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349 II. Die Grurr&.iige eines thermochemischen Systems; con Julius Thornsen, iissislentm ani cheoiiselrcn Laburatoriurn dcr poly~ecl~niscl~en 1,eLranstalt EU Copenhagen. 1. Entwickelung der allgemeinen Begriffe. D i e Intensiat der chemischen Kraft ist in demselben Kor- per bei unveranderter Temperattar dieselbe. Wenn die Intensitat der chemischen Kraft sich aus irgend eiiiem Grundc verringert, wodurch also der Kiirper in ther- inochemicher Beziehung ein anderer wird, so cntwickelt sicli eine griifsere oder geringere Meiigc cler Kraft. Dic Grbfse der so eutwickelteii Kraft kiiuneii wir nach eineiii absolvten Rlaafse bestiinmen.; sic ist die durch den Procefs ciitbundene Wame. Die cheinische Kraft kann, iiiclein sie sich entbindct, vcrscliiedciie Cliarakterc nunehinen; sic tritt bald hervor nls Wiirine, bald nls Elektricitiit ti. s. w. Die Umstintlc, linter welchen die Entbindung zu Stande koinint , bcstiin- inen die Form, in welcher die chemisclic Kraft auftretcli wird. Es rerhdt sich hier wie bei der Entbiudung von Elek- tricitat durch Reibung. Isoliren wir die ganze Elektrisir- maschine, so tritt die geheinmte Wirkung der Reibung hervor als eine Erwlnnung der geriebenen Theile. Ver- einigen wir aber mittelst eines Leiters die beiden Coo- ductoren oder setzen wir sie beide in leitende Verbindung init der Erde, danu beginnt ein elektrischer Strom; ein Theil der Wanne, melche sich sonst in den geriebeneu Theilen entwickelu wurde, tritt jetzt hervor als Elektricitat. Die Warme der Maschiue erhalt in der gegebeiien Zeit einen geringeren Zuwachs, ein Theil derselben durclistriitiit die Leiter ah Elektricitat und eiitbindet dort die der Ma- schine geraubte Warme. $. 1.

Die Grundzüge eines thermochemischen Systems

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II. Die Grurr&.iige eines thermochemischen Systems; con Ju l ius Thornsen,

iissislentm ani cheoiiselrcn Laburatoriurn dcr poly~ecl~niscl~en 1,eLranstalt EU Copenhagen.

1. E n t w i c k e l u n g der a l l g e m e i n e n Begriffe.

D i e Intensiat der chemischen Kraft ist in demselben Kor- per bei unveranderter Temperattar dieselbe.

Wenn die Intensitat der chemischen Kraft sich aus irgend eiiiem Grundc verringert, wodurch also der Kiirper in ther- inochemicher Beziehung ein anderer wird, so cntwickelt sicli eine griifsere oder geringere Meiigc cler Kraft. Dic Grbfse der so eutwickelteii Kraft kiiuneii wir nach eineiii absolvten Rlaafse bestiinmen.; sic ist die durch den Procefs ciitbundene W a m e .

Die cheinische Kraft kann, iiiclein sie sich entbindct, vcrscliiedciie Cliarakterc nunehinen; sic tritt bald hervor nls Wiirine, bald nls Elektricitiit ti. s. w. Die Umstintlc, linter welchen die Entbindung zu Stande koinint , bcstiin- inen die Form, in welcher die chemisclic Kraft auftretcli wird.

Es rerhdt sich hier wie bei der Entbiudung von Elek- tricitat durch Reibung. Isoliren wir die ganze Elektrisir- maschine, so tritt die geheinmte Wirkung der Reibung hervor als eine Erwlnnung der geriebenen Theile. Ver- einigen wir aber mittelst eines Leiters die beiden Coo- ductoren oder setzen wir sie beide in leitende Verbindung init der Erde, danu beginnt ein elektrischer Strom; ein Theil der Wanne , melche sich sonst in den geriebeneu Theilen entwickelu wurde, tritt jetzt hervor als Elektricitat. Die Warme der Maschiue erhalt i n der gegebeiien Zeit einen geringeren Zuwachs, ein Theil derselben durclistriitiit die Leiter a h Elektricitat und eiitbindet dort die der Ma- schine geraubte Warme.

$. 1.

