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Ze itschrift fur anorganisde und allgemeine Chemie Band 249 30. Jnni 1942 Heft 4, s. 326-412 Die Kristallstruktur des Thoriumsilicids ThSi, Von G. BRAUER und A. MITIUS Mit 5 Abbildungen Bei der Bedeutung des Siliciums als Legierungsbestandteil und Reduktionsmittel erscheint die Kenntnis der Silicide besonders schwer fliichtiger Metalle von Wichtigkeit. In der vierten Gruppe des Periodischen Systems sind die Silicide der fjbergangsmetalle, sowohl in Hinsicht auf die Phasenverhaltnisse als auch bezuglich der Kri- stallstrukturen, noch recht unvollkommen bekannt. Lediglich fur die an Silicihm reichsten Verbindungen dieser Elemente ist durch prg- parative Arbeiten 0. HONIGSCHMrD’S der E’ormeltypus MeSi, sicher- gestellt worden. Er wurde durch einige in neuerer Zeit vorliegende rontgenographische Konstitutionsbestimmungen bestatigt. Unter diesen Gesichtspunkten stellten wir uns die Aufgabe, die Strnktur des ent- sprechenden Silicids von Thorium zu ermitteln. Darstellung ThSi, wurde von 0. HONIGSCHMID~) aus den Elementen bei 1000 in Gegenwart von Aluminium als Losungsmittel gewonnen. Der Regulus geschmolzenen Aluminiums enthielt das Silicid in Form quadratischer Lamellen, die durch Behandlung mit verdunnter Kali- lauge isoliert werden konnten. In Anlehnung an diese Beschreibung stellten wir das Thorium- silicid ebenfalls aus den reinen Metallen in einer Aluminiumschmelze dar. Das verwendete Thoriumpulver war von der AuER-Gesellschaft, Berlin, bezogen. Nach Angabe des Herstellers enthielt es 99,5 O/, Thorkm, 0,2-0,4°/, Eisen, 0,1-0,2°/, Wasser und 0,OS-0,15 Wasserstoff. Um eine Reindarstellung von Siliciummetall zu umgehen, be- nutaten wir ein Silumin der Metallgesellschaft, Frankfurt, mit 13,03 Silicium, 86,5S0/, Aluminium und 0,39O/, Eisen. Da nach der Vor- schrift von HOFIGSCHMID jedoch Aluminium in fiinffachem ober- I) 0. H~NIGSCHYID, Mh. Chem. 28 (1907), 1017. Z. anorg. allg. Chem. Bd. 249. 22

Die Kristallstruktur des Thoriumsilicids ThSi2

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Ze itschrift fur anorganisde und allgemeine Chemie

Band 249 30. Jnni 1942 Heft 4, s. 326-412

Die Kristallstruktur des Thoriumsilicids ThSi, Von G. BRAUER und A. MITIUS

Mit 5 Abbildungen

Bei der Bedeutung des Siliciums als Legierungsbestandteil und Reduktionsmittel erscheint die Kenntnis der Silicide besonders schwer fliichtiger Metalle von Wichtigkeit. In der vierten Gruppe des Periodischen Systems sind die Silicide der fjbergangsmetalle, sowohl in Hinsicht auf die Phasenverhaltnisse als auch bezuglich der Kri- stallstrukturen, noch recht unvollkommen bekannt. Lediglich fur die an Silicihm reichsten Verbindungen dieser Elemente ist durch prg- parative Arbeiten 0. HONIGSCHMrD’S der E’ormeltypus MeSi, sicher- gestellt worden. Er wurde durch einige in neuerer Zeit vorliegende rontgenographische Konstitutionsbestimmungen bestatigt. Unter diesen Gesichtspunkten stellten wir uns die Aufgabe, die Strnktur des ent- sprechenden Silicids von Thorium zu ermitteln.

Darstellung ThSi, wurde von 0. HONIGSCHMID~) aus den Elementen bei

1000 in Gegenwart von Aluminium als Losungsmittel gewonnen. Der Regulus geschmolzenen Aluminiums enthielt das Silicid in Form quadratischer Lamellen, die durch Behandlung mit verdunnter Kali- lauge isoliert werden konnten.

In Anlehnung an diese Beschreibung stellten wir das Thorium- silicid ebenfalls aus den reinen Metallen in einer Aluminiumschmelze dar. Das verwendete Thoriumpulver war von der AuER-Gesellschaft, Berlin, bezogen. Nach Angabe des Herstellers enthielt es 99,5 O/, Thorkm, 0,2-0,4°/, Eisen, 0,1-0,2°/, Wasser und 0,OS-0,15 Wasserstoff.

Um eine Reindarstellung von Siliciummetall zu umgehen, be- nutaten wir ein Silumin der Metallgesellschaft, Frankfurt, mit 13,03 Silicium, 86,5S0/ , Aluminium und 0,39O/, Eisen. Da nach der Vor- schrift von HOFIGSCHMID jedoch Aluminium in fiinffachem ober-

I) 0. H~NIGSCHYID, Mh. Chem. 28 (1907), 1017. Z. anorg. allg. Chem. Bd. 249. 22

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schuB vorhanden sein soll, fugten wir noch Reinstaluminium mit 99,99O/, Al in Form von Pulver zum Auflosen des iiberschiissigen, bei der Bildung von ThSi, nicht verbrauchten Siliciums hinzu. Hierbei wurde dafiir gesorgt, daB das Verhaltnis von Aluminium zu Silicium gemaJ3 dem Zustandsdiagramm den Wert fur das Eutek- tikum nicht iiberschritt, um ein friihzeitiges Auskristallisieren von Silicium in Form groI3er Kristalle zu vermeiden.

