1
Online-Videothek Netflix will lieber alleine nach China Die US-Online-Videothek Netflix peilt eine Expansion nach China ohne lokalen Part- ner an. Solche Kooperationen seien schnell sehr komplex und sehr schwierig zu bewäl- tigen, sagte Netflix-Programmchef Ted Sa- randos am Montag in Shanghai. Der Produ- zent der US-Politikserie „House of Cards“ dürfte in der Volksrepublik allerdings einen schweren Stand haben. Der Anbieter benötigt laut Sarandos acht verschiedene Lizenzen für den Markteintritt. Wann ge- nau Netflix seine Dienste auf China auswei- ten will, ist unbekannt. Das Unternehmen hatte die Lizenz-Hürden bereits als Grund genannt, damit noch zu warten. Der welt- größte Internetmarkt ist streng reguliert und zensiert. Entsprechende Erfahrungen machten in der Vergangenheit bereits US- Branchenriesen wie Facebook, Twitter und Google, deren Dienste bereits einmal blo- ckiert wurden. Zudem müsste sich Netflix gegen die einheimische Konkurrenz von Konzernen wie Tencent Holdings und Ali- baba durchsetzen. Netflix hat aktuell mehr als 57 Millionen Kunden. rtr Weniger als eine Haaresbreite Toleranz D er kräftige Mann quetscht das Gold regelrecht aus. Mit großen Hand- schuhen an den Händen schiebt Si- mon Hofer (der Name ist zum Schutz der Person geändert) den zweieinhalb Kilo schweren und zwei Zentimeter dicken Weißgoldstab im Wert einer S-Klasse zwi- schen die Walzen. Auf der anderen Seite kommt der Stab ein wenig dünner heraus. Diesen Schritt wiederholt der Kettengold- schmied auf unterschiedlichen Walzen und Maschinen ein ums andere Mal. Es ist eine schweißtreibende Angelegenheit, denn das Material ist nicht nur schwer, sondern wird auch von Mal zu Mal heißer. Am Schluss ist aus der einen halben Meter langen Stange ein 0,3 Millimeter dünner und 30 Kilome- ter langer Goldfaden geworden. Diesen Draht wickelt Hofer mit einer Winkelkur- bel auf eine Spindel. Im Gegensatz zum eher rustikalen Walzen ist nun absolutes Fingerspitzengefühl gefragt. „23 Jahre Er- fahrung“, sagt der Mann an der Kurbel und zwirbelt gleich die nächste Spirale aus Gold. Zwei oder drei zusammenge- flochtene Spiralen ergeben dann die typische Wellen- dorff-Seidenkordel. Ihr Geheimnis ist ihre See- le, die dem Schmuckstück die nötige Stabilität verleiht. „Und Seelen sind ja bekannt- lich unsichtbar“, sagt Claudia Wellendorff. Deswegen wird auch nicht verraten, um was genau es sich bei dem „Seele“ genannten Inneren eines sol- chen Schmuckstücks handelt. Nur so viel: Es besteht wie sein Äußeres aus purem Gold. 18- karätiges Weiß- oder Gelb- gold, farbiges Kalt-Emaille und diverse Edelsteine sind die Materia- lien, aus denen in der Pforzheimer Edelma- nufaktur „Wahre Werte“ entstehen. Dabei geht es Georg Wellendorff zufolge weniger um den Wert an sich – der je nach Material- einsatz und Aufwand zwischen 3000 und 500 000 Euro liegt – als um die Werte des Familienunternehmens, das 1893 von sei- nem Urgroßvater Ernst Alexander Wellen- dorff gegründet wurde. Der russische Za- renhof und die britische Königsfamilie zählten einst zu dessen Kunden. Seiner Philosophie sind die Nachfahren bis heute treu: Wenn du die edelsten Materialien ein- setzt, die besten Mitarbeiter hast und die besten Technologien, dann kannst du den besten Schmuck fertigen. „Perfektion“ und „Gefühl“ sind zwei Be- griffe, die Georg Wellendorff immer wieder benutzt. Die Perfektion verdeutlicht er mit einem Messwerkzeug für Ringe. Lediglich um zwei Hundertstel Millimeter darf der Durchmesser variieren, sonst wird der Rohling wieder eingeschmolzen. Zum Ver- gleich: Ein menschliches Haar ist fünf bis sieben Hundertstel Millimeter dick. Die handwerkliche Herstellung eines Ringes ist nicht weniger aufwendig als die einer Gold- kordel. „Charakteristisch für die Ringe ist der Glanz von farbiger Emaille, die zwi- schen graviertem Muster und Ornamenten auf bis zu drei Ebenen eingelegt wird. Die Besonderheit: Der Innenring lässt sich spielerisch drehen“, sagt Wellendorff. Der 47-jährige Urenkel des Firmen- gründers leitet das Unternehmen heute zu- sammen mit seinem drei Jahre älteren Bru- der Christoph und ihrem Vater Hanspeter. Auch die Mutter Eva und Georgs Frau Clau- dia