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Die Kapelle Papst Pius' III Author(s): Manfred Schuler Source: Acta Musicologica, Vol. 42, Fasc. 3/4 (Jul. - Dec., 1970), pp. 225-230 Published by: International Musicological Society Stable URL: http://www.jstor.org/stable/932200 . Accessed: 13/06/2014 08:43 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . International Musicological Society is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Acta Musicologica. http://www.jstor.org This content downloaded from 91.229.248.152 on Fri, 13 Jun 2014 08:43:56 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Die Kapelle Papst Pius' III

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Die Kapelle Papst Pius' IIIAuthor(s): Manfred SchulerSource: Acta Musicologica, Vol. 42, Fasc. 3/4 (Jul. - Dec., 1970), pp. 225-230Published by: International Musicological SocietyStable URL: http://www.jstor.org/stable/932200 .

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J. v. Gardner: Altrussischer notierter Oktoich der BibliothIque de l'Arsenal zu Paris 225

der Uibertragung eines neumierten Oktoichs, und zwar (wegen des Textus receptus der Staats- kirche) aus einem Oktoichd mit der Stolp-Notation des Typus A27.

Andererseits besagt die lateinische Eintragung auf f. 176r, daB der Schreiber (oder Besitzer?) m6glicherweise einer der Schiiler der ukrainischen Singer (oder Theologen) war, die in der zweiten Hiilfte des 17. Jhs. und im 18. Jh. ins Moskowitische Reich kamen und von denen viele leitende Stellungen in der russischen Kirche erhielten. Diese Theologen kannten die lateinische Sprache gut. Auch die Schenkungs-Eintragung auf fol. Ir, die auf den Namen Gosleckij lautet, weist auf die Herkunft dieser Person aus siidwestlichem Gebiet: in der Ukraine haben nicht wenige Familiennamen eine Endung der polnischen Familiennamen auf -ckij oder -skij. Unsere Hs. hat den Besitzer gewechselt, maglicherweise sogar mehrmals. Der erste Besitzer k6nnte jener Ierodiakon Ignatij sein, der seinen Namen in kalligraphischer Schrift eingetragen hat; sein Duktus unterscheidet sich von dem Duktus des Textes und der Noten, so daB diese Hs. sicherlich von einem anderen geschrieben wurde. Allerdings k6nnte der Ierodiakon Ignatij auch aus der Ukraine stammen.

Diese Hs. ist nach bisheriger Kenntnis der erste handgeschriebene Oktoich mit linierter Quadratnotation aus dem 17./18. Jh., der in einer Westeuropiischen Bibliothek festgestellt werden konnte. Es ist zu bedauern, daB bei den altrussischen Gesangshandschriften in den Katalogen der Bibliotheken fast nie die Art der Notation angegeben ist, und oft sogar (wie im Falle unseres Oktoichs) iiberhaupt nicht erwaihnt wird, ob die betreffende liturgische Hs. irgendeine Notation aufweist. Das erschwert das Suchen nach den altrussischen Gesangshand- schriften in den Bibliotheken. So ist es durchaus m6glich, daB auch in mehreren anderen euro-

piischen Bibliotheken sich derartige Hss. befinden, die auf ihre ,,Entdeckung" und Beschrei- bung warten.

Wir schlagen fiir diese Hs. die Chiffre: Par. As. 3. vor.

27 Siehe unsere Fulnote 17: I, S. XVI--XVII. - JOHANN V. GARDNER, Einiges iiber die Orthographie der altrussischen Neumen, in: Die Welt der Slaven V (Wiesbaden 1960), S. 198-213; Das Cento-Prinzip der Tropierung und seine Bedeutung fiir die Entzifferung der altrussischen linienlosen Notationen, in: Musik des Ostens I (Kassel 1962), S. 108-121. 1 Wilhelm Du Fay, in: VfMw I (1885), S. 397 ff. (Sonderdruck: Bausteine ftur Musikgeschichte I, Leip- zig 1885); Die r6misdie ,schola cantorum" und die piipstlichen Kapellsiinger bis zur Mitte des 16. Jhds., in: VfMw III (1887), S. 189 ff., im folgenden zitiert als HABERL I (Sonderdruck: Bausteine fiir Musik- geschichte III, Leipzig 1888, im folgenden zitiert als HABERL II). 2 Siehe HABERL I, S. 247 f. 3

Fiir die Anfertigung einer Xerokopie bin ich der Biblioteca Apostolica Vaticana zu Dank verpflichtet.

