terher geschnüffelt und damit die gesamte Generationder Kriegsteilnehmer zu Unpersonen erklärt und ihnenins Grab nachgespuckt.“

Dass alte Herren ihre ewiggestrigen Ansichten nichtmehr ändern werden, ist ja noch irgendwie verständ-lich. Aber wie die Alten sungen, so zwitschern die Jun-gen: Der jetzige FP-Generalsekretär und Nationalrats-abgeordnete Vilimsky hatte bereits in kämpferischerJugendzeit seinem heißen Wunsch Ausdruck verliehen,„die Sonne des Deutschtums in altem hellem Lichtwiedererstrahlen zu lassen.“

MMAARRIIAAHHIILLFF:: SScchhlluusssslliicchhtt bbeeii NNaahhvveerrssoorrgguunnggEine Studie der MA 18 (Stadtentwicklung) zum Thema„Leben und Lebensqualität in Wien“ stellt fest, dassder sechste Bezirk bei der Nahversorgung durch kleineGeschäfte an der letzten Stelle von ganz Wien liegt.Der Greißler am Eck oder der traditionelleFleischhauer sterben langsam, aber sicher aus.

Am besten schnitt Neubau ab: Drei Viertel derBewohner sind mit den Einkaufsmöglichkeiten imBezirk „sehr zufrieden“ – nicht zuletzt dank derMariahilfer Straße. An der hat zwar auch der sechste

Bezirk Anteil: Dennoch bekam Mariahilf von allenWiener Bezirken die schlechteste Bewertung.

Mit Statistiken ist das allerdings so eine Sache: DerUnterschied zwischen bester und schlechtesterBewertung ist nur sehr gering, die Zufriedenheitinsgesamt aber sehr hoch. Darauf beruft sich auch dieMariahilfer SPÖ und versucht, die Angelegenheitherunterzuspielen. Besser wäre es allerdings, die Studieals Anlass für Maßnahmen zur Verbesserung derNahversorgung zu nehmen.

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Nach bald 30 Jahren Erfahrung mit der MariahilferBezirkspolitik wundert mich ja nur mehr wenig.Gelegentlich staune ich aber doch, wie sich die immerselben Verhaltensmuster gnadenlos wiederholen. Aberwenn man nichts aus der Geschichte lernt, dann ist maneben dazu verdammt, diese bis zum Überdruss zuwiederholen.

Siehe ÖVP Mariahilf: Zu Zeiten ihrer Regentschaftwurde u. a. der Esterhazypark um 48,5 MillionenSchilling zu Tode betoniert. Der Versuch, gemeinsammit der Firma Denzel den Grünwald-Park zuverbauen, scheiterte glücklicherweise an derAbwahl des schwarzen Vorstehers. KeinRuhmesblatt also. Von fundierterOppositionspolitik kann jetzt aber auchkeine Rede sein: Fordert die roteBezirksvorsteherin eine neue Tiefgarage,dann kann man sicher sein, dass die VPgemeinsam mit FP und SP brav dafür stimmt.

Stattdessen betreibt man lieber Hetze gegen sozialschwache Minderheiten – derzeit sind es ebengerade die Punks. Und das hat leider schonTradition: Es gibt kaum eine soziale Institution imBezirk, bei deren Einrichtung die VP nicht denUntergang des Abendlandes beschwor undZetermordio schrie. Sei es Rosa Lila Villa, Ganslwirt,Aids-Hilfe-Haus oder Neustart (Bewährungshilfe):Immer das gleiche Spiel – und deshalb werde ich michjetzt halt auch wiederholen.

Vor über fünf Jahren schrieb ich anlässlich derdamaligen VP-Kampagne gegen das Betreuungs -zentrum „Neustart“ folgende Zeilen (über die sich derjetzige Klubobmann übrigens bitterlich beschwerte):

Die sattsam bekannten Scharfmacher der FPÖ werfensich als schneidige Speerspitze des noch schlummern-den Volkszornes in die Schlacht – dicht gefolgt von denbegeistert hechelnden Vertretern der nach ihrer Wahl-schlappe noch immer schwer danieder liegenden ehe-mals „christlich-sozialen“ Partei.

