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K O M P E T E N Z I M L A B O R FLEXIBEL. VERLÄSSLICH. PERSÖNLICH. WISSEN KOMPAKT Die Praxis der Titration im Labor IN ZUSAMMEN- ARBEIT MIT

Die Praxis der Titration im Labor - omnilab.de · - Nachvollziehbarkeit + Nachvollziehbarkeit, Dokumentation - Vergleichbarkeit + Richtigkeit und Vergleichbarkeit - Automatisierbarkeit

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K O M P E T E N Z I M L A B O R

F L E X I B E L . V E R L Ä S S L I C H . P E R S Ö N L I C H .

W I S S E N K O M P A K T

Die Praxis der Titration im Labor

IN ZUSAMMEN-

ARBEIT MIT

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nissen zu erhalten, wird auf einen festen pH titriert, der einem Farbumschlagentspricht. Für eine solche Endpunkttitration (EP) ist eine Kalibration der Elektrode erfor-derlich. Andere Titrationen werden als Äquivalenzpunkttitrationen (EquivalencePoint, EQ) durchgeführt. Hier kommt es nur auf die Änderung des Potentialsoder pH-Wertes an. Eine Kalibration einer pH-Elektrode dient lediglich derQualitätsüberwachung. Die Endpunkterkennung kann vielfältig mit unter-schiedlichen chemischen und physikalischen Methoden erfolgen.

Im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung ist die Maßzahl der Titrationweder „pH“ noch „mV“, sondern „ml“, das Volumen. Die Richtigkeit des Volumens muss also für jeden Verbrauch nachgewiesen werden können. DerVerbrauch am Äquivalenzpunkt, Endpunkt oder Farbumschlag zeigt demnachdie Äquivalenz von Probensubstanz und zugegebenem Reagenz an.

Die Titrationen lassen sich nach ihrer chemischen Reaktion unterscheiden,man spricht hier von unterschiedlichen Reaktionstypen. Säure-Base Titrationen: Hier ändert sich während der Titration der pH-Wert. Dies kann durch Farbänderung oder mittels einer pH-Elektrode erkannt werden. Redoxtitrationen: Hier ändert sich die Oxidationsstufe in der Probe. Es wirdmit einem Oxidations- oder Reduktionsmittel titriert und der Endpunkt mittelseiner Farbänderung oder einer Redoxelektrode (z. B. Platinelektrode) erkannt.Fällungstitrationen: Das Zugabe-Reagenz führt zu einer Ausfällung. Diesekann beispielsweise bei der Chloridtitration mittels Silbernitrat anhand einerFarbänderung oder mit einer Silber-Elektrode verfolgt werden. Komplexometrische Titrationen: Metalle werden mit einem Komplex-bildner titriert. Deren Reaktion können mittels Ionensensitiver Elektroden odermithilfe eines Indikators verfolgt werden.Phasentransfertitrationen: Die Detektion erfolgt in einer anderen Phaseals die Reaktion.Ladungstitrationen: Die Menge der Ladungen zum Ladungsneutralpunkt.

Häufig werden Titrationen auch nach der Art der Detektion des Titrationsendesunterschieden: • Chemische Erkennung durch Farbänderung oder Fällung.• Potentiometrisch durch Redoxelektroden / pH-Glaselektroden.• Biamperometrisch durch Doppelplatinelektroden.• Konduktometrisch durch Leitfähigkeitselektroden.• Thermometrisch durch Temperaturänderungen.

Die Titration wird meist als direkte Titration durchgeführt, bei der das Reagenzdirekt zugegeben wird. Es gibt aber auch Fälle, in denen ein Hilfsreagenz zu-gegeben und dann mittels Rücktitration dessen Überschuss bestimmt wird.

Einleitung

Die Titration ist eine der ältesten Methoden zur Gehaltsbestimmung in der Chemie. Im Gegensatz zur Gravimetrie werden keine schwerlöslichen Ver -bindungen getrocknet oder gewogen, sondern zur gelösten Probe wird einReagenz mit bekannter Konzentration zugegeben, solange bis die chemischeUmsetzung beendet wird.

Die Titration findet auch heute noch breite Anwendung in der chemischenAnalytik. Zum einen ist eine Titration sehr einfach und schnell durchzuführen,zum anderen liefert die Titration bereits nach wenigen Minuten ein - bei optimalen Bedingungen - sehr genaues Messergebnis. Eine relative Standard-abweichung von unter einem Prozent ist normal. Nicht ohne Grund verlangennoch zahlreiche Normen die Titration als Methode.

