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634 Die VII. Hauptversammlung des Deutschen Forsibereras Danjtg. II. Mitteilungen. Die YIL Hauptoersammlung des Deutschen ^orstcereins in Dan3ig com 21. —25, August 1906. Die Besorgnis, die weite Entfernung werde viele Forstleute von der Teilnahme an der Forstversammlung in Danzig abhalten, zeigte sich als eine unberechtigte: zahlreich strömten am Montag, dem 20. August die Teilnehmer aus allen Gauen Deutschlands herbei unb vereinigte der Begrüßungsabenb bieselben im Saale des Danziger Hoss zu frohem Bei- fammensein. Über 400 Mitglieber wies schließlich bas Verzeichnis ber Teilnehmer aus unb zu ihnen gesellte sich noch eine stattliche Anzahl von Damen, die den Gatten und Vätern in den Osten des deutschen Neiches gefolgt waren. Am Morgen bes 21. Augusi eröffnete früh 8 Uhr der erste Vor- filenbe des Deutschen Forsivereins, Hosfammerpräsident von S t f t n z n e r , die Si|ung mit herzlicher Begrüßung der Versammlung unb einem drei¬ sachen Hoch aus Seine Majestät Kaiser Wilhelm II. Jn warmen Worten hießen sobann Oberpräsibent von Jagow unb Oberbürgermeister Ehlers bie Anwesenben namens ber Staatsregierung unb ber Stabt willkommen; an ben Dank bes Präsibenten schloß sich sofort ber Beginn ber Verhanb- lungen, unb zwar zunächst bie Erlebigung einiger geschäftlicher Vorlagen. 1. Bestimmung über Ort, Zeit unb Verhanblungsgegen- stände pro 1907. Hierüber hatte eine vom Forstwirischasisrai gewählte Kommission Vorberatung gepflogen unb ersterem Bericht erstattet. Namens dieser Kommission beantragte ber Präsibent, als O r t ber nächsten Versammlung Straßburg, als Zeit bie erste Hälste September zu bestimmen, sür 1908 aber Düsselb ors in Aussicht zu nehmen. Als Beratungsgegen- siänbe werben vorgeschlagen a) Welche Ersahrungen hat man bei ber Umwanblung des Mittelwalbes in Hochwald gemacht? (Eine Frage, bie bekanntlich in ben Neichs- lanben sehr aktuell ifi.) b) Welches ist bie zweckmäßigste Einrichtung des höheren forstlichen Unterrichtes. Sämtliche Anträge finden die Zustimmung der Versammlung. 2. Neuwahl bes Vorstanbes. Nachbem bie 3 jährige Funktionszeit ber Beisitzer bes Vorstanbes unb ihrer Ersatzmänner im heurigen Jahre abgelausen, hatte eine Neuwahl

Die VII. Hauptversammlung des Deutschen Forstvereins in Danzig vom 21.–25. August 1906

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634 Die VII. Hauptversammlung des Deutschen Forsibereras 5« Danjtg.

II. Mitteilungen.

Die Y I L Hauptoersammlung des Deutschen ^orstcereins in Dan3ig com 21.—25, August 1906.

Die Besorgnis, die weite Entfernung werde viele Forstleute von der Teilnahme an der Forstversammlung in Danzig abhalten, zeigte sich als eine unberechtigte: zahlreich strömten am Montag, dem 20. August die Teilnehmer aus allen Gauen Deutschlands herbei unb vereinigte der Begrüßungsabenb bieselben im Saale des Danziger Hoss zu frohem Bei-fammensein. Über 400 Mitglieber wies schließlich bas Verzeichnis ber Teilnehmer aus unb zu ihnen gesellte sich noch eine stattliche Anzahl von Damen, die den Gatten und Vätern in den Osten des deutschen Neiches gefolgt waren.

Am Morgen bes 21. Augusi eröffnete früh 8 Uhr der erste Vor-filenbe des Deutschen Forsivereins, Hosfammerpräsident von Stf tnzner, die Si |ung mit herzlicher Begrüßung der Versammlung unb einem drei¬ sachen Hoch aus Seine Majestät Kaiser Wilhelm II . Jn warmen Worten hießen sobann Oberpräsibent von Jagow unb Oberbürgermeister E h l e r s bie Anwesenben namens ber Staatsregierung unb ber Stabt willkommen; an ben Dank bes Präsibenten schloß sich sofort ber Beginn ber Verhanb-lungen, unb zwar zunächst bie Erlebigung einiger geschäftlicher Vorlagen.

1. Bestimmung über Or t , Ze i t unb Verhanblungsgegen-s t ände pro 1907.

Hierüber hatte eine vom Forstwirischasisrai gewählte Kommission Vorberatung gepflogen unb ersterem Bericht erstattet. Namens dieser Kommission beantragte ber Präsibent, als Or t ber nächsten Versammlung S t r a ß b u r g , als Ze i t bie erste Hälste September zu bestimmen, sür 1908 aber Düsselbors in Aussicht zu nehmen. Als Beratungsgegen-siänbe werben vorgeschlagen

a) Welche Ersahrungen hat man bei ber Umwanblung des Mittelwalbes in Hochwald gemacht? (Eine Frage, bie bekanntlich in ben Neichs-lanben sehr aktuell ifi.)

b) Welches ist bie zweckmäßigste Einrichtung des höheren forstlichen Unterrichtes. Sämtliche Anträge finden die Zustimmung der Versammlung. 2. Neuwahl bes Vorstanbes. Nachbem bie 3 jährige Funktionszeit ber Beisitzer bes Vorstanbes unb

ihrer Ersatzmänner im heurigen Jahre abgelausen, hatte eine Neuwahl

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Die YQ. Hauptversammlung de§ Deutschen Forstverein» §u Danjtg. 635

stattzufinden. Der Forftwirtschaftsmt beantragt durch den 1. Vorständen (dessen Funktion erst im Jahr 1907 abläuft), als 1 . Beisitzer Oberforstrat Dr. v. F ü r s t , als 2. Beisiger Oberforsimeifier Niebel wiederzuwählen, als Ersatzmänner aber Oberforsimeifier Niedet und Geh. Oberforstrat Neu meist er.

Auch diese Anträge finden allgemeine Zustimmung. 3. Beschlußfaffung über die von Herrn von Salifch und Ober¬

forstet Wal t her der vorjährigen Hauptverfammlting vorgelegte Nefolution betr. die Abhaltung besonderer Vorlesungen über Waldschön¬ heitslehre an Hochfchulen.

Als Berichterstatter des Forstwirischastsrates, der sich mit diesem Antrag eingehend beschäftigt hatte, fungierte Oberforstrat Dr. v. F ü r f t und hatte folgende Anträge zu stellen und kurz zu begründen:

Der Forstwirtschaftsrat befürwortet, den Antrag v. Sat isch -Wal ther „Der Deutsche Forstverein wolle beschließen: die zustänbigen Ministerien ber Einzelstaaten sinb zu ersuchen, die Abhaltung besonderer Vor¬ lesungen über Waldschönheitslehre an Hochschulen in die Wege zu leiten"

abzulehnen und an dessen Stelle folgenden Befchluß zu fassen: „Es erscheint angezeigt, baß an ben forstlichen Hochschuten bie

Pflege ber Waldschönheit in akademischen Vorträgen behanbelt wirb."

