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G. Bieniicker u. E. A. Bommer. Die katalytische Athylenhydrierung usw. 263 Die katalytische Athylenhydrierung an Kupfer-Silber-Legierungen [Katalytische Untersuchungen an Legierungen. IV. ')I Von G. RLENACRER und E. A. BOMMER Mit 3 Abbildungen im Text In friiheren Mitteilungen aurde iiber einige Modelluntersuchungen zur Frage der Mehrstoffkatalysatoren berichtet. Als Beispiel einer mehrphasigen Katalysatorreihe wurden Kupfer-Silber-Legierungen untersucht a), die bei der Katalyse des Bmeisensanredampf-Zerfalles ein unerwartetes Verhalten zeigten : Die Aktivierungsenergien des Zerfalles an Legierungen rerschiedener Zusammensetzung bewegten sich zwischen 17300 cal bei 3 Atom-('/, Ag und 27700 cal bei 59 Atom-"/, Ag, an reinem Kupfer wurden dagegen 21 600 cal, an reinem Silber 18 800 cal gefunden. Da in allen Legierungen quali- tativ der gleiche Stoff vorlag (Gemenge aus gesattigten kupferreichen und silberreichen Mischkristallen), war dies Ergebnis schwer ver- syandlich, es lieB erkennen, daB fiir die katalytische Wirksamkeit der Phasengrenzlinien in Gemengen das Mengenverhaltnis der Komponenten offenbar auch von Bedeutung sein kann. Aus Untersuchungen des Ameisensauredampf-Zerfalles an ande- ren Legierungen konnte geschlossen werden l), da8 gerade diese lteaktion in sehr empfindlicher Weise auf geringe Veranderungen der Eigenschaften des Katalysators anspricht. Daher erschien es wiinschenswert, die Katalyse anderer Gasreaktionen an den gleichen Kupfer-Silber-Legierungen zu untersuchen, um zu priifen, ob das Verhalten dieser Katalysatoren auch hier beobachtet merden kann, oder ob es iiur Lei der sehr empfindlichen Testreaktion der Ameisen- skure-Dehydrierung auftritt. So wurden Versuche iiber die Dehydrie- rung des Methanols und des Athanols an diesen Legierungen in Angriff genommen, jedoch M arem die Aktivitiiten unserer Katalysa- toren so gering, daB bei den dadurch notigen hohen Temperaturen I) HI. vgl. voranstehende Mitteilung. G. RIENACKER u. W. DIETZ, Z. anorg. allg. Chem. '388 (1 936), 65.

Die katalytische Äthylenhydrierung an Kupfer—Silber-Legierungen [Katalytische Untersuchungen an Legierungen. IV.]

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G. Bieniicker u. E. A. Bommer. Die katalytische Athylenhydrierung usw. 263

Die katalytische Athylenhydrierung an Kupfer-Silber-Legierungen

[Katalytische Untersuchungen a n Legierungen. IV. ')I Von G. RLENACRER und E. A. BOMMER

Mit 3 Abbildungen im Text

In friiheren Mitteilungen aurde iiber einige Modelluntersuchungen zur Frage der Mehrstoffkatalysatoren berichtet. Als Beispiel einer mehrphasigen Katalysatorreihe wurden Kupfer-Silber-Legierungen untersucht a), die bei der Katalyse des Bmeisensanredampf-Zerfalles ein unerwartetes Verhalten zeigten : Die Aktivierungsenergien des Zerfalles an Legierungen rerschiedener Zusammensetzung bewegten sich zwischen 17300 cal bei 3 Atom-('/, Ag und 27700 cal bei 59 Atom-"/, Ag, an reinem Kupfer wurden dagegen 21 600 cal, an reinem Silber 18 800 cal gefunden. Da in allen Legierungen quali- tativ der gleiche Stoff vorlag (Gemenge aus gesattigten kupferreichen und silberreichen Mischkristallen), war dies Ergebnis schwer ver- syandlich, es lieB erkennen, daB fiir die katalytische Wirksamkeit der Phasengrenzlinien in Gemengen das Mengenverhaltnis der Komponenten offenbar auch von Bedeutung sein kann.

