9
Die Sonne Simon Schmitt Johannes Gutenberg-Universität Mainz 1

Die Sonne - A1-Collaboration · I. MOTIVATION Die Sonne ist einer der für die Menschheit wichtigsten Himmelskörper. ... Versuch der Nutzbarmachung der Kernfusion weiter an Bedeutung

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die Sonne - A1-Collaboration · I. MOTIVATION Die Sonne ist einer der für die Menschheit wichtigsten Himmelskörper. ... Versuch der Nutzbarmachung der Kernfusion weiter an Bedeutung

Die Sonne

Simon Schmitt

Johannes Gutenberg-Universität Mainz

1

Page 2: Die Sonne - A1-Collaboration · I. MOTIVATION Die Sonne ist einer der für die Menschheit wichtigsten Himmelskörper. ... Versuch der Nutzbarmachung der Kernfusion weiter an Bedeutung

I. MOTIVATION

Die Sonne ist einer der für die Menschheit wichtigsten Himmelskörper.

Der überwiegende Teil der nutzbaren Energie auf der Erde kommt von der Sonne. Nur

durch ihren stetigen Energieeintrag herrscht auf der erde eine Temperatur, welche Leben

erst ermöglicht. Auch die Energienutzung der Menschheit hängt im großen Maße von der

Sonne ab. Sei es die Erzeugung von Strom durch Photovoltaik oder die Verbrennung von

Fossilen Energieträgern.

Darüber hinaus ist die Sonne ein ausgezeichnetes Anschauungsobjekt der Astrophysik.

An der Sonne als typischem Hauptreihenstern können Untersuchungen gemacht werden und

Theorien überprüft werden, welche sich auf Lichtjahre weit entfernte Objekte beziehen.

In den letzten Jahrzehnten hat die Untersuchung Sonne durch die Erforschung und den

Versuch der Nutzbarmachung der Kernfusion weiter an Bedeutung Gewonnen. Sie ist der

einzige kontinuierlich arbeitende Fusionsreaktor im Umfeld der Menschheit.

II. PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN

Die Parameter der Sonne werden seit langem untersucht und unsere Kenntnis verfeinert.

Einige dieser Eigenschaften werden im Folgenden vorgestellt und Exemplarisch behandelt.

A. Abstand

Die absolute Entfernung der Sonne von der Erde ist eine der wichtigsten Fragen. Betrach-

ten wir das 3. Keplersche Gesetz(

T1

T2

)2

=(

a1a2

)3M+m2

M+m1

so stellt dieses einen einfachen Zusammenhang zwischen den Umlaufzeiten T von Tra-

banten, ihrer Entfernung a von Der Sonne und Ihren Massen m dar. Da die Sonnenmasse

M mehr als 1000 mal Größer als jede andere Masse im Sonnensystem ist können wie diesen

Zusammenhang mit M << m zu(

T1

T2

)2

=(

a1

a2

)3

vereinfachen.

Da wir die Umlaufzeiten durch Verlängerung der Messzeit fast beliebig genau bestimmen

2

Page 3: Die Sonne - A1-Collaboration · I. MOTIVATION Die Sonne ist einer der für die Menschheit wichtigsten Himmelskörper. ... Versuch der Nutzbarmachung der Kernfusion weiter an Bedeutung

können sind auch die Verhältnisse der Abstände im Sonnensystem sehr genau bekannt.

Kann man nun einen dieser Abstände hinreichend genau messen kann man über diesen alle

absoluten Abstände berechnen.

Der heute verwendete Wert für dem Abstand der Erde von der Sonne beruht Auf einer

Radarmessung des Venusabstandes durch die NASA von 1961 welcher 1990 verbessert wurde.

daraus ergibt sich der mittlere Abstand zu

a = 149, 6 · 106km

Der Abstand schwankt jedoch da die Erde sich auf einer Elliptischen Bahn bewegt.

Zu beachten ist, dass die Astronomische Einheit, welche ursprünglich über den Sonnen-

abstand definiert war heute absolut zu AE = 149597870691m festgelegt ist.