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Giefsen wir verdiiiinte Schwefelsaure in eiu Glas uud legen darin einen Zinkstreifen, so tritt die ganze freiwer- dende chemische Kraft hervor als Warine. Giefsen wir aber die S u r e in ein leitendes Gefafs, setzen dieses auf die Erde und vereinigen das Zink durch einen leitenden Draht gleichfalls mit der Erde, SO entstelit ein elektrischer Strom; ein Theil der durch die chemische Wirkung ent- hundenen Kraft durchstrbmt als Elektricitat die Leiter und entbindet darin eine ihr entsprechende Quantiat Warme.

5. 2. Die ganae durch eine chernische Wirkung erseugte Warnme-

menge ist also e k Maa[s fur die durch den Procers ent- btindene chemische Kraft.

Als Einheit fur die entwickelte W a m e setzeii wir die QuantitUt, welche erforderlich ist, um , eitic Menge Wasser gleich dem Gewichte eines Aequivalents Sauerstoff um eiiien Grad C e l s i u s zu erhiiben. Setzen wir also das .%equivalent des Sauerstoffs = 1 Grin., so ist unsere W(irme- einheit = 1 Grm. Wasser uin lo C. erwarmt; diese Grafse wollen wir durch 1" bezeichnen.

5. 3. Denken wir tins die Inteiisitat ( i ) der chemischen Kraft

eines Stoffs von i his verriiigert und die ganze dadurch entwickelte Kraft auf Warmeein4eiten reducirt uud fur das Aequivalent des Stoffes berechnet, so erhalten wir einen Ausdruck fur die Grafse der cheinischen Kraft des Aequivalents. Diese GrsCse benennen wir das themnody- name Aequivalent des Stoffes uud bezeichnen es der Kiirze halber durch th. dyn. Aeq.

Kbrper mit gleichem th. dyn. Aeq. benennen wir iso- dynam, mit ungleichem th. dyn. Aeq. heterodynam.

Fur denselben Kbrper ist also das th. dyn. Aeq. stets dasselbe, und die isomeren Kiirper siiid in thermochemi- scher Beziehung als verschiedene zu betrachten, weil sie, obgleich init unveranderter cheinischer Zusammensetzung, ein verschiedenes th. dyn. Aeq. besitsen. Das Nahere tiber

i

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dieseu K6rper wird Gegeustand eirier folgcadeu Abhand- long seyn.

5. 4. Die Grofse der W a m l u n u n g I ) bei Bildung einer Yer-

bindung iPt eine Function der th. dyn. Aeq. der Bestand- theile und der Verbindung; sie ist nlinlich die Differena zwischen der Summe der th. dyn. Aeq. der Bestandtheile und dem th. dyn. Aeq. der Verbindung; oder

indetn 2, d, a'. . . die th. d-m. Aeq. dcr Bestandtheile, uud r das der Verbiiiduiig bezeichnet.

w=sI-z'+z'' I-...- r . . . ( I )

Aus ( 1 ) folgt nun - W = r - ( ( z + d + % " + .. .) . . . (2)

oder : die Wannetbniing bei der Decomposition einer Yer- bindung ist gleich grofs aber entgegengesefzt der, welchc bei der Bildung der Verbindung entsteht. Dieser letzte Satz ist schon Ton L a v o i s i e r und L a p l a c e ausgespro- chen worden, iiud die Richtigkeit des Sntzes diirch Ver- suclie von A n d r e w s und H e r s in der neueren Zeit be- wiesen. Defsungeachtet schreibt Th. Woods '): ndie Zersetziiug einer Verbindung eneugt so vie1 Kdte, als dic Vereinigiiog ihrer Elemente WQrme hervorbrachte m und fugt hinzu: ~ ~ d i e s e neue Idee habe ich noch in keinem che- inischen Werke angetroffen. Ich glaube, man wird sic fIir wichtig halten etc.

5. 5. Um die thermochemischen Wirkungen bequem andeuten

zii kiltinen, ist eine eigene Bezeichnung nothwenrlig. Dcr iiachstehenden Bezeichnung habe ich mich hei meiner Ar- beit in den letzten Jahren bedient; sie ist die nknliche, welche ich in der Naturforscherversammliing zii Stockholm im Jahre 1851 vorgeschlagen hahe.

Die Warmetdnung bei der Bildung einer Verbindung

1 ) Ks sey mir erlruht Jar Wort iiWirructrinungf1

1 ) Erdm. Journ. 2te Rcihc LV, S. 93.

zu gebraiiclren, urn

gleirliwitig Wirmeentwickelnng und Whncabsirrption zu brzciclmcn.