Die Kapelle Papst Pius' III. MANFRED SCHULER (FREIBURG I. BR.)

Die noch immer weitgehend auf den verdienstvollen Forschungen Franz Xaver Haberls1 basierende Geschichte der paipstlichen Kapelle im 15. und 16. Jahrhundert weist nicht geringe Liicken auf. So vermochte Haberl fiir die Zeit von April 1502 bis September 1507 keinerlei Quellen aufzuspiiren2. Offensichtlich ist ihm dabei in der Biblioteca Apostolica Vaticana die Handschrift Vat. lat. 9027 entgangen, die auf fol. 163r-v ein vollstindiges Verzeichnis des Personalbestandes der paipstlichen Kapelle (officiales capelle palatii apostolici) vom Okto- ber 1503 enthilt3. Diese Handschrift ist indessen der Forschung nicht unbekannt geblieben:

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der italienische Historiker Paolo Piccolomini edierte daraus das Verzeichnis des Hofstaates Papst Pius' III.4, und Jose Maria Llorens benutzte sie fir eine Studie itber den Komponister Juan Escribano 5 sowie ffir einen Artikel in Musik in Geschichte und Gegenwart 6. Im folgenden sei diese Handschrift der musikgeschichtlichen Forschung insoweit zuganglich gemacht, als sie die Kapelle Papst Pius' III. betrifft.

Anla3 fiir die Niederschrift dieses Kapellverzeichnisses war die Austeilung von schwarzem Tuch an den pipstlichen Hofstaat fiur die Trauerfeierlichkeiten zum Tode Pius' III.7. Danach erhielt jeder Kapellsinger drei Ellen (cannae) florentinisches schwarzes Tuch der ersten Wahl. Da der Pontifikat Pius' III. nur vom 22. September 15o3 bis zum 18. Oktober 1503 dauerte und

wihrend dieser Zeit wohl kaum VerAnderungen unter den Kapellmitgliedern erfolgten,

gibt dieses Verzeichnis auch den Personalbestand der pipstlichen Kapelle am Ende des Ponti- fikats Alexanders VI. wieder8.

Auffallend ist die verhiltnism8Big gro3e Zahl von spanischen Kapellmitgliedern: von ins- gesamt zwanzig Singern stammen wenigstens sechs aus Spanien. Diese offensichtliche Begiln- stigung verdankten die Spanier ihrem Landsmann auf dem Thron Petri, dem sittenlosen Borgia-Papst Alexander VI.9, der vom lo. August 1492 bis 18. August 1503 regierte. Wie sein Zeremonienmeister Johannes Burckard iberliefert, fand zu dieser Zeit - vermutlich auf Veranlassung des Papstes - auch die spanische liturgische Musikpraxis gelegentlich Eingang in pipstliche Gottesdienste o. Alexander VI. scheint iibrigens der Kirchenmusik pers6nliches Interesse entgegengebracht zu haben. So lieB er sich am 23. Dezember 1499 von den Kapell- singern einen zur Offnung der heiligen Pforte komponierten Gesang in seinen Privat-

gemichern vortragen und lobte anschlie8end die neue Komposition . VQn Johannes Burckard erfahren wir auch, daB, nachdem der am 18. Oktober 1503 ver- storbene Papst Pius III. in der Sixtinischen Kapelle aufgebahrt worden war, die Kapellsinger die i-bliche Totenmesse dort nicht singen wollten 12. Hingegen fanden sie sich am 26. November 1503, dem Tag der Kr6nung des neuen Papstes Julius II., nach den Feierlichkeiten und dem Friihstiick vor dem Zimmer des Papstes ein und sangen bei ge6ffneter Tiir, worauf jeder von ihnen einen franz6sischen Dukaten bekommen haben soll 13. Zu dieser Zeit wird der Personal- bestand der Kapelle wohl noch derselbe wie am Ende des Pontifikats Pius' III. gewesen sein. Ein bezeichnendes Licht auf das Verhalten dieser Singer wirft der Tagebucheintrag Johannes

