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Mediendienst 1 22. Januar 2015 Nach Steuersenkungen und Sparprogrammen Die Nationalbankmilliarde gehört den Armen Hugo Fasel Der Mediendienst der Caritas Schweiz ist ein Angebot mit Hintergrundtexten zur freien Verwendung. Für Rückfragen stehen die Autorinnen und Autoren gerne zur Verfügung.

Die Nationalbankmilliarde gehört den Armen

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Mediendienst 1 22. Januar 2015

Nach Steuersenkungen und Sparprogrammen

Die Nationalbankmilliarde gehört den Armen Hugo Fasel

Der Mediendienst der Caritas Schweiz ist ein Angebot mit Hintergrundtexten zur freien Verwendung.

Für Rückfragen stehen die Autorinnen und Autoren gerne zur Verfügung.

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Caritas Schweiz, Mediendienst 1, 22. Januar 2015

Nach Steuersenkungen und Sparprogrammen in den Kantonen

Die Nationalbankmilliarde gehört den Armen

Die Nationalbank hat im 2014 einen Gewinn von 38 Milliarden Franken erzielt. Vorgesehen ist,

dass die Kantone jährlich eine Milliarde Franken aus diesen Gewinnen erhalten. Aufgrund der

ausserordentlichen Gewinnsituation fordern die Kantone nun nachdrücklich eine höhere Ge-

winnausschüttung und verlangen als Sondermassnahme eine zusätzliche Milliarde Franken, um

ihre Budgets 2015 aufzupolieren.

In den letzten Jahren haben die Kantone unisono die Steuern gesenkt. Sie wollten im sogenannten

Steuerwettbewerb unbedingt mithalten und überboten sich gegenseitig mit Anpassungen nach unten.

Dazu kam die Unternehmenssteuerreform, die vom ehemaligen Bundesrat Merz dem Volk mit fal-

schen Zahlen schmackhaft gemacht wurde. Resultat dieser Politik: die tieferen Steuern haben vor al-

lem den Bestverdienenden und den Unternehmen Vorteile in Milliardenhöhe gebracht. Die Kehrseite

dieser Geschenke besteht darin, dass viele Kantone heute Defizite verzeichnen. Die Steuersenkungen

haben in eine finanzielle Sackgasse geführt.

Sündenböcke für leere Kantonskassen

Um die Budgets einigermassen ausgeglichen zu gestalten haben die Kantone Sparprogramme be-

schlossen. Statt einzugestehen, dass der Steuerabbau eine Übertreibung war, wird, um Korrekturmass-

nahmen zu rechtfertigen, nach Sündenböcken gesucht. Es sind die Armutsbetroffenen! Genau jene

Haushalte, die von den Steuersenkungen nicht profitiert haben, sollen nun verantwortlich dafür sein,

dass Sparpakete und schliesslich auch Steuererhöhungen notwendig werden. Das ist Wirrköpferei.

Sozialabbau und Vertreibungspolitik gegen Armutsbetroffene

Mehrere Kantonsparlamente haben bereits Kürzungen bei der Sozialhilfe beschlossen. Es sei zu viel

Geld, wenn eine alleinstehende Person pro Tag 30 Franken für Essen, Trinken, Kleider, Zahnarzt,

Bus- oder Trambillet und Internetanschluss zur Verfügung habe. So die Argumentation. Der Kanton

Bern spielte die Rolle des Wegbereiters. Andere Kantone folg(t)en. Verschiedenen Gemeinden, insbe-

sondere in St. Gallen und im Aargau, sind sogar zu einer Vertreibungspolitik von Armutsbetroffenen

in andere Gemeinden übergegangen. Armutsbetroffene als Vertriebene im eigenen Lande, das kennen

wir normalerweise aus Ländern, die von Diktaturen geführt werden.

Rückkehr zu ordentlichen Leistungen in der Sozialhilfe

Vor diesem Hintergrund erwartet die Caritas von den Kantonen, dass sie die Folgen aus der übertrie-

benen Steuersenkungspolitik nicht auf dem Buckel der Ärmsten dieses Landes austragen. Wir wollen,

dass die Kantone und deren Parlamente die zusätzliche Milliarde, die sie von der Nationalbank erhal-

ten, unbedingt für die Rückkehr zu den ordentlichen Leistungen der Sozialhilfe gemäss SKOS-

Richtlinien verwenden. Die zusätzliche Nationalbankmilliarde gehört den Armutsbetroffenen!

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Caritas Schweiz, Mediendienst 1, 22. Januar 2015

Eine aktive Bekämpfung der Armut verlangt nach einer nachhaltige Investitionspolitik. Sie soll ver-

hindern, dass die Zahl der Armutsbetroffenen - im 2012 war es eine Zunahme um 7000 Personen trotz

bester Konjunktur - weiter zunimmt. Dazu gehören bessere Leistungen für kinderreiche Familien und

Alleinerziehende. Heute zählt die Schweiz 260 000 Kinder, die in armutsbetroffenen Familien leben.

Um zu verhindern, dass Armut von einer Generation auf die nächste übertragen wird, braucht es In-

vestitionen in die Frühförderung, Ergänzungsleistungen für Familien und bessere Kinderzulagen. Aus

der Armutsforschung ist ebenso bekannt, dass insbesondere ungenügende berufliche Ausbildung ein

grosses Armutsrisiko darstellt. Investitionen in Nachholbildung und berufliche Weiterbildung sind ein

Gebot der Zeit. Dafür sind die Gewinne der Nationalbank einzusetzen.

Hugo Fasel, Direktor Caritas Schweiz, E-Mail [email protected], Tel. 041 419 22 18