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Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 1 von 27
Die Katastrophe von Tschernobyl
Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Katastrophe_von_Tschernobyl;
Fassung wie am 1.10.2010 vorgefunden)
Die Katastrophe von Tschernobyl (auch: Super-GAU
von Tschernobyl) ereignete sich am 26. April 1986 im
Kernkraftwerk Tschernobyl nahe der Stadt Prypjat,
Ukraine (damals Ukrainische Sowjetrepublik), als Folge
einer Kernschmelze und Explosion im Kernreaktor
Tschernobyl Block 4. Sie gilt als die schwerste nukleare
Havarie und als eine der schlimmsten
Umweltkatastrophen aller Zeiten. Auf der INES-Skala
wurde sie als bisher einziges Ereignis mit dem
Höchstwert 7 (katastrophaler Unfall) eingestuft.
Grundlegende Mängel in der Konstruktion des Reaktors
sowie Planungs- und Bedienungsfehler bei einem
Versuch schaukelten sich auf und bewirkten einen
Super-GAU. Große Mengen an radioaktivem Material
wurden in die Luft geschleudert und verteilten sich
hauptsächlich über die Region nordöstlich von
Tschernobyl, aber auch über viele Regionen Europas.
Der Unfall führte bei einer nicht genau bekannten Zahl
von Menschen zum Tod. Bei vielen Erkrankungen wird
die Strahlung als mögliche Ursache angesehen. Dazu
kommen psychische, soziale, ökologische und
ökonomische Schäden. Über die zu erwartenden
Langzeitfolgen besteht seit Jahren ein Streit auch unter
Wissenschaftlern.
Nach der Katastrophe hatten hunderttausende Helfer, so
genannte Liquidatoren, einen Sarkophag – einen
provisorischen Betonmantel – um den explodierten
Reaktor errichtet. Dieser ist inzwischen an vielen Stellen
gerissen und droht einzustürzen. Mit ausländischer
Finanzhilfe soll deshalb in den kommenden Jahren eine
neue Schutzhülle gebaut werden.
Bekannt ist die Katastrophe unter dem russischen
Namen der Nachbarstadt Tschernobyl, da Russisch zum
Zeitpunkt der Katastrophe Hauptamtssprache war. Der
heute amtliche ukrainische Name der Stadt lautet
Tschornobyl. Vereinzelt werden auch die englischen
Schreibweisen Chernobyl bzw. Chornobyl verwendet.
Reaktor Nr. 4 in Tschernobyl im September
2006
Lage des Kraftwerks in der Nähe der Stadt
Prypjat
Satellitenbild der Region aus dem Jahr 1997
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 2 von 27
Inhaltsverzeichnis
1 Die Katastrophe
o 1.1 Ursachen
o 1.2 Geplanter Versuchsablauf
o 1.3 Chronologie der Ereignisse
2 Folgen der Reaktorkatastrophe
o 2.1 Vorbemerkung zu den verschiedenen Studien
o 2.2 Kontaminierte Gebiete
o 2.3 Strahlenexponierte Personengruppen
o 2.4 Gesundheitliche Folgen
2.4.1 Akute Strahlenkrankheit
2.4.2 Langzeitfolgen
2.4.3 Schilddrüsenkrebs und Leukämien
2.4.4 Andere Krebserkrankungen
2.4.5 Genetische und teratogene Schäden
2.4.6 Andere (körperliche) Gesundheitsfolgen
2.4.7 Mentale Gesundheit und psychosoziale Auswirkungen
o 2.5 Wirtschaft
o 2.6 Personelle Konsequenzen
3 Reaktionen auf das Unglück außerhalb der ehemaligen Sowjetunion
o 3.1 Bundesrepublik Deutschland
o 3.2 DDR
o 3.3 Diskussion nach zwanzig Jahren
4 Tschernobyl und die gesperrte Zone nach dem Unfall
5 Das Kernkraftwerk Tschernobyl heute
6 Gedenken
o 6.1 Veranstaltungen
o 6.2 Museum und Mahnmale
o 6.3 Ausstellungen, Konzerte und andere Aktivitäten
7 Literatur
8 Weblinks
o 8.1 Wissenschaftliches
o 8.2 Dokumentation
o 8.3 Fotodokumentation
o 8.4 Videodokumentation
o 8.5 Audiodokumentation
9 Einzelnachweise
Die Katastrophe
Ursachen
Die Katastrophe ereignete sich bei der Durchführung eines Versuchs unter Leitung des
stellvertretenden Chefingenieurs Anatoli Stepanowitsch Djatlow, der den Nachweis einer
ausreichenden Stromversorgung nach einer Reaktorabschaltung bei gleichzeitig unterstelltem
Totalausfall der Versorgung durch das äußere Stromnetz hätte erbringen sollen (Simulation
eines totalen Stromausfalls). Als Hauptursachen für die Katastrophe gelten schwerwiegende
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 3 von 27
Verstöße gegen geltende Sicherheitsvorschriften während des Versuches durch die
Operatoren sowie die bauartbedingten Eigenschaften des mit Graphit moderierten
Kernreaktors vom Typ RBMK-1000 und dessen Betrieb in einem unzulässig niedrigen
Leistungsbereich.[1] Kennzeichnend für diesen Reaktortyp unter dieser Voraussetzung ist ein
stark positiver Void-Koeffizient – die Verringerung der Neutronenabsorption des
Kühlwassers infolge von Dampfblasenbildung (Dichteänderung) bei Leistungssteigerung. Ein
hoher Void-Koeffizient wurde gleichzeitig durch den fortgeschrittenen Abbrand des
Kernbrennstoffes begünstigt. Weiterhin war die betriebliche Reaktivitätsreserve (minimal
erforderliche Reaktivitätsbindung durch hinreichend in den Reaktor eingefahrene Steuerstäbe)
nicht in das automatische Reaktorsicherheitssystem eingebunden, sondern lediglich ein
Minimalwert in den Betriebsvorschriften vorgegeben. Dieser Minimalwert war bereits
Stunden vor Beginn des Versuchs unterschritten, der Reaktor hätte abgeschaltet werden
müssen. Außerdem hatte die Betriebsmannschaft Sicherheitssysteme abgeschaltet, um im
Bedarfsfall den Versuch wiederholen zu können. Die automatisch arbeitenden
Sicherheitssysteme hätten das ansonsten planmäßig verhindert; wie weit sie – im
eingeschalteten Zustand – bei den gegebenen ungeplanten Randbedingungen des Versuchs
auch dessen Erstdurchführung oder zumindest den Eintritt einer Katastrophe bei
Durchführung verhindert hätten, ist umstritten.
Die endgültige Auslösung der explosionsartigen Leistungsexkursion war wahrscheinlich auf
eine weitere konstruktive Besonderheit des Regelstabsystems zurückzuführen: Ein Großteil
der Steuerstäbe hat an ihrem unteren Ende Graphitspitzen, die beim Einfahren aus der oberen
Endlage zunächst eine positive Reaktivitätszufuhr (Leistungssteigerung) in Höhe eines halben
Betas bewirken, eine Leistungsminderung ergibt sich erst bei größerer Einfahrtiefe.
Als der Schichtleiter Aleksandr Akimow schließlich die Reaktorschnellabschaltung auslöste,
ist genau dieser Effekt eingetreten: Viele Stäbe fuhren gleichzeitig ein und führten dadurch
dem Reaktor mehr Reaktivität zu. Dieser wurde prompt überkritisch, das heißt die
Kettenreaktion der Kernspaltungen lief auch ohne verzögerte Neutronen von allein weiter und
war daher nicht mehr regelbar. Die Leistung stieg so innerhalb von Sekundenbruchteilen auf
ein Vielfaches (vermutlich etwa auf das Hundertfache) der Nennleistung an.
Eine weitere Schwäche des RBMK war ein fehlender Sicherheitsbehälter (Containment), auch
wenn unklar ist, ob dieser den Explosionen standgehalten hätte.
Umstritten ist auch der tatsächliche Anteil von Fehlentscheidungen des Kraftwerkpersonals
am Zustandekommen des Unglücks. Dass Betriebsvorschriften verletzt wurden, ist Tatsache –
in welchem Umfang sie dem Personal bekannt waren, ist fraglich. Unerfahrenheit und
unzureichende Kenntnisse, insbesondere im Zusammenhang mit der Leistungsanhebung des
(mit Xenon vergifteten) Reaktors werden angeführt. Da beim Versuch ein neuartiger
Spannungsregler getestet werden sollte, bildeten Elektrotechniker einen Großteil des
anwesenden Personals.
Getreu der Geheimhaltungspolitik wurden wie bei früheren Störfällen in den Kernkraftwerken
Ignalina und Leningrad weder sorgfältige Untersuchungen angestellt noch das Personal in den
übrigen Kraftwerken mit wichtigen Informationen versorgt.
Wesentlich zum Zustandekommen des Unfalls beigetragen hat die Verschiebung des
Versuchs um rund einen halben Tag. Die lange Haltezeit auf Teillast führte zu einer
Anreicherung des Reaktors mit neutronenabsorbierendem Xenon-135. Dadurch wurde das
neutronenphysikalische Verhalten des Reaktors wesentlich komplexer und unübersichtlicher.
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 4 von 27
Weiterhin war zum Zeitpunkt des Versuchs ein anderes Schichtpersonal anwesend, als
ursprünglich geplant war.
Geplanter Versuchsablauf
Auch ein abgeschaltetes Kernkraftwerk ist auf die Versorgung mit elektrischer Energie
angewiesen, beispielsweise zur Aufrechterhaltung der Kühlung und für die Instrumentierung
und Überwachung. Im Normalfall wird der Bedarf aus dem öffentlichen
Energieversorgungsnetz gedeckt. Ist das nicht möglich, laufen Notstromaggregate an.
Im Rahmen einer zwecks Wartungsarbeiten anstehenden Abschaltung des Reaktors sollte nun
gezeigt werden, dass die Rotationsenergie der auslaufenden Turbinen bei gleichzeitig
unterstelltem Netzausfall ausreicht, die Zeit von etwa 40 bis 60 Sekunden bis zum vollen
Anlaufen der Notstromaggregate zu überbrücken. Nach Sicherheitsvorschriften hätte der
Versuch bereits vor der kommerziellen Inbetriebnahme im Dezember 1983 durchgeführt
werden sollen.
