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K urz vor der Veröffentlichung seines neuesten Coups erhielt der Geo- archäologe Eberhard Zangger verstö- renden Besuch aus England. Unerwartet kreuzte vor zwei Wochen der Keilschrift- experte Mark Weeden bei ihm auf, um einen dramatischen Appell an ihn zu richten: Zang- ger möge bitte unter allen Umständen die Publikation stoppen; er sei bestimmt einer Fälschung aufgesessen, der Archäologie dro- he bei Veröffentlichung schwerer Schaden. Warnungen dieser Art nimmt Zangger inzwischen mit der Gelassenheit eines Ge- ächteten entgegen, der am Ende mit seinen zunächst kühn erscheinenden Thesen oft recht behalten hat. Seit Jahren bewegt sich der Forscher in einem Gelehrtenmilieu, das ihm gegenüber nur wenig Wohlwollen empfindet. Im Frühjahr des vergangenen Jahres hat- te Zangger die Archäologen wieder ein- mal gegen sich aufgebracht – mit einer neuen Deutung zum Ende der Bronzezeit. Von jeher rätseln Historiker, warum um 1200 v.Chr. innerhalb weniger Jahre die Imperien und Hochkulturen in der Ägäis und im östlichen Mittelmeerraum plötz- lich untergingen ( 28/2016). Eine Kombination aus Naturkatastro- phen, Hungersnöten und einem bronze- zeitlichen Klimawandel hatten Gelehrte bis dahin für den jähen Niedergang diver- ser Großreiche verantwortlich gemacht. Dann kam Zangger. Nach der neuen Theorie des Geoarchäo- logen setzte eine Volksgruppe den Mas- senkollaps in Gang, von der selbst viele Experten vorher noch nie gehört hatten: die Luwier – ein loser Verbund von König- reichen, die in Westanatolien beheimatet waren. Zangger hat allerlei Indizien für seine These gesammelt. Demnach lösten die lu- wischen Krieger mit einer Reihe blutrüns- tiger Feldzüge eine fatale Kettenreaktion aus. An deren Ende ging ein zuvor fein austariertes System weitverzweigten Han- dels und politischer Diplomatie in Feuer und Asche auf. Einen letztgültigen Beweis blieb Zangger gleichwohl schuldig. „Von den Ereignissen nach 1192 v.Chr. sind kei- ne schriftlichen Zeugnisse überliefert“, musste er zunächst zugeben. Nun aber präsentiert der Altertumsfor- scher in seinem neuen Buch doch noch ein verblüffendes schriftliches Zeugnis**. Es sind die Ausführungen eines westanatoli- schen Herrschers, der als Zeitzeuge bestä- tigt, dass die kriegerischen Luwier tatsäch- lich eine Art bronzezeitlichen Weltkrieg aus- lösten. Sein Name klingt, als hätten ihn die * Aus dem Nachlass des britischen Prähistorikers James Mellaart. ** Eberhard Zangger: „Die Luwier und der Trojanische Krieg. Eine Entdeckungsgeschichte“. Orell Füssli; 352 Sei- ten; 25 Euro. 130 DER SPIEGEL / Die Rache des Sonnyboys Archäologie Der Troja-Forscher Eberhard Zangger präsentiert 3200 Jahre alte Hieroglyphen. Das Dokument könnte das Rätsel lösen, warum es am Ende der Bronzezeit zum plötzlichen Zusammenbruch der damaligen Hochkulturen kam. LUWIAN STUDIES Kopie der Hieroglypheninschrift des Großkönigs Kupanta-Kurunta*: Militärmacht von verheerender Vernichtungskraft

Die Rache des Sonnyboys - · PDF fileSturm über Kleinasien Kriegszüge und Völkerwanderungen um 1200 v. Chr. Größte Ausdehnung des Hethiterreichs im 13. Jh. v. Chr. K A S C H K

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Page 1: Die Rache des Sonnyboys - · PDF fileSturm über Kleinasien Kriegszüge und Völkerwanderungen um 1200 v. Chr. Größte Ausdehnung des Hethiterreichs im 13. Jh. v. Chr. K A S C H K

Kurz vor der Veröffentlichung seinesneuesten Coups erhielt der Geo -archäo loge Eberhard Zangger verstö-

renden Besuch aus England. Unerwartetkreuzte vor zwei Wochen der Keilschrift -experte Mark Weeden bei ihm auf, um einendramatischen Appell an ihn zu richten: Zang-ger möge bitte unter allen Umständen diePublikation stoppen; er sei bestimmt einerFälschung aufgesessen, der Archäologie dro-he bei Veröffentlichung schwerer Schaden.