4 La famiglia di Pio III, in: Archivio della R. Societa Romana di Storia Patria XXVI (1903), S. 143 ff. 5 Juan Escribano, cantor pontificio y compositor (f 1557), in: Anuario Musical XII (1957), S. 97 ff. Auf Seite 108 findet sich in teilweise fehlerhafter Ubertragung das Namensverzeichnis der Kapellsinger. Vallig sinnentstellend ist die Oberschrift; ,,sortis videlicet prime" bezieht sich nicht auf ,,supradicti officiales capelle", sondern auf das zur Austeilung gelangte schwarze Tuch. 6 Siehe MGG XIII (1966), Art. Vaqueras, Sp. 1270. 7 Vgl. P. PICCOLOMINI, a. a. O., S. 143. Den Aufzeichnungen des pipstlichen Zeremonienmeisters Johannes Burckard zufolge wurde das Tuch um den 21. Oktober 1503 ausgeteilt (vgl. JOHANNIS BURCKARDI, Liber Notarum II, ed. E. CELANI, in: Rerum Italicarum Scriptores XXXII, P. I [Citti di Castello 1911 ff.], S. 395). Die Interpretation J. M. Llorens' (MGG XIII, Sp. 1270) ist iibrigens nicht zutreffend; das schwarze Tuch wurde nicht von den Kapellsingern, sondern vielmehr an sie verteilt. Man vgl. dazu das Kapitel ,De exequiis Summorum Pontificum" in den 1545 approbierten ,,Constitutio- nes Capellae Pontificae" (ediert von M. GERBERT, in: Scriptores ecclesiastici de musica sacra III [St. Blasien 1784], S. 390; ferner bei HABERL I, S. 291); vgl. dazu auch K. WEINMANN, Die papstliche Kapelle unter Paul IV., in: AfMw II (1920), S. 64. 8 Vgl. P. PICCOLOMINI, a. a. O., S. 144; J. SCHLECHT, Pius III. und die deutsche Nation, in: Festschrift Georg von Hertling (Kempten und Miinchen 1913), S. 323, Anm. 2. 9 Vgl. L. von PASTOR, Geschichte der Piipste seit dem Ausgang des Mittelalters III, 1. Abt. (Freiburg i. Br. 11/1955), S. 632 ff. 10 Liber Notarum I, ed. E. CELANI, a. a. O. (Citti di Castello 1907), S. 414; ebd. II, S. 132 f. 11 J. BURCKARDI, Liber Notarum II, S. 189. 12 Liber Notarum II, S. 393. 13 Liber Notarum II, S. 414.

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Burckards vom 24. Dezember 1503. Demzufolge weigerten sie sich, in der Weihnachtsnacht wahrend der pipstlichen Gottesdienste zu St. Peter die Laudes und die zweite Messe zu singen, da sie heiser seien und sonst die dritte Weihnachtsmesse nicht singen k6nnten 14.

An der Spitze der Kapelle Papst Pius' III. stand der Bischof von Massa marittima, Ventura Benassai (Beneassai), der die Amter des ,,sacrista et thesaurarius ac secretarius pape et clericus camere" bekleidetel. In der Rangordnung folgte ihm der ,,diaconus capelle", Antonius de Piperno 16. Das vorliegende Singerverzeichnis 17, das ein ,,decanus" als Rangh6chster anffihrt, ist offensichtlich nach dem Ordnungsprinzip des Dienstalters angelegt. Diese Reihenfolge wie auch die originale Schreibung der Namen werden in der folgenden Ubertragung beibehalten. Kurze biographische Angaben sowie Literaturhinweise m6gen das Namensverzeichnis erginzen.

