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Orale Antitumor- therapie Selbstmanage- ment Adhärenz Empowerment KEYWORDS Beraten und motivieren Die Pflegekraft als Therapie-Coach Die Therapie von Krebserkrankungen und das Nebenwirkungsmanagement unterliegen einem stetigen Wandel. Eine der größten Veränderungen in den letzten Jahren stellt die Anwen- dung oraler Antitumortherapien dar. Sie erfordert neben dem verantwortungsvollen Selbstmanagement des Patienten auch ein verändertes Therapiemanagement, das der Pflege eine besondere Rolle zuweist. I n den letzten Jahren sind weniger klassische Zyto- statika, dafür verstärkt so genannte zielgerichtete Medikamente entwickelt worden. Dieser Trend wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Bei den Wirk- stoffen unterscheidet man kleine Moleküle, meist Kinaseinhibitoren, die oral appliziert werden, von großen Molekülen, den Antikörpern, die aufgrund ihrer Eiweißnatur nur parenteral (i.v., s.c.) gegeben werden können. Mit den modernen oralen Medika- menten lassen sich heute nicht nur seltene Erkran- kungen behandeln, auch die Prognose konnte viel- fach verbessert werden. Diese Medikamente verfügen über besondere Wirkmechanismen, die zu vielfälti- gen Nebenwirkungen führen können. Nicht jeder Patient ist für eine orale Antitumortherapie geeignet, da auf die Patienten ein hochkomplexes Therapie- regime zukommt. Diese Therapieform impliziert eine hohe Verantwortung an das Selbstmanagement der Patienten, insbesondere, weil diese nicht mehr wie gewohnt unter Aufsicht eine intravenöse Thera- pie erhalten, sondern die Tabletten selbstständig zu Hause einnehmen und lediglich zu Kontrollunter- suchen in die Klinik oder Schwerpunktpraxis kommen müssen. Die Bewältigung komplexer Medikamenten- regime Durch die oralen Tumortherapien und die damit oft- mals verbundene Veränderung der Behandlung von einer akuten hin zu einer chronischen Therapie, er- geben sich neue Herausforderungen für den Patienten an das Medikamentenregime. Doch die orale Tumor- therapie wird in der Regel nur dann folgerichtig und der Anordnung entsprechend eingenommen, wenn es gelingt, diese Therapieform in den Alltag des Pa- tienten zu integrieren. Wir wissen aus zahlreichen Untersuchungen, dass bestimmte Aspekte die Ent- wicklung von Routinen im Rahmen des Medikamen- tenmanagements erschweren. Für die Begleitung von Krebspatienten mit oraler Antitumortherapie bedeu- tet dies, dass das Personal nicht nur Routinen im Rahmen des Medikamentenregimes initiieren, son- dern diese auch thematisieren und gemeinsam mit dem Patienten entsprechende Unterstützungsmecha- nismen suchen muss, um auch weiterhin eine konti- nuierliche Medikamenteneinnahme zu gewährleisten. Je routinierter die Medikamente eingenommen wer- den, desto größer ist aber auch die Gefahr, dass bei Abweichungen der Routine, beispielsweise im Tages- Schwerpunkte der Pflegesprechstunde Erkennen von Ressourcen, Problemen und Wünschen der Patienten im Rahmen der oralen Antitumortherapie (z.B. Einnahmeverhalten, Moti- vation, körperliche Einschränkungen). Kontrolle der Nebenwirkungen anhand von stan- dardisierten Erfassungsinstrumenten und Weiter- gabe der Ergebnisse an den behandelnden Arzt. Information, Anleitung und Beratung von Patienten mit oraler Antitumortherapie im Rahmen des Ne- benwirkungsmanagements (prospektiv und bei bereits aufgetretenen Problemen). Einsatz von Informationsbroschüren und sonstigen Dokumenten zur Sicherstellung der Informationen an den Patienten (Patientenratgeber, Tagebücher). Dokumentation des Beratungsprozesses zur Qualitätssicherung. Umsetzung von Standards und Leitlinien zur Erfas- sung von Nebenwirkungen im Rahmen der oralen Antitumortherapie. Sicherung der Steigerung der Adhärenz des Pati- enten durch einen individuellen und mit dem Arzt abgestimmten Beratungsprozess. 52 PflegeKolleg Krebs & Psyche Heilberufe / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8) © Wavebreak Media/Thinkstock DOI: 10.1007/s00058-013-0760-6