Warnungen dieser Art nimmt Zanggerinzwischen mit der Gelassenheit eines Ge-ächteten entgegen, der am Ende mit seinenzunächst kühn erscheinenden Thesen oftrecht behalten hat. Seit Jahren bewegt sichder Forscher in einem Gelehrten milieu,das ihm gegenüber nur wenig Wohlwollenempfindet.

Im Frühjahr des vergangenen Jahres hat-te Zangger die Archäologen wieder ein-mal gegen sich aufgebracht – mit einer

neuen Deutung zum Ende der Bronzezeit.Von je her rätseln Historiker, warum um1200 v.Chr. innerhalb weniger Jahre dieImperien und Hochkulturen in der Ägäisund im östlichen Mittelmeerraum plötz-lich untergingen (SPIEGEL 28/2016).

Eine Kombination aus Naturkatastro-phen, Hungersnöten und einem bronze-zeitlichen Klimawandel hatten Gelehrtebis dahin für den jähen Niedergang diver-ser Großreiche verantwortlich gemacht.Dann kam Zangger.

Nach der neuen Theorie des Geoarchäo-logen setzte eine Volksgruppe den Mas-senkollaps in Gang, von der selbst vieleExperten vorher noch nie gehört hatten:die Luwier – ein loser Verbund von König -rei chen, die in Westanatolien beheimatetwaren.

Zangger hat allerlei Indizien für seineThese gesammelt. Demnach lösten die lu-wischen Krieger mit einer Reihe blutrüns-

tiger Feldzüge eine fatale Kettenreaktionaus. An deren Ende ging ein zuvor feinaustariertes System weitverzweigten Han-dels und politischer Diplomatie in Feuerund Asche auf. Einen letztgültigen Beweisblieb Zangger gleichwohl schuldig. „Vonden Ereignissen nach 1192 v.Chr. sind kei-ne schriftlichen Zeugnisse überliefert“,musste er zunächst zugeben.

Nun aber präsentiert der Altertumsfor-scher in seinem neuen Buch doch noch einverblüffendes schriftliches Zeugnis**. Essind die Ausführungen eines westanatoli-schen Herrschers, der als Zeitzeuge bestä-tigt, dass die kriegerischen Luwier tatsäch-lich eine Art bronzezeitlichen Weltkrieg aus-lösten. Sein Name klingt, als hätten ihn die

* Aus dem Nachlass des britischen Prähistorikers JamesMellaart.** Eberhard Zangger: „Die Luwier und der TrojanischeKrieg. Eine Entdeckungsgeschichte“. Orell Füssli; 352 Sei-ten; 25 Euro.

130 DER SPIEGEL 41 / 2017

Die Rache des SonnyboysArchäologie Der Troja-Forscher Eberhard Zangger präsentiert 3200 Jahre alteHieroglyphen. Das Dokument könnte das Rätsel lösen, warum es am Ende der Bronzezeit zum plötzlichen Zusammenbruch der damaligen Hochkulturen kam.

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Kopie der Hieroglypheninschrift des Großkönigs Kupanta-Kurunta*: Militärmacht von verheerender Vernichtungskraft

Page 2: Die Rache des Sonnyboys - · PDF fileSturm über Kleinasien Kriegszüge und Völkerwanderungen um 1200 v. Chr. Größte Ausdehnung des Hethiterreichs im 13. Jh. v. Chr. K A S C H K

Wissenschaft

Macher der Augsburger Puppenkiste für eines ihrer Marionettenmärchen ersonnen:Kupanta-Kurunta, Großkönig des StaatesMira, ließ seinen Bericht an die Nachweltum 1180 v.Chr. in Steinquader meißeln.