Dominus Remigius de mastainge Decanus (Mastaing, mastin), Kleriker der Difzese Tournai, 1475/76 als Singer (Sopran) an St. Peter in Rom nachweisbar, seit min- destens 1479 Mitglied der pipstlichen Kapelle, der er noch im Februar 1509 angeh6rte'18 Gegen Ende des Jahrhunderts nahm er die erste Stelle unter den pipstlichen Singern ein und hatte seit dieser Zeit das Amt des Dekans inne19. 1482 und 1487 ist Remigius de Mastaing als Rektor der Pfarrkirche zu Vlaadsloo (Di6zese Tournai), 1487 auch als Kaplan eines Altars in der Pfarrkirche zu Wortel (Di6zese Cambrai) nachzuweisen20; im Jahr 1508 besaB er ein Kanonikat an der Kollegiatkirche Ste. Walburge zu Fumes (Difzese Th&rouanne)21. In Rom trat er am 19. Mai 1483 der Bruderschaft S. Spiritus et S. Marie in Saxia bei 2.

J o h a n n e s i n e r u e n (Merven, de Mervin), identisch mit Johannes Mercerii (Mercer), seit 1483 pipstlicher Kapellsinger, als solcher bis November 1503 nachweisbar23. Er wurde

"4 Liber Notarum II, S. 425. 1' Vat. lat. 9027, fol. 163r; J. BURCKARDI, Liber Notarum II, S. 373. Ventura Benassai wurde 1501 Bischof von Massa marittima, verlor 1504 alle seine Amter am pipstlichen Hof und starb 1511. Uber ihn vgl. P. PICCOLOMINI, a. a. O., S. 146 ff.; C. EUBEL, Hierardchia catholica medii aevi II (Miinster 21914), S. 187, und III (Miinster 1923), S. 237. 16 Vat. lat. 9027, fol. 163r. Er war gleichzeitig pipstlicher Kammerdiener (cubicularius) und ,capel- lanus domini camerarii". Vgl. P. PICCOLOMINI, a. a. O., S. 152. 17 Vat. lat. 9027, fol. 163v. 18 HABERL I, S. 237 und 241 ff.; H.-W. FREY, Regesten zur piipstlichen Kapelle unter Leo X. und zu seiner Privatkapelle, in: Mf VIII (1955) (im folgenden zitiert als Frey I), S. 197, Anm. 73. 19 Vgl. J. BURCIARDI, Liber Notarum II, S. 189, Anm. 1. 20 Vgl. U. BERLIERE, Inventaire analytique des diversa Cameralia des archives Vaticanes (1389-1500), (Rome, Namur, Paris 1906), S. 165 (Nr. 768) und 168 f. (Nr. 781 und 784). 21 HABERL I, S. 248, Anm. 1. 22 Vgl. P. EGIDI, Necrologi e libri affini della provincia Romana II, Necrologi della Citta di Roma (Roma 1914), S. 162. - Der Liber fraternitatis S. Spiritus et S. Marie in Saxia de urbe verzeichnet iibrigens zahlreiche Singer der pipstlichen Kapelle als Bruderschaftsmitglieder. So wurden am 19. Mai 1483 folgende Kapellsinger aufgenommen, die gr68tenteils ihren Namen

eigenhindig in den Liber

fraternitatis eintrugen (siehe P. EGIDI, a. a. O., S. 161 f.): Johannes Jorlandi alias Corbye, Johannes de Monstreul, Jacobus Mercerii (thesaurarius Mentensis), Johannes Raet, Johannes Radulphi, Paschalis Le Lieut, Archangelus Blasii, Remigius de Mastaing, Sigismundus de Pisanis de Parma, Eustachius de Awressa, Victor Weyns, Gaspar WerbekE und Johannes Nobleti, alias Darin. Offensichtlich gibt diese Namensliste den damaligen Personalbestand an pipstlichen Kapellsingern wieder, und zwar in der Reihenfolge des Dienstalters (vgl. dazu HABERL I, S. 241). Am 7. Juni 1484 traten der Bruderschaft weitere Singer der

