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Die Notfallhilfe bei Unfällen und Katastrophen Medizinische Hilfe bei Unfällen und Katastrophen in Belgien, Deutschland und den Niederlanden

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Die Notfallhilfe bei Unfällen und Katastrophen

Medizinische Hilfe bei Unfällen und Katastrophenin Belgien, Deutschland und den Niederlanden

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Vorwort

Vor Ihnen liegt der Bericht einer Studie zur grenzüberschreitenden medizinischen Not-fallhilfe bei Unfällen und Katastrophen, die im Verlaufe des Jahres 2001 im Auftrag desniederländischen Ministeriums für Inneres und Angelegenheiten des Königreichs (Minis-terie van Binnenlandse Zaken en Koninkrijksrelaties, BZK) durchgeführt wurde.Die Studie wurde von einer Kommission betreut, die personell wie folgt besetzt war: HerrD. Fundter (BZK), Herr A. de Laat (RGF West-Brabant), Frau M. Martens (BZK), HerrJ. Petri (BZK) und Herr W. de Vrij (RAV Drenthe). Der Untersuchungsleiter möchteallen Mitgliedern der Kommission für ihren essenziellen Beitrag danken, den sie zumvorliegenden Bericht geleistet habe.Des Weiteren soll ein Dankeswort an die Personen ergehen, die sich im Rahmen der vor-liegenden Studie zu einem Interview bereit gefunden haben. Trotz übervoller Kalenderund Termindruck zeigten sie sich bereit, einen häufig kurzfristig vereinbarten Terminwahrzunehmen und zu diesem Zweck viel Zeit zu investieren. Ohne ihre Beiträge wärediese Studie nicht zustande gekommen. Obgleich die befragten Personen den Untersu-chungsleiter mit einer Vielzahl Informationen versorgt haben, fällt deren Wiedergabe inForm des nun vorliegenden Berichts vollständig in den Verantwortungsbereich des Au-tors.

Januar 2001Bob Post

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Inhaltsverzeichnis

1 Aufbau und Durchführung der Studie 21.1 Hintergrund der Studie 21.2 Fragestellung 21.3 Ausarbeitung der Fragestellung 31.4 Untersuchungskonzept 41.5 Aufbau des Berichts 4

2 Öffentliche Verwaltung 62.1 Einführung 62.2 Belgien 62.2.1 Katastrophen 62.2.2 Behördliche Verantwortlichkeit und Zuständigkeitsverteilung 62.3 Deutschland 82.3.1 Katastrophen 82.3.2 Behördliche Verantwortlichkeit und Zuständigkeitsverteilung 82.4 Niederlande 92.4.1 Katastrophen 92.4.2 Behördliche Verantwortlichkeit und Zuständigkeitsverteilung 102.5 Vergleich 122.5.1 Übereinstimmungen 122.5.2 Unterschiede 14

3 Medizinische Hilfe bei Katastrophen 153.1 Einführung 153.2 Belgien 153.2.1 Operationelle Einheiten 153.2.2 Organisation der medizinischen Notfallhilfe 173.2.2 Personelle Aufteilung der Verantwortlichkeiten 183.3 Deutschland 193.3.1 Operationelle Einheiten 193.3.2 Organisation der medizinischen Notfallhilfe 213.3.3 Personelle Aufteilung der Verantwortlichkeiten 233.4 Niederlande 243.4.1 Operationelle Einheiten 243.4.2 Organisation der medizinischen Notfallhilfe 253.4.3 Personelle Aufteilung der Verantwortlichkeiten 273.5 Vergleich 273.5.1 Übereinstimmungen 283.5.2 Unterschiede 28

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4 Zusammenfassung, Ergebnisse und Empfehlungen 314.1 Einführung 314.2 Entwicklungen nach dem letzten ITS-Bericht 314.3 Zusammenfassung 324.4 Problempunkte bei den grenzüberschreitenden GHOR 344.4.1 Verwaltungsbezogene Problempunkte 344.4.2 Operationelle Problempunkte 364.5 Ergebnisse 384.6 Empfehlungen 39

Literatur

Interviewpartner

Abkürzungen

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1 Aufbau und Durchführung der Studie

1.1 Hintergrund der Studie

Im Anschluss an die Studie “Grenzüberschreitende medizinische Notfallhilfe ”1 hat dasniederländische Ministerium für Inneres und Angelegenheiten des Königreichs (BZK)eine Studie zur medizinischen Notfallhilfe bei Unfällen und Katastrophen (GHOR) imGrenzgebiet der Niederlande mit Belgien und Deutschland durchführen lassen.Dieser so genannte ITS-Bericht ist auf die medizinische Notfallhilfe (spoedeisende medi-sche hulpverlening, SMH) bei kleineren Unfällen bezogen, also auf ‘alltägliche´ medizi-nische Notfallsituationen. In dieser Folgestudie wird die medizinische Notfallhilfe (SMH)bei Großschadensereignissen und Katastrophen untersucht, sofern dabei von grenzüber-schreitender Hilfeleistung die Rede ist.

1.2 Fragestellung

In dieser Studie steht folgende Fragestellung im Mittelpunkt:

Wie ist die medizinische Notfallhilfe in behördlicher, operationeller, materiellerund juristischer Hinsicht bei Katastrophen in Belgien, Deutschland und den Nie-derlanden organisiert, welche Problempunkte treten bei einer wechselseitigenmedizinischen Notfallhilfe bei Unfällen und Katastrophen auf und welche Lö-sungsrichtlinien sind für die festgestellten Problembereiche denkbar?

Folgende Teilfragen werden unter anderem nach den verschiedenen Elementen in derFragestellung untergliedert im Mittelpunkte stehen:

Behördlich:A Welche Kriterien werden in den drei Ländern für die Definition des Begriffs

‘Katastrophe’ zugrunde gelegt?B Wie lauten die Kriterien für eine behördliche Zuständigkeitslagerung auf die

nächst höhere Ebene (bestuurlijke opschaling) im Katastrophenfalle und welchebehördliche Ebene spielt dabei eine Rolle?

C Welche behördliche Ebene ist unter welchen Umständen verantwortlich und wel-che Abteilungen sind auf nationaler/föderaler Ebene beteiligt?

1 B. Post und P. Stal, Grenzüberschreitende medizinische Notfallhilfe Belgien – Deutschland –Niederlande. Nijmegen (ITS) 2000.

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Operationell/materiellD Welche medizinischen Organisationen (welches Material) stehen in den drei Län-

dern im Rahmen des Katastrophenschutzes zur Verfügung, inwieweit unterschei-den sich diese Organisationen voneinander und in welcher Hinsicht sind sie mit-einander vergleichbar?

E Welches medizinische Personal steht in den drei Ländern im Rahmen der Katast-rophenbekämpfung zur Verfügung, inwieweit unterscheiden sie sich voneinanderund inwieweit gibt es Übereinstimmungen? Über welche Befugnisse verfügensie?

F Wie verlaufen die Befehlsstrukturen im Falle einer Zusammenarbeit?G Wie verläuft die Kommunikation mit den übrigen beteiligten Diensten (Polizei,

Feuerwehr)?H Wie verläuft die wechselseitige Kommunikation (sowohl gegenüber den Be-

hörden, der RAV-Meldestelle, Leitstelle, den HC100-Meldestellen und dieKommunikation zwischen den Einheiten untereinander)2?

I Wie werden die Aufgaben im Katastrophengebiet verteilt (liegen Szenarien vor,geschieht dies ad hoc)?

JuristischJ Welche bilateralen und sonstigen internationalen Verträge existieren in Bezug auf

die grenzüberschreitende medizinische Notfallhilfe bei Katastrophen? Was istdarin geregelt und was nicht?

K Welche Tätigkeiten können und dürfen medizinische Organisationen auf demGrundgebiet des Nachbarlandes im Rahmen der Katastrophenbekämpfung durch-führen?

L Gibt es Bestimmungen im Hinblick auf die Vergütung für medizinische Notfall-hilfe bei der Katastrophenbekämpfung?

1.3 Aus arbeitung der Fragestellung

Bei der Auswahl der beteiligten Länder wurden die Nachbarländer berücksichtigt, mitdenen die Niederlande ihre Landesgrenzen teilen: Belgien und Deutschland. Entlang die-ser Grenzen ist die Zusammenarbeit im Bereich der Katastrophenbekämpfung eine zwin-gende Notwendigkeit, da die Auswirkungen einer Katastrophe vor Landesgrenzen keinenHalt machen. Entlang der Grenze liegen verschiedene Standorte, die ein hohes Risiko-potenzial aufweisen wie beispielsweise das Atomkraftwerk Doel (Belgien), chemischeIndustriebetriebe im Ruhrgebiet und das Kernkraftwerk Lingen (Deutschland). Darüberhinaus ist die Grenze an mehreren Stellen als solche nicht mehr erkennbar, da sich städti-sche Ballungsräume und gewerbliche Aktivitäten über die Grenzen hinaus ausdehnen. 2 RAV-Leitstelle ist die neue Bezeichnung für den ehemaligen Centrale Post Ambulancevervoer(CPA) (Zentrale Meldestelle für Rettungstransporte der Niederlande

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Aus dem Blickwinkel der Zweckmäßigkeit ist eine Zusammenarbeit mit den Nachbarlän-dern geboten. So können Unterstützungskräfte aus dem Ausland wegen der kürzeren Ent-fernung häufig sehr viel schneller am Ort des Geschehens sein, als die Hilfsdienste ausden Nachbarregionen des Landes, in dem das Ereignis eingetreten ist. Darüber hinaussind in manchen Grenzregionen häufig hochwertige medizinische Einrichtungen vor-handen, auf die im Falle eines Großschadensereignisses mit zahlreichen Opfern zurück-gegriffen werden kann.Formal gesehen ist auch Großbritannien - aus der Perspektive der Katastrophenbekämp-fung - ein Nachbarland der Niederlande. Bei einem Schadensereignis auf See sind unterUmständen daher sowohl die Niederlande als auch Großbritannien an der Bekämpfungbeteiligt sind. In einem solchen Fall obliegt die Verantwortlichkeit dem niederländischenVerkehrsministerium, das seinerseits auf militärisches Mate rial zurückgreifen kann. Auf-grund des besonderen Charakters eines Unfalls auf See bleibt diese Thematik im Rahmendes vorliegenden Berichtes unberücksichtigt.Schließlich sei an dieser Stelle noch anzumerken, dass sich die Studie in erster Linie aufdie Traumabehandlung bezieht. Die Nachbehandlung von Opfern wie beispielsweise diepsychosoziale Betreuung und die Katastrophenpräventionsstrategie wurde in diese Studienicht mit einbezogen.

1.4 Untersuchungskonzept

Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde ein zweiteiliger Untersuchungsaufbau ge-wählt: auf der einen Seite steht die Literatur- und Quellenforschung, auf der anderen Seitestehen die Interviews mit Betroffenen.

Literatur- und QuellenforschungIm Hinblick auf die Organisation der medizinischen Notfallhilfe (SMH) in den drei ge-nannten Ländern wurden vor allem relevante Literaturquellen in Form von Planungs-noten, Gesetzestexten, bilateralen und internationalen Verträgen, Hintergrundstudien, Be-richten, Lehrmaterialien usw. ausgewertet. Eine Übersicht der verwendeten Literatur istin der Anlage beigefügt. Bei einem Verweis auf bestimmte Gesetzestexte ist der entspre-chende Text in den Fußnoten angegeben.

InterviewsAnhand der aus der Literatur- und Quellenforschung gewonnenen Materialien wurde eineThemenliste erstellt, die vom Untersuchungsleiter als Leitfaden in einem persönlichenGespräch mit den Respondenten benutzt wurde. Die Interviews wurden anhand themen-strukturierter Fragebögen geführt. Dieses Verfahren bietet - neben der Uniformität auf-grund übereinstimmender thematischer Fragen gegenüber jedem einzelnen Respondenten- den befragten Personen selbst die Möglichkeit, auch die persönliche Sichtweise zurSprache zu bringen. In der Anlage ist eine Liste der befragten Personen zu finden.

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1.5 Aufbau des Berichts

Das zweite Kapitel des vorliegenden Berichtes beschreibt die Organisation des Katastro-phenschutzes in den drei Ländern, wobei der Schwerpunkt auf den behördlichen Ver-antwortungsbereichen aus medizinischer Perspektive liegt. In Kapitel drei wird der opera-tionelle Einsatz der verfügbaren medizinischen Dienste beschrieben. Aus der Beschrei-bung der verschiedenen Systeme geht eine Reihe von Unterschieden hervor, die mög-licherweise zu Konflikten bei der Zusammenarbeit führen können. Diese Problempunktewerden in Kapitel 4 besprochen, wobei gleichzeitig mögliche Lösungsansätze vorgestelltwerden.Schließlich ist anzumerken, dass diese Studie als Fortführung des Berichts Grenzüber-schreitende medizinische Notfallhilfe Belgien-Deutschland-Niederlande (siehe Fußnote 1)verstanden werden kann. Um Wiederholungen zu vermeiden, werden zahlreiche Faktenaus diesem Bericht als bekannt vorausgesetzt. Aus Gründen einer guten Lesbarkeit desvorliegenden Berichts jedoch lassen sich Wiederholungen in einigen Fällen jedoch nichtganz vermeiden, umso mehr als dass die medizinische Notfallhilfe selbstverständlichauch ein Bestandteil der medizinischen Notfallhilfe bei Katastrophen ist.

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2 Öffentliche Verwaltung

2.1 Einführung

In diesem Kapitel wird eine skizzenhafte Charakterisierung der zuständigen Verwaltungs-organisation in den drei Ländern in Bezug auf die medizinische Notfallhilfe bei Katastro-phen vorgenommen. Dabei soll zunächst auf die unterschiedliche Interpretation des Be-griffs Katastrophe in den einzelnen Ländern eingegangen werden. Anschließend folgteine Beschreibung der einzelnen behördlichen Ebenen, die im Rahmen des Katastrophen-schutzes eine Rolle spielen. Schließlich wird ein Vergleich der einzelnen Verwaltungs-ebenen aufgestellt, die bei der Zuständigkeitsverteilung eine Rolle spie len.

2.2 Belgien

2.2.1 Katastrophen

Formal werden in Belgien drei Katastrophenarten klassifiziert. Von einem Unglücks-ereignis ist bei Katastrophen die Rede, die natürlichen Ursprungs sind3. Beispiele hierfürsind Überschwemmungen, schwere Stürme und Erdbeben. Bei Unfällen, die auf mensch-liches Handeln zurückzuführen sind und die mit einem Verlust zahlreicher Menschen-leben sowie beträchtlichen materiellen Schäden einher gehen, wird der Begriff Kata-strophe verwendet. So werden ein Zug- oder Flugzeugunglück, Seuchen und Umwelt-schäden als Katastrophe klassifiziert. Und dann wäre da noch die dritte Kategorie zu nen-nen, die so genannten Schadensfälle , bei denen der Einsatz von Spezialgerät erforderlichist, zum Beispiel bei Explosionen, Einstürzen, Erdeinbrüchen oder –verschiebungen.Belgien besitzt keine spezielle Gesetzgebung im Hinblick auf die genannten KategorienUnglücksereignisse, Katastrophen oder Schadensfälle. Im Katastrophenfall kommt dasZivilschutzgesetz (Wet Civiele Bescherming) zur Anwendung.