Die Pulver von Aluminium, Thorium und Silumin wurden gut vermischt und zu etwa 10mm langen und 5mm dicken Pastillen gepreBt und im Hochvakuum bei l l O O o eingeschmolzen. Der Tiegel aus Aluminiumoxyd befand sich dabei in einem eiuseitig geschlossenen Quarzrohr. Um die Ausscheidung groBerer Kristalle des Silicids zu begiinstigen, erfolgte die Abkiihlung so langsam, daB der Temperatur- bereich 1100 bis 800° in 4 Stunden durchschritten wurde.

Wie HONIGSCHMID bereits feststellte, lost sich Thoriumsilicid nur langsam in verdiinnter oder konzentrierter kalter Halogenwasser- stoffsaure, rascher hingegen in der Warme. Allerdings ist die Auf- losung nicht vollstandig, da sich in Salzsaure Kieselsaure und in FluBsaure Thoriumfluorid abscheidet. Mit Salpetersanre und konzen- trierter Schwefelsaure reagiert das Silicid nur langsam. loo/, ige Kalilauge greift praktisch nicht an. Um den erhaltenen Regulus von uberschiissigem Aluminium zu befreien, behandelten wir ihn deshalb abwechselnd mit verdiinnter Salzsaure und Kalilauge unter gelindem Erwarmen. Das erhaltene Kristallpulver wurde schlieRlich mit Wasser und Alkohol gewaschen.

Unter dem Mikroskop waren rechteckige und quadratische diinne Blattchen mit metallischem Glanze zu sehen, deren groBte gut aus- gebildete Exemplare etwa 0,4 mm Lange, 0,2 mm Breite und 0,07 mm Dicke besaBen. Sie gehijrten offenbar einem orthogonalen System an und besaBen die Form tetragonaler Doppelpyramiden, die durch pinakoidale Flachen zu diinnen Blattchen abgestumpft waren.

Obgleich sich fiir die rontgenographischen Untersuchungen einige gut ausgebildete und vollkommen saubere Einzelkristalle aus- suchen lieBen, bildete ein groJ3er Teil der Silicidteilchen mit den Verunreinigungen Silicium und Siliciumdioxyd zusammenhangende Partikel und bedurfte somit einer weiteren Reinigung. Nach der Trennung zusammenhbgeder Kristallite durch Pulverisieren im Achatmorser schiittelten wir das zerkleinerte Prodnkt so lange rnit jevieils frischem Bromoform (Dichte 2,9), als noch Fremdteilchen, besonders das chemisch nicht entfernbare Siliciumdioxyd, nach oben

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G. Brauer u. A. Mitius. Die Kristallstruktur des Thoriumsilicids ThSi, 327

abgeschwemmt wurden. SchlieBlich trockneten wir die Kristalle bei 200 im Vakuum vollstandig.

Die Dichtebestimmung wurde mit etma 100 mg mehrmals aus- gefiihrt. Zur Pyknometereichung wie awch zur Einbettung des Thoriumsilicids benutzten wir frisch destilliertes und entgastes Wasser. Eichung und Volumablesung erfolgten stets bei 0 O. I m Mittel mehrerer Bestimmungen ergab sich die Dichte von l'hSi, zu D = 7,63.

An a I yse Die Analyse von ThSi, bietet infolge seiner Widerstandsfahig-

keit gegen losende Reagenzien einige Schwierigkeiten. HONIGSCHMID schlug drei verschiedene AufschluBmethoden vor, von denen ihn jedoch keine allein zu befriedigenden Ergebnissen fuhrte, so daB er die Ergebnisse verschiedener Methoden kombinierte.

Die erste Methode bedient sich des ungemein langwierigen Aufschlusses init KGnigswasser, bei melchem die abgeschiedene Kieselsgure noch Thorium enthalt und weitere Trennungsoperationen erfordert.

Bei der zweiten Methode wurde das Silicid in einem Gemisch von ver- diinnter FluBsaure und Salpetersaure gelsst. Das ausfallende unlosliche Thoriumfluorid muB in Sulfat verwandelt werden. Dies Analysenverfahren gestattet naturgemaB keine unmittelbare Bestimmung des Siliciumgehaltes.

Die dritte Methode beruht auf der Anwendung einer Alkalihydroxyd- achmelze. Durch Wasserzusatz kann die Umsetzizug des Silicids mit hzalkal i so gemaBigt werden, dab zunachst kein unlosliches Thoriumoxyd entsteht. Die Genauigkeit dieses Verfahrens hiingt aber in hohem Grade von der Ge- schicklichkeit des Experimentators ab, der den Augenblick erfassen muB, in dem sich alles Silicid zersetzt, unlosliches Thoriumoxyd sich jedoch noch nicht gebildet hat.

In jedem Falle wird die Bestimmung des Thoriums noch erschwert durch einen geringen Gehalt des Silicids an Aluminium und Eisen, von denen es getrennt werden muB. Da die erste der genannten Methoden sehr zeitraubend ist und die letzte besondere Schwierigkeiten aufweist, so bestimmten wir den Thorium- und den Siliciumgehalt des von uns untersuchten Praparates in verschiedenen Prohen.