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X'YbZ". .. aus ihren Bestandtheilen a X , b y , c Z . . . w i d folgendermafsen bezeichnet:

Es bezeichnet z. 11. U)=(X., Yb, z....) . . . (3).

w=(PbS, 04) die W2rmet6nung bei der Bildung eines Aequivaleiits des schwefelsauren Bleioxyds aus seinen Elementen.

Die Verbindmig X.YbZ" kiinnen wir aber auch aus X*Yb und z" oder aus x' nnd Ybz" oder aus x'Yd and Yb-dZe gebildet denken; in diesem Falle wird also die Be- zeiclinung folgendermafsen :

(X'Yb, z") oder (Y, Y b P ) oder (XbYd, Yb-dZe) ( 4 ) indeln das Comma die respectiven Bestandtheile scheidet, und die Parenthesen die ganze Ankh1 Stoffe sammclt, welclie nach der Vereinigung ein Ganzes bilden.

Es bezeichnet z. B. (PbS, 04), (Pb, SO'), (Pb, S ) und ( P b , S )

die Wtirmetiinung, welche entsteht , wenn ein Aequiralent schwefelsaures Bleioxyd gebildct wird durch Oxyd a t' ion des Schwefelhleis, durch Vereinigung des Bleis init dcr hypothetischen Radicale S 0 * , des Bleioxyds init wasser- freier Schwefelsaure oder endlich des Bleisuperoxyds init schwefliger Siiure.

Der Formel (2) zufolge ist die Wlrmet6nung hei dcr Zerlegung der Verbindung X"Yb Z" in ihre Bestandtheile x", Yb und Z" oder in X"Yb und Z" folgendermaken aus- zudriickeii, n~mlich

1 ( 5 ) . iin ersten Falle im zweiten Falle w'=-(X'Yb, Z')

w=-(X., Yb, Zc)

Wenn eine Verbindung X'Yb durch Z" in X'Z" und Yb zerlegt wird, so ist die Warmetiinung Lei dieser einfu- chen Zersetaung

w = ( X a , 2)-(x', Yb) I . . ( 6 ) . Fiir die Reduction des Kupferoxyds und des Eisen-

oxyds durch Wasserstoff ist also die Bezeichnuug fol- gende :

W =

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w = ( H , O)-(CU, 0) w'=3(H, 0 ) - ( F e z , 03) .

Bei doppeltea Zersetaungen, wo aus zwei Verbinduu- gen, X.Yb und ZaVd, zwei neue z. B. X'Z" nnd YbVd ge- bildet werden, ist die Wdnnetonung :

z. B. fur die Decomposition des Bleiolryds durch Schwe- felwasserstoff ist die Formel

w=(S*, z.)+(Yb, Vd)-(P, Y"-((z", Vd) ( 7 )

W E ( % , S ) + ( H , 0 ) - ( P b , 0 ) - ( H , S). Der Formel ( 4 ) ziifolge bezeichnet (X'YbZ", kd) die

Warmethung bei der Verbindung von X'YbZ' init d ,4eq. Wasser. Um aber die durch vollstaudige Losiing in Was- ser hervortretende Wirkung zu bezeicbnen, schreibt man

w=(X'YbZ', Aq) . . . (S). Der Werth ist bald positiv, bald uegativ. Es ent-

wickelt sich z. B. durch Verdiinnung des Schwefelsaure- hydrats HS, niit Wasser 1084" pro Aeq. Schwefels%we, also

( H S , Aq)=1084' Dnrch Aufliisung des unterschwefelsauren Baryts wird

dagegeo, wie es hei den meisten Salzen der Fall ist, Warme ahsorbirt , namlich

( B a s 2 H 2 , An) = - 419'. Die Formel (8) ist also eiu Ausdruck fur die Lomnys-

w a r n der Korper mit Riicksicht auf Wasser. Wahrend (Na , S ) die durch Vereinigung des wasser-

freien Natrons mit wasserfreier Schwefelslure entwickelte Warme ausdriickt, bezeichnet

(NaAq, S A q ) . . . ( 9 ) die durch Neutralisation des in Wasser gelosten Natrons mittelst verdunnter Schwefelsaure entwickelte Warme. Durch Aq bezeichuen wir stets eine so grofse Menge W a s - ser, das keine thermische Wirkung bei fortgesetzter Ver- diiniiung eintritt.

um die Hydrate, welche gebildet werden, weiiii Kiir- per aus ihren wasserigen Auflosungen niedergeschlagen

Pnggendurff's Annal. Bd. CXXXVIII. 23

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werden, zar Formel. Es bczeichnet demnach

bezeichncn, dient die Hinzufiigung eincs 11'

... F e Z H . . . (10)

die Zusammensetzung des Eisenoxydhydrats, welches n u f nassem Wege dargestellt wird.