2.2.2 Behördliche Verantwortlichkeit und Zuständigkeitsverteilung

VerwaltungAuf Verwaltungsebene spie len in den flämischen Provinzen drei Verwaltungsebenen beider Katastrophenbekämpfung eine Rolle. So ist die Gemeinde für die Ausarbeitung eineskommunalen Katastrophenplans zuständig und im Katastrophenfall erstverantwortliche

3 Königlicher Beschluss vom 23. Juni 1971 bezüglich der Organisation der Aufgaben von Zivil-schutz und der Koordination der Abläufe bei Unglücksereignissen, Katastrophen und Schadens-fällen.

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Instanz hinsichtlich der Bereitstellung der notwendigen Hilfsdienste4. Die Aufgabe derProvinz besteht darin, zu überprüfen, ob die kommunalen an die provinzialen Katastro-phenschutzpläne in schlüssiger Form anknüpfen. Das belgische Innenministerium gibtschließlich Bestimmungen heraus, denen die provinzialen und kommunalen Katastro-phenschutzpläne zu genügen haben.Die medizinische Notfallhilfe bei Unfällen und Katastrophen einschließlich des perso-nellen und materiellen Einsatzes fällt unter die Zuständigkeit des föderalen Ministeriumsfür Soziales, Gesundheit und Umwelt (Ministerie van Sociale Zaken, Volksgezondheid enLeefmilieu).

Behördliche ZuständigkeitsverteilungDie Zuständigkeitsverteilung zeigt einen vergleichbaren strukturellen Aufbau. In ersterLinie ist der Bürgermeister der be troffenen Gemeinde, in der ein Ereignis eintritt, für dieKatastrophenbekämpfung verantwortlich. Wenn die Katastrophe einen über die Ge-meindegrenzen hinaus reichenden Charakter besitzt oder die verfügbaren Mittel in derGemeinde unzureichend sind und somit Hilfe von außerhalb herangezogen werden muss,wird die Zuständigkeit auf die nächst höhere Ebene, die des Provinzgouverneurs, ver-lagert. In diesem Fall ersucht der Bürgermeister der betreffenden Gemeinde den Gouver-neur um die Verlagerung der Zuständigkeit für das Schadensereignis auf Provinzebene.Der Gouverneur kann diesem Ersuchen stattgeben, er kann es aber auch zurückweisen,falls er selbst keine Veranlassung für die Verlagerung der Zuständigkeit sieht. Bei Katast-rophen mit einem überprovinzialen Charakter wird die Zuständigkeit nochmals verlagertund erreicht damit die Ebene des Innenministeriums. In dem Fall liegt ein entsprechendesGesuch des Gouverneurs zugrunde.In Belgien werden folgende Phasen unterschieden:1 Begrenzter Einsatz und Koordination durch die Feuerwehr.2 Verstärkungsphase und Koordination auf Gemeindeebene durch den Bürgermeis-

ter. Das Ersuchen, um die Zuständigkeit auf die zweite Ebene zu verlagern, wirdvom Feuerwehrkommandanten an den Bürgermeister herangetragen. Der Bürger-meister kann dieses Ersuchen billigen oder ablehnen. Diesbezüglich sind keineklar umschriebenen Kriterien festgelegt.

3 Koordination durch den Gouverneur der Provinz, wenn sich das Katastrophen-ereignis über die Gemeindegrenzen hinaus erstreckt oder Hilfe von außerhalb derGemeinde in Anspruch genommen werden muss. Das Ersuchen, um zur drittenPhase überzugehen, wird vom Bürgermeister an den Gouverneur herangetragen.Auch hier gilt, dass der Gouverneur dieses Ersuchen billigen oder verweigernkann. Im Rahmen der Katastrophenbekämpfung steht dem Gouverneur außerdemein Koordinationsausschuss zur Seite.

4 Rundschreiben vom 11. Juli 1990 im Zusammenhang mit Katastrophenschutzplänen für dieHilfsdienste. Ausführung des Ge setzes vom 21. Januar 1987 bezüglich der Risiken schwerer Un-fälle bei bestimmten industriellen Produktionsabläufen.

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4 Koordination durch den Innenminister. Erstreckt sich das Katastrophenereignisüber mehrere Provinzen oder ist der Einsatz von Hilfsdiensten mehrerer Pro-vinzen erforderlich, kann der Gouverneur mit dem Ersuchen an den Innenministerherantreten, auf Phase 4 überzugehen. Die Koordination findet nun auf nationalerEbene statt. Eine Anfrage im Hinblick auf Unterstützung aus dem Ausland kannim Prinzip ausschließlich vom Innenminister veranlasst werden.

Die verantwortlichen Behördenvertreter werden von einem Koordinationsausschuss un-terstützt, der dem Bürgermeister oder Gouverneur bei der Bewertung der Katastrophen-lage, dem Einsatz der benötigten Hilfsmittel und der Wahl der Methoden zur Seite steht.Im Koordinationsausschuss sind bis zu fünf Disziplinen vertreten: Feuerwehr, medizi-nische und rettungsdienstliche Notfallhilfe, Polizei/Rijkswacht, logistische Unterstüt-zungsdienste und Informationsdienste gegenüber der Bevölkerung.

2.3 Deutschland

2.3.1 Katastrophen

In Deutschland werden bei der Katastrophenbekämpfung zwei Begriffe verwendet. Hierunterscheidet man zwischen einem Großschadensereignis und einer Katastrophe. DieKriterien für ein Großschadensereignis sind nicht exakt definiert. Es handelt sich um einschweres Unfallereignis mit zahlreichen Opfern oder ansehnlichem materiellen Schaden.Der Unfall kann jedoch durch den Einsatz von örtlichem oder regionalem Personal undMaterial innerhalb einer absehbaren Zeitspanne unter Kontrolle gebracht werden.

Der Begriff Katastrophe ist sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in Niedersachsengenau definiert. In Niedersachsen handelt es sich um einen “Notstand, bei dem Leben,Gesundheit, die lebenswichtige Versorgung der Bevölkerung, die Umwelt oder erheblicheSachwerte in einem solchen Maße gefährdet oder beeinträchtigt sind, dass seine Bekämp-fung durch die zuständigen Behörden und die notwendigen Einsatz- und Hilfskräfte einezentrale Leitung erfordert. ”5. In Nordrhein-Westfalen wird eine vergleichbare Definitionverwendet, wobei die Zusammenarbeit der verschiedenen Hilfskräfte und eine zentraleLeitung auch hier das entscheidende Kriterium für die Definition des Katastrophenbe-griffs sind. 6

2.3.2 Behördliche Verantwortlichkeit und Zuständigkeitsverteilung

PlanungBis in den neunziger Jahren war der Katastrophenschutz in der Bundesrepublik in ersterLinie auf Bundesebene in Form des Zivilschutzes organisiert. Nach dem Fall der Mauer,

5 Niedersächsisches Katastrophenschutzgesetz (NKatSG), Par. 1, Art.1.6 Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleis tung (FSHG), Par. 1, Art. 1 und 3.

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der Angliederung der ehemaligen DDR an die Bundesrepublik und dem Wegfall der Be-drohung aus dem Osten wurde das Bundesamt für Zivilschutz im Jahr 1999 aufgelöst undder Bereich des Katastrophenschutzes den Ländern übertragen. Im Lichte der jüngstenEntwicklungen nach dem Anschlag auf das World Trade Center in New York wird dieserSchritt jedoch wieder in Frage gestellt.

Behördliche VerantwortlichkeitIm Hinblick auf Vorbereitung und Organisation der Katastrophenbekämpfung spie len inDeutschland drei staatliche Ebenen eine Rolle. Die Bundesländer sind für die Gesetz-gebung im Rahmen der Katastrophenbekämpfung7 verantwortlich, während die operativeKatastrophenbekämpfung Sache der Kreise, Kreisfreien Städte und der Gemeinden ist8.

Behördliche ZuständigkeitsverteilungBei Eintreten eines Unfallereignisses sind in erster Linie die Gemeinden für die Bekämp-fung der Folgen des Unfalls verantwortlich. Verfügt die Gemeinde nicht über ausrei-chende personelle und materielle Ressourcen zur Kontrolle des Unfalls und wird aus an-deren Gemeinden Hilfe angefordert, tritt nach dem Gesetz der Katastrophenfall ein. Dieweitere Koordination geht dann automatisch auf die Kreisebene über. Auf Kreisebenewird der weitere Ablauf von einer Leitungs- und Koordinierungsgruppe (LuK) koordi-niert, in der die verschiedenen Hilfsdienste vertreten sind.Die Organisation des Katastrophenschutzes hängt von der Größe der Gemeinde ab. ImKreis Borken, der an die niederländische Region Achterhoek angrenzt, liegen unter ande-rem die Gemeinde Ramsdorf mit 7.000 Einwohnern sowie die Gemeinde Bocholt mit80.000 Einwohnern. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Größenordnung unter-scheiden sich auch die verfügbaren Materialien je Gemeinde. Die Gemeinde Ramsdorfwird im Ernstfall aufgrund mangelnder Ausstattung eher Hilfe von außerhalb anfordernals dies bei der Gemeinde Bocholt der Fall ist. Da die Anforderung von Hilfsleistungenvon außerhalb der Gemeinde jedoch das entscheidende Kriterium für die Definition einerKatastrophe darstellt, tritt ein solcher, auf Kreisebene koordinierter Katastrophenfall inRamsdorf im Vergleich zu Bocholt wesentlich schneller ein.Hat die Katastrophe ein solches Ausmaß erreicht, dass auch der Kreis über nicht genü-gende personelle und materielle Mittel verfügt und Unterstützung aus angrenzenden Krei-sen angefordert werden muss, wird die Koordination auf den Regierungsbezirk über-tragen. Damit ist der Bezirk in die Katastrophenbekämpfung involviert. Dem Bezirk ob-liegt dabei die Aufgabe der Überwachung der einzelnen die Katastrophenbekämpfungs-pläne (Gefahrenabwehrplan) in den verschiedenen Kreisen, die Organisation der Katast-rophenbekämpfung und die Ausbildung der beteiligten Personen.Hat die Katastrophe ein Ausmaß erreicht, die den Einsatz an personellen Kräften undmateriellen Mitteln aus mehreren Bezirken erforderlich macht, wird die Zuständigkeit

7 Laut Artikel 30 und 70 des Grundgesetzes der Bundes republik Deutschland..8 NKatSG (Niedersachsen) und FSHG (Nordrhein-Westfalen).

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letztlich auf die Ebene des Bundeslandes verlagert. Der Innenminister des betreffendenBundeslandes ist formal gesehen der einzige, der ein an das Ausland gerichtetes Hilfe-ersuchen abgeben kann.

2.4 Niederlande

2.4.1 Katastrophen

In den Niederlanden werden Katastrophen laut Katastrophengesetz und schwere Unfällewie folgt definiert: Bei einer Katastrophe handelt es sich um ein Ereignis,1. durch das die öffentliche Sicherheit in gravierender Weise beeinträchtigt wird, wobeiLeben und Gesundheit zahlreicher Personen oder große materielle Interessen in ernst-hafter Weise gefährdet oder geschädigt werden, und2. das den koordinierten Einsatz von Hilfsdiensten und Organisationen unterschiedlicherDisziplinen erfordert, um die Gefahr abzuwenden und das Ausmaß der Folgeschäden9.Die niederländische Umschreibung einer Katastrophe entspricht somit nahezu der Defini-tion, die auch in Deutschland verwendet wird.

2.4.2 Behördliche Verantwortlichkeit und Zuständigkeitsverteilung

PlanungIn den Niederlanden war die medizinische Notfallhilfe bei Unfällen und Katastrophen(GHOR) in den vergangenen Jahren Gegenstand einer durchgreifenden Reorganisation.Anlass hierfür stellten zwei Berichte der Inspektion für das Gesundheitswesen und derInspektion Feuerwehr und Katastrophenbekämpfung aus dem Jahr 1995 dar. Aus diesenBerichten ging hervor, dass die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen medizi-nischen Hilfsdiensten gravie rende Mängel aufwies. Bis in die neunziger Jahre wurden inden Niederlanden zwei verschiedene Arten der medizinischen Notfallhilfe unterschieden.Die ‘normale’ Notfallhilfe bei Unfällen wurde in Form der medizinischen Notfallhilfe(SMH) gewährleistet. Bei größeren Unfällen und Katastrophen wurde die medizinischeNotfallhilfe von der medizinischen Ersthilfe bei Katastrophen (GHOR) übernommen.In der Note „Met zorg verbonden“ (Pflicht zur Sorge)10 wurde, unter anderem durch kriti-sche Stimmen bedingt, eine neue Form der medizinischen Notfallhilfe aufgeworfen. Zuden wichtigsten Zielen der Regorganisation zählten dabei in erster Linie eine nahtlose Zu-ständigkeitsverlagerung von der medizinischen Notfallhilfe zur medizinischen Notfall-hilfe bei Katastrophen sowie eine verbesserte Kommunikation der beteiligten medizi-nischen Dienste.

9 Wet katastrophen en zware ongevallen (Ge setz Katastrophen und schwere Unfälle, 30. Januar1985), Art. 1.10 Zweite Kammer des Parlaments, 1996-1997, 25 387, Nr. 1 und 2

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Im Zuge dieser Reorganisation das Grundgebiet der Niederlande derzeit im Hinblick aufdie medizinische Notfallhilfe bei Unfällen und Katastrophen (GHOR) in mehrere Regio-nen unterteilt. SMH und GHOR werden dabei faktisch zusammengelegt. Gleichzeitigwird die Kooperation zwischen den beteiligten Instanzen verbessert, so dass im Fallegrößerer Unfälle oder Katastrophen eine problemlose Zuständigkeitsverteilung auf dienächst höhere Ebene stattfinden kann.

VerwaltungAuf lokaler Ebene sind die Gemeinden für die GHOR-Organisation zuständig, da meh-rere Gemeinden auf der Grundlage einer gemeinsamen Regelung eine so genannteGHOR-Region bilden. Des Weiteren sind die Gemeinden für die Aufstellung eines Ka-tastrophenplans sowie eines Katastrophenbekämpfungsplans für das gesamte Gemeinde-gebiet verantwortlich11

Auf regionaler Ebene spie len die Provinzen eine wichtige Rolle, da sie die Verantwortungfür die Festlegung der Regionalen Sanitätsdienstpläne (Regionale Ambulanceplannen,RAP)12 tragen. Daneben fällt den Provinzen die Aufgabe zu, einen provinzialen Ko-ordinationsplan aufzustellen13.Auf nationaler Ebene sind zwei Ministerien an der GHOR beteiligt. Das Ministerium fürInneres und Angelegenheiten des Königreichs (BZK) zeichnet für die Organisation derKatastrophenbekämpfung, das Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Sport (VWS)ist für die Qualität der medizinischen Hilfe verantwortlich.