Zur Bestimmung des Thoriums schlossen wir mit FluBsaure und Salpetersaure auf dem Wasserbade auf und fuhrten das er- haltene Thoriumfluorid durch Abranchen mit Schwefelsaure in Sulfat uber. Aus der schwach sauren Losung wurde mit Kupferron nach bekannter Vorschrift l) gefallt. Geringe moglicherweise vorhandene Nengen Aluminium wurden hierbei abgetrennt. Drts durch Gluhen

l) Vgl. z. B. W. PRODINQEB, Organische Fiillungsmittel in der quantitativen Analyse. Stuttgart 1937.

22*

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328 Zeitscbxift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 249. 1942

erhaltene Thoriumoxyd enthielt noch geringe Mengen Eisen (0,67 bis 0,75 bezogen auf die Einwaage ThSiJ, die kolorimetrisch bestimmt und in Abrechnung gebracht wurden. Wir erhielten so im Mittel einen Wert von SO,99 O/,, Thorium.

Zur Bestimmung des Siliciums wurde das Silicid durch Schmelzen mit einem Gemisch von Natxiumhydrogensulfat und Natriumpersulfat aufgeschlossen. Beim Ausziehen des Schmelzgutes mit heiBem Wasser hinterblieb ein braunlicher, das gesamte Silicium enthaltender Ruckstand, der naB im Platintiegel verascht und mit Natriumcarbonat aufgeschlossen wurde. Uurch Abrauchen rnit Salz- und Salpeter- same schieden wir Kieselsaure unloslich ab. Eine weitere geringe Menge davon gewannen wi r durch Eindampfen des salzsauren Filtrates und Abrauchen rnit Saure. Aus den vereinigten Anteilen Kiesel- siiure erhielten wir nach der ublichen Behandlungsweise und Kon- trolle einen Wert von 18,390/, fur den Siliciumgehalt des analysierten Produktes.

1 Gefunden I Theoretisch (ThSi,)

Thorium. . . . Silicium . . . .

Es bestehen mithin keine Zweifel uber die Identicat unserer Substanz rnit dem von HONIGSCHMID untersuchten Thoriumsilicid und iiber dessen der Formel ThSi, entsprechende Zusammensetzung.

Strukturaufklarung Wir stellten Pulveraufnahmen von ThBi, mit Kupfer-

RdStrahlung her. Die Auswertung eines Filmes ist in Tabelle 1 wiedergegeben. Die Indizierung der Reflexe gelang mit der tetra- gonalen quadratischen Form sin2 9 = 0,03478 (h2 + ka) + 0,002877 la, aus deren Koeffizienten sich die Abmessungen der Elementarzelle zu a = 4,126 8, c = 14,348 A und cia = 3,48 berechnen. Zwei Reflexe, in Tabelle 1 mit Nr. 12 und 15 bezeichnet, lieBen sich in diese einheitliche Indizierung nicht einbeziehen. Sie sind aber bei weitem die schwachsten des ganzen Diagrammes und nicht auf allen Aufnahmen mit Sicherheit zu erkennen; da auch ihre relative Intensitat zu wechseln scheint, halten wir sie fur einer geringen Verunreinigung zugehiirig.

ThTeiterhin berechneten wir aus dem Verhkltnis von Zellvolumen und Nolvolumen der Formeleinheit die Anzah l d e r Atome i m E l e m e n t a r b e r e i c h zu 11,76 N 12. Davon sind der Zusammen-

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G. Brauer a. A. Mitius. Die Kristallstruktur des Thoriumsilicids ThSi, 329

Tabelle 1 Pulverdiagramm von ThSi,

Kupfer K,-Strahlung, Filmdurchmesser 114,6 mm, Stabchendicke 0,5 mm

Nr. Intensitat

1 2 3 4 5 6 7 8

9

10 11 12 13 14 15 16

17

18 19

20

21 22 23

t

24 25 26

27 28

29

30 31 32

33

34

st m s t sst st m m s t

m

m m 888 S 8 sss m

m

9s st

S

9s sss m

9s 9s m

99s m

S

sss 9s st

S

S

h k l ' sin28 beobachtet

1 0 1 0 0 4 1 0 3 1 1 2 1 0 5 2 0 0 1 1 6 2 1 1 1 0 7 2 0 4 0 0 8 2 1 3 2 1 5

1 0 9 2 2 0

2 1 7 3 0 1 2 0 8 2 2 4 3 0 3 3 1 2 1.1.10 3 0 5 1-0.11 2 1 9 0.0.12 3 1 6 2 3 1 3 0 7 2 2 s 3 2 3 3 2 5 1-0-13 2.1.11 3 0 9 2.0.12 4 0 0 3 2 7 4 1 1 4 0 4 4 1 3

-

-

3-1-10 1.1.14 3 3 2 4 1 5 3.0.11 2-1.13 3 2 9 1.0.15

0,0386 0,0461 0,0608 0,0806 0,1076 0,1401 0,1734 0,1766 0,1766 0,1853 0,1853

0,2462 0,2572 0,2ti91 0,2781 0,2911 0,3147 0,3147 0,3245 0,3245 0,3376 0,3592 0,3592 0,3858 0,3858 0,4076 0,4193 0,4529 0,4529 0,4529 0,4643 0,4773 0,5250 0,5250 0,5250 0,5471 0,5527 0,5527 0,5933 0,5933 0,6027 0,6159 0,6417 0,6417 0,6417 0,6624 0,6624 0,6624 0,6841 0,6841