B. Masse, Radius, Dichte und Fallbeschleunigung

Auch die Masse kann über das 3. Keplersche Gesetz mit obiger Näherung bestimmt

werden. Hierbei gibt der im Labor bestimmte Wert der Gravitationskonstanten G =

(6, 672± 0, 004) · 10−11 m3

kg·s2den Fehler vor.

T 2 =4π2

G (M +m)· a3 ≈

4π2

G ·M· a3

Es folgt die Sonnenmasse zu

M = (1, 9891± 0, 0012) · 1030kg

Über den von der Erde beobachteten Winkel vom linken zum rechten Sonnenrand lässt

sich der Radius bestimmen.

r = (6, 9626± 0, 0007) · 108m

Die mittlere Dichte ergibt sich zu

ρ = 1, 408g

cm3

Und die Fallbeschleunigung mit g = G ·Mr2

zu

g = 274m

s2

3

Page 4: Die Sonne - A1-Collaboration · I. MOTIVATION Die Sonne ist einer der für die Menschheit wichtigsten Himmelskörper. ... Versuch der Nutzbarmachung der Kernfusion weiter an Bedeutung

C. Leuchtkraft

Die Leuchtkraft ist die gesamte Leistung der im elektromagnetischen Spektrum abgegebe-

nen Strahlung.

Abbildung 1: Das Sonnenspektrum auf der Erd-

oberfläche und im Weltraum verglichen mit dem

eines schwarzen Strahlers.

In Abbildung 12 Sieht man, dass eine ge-

naue Messung nur im oberhalb der Atmo-

sphäre durchzuführen ist. Seit 1995 wird die

Leuchtkraft in einer Langzeitmessung mit-

tels des Solar and Heliospheric Observatory

(SOHO) bestimmt.

Die gemittelten werte ergeben eine

Leuchtkraft von

L = (3, 845± 0, 006) · 1026 W

Dies entspricht einer Leistung von S̄ =

(1367 ± 2) Wm2 im Erdabstand. Die Leuchtkraft entspricht der eines schwarzen Strahlers bei

T = (5777± 2, 5)K.

III. ENERGIEERZEUGUNG

Abbildung 2: Sonnenaufbau nach dem SSM wel-

ches die Sonne in mehrere Zonen einteilt.

Das Standardsonnenmodell ist ein phy-

sikalisches Modell basierend auf den plausi-

belsten Annahmen. Neue Erkenntnisse wer-

den kontinuierlich einbezogen weshalb es

sich ständig weiterentwickelt. Die wichtigs-

ten Sonnenparameter gelten jedoch heute

als gesichert. Es wird von einer sphäri-

schen Symmetrie und einer Zusammenset-

zung aus Wasserstoff und Helium mit unter

1,7% schwererer Elemente ausgegangen. Au-

ßerdem fließen Massen- und Energieerhal-

tung und Annahmen über das Gleichgewicht

zwischen Strahlungs- und Gasdruck und

4

Page 5: Die Sonne - A1-Collaboration · I. MOTIVATION Die Sonne ist einer der für die Menschheit wichtigsten Himmelskörper. ... Versuch der Nutzbarmachung der Kernfusion weiter an Bedeutung

Gravitationsdruck und den Energietrans-

port ein.

Das Standardsonnenmodell sagt einen

Zentraldruck von P = 2, 5 · 1016 Pa und eine Zentraltemperatur von T = 1, 5 · 107 K voraus.

Diese Bedingungen sind ausreichend, um im Kern Wasserstofffusion zu ermöglichen. Aus

ihr bezieht die Sonne ihre Energie. Über unterschiedliche Fusionsketten wird dabei Wasser-

stoff zu Helium fusioniert. Die Nettofusionskette lautet:

4 · p →4 He+ 2 · e+ + 2 · νe + 26, 73MeV

Die hierbei erzeugten Elektronneutrinos eignen sich besonders um die Fusionsprozesse zu

untersuchen, da sie fast ungehindert die Sonne verlasen können und die Erde erreichen.

Abbildung 3: Das Solare-Neutrino-Spektrum Je

nach Erzeugungsprozess tragen diese unterschied-

liche Energien. Oben sind die Nachweisgrenzen

verschiedener Detektoren verzeichnet.