Der Berichterstatter, ber sich schon im Vorjahre aus ber Haupt¬ Versammlung zu Darmsiabt entschieden gegen bie Abhaltung eigener Vor lesungen über Forstästhetik ausgesprochen, hob kurz die Gründe hervor, welche den Forstwirtschaftsrat zur Stellung obiger Anträge ver« antaßten. E r betonte, daß sich in Ie|terent sämtliche anwesende Dozenten gegen befondere Vorlesungen ausgesprochen, nicht weil sie etwa Gegner der Forstästhetik seien, sondern weit sie eigene Vorlefungen für unzweck¬ mäßig und vielfach kaum durchführbar hielten. Für unzweckmäßig an¬ gesichts der an sich schon so zahlreichen und verschiedenartigen Disziplinen, die den Studierenden der Forstwirtschaft obliegen, derem noch geringen Verständnis für den Wald, der Schwierigkeit, ein ganzes Semester hin¬ durch die Studierenden durch den doch zum Tei l trockenen Stoff zu fesseln. Für schwer durchführbar aber auch für die Profefsoren: denn die Forstäsiheti! sei nicht ein Fach wie andere, das man einfach erlernen kann, sondern zu dem besondere Begabung, befondere Lust unb Liebe ge¬ höre, das umfangreiche allgemeine Studien fordre und bei dem nur ein lebendiger, etwa durch Lichtbilder oder Demonstration im Freien unter* fiülter Vortrag die Hörer fesseln werde. Wohl aber könne in Vor-

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lesungen, bei Exkursionen, in einzelnen Vorträgen aus die Pflege der Waldfchönheit hingewiesen werden — aber als besondere Disziplin oder gar Prüsungsgegenstand abzulehnen.

Herr von Salisch tritt nochmals warm sür seinen Antrag ein, ebenso Wal ther , und in geschickter Weise werden sie durch Privatöozent Mammen=Tharandt unterstü|t, der an le|terem Ort Vorträge aus dem Gebiet des Heimatschu|es und der Schönheitspflege mit gutem Ersolg ben Studierenben gehalten. Pros. Enbres-München dagegen tritt sehr lebhast sür die Anträge des ForstwirtschastsrateS ein, hebt hervor, baß die Walbschönheitslehre feinen festen Boben habe, nicht Sache bes Ver-siandes, sonbern bes Gefühls, bes Geschmacks, ber Ansicht sei unb ben wirtschastenben Forstmann, ber boch in erster Linie ben Ertrag beS Waldes ins Auge zu fassen habe, leicht aus Jrrwege sühre. SSalbbau-lehrer unb Forstästhefifer würben leicht in Konflikt kommen!

Nach einem furzen Schlußwort Fürst's werden die Anträge des Forftwirtschastsrates mit großer Majorität angenommen, und wirb in bie Besprechung bes, ersten Hauptthemas eingetreten:

4 Forst l iche Behandlung ber Oblänbereien i n West-preußen unb Dünenbau. Berichterstatter Neg.-u. Forstratv. Sridow-Danzig unb Geh. Neg.- unb Forstrat Bock-Königsberg.

Forstrat v. Subow führt aus, baß es jebenfalls zweckmäßig fein werbe, das in der Frage gelegene weite Gebiet forstlicher Tätigkeit in ber Weise zu trennen, baß unter Oblänbereien kurzweg zunächst nur bie Ob-flächen bes Binnenlandes zu verstehen seien mit Ausschluß der Obslächen am Meere, ber Dünen, unb baß sich entsprechenb bieser Trennung bie beiben Berichterstatter in bie Ausgabe geteilt hätten — er werbe ledig¬ lich die Odlänbereien des westpreußischen Binnenlandes behanbeln.

Unter „Ödland" möchte Nedner nicht nur die vollständig öb tiegenden Flächen, sonbern alles jene Lanb verstehen, welches, zumeist an sich ge¬ ringer Sanbboben, burch fortgesetzte Vernachlässigung und Mißhandlung in der Wirtschast nicht mehr das produziert, was es produzieren sollte und könnte.

Wir wissen aus historischen Urkunden, daß der größte Te i l jenes Ödlandes, dessen Erwerbung und Aufforstung zur Zeit eine der wichtigsten Ausgaben der Staatssorstnerwaltung in Westpreußen ist, früher Wald und zum Te i l relativ guter Wald war. Zur Zeit, ba bie Deutsch-OrbenSritter Herren des Lanbes waren, hat es bamals wohl weite Flächen ungepflegten Waldes, aber keine burch Menschenhaß ausgeraubten und oerwüsteten Wälber gegeben. AnberS, als bas Lanb vor 450 Jahren in bie Hänbe ber Polen fiel — bie Wälder mußten erfahren, was polnische Wirtschast

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sei; als das Land 300 Jahre später an Preußen fam, spottete der Zu¬ stand der Walbungen jeder Beschreibung.

Die polnischen Starosten waren daraus angewiesen, sich aus den Erträgnissen bes ihnen überwiesenen Gebietes bezahlt zu machen — der UBalb bot das geeignetste Objekt! Berechtigungen jeder Art wurden ver¬ liehen; jeder schlug Holz, wo er wollte, die Weibeberechtigten brannten den SSald aus besserem Boden zu Gunsten der Weide, die Beutner (Bienenzüchter) aus geringem Boden zu Gunsten des Honig liefernden Heidewuchses nieder, und so arbeiteten die Polen 3 Jahrhunderte an der Vernichtung des Waldes — leider mit nur zu gutem Erfolg.

Jn solchem Zustand kam das Land vor 150 Jahren an Preußen. Unsichere Besi|verhältnifse, ausgedehnte Berechtigungen, eine dem Wald geradezu feindliche Bevölkerung erschwerten jede Verbesserung, ebenso die Zeiten der Not zu Ansang des 19. Jahrhunderts; durch Ablösung der Berechtigungen mittelst Land gingen ausgedehnte Flächen in den Heineren Privatbesi| über — und wurden in der Hand der Kassuben zu Odländereien!

Seit 3 Jahrzehnten arbeitet der preußische Staat an ber Ausgabe, diese leiteten wieder an sich ju liehen und der Walbkultur zuzuführen.

Nednet schildert sodann den ebenso primitiven wie extensiven Land-wittschastsbettieb bet Kassuben, ber bas Laub aussaugt, berührt bann kurz die geologischen Verhältnisse unb zeigt, baß es sich überwiegend um sein-lörnigen, dicht gelagerten und wenig nährstoffreichen Diluvtalsand mit stellenweise eingelagerten Geschiebemergeln handelt, und daß in weiterer Ausdehnung auch Dünenbtldungen — Aufwehungen beweglicher Sand-tnassen vorkommen. Der andernorts gesürchtete Ortsiein fehlt. E in Ver¬ gleich solcher Odländereien mit anstoßenden fiskalischen Waldungen zeigt, in welchem Grad der Boden durch Mißhandlung und Freilage herunter gekommen ist!