zählen zum engeren Kreis der Familie, die am Erfolg der Marke mit dem markan- tem Brillant-„W“ mitwirken. Der weibliche Teil der Familie spielt sogar eine entschei- dende Rolle: „Den Schmuck machen wir für unsere Frauen. Für meine Mutter, meine Schwägerin, meine Frau. Wenn denen der Schmuck gefällt, dann können wir das Kon- zept multiplizieren“, so Wellendorff. Auch zum „erweiterten Kreis der Familie“ zählt er die Mitarbeiter: 70 Personen sind in Pforzheim beschäftigt; 20 in der Verwal- tung und 50 in der Manufaktur, unter ande- rem Goldschmiede, Feinpoliererinnen, Werkzeugmacher und Juwelenfasser. Sie alle sind Spezialisten auf ihrem jeweiligen Gebiet, viele arbeiten schon seit mehreren Jahrzehnten im Unterneh- men. Dazu kommen rund 30 Verkäufer in sechs eigenen Boutiquen. Auch 120 Juwelie- re, die den Schmuck in der ganzen Welt vertreiben, sieht der Firmenchef als wichtigen Baustein für den Erfolg. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten ist bei den Pforzheimern das meiste noch echte Handarbeit – „der Rest ist Hightech“, sagt Ge- schäftsführer Wellendorff. Eine neue Kollektion besteht aus etwa einem Dutzend Pro- dukten: Amulette, Armbän- der, Colliers, Ringe, Ohrringe und Ketten mit Namen wie „Sonnenglanz“ oder „Sternentraum“. Einem neuem Pro- dukt im Katalog stehen bis zu 100 Entwürfe gegenüber, die niemals realisiert werden. Pro Tag verlassen das direkt am Flüsschen Enz gelegene Firmengelände gerade ein- mal 30 Schmuckstücke. Gefertigt wird nur, was auch bestellt ist. Nachdem eine Order eingeht, vergehen zwischen vier und sechs Wochen, bis die kostbare Ware ausgeliefert wird. Vor dem Versand wird noch einmal jedes Detail unter dem Mikroskop über- prüft. Der kleinste Kratzer befördert das Schmuckstück zur Nachbearbeitung schlimmstenfalls sogar zurück in den Schmelzofen. „Die Exzellenz im Material ist unser An- spruch: alles muss noch geschmeidiger, noch weicher und noch anschmiegsamer sein“, sagt Wellendorff. Seine Frau stimmt ihm zu: „Eine Kette muss weich wie Seide sein, damit man sie am liebsten gar nicht mehr ablegen möchte“, sagt Claudia Wel- lendorff. Früher seien die Schmuckstücke nur zu besonderen Anlässen herausgeholt und getragen worden, doch der Luxus habe längst den Alltag erobert. Die Pforzheimer sind nicht darauf aus, Trendprodukte zu fertigen. Wellendorff-Schmuck sei viel- mehr von zeitloser Eleganz. „Die Trägerin soll ein Leben lang Freude daran haben“, sagt der Urenkel des Firmengründers. Firmenporträt Bereits in vierter Generation entstehen bei Wellendorff in Pforzheim edle Schmuckstücke in Handarbeit. Von Thomas Thieme Walzen, wickeln, flechten: die Schritte vom Weißgoldstab zur Seidenkordel Fotos: Wellendorff „Den Schmuck machen wir für unsere Frauen. Für meine Mutter, meine Schwägerin, meine Frau.“ Georg Wellendorff über die ersten Tester von Neuheiten Foto: Wellendorff MANUFAKTUR MIT 122 JAHREN TRADITION Geschichte Ernst Alexander Wellendorff hat die Schmuck- manufaktur 1893 gegründet. Bei der Bombardierung Pforz- heims im Zweiten Weltkrieg wurde auch die Firma zerstört. Alexander, der Sohn des Gründers, baute das Unter- nehmen nach dem Krieg mit finanzieller Unterstützung eines Kunden aus der Schweiz wieder auf. 1960 trat Alexan- ders Sohn Hanspeter als Ge- schäftsführer in das Unter- nehmen ein. Unter seiner Füh- rung entstand das Brillant-„W“ als Markenzeichen. Mittler- weile treiben die Brüder Georg und Christoph als vierte Gene- ration an der Firmenspitze die Internationalisierung der Marke voran. Gegenwart Wellendorff ist heute einer der führenden deutschen Schmuckhersteller. Zu Umsatz und Gewinn macht das Familienunternehmen kei- ne Angaben. Schätzungen zu- folge liegt der Umsatz im ho- hen zweistelligen Millionen- bereich. Der Schmuck wird bei 120 Juwelieren im In- und Ausland vertrieben. Außer- dem gibt es 15 reine Wellen- dorff-Boutiquen, von denen das Unternehmen sechs in Eigenregie betreibt. Im ver- gangenen Jahr sind Geschäfte in Tokio, Las Vegas, Hongkong, Luxemburg, München und Frankfurt dazugekommen. StZ Elring-Klinger ist vom E-Auto enttäuscht D ie flaue Nachfrage nach Elektro- autos und Einmaleffekte haben den Zulieferer Elring-Klinger 2014 ausgebremst. „Die Leute kaufen ein- fach keine Elektroautos“, sagte Vorstandschef Stefan Wolf bei einer Analysten- konferenz. „Sie sind zu teu- er.