In Zanggers Besitz befindet sich eine detailgetreue Nachzeichnung dieses luwi-schen Hieroglyphentextes. Es gibt wenigerals eine Handvoll Experten, die sich aufdie Deutung der komplexen Symbolschriftversteht. Erweist sich der historische Textals authentisch, müssten etliche Geschichts-bücher ergänzt, korrigiert oder gar umge-schrieben werden.

Und was, wenn nicht?„Na und? Ich bin es gewohnt, Gegen-

wind auszuhalten“, sagt Zangger. Seit Jah-ren wird sein Treiben von Schmähungenbegleitet. Das war früher mal anders.

In den Neunzigerjahren galt er als blitz-gescheiter Newcomer in der bierernstenAusgräberbranche. „Ich war der Sonnyboyund wirklich beliebt“, erinnert sich Zang-ger. Das änderte sich, als sein Blick aufTroja fiel.

Vor Ort buddelte damals der Archäo -loge Manfred Korfmann recht erfolglos inden Hinterlassenschaften seines Vorgän-gers Heinrich Schliemann herum. Ange-sichts dürftiger Funde stufte Korfmann,der 2005 verstorben ist, den Küstenort inWestanatolien zunächst zum archäologischunbedeutenden „Piratennest“ herunter.Da sorgte Zangger für Aufsehen mit einerspektakulären Vermutung: Das von demgriechischen Philosophen Platon beschrie-bene Eiland Atlantis sei in Wahrheit eineexakte Darstellung Trojas.

Dumm nur, dass Korfmann am längerenHebel saß. Als Zangger 1999 die Sediment -schichten der Ebene von Troja per Hub-schrauber erforschen wollte, habe Korf-mann das Projekt mit aller Macht torpe-diert. „Dieses Vorhaben müssen wir unterallen Umständen verhindern“, soll dermächtige Ausgrabungsleiter bei einfluss-reichen Gesprächspartnern gefleht haben– so beschreibt Zangger die Ereignisse inseinem Buch.

Korfmann habe damals die Fäden gezo-gen und seine Existenz in der Wissenschaftzerstört, sagt Zangger. Keine Universitätwollte ihn danach noch beschäftigen. DiePointe der Geschichte: Nach einiger Zeitübernahm der machtbewusste Professorsogar still und leise Zanggers Hypothesenund gab sie als seine eigenen aus.

Zur Jahrtausendwende geriet Zanggerin eine schwere berufliche und private Krise. Plötzlich stand er ohne Job da. Inder akademischen Welt fand er keine neueAnstellung. In der Folge ging sogar seineEhe in die Brüche.

Die Konfrontation mit Korfmann hatnoch eine weitere Narbe geschlagen: Über

* In den Ruinen der Hethiterhauptstadt Hattuscha.

Troja will Zangger inzwischen am liebstengar nicht mehr reden – obwohl er am Endeweitgehend recht behalten hat. Troja warkein kleines Piratennest, sondern eine an-tike Metropole in einem funktionierendenNetz von Stadtstaaten – dem Reich der Luwier. „Troja war ein zentraler Handels-platz, so wie es Hongkong in unserer Zeitist“, sagt Zangger.

Der gebürtige Westfale glaubt auch, dieLösung für eines der größten Rätsel alterGeschichte präsentieren zu können: Wa-rum kollabierte dieses florierende Handels-imperium so plötzlich?

Offenbar, so Zangger, sei Troja einemPräventivschlag der Hethiter zum Opfergefallen. Der Angriff erfolgte demnach ausreinem Selbstschutz gegen ein Bündnis,das eine Reihe kleinerer Königreiche inWestkleinasien geschmiedet hatten – eben-jene Luwier, die von der offiziellen Ge-schichtsschreibung bislang weitgehendignoriert wurden.