Ein (durch Xenon-135) unvergifteter Reaktor ohne Abbrand hätte sicherere Voraussetzungen
geboten. Warum das unterblieben ist, ist nicht bekannt. Ein im Block 3 des Kraftwerkes
bereits durchgeführter Versuch war 1985 fehlgeschlagen, weil die Spannung zu schnell
abfiel.[2] Nun sollte der Versuch im Block 4 mit einem verbesserten Spannungsregler
wiederholt werden.
Es war vorgesehen, den Versuch bei reduzierter Reaktorleistung (zwischen 700 bis
1.000 MWth) durch Schließung der Dampfzufuhr zu den Turbinen einzuleiten.
Chronologie der Ereignisse
Freitag, 25. April 1986, 01:06: Als erster Schritt sollte die thermische Leistung des Reaktors
von ihrem Nennwert bei 3200 Megawatt (MW) auf 1000 MW reduziert werden, wie bei einer
Regelabschaltung üblich. Der Reaktor sollte sowohl für eine Revision als auch für den Test
abgefahren werden.[3]
25. April 1986, 13:05: Aufgrund erhöhter Stromnachfrage wird auf Anweisung des
Lastverteilers in Kiew die Leistungsabsenkung bei einer erreichten Leistung von 1600 MW
unterbrochen und der Reaktor mit dieser Leistung konstant weiter betrieben. Bei diesen etwa
50 % Leistung wird der Turbogenerator 7 abgeschaltet.[3]
25. April 1986, 14:00: Es wird begonnen, das Notkühlsystem abzuschalten. Grund dafür war,
dass bei einem Notkühlsignal kein Wasser in den Reaktor gepumpt werden soll.[3]
25. April 1986, 23:10: Es erfolgt die Freigabe zur weiteren Leistungsabsenkung. Der Reaktor
soll nun langsam auf 25 % der Nennleistung abgefahren werden.[3]
Samstag, 26. April 1986, 00:00: Eine neue Schichtmannschaft übernimmt den Reaktor.
26. April 1986, 00:28: Bei 500 MW erfolgte eine Umschaltung innerhalb der
Reaktorleistungsregelung. Durch einen Bedienfehler, durch den der Sollwert für die
Gesamtleistungsregelung möglicherweise nicht richtig eingestellt wurde, oder auf Grund
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 5 von 27
eines technischen Defekts sank die Leistung weiter bis auf nur noch etwa 30 MW, was ca.
1 % der Nennleistung beträgt.
Wie nach jeder Leistungsabsenkung erhöhte sich vorübergehend die Konzentration des
Isotops Xenon-135 im Reaktorkern („Xenonvergiftung“). Da Xenon-135 als Neutronengift
die für die nukleare Kettenreaktion benötigten Neutronen sehr stark absorbiert, nahm
aufgrund der Konzentrationszunahme die Reaktivität des Reaktors immer weiter ab. Als die
Betriebsmannschaft am 26. April 1986 um 00:32 Uhr die Leistung des Reaktors durch
weiteres Ausfahren von Steuerstäben wieder anheben wollte, gelang ihr das infolge der
mittlerweile aufgebauten Xe-Vergiftung nur bis zu etwa 200 MW oder 7 % der Nennleistung.
Obwohl der Betrieb auf diesem Leistungsniveau unzulässig war (laut Vorschrift durfte der
Reaktor nicht unterhalb von 20 % der Nennleistung betrieben werden, was 640 MW
entspricht) und sich zu diesem Zeitpunkt außerdem viel weniger Steuerstäbe im Kern
befanden, als für einen sicheren Betrieb vorgeschrieben waren, wurde der Reaktor nicht
abgeschaltet, sondern der Betrieb fortgesetzt.
26. April 1986, 01:03 bzw. 01:07: Bei Schließen der Turbineneinlassventile läuft
normalerweise das Kernnotkühlsystem an. Dieses war jetzt jedoch ausgeschaltet. Um dessen
Stromverbrauch für den Versuch zu simulieren, wurden nacheinander zwei zusätzliche
Hauptkühlmittelpumpen in Betrieb genommen. Der dadurch erhöhte Kühlmitteldurchsatz
verbesserte die Wärmeabfuhr aus dem Reaktorkern und reduzierte demgemäß den
Dampfblasengehalt in ihm. Der positive Dampfblasen-Koeffizient bewirkte eine
Reaktivitätsabnahme, auf welche die (automatische) Reaktorregelung mit dem Herausfahren
weiterer Steuerstäbe reagierte. Der Reaktorzustand verschob sich weiter in den unzulässigen
Bereich.
26. April 1986 01:19: Die Wasserzufuhr in den Reaktor wird erhöht, um so die Warnsignale
zu deaktivieren.[3]
26. April 1986 01:22: Es gelingt, den Reaktor zu stabilisieren und den Wasserpegel im
Reaktor auf zwei Drittel des vorgeschriebenen Wertes zu steigern.[3]
Einfahrweite der Steuerstäbe (Grün) und von unten
eingefahrene gekürzte Absorberstäbe (Gelb) während der
Explosion in Zentimetern
26. April 1986, 01:23:04: Der eigentliche Test begann durch Schließen der
Turbinenschnellschlussventile. Dadurch wurde die Wärmeabfuhr aus dem Reaktor
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 6 von 27
unterbrochen, sodass die Temperatur des Kühlmittels nun anstieg. Infolge des positiven
Dampfblasen-Koeffizienten kam es jetzt zu einem Leistungsanstieg, auf den die automatische
Reaktorregelung folgerichtig mit dem Einfahren von Steuerstäben reagierte. Infolge der
relativ langsamen Einfahrgeschwindigkeit der Steuerstäbe konnte die Leistung allerdings
nicht stabilisiert werden, sodass der Neutronenfluss weiter anstieg. Dies bewirkte einen
verstärkten Abbau der im Kern angesammelten Neutronengifte (insbesondere Xenon-135).
Dadurch stiegen Reaktivität und Reaktorleistung weiter an, wodurch immer größere Mengen
an Dampfblasen entstanden, die ihrerseits wieder die Leistung erhöhten. Die Effekte
schaukelten sich auf.
26. April 1986, 01:23:40: Der Schichtleiter Aleksandr Akimow löst manuell den Knopf des
Havarieschutzes, Typ 5 (Notabschaltung des Reaktors), aus. Dazu wurden alle zuvor aus dem
Kern entfernten Steuerstäbe wieder in den Reaktor abgeworfen; doch hier zeigte sich ein
weiterer Konzeptionsfehler des Reaktortyps: Durch die an den Spitzen der Stäbe angebrachten
Graphitblöcke (Graphit war der Hauptmoderator des Reaktors) wurde beim Einfahren eines
vollständig herausgezogenen Stabs die Reaktivität zunächst kurzzeitig um den Wert eines
halben Betas erhöht, bis der Stab tiefer in den Kern eingedrungen war.[1]
Die durch das gleichzeitige Einfahren aller Stäbe massiv gesteigerte Neutronenausbeute ließ
die Reaktivität so weit ansteigen, bis schließlich (um 01:23:44) die prompten Neutronen
alleine (also ohne die verzögerten Neutronen) für die Kettenreaktion ausreichten („prompte
Kritikalität“) und die Leistung innerhalb von Sekundenbruchteilen das Hundertfache des
Nennwertes überschritt („nukleare Leistungsexkursion“).
Die Hitze verformte die Kanäle der Steuerstäbe, so dass diese nicht weit genug in den
Reaktorkern eindringen konnten, um ihre volle Wirkung zu erzielen. Die Steuerstäbe
verkeilten sich nach nur 2 bis 2,5 Metern anstelle der vorgesehenen 7 Metern im Reaktor. Die
herrschende Temperatur ließ die Druckröhren reißen und das Zirconium der Brennstäbe
(Ummantelung der Brennstäbe) wie auch den Graphit mit dem umgebenden Wasser
reagieren. Wasserstoff und Kohlenmonoxid entstand in größeren Mengen und konnte
aufgrund der Beschädigungen des Reaktorkernes entweichen. Unterhalb des
Reaktorgebäudedeckels bildeten diese mit dem Sauerstoff der Luft entzündbares Knallgas,
das sich vermutlich entzündete und zu einer zweiten Explosion (nur Sekunden nach der
„nuklearen Exkursion“) führte.
Welche Explosion zum Abheben des über 1000 Tonnen schweren Deckels des Reaktorkerns
(Biologischer Schild) führte, ist nicht ganz klar. Außerdem zerstörten die Explosionen das
(nur als Wetterschutz ausgebildete) Dach des Reaktorgebäudes, sodass der Reaktorkern nun
nicht mehr eingeschlossen war und direkte Verbindung zur Atmosphäre hatte. Der glühende
Graphit im Reaktorkern fing sofort Feuer. Insgesamt verbrannten während der folgenden zehn
Tage 250 Tonnen Graphit, das sind etwa 15 % des Gesamtinventars.
Große Mengen an radioaktiver Materie wurden durch die Explosionen und den
anschließenden Brand des Graphits in die Umwelt freigesetzt, wobei die hohen Temperaturen
des Graphitbrandes für eine Freisetzung in große Höhen sorgten. Insbesondere die leicht
flüchtigen Isotope Iod-131 und Cäsium-137 bildeten gefährliche Aerosole, die in einer
radioaktiven Wolke teilweise hunderte oder gar tausende Kilometer weit getragen wurden,
bevor sie der Regen aus der Atmosphäre wusch. Radioaktive Stoffe mit höherem Siedepunkt
wurden hingegen vor allem in Form von Staubpartikeln freigesetzt, die sich in der Nähe des
Reaktors niederschlugen.
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 7 von 27
26. April 1986, 04:30: Akimow meldet einem Mitglied der Kraftwerksleitung, Formin, dass
der Reaktor intakt geblieben sei. Obwohl augenscheinlich überall kontaminierte Bruchstücke
des Brennstoffes sowie Graphitelemente verstreut lagen und die Situation bei Tageslicht
offensichtlich war, wird seitens der Operatoren sowie der Kraftwerksleitung (Formin und
Brjuchanow) noch bis zum Abend des 26. April darauf beharrt, dass der Reaktor intakt sei
und nur gekühlt werden müsse. Entsprechende Meldungen wurden nach Moskau übermittelt.
Dieser Umstand ist nach Medwedew hauptursächlich für die späte Evakuierung der Stadt
Prypjat.[1]
26. April 1986, gegen 05:00: Die Brände außerhalb des Reaktors waren durch die
Werkfeuerwehr gelöscht. Block 3 wurde abgeschaltet.