“ Außerdem sorge der niedrige Ölpreis dafür, dass Autofahrer mit batteriebe- triebenen Fahrzeugen im Vergleich zu herkömmlichen kein Geld sparten. Auch die Zahl der Hybrid- autos sei niedriger als erwar- tet. „Die Elektromobilität ist überhaupt kein Erfolg“, sagte der Vorstandschef. Das Prob- lem werde auch in den nächs- ten Jahren nicht gelöst. Der Konzern habe auf diesem Feld insgesamt bereits 15 bis 20 Millionen Euro verloren. Auf das Jahr 2014 entfiel ein Verlust von 8,1 Millionen Euro bei et- wa elf Millionen Euro Umsatz. Der Zulieferer stellt neben Dichtungen, Hitzeschilden und Kunststoffteilen auch Bauteile für die in strombetriebenen Autos eingesetzten Lithium-Ionen-Batterien her. BMW vergab etwa einen Großauftrag für den elektrischen Kleinwagen i3 an Elring- Klinger. Der Zulieferer wollte ursprünglich in der Sparte E-Mobility 2014 schwarze Zahlen schreiben, rückte aber im Jahres- verlauf davon ab. Im Gesamt- jahr 2013 war Elring-Klinger auf 8,4 Millionen Euro Um- satz und 7,3 Millionen Euro Verlust gekommen. Elring- Klinger bietet insbesondere Zellverbinder an, die die ein- zelnen Batteriezellen in einer Batterie ohne Kabel mitei- nander verbinden. Zudem arbeitet Elring-Klinger an Druckausgleichssystemen für die Notentgasung und Entlüf- tung von Hochvoltspeichern. Auch der Zulieferer Conti- nental hatte im Herbst seine Erwartungen an die E-Mobili- tät heruntergeschraubt. Vorstandschef Wolf sagte, in der Sparte E-Mobility werde Elring-Klinger die Preise „ziemlich stark“ anheben. Die Konkurrenz gehe ähnlich vor. Niedrige Verkaufszahlen bei den Fahrzeugen bedeuten für Autoher- steller und Zulieferer hohe Kosten, weil sich – anders als in der Massenproduktion – keine Mengenvorteile nutzen lassen. Wolf führte aus, Elring-Klinger habe bei seinen Abnehmern bereits dreimal so hohe Preise veranschlagt wie bisher. Mit zwei Kunden seien bereits höhere Preise verein- bart, mit dem dritten, dem größten, werde noch verhandelt. Man überlege sogar, den Vertrag zu beenden. Allerdings könne der Autobauer, mit dem Elring-Klinger auch außerhalb der Elektromobilität gute Ge- schäfte macht, seine Strom-Fahrzeuge dann nicht mehr produzieren. „Das kann man in unserer Industrie nicht machen.“ Weil bei Elring-Klinger weitere Son- derkosten anfielen, etwa für eine Werks- verlagerung in Korea, für einen Gewähr- leistungsfall sowie für eine Änderung in der Vorstandsvergütung blieb das Unter- nehmen 2014 beim Gewinnwachstum hin- ter den Erwartungen zurück. Das berei- nigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern stieg um gut acht Prozent auf 162 Millio- nen Euro. Die Rendite lag bei 12,2 Prozent. Analysten hatten hier etwas mehr erwar- tet. An der Börse lag die Aktie des M-Dax- Konzerns am Nachmittag mehr als fünf Prozent im Minus. Auch die Prognose für 2015 erschien ei- nigen Experten zu zaghaft. Der Zulieferer kündigte für das laufende Jahr einen berei- nigten Gewinn zwischen 170 und 180 Mil- lionen Euro an. Der Umsatz soll 2015 orga- nisch um fünf bis sieben Prozent zulegen, bekräftigte der Konzern. 2014 kletterte er um gut 15 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Vor allem Produkte, die zur Senkung des CO 2 -Ausstoßes beitragen, waren den Anga- ben zufolge gefragt. StZ Zulieferer In der kleinen Sparte E-Mobility entsteht wieder ein Verlust. Insgesamt fällt das Ergebnis niedriger als erwartet aus. „Die Leute kaufen einfach keine Elektroautos. Sie sind zu teuer.