Neutralisirt inan Schwcfelslurc mit Bnrytwasser, so i s t die W6rmeentwicklung eine Function zweier Griifsen; sic riihrt nlmlicli theils von der Neutralisation, theils von dcm Nicdcrschlagen des Salzes her, sic ist namlich

(Ba Ag, S A q ) - ( B a S H Aq). Indcm dic Bezeichnung (9 ) stcts vornussetzt, dak die

Verbindung geliist bleibe. Der Kiirzc lialbcr bczciclinc ich diese Differenz diircb - ( R a A q , SAg); es ist also

- ( B a A q , ' S A q ) = ( B a A g , S A q ) -(BaSfP, A g ) (11). Analog niit den Formcln ( 6 ) und ( 7 ) sind nach die

auf nassem Wege entstandenen einfccchwa zcnd doppelten Zer- setzungen in ihre einzelnen Glieder zu zerIcg.cn. Es bc- zeichnet also

1 (12) - (BaAq, S A g ) - ( B a A g , N A q ) und -(BaAq, SAq)-(Mg€k, S A q

respective die durch Zersetzung des salpetersauren Baryts mitteht Schwefelsaure entstandcne tV#rmetiinong, iind die durch Zersetzung der schwefelsauren Magnesia mittclst Barytwasser. Die Bezeichnung fur die doppelte Zersetziing ist analog damit.

Das thermodynanae Aeqiiiaalent eines Kiirpers mird bc- zeichnct, indem man seine Formel in eine Parcnthcsc cin- schliefst; fur deli Karper X'YbZE ist es also

(X'YbZc) . . . (13). Es bedeutet demnach

(Pb) (PbHx) ( P b N ) das th. dyn. Aeq. des Bleis, des Bleioxpdhydrats und dcs salpetersauren Bleioxyds.

Die hier nngefulirtcn Bczeiclinungen merden hin1:inglicli

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seyn , um init Leichtigkeit die verschiedenen Verhaltnisse auszudriicken.

Q. 6. Dcr Formel (1) zufolge hat man also folgeiide Re-

lation : (x: Y", z" . . .) = a (X) + b (Y) + c (Z) +- . . . - (X' Y" Z) ( I 4).

Ist also die Summe des th. dyn. Aeq. der Bestandtheib der zu bildenden Verbindung grofser als das th. dyn. Aeq. der Verbindwag, so ist die Bildung der Verbindung vou einer Wiirmeentwickkng begleitet, im entgegengesetsten Falle tritt eine Absorption von Warme ein.

Es ist z. B. (K, Cl)=(K)+(CI)-(KC1)=13528"

( K C1, 0') = ( K Cl) + 6 (0) - (K Cl ) = - 1200' also ist die Bildung des Chlorcalciuins von eiuer Warme- entwicklung begleitet ; dagegen wiirde die Oxydation des Chlorcalciums zu chlorsaurem Kali mit einer Warmenbsorp- tion verbunden seyn.

5. 7. Es sey die Verbindung P"Q"RcSa nus ihren Bestand-

thcilen succcsive gebildet, indcm z. B. erst Pa init Q" uud R" mit Sd, d a m diesc beideu Karpcr, PQ" und R"Sd, init einander vereinigt worden waren, - es fragt sicb nun, ia welchein Verhaltnisse steht die dadurch successive ent- mickelte Warme zu der, melche resultiren miirdc, ~ e n n die Verbindung auf einmal aus ihren Bestandtheilen ge- hildet worden ware?

Der Formel (14) zufolge ist: (P', Q") =a( P) + b ( Q ) - (P'Qb) (R", S ' ) = c ( R ) + d ( S ) -((R"Sd)

(P' Qb , Re Sd) = ( Pa Q") +( R" S d ) - (P' QbReSd)

durch Addition dieser drei Gleichungen wird erhalten (P*, Qb)+(R', Sd)+(PaQb, R " S d ) = a ( P ) + b ( Q ) i - c ( R )

+ d ( S ) - (P" Q" Re Sd). 23 *.