Aus Untersuchungen des Ameisensauredampf-Zerfalles an ande- ren Legierungen konnte geschlossen werden l), da8 gerade diese lteaktion in sehr empfindlicher Weise auf geringe Veranderungen der Eigenschaften des Katalysators anspricht. Daher erschien es wiinschenswert, die Katalyse anderer Gasreaktionen an den gleichen Kupfer-Silber-Legierungen zu untersuchen, um zu priifen, ob das Verhalten dieser Katalysatoren auch hier beobachtet merden kann, oder ob es iiur Lei der sehr empfindlichen Testreaktion der Ameisen- skure-Dehydrierung auftritt. So wurden Versuche iiber die Dehydrie- rung des Methanols und des Athanols an diesen Legierungen in Angriff genommen, jedoch M arem die Aktivitiiten unserer Katalysa- toren so gering, daB bei den dadurch notigen hohen Temperaturen

I ) HI. vgl. voranstehende Mitteilung. G. RIENACKER u. W. DIETZ, Z. anorg. allg. Chem. '388 ( 1 936), 65.

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264 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 236. 1938

3 Ag

37 Ag

59 Ag

84 Ag

92 Ag 97 Ag

100 Ag

in unubersichtlicher Weise Folgereaktionen auf traten, die eine Aus- wertung der Versuche unmoglich machten l). Jedoch verlief die Hy- drierung des Xthylens glatt und mit guter Reproduzierbarkeit der Ergebnisse, uber diese Messungen wird in der vorliegenden Mit- teilung beric h t e t.

I. Katalysatoren

Es wurden die gleichen, in Drahtform vorliegenden Legierungen benutzt, die in der friiheren Mitteilung beschrieben wurden, und die wir der Freundlichkeit der Firma G. Rau in Pforzheim verdankten. Der mittlere Korndurchmesser dieser sehr lange gegluhten Proben wurde durch mikroskopische Untersuchungen bestimmt, Tabelle 1 gibt eine nbersicht iiber die Zusammensetzung und die Eigen- schaften der Legierungen.

Tabelle 1 nbersicht iiber die Katalysatoren

Draht 0,2 mm

Draht 0,l mm

Draht0,24 mm

Draht 0,2 mm

Draht 0,2 mm Draht 0,2 mm

Blech (Feinsilbei des Handels)

- - Nr __ -

1 2

3

4

5

6 7 8

Ober- fltiche in cmp

396 444

275

232

534

469 35 7 294

Gefiige

grobe Kristallite ;robe Cu-Kristallite mit feinen Silber-

adern feinkijrnige Kristallite

Eutektikum, feinkornig

Silberkristallite mit Eutekti kum

Silberkristallite Silberkristallite

ziemlich grobkornig

____-___.

Mittlerer Rorndurch- messer (cm)

0,013 0,013

0,001

0,001

0,003

0,003

0,005 0,002

Die Metalle wurden vor den Messungen nochmals rund 24 Stun- den in reinem Wasserstoff bei 700° ausgegliiht.

2. Versuchsanordnung

Die Hyhierung wurde nach der Stromungsmethode untersucht. Die Versuchsanordnung bestand aus den Reinigungsanlagen fiir xthylen uod Wasserstoff, einem Gasometer zur Aufbewahrung des

1) Im Reaktionsprodukt des Zerfalls von Athanol an 59 Atom-o/, Ag bei 6100 C wurden z. B. gefunden: 2,5O/, H,, 52,3O/, CH,, go//, C,H,, 27O/, CO, der Rest wurde nicht untersucht.

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Gemisches der gereinigten Ausgangsgase, dem Reaktionsrohr, das durch einen elektrischen Ofen geheizt wurde und einer Gasbiirette zum Sammeln der Reaktionsprodukte. Der einer Stahlflasche ent- nommene Wasserstoff passierte die schon friiher beschriebene Reini- gung l) mit gekiihlter Aktivkohle; das Xthylen (I. G. Farbenindustrie), das in einem Reinheitsgrad von rund 98°/02) zur Verfiigung stand, wurde mit konzentrierter Kalilauge und konzentrierter Schwefelsaure gewaschen, mit gekiihlter Aktivkohle gereinigt und im glasernen Gasometer iiber gesattigter Natriumchloridlosung mit dem Wasser- stoff gemischt. Das Mischungsverhaltnis pruften wir durch Analysen von Gasproben (Absorption des C,H, mit Brom).