Behördliche ZuständigkeitsverteilungDie behördliche Zuständigkeitsverteilung zeigt prinzipiell eine wie oben umschriebeneAusrichtung. Im Falle einer Katastrophe innerhalb der Gemeindegrenzen trägt der Bür-germeister der betreffenden Gemeinde die Hauptverantwortung für die Bekämpfung desKatastrophenereignisses. Ihm steht der Katastrophenstab der Gemeinde zur Seite, in demmindestens drei Hilfsdienste (Polizei, Feuerwehr und medizinische Notfallhilfe) vertretensind.Ereignet sich eine Katastrophe, die die Grenzen der Gemeinde überschreitet, können diebetroffenen Gemeinden bei der Katastrophenbekämpfung zusammenarbeiten. Im Katast-rophenstab sind in dem Fall Vertreter aus den verschiedenen Gemeinden präsent, unterdem Vorsitz eines Bürgermeisters, der die Aufgabe des Koordinators übernimmt. In derPraxis ist das immer der Bürgermeister der Gemeinde, in der sich die Katastrophe er-eignet.Wird die Zuständigkeit auf die folgende Ebene verlagert, kann der Bürgermeister denKommissar der Königin der betreffenden Provinz um Hilfe ersuchen. Der Kommissarkann daraufhin die operative Leitung bei der Katastrophenbekämpfung übernehmen, un-

11 Gesetz Katastrophen und schwere Unfälle, Par. 2, Art. 3.; Par. 3, Art. 7.12 In der näheren Zukunft wird die Provinz keine Rolle mehr spielen. Die RAP’s werden dann zu-künftig von den Ge sundheitsdiensten, Versicherern und dem Ge sundheitsminis terium festgelegt.13 Ebd. Par. 4, Art.10.

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terstützt von einem Katastrophenstab der Provinz14. Hat das Ereignis eine solche Größen-ordnung, dass die Unterstützung überregionaler staatlicher Hilfsdienste geboten erscheint,kann der Kommissar ein entsprechendes Ersuchen an den Innenminister richten. In den anDeutschland grenzenden Provinzen kann der Kommissar sein Gesuch um Unterstützungbei Bedarf auch an den Landesinnenminister des betreffenden Bundeslandes richten(Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen). In allen anderen Fällen ist der Innenministerdie einzig zuständige Instanz, die ein Beihilfeersuchen an das Ausland stellen kann15.

GHOR und RAVDie Niederlande nehmen gegenüber Belgien und Deutschland eine Ausnahmepositionein, da man hier über eine gesonderte Lenkungsstruktur im Hinblick auf die medizinischeNotfallhilfe bei Katastrophen und Unfällen verfügt. Die Lenkung einer GHOR-Regionverfügt jedoch lediglich über eine ‘virtuelle’ Organisation. Wenn im Katastrophenfall ge-handelt werden muss, verfügt die GHOR über Dienste aus anderen Organisationen wiebeispielsweise Mediziner und ehrenamtliche Helfer, die so genannten Kettenpartner.Analog zu den Feuerwehr- und Polizeiregionen sind die Niederlande in eine Reihe vonGebieten für die medizinische Notfallhilfe bei Unfällen und Katastrophen aufgeteilt. Die-se so genannten GHOR-Regionen entsprechen den derzeitigen Polizeiregionen, eineStruktur, die mit dem Inkrafttreten des GHOR-Gesetzes (WGHOR) Gestalt erhält. EineGHOR-Region ist ein Zusammenschluss verschiedener Gemeinden in Form einer Ge-meinschaftsregelung, gelenkt von einer GHOR-Leitung. Jede GHOR-Leitung beschäftigteinen so genannten Regionalen Beauftragen für Medizinische Hilfe (Regionaal Ge-neeskundig Functionaris RGF). Der RGF ist innerhalb der GHOR-Region für die Umset-zung der ausgearbeiteten Planung verantwortlich und besitzt im Katastrophenfall eine be-ratende Funktion im Katastrophenstab der Gemeinde. Damit lässt sich die Rolle des RGFmit derjenigen eines Feuerwehrkommandanten und eines Korpsleiters der Polizei verglei-chen.

Die Sanitätsdienste innerhalb der einzelnen GHOR-Regionen fallen unter die Verantwor-tung der Regionalen Rettungsdienste (Regionale Ambulancevoorziening, RAV). DieRegionen, innerhalb derer die Regionalen Rettungsdienste (RAV) ihre Rettungstransportedurchführen, kommen im Prinzip mit den GHOR-Regionen überein. Die RAV umfassendie Organisation der Rettungsdienstzentrale und der betreffenden Rettungsdienste. DieRAV übernehmen ferner die Budgetverwaltung für die Rettungsdienste in ihrer Regionund sind für den gesamten Betriebsablauf zuständig. Des Weiteren sind die RAV für dieRegionalen Rettungsdienstpläne verantwortlich.

14 Gesetz Katastrophen und schwere Unfälle, Par. 4, Art. 12.15 Vertrag zwischen dem Königreich der Niederlande und der Bundesrepublik Deutschland überdie gegenseitige Hilfeleis tung bei der Bekämpfung von Katastrophen, wozu auch schwere Unfällegehören, Art. 3.

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2.5 Vergleich

2.5.1 Übereinstimmungen

Begriffsbestimmung KatastropheDie Definition des Begriffs Katastrophe zeigt in den drei untersuchten Ländern eine star-ke Übereinstimmung. Bei der Definition stellt in allen Fällen die Tatsache, dass ein Hilfs-einsatz aus benachbarten Regionen angefordert wird und die Bekämpfung eine zentraleKoordination erfordert, einen wesentlichen Bestandteil dar.

ZuständigkeitsverteilungAuch die Kriterien der Zuständigkeitsverteilung und der Verlagerung auf die nächst höhe-ren Ebenen sowie die Art und Weise, wie eine solche stattfindet, zeigen deutliche Über-einstimmungen. Das wichtigste Kriterium für die Zuständigkeitsverteilung in den dreiLändern ist dann gegeben, wenn das Ereignis eine materielle und personelle Unterstüt-zung aus den benachbarten Verwaltungsregionen erforderlich macht. Die Koordinationwird im Hinblick auf die Zuständigkeitsverteilung in dem Fall auf eine höhere Verwal-tungsebene verlagert. Nachstehendes Schema verdeutlich die einzelnen Verwaltungs-ebenen und Planungsverantwortlichkeiten.

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Abbildung 2.1; Ereignisart, Verwaltungsebene und behördliche Verantwortlichkeiten inBelgien, Deutschland und den Niederlanden.

Belgien Deutschland NiederlandeEreignisart Verwaltungs-

ebeneBehördlichverantw.

Verwaltungs-ebene

BehördlichVerantw.

Verwaltungs-ebene

BehördlichVerantw.

Unfall OperationelleDienste

OperationelleDienste

OperationelleDienste

Katastrophe Gemeinde Bürgermeister(Phase 2)

Kreis Katastrophen-schutzbehörde(KSB) desKreises

Gemeinde Bürgermeister

KatastropheüberregionalerGrößenordnung

Provinz

Föderale Ebene

Gouverneur(Phase 3)

Innenminister(Phase 4)

Bezirks-regierung

Landes-regierung

KSB des Be-zirks

Innen-ministerium desLandes

Betroffene Ge-meinden

Provinz

Staat

Koordinie-render Bürger-meister

Kommissar derKönigin16

Innenminister

Interne AusrichtungIn allen drei Ländern sind die Verfahren für die Zuständigkeitsverlagerung in erster Linienational und hierarchisch ausgerichtet. Bei der Zuständigkeitsverteilung wird ein an dasAusland gerichtetes Hilfeersuchen auf einer der niedrigeren Verwaltungsebenen nahezunicht berücksichtigt. Erst im letzten Stadium der Zuständigkeitsverteilung, wenn die Ka-tastrophe einen nationalen Stellenwert besitzt, kann ein solches Ersuchen auf ministe-rieller Ebene gestellt werden.

KoordinationIn allen drei beschriebenen Ländern existiert eine Art Ausschuss, bestehend aus einerExpertengruppe, die dem verantwortlichen Funktionsträger hinsichtlich einer effektivenKatastrophenbekämpfung beratend zur Seite steht. In Belgien ist dies der Koordinations-ausschuss der Gemeinde oder Provinz; in Deutschland die Leitungs- und Koordinierungs-gruppe auf Kreis-, Bezirks- und Landesniveau und in den Niederlanden der Katastrophen-stab der Gemeinde oder Provinz. In diesen Beratungsgremien sind mindestens drei derbeteiligten Hilfsdienste vertreten (Polizei, Feuerwehr und medizinische Notfallhilfe).

16 Formal gesehen besitzt der Kommissar der Königin die Befugnis, die Koordination bei einerKatastrophe zu übernehmen. In der Praxis kommt dies jedoch nahezu nicht vor. In den meis tenFällen ist der Bürgermeis ter der Gemeinde, in der sich die Katastrophe ereignet, für die Koordina-tion der Hilfsdienste verantwortlich.

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2.5.2 Unterschie de

Deutschland: VerwaltungsebenenEiner der wichtigsten Unterschiede betrifft die Einteilung in Verwaltungsebenen. InDeutschland spielt die Gemeinde bei der Katastrophenbekämpfung so gut wie keine Rol-le. Ein Unfall auf Gemeindeebene wird von den operationellen Einsatzkräften bekämpft.Wenn der Unfall den materiellen und personellen Einsatz von außerhalb der Gemeindeerforderlich macht, geht die Zuständigkeit unmittelbar auf die Kreisebene über. Ein Kreisjedoch stellt eine in Belgien und den Niederlanden unbekannte Verwaltungsebene dar. Erkann im Hinblick auf die Größenordnung mit einem Zusammenschluss niederländischerGemeinden in Form einer gemeinsamen Regelung verglichen werden, ein Kreis besitztjedoch weiter reichende verwaltungsbezogene Befugnisse als eine solche Gemeinschafts-regelung auf Gemeindeebene.Der Bezirk ist ebenfalls eine Verwaltungsebene, die in Belgien und den Niederlanden un-bekannt ist. Hierbei handelt es sich um ein zwischen Kreis und Land angesiedeltes ver-waltungstechnisches Niveau. Der Bezirk ist eine Verwaltungsebene ohne gewählte Ver-tretung.

Niederlande: Zusammenschluss der GemeindenEin weiterer Unterschied besteht darin, dass die Gemeinden in den Niederlanden im Falleeiner die Gemeindegrenzen überschreitenden Katastrophe eine Arbeitsgemeinschaft bil-den, die unter dem Vorsitz eines Bürgermeisters steht. Eine vergleichbare Organisationexistiert weder in Belgien noch in Deutschland. In Belgien wird die Zuständigkeit un-mittelbar auf die Provinzebene verlagert, wobei der Gouverneur als Koordinator auftritt.In Deutschland wird die Bezirksebene eingeschaltet, wenn das Katastrophenereignis denpersonellen und materiellen Einsatz aus mehreren Kreisen erfordert.

Deutschland: BundesländerDer letzte wichtige Unterschied hängt mit der föderalen staatlichen Struktur der Bundes-republik Deutschland zusammen. Die einzelnen Bundesländer besitzen weit reichendeBefugnisse bei der Katastrophenbekämpfung, und im Prinzip stellt die Länderebene dashöchste Zuständigkeitsniveau dar. Belgien ist zwar ebenfalls ein Föderalstaat, die Zustän-digkeit wird bei Großkatastrophen, die die Kapazität der Provinzen überschreiten, jedochauf die föderale Ebene verlagert.

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3 Medizinische Hilfe bei der Katastrophenbekämpfung

3.1 EinführungIn diesem Kapitel werden zunächst kurz die operationellen Einheiten beschrieben, die injedem Land für die medizinische Katastrophenbekämpfung zur Verfügung stehen. Demschließt sich eine kurze Darstellung der Art und Weise an, wie die medizinische Notfall-hilfe organisiert ist. Schließlich werden die unterschiedlichen medizinischen Dienste dereinzelnen Länder beschrieben, die bei der Katastrophenbekämpfung eine Rolle spie len.Am Ende dieses Kapitels werden noch einmal die wichtigsten Übereinstimmungen undUnterschiede kurz zusammengefasst.Ziel dieser Darstellung ist es, für jedes einzelne Land und in jedem Abschnitt dieselbenThemen zu behandeln.

3.2 Belgien

3.2.1 Operationelle Einheiten bei der medizinischen Notfallhilfe im Katastrophenfall

100-MeldestelleUnfälle können bei der Leitstelle der Sanitätsdienste gemeldet werden: Meldestelle(Hulpcentrale) 100 (HC-100). Der Name der Meldestelle leitet sich von der Notruf-nummer der belgischen Feuerwehr ab: Telefonnummer 100. Die 100-Meldestelle fungiertals Leitstelle sowohl für die Feuerwehr als auch Rettungsfahrzeuge sowie die mobile Not-arztgruppe (Mobiele Urgentie Groep, MUG). Die Polizei betreibt eine eigene Notrufzen-trale mit einer eigenen Notrufnummer. Wird in Belgien der europäische Notruf 1-1-2 ge-wählt, wird der Anrufer automatisch an die 100-Meldestelle weitergeleitet. Darüber hin-aus fungiert die Leitstelle als Koordinationsstelle für die Unterstützung bei Unfällen undKatastrophen, sie bestimmt die Art der eingesetzten Hilfsdienste und informiert die Kran-kenhäuser, in denen Verletzte untergebracht werden.Die 100-Meldestellen verfügen über ein automatisiertes System, das je nach Unfallort dienächstgelegene Sanitätsdienststelle sowie das nächstgelegene Krankenhaus mit anerkann-ter Notambulanz anzeigt. Bei der normalen medizinischen Notfallhilfe sind die Rettungs-dienste verpflichtet, den Patienten in das nächstgelegene 100-Krankenhaus zu bringen.

Tritt bei Unfällen der medizinische Einsatzplan (Medisch Interventieplan, MIP) in Kraft,gilt die Regel der Aufnahme des Patienten im nächstgelegenen 100-Krankenhaus hin-gegen nicht. Erfahrungsbedingt verteilt man die Verwundeten sogar über etwas weiter ge-legene Kliniken, da sich gezeigt hat, dass Opfer, die noch mobil sind, häufig aus eigenerKraft das nächstgelegene Krankenhaus aufsuchen. Um dieses Krankenhaus nicht zu starkzu belasten, werden die mit Rettungswagen transportierten Opfer häufig in andere Klini-ken gebracht.

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Die Rettungsfahrzeuge werden anhand einer strikten Einsatzreihenfolge eingesetzt. Aus-schlaggebend ist, welche Sanitätsdienststelle dem Unfallort am nächsten ist. Die Reihen-folge ist für jede belgische 100-Meldestelle ausdrücklich festgelegt. Ereignet sich bei-spielsweise in Ort A ein Unfall, hat zunächst der in Ort A stationierte Rettungswagen aus-zurücken. Ist dieser besetzt, folgt der Rettungswagen in Ort B. Ist auch dieser belegt, folgtOrt C und so weiter. Von dieser festen Einsatzreihenfolge darf nur nach Zustimmung desMinisters für Sozia les, Gesundheit und Umwelt abgewichen werden.

RettungsdiensteIn Belgien können Rettungsdienste, ähnlich wie in den Niederlanden, in privaten Unter-nehmensformen organisiert werden. Sanitätsdienste, die vom föderalen Ministerium fürSoziales, Gesundheit und Umwelt anerkannt werden möchten, müssen jedoch entspre-chende Vorschriften erfüllen17.Im Gegensatz zu ihren niederländischen Kollegen warten die belgischen Rettungsfahr-zeuge an einer Rettungswache auf ihren Einsatzaufruf. Bei einem Unglücksereignis wirdder Rettungswagen über die Zentrale angefunkt. Die medizinische Versorgung auf derEbene der ersten Hilfe (Basic Life Support) wird vom Rettungswagenpersonal über-nommen. In der Regel ist ein Rettungsfahrzeug mit zwei Personen besetzt, einem Fahrerund einem Sanitäter. Der Sanitäter ist entweder ein ausgebildeter Krankenpfleger oder einehrenamtlicher Mitarbeiter. Etwa die Hälfte der belgischen Sanitäter arbeitet auf derGrundlage einer ehrenamtlichen Funktion (Pohl-Meuthen 1999: 21). Das Personal derRettungswagen, d.h. die Sanitäter, muss im Besitz der einer entsprechenden Erste Hilfe-Ausbildung auf der Ebene des Basic Life Support sein 18.