0,2001

sins 4 berechnet

0,0377 0,0461 0,0607 0,0811 0,1068 0,1392 0,1733 0,1768 0,1761 0,1853 0,1845

0,2460

0,2683 0,2783

0,3152 0,3160 0,3236 0,3244 0,3390 0,3594 0,3578 0,3852 0,3835 0,4074 0,4150 0,4517 0,4552 0,4544 0,4628 0,4782 0,5243 0,5219 0,5227 0,5466 0,5542 0,5566 0,5935 0,5943 0,6028 0,6174 0,6361 0,6345 0,6392 0,6635 0,6619 0,6610 0,6857 0,6833

0,1999

-

-

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330 Zeitschrift fur anorganische und sllgerneine Chemie. Band 249. 1942

Nr .

36

36

-

37

3s

39

-

Intensitat

Tabelle 1 (Fortsetzung)

h k l

2 4 0 2.2.12 4 1 7 3 3 6 0.0.16 4 2 4 4 0 8 3.2.11 3.0-13 2 * 1 125 4 1 9

sine 9. beobachtet

0,6954 0,6954 0,730Y 0,7309 0,7309 0,7420 0,7420 0,8030 0,8030 0,8217 0,8217

sinP Y berechnet

0,6958 0,6933 0,7327 0,7314 0,7378 0,7419 0,741 1

0,8002 0,8224 0,8249

0,8010

sin4$ = 0,03475 (h2 -I- ke) 3. 0,002877 E2; a = 4,126 8; c = 14,346 A; c/a = 3,4S

setzung ThSi, entsprechend vier Thoriumatome und acht Silicium- atome. Mit der Annahme ron 12 Atomen, den genannten Zell- dimensionen und dem Molekulargewicht lafit sich andererseits die Dichte mit D = 7,79 errechnen. Die oben besprochene experimen- telle Bestimmung hatte den nur wenig niedrigeren Wert 7,63 ergeben.

Zur Ermittlung von Gittersyznmetrie und Raumgruppe wurdeu D r e h kr i s t all- un d S c h i c h t l i n i en aufn a hm en hergestellt. Ein gut ausgebildeter Kristall wurde derart montiert, daB die Drehung urn eine Achse senkrecht zu den Pinakoidflachen erfolgte, und einer Drehkristallaufnahme unterworfen. In der Aufnahme waren 8 Schicht- linien zu erkennen. Die folgende Tabelle zeigt die Identitiits- perioden I, die Bus den einzelnen Schichtlinienabstinden nnch be- kannten Beziehungen berechnet wurden :

Schichtlinie Kr.

3.7 I 6O 9' 7;4

11,5 16,O 21,3 28.1

12O 1i' I 18O 41' 250 12' i 32O 4' 390 34'

I (A)

14,4 14,s 14,4 14,5 14,s 14,5 14,6 14,4

Im Mittel ergibt sich I mit 14,46 A in Richtung der Drehachse. Dieser Wed stimrnt mit der aus der Pulveraufnahme ermittelten Dimension 14,35 A fur die c-Achse des angenommenen tetragonalen Elemen tarkorpers iib erein.

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Zur Ermittlung der Iden- titatsperiode in einer zu der eben genannten senkrechten Richtungfiihrten wir eine Dreh- kristallaufnahme mit einem anderen Kristall durch. Die Basisflachen dieses Kristalls besaflen die Form eines Recht- ecks, zu dessen Langskante wir nun die Drehachse parallel stellten. Dabei erhielten wir 2 Schichtlinien auBer dem Xquator rnit den in der folgenden Tnbelle zusammen- gestellten Werten:

Der gefundene Mittelwert fiir die hier vorliegende Iden- tifatsperiode I = 4,15 A steht offenbar in bester cbereinstim- muug mit der aus der Pulver- aufnahme ermittelten Gitter- konstanten a = 4,126 8.

Zur nzheren Untersuchung von Translationsgruppe und ge- setzmaigen Reflexausloschun- gen bedienten wir uns der

Gon iomete rau fnahmen nach -WEISSENBERG und BOEN, und zwarzerlegten mir Aquator, 1. und 2. Schichtlinie von der Aufnahme mit Drehung des Kristalls um [OOl], sowie den fquator der Aufnahme mit

Abb. 1. A u s s c h n i t t a u a dem R e z i p r o - k e n G i t t e r v o n ThSi, n a c h K o n s t r u k - ti on & u s WEISSENBERG - G oni ome t er- a u f n a h m e n m i t K r i s t a l l d r e h u n g um [0 0 11. (Aquator, 1. n. 2. Schichtlinie.) Die reziproke c-Richtung ist perspektivisch ein-

gezeichnet

Abb.2. A u s s c h n i t t aus d e m R e z i - p r o k e n G i t t e r v o n ThSi, n a c h Kon- s t r u k t i o n a u s e i n e r WEISSENBERG- Go n i o rn e t e r a u fn a h rn e m i t Kr i s t a1 1-

d r e h u n g urn [O lo]. (Aquator.)

