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Die Lüner Stadtteile von Adolf Reiß (†) (1993) Schloss Buddenburg, Ansicht von Norden, 1915 (Foto Heinrich Nigge) Lippholthausen Zur Geschichte Lippholthausens schrieb der westfälische Geschichtsforscher Johann Die derich von Steinen: „Das Schlos Buddenborg ist ein schöner und einträglicher Rittersitz an der Lippe, eine halbe Stunde von Lünen westwärts gelegen, und hat schöne Weyden, Fischereyen, Jagten und Mühlen. Zu diesem Schlosse gehöret ein besonder Gericht, wor unter Lippholthausen begriffen, welches eben wie das Schlos Buddenborg zu Brechten, einem Kirchdorf in der Grafschaft Dortmund eingepfarret ist.“ 1293 wird zum ersten Mal eine Burg in Lippholthausen erwähnt, die von den Brü dern Gottschalk und Gottfried Budde als festes Haus angelegt worden war und die sie auf Verlangen der Dordmunder abbrechen mussten. Im 14. Jahrhundert wird erneut eine Burg in Lippholthausen erwähnt, die in märki schem Besitz stand. Ihre Bewohner entstamm ten der Familie von Frydag (Freitag), die sich hier Frydag von der Buddenburg nannten. Die Freiherren von Frydag gehören zu den alten Adelsfamilien Westfalens; sie bewohn ten 600 Jahre lang die Burg. In Ihrem Wappen führten sie drei silberne Ringe. Die Besitzer der Buddenburg hatten das Nutzungsrecht in den benachbarten Marken südlich der Lippe. Sämtliche Höfe in der Bau erschaft Lippholthausen waren von den Bud denburgern abhängig. Die Bauern mussten einen Teil ihrer Erträge auf dem Gutshof ab liefern und dort Hand und Spanndienste leisten. Ferner übten die Frydags Verwaltung und Polizeigewalt aus, wie sie auch die nie dere Gerichtsbarkeit besaßen. Schlossmühle mit Mühlenteich, 1938 (Foto Heta) 1

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Die Lüner Stadtteile

von Adolf Reiß (†) (1993)

Schloss Buddenburg, Ansicht von Norden, 1915 (Foto Heinrich Nigge)

Lippholthausen

Zur Geschichte Lippholthausens schrieb der westfälische Geschichtsforscher Johann Diederich von Steinen: „Das Schlos Buddenborg ist ein schöner und einträglicher Rittersitz an der Lippe, eine halbe Stunde von Lünen westwärts gelegen, und hat schöne Weyden, Fischereyen, Jagten und Mühlen. Zu diesem Schlosse gehöret ein besonder Gericht, worunter Lippholthausen begriffen, welches eben wie das Schlos Buddenborg zu Brechten, einem Kirchdorf in der Grafschaft Dortmund eingepfarret ist.“

1293 wird zum ersten Mal eine Burg in Lippholthausen erwähnt, die von den Brüdern Gottschalk und Gottfried Budde als festes Haus angelegt worden war und die sie auf Verlangen der Dordmunder abbrechen mussten.

Im 14. Jahrhundert wird erneut eine Burg in Lippholthausen erwähnt, die in märkischem Besitz stand. Ihre Bewohner entstammten der Familie von Frydag (Freitag), die sich hier Frydag von der Buddenburg nannten. Die Freiherren von Frydag gehören zu den alten Adelsfamilien Westfalens; sie bewohn

ten 600 Jahre lang die Burg. In Ihrem Wappen führten sie drei silberne Ringe.

Die Besitzer der Buddenburg hatten das Nutzungsrecht in den benachbarten Marken südlich der Lippe. Sämtliche Höfe in der Bauerschaft Lippholthausen waren von den Buddenburgern abhängig. Die Bauern mussten einen Teil ihrer Erträge auf dem Gutshof abliefern und dort Hand und Spanndienste leisten. Ferner übten die Frydags Verwaltung und Polizeigewalt aus, wie sie auch die niedere Gerichtsbarkeit besaßen.

Schlossmühle mit Mühlenteich,

1938 (Foto Heta)

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Mit den Bezeichnungen „Gericht Buddenburg“ und „Herrlichkeit Buddenburg“ wurde dokumentiert, dass die Bauerschaft Lippholthausen einen selbstständigen Verwaltungs und Gerichtsbezirk bildete, der zum Hause Buddenburg gehörte.

Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Ortschaft Lippholthausen weiter bekannt, als hier eine Mineralquelle entdeckt und ein Heilbad eingerichtet wurde. Den Mittelpunkt bildete das komforfable Kurhaus am „Lüner Brunnen“. Friedrich Heinrich Gockel entwickelte den „Lüner Brunnen“ zu einem Bade Unternehmen, das auch gesellschaftliche Ansprüche erfüllte – es gab im Badehaus sogar eine Spielbank und am Brunnen ein Geschäft für englische und französische Modewaren. Gockel war vielseitig interessiert, z. B. an der Entwicklung der Landwirtschaft, und er beteiligte sich darüber hinaus am Salztransport auf der Lippe und zwischen 1826 und 1837 als Teilhaber an der Eisenhütte Westfalia.

Nach 1830 versiegten die Quellen allmählich, der Badebetrieb ging zurück, und in Lippholthausen kehrte wieder ländliche Ruhe ein.

Kurhaus am Lüner Brunnen, um 1930

(Zeichnung F. Potthoff von 1930)

Mit der Bauernbefreiung wurden auch die Lippholthausener Bauern frei. Ab 1815 gehörte die Gemeinde Lippholthausen zum Amt Lünen.

Der schwungvolle Aufstieg der Stadt Lünen stellte die Stadtväter vor große Probleme, denn für die Ansiedlung neuer Betriebe und die Erstellung größerer Wohnsiedlungen musste neues Gelände beschafft werden. Ein erster Erfolg war 1913 zu verzeichnen, als die Stadt für 1,7 Millionen Mark Schloss Buddenburg und den dazugehörigen Landbesitz erwerben konnte. Gleichzeitig wurden Verhandlungen aufgenommen, die zu einem Eingemeindungsvertrag führten,

der den Anschluss der Landgemeinde Lippholthausen an die Stadt Lünen zum 1. Juli 1914 besiegelte. Zu dieser Zeit hatte Lippholthausen 290 Einwohner.

Beckinghausen

Das im Osten an Lünen grenzende Beckinghausen kann auf eine lange geschichtliche Tradition zurückblicken. Urkundlich wird "Bikenhusen" zum ersten Mal 1178 erwähnt. Damals waren vier Höfe der Bauerschaft dem Stift St. Gereon in Köln zinspflichtig. Um Christi Geburt hatten die Römer bei ihren Eroberungszügen in Germanien am Lippebogen (in Höhe des Friedhofes) ein Uferkastell zum Schutz des Hafens für das nahegelegene Legionslager in Oberaden angelegt. Für die Römer war die Lippe ein wichtiger Verkehrsweg.

Uferkastell, Plan nach den Ausgrabungen von 1909

Beckinghausen blieb bis ins 20. Jahrhundert ein dörflicher Ort. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts begann sich durch die Zechenanlagen in Horstmar auch in Beckinghausen neues Leben zu regen. Aufgrund der starken Zunahme katholischer Bewohner wurde 1894 der „Missionsbezirk Beckinghausen“ eingerichtet; 1896 bis 1897 wurde die katholische Kirche erbaut. Es war die erste katholische Kirche, die nach der Reformation im Gebiet südlich der Lippe um Lünen entstand. Die evangelischen Bewohner gehörten zur Kirche in Derne.

Die Anfang der 1920er Jahre anlaufenden Bestrebungen zur kommunalen Neugliederung des Ruhrgebiets führten zum Zusammenschluss der Stadt Lünen und der Landgemeinde Beckinghausen, der durch Erlass des Preußischen Staatsministers vom 18. August 1923 genehmigt wurde.

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Gahmen

Nach der Christianisierung war die Bauerschaft Gahmen in den Besitz des Bischofs von Münster gekommen, der sie 1285 dem Stift Cappenberg übereignete. Bestandteil dieser Bauerschaft war auch das Gelände, auf dem Graf Adolf II. von der Mark die neue Stadt Lünen auf dem südlichen Lippeufer errichtete.

Der Schulzenhof und die Bauerschaft Gahmen blieben bis zur Auflösung des Stifts im Jahre 1803 im Besitz von Cappenberg. Die Bewohner der aus wenigen Höfen bestehenden Bauerschaft waren Eigenhörige des Stifts.