Das Strickmuster derartiger Kampagnen ist immer dasGleiche und längst schon bis zum Überdruss ausge-reizt: Populistische Lokalpolitiker versuchen sich erstauf Kosten sozial schwacher Mitbürger zu profilieren,

um die von ihnen geschürte künstliche Erregung so-dann in politisches Kleingeld umzumünzen. Ist derSturm im Wasserglas erst einmal entfesselt, so leitetman das aufgewühlte Schmutzwasser Hände reibendauf die aufgeregt klappernden Mühlen der Medien.

Wider besseres Wissen werden kleinbürgerliche Ängstegeweckt und geschürt, um dann aufoffener Flamme das eigene politischeSüppchen zu kochen: So ist man Bieder-mann und Brandstifter in einer Personund eilt dann auch noch als wackererFeuerwehrmann mit lautem Trarazum Löscheinsatz.

Und wie wird dieses Mikrodrama enden? Nun,so wie noch jedes Mal: Das Betreuungszentrumwird seinen Betrieb aufnehmen, die Wogen deraufgewiegelten Erregung werden sich glättenund in einigen Jahren wird die Einrichtungallgemein anerkannt und geschätzt werden.

Fürwahr prophetische Worte: Genau so ist esgekommen – und die Schützlinge von Neustart

reinigen nun zur allgemeinen Zufriedenheit ko-stengünstig den Flohmarkt. Aber der VP ist das

natürlich wurscht: Irgendein Opfer wird sichimmer finden, auf dessen Kosten man seine miesen

politischen Geschäfte betreiben kann.

Richard Weihs

EE II NN BB ÜÜRR GG EE RR LL II CC HH EE SS TT RR AA UU EE RR SS PP II EE LL

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Es geht auch anders:

Während in Mariahilf im Grünwald-Park „leiden-schaftlich“ asphaltiert wird, geht ein Nachbarbezirk ei-nen anderen Weg: Im Rahmen des Projekts „GrünraumMargareten - Natur in einem innerstädtischen Bezirk“entsteht im Fünften eine Straße der Pflasterritzen-Vegetation – denn: „Es muss nicht immer Unkraut sein,was zwischen Pflastersteinen wächst!“

Die Fugen zwischen den Pflastersteinen werden dabeinicht dicht verschlossen, sondern mit Sand aufgefüllt,dem verschiedene Pflanzensamen beigemischt wurden.In Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkulturwird nun nach der „idealen Samenmischung“ gesucht.Es muss sich dabei um niedrig wachsende Pflanzenhandeln, da aus Gründen der Verkehrssicherheit„Höhen über zwei Zentimeter auf einer Straße nichterlaubt sind“.

Ähnliches haben sich schon vor Jahrzehnten jeneBürgerInnen gewünscht, die damals an der Gestaltungdes Grünwald-Parks mitbeteiligt waren: GepflasterteFlächen und Wege statt Asphalt. Gras und Mooszwischen den Pflastersteinen sollten Unebenheiten aus-gleichen und so mehr Grün ins Grau der Stadt bringen.Doch leider hat dabei leider das Stadtgartenamt nichtmitgespielt.

Jahr für Jahr kratzten die ArbeiterInnen das Gras immerwieder feinsäuberlich aus den Pflasterritzen. Die Folge:Die Spalten wurden immer tiefer und die Wege immerholpriger. Als Sprecher der Bürgerinitiative habe ichStadtgärtner und Bezirksvorsteherin mehrmals ersucht,diesen Unfug doch abzustellen – leider vergeblich. Undjetzt wird eben asphaltiert...

Richard Weihs

An der Linken Wienzeile hat uns die Frau Bezirksvorste-herin vor dem Grünwald-Park in innigem Zusammenwir-ken mit der Firma GEWISTA eine von Glaselementendurchbrochene Betonwand beschert, meterhoch überragtvon acht riesigen schräg gestellten Plakatflächen. Diesein einen städtebaulich besonders sensiblen Bereich(Naschmarkt, Otto Wagner-Häuser) geklotzte Scheuß-lichkeit soll nun Gesellschaft bekommen.