Abwurf von Materialien aus einem Hubschrauber, um die
Freisetzung von Spaltprodukten zu verringern
26. April 1986, gegen 15:12: Der Werksfotograf Anatoli Rasskasov macht die ersten
Aufnahmen von der radioaktiven Rauchfahne und dem zerstörten Reaktorblock 4 von einem
Hubschrauber aus. Ein Großteil seiner Aufnahmen waren infolge der hohen radioaktiven
Strahlung geschwärzt. Einige Abzüge behielt er für sich und die anderen Fotos mitsamt der
Negative wurden dem Notfallstab und den Sicherheitsbehörden übergeben. Einige
Aufnahmen werden erst am 30. April 1986 retuschiert im sowjetischen Fernsehen gezeigt, um
das Ausmaß des Unglücks weniger dramatisch darstellen zu können.
27. April 1986: Die Blöcke 1 und 2 wurden um 01:13 bzw. 02:13 abgeschaltet. Es wurde
begonnen, den Reaktor von Block 4 mit Blei, Bor, Dolomit, Sand und Lehm zuzuschütten.
Dies verringerte die Spaltproduktfreisetzung und deckte den brennenden Graphit im Kern ab.
Insgesamt wurden ca. 40 t Borcarbid abgeworfen, um die Kettenreaktion zu unterbinden, ca.
800 t Dolomit, um den Graphitbrand zu unterdrücken und die Wärmeentwicklung zu
verringern, ca. 2400 t Blei, um die Gammastrahlung zu verringern, wie auch eine
geschlossene Schicht über den schmelzenden Kern zu bilden und ca. 1800 t Sand und Lehm,
um die radioaktiven Stoffe zu filtern.[3] Rund 1800 Hubschrauberflüge waren hierfür nötig.
Das zur Kühlung in den Block 4 eingeleitete Wasser sammelt sich aufgrund der geborstenen
Leitungen in den Räumen unter dem Reaktor, wo es stark kontaminiert wurde und mit etwa
1000 Röntgen pro Stunde strahlte.[1] Zur gleichen Zeit begann die Evakuierung der in der
Nähe liegenden Stadt Pripjat mit 48.000 Einwohnern.
28. April 1986, 9:00 Uhr: Im Kernkraftwerk Forsmark in Schweden wurde aufgrund
erhöhter Radioaktivität auf dem Gelände automatisch Alarm ausgelöst.[4] Messungen an der
Arbeitsbekleidung der Angestellten ergaben erhöhte radioaktive Werte.[5] Nachdem die
eigenen Anlagen als Verursacher ausgeschlossen werden konnten, richtete sich der Verdacht
aufgrund der aktuellen Windrichtung gegen eine kerntechnische Anlage auf dem Gebiet der
Sowjetunion.
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 8 von 27
28. April 1986, 21:00 Uhr: Nachdem die sowjetischen Behörden zunächst eine
Nachrichtensperre erlassen hatten, meldete die amtliche Nachrichtenagentur TASS erstmals
einen „Unfall“ im Kernkraftwerk Tschernobyl. Um 21:30 Uhr wird auch in der
Nachrichtensendung Wremja eine Meldung verlesen, dass der Reaktor in Tschernobyl
beschädigt sei und man „Maßnahmen zur Beseitigung der Folgen der Havarie“ ergriffen habe.
Um 19:32 Uhr MEZ schickt auch die Presseagentur dpa eine erste Eilmeldung an die
Nachrichtenredaktionen in der Bundesrepublik Deutschland ab.
29. April 1986: Sowjetische Quellen sprachen erstmals von einer „Katastrophe“ und von
zwei Todesopfern.[6] Auch internationale Medien berichten erstmals ausführlicher über den
Unfall, verfügten aber über kein Bild- oder Filmmaterial vom Unglücksort. US-
Militärsatelliten liefern ab dem Nachmittag erste Aufnahmen und Informationen, die
allerdings der Öffentlichkeit vorenthalten werden.
Im sowjetischen Fernsehen wird erstmals ein Foto vom Unglücksort gezeigt, das aber
retuschiert wurde. Auch die ARD-Nachrichtensendung Tagesschau zeigte erstmals am 30.
April 1986 das von den sowjetischen Behörden bearbeitete Foto. Der Generalsekretär des
Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion erklärte:
„Wenn wir die Öffentlichkeit informieren, sollten wir sagen, dass das Kernkraftwerk gerade
renoviert wurde, damit kein schlechtes Licht auf unsere Ausrüstung geworfen wird.“
– Michail Gorbatschow, auf der nichtöffentlichen Sitzung des ZK der KPdSU am 29. April
1986
Erst am 5. Mai 1986 nimmt Gorbatschow im sowjetischen Fernsehen Stellung zum
Reaktorunglück in Tschernobyl.
1. Mai 1986: Der erst im Februar 1986 in die Erdumlaufbahn entsandte französische
Erderkundungssatellit SPOT 1 lieferte den internationalen Fernsehmedien Aufnahmen von
Infrarotbildern der nuklearen Rauchfahne über dem Reaktor. Am 3. Mai lieferten auch
LANDSAT-Satelliten erstmals Aufnahmen, die allerdings sehr ungenau waren und keine
Aufschlüsse über das Ausmaß der Katastrophe zeigen konnten.
4. und 5. Mai 1986: Es wurde unterhalb der Anlage begonnen, gasförmigen Stickstoff
einzublasen, um so das Feuer zu ersticken. Zunächst bewirkte ein Nebeneffekt, dass die
Wärme im Kern anstieg und so auch mehr radioaktive Partikel hinausgeblasen wurden.[3]
6. Mai 1986: Die Freisetzung der Spaltprodukte war weitgehend unterbunden. Man begann,
ein Stickstoffkühlsystem unter dem Reaktor einzubauen.[7][3]
Folgen der Reaktorkatastrophe
Vorbemerkung zu den verschiedenen Studien
Die Folgen der Reaktorkatastrophe werden nach wie vor sehr kontrovers erörtert. Ein im
September 2005 veröffentlichter Report des Tschernobyl-Forums beschreibt die
gesundheitlichen, ökologischen und sozioökonomischen Auswirkungen aus der Sicht der
Mitglieder dieses Forums.
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 9 von 27
Das Tschernobyl-Forum besteht aus vier Nebenorganen der UNO (dem Umweltprogramm der
Vereinten Nationen (UNEP), dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP),
dem Büro der Vereinten Nationen zur Koordinierung der humanitären Hilfe (OCHA) und
dem Wissenschaftlichen Komitee der Vereinten Nationen über die Wirkungen atomarer
Strahlungen (UNSCEAR)), vier autonomen Organisationen, die mit der UNO durch Verträge
verbunden sind (der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), der Weltbank, der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation
der Vereinten Nationen (FAO)), sowie aus den Regierungen von Weißrussland, Russland und
der Ukraine.[8]
Die Ausarbeitung des Tschernobyl-Forums wird von einigen Wissenschaftlern und
Nichtregierungsorganisationen kritisiert. Dem Report wird einerseits vorgeworfen, parteiisch
zu sein und die Folgen des Reaktorunglücks vorsätzlich zu verharmlosen. Andererseits wird
auf methodische Mängel hingewiesen. So umfasse die Studie lediglich die Folgen in
Weißrussland, Russland und der Ukraine, obwohl ein erheblicher Teil der
Strahlenbelastungen in Mittel- und Westeuropa anfiel. Außerdem habe die Studie des
Tschernobyl-Forums Publikationen, die höhere Opferzahlen nahe legen, unberücksichtigt
gelassen. Schließlich wird kritisiert, dass die Untersuchungen erst fünf Jahre nach dem
Unglück begonnen wurden.
Mit The other report on Chernobyl (TORCH) wurde ein 'Gegenreport' zur Ausarbeitung des
Tschernobyl-Forums veröffentlicht. Dieser Report wurde von den britischen Wissenschaftlern
Ian Fairlie und David Sumner erarbeitet. Er sagt weitaus schwerwiegendere
gesundheitsschädigende Folgen des Reaktorunglücks voraus. In Auftrag gegeben und privat
finanziert wurde die Studie von der Grünen Europaabgeordneten und Atomkraftgegnerin
Rebecca Harms.
Die nachfolgenden Angaben stammen im Wesentlichen aus obigen beiden Studien (siehe
Weblinks).
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 10 von 27
Kontaminierte Gebiete
Die Karte zeigt die Caesium-137-Kontamination in Weißrussland, Russland und
der Ukraine in Curie pro Quadratkilometer.
Die größten Freisetzungen radioaktiver Stoffe fanden während des Zeitraums von zehn Tagen
nach der Explosion statt. Aufgrund der großen Hitze des bauartbedingten Graphitbrandes
gelangten gasförmige oder leichtflüchtige Stoffe (z. B. Jod oder Cäsium) in Höhen von 1.500
- 10.000 Meter. [9]Die Wolken mit dem radioaktiven Fallout verteilten sich zunächst über
weite Teile Europas und schließlich über die gesamte nördliche Halbkugel. Wechselnde
Luftströmungen trieben sie zunächst nach Skandinavien, dann über Polen, Tschechien,
Österreich, Süddeutschland und Norditalien. Eine dritte Wolke erreichte den Balkan,
Griechenland und die Türkei. Innerhalb dieser Länder wurde der Boden je nach regionalen
Regenfällen unterschiedlich hoch belastet. Insgesamt wurden etwa 218.000 Quadratkilometer
mit mehr als 37.000 Becquerel (37 kBq) Cs-137 pro m² radioaktiv belastet. Mehr als
70 Prozent dieser Gebiete liegen in Russland, der Ukraine und Weißrussland. Während hier
die stärksten Konzentrationen an flüchtigen Nukliden und Brennstoffpartikeln entstanden,
wurde mehr als die Hälfte der Gesamtmenge der flüchtigen Bestandteile und heißen Partikel
außerhalb dieser Länder abgelagert. Jugoslawien, Finnland, Schweden, Bulgarien, Norwegen,
Rumänien, Deutschland, Österreich und Polen erhielten jeweils mehr als ein Petabecquerel
(1015 Bq oder eine Billiarde Becquerel) an Cäsium-137. Insgesamt wurden in Europa etwa
3.900.000 km² (40 % der Gesamtfläche) durch Cäsium-137 kontaminiert (mindestens
4 kBq pro m²).