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332 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 249. 1942

Tabelle 3 b e r e c h n e t e r I n t e n s i t % t e n

i m P u l v e r d i a g r a m m v o n ThSi V e r g l e ic h b e o b a c h t e t e r u n d

Nr. h k 1

1 1 0 1 2 I 0 0 4 3 I 1 0 3 4 1 1 2 5 I 1 0 5 6 ' 2 0 0 7 1 1 1 6 8 9

10 11 13 14 16 1 7 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 -

2 1 1 + 1 0 7 2 0 4 + 0 0 8 2 1 3 2 1 5 1 0 9 2 2 0 2 1 7 + 3 0 1 2 0 8 + ? 2 4 3 0 3 3 12+1.1.10 305+1.0.11 2 1 9 0 . 0 . 1 2 3 1 6 + 3 2 1 + 3 0 7 2 2 8 3 2 3 325+1*0.13+2*1*11 3 0 9 2 * 0 12-I-400 3 2 7 + 4 1 1 4 0 4 4 1 3 3*1-10+1.1.14+3 3 2 4 1 5 + 3 * 0 ~ 1 1 + 2 * 1 - 1 3 3 29+1*0-15 420+2-2-12 4 1 ? + 3 3 6+0*0-16

3.2*11+3*0.13 2.1-154-419

4 ? 4 + 4 0 8

Gesamtintensi tjit berechnet

1 f iz 82

158 256 103 74 40 92 60 56 58 17 25 46 38 12 78 20 1 7 6

38 11 14 30 6

28 26 9

11 49 27 16 35 27 29 1 4 29

Intensitat xobschtet

st m-at

st SSt st mi- m st

mi- m- m+

S+ m m

st

ssf

m

S

9s

S

889

98 9s m

m S+

888

ass 88 s t S+

m+ S+ m

m

9

8

Drehung um [OlO]. Aus den Vermessungsdaten der so erhaltenen Dia- gramme wurden die entsprechenden Netzebenen des Reziproken Gitters von ThSi, gezeichnet, wie sie in den Abb. 1 und 2 dargestellt sind. Die Schnit.te durch das Reziproke Gitter fiigen sich zu einem tetragonalen fliichenzentrierten Gitter zusammen und lassen damit erkennen, dafi das eigentliche Kristallgitter tetragonal raumzentrierte Translations- gruppe besitztl). Die Indizierung der Repriisentationspunkte im Reziproken Gitter konnte in fjbereinstimmung mit der Pulveraufnahrne - -___

l) Vgl. hierzu Ill. S t r a u m a n i s , Z. Kristallogr. 104 (1942) 18.

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durchgefuhrt werden. Dabei ergab sich, daki nur diejenigen Reflexe h k 1 beobachtet wurden, die eine gerade hdizessumme haben, von den Reflexen h k 0 nur diejenigen mit geraden h und k, und von den Reflexen h h 1 nur diejenigen, bei denen die Beziehung 2h+ 1 = 4 n erfullt ist. Nach den ,,Internationalen Tabellen zur Kristallstruktur- bestimmung" konnten wir diese Ausloschungen als charakteristisch f- die Raumgruppe D&I4/amd ansehen, da keine Anzeichen fur eine niedrigere Lam-Symmetrie als Dph beobachtet werden konnten.

Da wir feststellten, daE im Elementarkorper 4 Thorium- und 8 Siliciumatome zu lokalisieren sind, so kommen folgende 6 An- ordnungen in Dl8 in R a g e (Bezeichnung nach den ,,Internationalen Tabellen"):

1. 4Th in (a), 8 Si in (c); 2. 4 Th in (b), 8 Si in (c); 3. 4 T h in (a), 8 Si in (d);

4. 4Th in (b), 8 Si in (a); 5. 4 Th in (a), 8 Si in (e); 6. 4Th in (b), 8 Si in (e).

Die Anordnungen 1-4 zeichnen sich ubereinstimmend dadurch aus, daB benachbarte Siliciumatome nur 2,OS A voneinander entfernt sind, was mit der dem Siliciumatom in unpolarer oder metallischer Bindung gewohnlich zugeschriebenen Raumerfiillung unvertraglich ist. Wir konnen diese Anordnungen daher au0er Betracht lassen. Die unter 5. und 6. zusammengefabten Punktbesetzungen, die miteinander gleichwertig sind, erm8glichen dagegen bei geeigneter Parameterwahl den Aufbau einer Gitterstruktur fur ThSi,, welche sowohl mit den Grokienverhaltnissen der beteiligten Atome, als auch rnit den r8ntgeno- graphischen Versuchsergebnissen in Einklang steht.

Fur die Wahl des Pa rame t )e r s ergab eine nahere Unter- suchung der Abstandsverhaltnisse der drei benachbarten Silicium- atome in O O x , 0 0 2 und + O ( + - x ) , daB x nur Werte zwischen 0,40 und 0,42 annehmen kann. An einigen geeigneten Reflexen der Pulveraufnahme priiften wir die Bbhangigkeit der berechneten 'Relativintensitaten von x und verglichen mit den entsprechenden beobachteten Linienschwarzungen. I n der Pulveraufnahme (vgl. auch Tabelle 1 und 2) bestehen u. a. die im folgenden mit Hilfe der Indices der Interferenzen symbolisierten Intensitatsbeziehungen:

4 2 0 + 2 * 2 - 1 2 > 4 1 9+2-1 .16 ; 4 2 0 + 2 . 2 * 1 2 > 424+408; 4 2 0 + 2 * 2 * 1 2 > 4 1 5+3.0*11+2.1*13; 4 1 9 + 2 - 1 - 1 5 > 4 1 7 + 3 3 6 + 0 . 0 - 1 6 ; 4 1 9 + 2 * 1 * 1 5 > 4 1 5+3.0-11+2*1*13.