“ Stefan Wolf, Vorstandschef von Elring-Klinger Foto: ElringKlinger D en Gläubigern der österreichischen Krisenbank Hypo Alpe Adria dro- hen milliardenschwere Verluste. Sie müssen sich auf einen Schuldenschnitt oder eine Insolvenz der Hypo-Nachfolge- rin Heta einstellen, erklärte die Finanz- marktaufsicht FMA am Montag. Auf dem Spiel stehen mindestens elf Milliarden Euro, die Investoren wie Versicherungen und Banken in dem Institut stecken haben. „Die Gläubiger werden beitragen müssen – in welcher Form, das können wir zum heu- tigen Zeitpunkt nicht sagen“, sagte FMA- Vorstand Klaus Kumpfmüller im ORF-Ra- dio. Wie hoch ein möglicher Schulden- schnitt ausfallen könnte, ließ Österreich als Eigentümer des Kriseninstituts offen. Am Wochenende hatten die Finanzauf- seher bei der Hypo-Bad-Bank Heta das Ru- der übernommen. Grund dafür ist eine klaffende Finanzlücke von bis zu 7,6 Mil- liarden Euro, die Wirtschaftsprüfer bei einer neuerlichen Durchforstung der Bi- lanz entdeckt hatten. Österreich will je- doch kein weiteres Staatsgeld mehr in die Hand nehmen, um das Loch zu stopfen, wie Finanzminister Hans Jörg Schelling sagte. Doch ohne weitere Hilfe könne die Bank bereits in naher Zukunft ihre Schulden nicht mehr begleichen, hatten die Aufseher er- klärt. Um gleiche Be- dingungen für alle Gläubiger zu schaffen, hätten sie die Rück- zahlung der Hypo- Papiere zunächst bis Ende Mai 2016 ge- stoppt. Bis dahin wol- len die Aufseher mit dem Eigentümer Österreich und dem Bankvorstand eine Lösung finden und Ge- spräche mit den einzelnen Gläubigern füh- ren – darunter die ehemalige Hypo-Mutter BayernLB, von der noch mehr als zwei Mil- liarden Euro in dem Institut stecken. Die Hypo hatte sich mit einer rasanten Expansion am Balkan verhoben und wurde während der Finanzkrise 2009 verstaat- licht. Seither flossen mehr als 5,5 Milliar- den Euro an Steuergeld in das marode Ins- titut. Mit Hilfe der staatlichen Bad Bank Heta wollte Österreich das Institut abwi- ckeln und die lebensfähigen Teile verkau- fen. Marktexperten bezweifeln, dass die Hypo-Investoren ihr Geld je wiedersehen. „Wenn Heta ihre Zahlungen für 15 Monate aussetzt, dann fällt es schwer zu glauben, wie und warum sie Zahlungen nach diesem Zeitraum wieder aufnehmen“, sagte ein Fondsmanager mit Sitz in London. Die österreichischen Behörden berufen sich bei dem Zahlungsstopp auf den neuen europäischen Abwicklungsmechanismus für Krisenbanken. Das in Österreich seit Jahresbeginn gültige Gesetzt sieht vor, dass bei der Abwicklung insolventer Banken auch die Gläubiger zur Kasse gebeten wer- den. Österreich werde jedoch zu seinen Ga- rantien für eine milliardenschwere Hypo- Anleihe stehen, sagte Finanzminister Schelling. Investoren, die auf Haftungen des Bundeslandes Kärnten vertraut haben, haben dagegen weniger Glück: Österreich wolle „aus der Problematik der Kärntner Landeshaftungen herauskommen“, sagte Schelling ohne Details zu nennen. „Ich hof- fe, dass uns das gelingen wird.“ Dabei geht es um knapp elf Milliarden Euro. rtr Finanzbranche Investoren müssen sich auf einen Schuldenschnitt oder eine Insolvenz einstellen. Hypo-Gläubigern drohen massive Verluste Österreich beruft sich auf den neuen Abwicklungs- mechanismus für kriselnde Banken. Eurozone Rückgang der Preise schwächt sich ab Der Absturz der Ölpreise ist erst einmal ge- stoppt. Deshalb fallen die Verbraucherprei- se in den Euroländern weniger stark als zu- vor. Die jährliche Inflationsrate betrug im Februar minus 0,3 Prozent. Das war deut- lich weniger als im Januar mit minus 0,6 Prozent, wie die europäische Statistikbe- hörde Eurostat in einer ersten Schätzung in Luxemburg mitteilte. Der Ölpreisverfall hatte die Preise in den Euro-Ländern zu- letzt stark gedrückt – zur Freude der Ver- braucher. Zwar sanken auch im Februar die Energiepreise noch, aber schwächer als zu- vor. Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak sowie Dienstleistungen waren dagegen teurer als im Vorjahresmonat. Die Eurostat-Zahlen zeigten, dass Ener- gie der Hauptgrund für die derzeitige Ent- wicklung sei, schrieben die Volkswirte der Unicredit-Bank. Die Wahrscheinlichkeit einer Deflation – also einer Kombination aus sinkenden Preisen und schrumpfender Wirtschaft – bleibe gering. Die Inflation ist immer noch weit vom Zielwert der Euro- päischen Zentralbank entfernt, die eine Rate von knapp unter 2 Prozent anstrebt. Die Notenbank flutet deshalb die Märkte schrittweise mit mehr als einer Billion Euro. Das soll das Wirtschaftswachstum ankurbeln und Preise in die Höhe treiben. Die Teuerungsrate im Januar war die nied- rigste seit Juli 2009. Für das laufende Jahr erwartet die EU-Kommission eine Durch- schnittsrate von minus 0,1 Prozent. dpa 11 Dienstag, 3. März 2015 | Nr. 51 STUTTGARTER ZEITUNG WIRTSCHAFT