In den am stärksten belasteten Gebieten Deutschlands, im Südosten von Bayern, lagen die
Bodenkontaminationen bei bis zu 2 Ci /km² (74 kBq/m²) Cs-137. Diese Landkreise hätten
auch in Weißrussland, Russland und der Ukraine den Status der kontaminierten Zone
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 11 von 27
erhalten. So sind beispielsweise auch heute noch in einigen Regionen Deutschlands,
insbesondere im Süden, Pilze, Waldbeeren und Wildtiere hoch belastet. Laut Bundesamt für
Strahlenschutz (BfS) ist die Kontamination dort rund zehnmal höher als im Norden
Deutschlands. Im Muskelfleisch von Wildschweinen wurden in Deutschland Cäsium-137-
Werte von bis zu 40.000 Bq/kg gemessen. Der Durchschnittswert betrug 6.800 Bq/kg und
damit mehr als das Zehnfache des EU-Grenzwertes von 600 Bq/kg.
Auch einige Regionen in Großbritannien und Skandinavien sowie im Alpenraum sind
teilweise hohen Cäsium-Kontaminationen ausgesetzt, wobei die Belastung im Laufe der Jahre
nur langsam abnimmt. In einigen Ländern gelten weiterhin Einschränkungen bei Produktion,
Transport und Verzehr von Lebensmitteln, die immer noch durch den radioaktiven
Niederschlag von Tschernobyl belastet sind.[10]
Strahlenexponierte Personengruppen
Siehe auch: Auswirkung von Strahlenbelastungen
Unmittelbar nach dem Unglück und bis Ende 1987 wurden etwa 200.000 Aufräumarbeiter
(„Liquidatoren“) eingesetzt. Davon erhielten ca. 1.000 innerhalb des ersten Tages nach dem
Unglück schwere bis absolut tödliche Strahlendosen im Bereich von 2 bis 20 Gray (Gy). Die
restlichen Liquidatoren erhielten demgegenüber wesentlich geringere (sich nicht direkt
auswirkende) Strahlendosen bis zu maximal etwa 500 Millisievert (mSv), bei einem
Mittelwert von etwa 100 mSv. Die Zahl der Liquidatoren erhöhte sich nach Angaben der
WHO in den folgenden Jahren auf 600.000 bis 800.000. Die Zahl ist nicht exakt bezifferbar,
da nur 400.000 Liquidatoren registriert wurden und auch deren Daten unvollständig sind. Die
später eingesetzten Liquidatoren erhielten deutlich geringere Dosen. Die Liquidatoren wurden
später für ihre Arbeit mit einer Medaille gewürdigt.
Herz der Medaille der Liquidatoren
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 12 von 27
Weitere Medaillen von Tschernobyl
Im Frühjahr und Sommer 1986 wurden etwa 116.000 Personen aus der 30 Kilometer-Zone
rund um den Reaktor evakuiert. Später wurden zirka 240.000 weitere Personen umgesiedelt.
Für die ukrainischen Evakuierten wurde ein mittlerer Dosiswert von 17 mSv
(Schwankungsbereich 0,1 bis 380 mSv) errechnet, für die weißrussischen Evakuierten ein
Mittelwert von 31 mSv (mit einem maximalen Durchschnittswert in zwei Ortschaften von
300 mSv).
In den ersten Tagen nach dem Unfall führte die Aufnahme von radioaktivem Jod mit der
Nahrung zu stark schwankenden Schilddrüsendosen in der allgemeinen Bevölkerung von im
Mittel etwa 0,03 bis 0,3 Gy mit Spitzenwerten bis zu etwa 50 Gy. Eine Ausnahme davon
bildeten die wenigen Einwohner von Prypjat, die durch die rechtzeitige Ausgabe von
Tabletten mit stabilem Jod (Jodblockade) wesentlich geringere Schilddrüsendosen erhielten.
Die nicht evakuierte Bevölkerung erhielt während der mehr als 20 Jahre seit dem Unfall
sowohl durch externe Bestrahlung als auch durch Aufnahme mit der Nahrung als interne
Strahlenexposition effektive Gesamtdosen von im Mittel etwa 10 bis 20 mSv bei
Spitzenwerten von einigen 100 mSv. Heute erhalten die fünf Millionen Betroffenen in
kontaminierten Gebieten generell Tschernobyl-bedingte Dosen von unter 1 mSv/Jahr, doch
rund 100.000 erhalten immer noch mehr als 1 mSv pro Jahr.
Gesundheitliche Folgen
Akute Strahlenkrankheit
Akute Strahlenkrankheit wurde zunächst bei 237 Personen vermutet und bei 134 Personen
(insbesondere Kraftwerksbeschäftigten und Feuerwehrleuten) bestätigt. Von diesen sind 28
im Jahr 1986 und weitere 19 in den Jahren 1987 bis 2004 verstorben, einige möglicherweise
auch aus anderer Ursache.
Langzeitfolgen
Die Langzeitfolgen des Unglücks sind schwer abzuschätzen. Wegen der Unsicherheit vieler
Daten und epidemiologischer Modell-Parameter sind alle Voraussagen über zukünftige
Morbiditäts- oder Mortalitätszahlen mit Vorsicht zu betrachten.
Schilddrüsenkrebs und Leukämien
Zu den bisher am häufigsten beobachteten gesundheitlichen Folgen gehört ein dramatischer
Anstieg der Fälle von Schilddrüsenkrebs bei Personen aus Weißrussland, Russland und der
Ukraine, die zum Zeitpunkt des Unglücks Kinder oder Jugendliche waren. Der Anstieg wird
auf die Belastung mit radioaktivem Jod zurückgeführt und wurde Anfang der 1990er Jahre
zuerst in Weißrussland beobachtet. Insgesamt wurden in den genannten drei Ländern bis
Anfang 2006 etwa 5000 Fälle diagnostiziert. Mit weiteren Fällen wird noch über viele Jahre
gerechnet. Von den betroffenen Patienten seien bis 2002 in Weißrussland 14 gestorben, davon
6 aus anderen Ursachen (persönliche Mitteilung). Umstritten ist, ob ein erhöhtes
Schilddrüsenkrebs-Risiko auch für Menschen besteht, die zum Zeitpunkt der höchsten
Belastung durch radioaktives Jod bereits erwachsen waren.[11]
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 13 von 27
Ein durch freigesetzte radioaktive Strahlung bedingter Anstieg der Fälle von Leukämie ist
bisher nicht eindeutig feststellbar, kann aber auch nicht widerlegt werden. Diesbezügliche
Studien hatten zum Teil unsichere Datengrundlagen oder brachten widersprüchliche
Ergebnisse. In einer großen Kohorte von Liquidatoren in Russland wurde (bei „registrierten“
Strahlendosen zwischen 150 und 300 mSv) eine annähernde Verdoppelung des
Leukämierisikos gefunden.
Andere Krebserkrankungen
In Folge der durch die Katastrophe bedingten Freisetzung von radioaktiver Strahlung sind
auch andere Krebserkrankungen zu erwarten. Sie werden aber zum größten Teil erst nach
einer Latenzzeit von mehreren Jahrzehnten auftreten. Bisher konnten nach Angaben der
Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) mit Ausnahme von Schilddrüsenkrebs in
den am stärksten kontaminierten Gebieten keine erhöhten Krebsraten festgestellt werden, die
eindeutig auf die Strahlung zurückgeführt werden können. Hinweise auf erhöhte Raten z. B.
von Brustkrebs müssten weiter verfolgt werden.
Schätzungen der IARC über die zu erwartende Häufigkeit an Krebserkrankungen beruhen auf
Risikomodellen, die aus Studien bei anderen Populationen (hauptsächlich Opfern der
Atombombenabwürfe in Japan) und auf der (umstrittenen) Basis der linearen
Dosis/Wirkungs-Beziehung entwickelt wurden. Nach diesen Modellen wird bis 2065 in
Europa mit ungefähr 16.000 Fällen von Schilddrüsenkrebs und 25.000 Fällen von anderen
Krebsarten als Folge der Tschernobyl-bedingten Strahlenbelastung gerechnet. Zwei Drittel
der Erkrankungen an Schilddrüsenkrebs und mindestens die Hälfte der anderen
Krebserkrankungen seien in Weißrussland, der Ukraine und den am stärksten kontaminierten
Gebieten der russischen Föderation zu erwarten. Ungefähr 16.000 Todesfälle könnten auf
diese Krebserkrankungen zurückgeführt werden.
Bei der hohen Zahl von Krebserkrankungen, die insgesamt in diesem Zeitraum in Europa
auftreten würden, werde dieser Anstieg aber kaum in den nationalen Krebsstatistiken
nachzuweisen sein.
Zu höheren Fallzahl-Schätzungen kam der „TORCH-Bericht“ (The Other Report on
Chernobyl). Er kommt zum Ergebnis, dass unter den damals lebenden 570 Millionen
Menschen zwischen 30.000 und 60.000 zusätzliche Krebstodesfälle durch die Katastrophe
von Tschernobyl möglich sein könnten.