Mobile Notarztgruppe (Mobiele Urgentie Groep, MUG)Darüber hinaus gibt es in Belgien eine mobile Notarztgruppe (Mobiele Urgentie Groep,MUG). Bei MUG-Einsätzen ist neben einem Intensiv- und Notambulanz-Sanitäter immerauch ein in Notfallmedizin ausgebildeter Rettungsarzt anwesend19. MUGs kommen zumEinsatz, wenn unmittelbare Hilfeleistungen auf dem Niveau des Advanced Life Support

17 Bezüglich der Ausrüstung von Krankenwagen gibt es keine gesetzlichen Vorschriften. Um eine Identifika-tion innerhalb des 100-Systems zu ermöglichen, müssen Sanitätsfahrzeuge jedoch sehr wohl bestimmten Vor-schriften genügen, die vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Umwelt festgesetzt werden.

18Königlicher Beschluss vom 13. Februar 1998 bezüglich der Aus- und Weiterbildungskriterien für Rettungs-sanitäter.Königlicher Beschluss vom 19. März 1998 zur Änderung des Königlichen Beschlusses vom 13. Februar 1998bezüglich der Aus- und Weiterbildungskriterien für Rettungssanitäter.

19Königlicher Beschluss vom 10. August 1998 über die Festlegung von Programmkriterien, die für die Funk-tion im Rahmen der mobilen Notarztgruppe gelten.Königlicher Beschluss vom 10. August 1998 über die Festlegung der Normen, denen eine Funktion im Rah-men der mobilen Notarztgruppe (MUG) im Sinne einer Anerkennung zu entsprechen hat.

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am Unglücksort erforderlich sind. MUG’s werden ergänzend zum Rettungswagen einge-setzt und erscheinen mit einem PKW am Unfallort.Bei größeren Unfällen oder Katastrophen kümmert sich das MUG-Team um die (weitere)Organisation der Hilfsleistungen. Die Mitglieder des Teams stellen Diagnosen, legenTherapieformen fest und setzen Prioritäten (Triage). Außerdem legen sie fest, in welchesKrankenhaus die Verletzten zu überbringen sind. In Brügge verfügt das MUG über einenHubschrauber des Instituts für medizinische Notfallhilfe (Instituut voor Medische Drin-gende Hulpverlening).

Rotes KreuzBei einer Großkatastrophe können unter Umständen auch ehrenamtliche Mitarbeiter desRoten Kreuzes zum Einsatz kommen. Zu den Aufgaben des Roten Kreuzes am Einsatzortgehören unter anderem logistischer Unterstützungstätigkeiten, Rettungsdienstleistungenund der Einsatz medizinischer Hilfsdienste wie Krankentransporte und Sanitäter. RoteKreuz-Sanitäter unterscheiden sich von den regulären Sanitätern durch eine kürzere Aus-bildungszeit von 60 Stunden im Bereich der Ersten Hilfe, im Gegensatz zur 120-stün-digen Ausbildung des Sanitätspersonals in den Fahrzeugen des 100-Systems.Daneben wird das Rote Kreuz derzeit immer häufig im Rahmen der dringenden sozia lenIntervention (Dringende Sociale Interventie, DSI) eingesetzt. Dazu zählen Aufgaben wiedie Betreuung nicht verletzter Personen im Katastrophengebiet, die Informationsversor-gung im Hinblick auf Familienmitglieder sowie die Identifikation von Opfern (DisasterVictim Identification).

ZivilschutzDer Zivilschutz stellt einen föderalen Hilfsdienst dar, der unter die Zuständigkeit desInnenministeriums fällt. Aufgabe des Zivilschutzes ist die Bereitstellung logistischer ma-terieller und personeller Unterstützung für die verschiedenen Hilfsdienste, unter anderemdie medizinische Notfallhilfe. Der Zivilschutz interveniert von Amts wegen im Katastro-phen- und Schadensfall. Darüber hinaus kann er auf Ersuchen eingesetzt werden, wenndie lokalen Behörden nicht über geeignete oder ausreichende Hilfsmittel verfügen. Einentsprechendes Gesuch kann vom Innenminister, Gouverneur, Bürgermeister oder derenVertreter gestellt werden.Die Aufgaben des Zivilschutzes bestehen unter anderem aus20:- Lokalisierung und Rettung von Opfern;- Hilfe und Wegtragen von Opfern ;- Dekontaminierung von Opfern und Helfern;- Transport von Opfern;- logistische Unterstützung;- Bevorratung (Lebensmittel und Trinkwasser);- Aufbau und Verwaltung eines Auffangzentrums. 20 M. Debacker, Allgemeine Prinzipien der Katastrophenplanung. Basis modul Katastrophenmedi-zin und –management, Katholische Universität Leuven.

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3.2.2 Organisation der medizinischen Notfallhilfe im Katastrophenfall

Bei einem Großschadensereignis tritt in Belgien unabhängig von der Art der Katastropheund der jeweiligen Phase der Katastrophenbekämpfung der medizinische Einsatzplan(Medisch Interventieplan, MIP) in Kraft. Der medizinische Einsatzplan wirkt auf Pro-vinzebene und richtet sich nach Zahl und Klassifizierung der Verletzten. Die Klassifizie-rung von Verletzten (Triage) stellt sich in Belgien wie folgt dar:U1 (rot) sehr dringend.U2 (orange) weniger dringendU3 (grün) nicht dringendU4 (schwarz) Sterbende und Tote.Kommt es bei einem Unglücksfall zu mindestens fünf Verletzten der Kategorie U1 oderzehn Verletzten der Kategorien U2 oder U3, tritt automatisch der MIP in Kraft. Der MIPkann durch das medizinische Personal am Einsatzort oder über die 100-Meldestelle akti-viert werden.Tritt der MIP in Kraft, werden auf jeden Fall die folgenden Einheiten alarmiert:- fünf Sanitätsfahrzeuge;- 3 MUG-Teams;- Direktor Medizinische Hilfe (DMH);- Rotes Kreuz;- logistisches Material (Zelte, Betten usw.).Je größer der Umfang des Schadensereignisses, umso mehr Einheiten werden aus anderenRegionen herangezogen. Dabei gilt es eine Mindestbesetzung der medizinischen Hilfs-dienste in der Katastrophenregion einzuhalten. Notfallhilfe muss schließlich dauerhaft er-bracht werden können. Das MIP geht von dem Prinzip aus ‘Höchste Alarmstufe und unterUmständen schnelle Entwarnung´.

3.2.3 Personelle Aufteilung der Verantwortlichkeiten

Medizinischer Inspek tor der ProvinzMit dem Inkrafttreten des MIP geht die Verantwortung auf den medizinischen Inspektorder Provinz über. Im Prinzip gehört dieser dem Koordinationsausschuss an. Wenn jedochvon einer Katastrophe in Phase zwei (siehe Abschnitt 2.2.2) die Rede ist, wird im Einzel-fall geprüft, ob die faktische Anwesenheit des Inspektors beim Koordinationsausschusstatsächlich notwendig ist. Bei einer Katastrophe der Phase drei gehört der Inspektor nahe-zu immer zum Koordinationsausschuss.

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Direk tor medizinische HilfeFür die primäre Organisation der Hilfsleistung im Katastrophengebiet ist entweder dererste Krankenwagen, der im Katastrophengebiet eintrifft, oder das MUG Team verant-wortlich. Wenn der anwesende Hilfsdienst oder der MUG-Arzt den MIP auslöst, geht dieLeitung der medizinischen Notfallhilfe im Katastrophengebiet auf den Direktor medizi-nische Hilfe (Directeur Medische Hulp, DMH) über. Solange dieser noch nicht vor Ortist, wird dessen Aufgabe vom ersten, vor Ort anwesenden MUG-Arzt übernommen. EinDMH ist immer auch ein erfahrener MUG-Arzt. Bei einer Katastrophe nach Phase zweierstattet der DMH dem Inspektor bzw. bei dessen Abwesenheit direkt dem Bürgermeistervom Katastrophengebiet aus Bericht. Bei einem Vorfall nach Phase drei berichtet derDMH dem Inspektor. Der DMH operiert von einem medizinischen Leitstand aus (Medi-sche Commandopost, Med CP), der sich möglichst nahe am operationellen Leitstand derallgemeinen Hilfsdienste befinden sollte.

Triage-Arzt (Trieur)Der Triage-Arzt ist für die Triage am Unfallort zuständig. Die Verantwortung für dieTriage wird einem der dort anwesenden MUG-Ärzte übertragen. Die Triage findet auf derGrundlage der oben genannten Klassifizierung von Verletzten statt. Die Opfer werden inerster Linie in einem medizinischen Aufnahmeposten vor Ort (Voorwaartse MedischePost, VMP) versorgt. Hier werden sie aufgefangen, wenn nötig stabilisiert und für denTransport vorbereitet. Ein VMP ist somit vergleichbar mit einem Verletztenlager in denNiederlanden (gewondennest). Der VMP obliegt der Zuständigkeit eines Leiters VMP.

RegulatorDer Regulator ist ein anwesender Arzt, der den Abtransport der Verletzten in die Kran-kenhäuser koordiniert. Tritt der MIP in Kraft, wird die Regel, dass Patienten in dasnächstgelegene 100-Krankenhaus zu verbringen sind, außer Kraft gesetzt.Die 100-Meldestelle erfragt bei jeder Klinik die verfügbare Aufnahmekapazität. Inner-halb einer Stunde steht dem Regulator damit eine Übersicht der bereitgestellten Betten jeKrankenhaus bereit. Darüber hinaus verfügt er über eine Liste mit der theoretischen Auf-nahmekapazität sowie eine Übersicht der spezifischen pathologischen Dienste je Kran-kenhaus 21.

3.3 Deutschland

3.3.1 Operationelle Einheiten

Rettungsleitstelle

21 Die theoretische Aufnahmekapazität ist auf 3 Prozent der Gesamtbettenzahl festgelegt. Vondiesen 3 Prozent sind 10 Prozent für Verletzte der Kategorie U1, 30 Prozent für U2 und 60 Prozentfür U3 vorgesehen.

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Die Rettungswagen werden von der Rettungsleitstelle, kurz Leitstelle, gelenkt. Die Leit-stellen können über den Notruf 1-1-2 angewählt werden, eine Nummer, die in der ge-samten Bundesrepublik in der Vergangenheit als Alarmierungsnummer für die Feuerwehrdiente. Da die Leitstelle für die Sanitätsdienste in den Bundesländern Niedersachsen undNordrhein-Westfalen bei der Feuerwehr untergebracht ist, kann auch die medizinischeNotfallhilfe über diese Nummer angefordert werden. Der örtliche Feuerwehrkommandanttritt als Leiter der Leitstelle auf. Insgesamt gibt es in der Bundesrepublik etwa 330 Leit-stellen.Die Leitstelle bestimmt, in welcher Form die medizinischen Hilfsdienste eingesetzt wer-den (Rettungswagen, Notarzt oder Rettungshubschrauber). Die verfügbaren Wagen wer-den von der nächstgelegenen Rettungswache zum Unglücksort geleitet. Bei Großunfällenoder –katastrophen fungiert die Leitstelle auch als Koordinationszentrum für den Einsatzder sonstigen Hilfsdienste.Die Aufgabenbereiche der Leitstelle umfassen unter anderem:- Alarmierung der erforderlichen Einheiten (Feuerwehr und medizinische Hilfs-

dienste) und der zuständigen Funktionsträger in der Verwaltung;- Koordination des Einsatzes von Feuerwehr und medizinischen Hilfsdiensten;- Berichterstattung gegenüber den Krankenhäusern und Ermittlung der Behand-

lungskapazitäten;- Anfordern von Unterstützung aus anderen Regionen;- Koordination mit anderen Hilfsdiensten (Polizei);- Informieren von Presse und Bevölkerung.

SanitätsdiensteDie operationelle Leitung des Verletztentransports liegt in Deutschland auf der Kreis-ebene. Wie in Belgien und den Niederlanden können auch hier Sanitätsdienste von priva-ten Unternehmen betrieben werden, wenn diese bestimmten Anforderungen genügen 22.Des Weiteren gibt es verschiedene Hilfsorganisationen, die Sanitätsdienste betreiben, bei-spielsweise das Deutsche Rote Kreuz, der Arbeiter Samaritaner Bund, die JohanniterUnfallhilfe und der Malteser Hilfsdienst.Wie in Belgien gibt es auch in Deutschland verschieden Arten von Sanitätsdienstleis-tungen. Für den normalen Krankentransport werden Krankentransportwagen (KTW)23

eingesetzt. Der Krankentransportwagen wird von einem Rettungshelfer gelenkt und istmit einem weiteren Rettungssanitäter besetzt, der Krankenpfleger ist. Da der Kranken-transportwagen grundsätzlich nicht für medizinische Notfalltransporte eingesetzt wird, istin diesem Bericht im Hinblick auf die mediz inische Notfallhilfe vom Begriff Rettungs-wagen die Rede.

22 In Deutschland müssen Rettungswagen zur Anerkennung bestimmte DIN-Normen erfüllen. Für den Ret-tungswagen gilt die Norm DIN 75080, Teil 1 und 2.

23 Für den Krankentransport wagen gilt die DIN-Norm 75080

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Ist am Einsatzort ein Notfalleinsatz erforderlich, kommt ein Rettungswagen (RTW) zumEinsatz, der mit einem niederländischen Sanitätsfahrzeug vergleichbar ist. Die Beman-nung eines Rettungswagens besteht aus einem Rettungsassistenten, der am UnfallortErste Hilfe leisten darf, und einem Fahrer, dem Rettungssanitäter24.Wenn von einem Unfall mit mehreren Verletzten die Rede ist, wird der erste RTW nichtfür den Verletztentransport eingesetzt. Dieser ist in erster Linie für die Einrichtung einerVerletztenablage oder eines Behandlungsplatzes verantwortlich.

NotarztEin Notarzt ist auf die medizinische Notfallhilfe spezia lisiert und wird eingesetzt, wennnach einem Unfall akute Lebensgefahr für den Patienten droht oder bestimmte Verlet-zungen festgestellt worden sind25. In Bundesrepublik gibt es insgesamt ca. 1.150 Notarzt-Standorte. In manchen Bundesländern ist vorgeschrieben, dass der Notarzt über eine spe-zielle Rettungsdienstausbildung verfügt. Notärzte sind meist an einem Krankenhaus be-schäftigt, in dünn besiedelten Gebieten kann jedoch auch der örtliche Hausarzt als Notarztfungieren.Im Prinzip entscheidet die Leitstelle darüber, ob ein Notarzt eingesetzt wird oder ob esgenügt, einen Krankentransportwagen zu schicken. In den meisten Fällen wird inDeutschland nach dem Rendezvous-System gearbeitet. Dabei begeben sich Sanitätsfahr-zeug und Notarzt (mit einem Notarzteinsatzfahrzeug) unabhängig voneinander zum Ein-satzort. Bei etwa zwei Drittel der Notarztstandorte wird nach diesem Prinzip verfahren.An den anderen Standorten wird auf der Grundlage des Kompakt- oder Parallelsystemsverfahren, wobei sich der Notarzt (mit einem Notarztwagen) gleichzeitig mit dem Sani-tätsfahrzeug zum Ort des Geschehens begibt.Ein Notarzt, der für ein Krankenhaus tätig ist, hat wechselnde Bereitschaftsdienste. Wäh-rend dieser Bereitschaftsdienste ist der Notarzt von der Durchführung bestimmter medizi-nischer Eingriffe freigestellt. So muss beispielsweise ein Facharzt, der als Notarzt im Be-reitschaftsdienst eingesetzt ist, keine Operationen ausführen. Er wäre schließlich in einemsolchen Falle nicht direkt für einen Einsatz abkömmlich.