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Nun ist aber auch der Formel ( 14) zufolge (Pa, Q", R , Sd)=a(P)+b(Q)+c(R)-td(S)-((P"(2bR"S")~

(P', Q")+(R, Sd)+((P'Q", R"Sd)=(P, Qb, Re, Sd) (15) oder: Die resultirende Warme ist stets dieselbe, man mag die Verbindung successioe oder atif einmal atcs ihren Be- standtheilen bilden. Denselben Satz hat H e r s ' ) schon fruher auf experimentellem Wege gefunden ; er Iafst sich auf alle Falle ausdehnen und ist eine Folge der Unver;iii- derlichkeit der thennodynainen Aequivalente

Also haben wir die Relation

11. Isodynarnie. 5. 8.

Isodyname Korper sind solche, zoelc'lre ein gleiches theis-

Fur eine Reihe isodynamer Karyer zusammengesetzt modynames Aequioalent besiizen.

nach der Formel X8,YhZ".. .

ist die Warmetanung bei Bildung der Verbindung ziifolgc der Formel ( 1 4 ) W, =(X",,, Yh, z". . .) = a (X,)+ b (Y)+ c ( Z ) + . . . - r (16) indem T das th. dyn. Aeq. der Verbindung bezeichnet. In dieser Formel sind Y, Z, a, 6, c und r constante Grii. €sen, X, aber variabel, indem verschiedene Kiirper in dieses Glied der Formel eintreten kannen.

Die Differenz zwischen der Bildungsw%rme zweier Glie- der der gedacbten Reihe, z. B. W, uiid tV, ist d a m W,-W,=(x',,, Yb, z"...)- X*,, yb, z"...)=a[(X.)-(X,,,)] (17)

oder : Die Differenz zwischen der Warmetonung bei der Bildwg sweier i s o d y n ant e n Verbindunyen, deren che- mische Formel dieselbe i s t , ist gleich der Differenz, swi- schen den th. dyn. Aeq. der vicarirenden Kiirper, mzcltipli- cirt mit der Znhl, welche die Anznhl der Aeqziivalente die- ser bezeichnet.

Conibiniren wir die gedachte Reihe isodynamer K6r- per X-, Y*Z'. .. mit einer nnderen Reihe ebeiifalls linter 1 ) Pogg. Annd. Bd. L. S . 392.

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sich isodyuamer KBrper, z. B. X"" Y : ~ z , " . , deren tli. dyii Aeq. r' sey, aud deren Bildungswarme also folgende ist. W,=(x',, Y:, 2;. ...) =a(X,)+b,(Y,)+c,(Z,)+ ...- r',

so erhalteu mir, indem alle Griifsen init Ausuahme voii X,, cowtaut sind, diese aber gleichzcitig in beiden Reihen variirt, fur die Differenz der Bildungswariue zweier analogen Glieder folgenden Ausdruck : W, - W,= b (Y) - b, ( Y,) + c (2) + c, ( 2 , ) + . . . - r + r' (IS) oder : die Differenz der Bildungswartne der correspondiren- deli Glieder zweier Reihen, welche jede fiir sich uus i s o- d y n a m e n Gliedern bestehen, ist stets dieselbe; sie ist m- abhiingiq vom gemeinschaftlichen Gliede X,.

Es seyen feruer X" Y*. , . uud 2 V". , , isodyoame Kirrper. Es ist also die Differenz ihrer Bildungswiiriiie

oder : die Differena der Bildungswartne atceier i s o d y n a in e n Korper ist nur abhangig von der Differenz, in ihrer chemi- schen Zusain~nensetaung. Ganz anders verh%lt es sich aber, ~veiiii das th. dyn. Aeq. nicht dasselbe ist, und, wenn mail dicses iiicht beriicksichtigt, gerath mail in dieselbe Ver- wirrung wie iu andereu Tlieilen der Wissenschaft, Z. B. bei der BerecLnung uber den EinflUrs der chemischen Zu- summensetaung auf die Siedhitae der Verbindungeft; auf dicsen Puukt hoffe ich spater eiuinal wieder zuriickzu- kommeu.