Die Frage nach den für die Aufforstung dieser Odflächen in Betracht kommenden H o l z a r t e n ist schnell beantwortet: Für die erste zu be¬ gründende Generation kann nur bie Kiefer in Frage kommen; Verfuche, die auf kleineren Flächen mit P. rigida, ßanksiana, austriaca, montana angestellt würben, sind ohne wesentliche Bedeutung geblieben. — Wo es sich um feuchtere Terraineinfenfungen, um Wasserläufe handelt, wirb die Erle, zur Einfassung von Wegen usw. die Birfe verwendet.

Die Bodenbearbeitung zum Zweck ber Kultur hat mit ber Be­seitigung ber hinberlichen Bobenbecke, in ber Neget Heibetraut, zu be¬ ginnen; sie geschieht burch breite Hackstreisen, gerne aber auch burch Ab¬ brennen, bas einerseits bie gründlichste Vernichtung barstellt, andrerseits

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düngend und ausfließend auf den Boden wirkt. Sogenannte Wall-tulturen, bei welchen Pslanzstreisen durch mallartiges Zusammenwersen des Bodens mittelst bes Pfluges von zwei Seiten her hergestellt wurden, haben in seuchten Jahren gute, in trocknen geringe Ersolge ergeben.

Der Entfernung der Bodendecfe hat die Bobenlockerung sür Saat ober Pflanzung zu folgen; eine solche ist sür die gedeihliche Entwicklung der Ktefernwurzel von großer Bedeutung. Wie bieselben ber Nahrung, nachgehen, sich in ben gelockerten oberen Bobenschichten verbreiten, zeigen bie im Vorzimmer ausgestellten Pflanzen, unb eine grünbliche Boben-locferung mit Pflug ober Hacke ist baher geboten, erfolgt in verschiebender Weise; bie Kosten bürsen nicht gescheut werben. Die Bearbeitung bes Bobens ein Jahr vor ber Kultur erscheint zweckmäßig, bamit sich ber Boben wieber etwas se|t.

Was bie Kulturmethobe anbelangt, so wirb Saat unb Pflanzung angewenbet — im allgemeinen verbient wohl bie Pflanzung den Vorzug. Neferent teilt mit, daß in den legten 90 Jahren runb 45000 ha er¬ worben würben, von benen bis je|t 18,585 ha aufgeforstet werben konnten, bavon 3760 burch Saat, 14825 burch Pflanzung. — Er weist bezüglich ber Saat aus bie Gefahr zu bichteu Pslanzenftanbes hin, die stets besteht unb zumal aus geringerem Boben, aus welchem eine Be-stanbesausscheibung nur langsam stattsinbet, höchst mißliche Bestanbsbilber zeitigt. Nur aus besserem Boben unb mit geringen Samenmengen wirb bie Saat zu empfehlen sein, sonst bie P s l a n z u n g ben Vorzug ver¬ dienen.

Letjtere, mit einjährigen Pflanzen ausgeführt, zeigt bie verschiebensten Pftanzenabstänbe: Neihen in 1—1,6 m Entfernung mit 0,25 — 1,3 m Ab¬ staub in ben Neihen; Neferent glaubt, baß den Anforderungen einer baldigen Bodendeckung durch einen Verband von 1,3 zu 0,6 m genügt wird. Der Einzelpslanzung gibt er den Vorzug vor ber Doppelpflanzung in einen Spalt, ba biese jeberzeit einseitige Wurzel- unb Astbilbung zur Folge habe, wie bies ebenfalls bie ausgestellten Exemplare beweisen.

Neserent wenbet sich nun jenen Oblänbereien zu, welche nicht Kahl¬ flächen sinb, sonbern eine wenn auch zumeist höchst mangelhaste Be¬ stockung tragen — was soll hier zunächst geschehen? E s besteht hier eine solche Mannigfaltigkeit ber Bestanbsbilber, baß sich eine bestimmte Negel nicht geben läßt — bie Bestückung ist ein Probukt bes Zufalles, zeigt Blößen, Näumben, einzelne Kusseln, größere Anflugshorste jeben Alters in buntem Durcheinanber. — Jm allgemeinen ist man mehr unb mehr ba-von abgekommen, gegen biefen Auswuchs mit Nichtachtung vorzugehen, ihn behuss Begrünbung eines gleichmäßigen Bestanbes zu beseitigen.

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sondern sucht zu erhalten, was irgend der Erhaltung wert. Vereinzelte Vorwüchse sind natürlich zu beseitigen, wo Horste vorhanden, ist die Frage ihrer Erhaltung je nach Beschaffenheit, Größe, Verteilung, Wuchs¬ form zu beurteilen und zu beantworten; je geringer ber Boben, um so vorsichtiger wirb bei ber Bewertung berselben vorzugehen sein! Gar manche Orte sinb, nachbem sie mit Weibe- unb Streunufeung, Plaggen¬ hieb unb planlosem Einfchlag verschont würben, boch fo zufammen-gemachten, baß sie bei entsprechender Pflege: Entfernung ber fperrigsien Vorwüchse, AussüUung ber größeren Lücken mit kräftigem Pflanzmaterial noch leibliche Besiänbe zu bilben vermögen. Zu vermeiben ist jederzeit «in Aussüllen fleiner Lüden, ein Pflanzen zu nahe an bie Horste.

Als Gesährbungen ber Obianbsfulturen werben schließlich noch Feuer, Maikäfer unb Schütte genannt. Der Feuersgefahr fucht man durch Wachttürme, bie telephonisch mit ben Forstbeamten-Wohnungen ver¬ Bünden sind, sowie durch Einlegung von 50—100 rn breiten Sicherheit®-streifen, neuartig über die großen Ddlandsgebiete ausgespannt, vor-.zubeugen.

Die Maikäfer refp. Engerlinge haben auch ben Odlandskulturen schon fchwere Schädigungen gebracht, man suchte sie in derselben Weife, ivie andernorts zu bekämpfen — die letzten Jahre scheinen eine ent¬ schiedene Minderung der Gefahr gebracht zu haben.

Auch die Schütte sucht die Aufforstungen schwer heim; daß Saaten auf armem Boden und solche mit dichtem Pflanzenstand mehr leiden, als Pflanzungen, erklärt sich wohl leicht aus der geringeren Widerstands¬ fähigfeit der schlecht entwidelten Pflanzen.

Nedner betont zum Schluß nochmals die große volkswirtschaftliche Aufgabe, die hier dem S taa t — und nur dieser kann sie losen! — ge¬ stellt ift; die Wiedergewinnung des großen westpreußischen Ödlandes ist auch ein Glied in der Kette ber nationalen Arbeit, bie im Osten geleistet wirb, unb bes nationalen Kampfes, ber zur Zeit bort zu führen ift!

Das Wort erhält nun Geh. Negierungs- unb Forstrat Bod-Königs-berg als Berichterstatter über ben zweiten Tei l bes Themas, ben Dünenbau.

