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304 Bericht: Allgemeine analytische Methoden etc. sollte. Wenn er in einer mehr kollegialen Weise vorgegangen wiire, so wiirde ich auch fernerhin gern bereit gewesen sein, die vergleiehenden Analysen auszuftihren und reich in selbstloser Weise in den Dienst der Sache zu stellen. Dass ich frei yon jeder Eiferstichtelei und yon per- sSnlicher Eitelkeit bin~ geht am besten daraus hervor, dass ieh Herrn Professor Wislicenus auf sein Anerbieten~ bei YerSffentlichungen tiber seine Methode meinen Assistenten und reich als Autoren anzugeben, gebeten babe~ yon seiner Absieht Abstand zu nehmen. Bericht iiber die Fortschritte der analytischen Chemie. / I. Allgemeine analytische Methoden, analytische 0perationen, Apparate und Reagenzien. 1. Auftheoretisehe und physikaliseheChemiebeziigliehe. Von R, Fresenius. Die Verteilung eines l~slichen Stoffes zwischen zwei L6sungs- mitteln riehtet sich, wie Berthelot und Jungfleisch 1) gezeigt hahen, nach dem urspriinglich ftir Gase aufgestellten Henry'sehen Gesetz, das heisst der Yerteilungsko~ffizient (das Verh~ltnis der Konzen- trationen des Stoffes in beiden Phasen) ist konstant. Durch theoretische Ableitungen wiesen van 'tHoff2) und Riecke3) nach, dass dieses Gesetz nur dann gilt, wenn sich das Molekulargewicht des Stoffes bei dem Ubergang aus einer Phase in die andere nicht ~tndert. Nernst ~) fand~ auf experimentelle Belege gestatzt~ auch far diesen Fall eine gesetzm~[sige Beziehung. ~) Das Verteilungsverh~tltnis verschiedener 15slieher Substanzen zwisehen zwei LSsungsmitteln ist yon den genannten Forsehern ermittelt worden. So wurde alas Verhaltea yon Br0m und Jod gegen Wasser und Benzol~ 1) Ann. chim. 4:, 26, 400. ~) Zeitschrift f. physikal. Chemie 5, 322 (1888). 3) Zeitschrift f. physikal. Chemie 7, 97 (1890). 4) Zeitschrift f. physikal. Chemie 8, 111 (1891). 5) Angenommen, das ~olekulargewieht eines Stoffes sei in der ersten Phase n real kleiner als in der zweiten, so ist das Verh~ltnis der nten Potenz der Konzentration der ersten Phase zu der Konzentration der zweiten Phase kons~ant.

Die Verteilung eines löslichen Stoffes zwischen zwei Lösungsmitteln

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304 Bericht: Allgemeine analytische Methoden etc.

sollte. Wenn er in einer mehr kollegialen Weise vorgegangen wiire, so wiirde ich auch fernerhin gern bereit gewesen sein, die vergleiehenden Analysen auszuftihren und reich in selbstloser Weise in den Dienst der Sache zu stellen. Dass ich frei yon jeder Eiferstichtelei und yon per- sSnlicher Eitelkeit bin~ geht am besten daraus hervor, dass ieh Herrn Professor W i s l i c e n u s auf sein Anerbieten~ bei YerSffentlichungen tiber seine Methode meinen Assistenten und reich als Autoren anzugeben, gebeten babe~ yon seiner Absieht Abstand zu nehmen.

Bericht iiber die Fortschritte der analytischen Chemie. /

I. Al lgemeine analyt ische Methoden, analyt ische 0perat ionen, Appara te und Reagenzien.

1. A u f t h e o r e t i s e h e u n d p h y s i k a l i s e h e C h e m i e b e z i i g l i e h e .

V o n

R, Fresenius.

Die Verteilung eines l~slichen Stoffes zwischen zwei L6sungs- mitteln riehtet sich, wie B e r t h e l o t und J u n g f l e i s c h 1) gezeigt hahen, nach dem urspriinglich ftir Gase aufgestellten H e n r y ' s e h e n Gesetz, das heisst der Yerteilungsko~ffizient (das Verh~ltnis der Konzen- trationen des Stoffes in beiden Phasen) ist konstant. Durch theoretische Ableitungen wiesen v a n ' t H o f f 2 ) und R i e c k e 3 ) nach, dass dieses Gesetz nur dann gilt, wenn sich das Molekulargewicht des Stoffes bei dem Ubergang aus einer Phase in die andere nicht ~tndert. N e r n s t ~) fand~ auf experimentelle Belege gestatzt~ auch far diesen Fall eine gesetzm~[sige Beziehung. ~)

Das Verteilungsverh~tltnis verschiedener 15slieher Substanzen zwisehen zwei LSsungsmitteln ist yon den genannten Forsehern ermittelt worden. So wurde alas Verhaltea yon Br0m und Jod gegen Wasser und Benzol~

1) Ann. chim. 4:, 26, 400. ~) Zeitschrift f. physikal. Chemie 5, 322 (1888). 3) Zeitschrift f. physikal. Chemie 7, 97 (1890). 4) Zeitschrift f. physikal. Chemie 8, 111 (1891). 5) Angenommen, das ~olekulargewieht eines Stoffes sei in der ersten Phase

n real kleiner als in der zweiten, so ist das Verh~ltnis der nten Potenz der Konzentration der ersten Phase zu der Konzentration der zweiten Phase kons~ant.