Im Zuge der Neugestaltung des Fritz Imhoff-Parks wirdauch am Mariahilfer Gürtel eine Lärmschutzwand er-richtet. Und wieder mit von der Partie: Die GEWISTA.Deren Architekt hat eine mittels Bullaugen durch-

löcherte Betonwand geplant, die entfernt an eineSchnitte Emmentaler-Käse erinnert. Gekrönt wird dasBauwerk von zwei „Rolling Boards“ der GEWISTA –offensichtlich soll hier die Aufmerksamkeit der Auto -fahrer vom Verkehrsgeschehen abgelenkt werden.

Einmal abgesehen vom Versprechen der Frau Vorstehe-rin, dass im Bezirk keine neuen Leuchttafeln installiertwürden: Selbst die zuständige Magistratsabteilung hatBedenken geäußert und betont, „dass sie keine großeFreude mit den geplanten Werbeelementen“ hat. Abersolche Bedenken werden vom roten Filz leider immerwieder locker vom Tisch gewischt.

G R Ü N E P F L A ST E R R I T Z E N

SCHEUSSL I CHE L ÄRMSCHUTZWAND

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HOTEL AM FLAKTURM: KEINE CHANCE!Auf vier bunten Seiten der Sonntags-Krone wurde aufsHeftigste die Werbetrommel für „eine neue, revolu-tionäre Idee“ gerührt: Ein hoch aufragendes Hotel aufdem Flakturm im Esterhazypark – „ein neues architek-tonisches Wahrzeichen für die Donaumetropole“. Diekosmopolitische Kronen Zeitung, seit jeher bekannt alsglühende Vorkämpferin für moderne Architektur, hat inihrem revolutionären Eifer allerdings eines übersehen:Ein ähnliches Projekt ist bereits vor Jahren kläglichgescheitert.

Oder doch nicht? Der Schreiber schließt seine euphori-sche Eulogie mit dem flehentlichen Appell: „Bleibt nurzu hoffen, dass (...) nicht Bürokraten mit kleinlichenEinwänden den Hotelbau zu Fall bringen.“ Da dürfteim kollektiven Gedächtnis der Krone, stets bemüht umkorrekte Vergangenheitsbewältigung, ein winzigerFunke der Erinnerung aufgeblitzt sein: Schließlichwurde das Vorgängerprojekt (samt Tiefgarage unterdem Park) durch den gemeinsamen Widerstand vonBezirksbewohnerInnen und PolitikerInnen verhindert.

Die Arcotel-Gruppe hatte damals ein Hotel mit 65Zimmern samt Aussichtsplattform geplant. Der hoheAufbau am Flakturm hätte zahlreiche Wohnungen inden Schatten gestellt – im wahrsten Sinn des Wortes.Und derart verdunkelte Wohnungen dürfen laut Gesetzwegen Gesundheitsgefährdung nur als Lagerraum,nicht aber als Wohnungen vermietet werden. VieleAnrainerInnen müssten dann aus ihren Wohnungenausziehen, denn in einem Lagerraum darf man ja nichtwohnen. Und das neue Hotel würde noch um einigesgrößer: 70 bis 80 Zimmer, 20 Suiten, 150 Sitzplätze imRestaurant und ein Wellness-Bereich.

„Der Verwaltungsgerichtshof hat schon 2001 einHotelprojekt auf dem Esterhazy-Flakturm fürdenkunmöglich erklärt. Dieser Standort ist für diesesProjekt sicher nicht geeignet, die Zerstörung desEsterhazyparks - einer der wenigen Grünflächen im6.Bezirk - wäre vorprogrammiert“, erklärt dazu derstellvertretende Grüne Bezirksvorsteher von Mariahilf,Werner Haslauer. „Das riesige Hotelprojekt bräuchtenatürlich nicht nur den Bauplatz Flakturm, sondernauch Zufahrten für Anlieferung und Abtransport,Taxizufahrten, Aufzüge und vom Turm abgesetzteFluchtstiegen. Und auf beiden Seiten müssten auch

Fundamente für die gewaltigen Aufzugs-Zwillings -türme errichtet werden!“

Und Haslauer gibt weiter zu bedenken: „Während dergesamten Bauzeit wäre der Park zum wiederholten Malwegen der Baustelle unbenutzbar. Und am Ende würdeer zur exklusiven Erholungsfläche für die betuchtenHotelgäste werden. Kinder, alte Menschen,Erholungssuchende sind nur im Weg – und auf deranderen Seite steht viel Kapital.“ Eine private Inves -torengruppe, angeführt von einem bekannten Szene-Gastronomen mit allerbesten Beziehungen, will25 Millionen Euro investieren.