FlugrettungIn Deutschland gibt es ein flächendeckendes Flugrettungssystem mit Rettungshubschrau-bern. Es umfasst mehr als 50 Hubschrauberstandorte, von denen aus jährlich etwa 52.000Einsätze geflogen werden. Der Aktionsradius eines Hubschraubers beträgt 50 km. Damitkann ein Hubschrauber mehr Notarztstandorte bedienen. Die Hubschrauber dienen zur 24 Für die verschiedenen Funktionen in der Rettungswagen-Hilfe gelten folgende Ausbildungsanforderungen:Ein Rettungshelfer benötigt eine Erste Hilfe-Ausbildung (ca. 300 Std.).Ein Rettungssanitäter benötigte eine gesonderte Ausbildung von ca. 520 Stunden und absolviert dabei einentheoretischen und praktischen Teil.Die Ausbildung zum Rettungsassistenten ist bundesweit anerkannt und dauert ca. 2 Jahre (2.800 Std.).Gesetz über den Beruf der Rettungsassistentin und Rettungsassistenten, 1. September 1989.

25 Bewusstlosigkeit, Atemnot, gebrochene Gliedmaßen, innere Blutungen, Schock und Eingeklemmtsein.

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Unterstützung des Notarztes und kommen häufig bei großen Verkehrsunfällen zum Ein-satz, da mit ihnen ein ungehindertes Erreichen der Unfallstelle gewährleistet ist. Die Be-satzung eines Hubschraubers besteht aus Pilot, Notarzt und Rettungsassistent.Die Hubschrauber befinden sich größtenteils im Besitz von ADAC und Bundeswehr. Ander niederländischen Grenze sind unter anderem in Sanderbusch (Niedersachsen), Rheine,Duisburg, Würselen und Köln (Nordrhein-Westfalen) Hubschrauber stationiert.Der Nachteil der Flugrettung mit Hubschraubern besteht in dem rela tiv hohen Kosten-niveau für ein System, das nur begrenzt einsetzbar ist. So können Einsätze nur tagsüberund bei guter Sicht geflogen werden. Hubschrauber können einen Rettungswagen dem-nach niemals ersetzen, sie fungieren ausschließlich als Ergänzung zur Notfallhilfe in spe-zifischen Situationen.Ehrenamtliche OrganisationenDie Katastrophenbekämpfung in Deutschland beruht in großem Umfang auf dem Einsatzehrenamtlicher Helfer. Organisationen, die die medizinische Notfallhilfe bei Katastro-phen unterstützen, sind: das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Johanniter-Unfall-Hilfe(JUH), der Malteser Hilfsdienst (MHD) und der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB).Diese Organisationen sind in erster Linie für die Unterstützung der medizinischen Not-fallhilfe zuständig und verfügen über logistisches Material wie Betten, Feldhospitäler,Rettungswagen usw. Die ehrenamtlichen Organisationen sind gesetzlich anerkannt undverpflichtet, einer Aufforderung der verantwortlichen Verwaltung zur Hilfeleistung beider Katastrophenbekämpfung Folge zu leisten26. Zu ihren Aufgabenbereichen gehörenunter anderem:- Einrichtung und Unterhaltung eines Behandlungsplatzes;- Transport von Verletzten;- Betreuung und Versorgung von Personen.

3.3.2 Organisation der medizinischen Notfallhilfe

Die Unfallmeldungen gehen zunächst bei der Leitstelle ein. Die Leitstelle koordiniert denEinsatz der Sanitätsfahrzeuge auf Kreisebene und ist für die Zuständigkeitsverteilung ver-antwortlich. Sobald das Ereignis den Einsatz von Sanitätsfahrzeugen aus den Nachbar-gemeinden erfordert, tritt der Katastrophenalarm in Kraft. Die Leitstelle berät sich dies-bezüglich mit dem Einsatzleiter vor Ort, der die operationelle Leitung im Katastrophen-gebiet hat und Mitglied der Feuerwehr ist.Die medizinische Leitung im Katastrophengebiet obliegt dem leitenden Notarzt, ver-gleichbar mit dem DMH in Belgien. Der leitende Notarzt arbeitet eng mit dem Einsatz-leiter vor Ort zusammen.

26 Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleis tung (FSHG), NRW, Par. 18, Art. 1: “Über dieLeitstelle können sie von der Ge meinde, im Falle des Par. 1 Abs. 3, Satz 1 vom Kreis angefordertwerden”.

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In Deutschland wird zwischen der Leitungs- und Koordinierungsgruppe (LuK) und derEinsatzleitung vor Ort unterschieden. Die Leitungs- und Koordinierungsgruppe wird vombehördlichen Stab für die Katastrophenbekämpfung gebildet, während die Einsatzleitungvor Ort das operationelle Kommando im Katastrophengebiet führt. Der leitende Notarztgehört nicht zu dieser Kommandostruktur, sondern fällt hierarchisch unter den der Feuer-wehr unterstellten Einsatzleiter vor Ort.Der Einsatz medizinischer Hilfsdienste in Deutschland beruht auf der Grundlage der ge-schätzten Opferzahl bei einer Katastrophe. Eine Katastrophe wird in medizinischer Hin-sicht als Massenanfall von Verletzten (MANV) gesehen. Dabei wird eine Kategorisierungin drei Ebenen genutzt. Je nach Verletztenzahl werden dabei die folgenden medizinischenHilfsdienste eingesetzt27:

Abb. 3.1; Unfallart, Zahl der Verletzten und Einsatz der medizinischen HilfsdiensteZahl der Verwundeten Einsatz med. Hilfsdienste

MANV 1 5-10 OrgL, LNA, 2 NAW,4 RTW

MANV 2 10-25 OrgL, LNA, 2 NAW,8 RTW, 4 KTW

MANV 3 Mehr als 25 Entspricht MANV 2, mit benötig-ten lokalen und überregionalenDiensten je nach Katastrophen-umfang.

Quelle: Konzept zur Bewältigung eines Massenanfalls von Verletzten und/oder Erkrankten bei der FeuerwehrDüsseldorf.

Die Triage oder Sichtung der Verletzten findet im Prinzip auf dieselbe Weise wie in Bel-gien statt:T1 Patienten mit Behandlungsvorrang (dringend)T2 Patienten mit Transportvorrang (weniger dringend)T3 Patienten für spätere Behandlung (nicht dringend)T4 Patienten für abwartende Behandlung (im Sterben oder tot)

Auf der Grundlage von Erfahrungen mit Großkatastrophen versucht man in Deutschland,die prozentuale Aufteilung der Opferzahl über die Triagekategorien beim notwendigenEinsatz des medizinischen Personals und Materials zu berücksichtigen. Die Verteilungüber die Triageklassen wäre so nahezu immer dieselbe: 20 Prozent T1, 20 Prozent T2, 40Prozent T3 und 20 Prozent T4.

3.3.3. Personelle Aufteilung der Verantwortlichkeiten

27 Hierbei ist ist anzumerken, dass die konkrete Ausarbeitung solcher Pläne nicht nur je Bundes-land Unterschiede aufweisen kann, sondern auch je Kreis. So nutzt beispiels weise fast jeder Kreisin NRW unterschiedliche Arten von Triagekarten.

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Leitender NotarztDer leitende Notarzt (LNA) ist für die medizinische Notfallhilfe im Katastrophengebietverantwortlich. Er ist auch für die Triage, den Verletztentransport und die Verteilung derVerletzten auf die Krankenhäuser zuständig. Über die Leitstelle erhält er eine aktuelleÜbersicht über die verfügbare Bettenanzahl in den nahe gelegenen Krankenhäusern.Der leitende Notarzt ist ein erfahrener Notarzt mit einer Zusatzausbildung. Pro Kreis exis-tieren so genannte leitende Notarztgruppen. Die Erreichbarkeit wird dabei von einigenleitenden Notärzten geregelt. Auf diese Weise ist eine 24-stündige Besetzung mit lei-tenden Notärzten gewährleistet.Wenn in einem frühen Ereignisstadium noch kein LNA anwesend ist, nimmt der ersteNotarzt die Funktion des LNA wahr.

Organisatorischer Leiter RettungsdienstDer organisatorische Leiter Rettungsdienst (OrgL). Der OrgL und der leitende Notarztbilden ein gemeinsames Team und legen in Absprache fest, wie aus medizinischer Sichtvorzugehen ist. Der LNA ist dabei für die medizinischen Aspekte wie Triage und Verletz-tentransport zuständig, während dem OrgL die logistische Organisation obliegt.

3.4 Niederlande

3.4.1 Operationelle Einheiten

RAV-LeitstelleDie RAV-Leitstellen bzw. zentrale Meldestelle für Rettungstransporte (Centrale PostAmbulancevervoer, CPA) erfüllen in den Niederlanden faktisch dieselbe Rolle wie die100-Meldestellen in Belgien und die Leitstellen in Deutschland. Geplant ist, sämtlicheMeldestellen der Rettungsdienste, Feuerwehr und Polizei in den Niederlanden bereits inKürze zusammenzufassen. Von der RAV-Leitstelle aus wird der Einsatz der Rettungs-fahrzeuge koordiniert. Der wichtigste Unterschied zum belgischen System besteht darin,dass es in den Niederlanden keine feste Einsatzreihenfolge gibt. Hier wird immer dasnächstgelegene, verfügbare Rettungsfahrzeug angefordert, auch wenn dieses nicht vor Ortauf der Rettungswache wartet (das so genannte dynamische Rettungsfahrzeug-Manage-ment).In manchen Regionen verfügt man über integrierte Leitstellen, über die auch andereHilfsdienste wie Feuerwehr und Polizei koordiniert werden.Die RAV-Leitstelle spielt im Katastrophenfall eine zentrale Rolle. Die Verantwortungs-bereiche umfassen:- Aktivierung der Alarmabläufe;- Einsatz der Rettungsfahrzeuge;- Alarmierung/Abruf von Funktionsträgern bei der RAV-Leitstelle, GGD und GHOR;- Alarmierung von MMT-, SIGMA- und GNK-Diensten;

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- Alarmierung von Krankenhäusern;- Unterstützende Rettungsdienste aus den Regionen;- Verletztenverteilungsplan;- eventuelle Anforderung internationaler Hilfe28.

RettungsfahrzeugeIm Gegensatz zu Belgien und Deutschland existiert in den Niederlanden nur eine Formdes Rettungsdienstes. Die Rettungsfahrzeuge werden vom Staat oder von einer Einrich-tung des Gesundheitswesens (RAV) betrieben. Überwiegend befinden sich die Rettungs-dienste jedoch in privatem Eigentum. Die Rettungsfahrzeuge sind immer mit profes-sionellen Kräften besetzt, die eine Spezialausbildung besitzen 29.Aufgrund der Ausbildung kann der Rettungssanitäter in den Niederlanden auch medizi-nische Verrichtungen im Rahmen des Advanced Life Support durchführen, die normaler-weise einem Arzt vorbehalten sind, ohne dass ein solcher anwesend sein muss. Die Ret-tungssanitäter sind ferner zur Durchführung der Triage ermächtigt.

Mobiles medizinisches Team (MMT)Darüber hinaus ist die Gründung von zehn Traumazentren vorgesehen, von denen jedeseinzelne über ein so genanntes mobiles Notarztteam verfügt (Mobiel Medisch Team,MMT). Das MMT setzt sich aus einem Arzt und einem Sanitäter zusammen, der übereine entsprechende Ausbildung und Erfahrung im Bereich der präklinischen Notfallmedi-zin verfügt. Vorerst erhalten vier dieser Traumazentren und damit auch die damit ver-bundenen MMT’s die Verfügung über einen Hubschrauber.

Schnelleinsatzeinheit für medizinische Notfallhilfe (Sigma)Hierbei handelt es sich um eine speziell trainierte Einheit freiwilliger Helfer des RotenKreuzes, die bei Großunfällen und –katastrophen medizinische Notfallhilfe gewährleistet.Die Einheit steht dem Personal der Rettungsfahrzeuge und den Traumateams (MMT) beider medizinischen Erstversorgung unterstützend zur Seite. Eine Sigma- (Snel inzetbaregroep voor medische assistentie) Einheit ist in erster Linie für die Einrichtung eines Be-handlungsumfeldes und die materielle Zusatzversorgung verantwortlich. In den Nieder-landen operieren insgesamt 49 solcher Teams.

Medizinische Kombinationseinheiten (GNK)Eine medizinische Kombinationseinheit (Geneeskundige Kombinatie, GNK) ist ein Ko-operationsverband zwischen:- zwei Rettungsteams, jeweils bestehend aus einem Rettungssanitäter und einem Fahrer; 28 Laut Katastrophengesetz können internationale Hilfsersuchen nur vom Innenminis ter an denInnenminis ter des um Hilfe ersuchten Landes gestellt werden. In der Praxis ist es jedoch die RAV-Leitstelle, die dieses Ersuchen an benachbarte Leitstellen oder 100-Meldestellen richtet.29 SOSA, Stichting Opleidingen en Scholing ten behoeve van de Ambulancehulpverlening (Stif-tung Ausbildung und Schulung für die Rettungsdienste in den Niederlanden)

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- einer Sigma;- einem MMT;- einem leitenden medizinischen Offizier vom Dienst (Officier van Dienst Geneeskundig,OvDG) oder einem medizinischen Leiter.Ziel der GNK ist es, den Übergang von der alltäglichen, begrenzten Notfallhilfe zum Ein-satz bei schweren Unfällen und Katastrophen zu verbessern. Die GNK kommt bei schwe-ren Unfällen mit mehreren (Schwer-) Verletzten zum Einsatz. Sie kann als komplette Ein-heit operieren, es ist aber auch möglich, die einzelnen Komponenten getrennt einzu-setzen.