Derselbe gibt zunächst ein Bitb ber Entstehung ber Dünen längs bes Meeressttanbes. Jebe aus ben Stranb auslaufende Welle führt Seefanb mit sich und läßt zurüdweichend Sand am Stranb zurüd, nur einen Te i l wieber mit zurüdnehmenb. Diese längs ber User sich bilben-ben langgezogenen Sanbbänber von zunächst geringer Breite unb Höhe werben rasch troden unb ein Spiel ber Winbe, ber sie lanbeinwärts

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treibt unb in nach der See zu flachen, lanbseitig steil abfallenden Sand:-wellen ablagert — den Dünen , Ketten und Bergen von verschiedener Höhe. Diese Dünenkette verbreitert sich und schiebt sich langsam landein-tvärts vor — die vom Land her zeitweise wehenden Winde sind nicht im stände, bieses Fortschreiten der Dünen wesentlich zu hemmen.

Die sich stets durch neue Sanbzufuht verbreiternde Düne wird nun zur eigentlichen Wanberbüne, die burch stets neue Sandmassen ver­stärkt wirb. Die Seewinbe fassen ben trockenen Sanb ber Düne, schieben ihn über biese unb lassen ihn binnenwärts herunter gleiten; bie Düne wanbert lanbeinwärts, sich stets mehr von bem Strand entfernend, und begräbt alles, was ihr im Wege liegt: Acker, Wald, Ortschaften, unter sich, die Neste von Bäumen, Gebäuden usw. nach Jahren feeseitig wieder zu Tage treten lassend.

Die Wanderdüne, bis 60 in hoch, völlig kahl und im Sonnenlicht fast weiß schimmernd,, meilenweit sich erstreckend, zeigt auf der Seeseite eine Böschung von nur etwa 7°, auf der Landseite einen Steilabfall von 25—30, ja 40° (Sturzdüne) und wandert nach vielfachen Mefsungen und Untersuchungen jährlich 3,75 — 6 rn. Jhre Festlegung ist an vielen Orten im Jnterefse der dahinter liegenden Acker und Ortschaften, aber auch der Schiffahrt - die Haffe würden sonst allmählich verfanden — geboten.

Bedingung der Festlegung ist zunächst die Herstellung einer fest¬ liegenden Vordüne, um die weitere Sandzufuhr zur Düne vom Meere her zu verhindern — der Sand soll borten festgehalten werben. S ie soll in großen, glatten, möglichst geraden Zügen der Strandrichtung folgen, stärkere Krümmungen meiden; muß in genügender Entfernung (40—50 rn von der Ostsee) vom Strande liegen, soll mit breitem Fuß. aber nur geringer Höhe über Mittelwasser (6 rn) und mit möglichst flacher Außenböschung angelegt werben. Die Krone soll eine möglichst, horizontale Linie barstellen, um bem Winb keine Angriffspunkte zu ge­währen.

Die Anlegung ber Vorbüne erfolgt in der Weife, daß in der Nichtung, die sie erhatten soll, 2 lockere Strauchzäune aus senkrecht ein¬ gegrabenem Neisig, 0,8—0,7 m hoch in 2 m Abstand im Frühjahr ge¬ fertigt werden; in wenig Wochen sind diese versandet und aus den kleinen Wall werden nun 2 neue ähnliche Zäune gesetzt. Auch sie sind bis zum Herbst versandet und der nun etwa 1,4 m hohe Wall wird nun noch im Herbst feeseitig etwa 12 rn von der Kronenmitte ab ne|weise in 2 m öuadratverband mit Sandgras bepstan§t, und ebenfo kommen in das Jnnere diefer Quadrate Sandbüfchet. Binnenseitig wird die Böschung,

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in parallelen, 2 rn entfernten und 6 rn langen Neihen, die rechtwinkelig jur Krone stehen, bepflanzt. Bei günstigen Verhältnissen wird die Vor= düne im Herbst des nächsten Jahres fertig fein, bei ungünstigen längerer Zeit bedürfen; sie bedarf nun der ständigen Aufsicht, Unterhaltung unb Pflege durch Nachbesserung der Graspflanzung und Beseitigung der Schäden, bie durch Abspülungen, Unterwaschungen und Eingriffe des Windes ver¬ ursacht werden.

Jst der Aufbau der Vorbüne beenbet, wirb weiterer Sanb von bort ber Binnendüne nicht zugeführt, bann ist ber Zeitpunkt für bereu Festlegung gekommen; maßgebenb für Beginn ber legieren sinb bie Ge-sährbungen, welche in oben berührter Weise burch beren Wanbern bem hinterliegenben Lanb brohen.

Die Festlegungsarbeiten beginnen hinter ber Vorbüne, folgen der herrschenden Windrichtung und rücken landeinwärts vor. Sie erfolgte in früherer Zeit zunächst nur durch Pflanzung von Sandgräfern und zwar fanden Verwendung: ber Stranbhafer, Sanbrohr (Amopbila arenaria), ber Stranb- ober Sanbroggen (Elymus arenarius), währenb eine brüte Art, Amophila baltiea, sich minber bewährt hat. Dem Stranbhafer gebührt bie erste Stelle, weil er sich oberirbisch büfchelsörmig verzweigt, solange stets neuer Sanb antreibt — hört bies aus, so verkümmert er. Die Pflanzung mit ben Grasbüscheln ersolgt im Herbst nelsörmig in 2 m Verband, an gesährbeten Stellen enger, mit Klemmspaten; das Gras be-rnhigt allmählich den Boden durch Bedecken und Durchwurzeln und eine Begrünung mit andern Gräsern und anspruchslosen Blütenpflanzen stellt sich ein, als Zeichen der erfolgten Bindung der Düne — allerdings ist hierzu, und das ist der Nachteil dieses Verfahrens, ein Zeitraum von 5 Jahren und mehr nötig. Nun kann die Aufforstung erfolgen.

Neuerdings — seit 25—30 Jahren — wird mehr die Festlegung mit Hilse der Bestrauchung angewendet, die eine sofortige Aufforstung ge¬ stattet. Die Fläche wird nefesörmig in einer Maschenwette von 3—4 m im Quadrat mit Nadelholzreisig, ausnahmsweise auch starkem Nohr in der Weise befleckt, daß das aus 50 cm gekürzte Material mit Klemm¬ spaten 20 cm tief in den Boden gebracht wird, wobei gleichzeitig eine etwa nötige Einebenung des Bodens stattfindet. Durch dieses Bestecken wird der Boden soweit beruhigt, daß sofort im nächsten Frühjahr die Aus¬ forstung folgen kann.

Die Aussorstung gefchieht nun in der Weife, daß noch im Herbst innerhalb jedes Quadrats in 1 m Verband die Pslanzpläfee — je nach Maschenweite 9 oder 16 — durch Düngung mit 3—4 Liter Hasffchlicf (mittels Baggerns gewonnen) oder humofen Lehms und tüchtiges Mifchen

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dieses Materials mit dem Sand hergestellt werden; ein eingestecktes Stöclchen bezeichnet die Mitte Des Pflanzptaljes, der nur im Frühjahr mit je 4 Pflanzen, und zwar entweder 2 jährigen Haken- oder Berg¬ kiefern (P. uncinataj oder 1 jährigen gewöhnlichen Kiefern bepflanzt wird. Mit dem Absall des Neisigs oder Nohrs wird schließlich der Boden noch einigermaßen bedeckt. Hiermit ist die Aufforstung beendet unb hat sich dies Verfahren sehr bewährt; enger Verbanb, gutes Pflanzmaterial, frühzeitiges Pflanzen, sorgfältige Nachbesserung gelten als Negel.