Grundlagen der Titration

Die Titration erfolgt auch heute im Computerzeitalter noch genauso wie vorüber 200 Jahren unter den gleichen Voraussetzungen: • Stöchiometrische und schnelle Reaktion• Stabiles, genau dosierbares Reagenz• Erkennung des Reaktionsendes durch Farbreaktion oder

elektrochemische DetektionNachdem die Reaktion somit bekannt ist, ist der Anwender lediglich für dieEinhaltung der richtigen Bedingungen verantwortlich. Entsprechend sollte aufdie Dosierung des Reagenzes und die Erkennung des Reaktionsendes beson-deres Augenmerk gelegt werden. Die Titration kann manuell mit einfachen Glasbüretten oder auch automatisiertmit chipgesteuerten Titratoren durchgeführt werden. Heute werden über -wiegend letztere eingesetzt, da Genauigkeit und Vergleichbarkeit verbessertwerden, aber auch die manuelle Titration hat ihre Berechtigung. Tab. 1 stelltVor- und Nachteile der Anwendungsformen gegenüber.

Bei der Titration wird vor Beginn der Gehalt der Maßlösung genau bestimmtund ein Korrekturfaktor (Titer) ermittelt, um die Genauigkeit der Messung zuerhöhen. Anschließend wird mittels einer Bürette zu einer Probelösung einReagenz bekannter Konzentration hinzugetropft bis der Äquivalenzpunkt bzw.Endpunkt erreicht ist.Bei der automatisierten Variante ist die genaue Dosierung des Titriermittelsdie Kernfunktion des modernen Titrators. Die Norm ISO 8655 beschreibt dieAnforderungen und Prüfung der genauen Dosierung und muss in gewissenZeitabständen angewendet werden. Die Reaktion wird in der Regel von potentiometrischen Sensoren überwacht, meist wird hier eine pH-Elektrodeeingesetzt. Um eine Vergleichbarkeit mit früheren manuell erhaltenen Ergeb-

Abb. 1: Moderner Titrator mit Probenwechsler im Einsatz

Tab. 1: Vergleich von manueller und automatischer Titration

Manuelle Titration Automatische Titration

+ Sehr schnell + Schnell

+ Genau + Sehr genau

+ Einfach + Nach Implementierung einfach

+ Vielseitig + Vielseitig

+Sehr viele Normen und Vorschriften

+Sehr viele Normen und Vorschriften

- Nachvollziehbarkeit + Nachvollziehbarkeit, Dokumentation

- Vergleichbarkeit + Richtigkeit und Vergleichbarkeit

- Automatisierbarkeit + Automatisierbarkeit

- Einsatz von viel Reagenzien - Einsatz von viel Reagenzien

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Einsatzbereiche der Titration

Die Titration wird in unterschiedlichsten Bereichen der chemischen Analytikdurchgeführt. Beispielsweise in folgenden Bereichen:• Lebensmittelindustrie• Wasser und Umwelt• Chemische Industrie• Pharmazeutische Industrie• Beschichtung und Metallbearbeitung, Galvanik• Ölindustrie

Ein Anwendungsfeld ist die Titration in der Lebensmittelanalytik. Nach § 64 LFBG (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetz)wird eine ganze Reihe von Produkten oder Gehalte in diesen Produktenmittels Titration quantifiziert. Unter anderem werden der Säuregehalt, derSalzgehalt, der Gehalt an Proteinen und Stickstofffunktionen, an Basenoder Oxidationsbestandteilen bestimmt. Ein wichtiger Bereich ist die Bestimmung der Feuchtigkeit oder des Wassergehaltes in Lebensmitteln. Der Wassergehalt beeinflusst zahlreicheEigenschaften, wie z. B. die Haltbarkeit, die Verarbeitbarkeit und den Geschmack von Lebensmitteln. Hier ist die Karl-Fischer Titration die Methode der Wahl, da sie neben einer hohen Genauigkeit auch vergleichs -weise selektiv ist.

Auch im Umweltbereich ist die Wasseranalytik von besonderer Bedeutung.Zu den Methoden der Trinkwasseranalytik kommen die Titrationen für dasAbwasser, für Oberflächenwasser und Meerwasser hinzu [1], [2].