Hof Schulz Gahmen, 1993

(Foto Wolfgang Preugschat)

Ab 1815 gehörte Gahmen zum Amt Lünen; der landwirtschaftlich geprägte Ort veränderte sich, als die belgische Gewerkschaft „Nordsee“ 1873 mit dem Abteufen des Schachtes „Prinz Heinrich“ (seit 1875 „Nordsee“) begann. Wegen starker Wassereinbrüche musste dieser Schacht aber bald wieder stillgelegt werden.

1891 erwarb die Harpener Bergbau AG die Zechenanlage, die nun den Namen „Preußen I“ erhielt. Sechs Jahre später konnten die Kohleförderung aufgenommen und für die Bergarbeiter und ihre Familien die ersten Häuser mit Gärten und Ställen an der Gahmener Straße und an der Karlstraße errichtet werden.

Besonders schwer von der bald einsetzenden Wirtschaftskrise der 1920er Jahre wurde der Ort betroffen. Am 1. April 1926 stellte die Zeche Preußen I die Förderung ein. Viele der arbeitslos gewordenen Bergleute konnten wohl noch auf der benachbarten Zeche Preußen II in Horstmar und den Schachtanlagen Victoria in Lünen und Gneisenau in Derne neue Arbeitsplätze finden, aber bereits drei Jahre später musste auch die Zeche

Preußen II in Horstmar schließen. Durch die Stilllegung beider Zechen waren in Lünen über 3.000 Bergleute arbeitslos geworden.

Abbrucharbeiten an der Zeche

Preußen I, 1930 (Foto W. Moser)

Die Anfang der 1920er Jahre anlaufenden Bestrebungen zur kommunalen Neugliederung des Ruhrgebiets boten der Stadt Lünen die Gelegenheit, sich baulich nach Südwesten auszudehnen; andererseits war in Gahmen ebenfalls eine rege Bautätigkeit eingetreten, die im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts mit dem Bau der Zechen Preußen I ihren Anfang genommen hatte.

Zwischen Gahmen und Lünen bestanden neben der baulichen auch funktionale Verflechtungen, z. B. waren die Volksschulen in einem Gesamtschulverband zusammengefasst. Außerdem gab es eine enge Beziehung zwischen den Arbeits und Wohnstätten der Stadt und der Gemeinde. Lünen war somit städtebaulich, verkehrstechnisch, wirtschaftlich und kulturell zum Mittelpunkt für die benachbarte Gemeinde geworden.

Wie schon bei der Gemeinde Lippholthausen 1914 gingen auch 1923 die Vereinigungsbestrebungen von beiden Seiten aus. Der Zusammenschluss mit Gahmen wurde durch Erlass des Preußischen Staatsministers vom 18. August 1923 genehmigt.

Horstmar

Die südöstlich von Lünen gelegene Bauerschaft Horstmar wird im 12. Jahrhundert erstmals in einer Abgabenliste des Stiftes Berge bei Herford unter der Bezeichnung „Horstmere“ genannt. Kirchlich und politisch gehörte Horstmar bis ins 19. Jahrhundert zum Kirchspiel Derne. 1903 erhielten die evangelischen Bewohner eine eigene Kirche, die Katholiken 1917 einen Pfarrvikariebezirk, der 1965 zur Pfarrei erhoben wurde.

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Horstmar war eine große Bauerschaft. 1845 lebten hier 340 Menschen, während in Beckinghausen 158, in Gahmen 109 und in Lippholthausen 167 Einwohner wohnten.

Bereits Johann Diederich von Steinen bezeichnete Horstmar 1760 als „eine grosse Bauerschaft an der Zesick, und zwar an der Landstrassen, die von Lünen über Aden und Metler nach Unna führet, gelegen“. Horstmar besaß damals bereits eine Schule, eine der drei Schulen des Kirchspiels Derne.

In der Bauerschaft Horstmar lag das einzige Adelshaus, das im Bereich der Stadt Lünen erhalten ist, das Schloss Schwansbell. Ursprünglich stand nördlich des heutigen Schlosses, 1872 bis 1875 erbaut, eine kleine mittelalterliche Wasserburg, die von der Seseke umflossen wurde. Das Kellergeschoss ist in der Gräfte erhalten und vermittelt einen Eindruck von den geringen Ausmaßen der Burg. Die Familie von Schwansbell gehörte zu den Burgmannsfamilien der Stadt Lünen; in der St. Marien Kirche besaß sie ihre Erbbegräbnisstätte. Einer der Ritter von Schwansbell, Lubbert, soll der Legende nach im 13. Jahrhundert nach Kreuzzug und Gefangenschaft bei den Ruthenen in Livland drei Blutstropfen, die mit seiner wunderbaren Befreiung zusammenhingen, der St. Marien Kirche geschenkt haben.