Genetische und teratogene Schäden
Das Tschernobyl-Forum sieht nach Auswertung der vorliegenden epidemiologischen Studien
weder einen Beweis noch einen Hinweis auf verringerte Fruchtbarkeit bei Männern und
Frauen, auf die Zahl der Totgeburten, auf andere negative Geburtsfolgen, auf Komplikationen
bei der Geburt und auf die allgemeine Intelligenz und Gesundheit der Kinder, die eine direkte
Folge ionisierender Strahlung sein könnten. Die gesunkenen Geburtenraten in den
kontaminierten Gebieten könnten auf die Ängste der Bevölkerung und auf den Wegzug vieler
jüngerer Menschen zurückzuführen sein. Ein mäßiger, aber beständiger Anstieg von
berichteten angeborenen Fehlbildungen in kontaminierten und nicht kontaminierten Gebieten
Weißrusslands scheine auf eine vollständigere Erfassung und nicht auf Strahlung
zurückzugehen.[12]
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 14 von 27
Einige Studien von anderen Organisationen und Wissenschaftlern beschreiben im zeitlichen
Zusammenhang mit der Katastrophe hingegen einen deutlichen Anstieg von genetischen bzw.
teratogenen Schäden wie Totgeburten und Fehlbildungen in der Unglücksregion, aber auch in
Deutschland und in anderen europäischen Ländern und legen einen ursächlichen
Zusammenhang nahe.[13]
Die Forscher bzw. Herausgeber der einen Position haben wiederholt den Vertretern der
anderen Position Voreingenommenheit unterstellt oder deren Befunde wegen unvollständiger
Absicherung der Daten und anderer methodischer Mängel zurückgewiesen. Meist handele es
sich um sogenannte ökologische Studien, die wegen des Fehlens einer individuellen
Dosiszuordnung mit großer Vorsicht zu betrachten seien. Autoren, die ökologische Dosis-
Wirkungsbeziehungen für Totgeburten, Fehlbildungen sowie für das Geschlechtsverhältnis
bei der Geburt – unter anderem in unterschiedlich hoch belasteten bayerischen Landkreisen –
gefunden haben,[14][15] wird entgegen gehalten, dass vor dem Hintergrund der
vergleichsweise geringen Strahlendosiserhöhungen in Deutschland, die sich innerhalb der
Schwankungsbreite der natürlichen Strahlenexposition bewegten, nicht zu verstehen sei, dass
solche massiven Effekte nachweisbar sein sollten. Diese Skepsis werde unterstützt durch
zahlreiche negative epidemiologische Befunde in Deutschland und anderen europäischen
Ländern mit zum Teil deutlich höheren Strahlendosen. Zudem sei bis heute kein biologischer
Mechanismus bekannt, der solche Effekte in dem beobachteten Ausmaß erklären könnte.[16]
Gegen negative epidemiologische Befunde wird wiederum vorgebracht, dass die Nicht-
Signifikanz fälschlich als Nachweis eines nicht vorhandenen Effekts ausgegeben werde.
Korrekt wäre die in einigen Studien auch so offen formulierte Aussage, dass solche Effekte
entweder tatsächlich nicht vorhanden sind oder aufgrund des Studiendesigns nicht
nachgewiesen werden konnten. Zudem wurde bisher nicht gezeigt, dass es auch in relativ
unbelasteten Gebieten stark erhöhte Raten von Totgeburten und Fehlbildungen gab. Dies wäre
ein Hinweis auf andere Ursachen oder auf einen rein zufälligen Zusammenhang.
Andere (körperliche) Gesundheitsfolgen
In den am stärksten von der Tschernobyl-Katastrophe betroffenen Ländern ist ein erheblicher
Anstieg auch bei vielen nicht bösartigen Erkrankungen zu beobachten. Die durchschnittliche
Lebenserwartung ist deutlich gesunken. Beides gilt jedoch auch für die nicht kontaminierten
Gebiete. Es ist umstritten, wie weit diese Veränderungen auf höhere Strahlenbelastung oder
auf andere Faktoren (z. B. Armut, schlechte Ernährung, ungesunde Lebensbedingungen,
wirtschaftliche und soziale Verwerfungen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion,
psychische Belastungen im Zusammenhang mit der Katastrophe sowie den Evakuierungen
und Umsiedlungen, selbstschädigendes Verhalten, bessere Diagnostik und Erfassung von
Krankheiten) zurückzuführen ist. Die Zuverlässigkeit der Daten und die methodische Qualität
vieler Studien sind sehr unterschiedlich.
Bei Erkrankungen der Augenlinsen (z. B. dem Grauen Star) ist ein Zusammenhang mit
radioaktiver Belastung wahrscheinlich. Schon relativ geringe Dosen in der Größenordnung
von 250 mGy scheinen eine Zunahme der Bildung von Grauem Star zu bewirken. Einer
solchen Dosis waren u. a. viele Aufräumarbeiter in den ersten Tagen nach der Explosion
ausgesetzt. Auch bei anderen Augenerkrankungen (Akkommodationsstörungen,
Makuladystrophien und Gefäßveränderungen) wird ein Zusammenhang mit radioaktiver
Strahlung vermutet. Hier sind weitere Beobachtungen nötig.
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 15 von 27
Hohe Dosen radioaktiver Strahlung können ein breites Spektrum kardiovaskulärer
Komplikationen verursachen. Die Auswirkungen chronischer und niedriger
Strahlungsbelastung auf das Herz-Kreislauf-System sind weniger klar.
In Russland wurde in einer großen Studie an Notfall-Einsatzkräften von Tschernobyl ein
signifikant höheres Risiko für tödliche Herz-Kreislauf-Krankheiten festgestellt. Ob dieses
höhere Risiko allein auf höhere Strahlendosen oder auf konkurrierende Krankheitsursachen
zurückzuführen ist, muss in weiteren Untersuchungen beobachtet werden. Es deckt sich aber
mit Ergebnissen von Studien, die an Überlebenden von Atombombenangriffen durchgeführt
wurden.
In mehreren Studien wurden Beeinträchtigungen des zellulären und humoralen
Immunsystems gefunden. Die Interpretation dieser Befunde ist jedoch schwierig, weil sie
auch andere Ursachen (Stress, chronische Infektionen, Ernährungsmängel, Chemikalien)
haben können. Die Langzeitfolgen solcher Beeinträchtigungen sind noch unklar.
Mentale Gesundheit und psychosoziale Auswirkungen
Eine erhebliche Belastung für die Gesundheit durch die Katastrophe von Tschernobyl liegt in
direkt oder indirekt von ihr verursachten mentalen und psychosozialen Folgen. Als mentale
Folgen des Unglücks werden unter anderem Angst vor möglichen Folgen der Strahlung, das
Drängen in eine Opferrolle, die zu einem Gefühl sozialer Ausgrenzung führt, sowie Stress in
Zusammenhang mit Evakuierung und Umsiedlung genannt. Angst kann zu
Krankheitserscheinungen und zu gesundheitsschädigendem Lebenswandel (Ernährung,
Alkohol, Tabak) führen. Auch die hohe Suizidrate der Region wird damit erklärt.
Wirtschaft
Verlassene Schiffe auf dem Prypjat
Die Katastrophe von Tschernobyl verursacht immense Kosten und schadet der Wirtschaft in
der Region. Wegen des ökonomischen Umbruchs aufgrund des Zusammenbruchs der UdSSR
sind die genauen wirtschaftlichen Auswirkungen Tschernobyls aber kaum zu erheben. Die
Kosten haben ein großes Loch in die Budgets der drei betroffenen Länder gerissen.
Besonders betroffene Zweige der lokalen Wirtschaft sind Land- und Forstwirtschaft. So
können aufgrund der Strahlenbelastung knapp 800.000 Hektar (ha) Land und 700.000 ha
Wald nicht mehr wirtschaftlich genutzt werden. Die Landwirtschaft der Region leidet aber
auch unter dem „Stigma Tschernobyl“, das zu sehr geringer Nachfrage nach Produkten aus
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 16 von 27
der Region führt. Aufgrund dieser Tatsache werden kaum private Investitionen im
Agrarbereich der Region getätigt.
Personelle Konsequenzen
Der Energietechniker Nikolai Antonowitsch Dolleschal, der als Leiter des nach ihm
benannten Forschungs- und Konstruktionsinstitut für Energotechnik (NIKITE)
hauptverantwortlich für die Entwicklung des Reaktortyps RBMK war, trat nach der
Reaktorkatastrophe in den Ruhestand. Der Zusammenhang zwischen diesem Schritt und dem
Super-GAU von Tschernobyl wurde jedoch niemals offiziell bestätigt.
Reaktionen auf das Unglück außerhalb der ehemaligen
Sowjetunion
In den Ländern außerhalb der damaligen Sowjetunion waren die Reaktionen auf das
Reaktorunglück sehr unterschiedlich.
Bundesrepublik Deutschland
In Süddeutschland beherrschten monatelang Diskussionen über das Ausmaß der radioaktiven
Belastung von Lebensmitteln und andere mögliche Kontaminationen die Öffentlichkeit. Dabei
wurde die Auseinandersetzung neben Sachargumenten vor allem auch durch die
grundsätzliche Einstellung zur Kernenergie geprägt, zumal sich gleichzeitig die Kontroverse
um die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf abspielte.[17]
Es wurden Empfehlungen zum Unterpflügen von Feldfrüchten oder zum Sperren von
Kinderspielplätzen gegeben, wobei es aus heutiger Sicht strittig ist, inwieweit diese
angemessen und notwendig waren. In der Folge des Reaktorunglücks bröckelte der ohnehin
schon durch die Anti-Atomkraft-Bewegung in Frage gestellte Konsens über die Verwendung
der Atomenergie. Große Teile der Bevölkerung waren nun für einen Ausstieg aus der
Atomenergie. In der Politik wurde diese Forderung nun auch von der SPD übernommen, u.a.
durch Erhard Eppler und den SPD-Kanzlerkandidaten Johannes Rau, der einen schrittweisen
Ausstieg befürwortete. Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) sprach sich auch im Namen seiner
Fraktion im Bundestag in der Zukunft für eine Senkung des Anteils der Kernenergie an der
Energieversorgung (1985: rund 31 %) aus, für einen baldigen Ausstieg komme dies aber nicht
in Frage, da dieser weder notwendig noch machbar sei. Der Ministerpräsident Lothar Späth
(CDU) nannte die Kernenergie eine Übergangsenergie, und nach Tschernobyl gelte es
konsequent über eine Energiepolitik nachzudenken, die langfristig der Kernenergie nicht
bedürfe. Die FDP bezeichnete die Kernenergie auf ihrem Bundesparteitag 1986 in Hannover
ebenfalls als eine Übergangsenergie, auf deren Verzicht als Bestandteil der
Energieversorgung hingearbeitet werden müsse.
Der Bau schon in Planung befindlicher Atomkraftwerke wurde auch aufgrund der Erfahrung
mit Tschernobyl nicht mehr realisiert.
Ein Beispiel für die damalige Diskussion in Westdeutschland ist die so genannte
„Strahlenmolke“: Einige Molkereien in besonders betroffenen Gebieten waren angewiesen
worden, die Molke von der Milch abzutrennen und nicht zu verkaufen, sondern einzulagern,
da sich in ihr das radioaktive Cäsium besonders angereichert hatte. Der Vorschlag, diese
Molke als Dünger auf Felder aufzubringen, hatte keinerlei Chancen auf Umsetzung.
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Stattdessen wurde die Molke in extra errichteten Spezialanlagen über Ionenaustauscher
behandelt. Eine Gruppe Waggons mit „Strahlenmolke“ wurde nach einer längeren Fahrt durch
Norddeutschland, die Medien mit großem Interesse verfolgten, vor der „Entsorgung“ sogar
auf einem gesicherten Bundeswehrgelände zwischengelagert.