In der chemischen Industrie werden viele verschiedene Methoden ange-wendet. Es werden hauptsächlich Kennzahlen für Produktionsrohstoffe oderFertigprodukte bestimmt, aber auch das Abwasser muss untersucht wer -den. Zahlreiche Methoden sind in Normen festgehalten. Die ISO-Normenund auch die ASTM-Vorschriften werden dabei weltweit eingesetzt.

Die Pharmazie verwendet strikt geregelte und einheitliche Methoden, diein Pharmakopöen definiert sind. Es handelt sich oft um Gehaltsbestimmun-gen der pharmazeutisch wirksamen Stoffe. Auch der Feuchtigkeitsgehaltwird mittels Karl-Fischer Titration bestimmt.

Wirklich unangenehm sind die Proben in der Galvanik. Sie enthalten oftviele starke Säuren und verschiedene Metalle. Die Titration ist hier die wich-tigste Methode und wird oft direkt im Produktionsbereich eingesetzt.

Es ist verwunderlich, dass auch im Öl titriert werden kann. Dies funktioniertin geeigneten Lösungsmitteln. Es werden Säuren bestimmt, um ein Maß fürdie Alterung des Öls durch Oxidation und Umsetzung mit Luft zu erhalten.Auch Basenzahlen und Wassergehalt werden typischerweise titriert.

Methodenüberblick

In den vergangenen 200 Jahren haben sich viele unterschiedliche Verfahrenentwickelt. Es sind heute mehrere 1000 Titrationsverfahren oder Modifikatio -nen bekannt. Im Folgenden werden die wichtigsten Methoden näher erläu-tert.

Weit verbreitet sind Säure-Base Titrationen. Beispielsweise wird die Bestimmung der Gesamtsäure bei fast allen Getränken durchgeführt. Bei derMethode handelt es sich um eine Endpunkttitration auf einen festen pH-Wert.Die Endpunkte können pH 7,0, pH 8,1 oder pH 8,2 sein. Dies hängt von derArt der Säuren und den vorliegenden Vergleichswerten ab. Es wird eine Glas-elektrode für die pH-Messung eingesetzt. Diese muss zunächst kalibriert werden, wofür sich die Puffer 4,00 pH und 7,00 pH gut eignen. Durchmögliche Probleme mit alkalischen Puffern ist eine gute Zweipunkt-Kalibrationohne alkalische Puffer oft genauer als die aufwändigere Dreipunkt-Kalibration. (Zu beachten: Pufferlösungen sollten grundsätzlich nicht im Kühlschrank auf-bewahrt werden, da hierbei Bestandteile auskristallisieren können, die nurschwer wieder in Lösung gehen.) Die Häufigkeit der Kalibration hängt zumeinen von dem Zustand der Elektrode, zum anderen von der Art der Probeund der Matrix ab.

Eine spezielle Methode ist die Bestimmung der Alkalinität in Meerwasser. ImMeerwasser ist ein Mehrfaches des Kohlenstoffdioxids der Atmosphäre gelöst.Der pH-Wert des Meeres sinkt, die Temperatur steigt und damit kann wenigerKohlenstoffdioxid im Meerwasser gelöst werden. Der genaue Gehalt wird mit-

Abb. 3: Moderner Titrator

Maßlösung

Abb. 2: Manuelle Titration(Quelle: Wikipedia, Liquid 2003)

Probelösung

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tels einer Gran-Titration bestimmt - ein Verfahren, das gut mit einem Probenwechsler automatisiert werden kann.

Bei der häufigen Bestimmung von Chlorid oder „Salz“ ist eine Kalibration derElektrode nicht erforderlich. Als Titriermittel wird Silbernitrat verwendet, alsElektrode wird eine Silberelektrode genutzt. Je nach Art der Proben und Pro-benmatrix hat eine elektrochemisch erzeugte Oberfläche von AgCl (Silberchlo-rid) Vorteile. Die Potentiale können jedoch in Abhängigkeit von Zustand derElektrode, Konzentration und Probenmatrix schwanken. Aus diesen Gründenwird so lange titriert bis ein EQ erkannt wird. Es kommt dann nicht auf dasPotential selber an, sondern nur auf die Potentialänderung. Eine „gute“Titration wird somit an einer „guten“ Titrationskurve erkannt. Bei der Analyseder Titrationskurve wird dann die Gleichförmigkeit der ersten Ableitung miteinem einzigen Peak bewertet. Bei dieser Art der Titration spricht man voneiner Fällungstitration.