Haus Schwansbell, vor 1875

(Foto Justus Pabst)

Schwansbell gelangte im 18. Jahrhundert an die Familie von Merode und 1845 an die von Westerholt. 1853 errichtete der Graf von Westerholt das heutige Wirtschaftsgebäude, sein Neffe erbaute zwanzig Jahre später das jetzige Schloss. Die mittelalterlichen Gebäude wurden abgebrochen, so dass Schwansbell eine rein historistische Anlage wurde. 1929 gelangte sie in den Besitz der Stadt Lünen, die sie 1982 verkaufte.

Wie schon die Bauerschaft Gahmen, so verdankt auch Horstmar seinen wirtschaftlichen Aufstieg dem Kohlebergbau. In Horstmar begann die belgische Gewerkschaft „Nordsee“ 1877 mit der Teufe des Schachtes „Bertha Wilhelmine“. Auch hier geriet der Schacht in geringer Tiefe unter Wasser, so dass die Arbeiten eingestellt werden mussten. 1891 hatte die Harpener Bergbau AG die Zeche gekauft und unter dem Namen „Preußen II“ wieder eröffnet. Zeitweilig waren auf ihr fast 4.000 Bergleute beschäftigt. 1929 musste die Zeche schließen.

Zeche Preußen II, um 1910

Die breitflächig angelegten Koloniebauten für die Bergleute der Preußen Zeche ließen in kurzer Zeit aus dem bäuerlichen Gemeinwesen einen Bergbauort werden, der mit dem Bahnhof „Preußen“ Anschluss an das Eisenbahnnetz des Industriereviers erhielt.

Die Anfang der 1920er Jahre anlaufenden Bestrebungen zur kommunalen Neugliederung des Ruhrgebiets boten der Stadt Lünen die Gelegenheit, sich baulich nach Süden und Osten auszudehnen; andererseits war in Horstmar ebenfalls eine rege Bautätigkeit eingetreten, die im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts mit dem Bau der Zechen Preußen II ihren Anfang genommen hatte.

Darüber hinaus bestanden zwischen Horstmar und Lünen neben der baulichen auch funktionale Verflechtungen, z. B. waren die Volksschulen in einem Gesamtschulverband zusammengefasst. Außerdem gab es eine enge Beziehung zwischen den Arbeits und Wohnstätten der Stadt und der Gemeinde. Lünen war somit städtebaulich, verkehrstechnisch, wirtschaftlich und kulturell zum Mittelpunkt für Horstmar geworden.

Die Vereinigungsbestrebungen gingen von beiden Seiten aus. Der Zusammenschluss von Horstmar mit Lünen wurde durch Erlass des Preußischen Staatsministers vom 18. August 1923 genehmigt.

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Brambauer

In der Geschichte Brambauers hat der Bergbau eine wichtige Rolle gespielt, aber die weitaus längste Zeit war der Ort Bauerschaft. Schon der Name weist auf diese Vergangenheit hin.

Vom frühen Mittelalter bis zum Jahre 1808 war Brambauer Bestandteil der Grafschaft Dortmund im Kirchspiel Brechten. Der Dortmunder Geschichtsschreiber Beurhaus beschreibt Brambauer so: „Die Brambauerschaft oder auf dem Bram, auch in der Brambauer genannt, besteht in den kleinen Orten: Nordbrechten, Tockhausen, Meinckhausen, Höinghausen, Öttringhausen, samt deren Gegend am Herrentey, an der Schaar und andern zerstreut liegenden Höfen und Kotten, welche alle hinlänglich Ackerländerei, gute Viehzucht und besonders treffliche Holzung haben.“

Die Königsheide, auf deren Gebiet der Ortsteil Brambauer heute vorwiegend erbaut ist, wird in dieser Aufzählung nicht erwähnt. Hier handelt es sich um einen alten Flurnamen, der einst königliches Gut bezeichnete. Ab 1815 gehörte Brambauer zum Amt Lünen.

Mit dem Abteufen des ersten Steinkohlenschachtes im Jahre 1897 begann für die Brambauerschaft eine neue Entwicklungsphase. Damals zählte der Ort rund 700 Einwohner, drei Jahrzehnte später waren es bereits 15.000.