Stuttgarter Zeitung Weniger als eine Haaresbreite Toleranz€¦ · Am Wochenende hatten die Finanzauf-seher bei der Hypo-Bad-Bank Heta das Ru-der übernommen. Grund dafür ist eine

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Stuttgarter Zeitung Weniger als eine Haaresbreite Toleranz€¦ · Am Wochenende hatten die Finanzauf-seher bei der Hypo-Bad-Bank Heta das Ru-der übernommen. Grund dafür ist eine

Online-Videothek

Netflix will lieber alleine nach ChinaDie US-Online-Videothek Netflix peilt eineExpansion nach China ohne lokalen Part-ner an. Solche Kooperationen seien schnellsehr komplex und sehr schwierig zu bewäl-tigen, sagte Netflix-Programmchef Ted Sa-randos am Montag in Shanghai. Der Produ-zent der US-Politikserie „House of Cards“dürfte in der Volksrepublik allerdings einen schweren Stand haben. Der Anbieterbenötigt laut Sarandos acht verschiedeneLizenzen für den Markteintritt. Wann ge-nau Netflix seine Dienste auf China auswei-ten will, ist unbekannt. Das Unternehmenhatte die Lizenz-Hürden bereits als Grundgenannt, damit noch zu warten. Der welt-größte Internetmarkt ist streng reguliertund zensiert. Entsprechende Erfahrungenmachten in der Vergangenheit bereits US-Branchenriesen wie Facebook, Twitter undGoogle, deren Dienste bereits einmal blo-ckiert wurden. Zudem müsste sich Netflixgegen die einheimische Konkurrenz vonKonzernen wie Tencent Holdings und Ali-baba durchsetzen. Netflix hat aktuell mehrals 57 Millionen Kunden. rtr

Weniger als eine Haaresbreite Toleranz

Der kräftige Mann quetscht das Goldregelrecht aus. Mit großen Hand-schuhen an den Händen schiebt Si-

mon Hofer (der Name ist zum Schutz derPerson geändert) den zweieinhalb Kilo schweren und zwei Zentimeter dickenWeißgoldstab im Wert einer S-Klasse zwi-schen die Walzen. Auf der anderen Seite kommt der Stab ein wenig dünner heraus.Diesen Schritt wiederholt der Kettengold-schmied auf unterschiedlichen Walzen undMaschinen ein ums andere Mal. Es ist eineschweißtreibende Angelegenheit, denn dasMaterial ist nicht nur schwer, sondern wirdauch von Mal zu Mal heißer. Am Schluss istaus der einen halben Meter langen Stange ein 0,3 Millimeter dünner und 30 Kilome-ter langer Goldfaden geworden. DiesenDraht wickelt Hofer mit einer Winkelkur-bel auf eine Spindel. Im Gegensatz zumeher rustikalen Walzen ist nun absolutes Fingerspitzengefühl gefragt. „23 Jahre Er-fahrung“, sagt der Mann ander Kurbel und zwirbelt gleichdie nächste Spirale aus Gold.Zwei oder drei zusammenge-flochtene Spiralen ergebendann die typische Wellen-dorff-Seidenkordel.

Ihr Geheimnis ist ihre See-le, die dem Schmuckstück dienötige Stabilität verleiht.„Und Seelen sind ja bekannt-lich unsichtbar“, sagt ClaudiaWellendorff. Deswegen wirdauch nicht verraten, um wasgenau es sich bei dem „Seele“genannten Inneren eines sol-chen Schmuckstücks handelt.Nur so viel: Es besteht wie seinÄußeres aus purem Gold. 18-karätiges Weiß- oder Gelb-gold, farbiges Kalt-Emaille und diverse Edelsteine sind die Materia-lien, aus denen in der Pforzheimer Edelma-nufaktur „Wahre Werte“ entstehen. Dabei geht es Georg Wellendorff zufolge wenigerum den Wert an sich – der je nach Material-einsatz und Aufwand zwischen 3000 und500 000 Euro liegt – als um die Werte desFamilienunternehmens, das 1893 von sei-nem Urgroßvater Ernst Alexander Wellen-dorff gegründet wurde. Der russische Za-renhof und die britische Königsfamiliezählten einst zu dessen Kunden. SeinerPhilosophie sind die Nachfahren bis heutetreu: Wenn du die edelsten Materialien ein-setzt, die besten Mitarbeiter hast und die besten Technologien, dann kannst du denbesten Schmuck fertigen.

„Perfektion“ und „Gefühl“ sind zwei Be-griffe, die Georg Wellendorff immer wiederbenutzt. Die Perfektion verdeutlicht er miteinem Messwerkzeug für Ringe. Lediglich um zwei Hundertstel Millimeter darf derDurchmesser variieren, sonst wird derRohling wieder eingeschmolzen. Zum Ver-gleich: Ein menschliches Haar ist fünf bissieben Hundertstel Millimeter dick. Diehandwerkliche Herstellung eines Ringes istnicht weniger aufwendig als die einer Gold-kordel. „Charakteristisch für die Ringe istder Glanz von farbiger Emaille, die zwi-schen graviertem Muster und Ornamentenauf bis zu drei Ebenen eingelegt wird. Die

Besonderheit: Der Innenring lässt sichspielerisch drehen“, sagt Wellendorff.