Die Glieder zweier Reiiien, welche jede fur sich iso- dyuame Glieder enthalten, mussen stets die Formel ( 18) befriedigen, das heifst:

Wa - W:= Constans. Es ist aber (lie Erfullung dieser Bedinguag ilicht liin-

lSiiglicb, uin die Vcrbindurlgen als isodyllanlc zu charakte- risirea; denu weuu inan in der Formel (18) e+s. und p'+u, anstntt r iind 1" setzt, indem s, und ZL, init X, gleichzeitig variiren, so wird die Gleichiing ( IS) befric- digt, wenu

s, - 21, = Coils tails , uligeaclrtet der Heterodyamie der Verbinduugen. lcli werdc

(x., Y6.. .) - (F, V". . .) = a(X) + b ( Y , - c ( 2 ) - d ( v, (19)

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358 spster auf die Bedeutung dieser Ausdriicke zuruckkoiniiieii und jetzt erst untersucben, ob es iiberhnupt Verbindungen gebe, welche die Formelu (17) uud (18) befriedigen.

8. 9. Es ist nicht mtiglicb init Bestimrntheit (I priori auzuge-

ben, welche Verbindungen als isodyname zu betrachten sind ; doch giebt es einige Kiirper, welche in allen ibren Eigenschnf- ten sich so iibereinstimineiid verhalten , dafs man wohl be- rechtigt seyii kann, sie als isodyname Korper zu betrachten. Zu diesen Kiirpern gehiiren die verschiedenen Groppen neu- traler Salze, die Chlorverbindungeu uud Ihuliche Kiirper ; uiid wir wollen in der folgeuden Bctraclitiing von der Hypothese ausgehen, d a p die rbetctralen Sabe der meisterb Sauren, die Chlorverbindicngen etc. jecle Klasse fiir sicla iso- clyname Verbindungen enthalten. Es sind demnacli alle schwefelsariren Salze, wenn sie nacli derselbcn rationelleu Forinel zusammengesetzt siiid, isodynaine Kiirper, ebenfalls die salpetersaureii Salze unter sich, o h m dafs diese letzteren rnit den ersteren isodynam ZLI seyii braucben. W i r wollen iiun unter Voraussetzung der Isodgnainie der gedachten Verbindungen, die Forineln (17) und (18) auf diese Kiir- per anwenden. Der Zustand, in welcbem mir die Kiirpcr als isodynaoie betracbten wollen, ist die wgsserige Lbsung derselben, und ich werde splter diese Meiuung zu recht- fertigen suchen.

8. 10. Wir wollen die zusammengesetzten Kiirper der Leich-

tigkeit halber als aus zwei Gliederu bestehend denken; iiidein wir das elektropositive Glied durch R, das elek- tronegative (lurch Q bezeicbnen. Unsere Formel ist d a m R Q. Fiir die Kiirper Pb, P b H , l%NAq ist deiiinacb die Thei- lung folgende Pb + 0 , Pb + 0 Hx , Pb I-N O6 Aq oder PbH'+NAq u. s. w.

Die Forinel (17) erscheiut demuacb in folgender Form :

Die Diffcrenz auf der linkeu Seitc dcr Glcichimg ist ( R , Q ) - ( R ' , Q ) = ( R ) - ( R ' ) . . . (20).

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der Forinel ( 6 ) zufolge ciii Ausdruck fur die W8rmetii- iiuiig, \velcbc entstelit, weuu die Verbiudiiug R' Q durcli R zersetzt wird, iiideni R' BUS seiner Verbindung durcli R ausgetriebeu wird. Diese WBrmetiiiiuiig ist constant , so lange R uiid R' dicsclbeu Kiirper sind, aber stets uiiab- hziigig voiii iiegativen Glied Q cler Verbiiidung. Leseii wir uun die Formel (20), in der R und R' zwei Basen, 41 cine Sliore bezcirhnct, so habeu wir deli von A ii d r c m s ') schon kingst aiif experin~entellein Wege gefuiideneu Satz: die Waimeentwicklung, welche entsteht, wenn eine Basis die attclere aus neutralen Verbindungen scheidet, ist stets die- selbe und unabhdngig aon der Saure, wenn nur &ie Basen dieselben sind.

Feriier: cs seyen R uiid R' zwei Metalle, Q der nega- tive Tlicil dcr iicutr;ilcn Verbiiidung; init dieser Substitu- tion liest sich die Forinel (20) folgenderiuafsen: Wenit ein Netall ein anderes aus neutralen Losungen scheidet, so ist die Warmeenttoicklzmg stets dieselbe utid unclbhiingig voin Liisangsrnittel, wenn iiur die Hetalle dieselben sind. Dieses ist ein zweiter voii Aiid r e w s ) aufgestellter Satz, wel- clier gleiclifalls auf experiineiitellem Wege gefundeii ist.