Verwaltungsgebäude der Zeche Minister Achenbach, um 1939 (Foto Justus Pabst)

Das starke Anwachsen der Bevölkerung machte die Errichtung von Schulen, öffentlichen Gebäuden und Geschäftsstraßen erforderlich. Seit dem Jahre 1904 verkehrt die Straßenbahn zwischen Dortmund und Brambauer. 1903 entstand die katholische Pfarrei und in den Jahren 1907 bis 1909 die evangelische. Am 15. Oktober 1907 konnte das Kran

kenhaus mit 34 Betten seiner Bestimmung übergeben werden.

Amtshaus 1921, heute Krankenhaus

(Foto Theodor Schmidt)

Durch das Gesetz über die Neuregelung der kommunalen Grenzen im westfälischen Industriebezirk vom 22. März 1928 wurde der Landkreis Dortmund, zu dem auch Lünen gehörte, aufgelöst. Gleichzeitig erfolgten die Auflösung des Amtes Brambauer und die Vereinigung der Gemeinde Brambauer mit der Stadt Lünen. Das Gesetz trat am 1. April 1928 in Kraft.

Zuvor hatte es allerdings zwischen den Städten Dortmund und Lünen ein hartes politisches Ringen um den Bergbauort Brambauer gegeben. Maßgebend für die Eingemeindung von Brambauer nach Lünen waren die Lage und die Beziehung zu Lünen: Die Kohlefelder und der übrige Besitz der Zechengesellschaft Minister Achenbach lagen im Nordwesten und Westen um Lünen, Bahn und Hafenanschluss auf Lüner Gebiet.

Niederaden

Der Ort Niederaden, im 12. Jahrhundert erstmals genannt, entstand um die ehemaligen Adelshäuser Oberfelde und Aden im Niederungsgebiet der Seseke. An den alten Adelssitz Oberfelde erinnert der auf einer Gräfteninsel gelegene „Spieker“.

Die Gemeinde Niederaden – im Südosten der Stadt gelegen und an Horstmar grenzend – suchte, nachdem das Gesetz zur Neugliederung des Kreises Unna bekannt geworden war, Anschluss an die Stadt Lünen. Die Bewohner der im westlichen Randgebiet des damaligen Kreises Unna gelegenen Gemeinde hatten sich in vielen Bereichen nach Lünen orientiert.

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Haupthaus des Hauses Oberfelde, um 1930

(Foto Justus Pabst)

Für einen Anschluss an Lünen sprachen vor allem die engen baulichen Verflechtungen sowie günstige Verkehrsverbindungen und die räumliche Nähe der zentralen Einrichtungen. Durch Beschlüsse des Rates der Stadt Lünen und der Gemeindevertretung von Niederaden am 14. September 1967 wurde in einem Gebietsänderungsvertrag die Eingliederung der Gemeinde Niederaden in die Stadt Lünen vereinbart. Der Vertrag trat am 1. Januar 1968 in Kraft.

Altlünen

Altlünen hatte einen ganz anderen geschichtlichen Verlauf gehabt als Lünen. Bis ins 19. Jahrhundert blieb die Landwirtschaft die wirtschaftliche Grundlage, ehe 1826 mit der Gründung der Eisenhütte Westfalia in Wethmar neue Arbeitsmöglichkeiten erschlossen wurden. Zugewanderte Fachkräfte, meist evangelischen Glaubens, veranlassten die Einrichtung einer evangelischen Schule in Wethmar (1880), die anfangs als Privatschule geführt und 1899 in eine öffentliche Schule umgewandelt wurde. Bereits 1865 hatten die katholischen Kinder von Alstedde und Nordlünen in den Hummelknäppen ein eigenes Schulgebäude erhalten, so dass sie nicht mehr zur Schule in der Altstadt, neben der St.Marien Kirche, gehen mussten.

Eisenhütte Westfalia, 1951

Die zw underts brachte weitere Veränderungen, die auch das Lan

prähistorische und archäologische Funde ge

etriebe siedelten sich an der Eisenbahnlinie Lünen Bork an, da sie Gle

die Bevölkerung wuchs weiter an, so dass die Amtsverwaltung Bork 1914 eine Nebe

einen besonderen Anziehungspunkt, als der Damm der Eisenba

ieg führte in Altlünen zu erheblichen Schäden durch Luftangriffe auf die

eite Hälfte des 19. Jahrh

dschaftsbild betrafen: Die Heidegebiete, an die noch heute Straßen und Flurnamen erinnern (Cappenberger Heide, Hummelknäppen, Geistwinkel) verschwanden, als nach der Markenteilung diese Gebiete in den Privatbesitz der Bauern übergingen und zwischen 1887 und 1938 die ausgedehnten Sandmassen abgebaggert wurden. Das Unternehmen Langenbach baute den größten Teil der eiszeitlichen Sande ab, die bis zu vier Meter Höhe hatten, und verkaufte sie an Baufirmen im Ruhrgebiet und im Sauerland.