Der 47-jährige Urenkel des Firmen-gründers leitet das Unternehmen heute zu-sammen mit seinem drei Jahre älteren Bru-der Christoph und ihrem Vater Hanspeter.Auch die Mutter Eva und Georgs Frau Clau-dia zählen zum engeren Kreis der Familie,die am Erfolg der Marke mit dem markan-tem Brillant-„W“ mitwirken. Der weiblicheTeil der Familie spielt sogar eine entschei-dende Rolle: „Den Schmuck machen wir fürunsere Frauen. Für meine Mutter, meine Schwägerin, meine Frau. Wenn denen derSchmuck gefällt, dann können wir das Kon-zept multiplizieren“, so Wellendorff. Auch zum „erweiterten Kreis der Familie“ zählter die Mitarbeiter: 70 Personen sind inPforzheim beschäftigt; 20 in der Verwal-tung und 50 in der Manufaktur, unter ande-rem Goldschmiede, Feinpoliererinnen,Werkzeugmacher und Juwelenfasser. Sie

alle sind Spezialisten aufihrem jeweiligen Gebiet, vielearbeiten schon seit mehrerenJahrzehnten im Unterneh-men. Dazu kommen rund 30Verkäufer in sechs eigenenBoutiquen. Auch 120 Juwelie-re, die den Schmuck in derganzen Welt vertreiben, siehtder Firmenchef als wichtigenBaustein für den Erfolg.

Im Gegensatz zu vielenKonkurrenten ist bei denPforzheimern das meistenoch echte Handarbeit – „derRest ist Hightech“, sagt Ge-schäftsführer Wellendorff.Eine neue Kollektion bestehtaus etwa einem Dutzend Pro-dukten: Amulette, Armbän-der, Colliers, Ringe, Ohrringe

und Ketten mit Namen wie „Sonnenglanz“oder „Sternentraum“. Einem neuem Pro-dukt im Katalog stehen bis zu 100 Entwürfegegenüber, die niemals realisiert werden.Pro Tag verlassen das direkt am FlüsschenEnz gelegene Firmengelände gerade ein-mal 30 Schmuckstücke. Gefertigt wird nur,was auch bestellt ist. Nachdem eine Ordereingeht, vergehen zwischen vier und sechsWochen, bis die kostbare Ware ausgeliefertwird. Vor dem Versand wird noch einmal jedes Detail unter dem Mikroskop über-prüft. Der kleinste Kratzer befördert dasSchmuckstück zur Nachbearbeitung – schlimmstenfalls sogar zurück in denSchmelzofen.

„Die Exzellenz im Material ist unser An-spruch: alles muss noch geschmeidiger,noch weicher und noch anschmiegsamersein“, sagt Wellendorff. Seine Frau stimmt ihm zu: „Eine Kette muss weich wie Seidesein, damit man sie am liebsten gar nichtmehr ablegen möchte“, sagt Claudia Wel-lendorff. Früher seien die Schmuckstückenur zu besonderen Anlässen herausgeholtund getragen worden, doch der Luxus habelängst den Alltag erobert. Die Pforzheimersind nicht darauf aus, Trendprodukte zufertigen. Wellendorff-Schmuck sei viel-mehr von zeitloser Eleganz. „Die Trägerinsoll ein Leben lang Freude daran haben“,sagt der Urenkel des Firmengründers.

Firmenporträt Bereits in vierter Generation entstehen bei Wellendorff in Pforzheim edle Schmuckstücke in Handarbeit. Von Thomas Thieme

Walzen, wickeln, flechten: die Schritte vom Weißgoldstab zur Seidenkordel Fotos: Wellendorff

„Den Schmuck machen wir für unsere Frauen. Für meine Mutter, meine Schwägerin, meine Frau.“Georg Wellendorff über die ersten Tester von Neuheiten

Foto: Wellendorff

MANUFAKTUR MIT 122 JAHREN TRADITION

Geschichte Ernst Alexander Wellendorff hat die Schmuck-manufaktur 1893 gegründet. Bei der Bombardierung Pforz-heims im Zweiten Weltkrieg wurde auch die Firma zerstört. Alexander, der Sohn des Gründers, baute das Unter-nehmen nach dem Krieg mit finanzieller Unterstützung eines Kunden aus der Schweiz wieder auf. 1960 trat Alexan-ders Sohn Hanspeter als Ge-schäftsführer in das Unter-

nehmen ein. Unter seiner Füh-rung entstand das Brillant-„W“ als Markenzeichen. Mittler-weile treiben die Brüder Georg und Christoph als vierte Gene-ration an der Firmenspitze die Internationalisierung der Marke voran.

Gegenwart Wellendorff ist heute einer der führenden deutschen Schmuckhersteller. Zu Umsatz und Gewinn machtdas Familienunternehmen kei-

ne Angaben. Schätzungen zu-folge liegt der Umsatz im ho-hen zweistelligen Millionen-bereich. Der Schmuck wird bei 120 Juwelieren im In- und Ausland vertrieben. Außer-dem gibt es 15 reine Wellen-dorff-Boutiquen, von denen das Unternehmen sechs in Eigenregie betreibt. Im ver-gangenen Jahr sind Geschäfte in Tokio, Las Vegas, Hongkong,Luxemburg, München und Frankfurt dazugekommen. StZ

Elring-Klinger ist vom E-Auto enttäuscht

Die flaue Nachfrage nach Elektro-autos und Einmaleffekte habenden Zulieferer Elring-Klinger

2014 ausgebremst. „Die Leute kaufen ein-fach keine Elektroautos“,sagte Vorstandschef Stefan Wolf bei einer Analysten-konferenz. „Sie sind zu teu-er.“ Außerdem sorge derniedrige Ölpreis dafür, dassAutofahrer mit batteriebe-triebenen Fahrzeugen im Vergleich zu herkömmlichenkein Geld sparten.