Eine weitere verbreitete Titrationsart ist die Iodometrie. Hier wird in der Regeleine Probe mit einem Überschuss Iod versetzt, so dass es einen Teil der Probeoxidiert. Das dabei nicht umgesetzte Iod wird anschließend mit Thiosulfattitriert. Dabei handelt es sich um eine Rücktitration, da sowohl das ReagenzIod (oder eine Mischung von Iodat mit Jodid) genau dosiert oder eingewogenwerden muss, als auch die Rücktitration mit einer genau definierten Konzen-tration zu erfolgen hat. Während früher die blaue Farbe des Iod-Stärke-Indi-kators für die Arbeit entschädigte, wird dieser Prozess heute dem Titrator miteiner Redox- oder Dead-Stop-Titration überlassen.

Beim Trink- und Mineralwasser ist die Wasserhärte ein wichtiger Parameter,ebenso sind Calcium und Magnesium gesundheitlich relevant und werden mitEDTA (Ethylenediaminetetraacetic acid) titriert. Zur Detektion werden ent -weder die Calcium Ionensensitive Elektrode (ISE) für die Bestimmung beiderParameter verwendet oder eine Kupferelektrode für die Gesamthärte. Stattder üblichen Einstabmessketten werden oft auch getrennte Messketten (ISEIndikatorelektrode mit separater Referenzelektrode) eingesetzt, da diese etwasrobuster sind. Die Calciumelektrode kann das Signal von Ca und Mg direktdetektieren, während die Kupferelektrode zur Indikation Kupfer-EDTA benötigt,um die Gesamthärte erkennen zu können.

In der Galvanik werden viele Metalle in der Probe ebenfalls komplexo -metrisch bestimmt. Oft wird dabei mit EDTA als Titriermittel und der Cu-ISEals Elektrode titriert. Die Detektion erfolgt als Komplexverdrängungsreaktiondurch die Zugabe von Cu-EDTA.

In der Pharmazie werden häufig komplexe Basen titriert. Die wichtigste Methode ist dabei die Titration mit Perchlorsäure in Eisessig, bei der dieStickstofffunktionen bestimmt werden. Da viele Basen als Hydrochloride vor-liegen, ist auch eine indirekte Bestimmung möglich. Es wird freie Salzsäurezugesetzt und mit Natronlauge zunächst das freie HCl titriert, dann das amStickstoff gebundene HCl. Es ergeben sich zwei Äquivalenzpunkte, deren Dif-ferenz der Anzahl der Aminogruppen entspricht.

Es ist schwer vorstellbar, dass mit einer Glaselektrode in schwarzem Öl eineSäure-Base Titration möglich ist. Doch eine der wichtigsten Titrations -parameter in Ölen sind neben der Karl-Fischer Titration zur Wasserbe -stimmung die TAN (Total Acid Number) und TBN (Total Base Number)Bestimmungen. Es wird bei TAN in Toluol / Isopropanol mit KOH in Isopropanoltitriert, mit einer Glaselektrode und einer Bezugselektrode mit Schliffdia-phragma, meist als Einstabmesskette.

Dies sind lediglich einige Beispiele, um die Bandbreite zu zeigen, wie Titrationsmethoden zur Quantifizierung genutzt werden. Den Link zu fertigenApplikationsschriften und Beispielmethoden finden Sie in den Literaturhin -weisen [3].

Der Umgang mit den Proben und ProbenvorbereitungEs ist nicht immer sichergestellt, dass der Gehalt einer Probe in einem Materialhomogen verteilt ist. Daher ist es wichtig, genügend Probe aus dem Materialzu entnehmen und diese im Anschluss zu homogenisieren. Das bedeutet, dassalle Bestandteile der Probe so gleichmäßig wie möglich vermischt und zerkleinert werden, so dass in 1 g exakt die gleiche Menge (Konzentration)der vorhandenen Inhaltsstoffe wie in 1 kg zu finden ist.

Beide Teile, die Probenahme und die Homogenisierung, sind wichtige Voraus-setzungen, um ein optimales Ergebnis bei der Titration erzielen zu können. Es ist wichtig dafür zu sorgen, dass die Probe homogen verteilt ist, bevordavon eine Teilmenge für die Titration entnommen wird.