In diesem Fall dürfte aber weder das viele Geld nochdie massive Unterstützung der Kronenzeitung etwasnützen: Neben den Wiener Grünen hat sich nicht nurder Bezirk gegen das Projekt ausgesprochen, sondernsogar der Wiener Planungsstadtrat. Denn die Plänestimmen in gravierenden Punkten nicht mit dengesetzlichen Richtlinien überein – die MariahilferInnenkönnen also vorerst einmal aufatmen.

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TAUSENDE GARAGENPLÄTZE STEHEN LEER

Garagenplätze sind in Wien viel zu teuer. Deshalb mussdie Stadt auf die Preisgestaltung der Garagen Einflussnehmen. Die Arbeiterkammer Wien hat einen dement-sprechenden Test veröffentlicht, mit dem Ergebnis,dass pro Stunde bis zu 8 Euro für einen Stellplatz in ei-ner Garage bezahlt werden müssen.

Die Stadt Wien schießt für jede Garage zwischen30 und 70 Prozent der Errichtungskosten in Form derGaragenförderung zu. Millionen Euro buttert die StadtWien jedes Jahr in die Garagenförderung. Der einzige

Effekt ist, dass ein paar Betreiber und Errichter gutesGeld verdienen. Die tausenden leer stehenden Plätzezeigen aber, dass die Preisgestaltung nach wie vor nichtkundenfreundlich ist.

Wenn die Stadt Wien schon so viel Geld in die Errich-tung der Garagen investiert, dann muss sie auch Ein-fluss auf die Preisgestaltung nehmen. Nur so könnendie vielen leer stehenden Plätze gefüllt werden. Für je-den geförderten Stellplatz, und das sind nicht nurVolksgaragen, muss ein Stellplatz an der Oberflächerückgebaut werden. So kann öffentlicher Raum wiederder Bevölkerung zurückgegeben werden: In Form vonSchanigärten, Grünraum, verbreiterten Gehsteigen undfußgängerfreundlichen Plätzen.

Rüdiger MareschGemeinderat

[email protected]

Die unendliche Geschichte eines durchgehendenRadweges entlang des Wienflusses zieht sich weiter indie Länge. Nachdem der Rechnungshof die verfehltenPlanziele aus dem Jahr 1989 heftig kritisierte hat (keineRenaturierung, keine Geh- und Radwege), wurde eineMachbarkeitsstudie für einen acht Kilometer langen„Rad-Highway“ von Hütteldorf zur Pilgrambrücke inAuftrag gegeben.

Kurz danach erteilte jedoch Verkehrsstadtrat Schicker(SPÖ) dem geplanten Vollausbau eine klare Absage:Das bereits existierende Teilstück zwischen Auhof undHütteldorf, wo der Radweg im Flussbett abrupt endet,soll nur bis zur U-Bahn-Station Schönbrunn verlängertwerden. Der ursprünglich vorgesehene „Rad-Highway“bis zur Pilgrambrücke auf einer entlang der Mauerbefestigten, vier Meter breiten Balkon-Konstruktionsoll nun doch nicht gebaut werden.

WIENTAL - RADWEG : B I T T E WARTEN !

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Bezirksgruppentreffen der Grünen Alternative Mariahilf jeden 1.und 3.Mittwoch ab 1930 Uhr im Gasthaus Sopherl, Linke Wienzeile 34

ht tp:/ /mariahi l f .gruene.at

Die nächste Sitzung des Mariahilfer Bezirksparlaments findet amDonnerstag, dem 13.12. ab 17 Uhr

im Festsaal des Amtshauses in der Amerlingstraße 11 statt. Sie ist öffentlich frei zugänglich. Schaun Sie sich das an!