Je nach Fusionskette tragen sie unter-

schiedliche Energien.

IV. NEUTRINOEXPERIMENTE

Da Neutrinos nur über die schwache

Wechselwirkung mit anderer Materie inter-

agieren ist die Wechselwirkungswahrschein-

lichkeit im Detektor sehr gering. Bei einem

Neutrinofluss von typischerweise 1010 1

cm2·s

auf der Erde sind durch die niedrigen

Wirkungsquerschnitte von circa 10−45 cm2

die gemessenen Ereigniszahlen im Bereich

1 Ereignis

Tag. Zur besseren Handhabbarkeit

wurde die Einheit SNU (Solar Neutrino

Unit) eingeführt.

1SNU = 1Ereigniss

Targetatom · Sekunde

Trotzdem ist es in den letzten Jahrzehnten gelungen solare Neutrinos nachzuweisen.

Es gibt dabei zwei wichtige Nachweismethoden. Einmal über radiochemische Verfahren,

insbesondere den inversen β-Zerfall. Zum zweiten über Echtzeitexperimente, welche den Im-

5

Page 6: Die Sonne - A1-Collaboration · I. MOTIVATION Die Sonne ist einer der für die Menschheit wichtigsten Himmelskörper. ... Versuch der Nutzbarmachung der Kernfusion weiter an Bedeutung

pulsübertrag der Neutrinos auf geladene Teilchen und die resultierende Cherenkov-Strahlung

ausnutzen.

A. Das Homestake Experiment

Das Homestake Experiment nutzt den inversen β-Zerfall.

37Cl + νe →37 Ar + e−

Das erzeugte Argon zerfällt mit einer Halbwertszeit von T 1

2

= 35 Tagen wieder zu 37Cl.

Dieser Zerfall wird über spezielle Proportionalzählrohre nachgewiesen.

Abbildung 4: Chlortank des Homestake Experi-

mentes

das Experiment befindet sich in der

namensgebenden Homestage Goldmine in

South Dakota (USA). Es befindet sich

zur Abschirmung von Kosmischer Strahlung

1400 m unter der Erde und war von 1970 bis

1994 in betrieb.

Es Besteht aus einem Tank mit 615 Ton-

nen Perchlorethylen (C2Cl4) was circa 2, 2 ·

1030Targetatome 37Cl ergibt. Etwa einmal

im Monat wurde das erzeugte Argon extra-

hiert.

Das Standardsonnenmodell sagte eine

Rate von (8± 3, 0) SNU voraus. Es zeich-

nete sich schon früh ab, dass die experimen-

telle Ereignisrate wesentlich geringer war.

Nach 25 Jahren Messzeit betrug die gemes-

sene Rate

(2, 56± 0, 22) SNU

was einer Argonproduktionsrate von (0, 483± 0, 042) 37Ar pro Tag entspricht.

Weitere Experimente bestätigten diese Diskrepanz. Sie wurde als “Solare Neutrinos Pro-

blem” bekannt.

6

Page 7: Die Sonne - A1-Collaboration · I. MOTIVATION Die Sonne ist einer der für die Menschheit wichtigsten Himmelskörper. ... Versuch der Nutzbarmachung der Kernfusion weiter an Bedeutung

B. Das Sudbury Neutrino Observatory (SNO)

Das Sudbury Neutrino Observatory ist ein Echtzeit Experiment, welches verschiedene

Reaktionsmechanismen zur Produktion von Cherenkov-Strahlung nutzt.