Das Gasgemisch durchstrich zur Trocknung ein Chlorcalcium- und ein Phosphorpentoxydrohr und trat dann unter Zwischenschal- tung eines Stromungsmessers (Staukapillare mit Manometer) in das Reaktionsrohr aus Supremax von 15 mm Durchmesser und 50 cm Lange ein. Der Katalysator befand sich in Form locker aufgerollten Drahtes oder Bleches in der zweiten Halfte der geheizten Rohr- lange, so daB eine ausreichende Vorwarmung der Gase gewahrleistet war. Alle Verbindungen zwischen Gasreinigung, Gasometer und Reaktionsrohr waren verschmolzen oder mit Glasschliffen hergestellt. Die Reaktionsprodukte wurden in 100 cm3 fassenden Gasburetten (Azotometern) aufgefangen, es wurde darauf geachtet, daB die Stro- mungsgeschwindigkeit durch Einschaltung dieser Buretten sich nicht veranderte. Das Reaktionsrohr war auBer mit der Zuleitung fur das Reaktionsgemisch noch mit der Wasserstoff leitung verbunden, so daB die Katalysatoren vor den Versuchen im Reaktionsrohr selber im Wasserstoff!strom ausgegluht werden konnten. Zur Tem- peraturmessung diente ein haufig nachgeeichtes Eisen-Konstantan- Thermoelement mit hoher Thermokraft, dessen Lotstelle dicht neben dem Katalysator lag.

3. Ausfiihrung der Messungen Nachdem der Katalysator im Wasserstoffstrom ausgegluht worden

war, lieB man das Gemisch der Ausgangsgase (Mischungsverhaltnis stets ungefahr 1 : 1) rnit einer Stromungsgeschwindigkeit von 20 cm3/min in das Reaktionsrohr treten. Die Temperatur des Ofens wurde von Hand reguliert, die Versuchstemperaturen lagen zwischen 550 O und 700O C. Nun wurden laufend bei langsam steigender und lang- Sam fallender Temperatur von dem Reaktionsprodukt Gasproben

l) G. RIENACKER u. W. DIETZ, 1. C.

2, Verunreinigungen: 0,5-0,7 O i 0 C*H,; 0,5-1 o/o C,H,; 0,5-1 O i 0 CH,.

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entnommen, wahrend der Dauer der Probenahmen war die Ofen- temperatur auf rund 1 0 konstant. In diesen Gasproben konnte durch Absorption init Rrom die nicht umgesetzte Menge Bthylen bestimmt werden.

Unter Beriicksichtigung der Volumkontraktion bei der Reaktion wurde dann die in 100 crn3 Reaktionsprodukt no& vorhandene Menge xthylen(g) umgerechnet aufdieMenge, dienachUmsatzvongenau 100cm3 des Ausgangsgases noch rorhanden sein wiirde (a) unter Benutzung

des Ansatzes a = * (loo - ') , wobei p den Prozentgehalt des

Ausgangsgases an xthylen bedeutet. Aus dem nmgerechneten Wert lie8 sich die Menge des gebildeten xthans und der Umsatz (Prozent der angewandten xthylenmenge) berechnen.

An jedem Katalysator wurden mehrere MeBreihen bei steigender und fallender Tempera tur ausgefiihrt, die erhaltenen Werte waren gut reproduzierbar. Gelegentlich beobachteten wir geringe Schwan- lrungen der Aktivitgten der Katalysatoren, doch blieb trotzdem der Temperaturkoeffizient der Reaktionsgeschwindigkeit beim gleichen Katalysator in verschiedenen MeBreihen stets konstant. Die Aktivitits- schwankungen waren bedeutend geringer als bei der Untersuchung des Ameisensauredampfzerfalles.

100 - g

4. Ergebnisse

Um AufschluB iiber die Beaktionsordnung zu erhalten, wurde die Abhangigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit vom Teildruck des Bthylens im Ausgangsgase untersucht ; als Katalysator diente die Legierung niit 84 Atom-O/, Ag. Bei 625O C und einer Stromungs- geschwindigkeit von 20 cm3/min ergaben sich folgende Werte :

I cm3 C ~ H ~ im Reaktionsprodukt Urnsatz

" l o ___ (umgerechnet auf 100 cm3 Auagangsgas)

Die entstantlene xthanmenge war clemnach proportional dem Teil- druck des hhylens im Ausgangsgas, der prozentische Umsatz war unabhangig von der Zusamrnensetzung des Gemisehes. Die Hydrie- rung verlief also nach der ersten Ordnung, und ZUP Charakterisierung der Reaktionsgeschwindigkeit war der prozentische Umsatz einzusetzen.