Mit ihrem Pakt hätten die anatolischenProvinzkönige eine bronzezeitliche Mili-tärmacht von verheerender Vernichtungs-kraft geschaffen. Innerhalb kürzester Zeit,so Zangger, überrannte diese monströseAllianz das heutige Zypern und Syrien; anschließend wurde die Führungsschichtder Hethiter ausgelöscht – immerhin diebis dahin dominierende Großmacht Klein-asiens. Durch ihren Raubzug kontrollier-ten die Luwier ein Gebiet, das von Nord-griechenland über Kleinasien bis nach Syrien reichte.

Die Lanzenkrieger dieser Seevölker inva -sion drangen sogar bis Aschkelon an derKüste des heutigen Israel vor – und näher-ten sich damit bedrohlich dem Reich derPharaonen in Ägypten.

Um nicht auch unter die Fuchtel dieserrauflustigen Eindringlinge zu geraten, sei-en Truppen aus Thrakien im Bündnis mithethitischen Kämpfern in das verwaisteTroja entsandt worden, glaubt Zangger.Das Ziel: die völlige Zerstörung des west-anatolischen Wirtschaftszentrums.

Zanggers Luwier-Theorie stieß bei sei-nen Kollegen bislang auf Skepsis. Gab esüberhaupt diese geheimnisvollen Seevöl-ker, deren Köpfe zertrümmert zu habenRamses III. sich rühmte?

Der verrätselte Text des Großkönigs Kupanta-Kurunta wäre der erste direkteschriftliche Beleg für ihre Existenz. Über-dies gäbe er erstmals zweifelsfrei Auskunftüber die Herkunft dieser kriegerischenSippschaft. Sie startete ihren Feldzug dem-nach dort, wo Zangger sie verortet hat: imWesten der heutigen Türkei.

Jetzt, beinahe 20 Jahre nach seinem Ab-stieg aus dem Olymp der Archäologie, wirdder gefallene Sonnyboy womöglich rehabi-litiert. Dass der Altertumsforscher seinenmöglichen Sensationsfund nicht im Feld beiGrabungen gehoben hat, sondern in derrumpeligen Studierstube eines vor Jahrenverstorbenen Londoner Archäologen, mu-tet dabei an wie eine Ironie des Schicksals.

Um die uralte Inschrift rankt sich einwissenschaftlicher Kriminalfall, der mehr

131DER SPIEGEL 41 / 2017

Geoarchäologe Zangger*: „Ich bin es gewohnt, Gegenwind auszuhalten“

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Sturm über Kleinasien Kriegszüge und Völkerwanderungen um 1200 v. Chr.

Größte Ausdehnung des Hethiterreichs im 13. Jh. v. Chr.

K A S C H K Ä E R

250 km

Ugarit

Aschkelon

KIZZUWATNA

Hattuscha

Beyköy

Athen

Seevölkerschlacht(zur Zeit Ramses III.)

Ä G Y P T E R

G R I E C H E NG R I E C H E N

H E T H I T E RMykene

Kreta

RhodosRhodosKnossos

nach Eberhard Zangger

Tiryns

Zypern

LUKKA

MAŠA

Seevölkerallianz (Luwier)

TARHUNTASSA

ARZAWA

SEHAMIRA

HAPALLA

THRAKER

PITASAMilet

WILUSA

M i t t e l m e e r

Nildelta

Troja

als ein Jahrhundert umspannt. Alles be-gann 1878: Türkische Kleinbauern klaub-ten in dem Dorf Beyköy 30 Kalksteinblö-cke aus dem Erdreich, in die merkwürdigeZeichen und Formen gekratzt worden wa-ren – die Hinterlassenschaft von Kupanta-Kurunta. Beamte der zuständigen Antiken-abteilung wollten den Fund aus der Pro-vinz sicherstellen, kamen aber zu spät:Fleißige Arbeiter hatten die Quader bereitsin das Fundament einer neuen Moscheeverbaut.

Lediglich ein Zufall verhinderte, dassKuruntas Bericht für immer auf der Bau-stelle verschwand: Der französische Ar-chäologe Georges Perrot war, begleitet voneiner Polizeieskorte, zum Fundort geeiltund hatte die Hieroglyphen von Hand ko-piert – obwohl er sich auf die Zeichen kei-nen Reim machen konnte.