Die Aufforstung ber burch Sanbgräser beruhigten Düne erfolgt in gleicher Weise. Die sogenannten Triebsanbstreifen, welche zwifchen Vor-büne unb Binnenbüne als tiefe Auskehlungen mit feuchtem Boben sich vorfinden, werben mit Erlen unb Birken unter gutem Erfolg be¬ pflanzt.

Nebner empfiehlt für die Aufforstungen ganz besonders Pinus un-cinata, die in Süddeutschland im Gebirg zu Haus sich durch ihre Genüg¬ samkeit, ihre Empsindlichteit gegen schädigende Seewinde, Sonne, Jn-selten, ihren dichten Schluß und ihre reichliche Humuserzeugung sehr be¬ währt hat. (Es möge jedoch hier bemerkt sein, daß man sich im Ne-gierungsbezirt Danzig gegen die Bergkiefer einigermaßen ablehnend ver¬ hält, da fie zwar als Schufeholzart Gutes leistet, bezüglich künstiger wenn auch bescheidener Erträge aber von der gemeinen Kieser infolge der bessern Stammform der letzteren jedenfalls übertroffen wirb.) Die Nefuttate ber feit langen Jahren im Gange befinblichen Dünenausforftungen kann ber Vortragenbe unter Hinweis auf bas bei ben Exkursionen zur Vor¬ zeigung Gelangenbe als befriebigenbe bezeichnen.

Beibe Vorträge fanben lebhaften Beifall; bas Wort zu bensetben würbe nicht verlangt unb mit Dank an bie beiben Berichterstatter schloß ber Vorsi|enbe bie Verhärtungen des ersten Tages.

Das Hauptthema des zweiten Si|ungstages war die Frage nach „Bedeutung und Beschaffung guter Waldsämereien". Nachdem jedoch ein von Profeffor Dr. Eon wen |-Danzig angekündigter Vortrag über „Die Pflege der Naturdenkmäler int Walde" unter Vorführung von Lichtbildern eine Verdunkelung des Saales erforderte, wurde biefer an ben Beginn ber Si|ung »erlegt. Der Vortrag bes unermüblichen unb erfolgreichen Vorkämpfers für Erhaltung ber Naturbenkmäter inner¬ halb wie außerhalb bes Walbes fanb, oon zahlreichen vortrefflichen Licht-bilbern begleitet, ebensoviel Jntereffe wie Beifall unb bilbeten Diele Bilber zugleich einen wertvollen Beitrag zur Frage der Watbfchönheitspflege.

Sobann wurbe übergegangen zum nächsten Hauptberatungs-Gegen-stanb:

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Die VII. Hauptversammlung bei Deutscheu Forsivereüts in Daujtg. 643

5. Bedeutung und -Beschaffung guter Walbsämereien und Pf lanzen. BerichterstatteriForstmeisier Dr. Kieni i j -Ehor in unb Dr. phil. Schott- Knittelsheim (Pfalz).

Forstmeister K i e n i | hatte solgenbe Leitsätze aufgestellt: 1 . Die Beschaffung bes besten Saatgutes ist sür jebe Pflanzenkultur

wichtig. Lanbrnirtfchaft unb Gärtnerei erkennen bies seit langer Zeit an unb verwenden große Mühe und Kosten auf Auswahl unb Züchtung.

2. Jn der Forstwirtschaft ist bie Bebeutung ber Beschaffung bes besten Saatgutes wollt theoretisch anerkannt, boch sinb Folgerungen dieser An-erkernurng sür ben Betrieb nicht ober nicht voEstänbig gezogen.

3. Das beste Saatgut muß sowohl gute Keimsähigleit besi|en als auch von geeigneter Abstammung sein.

4. Hohe Keimfähigkeit wirb meist verlangt, boch auch bas Mittel angewenbet, b« träge keimendem Saatgut größere Aussaatmengen zu nehmen. Große Aussaatmengen geringwertigen Saatgutes erseien eine geringe Menge vorzüglichen Saatgutes nicht,

5. Die Herkunst des Samens ber Walbbäume ist von größter Be¬ deutung sür bas Gedeihen und Verhalten der aus dem Samen er¬ wachsenen Pflanzen.

6. Das Ge)etj der Erblichkeit gilt uneingeschränkt auch sür die Walbbäume.

7. Jeber Stanbort von eigenartiger Beschaffenheit bildet seine eigene Nasse, wenn im Lause vieler Generationen Gelegenheit zur natürlichen Zuchtwahl gegeben würbe.

Erschwert wirb bie Bildung burch Krettzbesruchtung ber meist aus Bestäubung burch ben Winb angewiesenen Waldbäume unb burch bie lange Lebensbauer berselben.

8. Mißbildungen, burch Mißhandlung einer oder einiger Gene¬ rationen hervorgebracht, brauchen nicht erblich geworben zu sein. Nur wenn eine Form, die nach unsern Anforderungen eine Mißbildung darstellt, sür den Baum durch Generationen vorteilhaft wird, wird sie erblich {Küstenbuche, Krummholzfieser.)

9. Die Nassen der Walbbaumarten lassen sich teils an der Gestalt der einzelnen ©lieber erkennen (morphologische Nassen), teils nur durch das verschiedene Verhalten unterscheiden (physiologische Nassen). Die ersteren sind für den Spstematifa, die le|teren sür den Forstmann wichtig. Beibe decken sich nur ausnahmsweise, wodurch die Forschung außer-orbentlich erschwert wird.

10. Ergebnisse der bisherigen Forschung führen zu ber Negel sür Forftwifsenschaftlich« gentralbfett. 1906. 44

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644 Die TU. Hauptversammlung des Deutschen ForstbeternS in Danzig,

bie Prar is , baß in ber Heimat einer Holzart bie Samen aus bieser Be¬ Zogen werben sollen.

11. Jst bie Holzart nicht heimisch ober am Orte ausgerottet, so sollen Samen aus Gebieten mit möglichst ähnlichen Verhältnissen ge¬ wählt werben.

12. Jn beide« Fällen find die Mutterbestände sorgfältig aus-Znwahlen, die Forderung des Dr. Schott, nur Etitebestände zur Samen¬ gewinnung zu wählen, ist beachtenswert. Jn jeder geordneten Forstwirt¬ schast ist durch regelmäßige, früh einsehende, mit Nüdsicht aus die Be-standespftege ausgeführte Durchforstung jeder Bestand so zu erziehen, daß er womöglich nur aus Mufterstämmen besteht.

13. Die Einführung neuer Nassen ist ebenso wie die Einführung neuer Arten ein Versuch, dessen Erfolg nicht sicher vorauszusehen ist. Der Erfolg an einem Standort verbürgt nicht den an einem andern, abweichenden.

14. Die Wahrscheinlichkeit des Gedeihens einer Varietät oder Art aus einem fernen, durch unüberschrettbare Grenzen getrennten Gebiet, aber mit einem dem unfern ähnlichen Klima ist bei uns größer, als die des Gedeihens einer in naher Nachbarschaft lebenden Varietät, die tro| der bestehenden Verbindung nicht eingewandert ist.