Die Pflegekraft als Therapie-Coach

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Page 1: Die Pflegekraft als Therapie-Coach

Orale Antitumor­therapieSelbstmanage­mentAdhärenzEmpowerment

KEYWORDS

Beraten und motivieren

Die Pflegekraft als Therapie-CoachDie Therapie von Krebserkrankungen und das Nebenwirkungsmanagement unterliegen einem stetigen Wandel. Eine der größten Veränderungen in den letzten Jahren stellt die Anwen-dung oraler Antitumortherapien dar. Sie erfordert neben dem verantwortungsvollen Selbstmanagement des Patienten auch ein verändertes Therapiemanagement, das der Pflege eine besondere Rolle zuweist.

In den letzten Jahren sind weniger klassische Zyto-statika, dafür verstärkt so genannte zielgerichtete Medikamente entwickelt worden. Dieser Trend

wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Bei den Wirk-stoffen unterscheidet man kleine Moleküle, meist Kinaseinhibitoren, die oral appliziert werden, von großen Molekülen, den Antikörpern, die aufgrund ihrer Eiweißnatur nur parenteral (i.v., s.c.) gegeben werden können. Mit den modernen oralen Medika-menten lassen sich heute nicht nur seltene Erkran-kungen behandeln, auch die Prognose konnte viel-fach verbessert werden. Diese Medikamente verfügen über besondere Wirkmechanismen, die zu vielfälti-gen Nebenwirkungen führen können. Nicht jeder Patient ist für eine orale Antitumortherapie geeignet, da auf die Patienten ein hochkomplexes Therapie-regime zukommt. Diese Therapieform impliziert eine hohe Verantwortung an das Selbstmanagement der Patienten, insbesondere, weil diese nicht mehr wie gewohnt unter Aufsicht eine intravenöse Thera-pie erhalten, sondern die Tabletten selbstständig zu Hause einnehmen und lediglich zu Kontrollunter-suchen in die Klinik oder Schwerpunktpraxis kommen müssen.

Die Bewältigung komplexer Medikamenten-regimeDurch die oralen Tumortherapien und die damit oft-mals verbundene Veränderung der Behandlung von einer akuten hin zu einer chronischen Therapie, er-geben sich neue Herausforderungen für den Patienten an das Medikamentenregime. Doch die orale Tumor-therapie wird in der Regel nur dann folgerichtig und der Anordnung entsprechend eingenommen, wenn es gelingt, diese Therapieform in den Alltag des Pa-tienten zu integrieren. Wir wissen aus zahlreichen Untersuchungen, dass bestimmte Aspekte die Ent-wicklung von Routinen im Rahmen des Medikamen-tenmanagements erschweren. Für die Begleitung von Krebspatienten mit oraler Antitumortherapie bedeu-tet dies, dass das Personal nicht nur Routinen im Rahmen des Medikamentenregimes initiieren, son-dern diese auch thematisieren und gemeinsam mit dem Patienten entsprechende Unterstützungsmecha-nismen suchen muss, um auch weiterhin eine konti-nuierliche Medikamenteneinnahme zu gewährleisten. Je routinierter die Medikamente eingenommen wer-den, desto größer ist aber auch die Gefahr, dass bei Abweichungen der Routine, beispielsweise im Tages-

Schwerpunkte der Pflegesprechstunde

▶ Erkennen von Ressourcen, Problemen und Wünschen der Patienten im Rahmen der oralen Antitumortherapie (z.B. Einnahmeverhalten, Moti-vation, körperliche Einschränkungen).

▶ Kontrolle der Nebenwirkungen anhand von stan-dardisierten Erfassungsinstrumenten und Weiter-gabe der Ergebnisse an den behandelnden Arzt.

▶ Information, Anleitung und Beratung von Patienten mit oraler Antitumortherapie im Rahmen des Ne-benwirkungsmanagements (prospektiv und bei bereits aufgetretenen Problemen).

▶ Einsatz von Informationsbroschüren und sonstigen Dokumenten zur Sicherstellung der Informationen an den Patienten (Patientenratgeber, Tagebücher).

▶ Dokumentation des Beratungsprozesses zur Qualitätssicherung.

▶ Umsetzung von Standards und Leitlinien zur Erfas-sung von Nebenwirkungen im Rahmen der oralen Antitumortherapie.