Auch die Zahl der Hybrid-autos sei niedriger als erwar-tet. „Die Elektromobilität ist überhaupt kein Erfolg“, sagteder Vorstandschef. Das Prob-lem werde auch in den nächs-ten Jahren nicht gelöst. Der Konzern habe auf diesemFeld insgesamt bereits 15 bis 20 MillionenEuro verloren. Auf das Jahr 2014 entfiel ein Verlust von 8,1 Millionen Euro bei et-wa elf Millionen Euro Umsatz.

Der Zulieferer stellt neben Dichtungen,Hitzeschilden und Kunststoffteilen auchBauteile für die in strombetriebenen Autoseingesetzten Lithium-Ionen-Batterien her.BMW vergab etwa einen Großauftrag für

den elektrischen Kleinwagen i3 an Elring-Klinger. Der Zulieferer wollte ursprünglichin der Sparte E-Mobility 2014 schwarzeZahlen schreiben, rückte aber im Jahres-

verlauf davon ab. Im Gesamt-jahr 2013 war Elring-Klingerauf 8,4 Millionen Euro Um-satz und 7,3 Millionen EuroVerlust gekommen. Elring-Klinger bietet insbesondereZellverbinder an, die die ein-zelnen Batteriezellen in einerBatterie ohne Kabel mitei-nander verbinden. Zudemarbeitet Elring-Klinger anDruckausgleichssystemen fürdie Notentgasung und Entlüf-tung von Hochvoltspeichern.Auch der Zulieferer Conti-nental hatte im Herbst seineErwartungen an die E-Mobili-tät heruntergeschraubt.

Vorstandschef Wolf sagte, in der SparteE-Mobility werde Elring-Klinger die Preise„ziemlich stark“ anheben. Die Konkurrenzgehe ähnlich vor. Niedrige Verkaufszahlen bei den Fahrzeugen bedeuten für Autoher-steller und Zulieferer hohe Kosten, weilsich – anders als in der Massenproduktion – keine Mengenvorteile nutzen lassen.Wolf führte aus, Elring-Klinger habe bei

seinen Abnehmern bereits dreimal so hohePreise veranschlagt wie bisher. Mit zweiKunden seien bereits höhere Preise verein-bart, mit dem dritten, dem größten, werdenoch verhandelt. Man überlege sogar, denVertrag zu beenden. Allerdings könne der Autobauer, mit dem Elring-Klinger auchaußerhalb der Elektromobilität gute Ge-schäfte macht, seine Strom-Fahrzeugedann nicht mehr produzieren. „Das kannman in unserer Industrie nicht machen.“

Weil bei Elring-Klinger weitere Son-derkosten anfielen, etwa für eine Werks-verlagerung in Korea, für einen Gewähr-leistungsfall sowie für eine Änderung in der Vorstandsvergütung blieb das Unter-nehmen 2014 beim Gewinnwachstum hin-ter den Erwartungen zurück. Das berei-nigte Ergebnis vor Zinsen und Steuernstieg um gut acht Prozent auf 162 Millio-nen Euro. Die Rendite lag bei 12,2 Prozent.Analysten hatten hier etwas mehr erwar-tet. An der Börse lag die Aktie des M-Dax-Konzerns am Nachmittag mehr als fünfProzent im Minus.

Auch die Prognose für 2015 erschien ei-nigen Experten zu zaghaft. Der Zuliefererkündigte für das laufende Jahr einen berei-nigten Gewinn zwischen 170 und 180 Mil-lionen Euro an. Der Umsatz soll 2015 orga-nisch um fünf bis sieben Prozent zulegen,bekräftigte der Konzern. 2014 kletterte erum gut 15 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro.Vor allem Produkte, die zur Senkung desCO2-Ausstoßes beitragen, waren den Anga-ben zufolge gefragt. StZ

Zulieferer In der kleinen Sparte E-Mobility entsteht wieder ein Verlust. Insgesamt fällt das Ergebnis niedriger als erwartet aus.

„Die Leute kaufen einfach keine Elektroautos.Sie sind zu teuer.“Stefan Wolf, Vorstandschef von Elring-Klinger

Foto: ElringKlinger

Den Gläubigern der österreichischenKrisenbank Hypo Alpe Adria dro-hen milliardenschwere Verluste.

Sie müssen sich auf einen Schuldenschnittoder eine Insolvenz der Hypo-Nachfolge-rin Heta einstellen, erklärte die Finanz-marktaufsicht FMA am Montag. Auf demSpiel stehen mindestens elf MilliardenEuro, die Investoren wie Versicherungenund Banken in dem Institut stecken haben.„Die Gläubiger werden beitragen müssen –in welcher Form, das können wir zum heu-tigen Zeitpunkt nicht sagen“, sagte FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller im ORF-Ra-dio. Wie hoch ein möglicher Schulden-schnitt ausfallen könnte, ließ Österreich alsEigentümer des Kriseninstituts offen.