pipstlichen Kapelle bei, namlich (siehe P. EGIDI, a. a. O., S. 162): Antonius Baneston, Egidius Cossce, Innocentius Cossce, Daniel State, Claudius Pilosii, Johannes Drusic (?), Bertrandus de Bassea, alias Vaqueras, Johannes Mercerii, Marbrianus de Orto und Robertus Boniti (vgl. dazu HABERL I, S. 242 f.). Ob es sich bei dem am gleichen Tag aufgenommenen Nicolaus de Harues und Egidius de Ramage ebenfalls um pipstliche Kapellsinger handelt, kann mangels weiterer Quellen nur vermutet nicht aber belegt werden. Mit Sicherheit Stinger der pipstlichen Kapelle war hingegen Petrus Le Franc, alias Laureus, der am 24. Dezember 1484 in die Bruderschaft eintrat (siehe P. EGIDI, a. a. O., S. 162; dazu HABERL I, S. 243). 23 Vgl. HABERL I, S. 242 ff.

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am 7. Juni 1484 in die r6mische Bruderschaft S. Spiritus et S. Marie in Saxia aufgenommen, wobei der pipstliche Kapellsdinger Jacobus Mercerii ihn vertrat und die Unterschrift leistete.24

Bertrandus Vaegueras. Uber ihn und seine Werke vgl. J. M. Llorens, Art. Vaqueras, in: MGG XIII, 1966, Sp. 1270f. - F. X. Haberl25 und J. M. Llorens26 zufolge findet sich in den Quellen zum Namen Bertrandus Vaqueras oft der Zusatz ,,alias de Brassia". Entgegen J. M. Llorens lautet jedoch der autographe Namenseintrag im Liber fraternitatis S. Spiritus et S. Marie in Saxia de urbe ,,Bertrandus de Bassea, alias Vaqueras" 22, so daB die Annahme Llorens', Vaqueras stamme aus der burgundischen Landschaft Bresse (lateinisch Bressia), fragwiirdig wird. Dies um so mehr als Vaqueras identisch sein diirfte mit jenem ,Bertrandus de bassca", der nach F. X. Haberl 1482 Singer an St. Peter in Rom war27. Mit ,,Bassea" k6nnte nun die burgundische Stadt Bassee im franz6sischen Flandern gemeint sein2s8 Ausgeschlossen erscheint dies nicht, da Vaqueras' musikalisches Schaffen auf franz6sische Bindung und Herkunft des Komponisten hindeutet.

Cristof orus rous sea u, von September 1492 bis Juli 1508 als Sanger der pipst- lichen Kapelle nachzuweisen 29. Er k6nnte identisch sein mit Cristof. Russelli, der Ende 148 5 oder im Januar 1486 in die pipstliche Kapelle eintrat o.

P h ili pp u s d e p r i u i s, von September 1492 bis Oktober 1503 in der paipstlichen Kapelle nachweisbar si.

J o h a n n e s d e 1 y a n a s (Yllianas, Yllanes, Hillanas), aus Aragonien stammend, Augustinerchorherr, ist von September 1492 bis 1516 als Siinger und 1514 als Dekan der

pipstlichen Kapelle nachzuweisen. Er besaB mehrere Pfriinden in Spanien sowie in Italien und muB noch 1518 gelebt haben 32. Die Behauptung R. Stevensons 33, Johannes de Yllianas sei vor seinem Eintritt in die pipstliche Kapelle ,chapelmaster to the bishop of Barcelona" gewesen, entbehrt jeder Grundlage und geht offensichtlich auf eine Verwechslung zuriick. Von den Kompositionen Johannes de Yllianas' ist eine vierstimmige Missa Dominicalis in einer vati- kanischen Handschrift (Capp. Sist. 49) auf uns gekommen.s4

C r i s p i nu s d e s t a p p e n (Crespin Destappen), von 1493 bis mindestens Juli 1508 mit Unterbrechung Singer der pipstlichen Kapelle as. Uber ihn und seine Werke siehe A. Seay, Art. Stappen, in: MGG XII, 1965, Sp. 1185 f.; ergainzend dazu R. Casimiri, Musica e Musicisti nella Cattedrale di Padova nei sec. XIV, XV, XVI, in: Note d'Archivio per la Storia musicale, LXVIII, 1941, S. 14 ff., 166 f. und 172 f. (danach war Crispinus de Stappen nachweislich vom 22. Mai 1492 bis Januar 1493 sowie von August 1498 bis wahrscheinlich Februar 1499 magister cantus am Dom zu Padua).