3.4.2 Organisation der medizinischen Notfallhilfe im Katastrophenfall

In den Niederlanden ist ein fest umrissener Einsatz der medizinischen Dienste auf derGrundlage strenger Kriterien, wie dies in Belgien der Fall ist, nicht bekannt. Der Einsatzvon Menschen und Material sowie die Zuständigkeitsverlagerung auf die nächst höhereEbene finden in erster Linie anhand der Beurteilung der RAV-Leitstelle und der anwesen-den medizinischen Hilfsdienste statt. Nach Eingang einer Meldung beurteilt die RAV-Leitstelle, wie viele Rettungsfahrzeuge eingesetzt werden müssen. Der Rettungssanitäter,der zuerst bei einem Großschadensereignis eintrifft, übernimmt die Koordination, beur-teilt die Lage und beginnt mit der Einrichtung eines Behandlungsplatzes für die Verletz-ten. Jedes Rettungsfahrzeug ist hierzu mit einem grünen Blinklicht ausgerüstet. Ein Ret-tungsfahrzeug, das ein grünes Blinklicht führt, wird nicht mehr für den Verletztentrans-port eingesetzt.Bei einer ad hoc Beratung am Fahrzeug der vor Ort anwesenden Hilfsdienste (motorka-poverleg) kann eine Zuständigkeitsverteilung auf die nächst höhere Ebene beschlossenwerden. In der Folge wird ein Koordinationsteam am Einsatzort (Coördinatie Team PlaatsIncident, CTPI) gebildet. Aus dem medizinischen Bereich wird zunächst der zuerst ein-getroffene Rettungssanitäter Bestandteil des CTPI, bis der medizinische Offizier vomDienst (OvDG) am Einsatzort eintrifft und die Koordinationsaufgaben übernimmt. Wirdeine Zuständigkeitsverlagerung beschlossen, wird das CTPI der Zuständigkeit des medi-zinischen Kommandanten vom Dienst (Commandant van Dienst Geneeskundig, CvDG) 30

unterstellt.Im Gegensatz zu Belgien gibt es in den Niederlanden keine streng thematische Gliede-rung in Funktionen am Einsatzort. Die niederländische Struktur zeigt einen eher hierar-chischen Aufbau, je nach Zuständigkeitslage. So gibt es in den Niederlanden beispiels-weise keine gesonderte Triagefunktion, wie dies in Belgien sehr wohl der Fall ist. DieTriage wird in den Niederlanden vom anwesenden medizinischen Personal, den Rettungs-sanitätern und den (MMT-)Ärzten vorgenommen, und zwar auf der Grundlage der nach-

30 Laut der Notiz Basis modul GHOR (Rat der RGF) ist dies der neue Begriff für den früherenmedizinischen Leiter Einsatzort (Medisch Leider Rampterrein, MLRT), der in anderen Publika-tionen noch genannt wird.

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folgend aufgeführten Dringlichkeitskategorien entsprechend des Zustandes der Luftwege- Airways (A), Atmung - Breathing (B) und des Kreislaufs - Circulation (C). Es lassensich vier Dringlichkeitsklassen unterscheiden, wobei Klasse 4 im Prinzip lediglich imKriegsfall zum Tragen kommt:T1 A,B,C-instabil. Verletzte, deren Leben unmittelbar durch eine Obstruktion der

Atemwege und/oder Atmung und/oder des Kreislaufs in Gefahr ist.T2 A,B,C-stabil, Behandlung innerhalb von sechs Stunden notwendig. Verletzte,

deren Leben nach einigen Stunden durch eine Obstruktion der Atemwege, At-mungsprobleme und/oder des Kreislaufes bedroht sein wird oder bei denen dieGefahr schwerer Infektionen oder Invalidität droht, wenn sie nicht innerhalb vonsechs Stunden nach Auftreten der Verletzung behandelt werden.

T3 A,B,C-stabil. Verletzte, deren Leben nicht durch eine Obstruktion der Atemwege,Atmungsprobleme und/oder Kreislaufprobleme, schwere Infektionen oder In-validität bedroht wird.

T4 A,B,C-instabil. Verletzte, bei denen unter den gegebenen Umständen die Atem-wege nicht befreit und frei gehalten, die Atmung nicht stabilisiert, Blutungennicht zum Stillstand gebracht und ein Schock nicht hinreichend behandelt werdenkann31.

3.4.3 Personelle Aufteilung der Verantwortlichkeiten

Regionaler Medizinbeauftragter (RGF)Der regionale Medizinbeauftragte (Regionale Geneeskundige Functionaris, RGF) ist in-nerhalb einer GHOR-Region für die medizinische Notfallhilfe bei Unfällen und Katastro-phen verantwortlich. Als solcher ist er Mitglied des Katastrophenstabes der Gemeindeoder des Leitungsteams und berät er den Bürgermeister.

Abteilungsleiter GHOR (HS-GHOR)Der Abteilungsleiter (Hoofd Sectie) GHOR untersteht unmittelbar dem RGF und ist Mit-glied im operationellen Team. Er fungiert als operationeller Kommandant des GHOR undhat Weisungsbefugnis über den CvDG oder OvDG. Daneben berät und informiert er denRGF.

Medizinischer Kommandant vom Dienst (CvDG) 31 Quelle: Inspektion für das Ge sundheitswesen, Enschede, Untersuchung der Feuerwerkskatast-rophe. Den Haag (Gesundheits minis terium) 2001, S. 195-196.

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Der CvDG wird bei Einrichtung des Einsatzortkommandos (Commando Rampterrein) indas CoRT mit aufgenommen. Das CoRT steht unter der Leitung des Einsatzortkomman-danten, der meist eine Funktion bei der Feuerwehr inne hat. Der CvDG leitet in seinerFunktion den OvDG und den operationellen Prozess am Einsatzort.

Medizinischer Offizier vom Dienst (OvDG)Während der Zuständigkeitsverteilung ist der OvDG Mitglied des Koordinationsteamsam Einsatzort (CTPI). Er stimmt die medizinische Notfallhilfe mit den anderen Hilfs-diensten wie Feuerwehr und Polizei ab. Ferner hat er die Leitung über die GNK und Sani-tätshilfsdienste und unterhält er den Kontakt zum Koordinator Verletztentransport.

Koordinator Verletztentransport (CGV)Der Koordinator Verletztentransport (Coördinator Gewondenvervoer, CGV) erhält seineAnweisungen von der RAV-Leitstelle und sorgt für die Einrichtung einer Sanitätsstation.Der CGV koordiniert den Verletztentransport von der Sanitätsstation aus in die Kranken-häuser. Seinen Entscheidungen liegt ein Verletztenaufteilungsplan zugrunde, der auf denmedizinischen Behandlungskapazitäten der beteiligten Krankenhäuser beruht. 32

3.5 Vergleich

Da die tägliche medizinische Notfallhilfe (SMH) fester Bestandteil der Katastrophen-bekämpfung ist, muss festgehalten werden, dass die in einem früheren Bericht im Hin-blick auf dieses Themas genannten Problempunkte auch bei der Katastrophenbekämpfungeine Rolle spie len. Bezüglich einer umfassenden Inventarisierung dieser Problembereichewird auf den entsprechenden Bericht verwiesen.

3.5.1 Übereinstimmungen

Medizinische Leitung am EinsatzortIn allen drei Ländern trägt ein einziger Funktionsträger am Einsatzort die Verantwortungfür die medizinische Notfallhilfe. In Belgien ist dies der Direktor medizinische Hilfe, inDeutschland der leitende Notarzt und in den Niederlanden der medizinische Offizier oderKommandant.

3.5.2 Unterschie de

Befugnisse des Personals 32Die medizinische Behandlungskapazität beträgt im Prinzip drei Prozent der normalen Betten-anzahl.

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Einer der wesentlichen Unterschiede bei der medizinischen Notfallhilfe in den drei Län-dern besteht darin, dass das belgische und deutsche System den Einsatz von Ärzten beiSchwerverwunderten voraussetzt, während in den Niederlanden die Rettungssanitäterwesentlich mehr medizinische Handlungsfreiheit als ihre belgischen und deutschen Kolle-gen besitzen. Die nachstehende Tabelle vermittelt einen Überblick über die Unterschiededer einzelnen Systeme.

Abb. 3.2; Operationelle medizinische Einheiten und Befugnisse in Belgien, Deutschlandund den Niederlanden

Belgien Deutschland NiederlandeBasic Life Support Rettungswagen (Am-

bulance)Sanitäter oder Kranken-pfleger

RettungswagenRettungssanitäterRettungsassis tent

Advanced Life Supportund Pre Hospital TraumaLife Support

Rettungswagen (Ambu-lance)Rettungssanitäter

Advanced Trauma LifeSupport

Mobile NotarztgruppeArztSanitäter

NotarztwagenRettungswagen mit NotarztNotarzteinsatzfahrzeugPersonenwagen mit Notarztund zusätzlicher medizi-nischer Ausrüstung

Mobiles Notarztteam(MMT)ArztSanitäter

Medizinische Leitung am EinsatzortDie Niederlande weisen eine rela tiv strenge hierarchische Organisation mit einer Vielzahlunterschiedlicher Funktionen und einer strikten Aufteilung der Verantwortlichkeiten auf.In Belgien und Deutschland beruht die medizinische Leitung am Einsatzort, unabhängigvom Katastrophenumfang, bei einem Verantwortlichen. In Belgien handelt es sich dabeium den DMH, in Deutschland ist es der leitende Notarzt. Nachfolgendes Schema gibteinen Überblick über die Aufgaben am Einsatzort mit den jeweiligen, für die Umsetzungverantwortlichen Funktionen.

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Abb. 3.3; Funktionelle Aufteilung der Aufgabenbereiche am EinsatzortBelgien Deutschland Niederlande

Alarmierung HC-100 Rettungsleitstelle RAV-Leitstelle

Zuständigkeitsverteilung HC- 100DMH

Rettungsleitstelle Einsatz-leiter vor Ort

RAV-Leitstelle und medi-zinisches Personal vor Ort

Medizinische Leitung vorOrt

DMH Leitender Notarzt OvDGCvDG

Medizinische Verantwor-tung (Leitung)

Provinzinspektor KSB des Kreises HS-GHORRGF

Triage Triage-Arzt Leitender Notarzt (MMT-) Ärzte und Ret-tungssanitäter

Medizinische Hilfsdienste MUG-Ärzte Notärzte (MMT-) Ärzte

Koordination Verletzten-transport

Regulator Leitender Notarzt CGV

Medizinisch-logis tischeUnterstützung

Rotes KreuzZivilschutz

OrgLRotes KreuzJohanniter UnfallhilfeMalteser HilfsdienstArbeiter Samariterbund

SIGMAGNK

ProtokolleIn Belgien und Deutschland wird mit festen Protokollen gearbeitet, in denen die ein-gesetzten Mittel und die dabei aufgetretenen Umstände beschrieben werden. In Belgientritt bei fünf oder mehr Schwerverletzten in Kategorie U1 oder zehn oder mehr Verletztender Kategorien U2 oder U3 der MTI in Kraft. In Deutschland kommt ein vergleichbaresSystem zum Einsatz, hier wird jedoch eine Einteilung in drei Kategorien mit unterschied-lichen Opferzahlen vorgenommen (MANV-1 bis MANV-3).In den Niederlanden gibt es bezüglich des Einsatzes der medizinischen Dienste im Ver-hältnis zur Opferanzahl keine Protokollierung. Die Hilfsdienste werden auf der Grundlageder Beurteilung der Lage durch das medizinische Personal vor Ort eingesetzt.

Behördliche medizinische VerantwortlichkeitSowohl in Belgien als auch in den Niederlanden gibt es einen speziellen, für die medizi-nische Notfallhilfe bei der Katastrophenbekämpfung behördlich verantwortlichen Funk-tionsträger. In Belgien handelt es sich um den Provinzinspektor, in den Niederlanden istdies der regionale Medizinbeauftragte. Eine solche Funktionszuweisung existiert inDeutschland jedoch nicht. Die Planung der medizinischen Notfallhilfe obliegt dem Kreis,ohne dass diese an eine spezielle Funktion geknüpft ist.

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Funk tionsaufteilung am EinsatzortIn Belgien und den Niederlanden werden am Einsatzort verschiedene Funktionen für ver-schiedene medizinische Tätigkeiten unterschieden, wobei diese Funktionsaufteilung inBelgien am Deutlichsten ist. Triage, Behandlung und Koordination des Verletztentrans-ports sind in Belgien und den Niederlanden deutlich mit verschiedenen Funktionen amEinsatzort verknüpft. In Deutschland gibt es eine solch klare Trennung der Verantwort-lichkeiten nicht. Im Prinzip fallen all diese Handlungen und die Leitung am Einsatzortunter die Verantwortlichkeit des LNA. In der Praxis werden die Aufgaben jedoch auf dieanwesenden Notärzte verteilt.

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4 Zusammenfassung, Ergebnisse und Empfehlungen

4.1 Einführung

In diesem Kapitel werden die wichtigsten Unterschiede zwischen den medizinischen Ka-tastrophenbekämpfungsorganisationen besprochen. Da die medizinische Notfallhilfe andie tägliche Notfallhilfe anschließt, spie len die in einem früheren Bericht hinsichtlich dergrenzüberschreitenden SMH herausgearbeiteten Unterschiede und Problembereiche auchim Hinblick auf die medizinische Notfallhilfe bei Katastrophen eine Rolle. Eine detail-liertere Beschreibung dieser Problempunkte findet sich in dem betreffenden Bericht.Aus den Differenzen in der Organisationsweise der Katastrophenbekämpfung könneneine Reihe von Problemen erwachsen. Die Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit imBereich der medizinischen Notfallhilfe bei Katastrophen können teilweise auf die Unter-schiede in den einzelnen Systemen zurückgeführt werden, die möglicherweise bei der Zu-sammenarbeit eine Rolle spie len. In der Praxis gibt es bisher nur sehr wenige konkreteFälle, bei denen die neue GHOR-Organisation mit den Nachbarländern zusammenge-arbeitet oder geübt hat, mit Ausnahme der Feuerwerkskatastrophe in Enschede.

4.2 Entwicklungen nach dem letzten ITS-Bericht

Initiativen im Hinblick auf die SMH-ProblempunkteIn einem früheren, vom ITS herausgegebenen Bericht wurden die Problembereiche, diebei der grenzüberschreitenden medizinischen Notfallhilfe (SMH) eine Rolle spie len, be-reits beschrieben. Diese Problempunkte spie len auch bei der medizinischen Notfallhilfebei Unfällen und Katastrophen (GHOR) eine Rolle, da es sich bei der GHOR um einehöhere Zuständigkeitsebene der SMH handelt. Der Umfang der Probleme wächst aller-dings auch mit zunehmender Inanspruchnahme der medizinischen Notfallhilfe. Es istschließlich ein Unterschied, ob einer oder zwanzig Rettungswagen im Rahmen eines Ein-satzes beteiligt sind. Die Probleme bleiben zwar dieselben, durch die Größenordnungjedoch kann es zu einer chaotischeren Situation kommen.Für eine umfassende Beschreibung der Problembereiche bei grenzüberschreitender SMHsei auf den bereits erwähnten ITS-Bericht verwiesen (siehe Fußnote 1). In den vergange-nen Jahren wurde an konkreten Lösungsalternativen für diese Probleme gearbeitet, ins-besondere in bilateralem Zusammenhang zwischen Belgien und den Niederlanden auf-grund verschiedener Benelux-Initia tiven. Daraus sind unter anderem folgende Initia tivenhervorgegangen:- Inventarisierung der niederländischen Krankenhäuser aufgrund der belgischen Richt-linien des 100-Systems, so dass auch die niederländischen Kliniken in dieses System auf-genommen werden können.

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- Ausarbeitung von Lösungsmodellen im Hinblick auf die Probleme mit der Funk-kommunikation zwischen Rettungswagen und Leitstellen. Kurzfristig sollen die Ret-tungsfahrzeuge in Zeeland mit Mobiltelefonen ausgerüstet werden.- Erstellung einer viersprachigen Wörterliste, die den Leitstellen in der Grenzregion zurVerfügung gestellt wird.- Eingehendere Untersuchung der zivilen Haftung von Rettungswagenbesatzungen.- Nähere Inventarisierung des Umfangs der Zahlungsschwierigkeiten aufgrund von Tarif-unterschieden zwischen den einzelnen Rettungsdiensten.Konkrete Lösungen konnten inzwischen im Hinblick auf die optischen und akustischenSignale verbucht werden. Die deutschen und belgischen Signalanlagen werden mittler-weile auch in der niederländischen Straßenverkehrsordnung anerkannt.