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334 ZeitschrSt fiir snorganische und allgemeine Chemie. Band 249. 1942

Die Abhangigkeit der fiir die Re3exe be- rechnetenl) Intensitaten von x ist in Abb. 3 im Ausschnitt wiedergege- ben. Als Grenzwerte fur den Parameterlassen sich 145,51360 und 15 1,51360 oder 0,404 und 0,421 ablesen. Wir wahlten z = 0.4165 zur

~

a ,&am& Berechnung der Inten- fiir alle cbrigen

Reflexe des Pulver-

Abb. 3. Graphische Eingrenzung des Para- meters z d e r A t o m l s g e von Si l ic ium

i m Gitter von ThSi, diagramms, da bei die- sem Wert offenbar ein ausgezeichneter Fall eintritt. Mit z = 0,4165 werden nnmlich sowohl alle irn Gitter vor- kommenden kiirzesten Si-Si-Abstande unter- einander, als auch samt- liche kiirzesten Th-Si- Abstiinde ihrerseits untereinander gleich groB (vgl. weiter unten).

Die nbereinstim- mung des Ganges der berechneten Intensita- ten und der beobach- teten Linienschwarzun-

l) Berechnungmit Struk- turamplitude einschlieBlich winkelabhlngiger Atom- faktoren, Polarisations. und L o r en tz faktoren und'F1L-

k- Jnhmh7ge.m?u7zf chenhlufigkeiten, abefohne Abb. 4. Vergle ich berechneter und beob- Iiorrektion fiir Absorption achteter r e l a t i v e r Ref lex intens i taten im und Wgrmebewegung im

Pulverdiagramm von ThSi, Priiparat.

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G. Brauer u. A. Mitius. Die Kristallstruktur des Thoriumsilicids ThSi, 335

gen ist ausgezeichnet, wie in Tabelle 2 und .!4bb. 4 im einzelnen belegt wird.

Afomanordnung Thoriumsilicid ThSi, besitzt also ein tetragonales KristalIgitter

der in Abb. 5 dargestellten Art mit den konstituierenden Atomlagen :

0 5

0 m

Abb. 5. K r i s t a l l g i t t e r v o n ThSi, (Elementarzelle).

4 T h in 000, O + + , + i Q , + O $ . SSi in 002, 003, O + ( + + z ) , O+(+-z) ;

+*ig+z), + !J(+-z), + O ( + + Z ) > i O ( g - 2 ) mit x=0,4165.

folgende kurzeste Atomschwerpunktsabstande anftreten:

Si-si: d,= fw-p: a, = (1-22).c;

Die Untersuchung der Nachbarschaftsverhaltnisse ergibt, daB

Th-Th: d,= a, rl, =

Setzt man die Ausdriicke fur d, und d, einander gleich und lost die gebildete Beziehung unter Einsetzen der experimentellen Daten fur a und c nach z auf, so erhalt man den Wert x = 0,4168 als Bedingung fiir eine isometrische Anordnung im Teilgitter der Silicium- atome. Andererseits wird die maximal gleichformige Anordnung

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336 Zeifschrift fir anorganisohe und allgemeine Chemie. Band 249. 1942

zwischen heterogenen Atomen durch den Ausdruck d, = d, mieder- gegeben, dessen numerische Auswertung zu x = 0,4164 fuhrt. Man erkennt nun die Sonderstellung des von uns gewahlten Parameter- wertes x = 0,4165.

Jedes Siliciumatom besitzt 3 gleichnamige Nachbarn in 2,39 A Abstand (2 in dl uncl einen in a,) und 6 ungleichnamige Nachbarn in 3,16 A Abstand (zwei in d, und vier in d4).

Jedes Thoriumatorn wird von 8 gleichen Partikeln umgeben, von denen je vier sich in don Entfernungen d5=4,13 und d,=4,14 Li befinden und beriihrt 12 Siliciumatome in 3,16 A Abstand (vier in d, und acht in ad).

Zwischen den Thoriumatomen liegt offenbar nicht der Zustand extremer Anniiheruag Tor. Man wird mithin jedem Th-Atom eine Koordinationszahl 12 gegeniiber der nur aus Silicium bestehenden Sachbarschaft und jedem Silicium eine Koordinationszahl 9 in einem aus 6 Thorium- und 3 Siliciumatomen zusammengesetzten Koordinations- polyeder zuschreiben.