Folgende Punkte sollten dabei beachtet werden:

• Gibt es bei flüssigen Proben einen Bodensatz?• Gibt es einen Konzentrationsunterschied durch einen Temperaturunter-

schied im Gefäß?• Handelt es sich um natürliche Proben, die z. B. eine Schale und einen

Innenteil haben?• Haben die Proben eine Beschichtung?• Nimmt die Oberfläche Feuchtigkeit auf?

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Freisetzung des Parameters, der bestimmtwerden soll. So ist z. B. der Chloridgehalt (Salzgehalt) im Käse ein wichtigerIndikator für Haltbarkeit und Geschmack des Lebensmittels. Wird nun dieProbe (ca. 0,5 bis 1 g Käse) in ein Becherglas gegeben und mit Wasser auf-gefüllt, passiert gar nichts. Der Käse schwimmt im Wasser und das Salz bleibtim Käse. Erst mit erhöhter Temperatur und einem Homogenisator gelingt dieweitgehend vollständige Freisetzung des Salzes.

Ein Homogenisator kann bei der Probenvorbereitung vieler Proben sehr guteingesetzt werden, da er Proben schnell zerkleinern und für eine Verteilungsorgen kann. Dabei werden die zu bestimmenden Analysenkomponenten ausden Proben von Wasser oder Lösungsmittel freigesetzt und gleichzeitig gutverteilt. Abb. 4 zeigt den automatisierten Einsatz im Probenwechsler bei derProbenbearbeitung.

Abb. 4: Automatische Zerkleinerung und Verteilung von Proben im Probenwechsler

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Die Titration

Die Titration kann mit einer Bürette oder einem Titrator einfach in einem Labordurchgeführt werden. Für die meisten Proben sind die Methoden wohl bekanntoder auch national oder international normiert. Somit ist die zugrundeliegendechemische Reaktion bekannt. Es müssen allerdings das Titrier-Reagenz unddie passende Elektrode ausgewählt werden.

Die am häufigsten verwendeten Reagenzien sind dabei:

• Natronlauge NaOH (für die Bestimmung von Säuren in wässrigen Systemen).• Salzsäure HCL (für die Bestimmung von Basen, Carbonaten und Hydrogen -

carbonaten in wässrigen Systemen).• Na2EDTA (für die komplexometrische Titration mit Ionensensitiven

Elektroden von Metallen).• AgNO3 Silbernitrat (meist für die Chlorid- oder Salzbestimmung, Halogenide

und Pseudohalogenide).• Na2S2O3 Natriumthiosulfat (für die Rücktitration von Iodometrischen

Reaktionen).• Cer(SO4)4 Cersulfat (Oxidationsmittel für viele Redoxtitrationen).• (NH4)2Fe(SO4)2 Ammonium-eisen(II)-sulfat (Reduktionsmittel für viele

Redoxreaktionen, z. B. CSB).• KOH Kaliumhydroxid in Alkohol (Bestimmung von Säuren in organischen

Lösungsmitteln).• HClO4 Perchlorsäure in Eisessig (Bestimmung von Basen in organischen

Lösungsmitteln).

Folgende Elektroden gehören zur Standardausstattung eines Titrationslabors:

• Kombinierte Glaselektrode mit Platindiaphragma (für alle wässrigen Säure-Base-Titrationen).

• Silber-Einstabmesskette (für die Bestimmung von Chlorid).• Platin-Einstabmesskette (für alle Redoxreaktionen).• Platin-Doppelelektrode (für reversible Redoxreaktionen mit Dead-Stop-

Detektion).• Glaselektrode mit Schliffdiaphragma mit organischen Elektrolytlösungen

(für die Titration in organischen Lösungen).• ISE Elektroden, wie Ca-Elektrode, Cu-Elektrode, Fluorid-Elektrode als

Einstabmesskette oder mit separater Bezugselektrode (je nach Aufgabeund Art der Proben).

