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553 3. Die RoELe cles Kr*istalLwasaem urn& die Struktui8 t'ma Clerne*as Sckaef er und Martha Sc7hubert. der Alaune. (Antwort am Hrn. L. Vegard); Iu diesen Annalenl) haben wir vor kurzem einige Be- merkungen veroffentlicht, die sich auf eine gleichnamige Arbeit der Herren Vegard und Schjelderup? beziehen. Einerseits haben wir darin ein auf die Rolle des Kristallwassers beziig- liches Resultat dieser Herren fur uns reklamiert, anderseits Zweifel an der Richtigkeit des von ihnen angegebeneu Alaun- modells begriindet. Darauf hat Hr. Vegard kiirzlich geaut- wortet. 3, Er gesteht zu, daB wir beziiglich des Kristallwassers ,,eine Bhnliche Ansicht" geiiu6ert haben, lehnt jedoch die Anerken- nung nnserer Prioritat ab, da er ,,in den ausgefiihrten Ver- suchen keinen Beweis fur die Richtigkeit dieser Anschauung" habe finden k8nnen. Er referiert dann kurz die Ergebnisse unserer Arbeit ,,Zum optischen Verhalten des Kristallwassers" 5, uud kniipft nun seiuerseits daran kritische Bemerkungen iibcr die Sicherheit unserer Resultate. SchlieBlich halt Hr. Vegard sein Alaunniodell aufrecht ; er anerkennt zwar, daB, worauf wir hingewiesen hatten, keine konstante SO,-Gruppe in demselben auftritt, er erklsrt soga:., eine solche sei mit seinen und Schjelderups Nessungeii nnvertraglich, - und geht nun seinerseits dazu iiber. die Resultate unserer weiteren Arbeit ,,Kurzwellige ultrarote Eigen- frequenzen der Sulfate und Karbonate" 6), aus denen die Existenz 1) C1. Schaefer u. BI. Schubert, Ann. d. Phys. 66. p. 397. 1914 2) L. Vegard u. Schjelderup, ibid. 64. p. 146. 1917. 3) L. Vegard, ibid. 66. p. 291. 1919. 4) Wieso nur ,,lihnlich"? Unser R e d t a t ist dem Vegard-Schjei- 5; C1. Schaefer u. &I. Schubert, ibid. 60. p. 339. 1916 (Arbeit 11.. u; CI. Schaefer 11. M. Schubert, ibid. 60. p. 283. 1916 (Arbeit I). (im folgenden als Arbeit I11 zitiert). d eyu pschen nicht nur Lhnlich, sondern mit demselben identisch!

Die Rolle des Kristallwassers und die Struktur der Alaune. (Antwort an Hrn. L. Vegard)

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3. Die RoELe cles Kr*istalLwasaem urn& die Struktui8

t'ma Clerne*as S c k a e f e r und M a r t h a Sc7hubert. der Alaune. (Antwort a m Hrn. L. V e g a r d ) ;

Iu diesen Annalenl) haben wir vor kurzem einige Be- merkungen veroffentlicht, die sich auf eine gleichnamige Arbeit der Herren Vegard und Sch je lde rup? beziehen. Einerseits haben wir darin ein auf die Rolle des Kristallwassers beziig- liches Resultat dieser Herren fur uns reklamiert, anderseits Zweifel an der Richtigkeit des von ihnen angegebeneu Alaun- modells begriindet. Darauf hat Hr. Vegard kiirzlich geaut- wortet. 3,

Er gesteht zu, daB wir beziiglich des Kristallwassers ,,eine Bhnliche Ansicht" geiiu6ert haben, lehnt jedoch die Anerken- nung nnserer Prioritat ab, da er ,,in den ausgefiihrten Ver- suchen keinen Beweis fur die Richtigkeit dieser Anschauung" habe finden k8nnen. Er referiert dann kurz die Ergebnisse unserer Arbeit ,,Zum optischen Verhalten des Kristallwassers" 5,

uud kniipft nun seiuerseits daran kritische Bemerkungen iibcr die Sicherheit unserer Resultate.

SchlieBlich halt Hr. Vegard sein Alaunniodell aufrecht ; er anerkennt zwar, daB, worauf wir hingewiesen hatten, keine konstante SO,-Gruppe in demselben auftritt, er erklsrt soga:., eine solche sei mit seinen und Sch je lde rups Nessungeii nnvertraglich, - und geht nun seinerseits dazu iiber. die Resultate unserer weiteren Arbeit ,,Kurzwellige ultrarote Eigen- frequenzen der Sulfate und Karbonate" 6), aus denen die Existenz

1) C1. S c h a e f e r u. BI. Schubert , Ann. d. Phys. 66. p. 397. 1914

2) L. Vegard u. Schje lderup, ibid. 64. p. 146. 1917. 3) L. Vegard, ibid. 66. p. 291. 1919. 4) Wieso nur ,,lihnlich"? Unser R e d t a t ist dem V e g a r d - S c h j e i -

5; C1. S c h a e f e r u. &I. Schubert , ibid. 60. p. 339. 1916 (Arbeit 11.. u; CI. S c h a e f e r 11. M. Schubert , ibid. 60. p. 283. 1916 (Arbeit I).