Bei der Entsandung wurden zahlreiche

macht, die auf ausgedehnte Gräberfelder schließen lassen, damals aber nicht systematisch erforscht werden konnten. 1909 entdeckten die Arbeiter ein Großsteingrab, dessen Deckstein wieder im Boden versenkt wurde. 1972 wurde er bei Drainierungsarbeiten wiederentdeckt und geborgen. Er hat seinen Platz an der St. Ludgeri Kirche in Alstedde gefunden.

Weitere Industrieb

isanschlüsse benötigten: 1892 wurde die Eisengießerei Fluhme und Lenz eingerichtet, nördlich von ihr 1907 die Lüner Glashüttenwerke.

Auch

nstelle der Verwaltung einrichtete, zuerst in der Wohnung des Gemeindevorstehers Trillmann, 1919 an der Borker Straße in einem Gebäude, das zuvor eine private Rektoratschule beherbergt hatte.

Die Gemeinde gewann

hnlinie von Lünen nach Werne aufgeschüttet wurde: Das Material dazu wurde in Wethmar ergraben, und das entstandene Loch füllte sich mit Wasser und erhielt den Namen Cappenberger See, bald als Badeanstalt genutzt und mit einem Lokal ausgestattet. Der Cappenberger See bildete den Ausgangspunkt für die heutigen Bade und Sporteinrichtungen.

Der Zweite Weltkr

Bahnlinien und die Industriebetriebe. Bei dem schwersten Angriff am 29. November 1944 waren 28 Tote zu beklagen. Amerikanische Soldaten besetzten Altlünen am 1. April 1945.

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Cappenberger See, 1933 (Foto Heta)

Wie für Lünen ist für Altlünen ein rascherBevö hrzeh

fabrik an de

Re

lkerungsanstieg in den folgenden Ja

nten zu verzeichnen. Auffällig wurde der Wandel besonders in Alstedde, wo zuerst die Siedlung auf dem Heikenberg entstand, die dann zu einem Unterzentrum mit neuen Schulen, Kirchen und Geschäften ausgebaut wurde. Auch in Nordlünen und Wethmar wurde in den 1950er Jahren der Bau von Wohnsiedlungen gefördert. Schließlich wurde es nötig, dass Altlünen ein eigenes Verwaltungsgebäude erhielt, das an der Schulstraße errichtet und 1955 eröffnet wurde.

Mehrere neue Betriebe wurden in Altlünen heimisch, so 1967 die ara Schuh

r Alstedder Straße sowie die Unternehmen Höwing, Auferoth und Kanne im Geistwinkel.

Das Schulwesen Altlünens wurde durch den Bau eines Gymnasiums (1967) und einer

alschule (1974) vervollständigt.

Gymnasium Altlünen, um 1971

Am 25. Mai 1973 wurde von den Vertretern der Stadt Lünen und der Gemeinde Altlünen im Sitzungssaal des Rathauses der Gebietsänderungsvertrag unterzeichnet, nachdem am 1. Januar 1975 im Rahmen des Gesetzes zur Neugliederung der Gemeinden und Kreise im Ruhrgebiet die Stadt Lünen und die Gemeinde AltIünen vereinigt wurden. Lünen wurde damit wieder mit den drei Bauerschaften Alstedde, Nordlünen und Wethmar, die seit 1815 die Gemeinde Altlünen im Amt Bork, Kreis Lüdinghausen, gebildet hatten, zusammengefügt, mit denen es bis zum Übergang an die Grafschaft Mark eine Einheit gebildet hatte. Die Grenze zwischen Lünen und den drei Bauerschaften war bis 1803 die Landesgrenze zwischen der Grafschaft Mark und dem Fürstbistum Münster, von 1815 bis 1975 Grenze zwischen den Regierungsbezirken Arnsberg und Münster gewesen. Nur 1863 war es zu einer Grenzkorrektur gekommen, als der Wevelsbach zur Grenzlinie erklärt worden war.

Schloss Schwansbell mit Torhaus (rechts), um 1920 (Foto R. Krause)

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