15. Bei der Verwendung neuer Nassen sind wir fast ganz auf die Auswahl unter den bestehenden angewiesen. Die Züchtung ist möglich, aber durch die lange Lebensdauer und spät eintretende Fruchtbarkeit der Waldbäume erschwert.

16. Der Beschaffung guter Pflänzlinge haben die Forstleute mehr Ausmerkfamfeit zugewendet, als der des Saatgutes.

17. Starke Pflänzlinge (Heister) werden nur noch ausnahmsweise verwendet, haben aber noch heute an geeignetem Pta | ihre Bedeutung.

18. Das Hauptaugenmerk ist auf bie Erziehung von Kleinpflanzen unb mittelhohen Pflanzen (Lohben) zu richten.

19. Jn erster Linie ist bei der Pflanzenerziehung auf gute Wurzel-befchasfenheit zu achten. Die Wurzeln müffen nach der Verpflanzung zu¬ erst in Tätigfeit treten, dabei wird ihnen der Ubergang schwerer gemacht als den oberirdischen Teilen, unb sie werben beim Ausheben unb Ver¬ seien leicht beschäbigt.

20. Das natürliche Wurzelsvstem bes Wilbtings kann nur aus-nahmsrneife für bie Verpftanzing günstig sein. Die Pfahlwurzel sowie weit ausstreichende Seitenwurjetn passen nicht in das mit Nüdsicht auf bie Kosten in mäßiger Größe angefertigte Pflanzloch.

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Wildlinge sind der Negel nach nur im ganz jugendlichen Alter ober als Ballenpflanzen zu vermenben,

21. Bei ber Erziehung ber Pflanzgartenpflanzen ist ein reiches Wurzelspstem auf engem Naum anzustreben.

22. Die PslanzgartenMtur ist eine Gar ten- , feine Waldfultur. E in gut durchgearbeiteter, lockerer, ljumoser, bungstoffreicher Boden (Boben in alter Kultur) ist günstig, bagegen ein srisch rajolter, roher, grob gemischter Boben ungünstig.

Stänbige, gut gedüngte Kämpe sind daher in ben meisten Fällen ben Wanderkämpeit vorzuziehen.

23. Die Düngung dars nicht soweit getrieben werben, daß bie Pflanzen übermäßig üppig werben, baß sU ihre Triebe im Herbst nicht abschließen unb ben oberirbischen Tei l verhältnismäßig stärker als bie Wurzeln entwickeln.

24. Der Versanb aus weite Entfernung bei guter Verpackung ist möglich; aber besser ist bie Verwendung ber Pflanzen innerhalb enger Gebiete mit ähnlichen klimatischen Bebinguugen.

25. Die jährlich gebrauchten Pflanzenarten, sowie bie, welche hohe Transportkosten verursachen, werden am besten in jebem größeren Neoier für ben eigenen Bedarf erzogen. Seltener gebrauchte Arten, sowie bie, beren Erziehung besonbere Sorgsalt ersorbert, serner ber Bebars kleiner Walbwirtschasten, auch ber außergewöhnliche Bedars größerer Wtrtschasten werden besser aus größeren Baumschulen bezogen.

Der Berichterstatter führte die einzelnen ausgesteiften Bettsäte näher aus, trat insbesoubere entschieben sür die Bebeutung der Herkunst des Samens ein unb war in ber Lage, aus eine Neihe eigener, zum Tei l schon vor langen Jahren angestellter Versuche hinzuweisen, beren Nesultate er auch teilweise schon veröffentlicht hat.

Lebhafter BeisaE lohnte die Aussührungen des Vortragenden. Das Wort erhielt bann Dr. Schott, durch seine Arbeit über bie Kieser1) schon in weiteren Kreisen bekannt, als Mitberichterstatter. E r besaßte sich speziell mit ber Provenienzsrage an ber Hanb nachstehenber Leitfätje:

Z u Aufforstungen werben in Deuischlanb alljährlich bedeutende Mengen Samen und Pflanzen benötigt.

I . Die staatlichen Forstbehörben gewinnen einen Te i l selbst, jeboch beschränken sie sich hauptsächlich aus bie Gewinnung von Kiesernsamen

x ) P i n u s sy lvestr is , bie gemeine £iefer. Settiäge p r ©tjftentatif anb P r o -öenienäsrage mit besonberer ffierfitfstdjtigung beä in ©eutsdjtanb in ben §onbel fommen» ben ©amen«, (gors t» . (SentraSbtatt 1904.)

44*

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646 Die VII. Hauptversammlung des Deutschen Forstverems in Danzig.

in ben fiskalischen Darren unb bie Heranzucht von Pflanzen, bie übrigen Quantitäten kaufen sie.

Die Prioatsorstmirtschast kaust ben größten Tei l Samen unb Pflanzen von ben staatlichen Forstbehörben ober privaten Hanblungen.

I I . Die zahlreichen Klengansialten, Samenhanblungen unb Baum¬ schulen ber Privaten befassen sich, abgesehen von ber Gewinnung bes Kiesernsamens, auch vornehmlich mit bem Gewinnen unb Wieberverkaus ber übrigen, auch in großen Quantitäten benötigten in- unb auslänbischen Forstfämereien, wie Fichten, Lärchen, Eicheln, Bucheln usw. unb ber Heranzucht sämtlicher in ben beutschen Walbungen brauchbaren Forst¬ pflanzen. Diese privaten Betriebe stehen zur Zeit in hoher -.Blüte und liesern, allerbings mit Ausnahmen, ein sür Ausforstungen geeignetes, brauchbares Material. Da sie sich zur Zeit sehr vervollkommnen unb an Zahl stänbig zunehmen, läßt fchon bie erhöhte Konkurrenz erwarten, baß, was Preis, Qualität unb Quantität ber Samen unb insbesonbere ber Pflanzen anbetrifft, allen Anforberungen in ben nächsten Jahren Genüge geleistet werben kann. Noch zur Zeit bestehenbe Mängel bei Einkauf aus privaten Betrieben können ausgemerzt werben, wenn bie Käufer, b. h- bie Walbbestfeer selbst sich mehr mit bem Qualitätsbau ähnlich wie in ber Lanbwirtschast befassen unb bie Behörben biese pri¬ vaten Betriebe zur Gewinnung bieser Qualitätsware beraten unb burch geeignete Maßnahmen unterstützen.

I I I . Es hanbelt sich in erster Linie um bie Gewinnung eines brauchbaren Saatgutes. Die Samenhanblungen becken alljährlich, ab¬ gesehen von schlechten Erntejahren, ben Bebars an Forstfämereien aber nicht mehr wie in früheren Jahrzehnten ausschließlich von inlänbischem Saatgut unb zwar aus solgenben Grünben:

1. Die Mehrzahl ber früher mit ber Samenernte betrauten Perfonen ist in ber Jnbustrie beschästigt.

2. Die Walbbesifeer sehen beim Einkauf, abgesehen von ber Keimkraft, nur aus billiges Saatgut unb besörbern fomit ben Import bes außerbeutfchen, stets unter billigeren Verhältnissen, besonbers in süblichen Länbern gewonnenen Samens, ba: a) in den in Betracht kommenden Gebieten des Auslandes die

Arbeitskräste billiger sind, b) in südlichen Ländern die Ernten in Kiesern, Eicheln u. dergl.

häufiger und reichlicher sind, das Saatgut auch ausgereister unb an Keimkraft höher ist,

c) bie Walbungen nicht burch sorstpolizeiliche Maßnahmen ben Sammlern geschlossen sinb,

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d) ber Unternehmer keine Pachten für bie Walbungen unb keine Prämien für bioerfe Versicherungen (Krankenkassen, Hastpflicht für Unsälle ber Sammler) bezahlen muß.