(im folgenden als Arbeit I11 zitiert).

d eyu pschen nicht nur Lhnlich, sondern mit demselben identisch!

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einer SO,-Gruppe bei den Sulfaten deutlich hervorgeht, zz bezw eifeln.

Diese Sachlage zwingt uns zu uiiserem Bedauern zu einer nochmaligen kurzen Darlegung.

CI. Schaefer u. AI. Sehu6et.t.

I. Die Kristalbtruktur der Alrtune, die Existenz einer 80,-Gruppe.

Diese Frage YaBt sich verKaltnism%iBig kurz erledigen. Denn wie oben erwiihnt, erkennt Hr. Vegard die von uns

hervorgehobene Tatsache, daS in seinem Model1 eine konstante SO,-Gruppe gar nicht auftritt, ausdriicklich als richtig an; er bekraftigt sie sogar, indem er behauptet, eine solche sei mit seinen Messungen unvertraglich. In diesem letzteren Punkte ist nun Hr. Vegard zweifellos im Irrtum; denn fast gleich- zeitig mit unserer Kritik - aber ghnzlich unabhangig davon - hat Hr. Niggli') die genannte Arbeit der Herren Vegard und Sch je lde rup zum Ausgangspunkte einer eindringenden Untersuchung gemacht. Er komrnt dabei zu dem Resultat. einerseits, daB das V e g a r d -Sc h j e lder up sche Alaunmodell fdsch ist - genau wie wir es behauptet haben -, ,anderseits zeigt er: iiber uns hinausgehend, cla0 die Annahme einer kon- stanten SO,-Gruppe mit Veg a r d s Messungen durchaus verein- bar ist und gibt dann das richtigca Alaunmodell an.

Hr. Vegard hat diese Arbeit des Hm. Niggli offeenbar nicht gekannt, sonst wiirde er seine jetzige Behauptung nicht haben lnachen konnen.

Wie in der Einleitung bereits erwahnt, bezweifelt Hr. Ve - g a r d - notgedrungen, da er die Richtigkeit unserer Kritik an seinem Alaunmodell nicht zugeben will -, daB aus unsern Messungen an den Sulfaten die Existenz einer SO,-Gruppe her vorgehe .

Die Tatsachen, auf die wir unsere 13ehauptung stiitzen, sind die folgenden: Alle Sdia tc besitzeii bei etwa Y p und 16 Stelleti selektiver Befiexion. Die 2;age dieser i h x i m a ist fast vollig u?iubhanqG~ vom Metallion. Daher konnen sie nicht - wie Hi: Vegard uns irrtiimlich uoterschiebt - Schwingungen des ganzen (als starr gedachten) 'SO,-Ions gegen das Metallion zukommen, weil in diesem Falle leine starke Abhangigkeit der _ _

1) P. Niggl i , Phys. Zeitschr. 19. p. 225. 191$.

Die Rode des Kristallwassers und die Struktur der Alavne. 585

Wellenlange der Eigenschwingungen vom Atomgewicht des Metallions zu erwarten ware; vielmehr sind es ,,innere" Schwingungen der SO, - Gruppe, d. h. solche der einzelnen Massen dieser Gruppe gegeneinander.

DaB es sich nach unserer Auffassung urn solche inneren Schwingungen handelt, haben wir auadriicklich z. B. p. 336 unserer Arbeit I hervorgehoben ; diese Auffassung wird, soweit uns bekannt ist, auch von allen auf diesem Gebiete arbeiten- den Forschern als richtig anerkannt. l)

Wir miissen sehr bedauern, daB Hr. V e g a r d sich nicht veranlal3t gesehen hat, unsere Arbeit sorgfdtig zu lesen, sonst ware dieses handgreifliche MiBverstandnis auf seiner Seite gar uicht moglich gewesen.

XI: Die Rolle des Kristallwaeeers. Die vorhin erwanten Reflexionsmasima der Sulfate, ebenso

die der Karbonate , Nitrate 2), Bromate , Chlorate , Jodate, Metasilikate ,) zerfallen in Partialschwingungen, die eine ganz bestimmte Zuordnung zu den Polarisationsrichtungen dee ein- fallenden Lichtes zeigen. Darauf beruht unser weiterer SchluB, daB diese inneren Schwingungen der SO,-, C0,-, NO,-, Br0,-, ClO,-, J0,-, SiO, - Grupperi gleichzeitig Ruumgitterschwingungen sind, - im besten Einklange mit samtlichen neueren Erkennt- nissen uber die Kristallstruktur.