Am Wochenende hatten die Finanzauf-seher bei der Hypo-Bad-Bank Heta das Ru-der übernommen. Grund dafür ist eine klaffende Finanzlücke von bis zu 7,6 Mil-liarden Euro, die Wirtschaftsprüfer beieiner neuerlichen Durchforstung der Bi-lanz entdeckt hatten. Österreich will je-doch kein weiteres Staatsgeld mehr in dieHand nehmen, um das Loch zu stopfen, wieFinanzminister Hans Jörg Schelling sagte. Doch ohne weitere Hilfe könne die Bank bereits in naher Zukunft ihre Schuldennicht mehr begleichen,hatten die Aufseher er-klärt. Um gleiche Be-dingungen für alleGläubiger zu schaffen,hätten sie die Rück-zahlung der Hypo-Papiere zunächst bisEnde Mai 2016 ge-stoppt. Bis dahin wol-len die Aufseher mitdem Eigentümer Österreich und demBankvorstand eine Lösung finden und Ge-spräche mit den einzelnen Gläubigern füh-ren – darunter die ehemalige Hypo-MutterBayernLB, von der noch mehr als zwei Mil-liarden Euro in dem Institut stecken.

Die Hypo hatte sich mit einer rasantenExpansion am Balkan verhoben und wurdewährend der Finanzkrise 2009 verstaat-licht. Seither flossen mehr als 5,5 Milliar-den Euro an Steuergeld in das marode Ins-titut. Mit Hilfe der staatlichen Bad BankHeta wollte Österreich das Institut abwi-ckeln und die lebensfähigen Teile verkau-fen. Marktexperten bezweifeln, dass dieHypo-Investoren ihr Geld je wiedersehen.„Wenn Heta ihre Zahlungen für 15 Monateaussetzt, dann fällt es schwer zu glauben,wie und warum sie Zahlungen nach diesemZeitraum wieder aufnehmen“, sagte einFondsmanager mit Sitz in London.

Die österreichischen Behörden berufensich bei dem Zahlungsstopp auf den neueneuropäischen Abwicklungsmechanismusfür Krisenbanken. Das in Österreich seitJahresbeginn gültige Gesetzt sieht vor, dassbei der Abwicklung insolventer Bankenauch die Gläubiger zur Kasse gebeten wer-den. Österreich werde jedoch zu seinen Ga-rantien für eine milliardenschwere Hypo-Anleihe stehen, sagte FinanzministerSchelling. Investoren, die auf Haftungendes Bundeslandes Kärnten vertraut haben,haben dagegen weniger Glück: Österreichwolle „aus der Problematik der KärntnerLandeshaftungen herauskommen“, sagteSchelling ohne Details zu nennen. „Ich hof-fe, dass uns das gelingen wird.“ Dabei gehtes um knapp elf Milliarden Euro. rtr

Finanzbranche Investoren müssen sich auf einen Schuldenschnitt oder eine Insolvenz einstellen.

Hypo-Gläubigern

drohen massive

Verluste

Österreichberuft sich auf den neuen Abwicklungs- mechanismus für kriselnde Banken.

Eurozone

Rückgang der Preise schwächt sich abDer Absturz der Ölpreise ist erst einmal ge-stoppt. Deshalb fallen die Verbraucherprei-se in den Euroländern weniger stark als zu-vor. Die jährliche Inflationsrate betrug imFebruar minus 0,3 Prozent. Das war deut-lich weniger als im Januar mit minus 0,6Prozent, wie die europäische Statistikbe-hörde Eurostat in einer ersten Schätzung inLuxemburg mitteilte. Der Ölpreisverfallhatte die Preise in den Euro-Ländern zu-letzt stark gedrückt – zur Freude der Ver-braucher. Zwar sanken auch im Februar dieEnergiepreise noch, aber schwächer als zu-vor. Nahrungsmittel, Alkohol und Tabaksowie Dienstleistungen waren dagegen teurer als im Vorjahresmonat.

Die Eurostat-Zahlen zeigten, dass Ener-gie der Hauptgrund für die derzeitige Ent-wicklung sei, schrieben die Volkswirte derUnicredit-Bank. Die Wahrscheinlichkeiteiner Deflation – also einer Kombination aus sinkenden Preisen und schrumpfenderWirtschaft – bleibe gering. Die Inflation istimmer noch weit vom Zielwert der Euro-päischen Zentralbank entfernt, die eineRate von knapp unter 2 Prozent anstrebt.Die Notenbank flutet deshalb die Märkteschrittweise mit mehr als einer Billion Euro. Das soll das Wirtschaftswachstumankurbeln und Preise in die Höhe treiben.Die Teuerungsrate im Januar war die nied-rigste seit Juli 2009. Für das laufende Jahrerwartet die EU-Kommission eine Durch-schnittsrate von minus 0,1 Prozent. dpa

11Dienstag, 3. März 2015 | Nr. 51STUTTGARTER ZEITUNG WIRTSCHAFT