Diese bcideu SItze siiid ganz voii eiuauder abhiiiigig; sobald der einc wabr ist, ist es auch der audere, indcin cler eine sicb auf allgcmeincre Weise vom anderen ableiten l a t t . W i r wollen aiiaehmei~, es sey der letzte Satz gefun- den uiid iiiaii wolle den ersten daraus ableiten. Die G r a t e Q euthllt dairii die Saure, eiti Atom Sauerstoff uiid Wasser oder Q= 0 Q A q ; addireii wir uun

zur Formel (20)

elhallen wir

(0, Q'ACj)-( 0, Q'Aq)=O

( R , OQ'Aq) - (R ' , O Q ' A ( j ) = C

( R , 0, Ag, Q'Aq)-(li', 0, A q , Q'Ag)::C. Subtrabircii wir deiniiach

( R , 0, Aq)-(R' , 0, Aq)=D. I ) P o g g . Ann. Sd. LXVI. S. 31. 2 ) Pug;. Ann. Bd. LXXVIII. S. 73.

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So erhalten wir ills Hesultat ( R A q , Q ' A q ) - ( k A q , Q A q ) - - C- D.

I)a nun D eine constante Griifsc ist, iilinlich uiiabhtiugig von Q, und C gleichfnlls zufolge der Fonuel (20) so ist auch dic Differenz C- D constant, oder wir haben deli ersten Satz aus dem zweiten abgeleitet.

5. 11. Die Formel (17) verlangt zufolge der aufgestellten Hy-

pothesc eiu gleiches negatiaes Gliecl der zwei zu verglei- chcndcir Verbindungen; n i r wolleii jetzt Verbindungen verglcichen in denen das positiae Glied dasselbe ist, z. B. R Q und RQ', deren th. dyn. Aeq. r uiid r' sey. Der Foriuel (18) zufolge ist daun

( R , Q)-(n, Q')=(Q)-(Q)+r-r' . . . (21). hi dieser Fonnel ist R das variable Glicd, iu welchetn

verschiedciie Korper nuftretcii kiiiinen , oliire dafs das th. dgn. Aeq. der Verbinduug ve rhde r t wird. Die reclite Scitc cler Gleichung ist uuabhiiiigig vou R, also constant.

Die linke Seite der Gleichung ist aber ein Ausdruck fiir die Warmethung bei der Zersetzung der Verbiu- dung R Q durch Q, indem das Q' durch Q ausgetrieben wird. Bezeichuet also R die Basis, Q und Q' Sliuren, von welcheii die eine die andere austreibt, so wird folgender Satz erhalten: Wenn eine Saure eine andere aics neutralen Verbindungen scheidet, so ist. die Warmetonung stets die- selbe und unabhiingig won den Basen, wenn nur die Sazrren rlieselben sind.

Fcrner: Wenn R eiii Metall, Q uiid Q' die negativen Glieder z. B. Chlor, Brom, Jod etc. hezeichnen, so er- lialteii wir eiueu von F a v r e und S i l b e r m a n i i ' ) aufge- stellten Satz : Die Wanneentwickhrng , welche die Bildung einer in Wasser geliisten Chlorwerbindung beg M e t , i s t rtets um ein Bestimmtes grorser als die bei der Bilduag einer entspreclienden Jod- oder Bromoerbindung entlcickelte Wanne. 1 ) Coiiipt. road. T. XXF'IlI. p. 632.

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36 I

5. 12. Weun zwei KOrper, R Q uiid R' Q , sic11 gegeoseitig

zu R Q und R' Q zeraehen, so ist die Wsnnetbnung der Formel ( 7 ) zufolge:

w = ( 4 Q)+(R' , Q ) - ( R , Q ) - ( R ' , Q')

( 4 Q)-(R: Q ) = R , Q') - (R' , Q I

1st nun die Verbindung R Q mit R'Q, iind RQ' init R'Q' isoclynam, erhalten wir nach (20)

also W = O . Oder in Worten: Wenn zwei Verbindungen sich zu zwei anderen, rnit den ersteren paarweise isodyname Verbindun- gen zersetzen, - und dieses ist der. Fall, wenn zwei neu- t r d e Salze sich in roasserigen Losungeta aersetzen - so findet keine Warmetonung statt, unter der Bedingung, dap alle Verbindungen in Wasser loslich siird rrnd geliist bleiben.