In der Bundesrepublik Deutschland wurden nach Bekanntwerden des Reaktorunglücks die
Landwirte durch die Strahlenschutzkommission des Bundes aufgefordert, den eigentlich für
Anfang Mai 1986 anstehenden Umstieg von der Winterfütterung der Milchkühe auf
Sommerfütterung (und Weide) noch bis nach den ersten Regenfällen hinauszuzögern. Die
Katastrophe fiel mit einer mehrwöchigen Schönwetterperiode zusammen, die einerseits das
Wachstum der Wiesen sehr anregte, auf der anderen Seite aber auch mit einem stetig
blasenden Ostwind die Verbreitung des radioaktiven Staubs nach Westen bewirkte. Später
gab es dann eine Ausgleichszahlung für die landwirtschaftlichen Betriebe für die entstandenen
Mehrkosten bei der Fütterung. Die Strahlenschutzkommission gab zudem Grenzwerte für
Frischmilch und Blattgemüse aus, bei dessen Überschreitung der Werte die Produkte nicht
verkauft werden durften. Der Umsatz auch von freigegebenen Milchprodukten, sowie von
Obst und Gemüse ging drastisch zurück. Die Lebensmittelgruppe Rewe vernichtete allein im
Mai 1986 unverkäufliche Milchprodukte und Frischgemüse im Wert von rund 3 Millionen
DM.
Wenige Wochen nach dem Unglück wurde in der Bundesrepublik Deutschland das
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gegründet. Die Gründung
dieses Ministeriums war vor allem eine Reaktion auf den als unzureichend koordiniert
empfundenen Umgang der Politik mit der Katastrophe von Tschernobyl und ihren Folgen.
DDR
Aus Rücksicht auf den sowjetischen Bruderstaat wurden Informationen über das Unglück nur
zögerlich in Umlauf gebracht, oftmals wurden Fakten des Unglücks heruntergespielt oder
ganz verschwiegen. In den Wochen nach dem Unglück gab es in der DDR plötzlich ein
reichhaltiges Angebot an Gemüse, jenes, das im Westen nicht gekauft wurde. Gleichzeitig
war von einer Stabilisierung der Radioaktivität auf niedrigem Niveau in den Zeitungen zu
lesen, ohne über das Niveau vor der Katastrophe zu schreiben. Das damalige Mitglied des
Politbüros, Günter Schabowski informierte sich zwar auch in den West-Medien und machte
sich Gedanken, aber es habe im Katastrophenfall ein eisernes Gesetz gegolten: „Auf jeden
eigenen Kommentar verzichten. Da wird nur erzählt, was die in Moskau fabrizieren.“[18]
Für Umweltgruppen in der DDR war das Ereignis allerdings ein erstes Aufbruchsignal.
Erstmals begann eine Debatte um die friedliche Nutzung der Kernenergie. In Eingaben an die
Volkskammer und den Ministerrat forderten DDR-Bürger erstmals den Ausstieg aus der
Kernenergie.
Diskussion nach zwanzig Jahren
Auch zwanzig Jahre nach der Katastrophe sind in der Diskussion um Tschernobyl die
Grenzen zwischen sachlicher Information, gezielter Verharmlosung und absichtlich
geschürter Verängstigung mitunter fließend. Die Katastrophe von Tschernobyl ist zum
Symbol für die Gefahren der friedlichen Nutzung der Kernenergie geworden und wird von
Atomkraftgegnern häufig als Argument für einen schnellen Atomausstieg verwendet.
Kernenergiebefürworter beklagen hingegen, dass Tschernobyl als Totschlagargument gegen
die Nutzung der Kernenergie missbraucht werde.
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 18 von 27
Weitgehend anerkannt ist zur Jahrtausendwende allerdings, dass die damaligen
Strahlenexpositionen in Deutschland meist niedriger als und nur in wenigen Regionen etwa
vergleichbar mit den Strahlenexpositionen durch Atombombentests vor dem partiellen
Teststoppabkommen waren. Eine einmalig hohe Strahlenbelastung auf dem Gebiet der DDR
war im Gebiet Magdeburg zu verzeichnen, allerdings kamen die Ergebnisse der Messungen
des Bezirkshygieneinstituts nicht an die Öffentlichkeit.
Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und ihre Folgen sind inzwischen auch Gegenstände
sozial- und kulturwissenschaftlicher Untersuchungen. So arbeiten etwa am Forschungsprojekt
„Politik und Gesellschaft nach Tschernobyl“ das Potsdamer Zentrum für Zeithistorische
Forschung (ZZF), die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), die Europäische
Humanistische Universität Vilnius/Minsk (EHU) und die Nationale Universität Kiew-
Mohyla-Akademie (NaUKMA) zusammen.[19]
Tschernobyl und die gesperrte Zone nach dem Unfall
Die Stadt Prypjat
Verlassenes Haus in der Sperrzone
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 19 von 27
Eingangsposten zur 30-Kilometer-Zone
Nachdem Prypjat bereits am 27. April 1986 evakuiert worden war,[20] erfasste ein weiterer
Evakuierungs-Schritt bis 3. Mai weitere Personen aus einem Umkreis von 10 km um den
Reaktor. Weitere 116.000 Einwohner wurden am 4. Mai 1986 aus dem Gebiet 30 km um den
Reaktor evakuiert. In den folgenden Jahren wurden weitere 210.000 Einwohner umgesiedelt,
so dass die Sperrzone mittlerweile 4.300 km² groß ist.
Etwa 1.000 Bewohner sind angesichts der wirtschaftlichen Lage trotz der stark erhöhten
Strahlungswerte zum Teil schon Wochen nach dem Unglück in die gesperrte Zone
zurückgekehrt. Der Grund war für die meisten, dass ihnen weder die damalige Sowjetunion
noch der heutige ukrainische Staat in den Orten, in die sie evakuiert wurden, eine
ausreichende Lebensgrundlage zur Verfügung stellen konnte. Dazu kommt, dass viele der
Rückkehrer die Gesundheitsgefahr durch die Strahlung nicht sehr hoch einschätzten. Da es
sich auch damals überwiegend um ältere Personen handelte, ist unklar, wie viele davon an den
Folgen der Strahlung starben. Einige heute noch lebende Rückkehrer meinen, es seien „sehr
viele gestorben“. Einige berichten aber auch, sie hätten auch nach 20 Jahren in der
kontaminierten Region keine strahlenbedingten Beschwerden. Im Dorf Tschernobyl selbst,
einige Kilometer südlich des Reaktors, leben heute etwa 100 Rückkehrer. 2001 eröffnete auch
die orthodoxe Dorfkirche Sv. Ilja wieder, zum Sonntagsgottesdienst erscheinen regelmäßig
etwa 30 Gläubige. Alle Rückkehrer wie auch alle Bewohner der „Zone 3“, der Region rund
um die Sperrzone, erhalten ab dem Alter von 47 Jahren eine kleine Sonderrente vom
ukrainischen Staat in Höhe von umgerechnet 60 US-Dollar im Monat. Unabhängig davon
ernähren sich praktisch alle Bewohner der Sperrzone, wie der belasteten, aber nicht
evakuierten „Zone 3“, auch aufgrund der Armut und Arbeitslosigkeit vor Ort, von den
Waldpilzen und dem vor Ort gezogenen Gemüse und Obst. Die gesundheitlichen Folgen bei
den Erwachsenen sind schwer abzuschätzen, vor allem auch deshalb, weil es andere
ungünstige Faktoren wie die mangelhafte Ernährung, die schlechte Wirtschaftslage,
Alkoholismus und eine steigende AIDS-Rate gibt. Laut Einschätzung des Radiologischen
Instituts der Stadt Iwankiw, etwa 50 Kilometer südlich von Tschernobyl, sind nur etwa 3
Prozent der Proben von Gemüse, Obst und Wildfleisch, die die Bewohner dort kostenlos zur
Untersuchung einreichen, über die (mit westeuropäischem Niveau im Einklang befindlichen)
Grenzwerte hinaus belastet. Die Messwerte schwanken aber sehr stark nach Mikro-Regionen,
es gibt einzelne Proben, die enorm hoch belastet sind.
Was die Kinder betrifft, die in „Zone 3“ wohnen, schätzt Jewgenija Stepanowa, Chefärztin
der Pädiatrischen Abteilung der 1987 für die Tschernobyl-Opfer gegründeten Klinik für
Radiologie in Kiew, ein, dass etwa 90 Prozent der Kinder der Region an strahlenbedingter
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Immunschwäche leiden. Die Folgen seien insbesondere häufige Erkrankungen aller Art wie
Lungenentzündung oder Allergien. Leukämie oder andere Krebserkrankungen bei Kindern
träten aber „heute nicht besonders gehäuft“ auf. Das Dorf Tschernobyl ist heute vor allem
Wohnort aller Arbeiter und Wissenschaftler, die im Zusammenhang mit der
Reaktorkatastrophe in der Sperrzone eingesetzt sind. Das Dorf wurde dafür ausgewählt, weil
es innerhalb der Sperrzone als verhältnismäßig minderbelastet eingestuft wurde. Das Betreten
ist trotzdem nur mit besonderer Genehmigung möglich. Auf Warnschildern wird vor der
Gefahr von offenbar gelegentlich auftretenden Staubstürmen im Sommer gewarnt, die stark
erhöhte Radioaktivität verbreiten. Für die Bewohner sind dafür in Tschernobyl besondere
Schutzräume angelegt, die laut Warnschildern sofort aufgesucht werden sollen und die man
nicht verlassen solle, bevor die Stürme sich gelegt hätten oder man gerettet werde. Es gibt
dort heute ein kleines Hotel für ausländische Wissenschaftler, auch die Verwaltung der
Sperrzone und verschiedene wissenschaftliche Institute der Ukraine haben dort ihren Sitz
bzw. Außenstellen. Aus Strahlenschutzgründen wechseln die bei den dauernden
Ausbesserungsarbeiten am „Sarkophag“ eingesetzten und in Tschernobyl untergebrachten
Arbeiter alle 14 Tage. Die Mitarbeiter der Verwaltung haben eine auf Montag bis Donnerstag
verkürzte Arbeitswoche, kehren am Wochenende in ihre Wohnorte außerhalb der Sperrzone,
meist nach Kiew, zurück. Vor Verlassen der Sperrzone gibt es Kontrollen auf radioaktive
Kontamination. Besuchern vor Ort ist es selbst überlassen, wie sie mit der radioaktiven
Belastung der Umgebung umgehen. Während insbesondere einheimische Wissenschaftler
ungeschützt in der Sperrzone unterwegs sind, trifft man in der am höchsten belasteten Zone
im Umkreis von einigen Kilometern rund um den Reaktor auch Experten aus westlichen
Ländern mit Atemschutz und Schutzanzügen.