Erinnern – aber lieber rechtzeitig!Zum Gedenken an jene Menschen, die aus rassistischen oderreligiösen Gründen, aus Gründen der sexuellen Orientierungoder sonst irgendeinem grauslichen „faschistischen Grund“1938 aus ihren Wohnungen in Mariahilf vertrieben und ermor -det wurden, findet das Projekt „Erinnern für die Zukunft“ statt.Vor den Häusern ihres letzten bekannten Wohnortes werden zurErinnerung Messingplatten in den Gehsteig eingelassen. Einrichtiger Schritt gegen das Vergessen, wenn auch spät.

Seit Wochen gibt es nun eine unappetitliche Hetze gegen diePunks der Mariahilferstrasse. Dabei spielt eine in jeder Hin -sicht kleinformatige Tageszeitung mit einer völlig einseitigenKampagne eine maßgebliche Rolle. Und die Mariahilfer ÖVPbietet unter Ausnützung der garantierten Meinungsfreiheit denVerhetzern eine Plattform: Für die Aberkennung des Rechtesauf Meinung, Versammlung und selbstbestimmtes Leben der„unerwünschten“ Andersartigen!

Und da gibt es auch einen FPÖ-Antrag auf Bekanntgabe derAdressen aller muslimischen Bethäuser und Versammlungs -stätten im Bezirk. Erinnert das nicht ein wenig an die Reichs-Pogrom-Nacht? 1938 war der Boden längst aufbereitet undman konnte gemeinsam mit den „Willigen“ an die physischeAuslöschung schreiten – von all denen, die vorher zu„Unmenschen“ gestempelt worden waren! Wenn wir nichtaufpassen, gehen wir die gleichen Schritte – und dann werdensich andere Menschen wieder 60 Jahre zu spät „ERINNERN“.

Nachbarn ohne Rechte?Stellen Sie sich einmal Folgendes vor: In Ihrer direktenNachbarschaft (in diesem Fall in der Mariahilfer Straße)entsteht eine Disco für mehrere hundert Besucher – und Sie,

die Nachbarn, werden vom amtlichen Baubewilligungs -verfahren ausgeschlossen. Sie werden nämlich nicht ver -ständigt und einfach nicht zur Bauverhandlung eingeladen! Siewundern sich natürlich, fragen nach und dann erklärt Ihnen dieBaubehörde: Sie sind eh so wenig betroffen, dass das sogenannte „vereinfachte Bauverfahren“ zur Anwendung gelangtist – und das bedeutet, dass keine Nachbarn zu laden sind. Dasheißt, dass die Baubehörde zwar formal rechtens handelt – abereine Bauordnung, die so einen Wahnsinn möglich macht, ist jasowas von daneben! Dagegen sind die Schildbürger sorgfältigplanende Menschen! In nächster Zeit soll die Bauordnung fürWien überarbeitet werden und ich kann nur hoffen, dass dieserUnsinn schnellstens bereinigt wird!

Blechlawine oder Verkehrsberuhigung?Im Bezirksparlament wurde von mir der Antrag eingebracht zuuntersuchen, wie der lärmende und stinkende Verkehrsflussquer durch die Bezirke 5 bis 8, vom Alsergrund bis zumMatzleinsdorferplatz, zu minimieren wäre. Die geplagtenAnrainerInnen sollen endlich auch ein wenig Ruhe bekommenund sich nicht fühlen wie auf einer Autobahnraststätte. Zufahrtmöglich, aber kein Durchzugsverkehr! Im Mariahilf fand dieseIdee Anklang, aber der siebente Bezirk hat Schwierigkeiten,weil die SPÖ-Neubau keine Verkehrsberuhigung will! Derallergrößte Anteil dieses Autoverkehrs benützt diese Route nurzum Durchfahren und hat nichts in Mariahilf zu tun! Wir redenalso NICHT vom Lieferverkehr, NICHT von den Handwerkernund Gewerbetreibenden, sondern nur von all den Über -flüssigen, die nur sich und eine Tonne Blech stinkend querdurch Wien kutschieren – zum Leidwesen der BewohnerInnendes Bezirks und deren Kindern! Der nächste Schritt wird danndie Verkehrsberuhigung in der Gegenrichtung sein:Stumpergasse – Kaiserstraße!

M A R I A H I L F E R S C H M A N K E R L NDer stvrtr. Bezirksvorsteher Werner Haslauer serviert Schwerverdauliches