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Zeitschrift fiir Physik, Bd. 133, S. 558--560 (t952). Die Nichtgiiltigkeit des Birkhoffschen Satzes in der erweiterten Gravitationstheorie. VoI1 P. JORDAN. (Eingegangen am 6. september 1962.) Die Vermutung, dab der BIRKHOFFSChe Satz in der Theorie der variablen Gravi- tationsinvarian~ken ~ nicht mehr gfiltig ist, wird bewiesen dutch Angabe spezieller Lgsungen der Feldgleichungen. Bekanntlich gilt in der EI~STEINschen Gravitationstheorie der von BIRKHOFF entdeckte Satz, dab ]edes kugelsymmetrische Vakuumfeld notwendigerweise ein statisches Feld ist, also der SCHWARZSCHILDschen L6sung entspricht. Die mfihsamen Rechnungen, durch welche BIRKHOFF diesen Satz bewiesen hat, konnten sp~tter vereinfacht werden; der ver- einfachte Beweis ist in dern bekannten Buche von TOLMAN dargestellt und auch in einem vom Verfasser vorgelegten kosmologischen Buch mit- geteilt 1. Daselbst habe ich ferner gezeigt (a. a. O., S. 68), dab der Satz eine anschauliche physikalische Bedeutung hat, aus der heraus er un- mittelbar verstanden werden kann. Eine Folgerung des BIRI~I~OUrschen Satzes ist offenbar diese: Wenn es ein den EINSTEII~schen 'Feldgleichungen (ohne kosmologisches Glied) gehorchendes kosmologisches Modell gibt, in Form eines expandierenden Raumes yon konstanter Krtimmung, in welchem die Materiedichte und die Strahlungsdichte gleich Null ist, so muB dieses Modell durch Koor- dinatentransformation in eine ebene MINKOWSKI-Welt zu fiberffihren sein. In der Tat gibt es ein solches Modell, n~tmlich einen leeren Raum konstanter negativer Krfimmung mit linearer Expansion ; dieser ist aber der krfimmungsfreien nicht expandierenden MlZCKOWSKI-Welt ~tqui- valent (vgl. a. a. O., S. t30). Verallgemeinert man nun die Gravitationstheorie entsprechend der DiRAcschen Hypothese einer variablen ,,Gravitationsinvarianten" ,~, so treten an Stelle der SCHWARZSCHILDschen L6sung die von HECKMANN und FRICKE entdeckten allgemeineren statisch-kugelsymmetrischen L6- sungen auf (vgl. a. a. O., S. t45ff.). Es erhebt sich die Frage, ob auch in der so erweiterten Gravitationstheorie der BIRKHOFFsche Satz gfiltig 1 JORDAN,P.: Schwerkraft und Weltall, S. 74. ]3raunschweig 1952.

Die Nichtgültigkeit des Birkhoffschen Satzes in der erweiterten Gravitationstheorie

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Page 1: Die Nichtgültigkeit des Birkhoffschen Satzes in der erweiterten Gravitationstheorie

Zeitschrift fiir Physik, Bd. 133, S. 558--560 (t952).

Die Nichtgi i l t igkeit des Birkhoffschen Satzes in der erweiterten Gravitationstheorie.

VoI1

P. JORDAN.

(Eingegangen am 6. september 1962.)

Die Vermutung, dab der BIRKHOFFSChe Satz in der Theorie der variablen Gravi- tationsinvarian~ken ~ nicht mehr gfiltig ist, wird bewiesen dutch Angabe spezieller

Lgsungen der Feldgleichungen.

Bekanntlich gilt in der EI~STEINschen Gravitationstheorie der von BIRKHOFF entdeckte Satz, dab ]edes kugelsymmetrische Vakuumfeld notwendigerweise ein statisches Feld ist, also der SCHWARZSCHILDschen L6sung entspricht. Die mfihsamen Rechnungen, durch welche BIRKHOFF diesen Satz bewiesen hat, konnten sp~tter vereinfacht werden; der ver- einfachte Beweis ist in dern bekannten Buche von TOLMAN dargestellt und auch in einem vom Verfasser vorgelegten kosmologischen Buch mit- geteilt 1. Daselbst habe ich ferner gezeigt (a. a. O., S. 68), dab der Satz eine anschauliche physikalische Bedeutung hat, aus der heraus er un- mittelbar verstanden werden kann.