Die Proben werden oft als Lösung direkt eingesetzt. In der Praxis werden siemit Pipetten abgemessen. Es ist offensichtlich, dass die Probenabmessungbesonders genau sein muss. Eine Titration kann auf keinen Fall genauer seinals die Probenabmessung. Wesentlich genauer ist die Abmessung mit einerAnalysenwaage. Für Feststoffe ist dies die Methode der Wahl, aber auch Lösungen lassen sich einfach mit einer Waage abmessen. Die Probe wirddazu in eine Einwegspritze gefüllt, auf die Waage gestellt und diese tariert.Nun wird die geforderte Menge in das Titrationsgefäß gegeben, die Spritzeauf die Waage zurückgestellt. Die Waage zeigt nun typischerweise mit vierNach kommastellen das Probengewicht an. Ein solches Ergebnis wird dann z.B. in % oder mg/g im Ergebnis spezifiziert.

Die meisten Titrierreagenzien sind in mehreren Konzentrationen kommerziellverfügbar. Einige benötigen nach dem Öffnen besondere Aufmerksamkeit. Alkalische Titriermittel, wie Natronlauge und Kalilauge, können CO2 aus derLuft absorbieren. Dagegen hilft ein CO2 Absorptionsmittel (z. B. Natronkalk)im Trockenrohr auf der Reagenzflasche, das nach etwa zwei Wochen wieder ausgetauscht wird. Bei den Karl-Fischer Reagenzien muss natürlich Wasserferngehalten werden, was mit einem Molekularsieb mit einer Porengröße von0,3 nm erreicht wird. Das Molsieb kann bei ca. 300 °C über sechs Stundenwieder getrocknet und erneut eingesetzt werden. Die Einsatzzeit wird im Wesentlichen von der Luftfeuchtigkeit bestimmt. Die Reagenzien für die Karl-Fischer-Analyse sollten bei einer höheren Drift ausgetauscht werden.Bei den Elektroden werden in vielen Fällen Glaselektroden für die Säure-Base-Titration eingesetzt. Eine solche Elektrode besteht aus einer Glas-Indikator-elektrode und aus einer Silber-Silberchlorid-Bezugselektrode. Auch andereBezugssysteme wie z. B. Iod / Iodid können eingesetzt werden. Die Glaselek-trode misst selektiv die „Protonen“ in einer Lösung. In organischen Lösungenwerden häufig niedrig-ohmige Gläser und spezielle Schliffdiaphragmen fürdie Bezugselektroden eingesetzt [5]. Damit wird der für die Messung notwen-dige Ladungstransport sichergestellt.

Für die Chloridtitration werden eine Silberelektrode als Indikatorelektrode undeine Silber-Silberchlorid-Bezugselektrode kombiniert in einem Elektroden -körper eingesetzt. Die Silberindikatorelektrode kann mit AgCl beschichtet sein.Für einige Anwendungen wird die Silberelektrode sulfidiert. Die Sulfidschichtist besonders haltbar. In einigen Fällen kann auch eine Glaselektrode als Bezugselektrode eingesetzt werden. Der Vorteil liegt in der einfacheren Hand-

Abb. 5: Beispielformeln für eine Gehalts- und Titerbestimmung

Formel für die Gehaltsbestimmung

EQ [ml] Aquivalenzpunkt in ml ReagenzBlindwert [ml] Eventueller Verbrauch einer Blindwert-Titration in ml,

sonst „0“Titer Sollwert / Istwert einer separaten Titerstellung,

meist ein Wert um 1,000Molgewicht [g / mol] Molgewicht, z. B. 35,45 für ChloridKonz. Titriermittel [mol / l] Konzentration, z. B. 0,1 mol / l100 Umrechnung in %1000 Umrechnung g -> mgEinwaage Die Einwaage in g

Beispiel Chlorid in [%]

% = (EQ [ml] - Blindwert [ml])* Titer * Molgewicht * konz. Titriermittel * 100

1000 * Einwaage [g]

Chlorid [%] = EQ * 0,998 * 35,45 * 0,1 * 100

1000 * 3,1235

Titer = (EQ [ml] * konz. Titriermittel * Molgewicht

1000 * Einwaage [g]

Titer - Chlorid = 1000 * 0,0584

EQ * 0,1 * 58,443

Formel für die Titerbestimmung

EQ [ml] Aquivalenzpunkt in ml ReagenzTiter Sollwert / Istwert einer separaten Titerstellung,

meist ein Wert um 1,000Molgewicht [g / mol] Molgewicht, z. B. 35,45 für ChloridKonz. Titriermittel [mol / l] Konzentration, z. B. 0,1 mol / l1000 Umrechnung g -> mgEinwaage Die Einwaage in g