J a c o b u s u a 1 p o t (Valpot, Walpot, Walpurt), trat zwischen 1494 und 1499 der paipst- lichen Kapelle bei, in der er bis Mirz 1509 nachzuweisen istS6.

24 Vgl. P. EGIDI, a. a. O., S. 162. as HABERL I, S. 243. 26 MGG XIII, Sp. 1270. ' HABERL I, S. 238, Anm. 8 Vgl. J. H. ZEDLER, Grosses vollstiindiges Universal Lexicon III (Halle und Leipzig 1733), Sp. 630;

G. AE. KOCH, Deutsch-Lateinisches vergleidhendes Wbrterbudh der alten, mittleren und neueren Geo- graphie (Leipzig 1838), Sp. 29. 2 HABERL I, S. 245 ff.; FREY I, S. 59, Anm. 6. so Vgl. HABERL I, S. 244. 3S HABERL I, S. 246 f. (F. X. Haberl liest iibrigens stets ,de primis"). 32 HABERL I, S. 244 ff.; FREY I, S. 184 f.; H.-W. FREY, Regesten zur pfipstlichen Kapelle unter Leo X. und zu seiner Privatkapelle, in: Mf IX (1956) (im folgenden zitiert als FREY II), S. 153; R. STEVENSON, Spanish music in the age of Columbus (Den Haag 1960), S. 126 f. 33 A. a. O., S. 126. 34 Vgl. J. M. LLORENS, Capellae Sixtinae Codices musicis notis instructi sive manu scripti sive praelo excussi (Citta del Vaticano 1960), Studi e testi CCII, S. 101. 35 HABERL I, S. 246 ff.; FREY I, S. 59, Anm. 6. 36 Vgl. HABERL I, S. 247 ff.; J. BURCKARDI, Liber Notarum II, S. 189, Anm. 1; FREY I, S. 197, Anm. 73.

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A n t o n i u s W al t e r ij (Walther), aus Briigge, 1496/97 als Singer an St. Peter in Rom nachzuweisen, trat vor Herbst 1499 in die pipstliche Kapelle ein, der er noch im Oktober 1503 angeh6rte37. Er starb am 5. Juni 1505 zu Rom38.

P a u 1 u s d e T r o t t i s (Paulus Trottus), Kleriker der Di6zese Alessandria (Oberitalien), wurde zwischen 1494 und 1499 Mitglied der pipstlichen Kapelle, der er noch im September 1522 (damals als Dekan) angeh6rte39. Er besaB mehrere Pfriinden in Italien und erhielt am 1. November 1517 die Anwartschaft auf Benefizien in Deutschland .40

G a s p a r W e r b e c k. Uber ihn und seine Werke siehe G. Croll, Art. Gaspar van Weerbeke, in: MGG IV, 1955, Sp. 1407ff.; dazu Frey I, S. 70f.; Frey II, S. 55f. - Gaspar van Weerbeke trat iibrigens am 19. Mai 1483 der r6mischen Bruderschaft S. Spiritus et S. Marie in Saxia bei. Da er bei der Aufnahme pers6nlich nicht anwesend war, trug sich in seinem Namen der pipstliche Kapellsinger Jacobus Mercerii in den Liber fraternitatis ein41

B o n u s r o d u l p h i (Radulphi), Kleriker der Di6zese Therouanne, wurde Ende 1499 in die pipstliche Kapelle aufgenommen42, aus der er zwischen September 1507 und Mai 1508 ausschied43.