Eine Folgerung des BIRI~I~OUrschen Satzes ist offenbar diese: Wenn es ein den EINSTEII~schen 'Feldgleichungen (ohne kosmologisches Glied) gehorchendes kosmologisches Modell gibt, in Form eines expandierenden Raumes yon konstanter Krtimmung, in welchem die Materiedichte und die Strahlungsdichte gleich Null ist, so muB dieses Modell durch Koor- dinatentransformation in eine ebene MINKOWSKI-Welt zu fiberffihren sein. In der Tat gibt es ein solches Modell, n~tmlich einen leeren Raum konstanter negativer Krfimmung mit linearer Expansion ; dieser ist aber der krfimmungsfreien nicht expandierenden MlZCKOWSKI-Welt ~tqui- valent (vgl. a. a. O., S. t30).

Verallgemeinert man nun die Gravitationstheorie entsprechend der DiRAcschen Hypothese einer variablen , ,Gravi tat ionsinvarianten" ,~, so treten an Stelle der SCHWARZSCHILDschen L6sung die von HECKMANN und FRICKE entdeckten allgemeineren statisch-kugelsymmetrischen L6- sungen auf (vgl. a. a. O., S. t45ff.). Es erhebt sich die Frage, ob auch in der so erweiterten Gravitationstheorie der BIRKHOFFsche Satz gfiltig

1 JORDAN, P.: Schwerkraft und Weltall, S. 74. ]3raunschweig 1952.

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Die Nich tg t i l t i gke i t des BIRKHOFFSChen Satzes. 559

bleibt. Die Vermutung (a. a. O., S. 185), daB das ~,icht der Fall sei, konnte bislang noch nicht durch Angabe wenigstens spezieller nicht- statischer kugelsymmetr ischer L6sungen gesichert werden. Die Diffe- rentialgleichungen des nicht-stat ischen Falles (a. a. O., S. 188If.) bieten n~imlich ein schwieriges mathematisches Problem dar, zu welchem bisher noch kein positives Ergebnis vorlag. Deshalb soll im folgenden gezeigt werden, daB ]edenfalls diejenigen ganz speziellen L6sungen, welche aus dem Ansatz eines leeren kosrnologischen Modells zu erhalten sind, voll- st~indig angegeben werden k6nnen, auf Grund der Untersuchungen yon HECKMANN, GRESSMANN und dem Verfasser. Hierdurch wird zwar das Integrat ionsproblem der fraglichen Differentialgleichungen kaum merk- lich gef6rdert, wohl aber der bislang fehlende Beweis geliefert, daB tat- s~chlich bei variablem ~ der BIRI~I~O~vsche Satz seine Gtiltigkeit verliert.

Fiir den Ansatz

ds 2 = c2 dl 2 - R (tp d ~ , (t)

wo da 2 ein R a u m der konstanten Kr t immung e ist (e + 1, 0, - - t ) , haben wir nach ( t t ) , S. t60, a. a. O., die Beziehung

~R a = A = const (2)

(durch welche ~ als Funkt ion yon t bes t immt ist, sobald man R als Funkt ion yon ~ kennt) , und ferner (bei leerem Kosmos) die Differential- gleichung

ftir d ] ~ j (3)

A 2 ~ R 2 (4) 722

(vgl. dazu S. t61, a. a. O.). nieren wir

b =

Je nach dem Vorzeichen yon 2 ~ - - 3 deft-

= ( 5 )

Dann haben wir, wenn a reell ist"

const R 2 -- (~ + x-~)

const R 2 = ~1+~- oder

const R2--__

(~= __ ~-~)

mit e = + t '

const R 2 -- mit e = 0"

mit e -- - - t .

(6)

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Entsprechend ftir reelles b:

const R 2 -- mit s = -- 1 (7)

sin (b ln~)

Die Formeln (6), (7) sind (auf einem anderen Wege) zuerst yon Herrn GRESSMANN in unver6ffentlichten Untersuchungen abgeleitet worden. Ihre bier erl~iuterte Beziehung zum BIRKHOFFschen Satz kann vielleicht eine gewisse Ermutigung ergeben, nach weiteren nicht-statischen kugel- symmetrischen Vakuumfeldem, Verallgemeinerungen der HECKMANN- schen L6sung, zu suchen.

Hamburg, BundesstraBe 84.