Die Sperrzone von Tschernobyl erscheint heute auf den ersten Blick als Naturparadies. Elche,
Wölfe, Hirsche sind hier zahlreich vorhanden, in den 1990er-Jahren wurden hier auch einige
der vom Aussterben bedrohten Przewalski-Pferde ausgesetzt. Binnen 20 Jahren sind die
damals verlassenen Dörfer verwildert und zum großen Teil zugewachsen.
Bis zum Ende der Sowjetunion waren die meisten Folgen vor Ort Staatsgeheimnis. Die
Behörden und Experten der heutigen Ukraine, zum Teil sogar mit denselben beteiligten
Personen wie Ärzten oder Radiologen, gehen heute offen und sehr auskunftsfreudig damit
um. Die Hilfsgelder für die Folgen der Tschernobyl-Katastrophe sind heute ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor für die Ukraine.
Selbst das zum Teil stark durch Plutonium verseuchte Zentrum der Sperrzone von
Tschernobyl wurde in den letzten Jahren auch von Plünderern heimgesucht, obwohl das
Gebiet eigentlich abgesperrt, durch Schranken und Kontrollen abgeschirmt ist. Fast alle
Wohnungen in der am 27. April 1986 nachmittags binnen Stunden evakuierten Stadt Prypjat
sind geplündert, Türen eingeschlagen, Küchenherde und Möbel geraubt. Wildschweine und
wildernde Hunde sind auf den ehemaligen und langsam zuwachsenden Straßen anzutreffen.
Im Fundus des ehemaligen Theaters der Stadt lagern bis heute die Großplakate mit den
Konterfeis der einstigen sowjetischen Politbüro-Mitglieder und zahlreiche Spruchbänder und
Fahnen, vorbereitet für die Mai-Demonstration, die am 1. Mai 1986 in der Stadt stattfinden
sollte.
Auch die meisten der tausenden 1986 eingesetzten Fahrzeuge und Hubschrauber, die wegen
ihrer geringen bis hohen Kontamination damals auf einem zentralen „Friedhof“ im
Sperrgebiet abgestellt wurden, sind trotz formaler Bewachung und Einzäunung
ausgeschlachtet und geplündert. Motoren und Windschutzscheiben fehlen, ganze
Hubschrauber sind zerlegt und verschwunden.
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Das Kernkraftwerk Tschernobyl heute
Alle drei noch funktionsfähigen Blöcke wurden nach dem Ende der Aufräumarbeiten wieder
hochgefahren. Nach den Dekontaminierungsarbeiten in den Jahren 1986 und 1987 war die
Regierung der Ansicht, dass die Strahlung keine weiteren Auswirkungen auf das Personal
habe.[3] Der zweite Reaktorblock wurde im Oktober 1991 nach einem Feuer in der
Turbinenhalle abgeschaltet. Block 1 folgte im November 1996, Block 3 am 15. Dezember
2000. Die Abschaltung erfolgte insbesondere auf Druck der Europäischen Union, die Ukraine
erhielt dafür entsprechende Ausgleichszahlungen.
Der havarierte Reaktorblock ist heute durch einen provisorischen, durchlässigen „Sarkophag“
gedeckelt. Im Inneren ist weitgehend die Situation vom Zeitpunkt der Katastrophe in heißer
Form konserviert. Von rund 190 Tonnen Reaktorkernmasse befinden sich Schätzungen
zufolge noch rund 150–180 Tonnen im Gebäude, teils in Form geschmolzener und erstarrter
Brennelemente aus Uran, Plutonium, Graphit und Sand, teils in Form von Staub und Asche, in
Form ausgewaschener Flüssigkeiten im Reaktorsumpf und im Fundament oder in anderer
Form. Die ZDF-Reportage Tschernobyl − der Millionensarg spricht hingegen von weit
weniger verbliebenem Brennstoff im zerstörten Reaktorblock. Demnach sei im Zuge der
Katastrophe mehr radioaktives Material freigesetzt worden, als ukrainische und westliche
Stellen behaupten.
Im Jahr 1992 hatte die Ukraine mit einer französischen Firma einen Konzeptwettbewerb
veranstaltet, dessen Thema es war, Ideen für eine langfristige Lösung für Block 4 zu finden.
Schon nach kurzer Zeit entschied man sich für eine effektive Schutzummantelung und kürte
einen Gewinner. Hierzu sollte eine vollkommene Ummantelung von Block 3 und Block 4
gebaut werden. Da aber für dieses Konzept der damals noch aktive Block 3 hätte abgeschaltet
werden müssen, verwarf man dieses Projekt wieder. Die Kosten hätten sich auf ca. drei bis
vier Milliarden US-Dollar belaufen.[3]
Der internationale „Shelter Implementation Plan“ hat als Ziel, einen neuen haltbaren
Sarkophag zu errichten. Als erste Maßnahme wurden das Dach des ursprünglichen
Sarkophags verstärkt und die Belüftungsanlage verbessert. Der neue Sarkophag soll über dem
alten errichtet werden. Dadurch soll es möglich sein, den alten Sarkophag zu entfernen, ohne
dass weitere radioaktive Stoffe freigesetzt werden. Das geht mit zwei speziellen Kränen, die
extra für die Arbeit unter hoher Strahlenbelastung angefertigt wurden. Unter anderem können
diese auch radioaktive Stoffe zerkleinern. Der neue Sarkophag soll 257 Meter lang, 150 Meter
breit und 108 Meter hoch werden. Der Auftrag wurde am 17. September 2007 dem
Konsortium Novarka erteilt.[21] Der neue Sarkophag soll 200 Meter neben dem Reaktor
aufgebaut und auf Schienen über den alten Sarkophag gefahren werden.
Gedenken
Veranstaltungen
Bereits kurz nach der Katastrophe etablierten sich in größeren Städten, vor allem der
ehemaligen Sowjetunion, jährliche Gedenkveranstaltungen. Hierbei werden im Frühjahr
Kundgebungen oder Gottesdienste abgehalten, bei denen tausende Teilnehmer mit
brennenden Kerzen, Schweigeminuten, Mahnwachen oder Glockenläuten der Opfer der
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Reaktorexplosion gedenken. Sie demonstrieren damit jedoch auch für die friedliche Nutzung
der Atomenergie oder langfristig auch für die Stilllegung aller Atomreaktoren.[22]
Zur Erinnerung an Tschernobyl!
Museum und Mahnmale
Ein in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingerichtetes National-Museum zeigt
eindrucksvolle Bilder, Videos, Reste von Kleidung oder verweist mit durchgestrichenen
Ortstafeln auf die nicht mehr existenten Dörfer.[23]
Inzwischen gibt es auch mahnende Denkmale, wie in der russischen Hauptstadt Moskau oder
in den ukrainischen Städten Kiew, Charkow oder Saporoschje.[24]
Kiew erinnert mit einem Denkmal an die Feuerwehrleute und Ingenieure, die infolge ihres
Einsatzes bei der Katastrophe gestorben sind. An dem symbolhaften verbogenen Metall legen
Politiker des Landes regelmäßig Gedenkkränze nieder.[25]
Mahnmal in Charkow
In Charkow erinnern sogar zwei Monumente an die Katastrophe: eines aus rotem Porphyr und
ein weiteres, dreifarbig gestaltetes, im Park der Jugend. Ein weiteres Denkmal, das den
Helfern („Liquidatoren“) im Gelände des Kernkraftwerks gewidmet war, wurde zerstört.
In Saporoschje hat ein Bildhauer einen Stein an einem Brunnen wie ein gespaltenes Atom
gestaltet, unweit davon befindet sich ein Granitfindling mit einer Tafel für die Opfer der
Katastrophe. In der nach dem Reaktorunglück neu errichteten Stadt Slawutytsch gibt es ein
Mahnmal mit Fotos und Lebensdaten einiger Opfer.[26]
Ausstellungen, Konzerte und andere Aktivitäten
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Der deutsche Künstler Till Christ organisierte in Zusammenarbeit mit Studenten der
Staatlichen Akademie für Design und Kunst aus Charkow im Berliner Kunsthaus Tacheles die
Ausstellung Visual Energy – Nach Tschernobyl: Ressourcen, Energien und wir. Diese war
zwischen Oktober 2005 und April 2006 zu sehen.[27]
Im Jahr 2006 führte die schweizerische Stadt Thun in ihrem Rathaus eine Gedenkausstellung
mit Unterstützung der Botschafter der Ukraine, von Weißrussland und von Russland durch. –
Sogar musikalisch wurde das schreckliche Geschehen verarbeitet. Die Schriftstellerin
Swetlana Alexijevitsch hatte ein „Tschernobyl-Gebet“ verfasst, das im Jahr 2006 von dem
französischen Komponisten Alain Moget als Oratorium unter dem Titel „Und sie werden uns
vergessen“ vertont und uraufgeführt wurde. – In jedem Jahr kommen weitere Aktivitäten in
aller Welt zum Gedenken hinzu wie Fotoausstellungen, Konzerte, Veröffentlichungen oder
wissenschaftliche Tagungen. [28]
Literatur
Astrid Sahm, Manfred Sapper, Volker Weichsel (Hg.): Tschernobyl: Vermächtnis und
Verpflichtung. Berlin 2006 (= Osteuropa, 4/2006), ISBN 3-8305-1122-1.[29]
Mary Mycio: Wormwood Forest: A natural history of Chernobyl. ISBN 0-309-09430-
5.[30]
20 Jahre nach Tschernobyl – Eine Bilanz aus Sicht des Strahlenschutzes, Bericht der
Strahlenschutzkommission (SSK) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit, Heft 50 (2006), H. HOFFMANN GmbH – FACHVERLAG,
Berlin, ISBN 3-87344-127-6, ISSN 0948-308X
Chernobyl’s Legacy: Health, Environmental and Socio-Economic Impacts and
Recommendations to the Governments of Belarus, the Russian Federation and
Ukraine; April 2006 (PDF-Dokument)
Igor Kostin, T. Johnson (Mitarbeit), Übers. C. Kalscheuer: Tschernobyl -
Nahaufnahme. Verlag Antje Kunstmann, München 2006. ISBN 3-88897-435-6
(Fotoband, Reportage).