Beispiel Titer AgNO3 [0,1 mol / l]

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5

4,5

4

3,5

3

2,5

2

1,5

0,5000 1,0000 1,5000 2,0000 2,5000

Einwaage [g]

Verb

rauc

h [m

l]

y = 2,0656x + 0,0055R2 = 1,0000

habung. Es muss kein Elektrolyt in der Bezugselektrode nachgefüllt werdenund es kann zu keiner Verstopfung des Diaphragmas kommen. Allerdingsmuss bei diesen Elektroden der pH-Wert während der Titration konstant sein.Je nach Schaltung verlaufen solche Titrationskurven nicht, wie üblich steigend,sondern fallend.

Die passenden Titrationsparameter werden im Titrator vorkonfiguriert und kön-nen für bestimmte Proben einfach angepasst werden. Viele pH-Titrationenwerden als Endpunkttitrationen durchgeführt. Der Endpunkt wird an dem pH-Wert festgelegt, an dem ein Indikator für die manuelle Titration seine Farbeändert. Typische Endpunkte sind z. B. pH 8,2 (Umschlag von Phenolphthalein),pH 4,3 (Umschlag von Methylrot oder Methylorange) und pH 7,0 (Umschlagvon Neutralrot). Auf diese Weise wird auch eine gute Vergleichbarkeit zwischenmodernen potentiometrischen Titrationen und früheren manuell titrierten Ergebnissen sichergestellt.

Ist die Vergleichbarkeit weniger von Bedeutung, wird meist dynamisch aufeinen oder mehrere Äquivalenzpunkte titriert. Hier kommt es ja ausschließlichauf die Änderung des Potentials an. Die Dynamikparameter bestimmen dieSchrittgröße während der Titration in Abhängigkeit von der Steigung der Titrationskurve. Dabei hat der steile Teil der Kurve kleine Titrierschritte undder flache Teil der Kurve große Titrierschritte. Mit den „mittleren“ Parameternergeben sich häufig bereits sinnvolle Kurven. Ist im steilen Teil die Schrittgrößezu groß, reduziert sich das Auflösungsvermögen, ist die Schrittweite zu klein,wird die Kurve „zappelig“. Das ist gut ersichtlich an der ersten Ableitung, diedann oft mehrere „Peaks“ zeigt (siehe Abb. 8). Dies führt häufig zu falschenAuswertungen und somit zu schwankenden Ergebnissen. Die Titrationsge-schwindigkeit wird auch sehr stark von den Driftparametern bestimmt. Diesebestimmen mit welchen Driftkriterien (mV / min) ein stabiles Signal von derElektrode akzeptiert wird. Das sinnvolle Driftkriterium hängt von derAnwendung ab und liegt zwischen 10 und 50 mV / min.

Nach der Titration liegt die Titrationskurve vor und der Titrator - oder der Anwender selbst, bei einer manuellen Titration - berechnet das Ergebnis auf-grund einer definierten Formel. Diese basiert immer auf dem Dreisatz. Es werden lediglich zwei verschiedene Formeln benötigt: Eine für die Titer -bestimmung (hier ist die Einwaage in Zähler) sowie eine Formel für die Ge-haltsbestimmung (Einwaage in Nenner). Die Formeln sind in Abb. 5 dargestellt.

Verifizieren der Titrationsergebnisse

Für analytische Methoden ist es notwendig, die Ergebnisse einer Prüfung (Validierung) zu unterziehen [6]. Dieser Prozess ist für alle Analysenmethodengleich. Abb. 6 zeigt die Validierungselemente nach dem USP, dem amerikani-schen Arzneibuch.

Die beiden wichtigsten Merkmale bei der Qualitätssicherung sind die Präzisionund die Linearität. Abb. 7 zeigt den Linearitätstest einer Titerstellung einesKarl-Fischer Reagenzes mit einem zertifizierten Referenzmaterial. Es wird der Mittelwert bestimmt, der innerhalb einer Spannweite akzeptiert wird (z. B. 4,5 bis 5,5). Die relative Standardabweichung gibt uns die Information überdie Präzision. Die Ausgleichsgerade muss mit einer Toleranz von einem Tropfen(= 0,05 ml) durch den Nullpunkt gehen und das Bestimmtheitsmaß (oder derKorrelationskoeffizient) müssen besser als 0,99 sein. Alle diese Anforderungensind in dem gezeigten Beispiel erfüllt.