▶ Sicherung der Steigerung der Adhärenz des Pati-enten durch einen individuellen und mit dem Arzt abgestimmten Beratungsprozess.

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ablauf, die Einnahme vergessen wird. Der Patient muss daher darüber aufgeklärt sein, ob er die Tablet-teneinnahme in diesem Fall überhaupt nachholen darf.

Orale Medikamenteneinnahme sicherstellenDie Einnahme der oralen Tumortherapeutika stellt das gesamte Behandlungsteam vor eine große He-rausforderung. Studien zur Adhärenz (siehe Defini-tionen) konnten zeigen, dass im Mittel weniger als 60% aller oralen Medikamente eingenommen werden. Auch wenn die Einnahmequote bei onkologischen Patienten mit 70–80% insgesamt höher liegt, nimmt eine beunruhigende Zahl von Patienten die notwen-dige Behandlung nicht wie geplant ein. In der ADA-GIO-Studie (Noens L et al., Blood 2009) wurden drei Hauptgründe aufgeführt:

▶ Zunehmendes Alter ▶ Zunehmende Therapiedauer ▶ Geringes Wissen des Patienten über seine Erkran-kung

Weitere Gründe für die mangelnde Bereitschaft des Patienten, an den vom Arzt vorgeschlagenen Thera-piemaßnahmen mitzuarbeiten, sind kognitive oder psychische Beeinträchtigungen, der sozioökono-mische Status, mangelnde Kommunikation und man-

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Non-Adhärenz ist häufig auch ein Hilferuf des Patienten nach Unterstützung.

D E FI N ITI O N E N

Compliance

TherapietreueDas Ausmaß, wie das Verhalten eines Betroffenen mit den therapeutischen Empfehlungen übereinstimmt

Adhärenz

TherapiemotivationDas Ausmaß, wie das Verhalten eines Betroffenen mit den therapeutischen Empfehlungen übereinstimmt und wie der Betroffene damit einverstanden ist.

Konkordanz

ÜbereinstimmungPartnerschaftliche Entscheidungsfindung zwischen Betroffenem und Betreuerteam. Konkordanz setzt einen aktiven Einbezug in den Behandlungsprozess voraus.

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gelnder Informationsfluss. Auch die Therapiekosten (Medikamentenzuzahlung) und familiäre Einflüsse spielen eine Rolle. Mit einer verbesserten Unterstüt-zung durch das Behandlungsteam kann die Tablet-teneinnahme problemloser gestaltet werden (z.B. mit speziellen Blistern, Tipps zur Einnahmemotivation, Erinnerungshilfen). Erfahrungsbedingt bleibt hinzu-zufügen, dass Non-Adhärenz häufig auch ein Hilferuf des Patienten nach Unterstützung ist.

Die Rolle der PflegekraftDie Pflegekraft muss ihre Haltung dem Patienten gegenüber stets reflektieren und sich selbst und ihr fachliches und kommunikatives Handeln hinterfra-gen. Als Vertrauens- und Bezugsperson der Patienten trägt sie dazu bei, dass sich der Patient informiert, verstanden und ernst genommen fühlt. Im Sinne der Partizipativen Entscheidungsfindung unterstützt sie den Arzt beim Prozessmanagement und trägt dazu bei, dass der Patient die Therapie jederzeit versteht und sie so in sein Leben integrieren kann, dass ihm immer und in jeder Krankheitsphase eine Bewälti-gung der komplexen Medikamentenanforderungen möglich ist. Darüber hinaus interveniert die Pflege-kraft, wenn der Patient überfordert ist und mit der oralen Tumortherapie nicht zurechtkommt. Dies ist nur durch ein professionelles Vertrauensverhältnis

– basierend auf einer absoluten Akzeptanz des Pati-enten als eigenständigen, denkenden und verantwor-tungsbewussten Menschen – möglich. Nur durch eine entsprechend reflektierte, empathische und respekt-volle Haltung gegenüber der Einzigartigkeit des Pa-tienten wird dieser auf Dauer aktiv an der Behandlung seiner Erkrankung mitarbeiten können und so neben dem Arzt und dem Fachassistenten zum Experten für seine Erkrankung. Die pflegerische Betreuung von Patienten mit oraler Antitumortherapie umfasst folgende Schwerpunkte:

Stärkung der Partizipation. Der Patient hat ein Recht darauf zu wissen, welche Medikamente ihm gegeben werden und wie sie wirken. Er soll dem Arzt und der Pflegekraft gegenüber mündig auftreten und die Be-handler verstehen.