1. Auf theoretische und physikalische Chemic bozfigliche. 305

die Verteilung organischer Sauren zwischen Wasser und J~ther u. s. w. untersucht und die Richtigkeit dcr theoretischen Ableitungen best~tigt.

Praktisch sind diese Versuehe yon grosser Wichtigkeit. Will man zum Beispiel einem L6sungsmittel eine Substanz entziehen, sie aus- scht~tteln, so muss man selbstverst~ndlich eine F10ssigkeit w~hlen, die den betreffenden K6rper besser 15st als alas ursprangliche LSsungsmittel, und die Zahl der notwendigen Extr~ktionen riehtet sieh n~eh dem ¥er- h~ltnis der L6slichkeit.

Dass bei derartigen Systemen Temperatur und Konzentration einen Einfluss ausOben, haben A. H a n t z s e h und A. V ~ g t 1) gezeigt. Ist das eine LSsungsmittel Wasser oder ein K6rper yore Wassertypus (Glyzerin), so ist diesem die ~-nderung des ¥erteilungskoeffizienten mit der Tempe- ratur zuzuschreiben. Wo eine solche-~nderung eintritt, beruht dieselbe nach der Meinung der genannten Autoren nur auf der Bildung yon Hydraten oder analogen KSrFern. Zu den gleichen Anschauungen ge- langte A. ¥ a u b e l e ) i der das ¥erteilungsverh~ltnis yon Phenolen und Aminen der ~romatisehen Reihe bei Anwendung yon Wasser einerseits und J, ther, Benzol und Tetr~chlorkohlenstoff andrerseits studierte; zu einer vollkommen sicheren Entseheidung bedarf es jedoeh noch weiterer Unter- suchungen.

D i e V e r t e i l u n g 1 5 s l i c h e r S t o f f e z w i s c h e n W ~ s s e r u n d A m y l ~ l k o h o l huben W. H e r z und H. F i s c h e r ~) untersucht.

Bisher lagen nur Beobaehtungen vor t~ber die ¥erteilung yon Wasserstoffsuperoxyd, Bors~ure und arseniger S~ure. Die Untersuchungen erstreckten sich auf eine Reihe yon S~uren (Phenol, Essigs~ure, Bern- steins~ure, 0xals~hre, Pikrinsaure) und Basen (Ammoniak, Methylamin, Tri~thylamin)i sowie auf das ¥erhalten yon Jod. Der Gehalt an gel6ster Substanz wurde sowohl in der w~ssrigen wie in der ~mylalkoholisehen Phase durch Titration mit Alkali (Indik~t0r : Phenolphtale~n), beziehungs- weise mit S~ure, (Indikator: Nitrophenol) bestimmt. Die amylalkoholische Schicht wurde mit Athylalkohol versetzt~ um die Titration zu ermSg-

l ichen. Das Phenol wurde mit Broml6sung nach K o p p e s e h ~ r 4)

1) Zeitschrift f. physik~l. Chemic ~8, 705. 2) 5ourn. f. prakt. Chemic 67, 473. 3) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. zu Berlin 37, =~746. 4) Diese Zeitschrift 6, 287.

306 Bericht: Allgemeine analytische Methoden etc.

bestimmt. Die Untersuchungen zeigen, dass die Verteilungsko~ffizienten yon der Konzentration fast unabh~ngig sind. ~)

Die Bestimmung des Jods erfolgte in ablicher Weise mit bTatrium- thiosulfat. Auch der Einfluss des Jodkaliums auf die Verteilung des Jods wurde studiert, jedoch sind diese Untersuchungen noch nicht zum Abschluss gelangt.

U b e r d i e V e r t e i l u n g y o n S c h w e f e l d i o x y d z w i s c h e n W a s s e r u n d C h l o r o f o r m berichten J. Mc. C r a e und W. E. W i l s o n 2). Bei ihren Versuchen gingen sie in folgender Weise vor: Eine abgemessene Menge einer frisch bereiteten, wi~ssrigen Schwefel- dioxyd-L(isung wurde mit Wasser auf 50cc verdtinnt und mit 50cc

Chloroform im Scheidetrichter unter Benutzung eines Thermostaten durch- geschtittelt. Die Temperatur betrug 20°C. Die beiden Schichten wurden getrennt; bekannte Volumina der w~ssrigen L(~sung wurden alsdann verdt~nnt und mit einem bekannten Uberschuss yon JodlSsung versetzt. Das tiberschassige Jod wurde mit Thiosulfatl(isung zurack- titriert. In der Chloroformschicht wurde das S~chwefeldioxyd durch Schtitteln mit einer wi~ssrigen JodlOsung yon bekanntem Gehall und Zurt~cktitrieren des unverbruuchten Jods bestimmt.