Abbildung 5: Schematischer Aufbau des Sudbury

Neutrino Observatory

Es befindet sich in einer Nickelmine bei

Sudbury in Kanada 2000 m unter der Er-

de. Es besteht aus einer Acrylblase welche

mit circa 1000 Tonnen Schwerem Wasser ge-

füllt ist und von etwa 9600 Photomultipliern

umgeben ist. Die Messung lief von 1999 bis

2006. Zur Zeit befindet es sich im Umbau.

Durch die Verwendung von schwerem

Wasser ergeben sich drei Nachweismechanis-

men für Neutrinos:

• Streuung am Elektron

νe,µ,τ + e− → νe,µ,τ + e−

• Streuung am Deuteron wobei dieses

aufbricht

νe,µ,τ +D → νe,µ,τ + n+ p

• Inverser β-Zerfall

νe +D → p+ p+ e−

Da diese zwei dieser Mechanismen über den Impulsübertrag arbeiten und damit alle Neutri-

noarten nachweisen und einer nur Elektronneutrinos ist es möglich nicht nur den Gesamt-

neutrinofluss und den Elektronneutrinofluss zu bestimmen sondern auch das Verhältnis.

Das Standardsonnenmodell sagt für das SNO einen Fluss von ΦSSM = 5, 05+1,01−0,81

1

cm2·s

voraus.

7

Page 8: Die Sonne - A1-Collaboration · I. MOTIVATION Die Sonne ist einer der für die Menschheit wichtigsten Himmelskörper. ... Versuch der Nutzbarmachung der Kernfusion weiter an Bedeutung

Abbildung 6: Ergebnisse des SNO Aufgetragen ist

der Fluss von Mü- und Tauneutrinos über den

Fluss von Elektronneutrinos.

Der gestrichelte Bereich zeigt die Vorhersage des

Standardsonnenmodells, grün (ES) die Ergebnisse

der Streuung am Elektron, rot (CC) die Ergebnis-

se des inversen β-Zerfalls und blau (NC) das die

Ergebnisse der Streuung am Deuteron.

Die Messungen am SNO ergaben für den

Elektronneutrinofluss

Φe = 1, 76+0,14−0,14

1

cm2 · s

und für den Fluss der Mü- und Tauneu-

trinos

Φµ,τ = 3, 51+0,93−0,90

1

cm2 · s

Insgesamt ergab sich ein Neutrinofluss

von

Φe,µ,τ = 5, 27+1,07−1,04

1

cm2 · s

welcher im Rahmen der Fehler die Vorher-

sagen des Standardsonnenmodells bestätigt.

Darüber hinaus waren die Ergebnisse eine

erste Bestätigung für die Theorie der

Neutrinooszilation, welche das

Solare Neutrinos Problem löst.

[1] M. Stix: „The Sun, An Introduction“, Springer 1989

[2] H. V. Klapdor-Kleingrothaus, K. Zuber: „Teilchenastrophysik“, Teubner 1997

[3] N. Schmitz: „Neutrinophysik“, Teubner 1997

[4] H. Scheffler, H. Elsässer: „Physik der Sterne und der Sonne“, Bibliographisches Institut 1990

[5] A. Unsöld, B. Baschek: „Der neue Kosmos“, Springer 2002

[6] B. May, P. Moore, C. Lintott: „BANG!, Die ganze Geschichte des Universums“, Kosmos 2008

[7] L. Bergmann, W. Raith, C Schaefer: „Sterne und Weltraum“, Bergmann-Schaefer 2002

[8] H. Bethe: „Energy production in Stars“ Phys.Rev. 55.434 1939

[9] Q.R. Ahmad et al.: Measurement of the Rate of ve+D -> p+p+e- Interactions Produced by

8B Solar Neutrinos at the Sudbury Neutrino Observatory, PRL 87.071301

[10] S. N. Ahmed et al.:Measurement of the Total Active 8B Solar Neutrino Flux

at the Sudbury Neutrino Observatory with Enhanced Neutral Current Sensitivity,

8

Page 9: Die Sonne - A1-Collaboration · I. MOTIVATION Die Sonne ist einer der für die Menschheit wichtigsten Himmelskörper. ... Versuch der Nutzbarmachung der Kernfusion weiter an Bedeutung

PACS numbers: 26.65.+t, 14.60.Pq, 13.15.+g, 95.85.Ry Nasa Sun Fact Sheet, Quelle:

http://nssdc.gsfc.nasa.gov/planetary/factsheet/sunfact.html

[11] Q. R. Ahmad et al.: Direct Evidence for Neutrino Flavour Transformation from Neutral-

Current interactions in the Sudbury Neutrino Observatory

9