Offenbar geriet das historische Materialnun auf eine „haarsträubende“ (Zangger)Odyssee. In den Zwanzigerjahren war eserstmals möglich, die Hieroglyphen an-satzweise zu entziffern. Das Ergebnis seiallerdings ein Schock für das nunmehr von Mustafa Kemal Atatürk regierte undwestlich orientierte Land gewesen, soZangger.

Denn durch die spektakuläre Überliefe-rung kam ans Licht, dass die Türken nichtetwa das Erbe der als Kulturvolk gerühm-ten Hethiter angetreten hatten; dem histo-rischen Bericht zufolge waren vielmehrdie als Barbaren geschmähten Völker desluwischen Kulturkreises siegreich gewesen

und hatten das Land vor drei Jahrtausen-den zur frühen Blüte geführt.

Atatürk soll damals Teile des in Beyköyaufgetauchten Materials einkassiert ha-ben – und stand damit am Anfang einerlangen Tradition von Vertuschern. Auchals die schriftlichen Überlieferungen An-fang der Sechzigerjahre längst nahezukomplett entschlüsselt waren, wurde eineVeröffentlichung immer wieder in letzterMinute verhindert.

Am Ende kümmerte sich nur noch derPrähistoriker James Mellaart um das Mate-rial. Der britische Gelehrte hatte nicht nurPerrots Zeichnung der Inschrift Kupanta-Kuruntas von Hand kopiert, sondern auchDutzende weitere frühhistorische Quellen.

Mit manischem Forschereifer sortierteund arrangierte Mellaart das Materialabends in seiner Freizeit neu – tagsüberarbeitete er als Dozent am Institute of Ar-chaeology des University College London.Er erstellte Königslisten und Karten undbrachte damit erstmals Struktur in denhochkomplexen Stoff.

Hunderte Blätter häufte Mellaart in ei-ner Pappmappe an, offenbar in der Über-zeugung, eine gewaltige historische For-schungslücke geschlossen zu haben. Dochdann verließen den älteren Herrn die Kräf-te. Ein befreundeter Hethitologe war vonder umfänglichen Materialsammlung of-fenbar so verstört, dass er Mellaart sogarder Fälschung bezichtigte.

Zermürbt von dem andauernden Zankum den spektakulären Hieroglyphenfund,

deponierte Mellaart den Pappordner in ei-nem abgelegenen Winkel seines Arbeits-zimmers; dort lag er noch, als der Wissen-schaftler 2012 im Alter von 86 Jahrenstarb.

Von Mellaarts Sohn Alan übernahmZangger schließlich die Sammlung vonTexten und Zeichnungen und hütet sie seit-her wie einen kostbaren Schatz. Das Kon-volut lagert in einem Safe in seiner Woh-nung in Zürich.

Dass es sich um eine Fälschung handelnkönnte, glaubt Zangger ausschließen zukönnen. Mellaart nehme in dem Materialbereits historische Erkenntnisse vorweg,die von der Forschung teilweise erst Jahr-zehnte später vermeldet wurden.

Zudem sei wohl selbst ein hochbegabterKopf wie Mellaart kaum in der Lage ge-wesen, einen derart reichhaltigen Kosmosdes Altertums zu erfinden, wie ihn die Fül-le des Materials birgt.

Auch deshalb werden die Beyköy-Textenun, rund 140 Jahre nach ihrem Auftau-chen, erstmals in Auszügen veröffentlicht.Mellaart wäre damit sicher einverstandengewesen. Von dem Hickhack um die histo-rischen Schriften war der Altertumsspezia-list offenbar mächtig genervt.

Auf einem gelben Zettel, der auf derverblichenen Pappmappe klebt, hatte Mellaart mit krakeliger Schrift einen altengälischen Fluch notiert: „Und an alle Geg-ner: Mögen eure Namen so glorreich in Erinnerung bleiben wie der Mist eurerSchafe.“ Frank Thadeusz

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