Unser SchluB bezuglich der Rolle des Kristallwassers beruht nun gerade darauf, dap die H20- Gruppe des Kristall- wassers genuu dieseiben Eigenschuften zeigt, wie die oben er- wahnten andern Griippen.*)

In der Tat: Einmal treten in allen wasserhaltigen Kristallen die Eigenschwingungen des freien Wassers bei etwa 5,2 p und 6,2 p auf5), nur unwesentlich durch Eintritt in die Ver- bindung verschoben. Zweitens zerlegen sich diese Eigen-

1) Z. B. Liebisch u. H. Rubens, Sitz.-Ber. d. Berl. Akad.

2) C1. Schaefer u. M. Sehubert, Ann. d. Pbys. 66. p. 577. 1918

3) Erscbeint demnlchst in den Annalen. 4) Arbeit 11. p. 342ff. 5) Diese Eigenschwingungen treten auch in Absorption beim H,O-

p.216. 1919.

(Arbeit IV).

Damp€ auf.

586 Cl. Schaefer 71. 171. SchirheTt.

frequenzen hei den doppeltbrechentien Krijtallen in awei bzw. drei Partialfrequenzen, die eine bestimmte Zuordnung zu deri Polarisationsrichtungen des einfallenden Lichtes aufweisen - beides gauz genau so, wie bei den oben erwahnten Gruppen Vnser SchluS ist demnach ganz unausweichlich, da/3 azicii diese [email protected] gleichzeitiy innere Schwinguryen der G r u p p ii30 und Raumgitterschwingungen sind, d. h. clap aiccli die H,O- Gruppe als wesentlicher Bestandteil ins Raumyitter eintrilt.

Ueslia11, halten wir tinseren AD1.ioritatsunspr~1c~i .qegen dze lferren P e g a r d und Schje lderup oollkomrnen aufieclit.

Hrn. Vegards Argumentation gegen die Biindigkeit unseres Schlusses ist im einzelnen folgende:

1. Erstens bestreitet er, wie schon oben gesagt, die Existenz bestimmter SO,-, . . . USW. - Gruppen, um unserni Andogieschlusse auf die H,O-Qruppe den Hoden zu entzieheu. hber mie oben dargelegt, beruht dieser Teil der Beweisfiihrung V e g a r d s anf einem volligen MiSverstandnisse dessen, was wir gesagt haben und beruhrt deshalb msern SchluB iiber- haupt nicht.

2. Hr. Vegard sucht ferner die Richtigkeit unseres Be- iundes beziiglich der H,O-Gruppe in Zweifel zu ziehen, indem ei. unsere Worte in der Srbeit 11, ,&I3 die Versuche noch nicht abgeschlossen und in mancher Beziehung verbesserungs- falijg seien", dahin interpretieren zu kiinnen glaubt, daB itnsere Resultate ,,an der Grenze ties mijglichen Fehlers" und &her unsicher seien. Wir miissen durchaus Einspruch da- gegen erheben, daB unsere Worte in diesem ganz willkiirlichen Sinne von Mrn, V e g a r d gedeutet werden. 8ie sollten, wie RUS dem Zusammenhange ganz deutlich liervorgeht , lediglich einen Vorbehalt beziiglich der absoluteen Wellenlangenangaben bedeuten, nicht aber beziiglich dler Telativen (d. h. der Auf- yaltung in Partialfrequenzen), auf die es ulleiit ankommt.

3. Ferner versucht Hr. V e g s r d dureli quantitative Ver- gleiche des von uns gefundenen Verhdteus der H,O - Gruppe mit dem der SO,- urid C0,-Gruppe zu zeigcn, daB unsere Xessungen unsern Schluf3 suf die ganz analoge Eolle der H,O-Gruppe nicht rechtfertigen. I+ behauptet, da8 die A d - spaltung der H,O - Eigenschwiogungen in PartialfreqnenLen ungefahr von zehnmal kleinerer GrGBenortinung sei. a13 die

Aufspaltung der SulfateigellschR;ingungen und von etwa hnidert- ma1 kleinerer GroBenordnung, als bei der C0,-Gruppe.