Zivilrechtliche HaftungEiner der hinsichtlich der alltäglichen SMH festgestellten Problempunkte kommt in ei-nem Katastrophenfall jedoch nicht zum Tragen. Es handelt sich um die zivilrechtlicheHaftung von Rettungspersonal. Aufgrund des Unterstützungsabkommens Deutschland-Niederlande und dem ersten Ergänzungsvertrag mit Belgien ruht nämlich die Haftung fürHandlungen oder Unterlassungen von Hilfsdiensten im Schadensfalle bei dem Staat desUnterstützung anfordernden Landes33.

4.3 Zusammenfassung

Übereinstimmungen auf behördlicher EbeneAlle Systeme im Bereich der medizinischen Notfallhilfe in den drei untersuchten Ländernweisen große Übereinstimmungen auf behördlicher Ebene auf:• Bei den verwendeten Definitionen des Begriffs Katastrophe lässt sich übereinstim-

mend feststellen, dass erst dann von einer Katastrophe gesprochen werden kann,wenn Unterstützung aus den Nachbarregionen angefordert wird und eine zentrale Ko-ordination zur Bewältigung der Katastrophe vonnöten ist.

• Auch für die Zuständigkeitsverteilung werden in den drei Ländern dieselben Kriteriengehandhabt. Sobald Unterstützung aus anderen Verwaltungsbezirken angefordertwird, wird die Koordination auf eine höhere Verwaltungsebene verlagert.

• Alle drei Länder unterscheiden zwischen einem behördlichen Stab, der während einerKatastrophe der Führung im Hinblick auf die einzuschlagende Strategie assistierendzur Seite steht, und einem operationellen Stab, der am Einsatzort selbst präsent ist.

33 Vertrag zwischen dem Königreich der Niederlande und der Bundesrepublik Deutschland überdie gegenseitige Hilfeleis tung bei der Bekämpfung von Katastrophen, wozu auch schwere Unfällegehören, Art. 3Erster Ergänzungsvertrag zwischen dem Königreich der Niederlande und Belgien über die gegen-seitige Hilfeleis tung bei der Bekämp fung von Katastrophen und schweren Unfällen, Art. 10, Abs.3.

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• Offizielle Zuständigkeitsverfahren und die Anforderung von Unterstützung sind na-hezu ausschließlich auf die nationale Ebene ausgerichtet. Die Anforderung von Hilfe-leistungen aus dem Ausland bleibt der höchsten Zuständigkeitsebene vorbehalten, al-so dem Innenminister (in Deutschland dem Landesinnenminister).

Unterschiede auf behördlicher EbeneDie wichtigsten Unterschiede beziehen sich auf die verschiedenen Verwaltungsebenen inden drei Ländern. Diese Unterschiede spielen insbesondere in den Niederlanden undDeutschland eine Rolle:• Die Niederlande verfügen – mit den GHOR-Regionen – über eine gesonderte Ver-

waltungsstruktur für die medizinische Notfallhilfe bei Katastrophen. In Belgien undDeutschland fällt die medizinische Notfallhilfe unter die Verantwortung des ´norma-len’ Verwaltungsapparates.

• Deutschland verfügt mit dem Kreis über eine Verwaltungsebene, die in den Nieder-landen und Belgien fehlt. Im Hinblick auf die Befugnisse lässt sich der Kreis ambesten mit einer niederländischen und belgischen Gemeinde vergleichen. Die Ge-meinde spielt in Deutschland, als Verwaltungsebene, eine verschwindend kleineRolle bei der Katastrophenbekämpfung.

• Wenn in den Niederlanden im Katastrophenfall mehr Gemeinden involviert sind,konstituiert sich ein Kooperationsverband aus Gemeinden unter dem Vorsitz eineskoordinierenden Bürgermeisters. In Belgien wird die Zuständigkeit in einem ver-gleichbaren Fall direkt auf die Provinz verlagert, in Deutschland auf den Bezirk, so-fern die Katastrophe mehrere Kreise umfasst.

• In Belgien und den Niederlanden stellen die föderalen und zentralen Regie rungen diehöchste Zuständigkeitsebene dar, während dies in Deutschland die Bundesländersind. Eine Zuständigkeitsverlagerung auf föderale Ebene ist in Deutschland zumin-dest in Friedenszeiten nicht vorgesehen.

Beziehung SMH-GHORAuf operationeller Ebene spie len die im ersten ITS-Bericht aufgezeigten Problembereicheauch bei der GHOR eine bedeutende Rolle. Die Lösung der Probleme im SMH-Bereichbedeutet jedoch noch nicht, dass die grenzüberschreitende Hilfe damit auch bei derGHOR automatisch reibungslos verläuft. Materialeinsatz und personelle Funktionsauftei-lungen unterscheiden sich in den drei Ländern nämlich in erheblichem Maße. Ohne wech-selseitige Kenntnisse des Personals, Materials und der jeweiligen Arbeitsweisen kann esbei einem gemeinsamen Einsatz im Katastrophenfall zu chaotischen Verhältnissen kom-men.

KommunikationDas Sprachproblem, das insbesondere in den Grenzregionen zu Deutschland eine Rollespielen könnte, wird nicht als Hindernis empfunden. Das im Grenzgebiet tätige Personal

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ist in den meisten Fällen in der Lage, mit dem ausländischen Kollegen auf verständlicheWeise zu kommunizieren. In den Grenzregionen liegen zudem Wörterlisten vor, in denendie geläufigsten Begriffe übersetzt sind.Anders sieht es im Bereich der Funkkommunikation aus. Immer noch ist es nicht mög-lich, Kontakt zu den Rettungsfahrzeugen aufzunehmen, die die Grenze passiert haben.Derzeit wird an kurzfristigen Lösungen gearbeitet wie beispielsweise die Montage vonFahrzeug-Anschlusssets für Mobiltelefone. Im Katastrophenfall jedoch ist die Wahr-scheinlichkeit groß, dass auch das Mobiltelefonnetz ausfällt. Daneben hat sich in der Pra-xis gezeigt, dass während eines Katastrophenereignisses die RAV-Leitstelle über einenlängeren Zeitraum aufgrund von Personalmangel und der großen Zahl eingehender Tele-fongespräche nicht erreichbar ist. Eine Kommunikation mit den Leitstellen auf der ande-ren Seite der Grenze ist dann ebenfalls nicht möglich.Zukünftig sollen die Kommunikationsprobleme in den Niederlanden mit dem DigitalnetzC2000 und in Belgien mit Astrid beseitigt werden. In Deutschland stellt sich jedoch nochdie Frage, ob man sich für ein Netzwerk entscheidet, das mit den C2000 und Astrid-Netz-werken kompatibel ist.

Methodischer Einsatz der EinheitenIn Belgien tritt der medizinische Interventionsplan (MIP) in Kraft, sobald ein Unglückfünf oder mehr Schwerverletzte (T1) bzw. zehn oder mehr leicht verletzte (T2 oder T3)gefordert hat. In Deutschland versucht man, den Einsatz mittels einer Kategorisierung desMassenanfalls von Verletzten (MANV) ebenfalls in fest Bahnen zu lenken. In den Nie-derlanden existiert eine solches Protokoll hingegen nicht. Der Einsatz hängt von der je-weiligen Lage und dem Urteil des Rettungswagenpersonals, der RAV-Leitstelle oder desOvdG ab.

Funk tionsaufteilungDie Funktionsaufteilung am Einsatzort ist in den drei Ländern unterschiedlich organisiert.In Belgien und den Niederlanden werden die Aufgaben am Einsatzort auf mehrere ver-schiedene, vorab definierte Funktionen verteilt. In Deutschland trägt der LNA als einzigerdie Hauptverantwortung. In der Praxis werden Aufgaben zwar verteilt, jedoch nicht aufder Grundlage vorher umschriebener Funktionsfelder.

4.4 Problempunkte bei grenzüberschreitender GHOR

4.4.1 Verwaltungsbezogene Problempunkte

Gestaltung GHORDie medizinische Notfallhilfe bei Unfällen und Katastrophen war in den vergangenenJahren Gegenstand einer durchgreifenden Reorganisation. Es ist von ganz neuen Organi-sationen, Funktionen, Verwaltungsformen und Bereichsgliederungen die Rede. Die Aus-

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gestaltung der neuen Organisation ist noch in vollem Gange. In erster Linie waren dasInteresse und die Anstrengungen der GHOR-Regionen deshalb intern auf den Aufbau derneuen Organisation und die Stärkung der Verbindungen mit den verschiedenen Gliedernin der Kette der medizinischen Hilfsdienste ausgerichtet. Trotz des Aufbaus der neuenOrganisation sind in verschiedenen Regionen Initia tiven im Hinblick auf die grenzüber-schreitende Zusammenarbeit zustande gekommen, beispielsweise in den Regionen Ach-terhoek, den drei Brabanter Regionen, in Twente, Zeeland und Südlimburg. Es fehlt je-doch manchen Regionen an Zeit und Personal, um - neben der Gestaltung der GHOR-Organisation – auch der Zusammenarbeit mit dem Ausland genügend Aufmerksamkeit zuwidmen.

Niederlande-DeutschlandDeutschland besitzt zwei Verwaltungsebenen, die bei der Katastrophenbekämpfung eineRolle spie len und in den Niederlanden unbekannt sind: den Kreis und den Bezirk. In denNiederlanden gibt es darüber hinaus eine gesonderte Verwaltungsorganisation für dieKatastrophenbekämpfung, die GHOR-Regionen, deren Aufgaben in Deutschland aufKreisebene organisiert werden.Beim Zustandekommen der gegenseitigen Unterstützungsverträge ist daher unklar, wel-che Parteien beim Abschluss von Verträgen einzubeziehen sind: die niederländischen Ge-meinden, Zusammenschlüsse von Gemeinden (Regionen oder Gemeinschaftsreglungen)oder GHOR-Vorstände. Für Deutschland ist der Kreis die am meisten auf der Hand lie-gende Verwaltungsebene.

Niederlande-BelgienGleiches gilt für Verträge, die mit Belgien geschlossen werden. Die Frage ist, welchePartei von niederländischer Seite als Vertragspartner auftreten soll: Gemeinden, Zu-sammenschlüsse von Gemeinden oder GHOR-Vorstände. Auf belgischer Seite ist dasföderale Ministerium für Sozia les, Gesundheit und Umwelt der zuständige Gesprächs-partner.

ZuständigkeitsverteilungDie Zuständigkeitsverteilung in den drei Ländern zeigt zum größten Teil eine überein-stimmende Struktur. In den Niederlanden gibt es allerdings eine Zuständigkeitsebene, diein Belgien und Deutschland unbekannt ist: die Kooperation auf Gemeindeebene durcheine Reihe von Gemeinden, die unter dem Vorsitz eines koordinierenden Bürgermeistersan der Katastrophenbekämpfung beteiligt sind. In Belgien wird die Zuständigkeit sofortauf die Provinzebene verlagert, sobald eine Katastrophe mehrere Gemeinden betrifft, inDeutschland findet die Koordination in dem Fall von der Bezirksebene aus statt.Daneben ist in Deutschland das Bundesland die höchste Zuständigkeitsebene, in Belgienist dies hingegen die föderale Ebene.

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Die Unkenntnis der gegenseitigen Zuständigkeitsebenen könnte in der Praxis dazu füh-ren, dass im Hinblick auf das zuständige Verwaltungsniveau bei der Katastrophen-bekämpfung nicht deutlich ist, welcher Verwaltungsvertreter auf der anderen Seite beieiner Anfrage um Unterstützung zu kontaktieren ist. Diesbezügliche Unklarheiten könnenzu Zeitverlusten führen, was gerade bei der medizinischen Notfallhilfe von entschei-dender Bedeutung ist.

Der ´Königsweg´Unterstützung durch das Ausland kann in den Niederlanden laut Unterstützungsabkom-men mit Deutschland und dem ersten Ergänzungsvertrag mit Belgien nur vom Kom-missar der Königin oder dem Innenminister angefordert werden. Die Abwicklung vonAnfragen über einen solchen ‚Königsweg’ kann im Extremfall jedoch sehr zeitraubendsein, während dies für das Inkrafttreten der Bestimmungen der Abkommen eine Bedin-gung darstellt. In der Praxis werden Anfragen daher fast ausschließlich von den betref-fenden Leitstellen aus in die Wege geleitet und anschließend über den Königsweg nach-träglich legalisiert. Die Frage ist jedoch, inwieweit sich diese Handlungsweise auf die Be-stimmungen in den Verträgen auswirken kann, wenn sich zum Beispiel erweist, dass dieHilfe aus dem Ausland vom Kommissar der Königin oder dem Innenminister als nichtnotwendig erachtet wird.

4.4.2 Operationelle Problempunkte

Funktionelle AufgabenverteilungDie Aufteilung der medizinischen Aufgaben am Einsatzort ist in den drei Ländern unter-schiedlich organisiert. In Belgien und den Niederlanden kennt man eine gewisse funktio-nelle Aufgabenaufteilung, während in Deutschland im Prinzip der leitende Notarzt füralle Bereiche verantwortlich ist. Selbstverständlich findet in Deutschland bei einer Kata-strophe mit einer größeren Opferzahl ebenfalls eine Verteilung der Aufgaben auf die an-wesenden Notärzte statt, diese ist weniger streng reglementiert wie dies in Belgien undden Niederlanden der Fall ist (siehe Abb.3.2).Bei der praktischen Zusammenarbeit kann dies zu Unklarheiten im Hinblick auf einzelneFunktionen, Aufgaben und Befugnisse führen und damit eine effiziente Zusammenarbeitnachteilig beeinflussen.

KommunikationDie Lösung der technischen Kommunikationsprobleme ist eine wesentliche Vorausset-zung, soll sich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit als wirkungsvoll erweisen. Der-zeit werden im Hinblick auf die SMH spezielle Maßnahmen ergriffen, um eine Kommu-nikation mit Rettungsfahrzeugen im Ausland zu ermöglichen. Eine dieser Maßnahmenbesteht in der Ausrüstung der Fahrzeuge mit Anschlusssets für Mobiltelefone. Hierbeihandelt es sich jedoch lediglich um befristete Lösungen, da zu befürchten ist, dass beieiner größeren Katastrophe das gesamte Mobilnetz ausfällt.

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Bei der gegenseitigen Kommunikation spie len drei Problembereiche eine Rolle, die diegrenzüberschreitende Hilfe in ernsthafter Weise behindern können:1. Rettungsfahrzeuge, die die Grenze passieren, können nicht mehr mit der heimischen

Leitstelle in Kontakt treten.2. Rettungsfahrzeuge, die im Ausland operieren, können nicht mit der Leitstelle des

Landes, in dem sie eingesetzt sind, in Kontakt treten.3. In der Praxis hat sich erwiesen, dass die Kommunikation unter den einzelnen Leitstel-

len ebenfalls ernsthaft behindert wird, wenn nicht gar unmöglich ist.

In der Praxis zeigt sich, dass die Leitstelle im Katastrophenfall (Enschede) aufgrund deshohen Telefonaufkommens und einer Überlastung des anwesenden Personals längere Zeitnicht mehr erreichbar ist. Eine Kommunikation mit den Leitstellen jenseits der Grenze istdaher auch nicht möglich, so dass im Ausland geraume Zeit Unsicherheit über Art undUmfang der Katastrophe und den eventuellen Unterstützungsbedarf besteht.Im Bereich der Kommunikation der Hilfsdienste werden die Niederlande zukünftig aufein digitales Netzwerk (C2000) umstellen. Auch in Belgien und Deutschland wird aneinem solchen Digitalnetz gearbeitet. Das belgische Projekt (Astrid) kann dabei an dasniederländische System angekoppelt werden. In Deutschland liegt die Entscheidung fürein solches System (Tetra) noch nicht fest, und es ist nicht sicher, ob hier letztlich einSystem geschaffen wird, das mit den belgischen und niederländischen Systemen kompa-tibel ist. Es ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung, alle an der Katastrophen-bekämpfung beteiligten Hilfsdienste zur Verbesserung der Kommunikation auf ein digi-tales Netzwerk umstellen. In den Niederlanden und Belgien wird dies mit großer Wahr-scheinlichkeit der Fall sein, in Deutschland gibt es jedoch noch Fragezeichen.