Ein solcher Linearitätstest ist jedoch nur möglich, wenn statt der immer gleichen Standard- oder Probenmenge unterschiedliche Mengen vorgegebenwerden. Im Beispiel werden drei Werte von 1 g bis 2 g jeweils genau auf vierNachkommastellen eingewogen. Auf diese Weise lassen sich mit wenig Aufwand bereits bei einer Titerstellung oder bei einer Probentitration die wichtigsten Validierungselemente überwachen.

MerkmalKategorie I

Gehalts-bestimmung

Kategorie IIGrenz-prüfung

Kategorie IIQuantitativeBestimmung

Kategorie IIIQuantitativeBestimmung

Präszision + - + +

Richtigkeit + (+) + +

Nachweisgrenze - + - +

Bestimmungs-grenze

- - + +

Selektivität + + + +

Bereich + (+) + +

Linearität + - + +

Robustheit + + + +

Vorschriften der USP XXII zur Validierung:• Kategorie I: Hauptkomponenten• Kategorie II: Nebenprodukte• Kategorie III: Leistungsparameter (Wirkstofffreisetzung)

[g] [ml] Titer

1,0000 2,071 4,8576

1,6829 3,482 4,8621

2,0598 4,26 4,8632

Mean 4,8610

RSD 0,0498

Abb. 6: Valdierungsschema

Abb. 7: Linearitätstest

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1,2 1,4ml

1,34 ml248,5 mV

Form der Ableitung ist ok.

3,75 4,375 5,0ml

4,01 ml202,0 mV

Form der ersten Ableitung ist nicht ok, es kann der falsche Peak ausgewertet werden.

Abb. 8: Form der ersten Ableitung

Auch die Qualität einer einzelnen Titration lässt sich bewerten. Die Titrations-kurve sollte glatt verlaufen und die erste Ableitung einen klaren Peak für dieBerechnung des Äquivalenzpunktes liefern. Abb. 8 zeigt auf der linken Seiteeinen gut auswertbaren Sprung mit einer eindeutigen ersten Ableitung.

Auf der rechten Seite ist eine eindeutige Auswertung nicht sichergestellt, dieTitrationsparameter sollten angepasst werden. In diesem Beispiel würde eineVergrößerung der kleinsten Schrittweite das Problem lösen.

Zusammenfassung

Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die Grundlagen der Titration, die ver-schiedenen Methoden und beschreibt die Durchführung der Titration. NebenÜbersichtsinformationen gibt es eine Reihe von praktischen Tipps, um die Titration genauer und sicherer zu machen. Es wird deutlich, dass die Titrationauch heute noch eine weit verbreitete Methode zur Gehaltsbestimmung ist,

die aus der chemischen Analytik nach wie vor nicht wegzudenken ist. Die Titration kann schnell erlernt und auch mit einfachsten Mitteln durchgeführtwerden. Aufgrund ihrer Robustheit und sehr hohen Genauigkeit wird sie injedem Labor eingesetzt und ist auch nach wie vor in vielen Normen vorge-schrieben.

Literatur

[1] Peters, J., Labor & more (2012), Heft 8, S.2.[2] Langer G., Peters J. (2011), Bestimmung der Alkalität im

Meerwasser durch Gran-Titration Whitepaper www.laborpraxis.vogel.de/fachwissen/whitepaper/downloads/17429/J.Peters, Bestimmung der Alkalinität in Meerwasser durch Granberechnung, GIT Labor-Fachzeitschrift 4/2012, S. 240–242,WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, GIT VERLAG, Weinheim

[3] Beispielmethoden auf der Homepage von SI-Analytics: www.si-analytics.com/downloads/publikationen/titration.html

[4] W. Gernand, K. Steckenreuter, G. Wieland, „Greater analytical accuracy through gravimetric determination of quantity“, Fresenius Z. Anal. Chem. (1989) 334:534-539

[5] Iris Sound und Helmut Becker, „Grenzen der pH Messung in nichtwässrigen Lösungsmitteln“ www.si-analytics.com/downloads/publikationen/elektrochemie.html

[6] S. Kromidas, Handbuch Validierung in der Analytik, 2014 Wiley-VCH Verlag, ISBN-13: 978-3527329380

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