Darauf ist zunachst zu erwidern , daB diese Behaugtung Vegards in ihrer Allgemeinheit gar nicht zutrifft. Denn es gibt nnter den von uns untersuchten Sulfaten manche, die eine Aufspaltung von derselben GrbBenordnung zeigen , wie es bei der H,O-Gruppe der Fall ist. Wir nennen etwa die Eigen- schwingung bei 16 y von Natriumkaliumsulfat, diejenige bei 9 p von Lithiumkaliumsulfat und Nickelsulfat usw. Wir miissen ckher wieder sehr bedauern, da3 Hr. Vega rd unsere Arbeit I nicht sorgfaltig gelesen hat. Ferner aber: Selbst die Behaup- tung des Hrn. Vegard in ihrer allgemeinen Fassung zugegeben, so wurde das nichts beweisen. DaB sehr verschiedene GriiBen- ordnungen der Aufspaltung (1 zu 10) vorkommen kannen, beweist ja schon der Vergleich der SO,- und C0,-Gruppe - und darin findet Hr. Vegard offenbar gar nichts Merkwiirdiges. Welche Grunde sollten iiberhaupt dafur vorhanden sein, daB alle Gruppen die namliche Aufspaltung zeigen sollten? Im Gegenteil spricht sehon von vornherein vieles clagegen. Z. B. ist das H,O- Maximum bei 3,2 p sehr schwach (ca. 4 Proz.) gegeniiber deli Maximis der SO,-Gruppe (40 bis 80 Proz.) bei 9 ,u uiid denen der C0,-Gruppe. Ferner ist bei den Karbonaten doch auch die Doppelbrechung con einer ganz anderen GroBenordnung als bei den Sulfaten, was gleichfalls dafiir spricht, daB auch der Dichroismus Unterschiede in derselben GroBenordoung nuf- weisen kann. Kurz, wir kiinnen diesen Grund in keiner Weise als stichhaltig anerkennen.

Inzwischen ist nun auch die von uns in Arbeit I11 an- gekundigte Arbeit von Frl. K. Brieger ' ) erschienen, von der Hr. V e g a r d leider wieder keine Kenntnis genommen hat. Darili sind, abgesehen von einigen belanglosen Korrekturen der absoluteii Wellenl&ngen, die wir erwartet hatten, alle quantitativen und quall- tntiven Erge6nisse unserer hbei ten vollkommen 6esttitl:gt zcoTdeii.

Damit ist endgiiltig der versuchten Antikritik des Krrr. V e g a r d der Boden entzogen.

4. Hr. Vegard schreibt die Schwingungen sowohl der SO,-, als auch der 0 , -Oruppe dem Sauerstcff zu, ohne eiue

1) B. Brieger , Zuni optischen Verhalten des Kristallwassers. Anri. d. Phys. 57. p. 287. 1919.

588 Cl. &hoel'er 11. iM. Sciiubert. Die .Ro2le des liristaElwassera usw.

niihere Erklarung zu geben, wie er dies meint. Er zieht jedenfalls eine recht merkwiirdige Konsequenz daraus, namlich die, da8 die Schwingungen der C0,-Gruppe eigentlich bei 9 p liegen muBten. Da sie dies aber leider nicht tun, - so bildet er den Mittelwert der beiden ersten Eigenschwingungen der C0,-Gruppe, die bei etwa 6,5 p und 11,5 p liegen, und erhalt so den von ihm gewunschten Wert von 9 p. Abgesehen da- von, daB diese ,,Berechnung" schon bei der NO,-Gruppe, bei der die Zuordnung der Partialfrequenzen zu den Polari- sationsrichtungen eine durchaus andere ist, als bei der C0,- Gruppe, versagt - von unserer Arbeit IV iiber die Nitrate, in der dies ausfuhrlich erortert ist, hat Hr. Vega rd wieder keine Notiz genommen - kann ma.n naturlich auf diese Weise alles beweisen, was man will. Es ist wohl nicht notwendig, genauer auf diesen Punkt einzugehen. -

Es lage uunmehr nahe, den allgemeinen Gedankengang der Antikritik V e g a r d s auf seine genaeinsam mit Sch je lde rup verfaBte Arbeit uber die Kristallstruktur der Alaune und die Rolle des .Krist,allwassers anzuwenden. Da die Herren zweifel- 10s ein falsches Alaunmodell angegeben haben, so konnten wir sicherlich mit mehr Recht als sie nunmehr schlieBen, da,B auch ihr Resultat uber das Kristallwasser nicht bewiesen sei. Wie man sich dazu auch stellen moge, jedenfalls steht fest, dsB von einer Prioritat ihrerseits nicht die Rede sein kana

Wir fassen die Resultate der obigen Ilarlegungen in die Satze zusammen:

1. Bas von J7egapd iind S c h j e l d e t u p angegebene Maun- modell ist unrichtig.

2. Ber von ilrnen ausgesproehene Satz uber die Roue des Xristallwassers ist zwei Jahre fruher schon von iins bewiesen worden: wir halten unsetn Prioritiitsanspruch daher 2n vo&m Umfange aufrecht.

3. u i e untgekeht nun uon Y e g a r CE versuchte Kritik unserer Resultate w i d als unzutreffend zuriickyewiesen.

Breslau, Phys. Institut d. Universit$it, Aprii 191 9.

(Eingegangen, 13. Mai 1919.)