IV. Das im Auslanbe gewonnene Saatgut, besonbers wenn es in süblichen Ländern geerntet wird, zeigt gegenüber dem einheimischen, im vorliegenden Falle in Deutschland gewonnenen Saatgut, wie durch erakte Versuche erwiesen ist, vielfach fchlechte Naffeeigenfchaften, d. h. die bar¬ aus erzogenen Pflanzen können in unserem Klima kein gleich wertvolles Holz wie bie einheimische Nasse tiefern.

V. Der alljährliche Samenbcbarf kann jeboch, abgesehen von schlechten Erntejahren, auch aus einheimischem Saatgut gebedt werben:

1. Wenn bie Waldbesi|er beim Einkaus nicht nur aus Preis unb Keimkraft bes Saatgutes, sonbern auch auf Herkunft bes Samens Wert legen, b. h. bas einheimifche, teurer gewonnene Saatgut auch ent-sprechenb höher bezahlen.

2. Wenn die deutschen Forsibehörben in ausgebehnterem Maße wie bisher bie Walbungen zur Samenernte freigeben. Ganz zu verwerfen ist bie Schließung einzelner Walbbistrikte überhaupt sür bie Samen¬ sammler aus Prinzip, b. h. auch in guten Erntejahren, mit ber siereo-typen Begrünbung: „aus forstwirtschaftlichen Grünben". Dem Forft-wirt foll bie Gewinnung eines vollkommenen Saatgutes höher stehen als bie reine Nu|holzzucht, bie sich bann nur als ein Naubbau erweifen würbe unb bie auch für bie Dauer unbenkbar ift, wenn nicht bie kommenben Kulturen mit einem unverfälschten Nassensaatgute angelegt werben.

3. Wenn bie Forsibehörben, wie es von ber kgl. Negierung ber P s a l z im legten Jahre schon geschehen ist, erstklassige Bestänbe, b. h. Elitebestänbe, bie durch Wuchseigenschasten und Alter Gewähr geben für ein vollkommenes Saatgut und auch hinsichtlich der Quantität den Sammlern ein befriedigendes (Ergebnis liefern, für die Samenlese freigeben.

4. Wenn auf Sämereien der auslänbifchen Naffen, bie für bas Jn-lanb ungeeignet sinb, ein entsprechet hoher Zo l l , wie ihn % B . Nor¬ wegen aus sremblänbischen Fichtensamen legt, eingesührt wirb, so baß bas inlänbische, unter teuren Bebingungen gewonnene Saatgut nicht burch bas geringwertige, billigere auslänbische unterboten wirb.

VI. Als weiter zu ergreisenbe Maßnahme zur Erlangung guter Sämereien unb Pflanzen kann gelten:

Die Errichtung einer Samen- unb Pstanzenkontroll- unb Verfuchs-ftation für das Neich. Diese könnte zunächst an schon bestehende An-

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648 Die VII. Hauptversammlung beS Deutfchen Forsivereins in Danzig.

stalten, wie die Kaiserliche Biologische Anstalt für Lanb- und Forstwirt¬ schaft in Dahlem, angegliedert werben.

Sie hatte in erster Linie bie Sämereien und Pflanzen, bie für Auf¬ forstungen verwandt werben sollen, auf ihren Gebrauchswert zu prüfen, b. h. bei ben Sämereien Keimkraft, Neinheit unb anbere Werte fest¬ zustellen, bei Pflanzen ben Gebrauchswert, ber sich aus ber Formen¬ Schönheit ber oberirdischen und unterirdischen Organe, aus der Her-fünft des Saatgutes, aus der Beschaffenheit des Bodens und des Klimas, in dem sie herangewachsen find, und desjenigen, wohin fie verpflanzt werden fallen, zusammenfegt.

Die Ketmfraftfontrolle für Sämereien (auch der landwirtschaftlichen) müßte fchon aus dem Grunde von einer Zentralfontrolle für das ge= famte Deutfche Neich ausgeübt werben, ba zur Zeit z. 33. die Pro-buzenten die Sämereien, wie allgemein üblich, nur von einer Anstalt vor¬ prüfen lassen, während nach dem Verkauf die Saatgüter von anderen Anstalten unter anderen Bedingungen nachgeprüft und dadurch nur zu häufig verschiedene Nefultate erzielt werden.

Jhre Aufgabe wäre außerdem, ertra Provenienz-Verfuchsflächen über das ganze Neich mit den Hauptholzarten anzulegen und zu prüfen, welche Naffen zum Anbau in Deutfchland geeignet, bezw. für einzelne Gegenden Deutschlands ungeeignet find.

Sie hätte lausend Statiftik ju führen über Vorrat an Sämereien unb Pflanzen, an Bedarf, über Preis und hätte periodifche Berichte zu verösfentlichen, welche bie Produzenten und Konfumenten auf dem Laufen¬ den erhatten.

Sie wird auf diefe Art fördernd wirken auf die Beschaffung guter Waldfämereien und Waldpflanzen, fie wird wirken zum Wohle der i « Deutfchland fo umfangreichen staatlichen und privaten Saatgewinnungs-anstatten und Pstanzenzüchtereien und des Waldes selbst. —

Wie sein Vorredner, so konnte auch Dr. Schott sich vielfach auf eigene Versuche stülen, insbesondere auch seinen Lettsal I V durch Vor¬ Zeigung von Kiesernpflanzen deutfchen und französischen Ursprunges in an¬ regender Weise illustrieren. E r stellte schließlich gemeinsam mit Dr. Kienit j den im Forstwirtschastsrat vorberatenen Antrag:

Der Deutfche Forftverein wolle beschließen: „Er hatte es für erforder¬ lich, daß im Forstbetrieb - den Fragen der Zuchtwahl mehr Aufmerksam¬ keit zugewendet werde, als bisher, daß deshalb ausländische ungeeignete Naffen der bei uns einheimischen Arten von der Verwendung in Deutsch¬ land auszuschließen seien, und daß die inländische Samengewinnung tunlichst aus den besten Beständen zu erfolgen habe."

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An ber Debatte, welche sich an ben sehr beifällig aufgenommenen Vortrag Dr. Schott 'S schloß, Beteiligten sich die Herren Nitterguisbesifeer v. Saftsch-Postet und Forstrat Eßünger-Spever. Lefterer nahm als Mitglied der Negierung ber Pfalz insbesondre Bezug aus Leiisafe IV , 3 Schott 's und teilte mit, baß behuss Gewinnung guten, geeigneten Kiesernsamens sür die Staats- und Gemeindewalbungen ber Psalz im Betrag von rund 2000 kg jährlich bie Negierung ben großen Wald-fornpler, bes sogenannten Bienwatbes sür ausgebehnte Zapsengewinnung aus den heften Beständen geöffnet unb mit der Samenlenganstalt Schott in Knittelsheim einen Vertrag über bie Gewinnung und bezw. Lieferung dieses Samens abgeschlossen habe. E s sei für diesen Samen ein höherer Preis bewilligt werben. Die Sache sei zugleich eine Ver¬ trauenssache, baß bie Firma nur ben dort gewonnenen Samen liefere. Von Wichtigkeit sei auch bie gute Ausbewahrung bes Samens, um seine Keimfähigkeit für bie nächsten Jahre möglichst zu erhalten.