Alarmierung der BevölkerungIm Zusammenhang mit der erschwerten Kommunikation zwischen den Leitstellen beider-seits der Grenze stellt sich die Frage, ob eine rechtzeitige Warnung der Bevölkerung imNachbarland, falls notwendig, auch wirklich möglich ist.

Einblick in RisikostandorteIm Zusammenhang mit der Vorbereitung auf mögliche Katastrophen ist es von Bedeu-tung, Einblick in die Bereiche auf der anderen Seite der Grenze zu gewinnen, von denenein Risiko ausgeht wie beispielsweise Chemie- oder Atomanlagen. Mit der Katalogi-sierung solcher Risikostandorte auf oder in der Nähe der Grenze und dem Austausch vonDaten wurde jedoch gerade erst ein mühsamer Anfang gemacht. Zwischen den Nieder-landen und Deutschland gibt es mittlerweile Initia tiven, die einen Informationsaustauschüber Standorte dieser Art im Rahmen der Seveso II-Richtlinie vom März 2001 vorsehen.Der Datenaustausch findet jedoch noch nicht in umfassender Weise statt. So werden bei-spielsweise Einzelheiten über die Lagerung von Feuerwerkskörpern und gefährlicherStoffe sowie Informationen über Einrichtungen, die unter das Bergbaugesetz fallen (Erd-gasstationen), nur fragmentarisch ausgetauscht.

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Anwendung von GrenzwertenIn den drei Ländern werden bei der Ermittlung der Konzentration gefährlicher Stoffeunterschiedliche Kriterien zugrunde gelegt. Aufgrund des technischen Charakters diesesPunktes wurde diese Frage im Rahmen der Untersuchung nicht weiter behandelt. Eskönnte jedoch sein, dass bestimmte Stoffkonzentrationen in einem Land als kritisch undalarmierungswürdig angesehen werden, während die gemessenen Konzentrationen imNachbarland dazu keinen Anlass darstellen. Diese Frage kann beispielsweise beim Ent-weichen von Gaswolken aus einer Fabrik zum Tragen kommen.

Quantitative und qualitative Kenntnis der verfügbaren EinheitenIn nahezu allen Regionen ist man über die Zahl der verfügbaren medizinischen Einheitenim Nachbarland nicht informiert, auf die man im Notfall zurückgreifen könnte. Abgese-hen von dem Unwissen im Hinblick auf Vorhandensein und Anzahl sind auch keine In-formationen über die Art der Hilfsdienste und deren personelle und materielle Ausstat-tung bekannt.

Kenntnis der AufnahmekapazitätenIn einigen Regionen befinden sich in geringer Entfernung voneinander hochklassige me-dizinische Einrichtungen. Diese Einrichtungen werden jedoch durch eine Landesgrenzegetrennt. Dadurch sind keine Kenntnisse über die spezifische Aufnahmekapazität und dieFachbereiche der Krankenhäuser vorhanden, die doch manchmal nur wenige Kilometervoneinander entfernt.

4.5 Ergebnisse

Für die medizinischen Notfallhilfe bei Unfällen und Katastrophen (GHOR) gilt, dass dieim Hinblick auf die grenzüberschreitende SMH konstatierten Problembereiche auch beider Katastrophenbekämpfung von Bedeutung sind. Schließlich handelt es sich bei derGHOR im Idealfall um eine Form der SMH, sei es in viel größerem Umfang.Man hüte sich jedoch vor der Vorstellung, mit der Beseitigung der Problembereiche beider grenzüberschreitenden SMH sei auch ein reibungsloser Verlauf der grenzüberschrei-tenden GHOR gesichert. Die medizinische Notfallhilfe bei Katastrophen ist in den dreiLändern nämlich auf unterschiedliche Weise geregelt. Darüber hinaus fehlen wechselsei-tige Kenntnisse der Systeme, Einheiten und Aufnahmekapazität, so dass von einer effi-zienten Nutzung der Kapazitäten des Nachbarlandes kaum die Rede sein kann.Was die grenzüberschreitenden Hilfsdienste anbelangt, so ist festzuhalten, dass die unter-schiedlichen Katastrophenbekämpfungsorganisationen vor allem national und intern aus-

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gerichtet sind und Risikosituationen im Ausland sowie Hilfe von oder für das Ausland imKatastrophenfall bisher nur in sehr geringem Maße berücksichtigen.Im Bereich der grenzüberschreitenden SMH vollziehen sich derzeit zahlreiche Entwick-lungen im Benelux-Verband, aber auch auf bilateraler Ebene zwischen Belgien und denNiederlanden, zwischen Deutschland und den Niederlanden sowie den einzelnen Regio-nen untereinander. Verschiedene Organen sind in diesem Zusammenhang auf unter-schiedlichen Ebenen intensiv damit befasst, die in früheren ITS –Bericht aufgezeigtenProbleme zu lösen.Mit der Lösung von Problemen im SMH-Bereich ist jedoch nicht automatisch auch einreibungsloser Verlauf der grenzüberschreitenden medizinischen Notfallhilfe bei Katastro-phen gewährleistet. Die grenzüberschreitende GHOR befindet sich eigentlich noch in derOrientierungsphase, obgleich in bestimmten Regionen sehr wohl intensiv an einer Wei-terentwicklung gearbeitet wird (Südlimburg).

Von der SMH zur GHORDie organisatorischen Unterschiede der medizinischen Notfallhilfe bei Katastrophen sindso groß, dass ohne die Kenntnis der wechselseitigen Systeme ein eventueller gemein-samer Einsatz in einem Chaos enden würde. Obwohl die GHOR in den Niederlandenidealerweise gerne als aufgewertete Form der SMH eingestuft wird, reicht die Beseiti-gung der Problempunkte in der grenzüberschreitenden SMH nicht aus, um auch imGHOR-Kontext grenzüberschreitend auftreten zu können.

Nationale AusrichtungDie medizinische Notfallhilfe bei Katastrophen ist in den drei Ländern in erster Linienational ausgerichtet, auch in den Grenzregionen. Detaillierte Kenntnisse über Risiko-standorte und –aktivitäten auf der anderen Seite oder in der Nähe der Grenze fehlen, ma-terielle und personelle Einsatzressourcen des Nachbarn sind in qualitativer und quanti-tativer nicht oder kaum bekannt und ein Überblick über die medizinische Aufnahme-kapazität jenseits der Grenze existiert gar nicht.Auch die offiziellen Verfahren im Hinblick auf die Zuständigkeitsverlagerung spiegelneher eine nationale Ausrichtung. In den Grenzregionen ist lediglich der Kommissar derKönigin für die Anforderung von Hilfeleistungen aus dem Ausland zuständig. In allenanderen Regionen ist dies der Innenminister. Im Hinblick auf die Bedeutung eines schnel-len medizinischen Eingreifens stellen diese Verfahren eine unnötige Verzögerung dar.

4.6 Empfehlungen

Beseitigung der Problembereiche im Bereich SMHDa die Probleme im Bereich der SMH bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeitauch im GHOR-Zusammenhang eine Rolle spie len, gilt es, diese Probleme zu beseitigen.

Kommunikation

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Eines der dringlichsten Probleme stellt der Bereich der Kommunikation dar. Es empfiehltsich, schnellstmöglich eine strukturelle Lösung für Rettungswagen zu erarbeiten, die jen-seits der Grenze eingesetzt werden und nicht mehr mit ihrer Leitstelle in Verbindungtreten können. Darüber hinaus müssen diese Fahrzeuge auch mit der Leitstelle des Landesin Kontakt treten können, in denen sie Hilfe leisten.Außerdem sollten die in der Grenzregionen gelegenen Leitstellen zukünftig unbedingt er-reichbar und in der Lage sein, Kontakt zu den Leitstellen im Nachbarland herzustellen.

Inventarisierung der Risikostandorte und –aktivitätenUm auf mögliche Störfälle vorbereitet zu sein, ist in den Grenzregionen ein wechselseiti-ger Informationsaustausch über alle Standorte und die dort durchgeführten Aktivitätenanzuregen, die ein Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung darstellen. Um die eigent-lichen Hilfsleistungen adäquat vorbereiten zu können, empfiehlt es sich, den Hilfsbedarffür die einzelnen Risikogebiete und den daraus folgenden Einsatzbedarf anzugeben. Inden Niederlanden geschieht dies anhand des Leitfadens zur Bewertung von Katastrophen(Leidraad Maatramp) und des Leitfadens operationelle Leistungsfähigkeit (Leidraad Ope-rationele Prestaties).

Inventarisierung von Material und PersonalIn den Grenzregionen ist ein Informationsaustausch über Art und Umfang der medizi-nischen Einheiten erforderlich, die im Katastrophenfall zur Unterstützung herangezogenoder angefordert werden können. Dabei ist sicherzustellen, dass die medizinische Notfall-hilfe durch das ´Verleihen´ von Einheiten in der eigenen Region nicht gefährdet wird.

Inventarisierung von AufnahmekapazitätenHäufig sind hochspezialisierte und hochwertige Aufnahmemöglichkeiten in den Grenz-regionen nur unweit voneinander entfernt. Durch die Inventarisierung und Nutzung dergegenseitigen Aufnahmekapazitäten kann ein unnötiger weiter Transport von Opfern zuden Kliniken im eigenen Land vermieden werden. In dicht bevölkerten Grenzregionenwie beispielsweise Südlimburg sollte sich die Zusammenarbeit auf dieser Ebene dabeinicht nur auf den Austausch von Informationen begrenzen, hier wäre die Schaffung eineskompletten grenzüberschreitenden Kliniknetzwerkes geboten. Innerhalb eines solchenNetzwerkes könnte dann die spezifische Aufnahmekapazität der einzelnen Krankenhäusergenutzt werden. Bei einem Großschadensereignis mit zahlreichen Opfern, die besondereVerletzungen aufweisen, könnte die Behandlungskapazität jedes einzelnen Kranken-hauses auf diese Weise optimal in Anspruch genommen werden.

Austausch von Daten über Material und PersonalUm die Unterstützung aus dem Ausland auf effiziente und zweckgerichtete Weise nutzenzu können, ist es von wesentlicher Bedeutung, sich wechselseitig über die Möglichkeitenund Kapazitäten auf der anderen Seite der Grenze zu informieren. Informationsaustauschund gemeinsame Übungen sind dabei wichtige Instrumente.

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Informationsstelle grenzüberschreitende ZusammenarbeitViele Projekte im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei der medizi-nischen Notfallhilfe werden bisher lokal angeregt. Hierdurch kommt es zu einer breitenSkala an Initia tiven, deren Existenz weitgehend unbekannt ist. Dies birgt die Gefahr insich, immer wieder mit Problemen konfrontiert zu werden, für die an anderer Stelle be-reits eine Lösung erarbeitet wurde. Eine überregionale Informationsstelle könnte die Re-gionen bei der Entwicklung grenzüberschreitender Initia tiven im Bereich medizinischenNotfallhilfe unterstützen. Hier könnten Informationen über Kooperationen, Problemberei-che und Lösungsansätze zusammengetragen werden. Zuvor sollte im Hinblick auf diekonkrete Ausarbeitung der Aufgaben einer solchen Informationsstelle zunächst eine kurze´Marktanalyse´ vorgenommen werden.

Gemeinsame ÜbungenEine Methode, um Arbeitsweise, Material und Personal auf der jeweils anderen Seite derGrenze kennen zu lernen, sind gemeinsam durchgeführte Übungseinsätze. Von den anBelgien angrenzenden GHOR-Regionen wurden bereits Vereinbarungen für ein entspre-chendes Übungsprogramm mit den belgischen Helfern getroffen, die auf gemeinsameEinsätze bei Katastrophen zielen. Für die an Deutschland grenzenden Regionen könnteein vergleichbares Übungsschema erstellen werden.

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Interviewpartner

Niederlande- Rettungsdienst Niederlande: Frau Deijkers- GHOR Drente/Groningen: Herr Tjarks und Herr Jelsma- GHOR Twente: Herr Heupers- GHOR Südlimburg: Herr Klaassen- RGF-Rat: Herr van Maurik- GHOR Zeeland; Herr Slenter- GHOR Südost-Brabant; Herr Bleumer- RAV Drente; Herr de Vrij- GHOR Achterhoek; Herr Bambang Oetomo- GHOR Mittel-Limburg; Frau Meulensteen- MMT-Ost, Herr Smits

Belgien- Reichsinspektion für das Gesundheitswesen, Antwerpen und Limburg: Frau Machiels- Universitair Ziekenhuis Antwerpen. Herr Beaucourt

Deutschland- Kreis Borken, NRW; Herr Schottmann- Feuerwehr Aachen, NRW; Herr Lausberg

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Abkürzungen

ALS Advanced Life SupportASB Arbeiter Samariter Bund (D)ATLS Advanced Trauma Life SupportBLS Basic Life SupportCGV Coördinator Gewonden Vervoer (Koordinator Verletztentransport)CoRT Commando Rampterrein (Einsatzortkommando)CPA Centrale Post Ambulancevervoer (Meldestelle für Rettungstransporte)CTPI Coördinatie Team Plaats Incident (Koordinationsteam am Einsatzort)CvdG Commandant van dienst Geneeskundig (Medizinischer Kommandant

vom Dienst)DMH Directeur Medische Hulp (B) (Direktor medizinische Hilfe)GHOR Medizinische Notfallhilfe bei Unfällen und KatastrophenGNK Geneeskundige combinatie (Medizinische Kombinationseinheit)HS-GHOR Hoofd Sectie GHOR (Leiter GHOR-Abteilung)JUH Johanniter Unfall Hilfe (D)KTW Krankentransportwagen (D)LNA Leitender Notarzt (D)LuK Leitungs- und Koordinierungsgruppe (D)MANV Massenanfall von Verletzten (D)MHD Malteser Hilfsdienst (D)MIP Medisch Interventieplan (B) (medizinischer Einsatzplan)MMT Mobiel Medisch Team (Mobiles Notarztteam)MUG Mobiele Urgentiegroep (B) (Mobile Notarztgruppe)NAW Notarztwagen (D)NEF Notarzteinsatzfahrzeug (D)OrgL Organisatorischer Leiter Rettungsdienst (D)OvdG Officier van dienst Geneeskundig (Medizinischer Offizier vom Dienst)PHTLS Pre Hospital Trauma Life SupportRAP Regionaal Ambulanceplan (Regionaler Sanitätsdienstplan)RAV Regionale Ambulancevoorziening (Regionale Rettungsdienste)RGF Regionaal Geneeskundig Functionaris (Regionaler Beauftrager für

Medizinische Hilfe)RTW Rettungswagen (D)Sigma Snel inzetbare groep ter medische assistentie (Schnelleinsatzeinheit für

medizinische Notfallhilfe)SMH Spoedeisende Medische Hulpverlening (Medizinische Notfallhilfe)VMP Voorwaartse Medische Post (B) (Medizinischer Aufnahmeposten vor

Ort)