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G. RienBcker u. 1:. A. Boinmer. Die katalytische Athylenhydrierung usw. 267

_____.__

2,3 I 14,8 2,2 12,l

Bei allen im folgenden benutzten Messungen waren die Versuchs- temperaturen so gemahlt, daB die Umsatze zwischen 15 und 65°/0 lagen.

Die Logarithmen der Umsatze ergaben, gegen die reziproke Tem- peratur aufgetragen, eine Gerade; als Beispiel sind die Temperatur- 6

b f 4 abhangigkeiten der Hydrierung an < Ql2 der Legierung mit 97 Atom-O/, Ag

und an reinem Silber in Abb. 1

Aus der Neigung der Geraden lieB sich in ublicher Weise die (scheinbare) Aktivierungsenergie ausrechnen. Die gesamten Versuchs- ergebnisse sind in Tabelle 2 und den Abb. 2 und 3 wiedegegeben.

Tabelle 2 Ubersicht iiber die Ergebnisse

&;I\- ~m M o$& 08 70 II 14 16 I8

Abb. 1. Temperaturabhiingigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit

-+ dargestellt. T

0:37 1 1,17 0 34 1,08

Katalysator

Zusammen-

(Atom-O/,) Nr. 1 setzung

7 1 1OOCu ___ -

2 3 Ag 3 1 37Ag

59 Ag 1 8 4 A g 92 Ag

8 100 Ag

Reziproker Korn-

durchmesser em-'

80 80

1000 1000 350 350 500 200

__.._ - Aktivitat A 1 log A _____ ____.-

I I

550OC 70OoC 55OOC 7OOOC "lo I "0 ~ I

Iktivierungs- energie

kcal

19,5 17,1

15,7 15,8 16,6 19,l 27,l

15,9

Urn die Katalysatoren vergleichen zu kijnnen, sind die prozentischen Umsatze auf eine Katalysatoroberflache von 100 cm2 umgerechnet worden (= Aktivitat A). Die Aktivierungsenergien sind in Abb. 3 auf der Ordinaten in abnehmender Reihenfolge aufgetragen, da ja einer Abnahme dieser GroBe eine hohere katalytische Leistung ent- spricht.

Akt iv i ta ten . Aus Tabelle 2 und Abb. 2 geht hervor, daB die Aktivitaten aller Legierungen grofienordnungsmafiig gleich sind. Die geringen Unterschiede lassen sich auf die verschiedene KorngrSBe zuriickfuhren. (Vgl. Tabelle 1.) Die feinkornigsten Katalysatoren (Nr. 3 und 4) haben die griiBte Aktivitat, die grobkornigsten (Nr. 1, 2 und 8) die geringste.

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Mit abnehmender KorngroBe steigt die Lange der Korngrenz- linien pro Einheit der Katalysatoroberfliche, und z war ist die Eange dem Korndurchmesser umgekehrt proportional. Ein Vergleich dieser GroBe mit den Aktivitaten (Tabelle 2 und Abb. 2) zeigt, daB

eine gute Parallelitat besteht. Die Ansicht, daB hauptsach- lich an den Phasengrenzlinien die katalysierte Reaktion vor sich geht I), wird durch diesen Befund bestatigt. Der be- obachtete Gang der Aktivi- taten ist also eine Folge der verschiedenen Lange der Phasengrenzlinien; daruber hinaus treten in dieser Misch- katalysatorenreihe keine Ver- starkungen oder Abschwa- chungen auf, die sich in starker Beeinflussung der Aktivitaten aubern.