Die Bauzusammenhange im Gitter von ThSi, stellen sich da- nach in der abgekiirzten symbolischen Schreibweise nach LAVES folgendermaBen dar:

ThSi, Th 12 g 6 Si ' d = 3,16 '

3yG d = 2,39

(8 5) d = 4,13

Das Symbol 8 G fur den homogenen Rauverband der Th-Atome (homogenes Baugitter mit Koordinationszahl 8) ist hier eingeklammert worden, um damit augenfallig anzudeuten, daB dieses Teilgitter nach unserer Kenntnis der Atom- gr6Ben fiir den Gesamtaufbau nur untegeordnete Bedeutung gegeniiber dem heterogenen Bauverband Th-Si und dem homogenen Bauverband Si-Si besitzt (Th-Atome beruhren einander nicht), obgleich es im Sinne der Definition nach LAVEE ein ,,effektiver", d. h. fur das Gesamtgitter bedeutsam erachteter Bau- verband ist. Wir miichten hier ganz allgemein den Gebrauch dcr Klammer in diesem Sinne als Erggjinznng der S-ymbolik von LAVES vorschlagen, urn die relativen Gewichte mehrerer effektiver Bauverbande noch besonders zu unter- scheiden. Die Notwendigkeit hierzu tritt freilich nur in einzelnen Fallen, wie etwa dem vorliegenden, auf, bei dem ein yon eins wesentlich abweichendes Radienverhaltnis der Atomsorten besteht.

9 Vgl. F. LAVES, Z. Kryst. 73 (1930), 202 LL 275; F. LAVES u. H. WITTF, Metallwirtsch., Wetallwiss., Metalltechn. 14 (1935), 645.

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G. Brauer u. A. Mitius. Die Kristallstruktur des Thoriumsilicids ThSi, 337

Vergleich mit anderen Siliciden

Das untersuchte Thoriumsilicid ThSi, gehort seiner Formel nach der weitverbreiteten Gruppe der Disilicide an und sol1 daher noch innerhalb dieser Gruppe mit anderen Verbindungen verglichea werden, iiber deren Struktur unsere Kenntnisse letzthin durch H. J. WALLBAUM wesentlich erweitert worden sindl). Tabelle 2 ver- mittelt zuniichst eine nbersicht uber die in einem weiten Gebiet des Periodensystems auftretenden Disilicide ; die verzeichneten Ver- bindungen sind zum uberwiegenden Teil, soweit wir bisher wissen7 jeweils die an Silicium reichsten intermediaren Silicide der be- treffenden Metalle.

Mach den Untersuchungen von WALLBAUM kristallisieren (VSi, NbSiZ2) und TaSi, im CrSi,-TypS), ReSi, im MoSi,-Typ*), dem auch WSi, angehort. Alle diese Verbindungen unter EinschluB der ahlichen schwach rhombisch deformierten Struktur von TiSi,5) zeichnen sich durch Gitter mit hohen Koordinationszahlen und hoher

Tabelle 2. D i s i l i c i d e Verbindungen, dcren Gitterstruktur gut bekannt ist: Fettdruck Verbindungen, deren Existenz vermutet werden kann: Kitrsivdruck

CaSi, ScSi, TiSi, VSi, CrSi, MnSi, SrSi, YSi, ZrSi, NbSi, MoSi, BaSi, LaSi, HfSi, TaSi, WSi, BeSI,

ThSi, USi,

l) H. J. WALLBAUM, Z. Metallkunde 83 (1941), 37s. 8, Es muB hier erwahnt werden, daB die Strukturbestimmung von NbSi,

im Verlaufe. einer riintgenographischen Untersuchung des Systems Nb-Si bereits 1939/40 durch einen der Verf. (Br.) gemeinsam mit Berm Dip].-Ing. W. SCHEELE im hiesigen Institut weitgehend durchgefiihrt worden ist. Diese Untersuchung, deren Vollendung wegen Einberufung zur Wehrrnacht unter- bleiben mubte, hatte auf Grund von Einkristall- und Pnlveraufnahmen fur NbSi, ebenfalls die Raumgruppe DS6 (D,3 und eine Struktur ergeben, die der von CrSi, mindestens sehr abnlich sein muBte. Doch wurden einige Beflexe beobachtet, deren Relativintensitiit auffallig sowohl yon den fur CrSi,-Typ be- rechneten Werten, d s auch von den Beobachtungen WALLBAUM’S abweichen.

An Uransilicid USi, wurden Pulveraufnahmen erhalten, die sich kubisch mit einer Gitterkonstanten von 4,08 indizieren lassen; doch acheint es sich bei dieser einfacben Elementarzelle urn eine Pseudozelle zu handeln. Weitere Mitteilungen iiber diesen Gegenstand sollen spater erfolgen.

3j B. ISORBN, Ark. Kem. Mineral. Geol. (A) 11 (1933), 2. *) W. ZACHABIASEN, Z. physik. Chem. 125 (1927), 39. 7 F. LAVES u. H. J. WALLBAUM, Z. Kryst. (A) 101 (1939), 78.

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338 Zeitsehrift fiir anorganisehe und dgemeine Chemie. Band 249. 1942

Raumerfiillung aus, die als ubereinanderlagerung hexagonaler Kugel- schichten beschrieben und im Sinne von LAXES~) als ,,elementahnliche StmktureniL bezeichnet werden konnen. Wenn dieser Bau auch in erster Linie in Zusammenhang mit dem fast gleichen Raumbedarf der beiden Atomsorten in den genannten Verbindungen gebracht werden muB, so wird man ihn doch andererseits auch als Hinweis auf eine legierungsartige, weitgehend metallische Konstitution dieser Silicide werten diirfen ".