Die Ergebnisse der Untersuchung lehren, dass der Verteilungs- ko~ffizient yon dcr Konzentration nicht unabh~ngig ist. sich aber mfl Zu- nahme der Konzentration einem konstanten Werte n~hert.

Bei geringer Konzentration ist mehr Schweldioxyd in Wasser gel~ist, bei st~trkerer Konzentration dagegen ist die Chloroformschicht konzentrierter. Die Anderung des Verteilungskoeffizienten verl~uft umgekehrt wie bei Ammoniak. iiber dessen Yerhalten D a w s o n und ~ c . C r a e 3) frtiher berichteten. Ihre Erkl~rung findet die interessante Erscheinung in der Annahme. dass nur undissoziiertes Schwefeldioxyd in Chloroform lOslich ist und die H SO 3' und SO/ ' - Ionen unl5slich sind. Bei sinkender Konzentration w~chst die relative Dissoziation und ist daher die der Dissoziation f~thige Substanzmenge entsprechend kleiner : daher bleibt eine gr~ssere Menge Sc hw efe ld ioxyd - undissoziiertes und d i s s o z i i e r t e s - im Wasser gel5st.

1) Da 0xalsiiure und Pikrinsaure in wassriger L(~sung nicht unerheblich dissoziiert sind, so ist das bei der Berechnung in Befracht zu ziehen.

~) Zeitschrift f. anorgan. Chemie 35, 11. 3) Journal of the chemical Society 77, 1239; 79, 493.

1. Auf theoretische und physikalische Chemie beziigliche. 307

Die gleiche Annahme gibt die ErkliirUng dafar, dass man sehliesslich einen angen/thert konstanten ¥erteilungsko~ffizienten findet. Bei steigender Konzentration ist die Dissoziation relativ klein, und da fast dis ganze Menge des SehwefeIdioxyds nicht dissoziiert ist. verteilt es sich in einem konstanten Verh~iltnis.

Uber den Einfluss yon Salzen auf die Verteilung wol]en die Autoren weitere Untersuchungen anstellen.

Die hufl~sungsges~hwindigkeit fester K6rper haben L. B r u n e r Und St. T o l l ocz k o 1) schon des 6fteren zum Gegenstand kritischel Studien gemaeht. Sie definieren die AuflSsungsgeschwindigkeit als die yon der Oberfl/ichen-Einheit (1 qcm) in der Zeiteinheit (Stunde) aufgel6ste Menge, wenn diese 0berfl/iche vom Strome eines reinen LOsungsmittels mit beliebiger, aber unver/~nderlicher Gesehwindigkeit umspfilt wird, Aus den Ergebnissen der letzten Untersuchungen ist ersichtlich, dass £~ir die AuflOsungsgeschwindigkeit die tatsitchlichen Geschwindigkeits- ~erh~ltnisse des 15senden Wasserstroms mafsgebend sind.

Far Gips berechnet sich die AuflSsungsgeschwindigkeit auf Grund

tier angestellten Versuche zu 6.312 g - - Diese Zahl gibt die MSg- • Stunde"

lichkeit, die bei jeder anderen Geschwindigkeit yon einer bekannten 0ber- fliiche in gegebener Zeit aufgel6ste Gipsmenge zu sch/itzen. Die Aufl6sungs- geschwindigkeit ist dann nur abh/~ngig yon der Geschwindigkeit des Wasserstroms.

In betreff tier Versuchsanstellung muss ieh mich mit einem Hinweis ~uf das Original begnfigen.

Fliissigen Schwefelwasserstoff haben A n t o n y und M a g r i ~) als LSsuugsmittel benutzt, bTach ihren Angaben isi flilssiger Schwefelwasser- stoff eine farblose, durchsichtig% sehr bewegliche Flfissigkeit, der die energische Affinit~t des gasfSrmigen Schwefelwasserstoffs fehlt. Er reagiert zum Beispiel nicht mit Metallen, dis unter gewShnlichen Bedingungen leicht Sulfide bilden, und reduziert weder Chroms~iure noch Kaliumpermanganat. In seinem Verhalten als L(isungsmittel zeigt er keine J~hnlichkeit mit dem Wasser. wie man nach der chemischen Zusammensetzung erwarten dfirfte, viehnehr geh(irt er zu den nicht <lissoziierenden LOsungsmitteln. Angaben fiber die Darstellung, sowie fiber den Geruch des flfissigen Schwefelwasserstoffs fehlen leider.

5) Zeitschrift f. anorgan. Chemie 85, 23. 2) Zeitschrift f. angew. Chemie 17, 1677.