Ak t i v i e r u n g s en e r g i e n. Die reinen Komponenten Kup- fer undSilber zeigen die grofite Aktivierungsenergie, sind also die am wenigsten wirksamen Katalysatoren. Eine Zu- mischung des anderen Legie- rungspartners zu den reinen Metallen in so kleinenMengen, wie es der MischbarkCit ent-

Abb. :3. Aktivierungsenergien spricht, bewirkt eine Ab- nahme der Aktivierungs-

energie, also eine ,,synergetische" Verstiirkung 2, der Katalysatoren, die besonders auf der Silberseite sehr grofi ist (Abnahme von 27 auf 17 kcal). Beim- fjberschreiten der Mischbarkeitsgrenzen, die in den Abbildungen clurch punktierte Linien angedeutet sind, tritt nun sowohl von der Kupferseite als auch von der Silberseite des Systems her zwar noch eine geringe weitere Verstarkung auf, doch haben mit

cm-7

A i m -% Ag --c

Abb. 2. KorngroBe und Aktivitaten

Afom ~ X Ag-

1) G. M. SCHWAB u. E. PIETSCH, Z. phys. Chem. (B) 1 (1928), 385. 2) Vgl. C. M. SCHWAB u. H. SCHLILTEB, Z. phys. Chem. (B) 9 (1930), 265.

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groBer Annaherung die Legierungen im Gebiete der Mischungsliicke die katalytischen Eigenschaften der gesattigten Mischkristalle (Akti- vierungsenergien von rund 16 kcal). Die reinen Metalle werden also verstarkt durch homogene Beimischung des anderen Legierungs- partners, bei den heterogeuen Gemengen liegt annahernd Additivi- tat vor.

Die Kupfer-Silber-Legierungen zeigen demnach bei der Xthylen- hydrierung ein wesentlich einfacheres und iibersichtlicheres Ver- halten als bei der Ameisensaure-Dehydrierung, die friiher an dem gleichen Katalysatormaterial untersucht wurde. Es ist durchaus vorauszusehen, daB gleiche Mischkatalysatorreihen sich verschiedenen Substraten gegeniiber unterschiedlich verhalten, sonst ware die Spezifitat mancher Katalysatoren nicht verstandlich. Offenbar ist die Xthylenhydrienmg ein groberer Test als die Ameisenslure-Spaltung ; bei der Hydrierung sind alle zweiphasigen Legierungen in erster An- naherung gleich, die Wechselwirkung zwischen Phasengrenzlinie und Substratmolekel ist einigermaSen unabhangig von dem Mengen- verhaltnis der Legierungskomponenten. Die Aktivierungsenergien des Ameisensauredampf-Zerfalls (in Abb. 3 zum Vergleich nochmals wiedergegeben), der sich auch bei der Untersuchung anderer Kataly- satoren als sehr empfindliche Testreaktion erwiesen hatte, zeigte jedoch, daB eine Abhangigkeit der Eigenschaften der wirksamen Bezirke der Katalysatoroberflache von : der Zusammensetzung un- zweifelhaft besteht. Es hangt offenbar von der Empfindlichkeit der Testreaktion ab, ob sich diese Einfliisse geltend machen konnen oder nicht.

Die Untersuchung dieses recht einfachen Zweistoffsystems mit der Methode der Katalyse hat also ergeben, daB eine Ableitung der Eigenschaften der Mischungen aus denen der Bestandteile nicht ohne weiteres miiglich ist; es kann zwar Additivitat vorliegen, wie im hier dargestellten Falle, sie kann aber auch iiberdeckt sein durch noch unbekannte Einfliisse.

Zusammenfassung

Die Hydrierung des hhylens wird an einfachen' Mehrstoff- katalysatoren, an Kupfer-Silber-Legierungen, nach der Stromungs- methode untersucht. Die Reaktion verlauft nach erster Ordnung.

Die Aktivitaten der Katalysatoren hangen von der Kristallit- groBe der kompakten Metalle ab.

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Die Ak1,ivierungsenergien der Reaktion an den reinen Metallen werden durch homogene Zumischung stark ernieclrigt, die gesattigten Mischkristalle sind Katalysatoren hoherer Wirksamkeit. Im Gebiete der Mischungsliicke herrscht AdditivitBt , die heterogenen Legie- rungen haben die katalytischen Eigenschaften ihrer Komponenten.

Die Ergebnisse werden mit denen der Ameisensauredampf- Spaltung an den gleichen Katalysatoren verglichen.

Gdttiwgen, Technologisch-chemisches Institut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 8. Januar 1938.