Demgegeniiber besteht im Gitter von ThSi, keine wesentliche Verwandtschaft mit hexagonalen Kugelpackungen mehr ; hier ergibt sich eher das Bild eines zusammenhangenden dreidimensionalen Netzwerkes aus Siliciumatomen mit der gegenseitigen geringen Iioordinationszahlen 3 , in dessen Hohlraumen gleichsam einzelne Thoriumatome eingefugt sind3). Es ist bemerkenswert, da6 der Ab- stand Si-Si, der in den Siliciden vom CrSi,- und MoSi,-Typ 2,76 bis 2,55 A betraigt, bei ThSi, auf 2,39 A sinkt nnd sich dadurch dem fiir elementares Silicium beobachteten Wert 2,35 A annahert. Da auch im Gitter von CaSi,4) ein effektiver homogener Bauverband der Siliciumatome mit der Koordinationszahl 3 vorliegt [Si-Doppel- schichten, N3], kann man ThSi, eine Mittel- und fjbergangsstellung zuschreiben zwischen den erstgenannten metallahnlichen Siliciden, und Stoffen wie elementarem Silicium oder CaSi, mit vorzngsweise unpolaren Atombindungen. Tabelle 2 vermittelt den Eindruck, dab von einer Strukturuntersuchung der Silicide von Elementen der 2. und 3. Gruppe weitere aufscblui3reiche Ergebnisse zu erwarten sind.

Fur die Verbindung ZrSi, ist von v. NBRAY-SZAB~ ein Struktur- vorschlag 5, gemncht worden, der sich auf altere Rijntgenmessungen von H. SEYFABTH~) griindet und ein typisches Schichtengitter dar- stellt. Gegen diesen Vorschlag miissen jedoch verschiedene Bedenken vorgebracht werden. Vom chemischen Standpunkt aus sind die Voraussetzungen, welche mit der Ausbildung solcher Schichtengitter

I) 1'. LAVES, Naturwise. 27 (19391, 65. Vgl. dazu jedoch auch die Einfliisse vermutlich vorhandener Atom-

bindungen, H. J. WALLBAUM, %. Metdlkunde 33 (1941), 378. 3, Anm. bei der Horr.: Herr Prof. Dr. F. LAVES, Giittingen, machte um

freundlieherweise noch auf die nahe Strukturverwandtschaft zwischen ThSi, und AD, aufmerksam und pragte den treffenden Ausdruck ,,dreidimensioncales Graphitgitter" fur die Anordnung der Si-Atome bei ThSi,.

3 J. BOHM u. 0. UABBEL, Z. anorg. sllg. Chem. 160 (1927), 152. 5, ST. v. NARAY-SZAB~, Z. Kryst. 97 (1937), 223. 6, H. SEYFARTH, Z. Krgst. 67 (1928), 294.

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verkniipft zu sein pflegen, wie extreme Radienverhaltnisse, besondere Polarisationswirkungen oder natiirliche Dipolmomente, nicht gegeben. Zudem wird ZrSi, sich offenbar in jeder Hinsicht in einer Mittel- stellung gegeniiber ThSi, und TiSi, befinden und sollte daher eben- so wie diese beiden Silicide ein Gitter mit gleichmaBiger Raum- erfiillung der Atome besitzen. Such vom kristallographischen Standpunkte aus erscheinen die bisher bekannt gewordenen mor- phologischen Daten der ZrSi,-Kristalle nicht dam geeignet, den SchluB a d das Vorliegen eines Schichtengitters zu stutzenl), so daB wir die Wiederaufnahme der Strukturuntersuchungen an dieser Ver- bindung fiir wunschenswert halten.

Zusamrnenfassung Das Thoriumsilicid ThSi, wird aus den Elementen dargestellt,

analysiert und rijntgenographisch mit Pulver- und Einkristallaufnahmen untersucht.

Es kristallisiert tetragonal raumzentxiert mit den Gitterkonstanten a-4,126 A und c- 14,346 A, 12 Atomen im Elementarbereich und den Atomlagen:

4 T h i n 0 0 0 , O + + , +++, go$; 8Si in 002, 0 0 3 , O+(++x) , O+($-Z) ,

+*(++z), $+(+--2), +O(++X), go(g-x). Wahrscheinliche Rmmgruppe ist Dig. Fur den Parameter ergibt die MJahl x = 0,4165 beste obereinstimmung zwischen Berechnung und Beobachtung der Reflexintensitaten, sowie besonders einfache, isometrische Abstnndsverhiiltnisse.

Im Gitter von ThSi, wird jedes Thoriumatom von 12 Silicium, jedes Siliciumatom yon 6 Thorium und 3 anderen Siliciumatomen beriihrt.

Die Dichte von ThSi, ergibt sich aus rontgenographischen Daten zu 7,79, aus pyknometrischen zu 7,63.

ThSi, wird hinsichtlich der Konstitution mit anderen Disiliciden, besonders denen der Obergangsmetaile, v erglichen.

I) Es la6t sich weiterhin zeigen, da6 dievonv. N ~ R A Y - S Z A B ~ vorgeschlagenen Parameterwerte nicht die einzig miiglichen sind, die den GroBenverhSUtnissen der beteiligten Atomsorten gereeht werden. Vielmehr werden etwa mit yZr= 0,110, YsiI = 0,749, ySiIl = 0,449 ebenfalls plausible Abstaudswerte geschaffen, dabei entsteht jedoch eine hochsymmetriscbe Ronfiguration, die sich anderen ver- wandten Silicidstrukturen gut anschlieBen wurde.

Darmstndt, InstitzLt fu,r nnoryanische und physikalkhe

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Chemie der Technischen Hochschub.

Bei der Redaktion eingegangen am 16. Februar 1942.