Die Pflegekraft nimmt dabei eine Schlüsselposition ein, indem sie dem Patienten komplexe Vorgänge aus der Erstaufklärung des Arztes noch einmal ausführ-lich erläutert. Durch die Stärkung der Partizipation soll der Patient die Entscheidung für oder gegen eine Therapie aktiv mitgestalten.

Verhinderung von Fehlanwendungen. Der Patient muss genau wissen, wie und wann er welche Medikamente einzunehmen hat. Die Einnahme der korrekten Dosis zur rechten Zeit ist essentiell für den Therapieerfolg. Auch die Anwendung zusätz-licher Medikamente aus der „Hausapotheke“ muss Gegenstand der Beratung sein. Hier klärt die Pflege-kraft den Patienten entsprechend auf und nimmt gegebenenfalls Medikamentenmuster zur Hilfe, um schon im Vorfeld eventuell auftretende Probleme aufgrund der Größe der Medikamente gemeinsam anzugehen.

Förderung des Empowerments. Es ist hinreichend bekannt, dass Patienten ihre Medikamente regelmä-ßiger nehmen, wenn sie entsprechend über deren Bedeutung informiert sind. Die Pflegekraft fördert das Empowerment des Patienten, indem sie sich des-sen Probleme zum Beispiel im Rahmen der oralen Tumortherapie annimmt, sie ernst nimmt und ge-meinsam mit dem Patienten nach passenden Lö-sungen sucht.

Hilfestellung bei der Informationsbewältigung. Die Pflegekraft setzt Broschüren, Filme, Modelle zur In-formation des Patienten gezielt ein. Sie nutzt diese Medien zusätzlich und hinterfragt, ob der Patient deren Inhalte auch verstanden hat. Sie unterstützt den Patienten auch, wenn dieser sich eigenständig, beispielsweise im Internet, informiert hat, nimmt sich der Informationen an und erläutert dem Patienten nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt das Für und Wider dieser Informationen.

O R ALE ANTITUMO R TH E R API E

Vorteile

▶ Der Patient kann seine Therapie selbstbestimmt zu Hause einnehmen und wirkt durch die Tabletteneinnahme aktiv gegen den Krebs.

▶ Tabletten sind dem Patienten als Therapieform bekannt, höhere Bequemlichkeit.

▶ Orale Zytostatika dienen als Option falls i.v.-Therapie nicht mehr anspricht.

▶ Die Prognose einiger Erkrankungen hat sich deutlich verbessert. Auch seltene Erkrankungen lassen sich behandeln .

▶ Der Patient muss seltener Arzttermine wahrnehmen.

▶ Der Patient bekommt keine schmerzhaften Injektionen oder Langzeitkatheter.

Nachteile

▶ Der Patient fühlt sich möglicherweise allein gelassen.

▶ Es erfolgt keine Fremdkontrolle, ob die Therapie eingenommen wird; Einnahmefehler sind nur schlecht zu kontrollieren.

▶ Es gibt nur eine eingeschränkte Kontrolle über zusätzlich eingenom-mene Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel etc., die bei der geringen therapeutischen Breite der oralen Antitumortherapie schnell zu Interaktionen führen können.

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Motivationsunterstützung. Wir müssen zudem davon ausgehen, dass der Patient keine ausreichende intrin-sische Motivation zur Beratung hat, sondern von „außen“ oder durch seine Erkrankung und den Wunsch nach Heilung dazu genötigt wird. Allein der Wille gesund zu werden, führt noch nicht zur not-wendigen Adhärenz und Motivation für die Medika-menteneinnahme. Im Rahmen der Beratung muss daher auch die Motivation zur Medikamentenein-nahme angesprochen und bei Bedarf Unterstützung zur verbesserten intrinsischen Motivation geleistet werden.