Environmental Consequences of the Chernobyl Accident and Their Remediation:
Twenty Years of Experience; Report of the UN Chernobyl Forum Expert Group
“Environment” (EGE), August 2005 (PDF-Dokument)
World Health Organization: Health Effects of the Chernobyl Accident and Special
Health Care Programms. Report of the UN Chernobyl Forum Expert Group “Health”
(EGH) April 2006 (PDF-Dokument, 1,6 MB).
IAEA (Hrsg.): Chernobyl's Legacy: Health, Environmental and Socio-economic
Impacts (…). September 2005 (PDF-Dokument)
Peter Jacob, Werner Rühm, Herwig G. Paretzke: 20 Jahre Tschernobyl – Die
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Zhores Medwedjew: Das Vermächtnis von Tschernobyl, Münster: Daedalus Verlag
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Swetlana Alexijewitsch Stimmen aus Tschernobyl. In: 20 Jahre Tschernobyl,
Themenheft Aus Politik und Zeitgeschichte Beilage zur Wochenzeitung das
Parlament, 27. März 2006 (Online).
Richard Stone: Der lange Schatten von Tschernobyl. Vor 20 Jahren explodierte der
Atomreaktor – Die Folgen sind noch immer furchtbar, Auszüge aus National
Geographic Deutschland April 2006, S. 106-127.
20 Jahre Leben mit Tschernobyl - Erfahrungen und Lehren für die Zukunft,
Kongressband zum internationalen Kongress vom 14.-17. September 2006, Feldkirch,
Österreich, ISBN 978-3-929990-04-1
Weblinks
Commons: Katastrophe von Tschernobyl – Sammlung von Bildern, Videos und
Audiodateien. Die hier wiedergegebenen Aufnahmen sind dieser Quelle entnommen. Zur
Autorenschaft wird ausdrücklich auf die dort wiedergegebenen Lizenzbestimmungen
verwiesen (siehe
http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Chernobyl_disaster?uselang=de).
Wissenschaftliches
IAEO-Website :In Focus - Chernobyl. Mit verschiedenen Studien des 'Tschernobyl-
Forums'
IAEO-Pressemitteilung: Tschernobyl: Das wahre Ausmaß des Unfalls PDF-Datei (176
kB)
Darstellung des Unfallhergangs auf der Seite des Kernkraftwerks Tschernobyl
(englisch)
ECRR Chernobyl 20 Years On Health Effects of the Chernobyl Accident: European
Committee on Radiation Risk (PDF-Datei; 3,86 MB)
The Other Report on Chernobyl (als Download)
„Tschernobyl: Die IAEA spricht von 56, Greenpeace von 93000 Todesopfern. Wer hat
Recht ?“ von Eike Roth, sehr ausführliche Gegenüberstellung der Studie des
Chernobyl-Forums und der Greenpeace-Studie, PDF (1,64 MB)
www.pro-physik.de Artikelserie im Physik-Journal 4/2006
Forschungszentrums Jülich: Langzeitbelastung der Bevölkerung in Weißrussland
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 25 von 27
Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, Bern; Website zu den
Langzeit-Folgen
PDF mit Karte der Kontamination auf landwirtschaftlichen Flächen in Bayern (573
kB)
Chernobyl: the true scale of the accident UN Report (WHO) zu den Folgen des
Unglücks
Publikationen der GRS zum Thema Tschernobyl
Rayk Einax: Tagungsbericht Politik und Gesellschaft nach Tschernobyl. 14.12.2009–
15.12.2009, Gießen. In: H-Soz-u-Kult, 19. Januar 2010.
Dokumentation
Wahrnehmung des Unglücks in der DDR (Zusammenfassung mit Links zu zwei pdf-
Dateien; 867 kB)
20 Jahre Tschernobyl (u. a. umfangreiche Presseschau des Umweltinstitut München
e. V.)
Karte zur regionalen Verteilung der Strahlenbelastung nach dem Tschernobyl-Unfall
(Quelle: CIA, 1996)
Strahlentelex Tschernobyl-Folgen (Materialsammlung / Links)
Sondersitzung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit beim
Deutschen Bundestag (Dreieinhalbstündige Videoaufzeichnung vom 5. April 2006
anlässlich des 20. Jahrestages von Tschernobyl. Reflexionen und Diskussionen über
die Folgen und Auswirkungen der Reaktorkatastrophe.)
Dokumentation des Unfalls (Doku - der letzten Minuten vor dem GAU in
Tschernobyl)
Fotodokumentation
Umfangreiche Fotodokumentation zum Reaktorunfall
Fotogalerie auf pripyat.com
Tschernobyl und Pripyat: Fotodokumentationen (englisch)
Tschernobyl und seine Folgen 20 Jahre danach - Reise eines Teams aus Mitarbeitern
des WDR und des Forschungszentrum Jülich
Reportage: Wie es heute vor Ort in Tschernobyl aussieht
Fotodokumentationen von Elena Filatova
Reaktor 3 zu Betriebszeiten
Videodokumentation
Der Millionensarg Video in 6 Teilen
Die Wahre Geschichte von Tschernobyl
Tschernobyl - Minuten der Entscheidung Rekonstruktion der letzten 60 Minuten im
Kontrollraum, nachgedreht in Block 3
Tschernobyl-Gau - Strahlendes Erbe der Geisterstadt
Die Schwelle Dokumentationsfilm aus dem Jahr 1989 in 9 Teilen
Audiodokumentation
Elementarfragen (Tschernobyl) - Audiopodcast. Interview mit dem Kernphysiker Dr.
Sebastian Pflugbeil über die Katastrophe
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 26 von 27
Einzelnachweise
1. ↑ a b c d
Medwedew, Grigori: Verbrannte Seelen – Die Katastrophe von Tschernobyl.
Hauser Verlag München, 1991
2. ↑ Dokument über den Versuchsvorgang und die Folgen der Radioaktiven Verstrahlung
3. ↑ a b c d e f g h i j k
Reaktorunfall von Tschernobyl (pdf)
4. ↑ www.greenpeace.de: Chronologie der Ereignisse
5. ↑ orf.at: Chronologie der Ereignisse
6. ↑ www.faz.net: Chronologie der Ereignisse
7. ↑ Video vom Tschernobyl-Unglück
8. ↑ Report of the UN Chernobyl Forum Expert Group “Health” (EGH); Working Draft
August 31, 2005
9. ↑ Alexey V. Yablokov, et al.: Chernobyl: Consequences of the Catastrophe for People
and the Environment. Ann. N.Y. Academy of Science. 1181. 4-30 (2009), Seite 5, @
google books
10. ↑ Der Reaktorunfall von Tschernobyl. Herausgeber: Informationskreis KernEnergie
(April 2006)
11. ↑ z. B. Thyroid cancer has increased in the adult populations of countries moderately
affected by Chernobyl fallout. Medical Science Monitor, 2004; 10(7): CR300-306,
PDF Datei
12. ↑ The Chernobyl Forum 2003-2005 (Hrsg.): Chernobyl’s Legacy: Health,
Environmental and Socio-Economic Impacts and Recommendations. Second revised
version, April 2006, PDF-Datei
13. ↑ Zusammenfassende Darstellung mit Literaturnachweisen in: Internationale Ärzte für
die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), Gesellschaft für Strahlenschutz e. V.
(Hrsg.): „Gesundheitliche Folgen von Tschernobyl. 20 Jahre nach der
Reaktorkatastrophe“, Metaanalyse, April 2006, S. 29-39, PDF-Datei
14. ↑ z. B. Hagen Scherb, Eveline Weigelt (2003): Congenital malformation and stillbirth
in Germany and Europe before and after the Chernobyl nuclear power plant accident,
Environ. Sci.& Pollut.Res. 10 Special (1):117–125, PDF-Datei
15. ↑ z. B. Hagen Scherb, Kristina Voigt (2007): Trends in the human sex odds at birth in
Europe and the Chernobyl Nuclear Power Plant accident. Reproductive Toxicology,
Volume 23, Issue 4, June 2007, Pages 593-599, HTML
16. ↑ Berichte der Strahlenschutzkommission (SSK) des Bundesministeriums für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit, Heft 50 (2006): „20 Jahre nach Tschernobyl. Eine
Bilanz aus Sicht des Strahlenschutzes“, PDF-Datei, Schlussbetrachtung S. 143
17. ↑ BR-online: 23 Jahre Tschernobyl: Der GAU und die Wende 24. April 2009.
Abgerufen am 4. September 2009
18. ↑ Miriam Schröder: Tschernobyl in der DDR: „Gezielte Vergiftung“, Spiegel Online,
9. April 2006; einestages.spiegel.de, 7. August 2007
19. ↑ Vgl. Rayk Einax: Tagungsbericht Politik und Gesellschaft nach Tschernobyl.
14.12.2009–15.12.2009, Gießen. In: H-Soz-u-Kult, 19. Januar 2010.
20. ↑ National Geographic (dt. Ausgabe), April 2006
21. ↑ Presseerklärung der European Bank for Reconstruction and Development
22. ↑ „Gedenken an den Super-GAU. 20 Jahre Tschernobyl.“ Auf n-tv.de; abgerufen am
25. August 2010
23. ↑ Homepage des Museums
24. ↑ Gedenken an Tschernobyl-Katastrophe vor 24 Jahren. Abbildung des Kiewer
Mahnmals und Information über ein Mahnmal in Moskau. In: Schweizer 'Tagblatt'
vom 26. April 2010; abgerufen am 25. August 2010
Die Katastrophe von Tschernobyl Seite 27 von 27
25. ↑ Gedenken an die Katastrophe von Tschernobyl auf Spiegel-online. Abgerufen am
25. August 2010
26. ↑ Bild auf Spiegel-online. Abgerufen am 25. August 2010
27. ↑ Schwarze Eier und strahlende Gullideckel. Informationen über eine
Erinnerungsausstellung in Berlin 2005/2006 auf Spiegel-online. Abgerufen am 25.
August 2010
28. ↑ Tchernobyl.Info, gesonderte Website mit zusammengefassten Aktivitäten anlässlich
des 20. Jahrestages der Katastrophe. Abgerufen am 25. August 2010
29. ↑ Inhalt und Abstracts unter osteuropa.dgo-online.org.
30. ↑ (englische Buchbesprechung), Vorwort (engl.).