J o h a n n e s G r u t t e r (Gruter), seit Ende 1499 Singer der pipstlichen Kapelle, deren Mitglied er bis Sommer oder Herbst 1508 blieb44.

Al f o n s u s f r i a s (Alphonsus Roderici de Frias), trat zwischen Februar 1501 und April 1502 in die paipstliche Kapelle ein, der er noch Ende 1516 angehorte. Er besa8 mehrere Pfriinden in Spanien .45

G a r s i a s s al i n a s (Garsias de Salinas), trat zwischen Februar 1501 und April 1502 der pipstlichen Kapelle bei und schied zwischen Juli 1508 und Oktober 1508 aus46. Er besaB mehrere Pfriinden in Spanien (u. a. ein Kanonikat an der Kathedrale zu Cuenca), wo er wahr- scheinlich im Jahre 1522 starb47.

M a r t u r i a n u s p r a t s, wahrscheinlich seit Herbst 1499 Mitglied der pipstlichen Kapelle, in der er sich bis November 1503 nachweisen liijt48. Ob er als der Komponist zweier unter dem Namen ,,Marturia" in spanischen Bibliotheken iiberlieferten Kompositionen zu gelten hat, sei dahingestellt 49.

Thomas J acobi, trat zwischen Februar 1501 und April 1502 in die pipstliche Kapelle ein o. Wahrscheinlich ist er identisch mit Thomas de Fazanis, Kleriker der Di6zese Siena, der bis August 1530 als Singer der pipstlichen Kapelle angeh6rte und mehrere Pfriinden in Italien und Spanien besaB 51.

37 HABERL I, S. 239 und 247; J. BURCKARDI, Liber Notarum II, S. 189, Anm. 1. 38 A. BERTOLOTTI, Artisti Belgi ed Olandesi a Roma nei secoli XVI e XVII (Firenze 1880), S. 306; E. VANDER STRAETEN, La musique aux Pays-Bas avant le XIXe siecle VI (Bruxelles 1882), S. 432; HABERL II, S. 114. R. EITNER (Biographisdc-Bibliographisches Quellen-Lexikon X [Leipzig 1904], S. 164) gibt ohne Quellenhinweis und wohl filschlich den 7. Juni 1505 als Todestag an. 3a HABERL I, S. 247 ff. und 258 f. 40 FREY I, S. 191; FREY II, S. 416. 41 Vgl. P. EGIDI, a. a. O., S. 162. 42 HABERL I, S. 246, Anm. 2; U. BERLIERE, a. a. O., S. 175 (Nr. 813); J. BURCKARDI, Liber Notarum II, S. 189, Anm. 1. 43 Vgl. HABERL I, S. 248; FREY I, S. 59, Anm. 6. 44 HABERL I, S. 247 f.; J. BURCKARDI, Liber Notarum II, S. 189, Anm. 1; FREY I, S. 59, Anm. 6. 45 HABERL I, S. 247; FREY I, S. 59 f. 46 HABERL I, S. 247 f.; FREY I, S. 59, Anm. 6. 47 Vgl. J. M. LLORENs, Juan Escribano, S. 116. 48 HABERL I, S. 246 f.; J. BURCKARDI, Liber Notarum II, S. 189, Anm. 1. 49 Vgl. H. ANGLES, Un manuscrit inconnu avec polyphonie du XVe siecle conserve a la cathedrale de Sigovie, in: AMI VIII (1936), S. 12; DERS., La mUsica en la COrte de los Reyes Cat6licos I, in: Monu- mentos de la Masica Espahola I (1941), S. 17, Anm. 2, und S. 109. 50 HABERL I, S. 247. 51 Vgl. HABERL I, S. 248 und 262; FREY I, S. 194 f.; J. M. LLORENS, Juan Escribano, S. 113.

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Johan nes poc q u etoy (poquetoy, Poqueton), von April 1502 bis Mirz

1509 als Singer in der ptpstlichen Kapelle nachzuweisen 52.