Wenn z. B. salpetersaurer Kali schwefelsaures. Ammo- iiiali zersetzen kauu, so tritt bei diesein Prozefs keine Warinetiinuug ein. Dieses Verhalten hat H e f s I) schon Ilugst auf experimentellem Wege gefunden uiid Thermo- neutralitat genannt.

Es ist cine Bedingung der sogeuannteu Thcrmoneutra- litst, dafs die Verbindniigen alle gelibst bleibcn; - man hat also gewfihulicb kein Mittel sic11 tiher den Vorgang der Zersetzung zu iiberzeugen - auders ist es aber, weuii sich eiu Niederschlag bildet. In diesem Falle tritt einc Warvnetunulrg ein, und sie ist numerisch gleich aber entge- gengesetst der latenten Losirngswiirme der Verbindung. Es sey R', Q die sich ausscheidende Verbindung; ihre Rildungs- w a m e ist d a m -(R',Q') oder nach der Formel ( l l ) , in- dem wir Q= Q" Aq seben:

setzten wir diesen Ausdruck in die Formel des 5. 12, so erhalteu wir

-(R', Q')=(R', Q"Aq)-(R' Q", Aq)

W= - (R' Q', Aq). Dirrch doppelte Zersetzungmr konnetr wir also die la-

tente L o s u n g s w a r m e der in Wasser t r n l u s l i c h e n Sabe etc. bestimmerr.

I ) Pogg. Aun. Bd. L11. S. 107.

Page 14: Die Grundzüge eines thermochemischen Systems

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Iii seiuciii '~Bericlit iiber die Wiiriiic ctc.cc I ) sagt A H - cl r e w s: Wenn Liisuugeii zweier Neutralsalze gemisclit werden, und durcb ilire gegenseitige Zerlcgung eiii Nie- dersclilag entsteht, so findet eine Entwickelung voii Wiirme statt, wclchc in ihreiii Bctrage, wean auch iiiclit bedeii- tend, doch vollkolnineii bestiinint ist. Diese rubrt aber ganz uud gar iiiclit von den Bestaodtheilen der Neder- scli1;ig.c her, iiidcni diese ihrcii flussigeu Zustaiid iu deu festeii uinwandcln , wcil sie fiir dcnselben Niederschlag iiicht iiiilner diesrlbe ist, sontlcrn sic ist hauptsiichlich ab- liiiiigig von der latenteri Warme des Niederschlages. Wenii der letztere Krystnllisationswasser enthllt, so ist die ent- wiclielte W&rme g ro te r , als weun cin wasserfreier Nie- derschlag gebildet wirda. Nach dieselo Satze sollte die WIrineeutwickelung bei der doppelteu Zersetzung von der lateiiteii Wirrne des Niederschlages, uicht von seiner Ziisanimensetzung abbngig seyn. Icli glaube, cs ist die- ses eiii Irrthuni, und ich werde spatcr iin Abschnitte iibcr die lateiite Lijsuugswarme nlher zeigeu, in welcliein Ver- liiiltriisse diese ziir clieinischeii Zusainlneusetzung steht. Hier genugt es darauf aufmerksain zii machen, wie unna- tiirlich es ist, aunehmen zu wdlen: es bilde sich eiu, in seiner Zusammenstelluug verschiedcner, Niederscblag, wenn niau salpetcrsauren Baryt init scliwefelsaureln Kali, Natron, Riagiiesia oder Zinkoxyd niedersclilagt.

Iiitlem icli diese Abtlieiluag schliefsc, muis icli darauf liindeiitcn, dafs, obgleich die liier gewoiineiien allgernei- lieu I\esultntc init deiien, welche auf experiinentellem Wege gefuudeii siiid, iibereiiistimmen, diesc doch iiicht hinlang- licli geuau die Forineln befriedigen, menii inaii die durch clic spcciellen Vcrsuclie gewoniieiien Zahlen betrachtet. Es ist clieses eiue Folge dcr Uiigeiiauiglieit der Vcrsuclie, uiid icli wcrde in mciucr nacbsteii Abhaiidluug iibcr die Neu- t i alisatioii gcuaiiere Versuclie anfuliren kijuucu.

( F u r t s e t z u n g f o l g l . )

1 ) E r d m a o n ' s Juurnal 2. Reilre. Bd. L. S 453.