Unterstützung bei den komplexen Nebenwirkungen. Besonders beratungsrelevant sind alle Verände-rungen, die die Lebensführung oder das Körperbild des Patienten beeinträchtigen und/oder verändern. Aufgabe der Pflegekraft ist es, Nebenwirkungen zu erkennen und richtig einzuordnen sowie Patienten prospektiv unterstützend und beratend zu begleiten. Diese Aufgaben erfordern eine hohe Fachkompetenz der beratenden Pflegekraft, da mit oralen Antitumor-therapien zum Teil ein ganz anderes Nebenwirkungs-management einhergeht als unter einer intravenösen Chemotherapie. Folgende Nebenwirkungen beispiels-weise fallen in diesen Bereich:

▶ Unter der Behandlung mit Imatinib (Tyrosinkina-seinhibitor) sind Hautreaktionen bei über 80% der behandelten Patienten beschrieben, die in Form von Exanthemen, Ödemen und Pruritus auftreten können. Unter Dasatinib und Nilotinib (Tyrosin-kinaseinhibitoren) sind kutane Toxizitäten (ca. 20% der behandelten Patienten) seltener.

▶ Zu den typischen Hautreaktionen von Sorafenib (Multikinaseinhibitor) gehören Exantheme (ma-kulöses, papulöses oder vesikulöses Hautbild) und vor allem das Hand-Fuß-Syndrom.

▶ Bei den EGFR-Antagonisten (Gefitinib, Erlotinib) gehören kutane Reaktionen zu den häufigsten Ne-benwirkungen (35–100% der behandelten Pati-enten) dieser Substanzgruppe.

Die meisten Nebenwirkungen entwickeln sich inner-halb der ersten Behandlungswochen und bilden sich nach Therapieende zurück. Ein Zusammenhang zwi-schen Auftreten und Schweregrad des Exanthems und dem Ansprechen der Grunderkrankung ist be-schrieben. Daher ist es besonders angezeigt, die Haut-symptome effizient zu mildern, um eine Dosisreduk-tion oder ein Absetzen der Therapie zu verhindern, da gerade diese Patienten von der Behandlung be-sonders profitieren. Häufig kommt es auch zur Bil-dung von Fissuren im Bereich der Hände und Füße mit Berührungsempfindlichkeit, Schmerzhaftigkeit und schlechter Heilungstendenz.

Auch klassische Nebenwirkungen, die wir aus der intravenösen Chemotherapie kennen, können im

Rahmen der oralen Antitumortherapie zu Problemen führen und müssen in die Beratung individuell und patientenorientiert integriert werden (Fatigue, Di-arrhoen, Übelkeit).

Die Pflegesprechstunde – das Therapiemanagement immer im BlickDie vielfältigen Aufgaben der Pflegekraft lassen sich am besten in einer speziellen Pflegesprechstunde umsetzen. Nach eingehender ärztlicher Erstaufklä-rung über die bevorstehende Therapie (Wirkungen, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen sowie Einnah-mevorschriften) kann so im Rahmen des Case Ma-nagements die weitere Beratung und Betreuung des Patienten im Therapieverlauf an fachkompetente Pflegekräfte oder medizinische Fachangestellte dele-giert werden. Vor den regelmäßigen ärztlichen Kon-trollterminen erfasst die Pflegekraft das aktuelle Einnahmeverhalten und Nebenwirkungen (Ist-Zu-stand) und berät dann in Absprache mit dem Arzt den Patienten zu pflegerelevanten Themen.

Mirko LauxDiplom Berufspädagoge (FH), Fachkinder-krankenpfleger, Ethikberater, Beirat der KOK (Konferenz onkologischer Kranken- und Kinderkrankenpflege), Schriftleitung Forum Onkologische Pflege Bäckerweg 30, 60316 Frankfurt am Main

[email protected] beim Verfasser

▶ Pflegekräfte nehmen in der Begleitung von Patienten mit oraler Anti- tumortherapie eine exponierte Stelle ein. Durch ihren kontinuierlichen Patientenkontakt sind sie oft die erste Anlaufstelle eines Patienten und/oder seiner Angehörigen bei Problemen und Komplikationen.

▶ Ihre Kompetenz und Fachlichkeit macht Pflegende zum integralen Bestandteil des multiprofessionellen Teams und einem wichtigen Ansprechpartner für den Tumorpatienten und seine Familie.

▶ Eine qualitativ hochwertige onkologische Versorgung setzt eine konti- nuierliche Kommunikation und enge Kooperation mit dem ärztlichen Team voraus, um auf einer gemeinsamen Vertrauensbasis die umfang-reichen Anforderungen der Behandlung zu erfüllen.

▶ Die Etablierung einer speziellen Pflegesprechstunde kann den Verlauf der Behandlung positiv beeinflussen und sollte im interdisziplinären Behand-lungsteam ein integraler Bestandteil der Patientenversorgung sein.

FA Z IT FÜ R D I E PFLEG E

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