J o h a n n e s s c r i b a n u s. Ober ihn und seine Werke siehe H. Angles, Art. Escribano, in: MGG III, 1954, Sp. 1523 f.; besonders aber J. M. Llorens, Juan Escribano, a. a. 0., S. 97 ff.; ferner R. Stevenson, a. a. O., S. 174 ff.

J o h a n n e s P a 1 a m a r e s (Palomares, Palimares), von 1503 bis Sommer 1524 als pipstlicher Kapellsinger nachweisbar. Unter Papst Leo X. erlangte er am 21. Juni 1516 die Wiirde eines apostolischen Notars 53.

Damit endet die Reihe der pipstlichen Kapellsinger. Es folgt in dem Verzeichnis der capel- lanus missarum:

Al f o n s u s d e T r o i a (Troya), Kleriker aus Toledo. Er trat zwischen 1494 und 1499 als Singer in die pipstliche Kapelle ein, der er bis zu seinem Tod im Dezember 1516 ange- h6rte . Das Amt des capellanus missarum (oder subdiaconus capelle) iibernahm er offen- sichtlich im Friihjahr 150255. In spiteren Jahren (mindestens seit 1513) war er auch apostolischer Notar und besaB Pfriinden in der Diizese Toledo 56. In Alfonso de Troia darf man vielleicht den Komponisten der unter dem Namen ,,Troya" im Cancionero Musical de Palacio (Biblioteca Nacional Madrid) iiberlieferten drei Vokalsttze sehen 57.

Dem vorliegenden Verzeichnis zufolge gehbrten zur pipstlichen Kapelle schlie1kich noch ein capellanus 5s, zwei clerici campanarum sowie ein Schreiber.

52 Vgl. HABERL I, S. 247 ff.; FREY I, S. 197, Anm. 73.

15 HABERL I, S. 248 und 259; FREY II, S. 152. 54 Vgl. HABERL I, S. 246 ff.; J. BURCKARDI, Liber Notarum II, S. 189, Anm. 1; FREY I, S. 60 und 197, Anm. 73.

55 Vgl. J. BURCKARDI, Liber Notarum II, S. 324. 56 FREY I, S. 60. 57 Siehe H. ANGLES, La

ma•sica en la Corte de los Reyes Cat6licos I, S. 97, 99 und 102; DERS.,

a. a. O. II, in: Monumentos de la M'sica Espaiola V (1947), S. 26, 28, 32, 77f. und 216; DERS., a. a. O. III, in: Monumentos de la Muasica Espaiola X (1951), S. 165; R. STEVENSON, a. a. O., S. 296. 58 Vgl. P. PICCOLOMINI, a. a. O., S. 154. 1 Italienische Musikinstrumente in der Praxis des Generalbafl-Spiels: Das Arpichord, dans: Bericht iiber den siebenten internationalen Musikwissenschaftlichen Kongrefl Kbln 1958 (Kassel 1959), pp. 76-78. 2 Conclusioni nel suono dell'organo (Brescia 1609), p. 44. Voir GAETANO GASPARI, Catalogo della Biblioteca Musicale G. B. Martini di Bologna Vol. 1 (Bologne 1809); re'd. anast. (Bologne 1961), pp. 52-54.

L'Arpicordo ARMAND NEVEN (LIUGE)

L'arpicordo designe a la fois un registre propre aux clavecins, pinettes, virginals et un cordophone a clavier, Au XVIe siecle, il n'est cite qu'en Italie et conjointement avec le clavecin et I'6pinette, ce qui, en principe, exclut son identite avec l'un ou l'autre de ces deux instruments. Aucun document ne le de&rivant explicitement, nous en sommes reduits a conjecturer et a saisir par induction sa nature specifique.

La plupart des dictionnaires, encyclopedies et ouvrages organologiques le taisent, le definis- sent comme synonyme de clavecin en Italie ou encore en font une variante du clavecin, sans toutefois preciser en quoi il pouvait en differer. Luisa Cervelli l a tente de l'identifier avec l'epinette en se fondant principalement sur un temoignage de Adriano Banchieri2 que

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