Jn Bezug auf diese letjtere Bemerkung erklärt Dr. Schott, das „Geheimnis" bestehe einerseits in guter,- trockener Lagerung ber noch un-ausgrflengten Zapfen bis zum nächsten Jahr, dann in Ausbewahrung ausgeklagten Samens in Blechtrommeln, die mit Hilfe von Gummi¬ ringen luftbicht verschlossen seien.

Forstmeister Fenner-Wolsgang, bem eine kleinere staatliche Klenge unterteilt ist, teilt ebenfalls einige Erfahrungen mit, insbesondere auch über einen Saatversuch mit sranzösischen unb rufsischen Samen, ber wesent¬ lich geringere Pflanzen gegenüber den aus eigenem erzogenen Pflanzen ergeben habe. Interessant ist auch bie Beobachtung, daß Zapfen, welche von stark burch Lophyrus prni besessenen Bäumen stammten, zwar eine reiche Samenausbeute und ein gleich gutes Keimprozent, wie bie übrigen Zapsen, gegeben, baß aber bas Nesultat ber Aussaat ein schlechtes ge¬ wesen sei, wenige unb schwächliche Pflanzen ergeben habe.

Auch Geh. Oberforstrat Dr. Walther-Darmstabt bestätigt bie schlechten Ersolge ber Saaten mit französischem Samen.

Der oben mitgeteilte Antrag wirb sodann mit allgemeiner Zustimmung angenommen. —

Den Schluß ber Verhanblungen bildete ein Vortrag des Neg.- und Forfirates von Bentheim: Über die forstliche Presse; sowohl der Stoss, wie bie Person bes Nebners waren wohl Veranlassung, daß sich der Saal einer am Schluß ber zweiten Si|ung seltenen Fülle von Teil« nehmern erfreute!

Nebner wies zunächst auf die gewaltige .Bedeutung der Presse auf «Ken Gebieten des öffentlichen Lebens hin, eine Bedeutung, die ihr wot)l

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mit Necht bie Bezeichnung als einer „Großmacht" erworben habe; als eine solche kann sie sich aber nur bann behaupten, wenn sie aus ber Hohe ber Zeit stehenb jene Eigenschaften festhält, welche als Attribute er¬ sprießlicher Herrschergewalt betrachtet werben müssen. Als ein solches Attribut sei in erster Linie bie Orbnung unb eine entsprechenbe Gliebe-rung bei der Fachpresse, so also auch bei der forstlichen, zu erachten.

Eine solche Gliederung mache sich notwendig nach bem Bilbungs-stanb ber Leser, ber gerade beim Forstsach doch ein sehr verschiedener, und es müsse daher die Scheidung zwischen populärer und Wissenschaft¬ licher Nichtung festgehalten werden — nur den Zeitschriften der le|teren stehe es zu, die Gesamtheit der forstlichen Fragen, so jene der Organs¬ satton, des Unterrichts u. ä. zu erörtern, während den Zeitschriften der populären Nichtung die Aufgabe zufällt, als praktifcher Natgeber für den Alltagsbebarf zu dienen. Hierdurch muß sich eine Scheidung der für das Forslverwaltungspersonal bestimmten mehr wifsenschaftlichen und der sür das Betriebs- und Schufeperfonal bestimmten mehr praktischen Zeitschristen ergeben. — Auch eine geographische Gliederung ergebe sich durch die natürliche Eigenart von Boden und Klima, durch Sondereinrichtungen wirtschaftlicher und fozialer Jnteresfen. Diese natürliche Gliederung dars aber nicht ausarten in Zersplitterung, denn eine solche muß durch dieMinde-rung des Leserkreises zu nützlichen Verhältnissen sür die einzelne Zeit¬ schrist, andererseits aber zu literarischer Überproduktion und Verflachung hinführen.

Weiter muß von einer guten Fachpreffe die Eigenfchast der Neg-samkeit und Jnitiative gefordert werben; sie soll nicht nur die Entwicklung der forstlichen Dinge verfolgen, fondern ihr Bestreben muß sein, mit¬ bestimmend auf diese einzuwirken. Sie hat sich dabei von der ;ein-seitigen Betonung bestimmter wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher An-fchauungen ferne zu halten, sie soll die Vertreter der verfchiedensten Nich-tungen zu Worte kommen lassen.

Endlich aber ist Unabhängigkeit, Wahrhaftigkeit und Wohlanständig¬ keit in erster Linie von jeder guten Presse zu sordern, zumal das sreie Wort soll innerhalb leiterer Grenzen zur Geltung kommen, eine sachliche Kritik des Bestehenden ist das Necht wie die Pflicht derfelben. Nedner weist hier auf die Worte, die ein preußifcher Staatsminister kürzlich ge¬ sprechen, hin: „jede Kritik, die Fehler aufdeckt und bessere Wege weist, erwirbt sich ein großes Verdienst!"

An der Hand vorstehender Forderungen prüst nun v. Bentheim die derzeitigen Leistungen der forstlichen Preffe Deutfchlands. E r rügt in erster Linie die Übergrisfe der Förfterzeitfchriften auf Gebtete, über die

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Die V I I . Hauptversammlung des Deutfchen Forstvereins in Danzig. 651

zu urteilen sie nicht berufen feien, so auf das Gebiet des forstlichen Unterrichts, der Forstorganisation und geißelt die stets sich steigernden Forderungen des Forsterstandes nach höherer Bitdung und damit selbst¬ verständlich auch nach höherer Stellung — Forderungen, durch deren Er-süllung schließlich unser ganzes mühsam errungenes Obersörstersustem wieder ins Wanken gerate.

E r weist auf die Erscheinung hin, daß ganz Norddeutschtand eine einzige wissenschastliche Fachzeitung — gegenüber 4 in Süddeutfchland — beft|e, und daß sich, teilweise wohl auch hiedurch, die Etgenartigteit er¬ geben habe, daß norddeutsche Verhältnisse und Zustände vorwiegend in süddeutschen Zeitschristen besprochen werden, und wirst die Frage aus: warum meiden solche Besprechungen das norddeutsche Forum? Finden sie dort keine Ausnahme? So habe die sür Preußen so wichtige sorst-liche Unterrichtstage dort noch keine Besprechung gefunden, die ebenso wichtige Forstorganisationssrage sei nur einmal gestreift worden.

Bentheim weist sodann aus die Arbeiten Professor Dr. M a r t i n ' s und seine Forderungen aus dem Gebiete der Forsteinrichtung und Forst¬ reinertragslehre hin, durch deren Erfüllung dem preußifchen Staate schwere Havarien drohen,1) und die trotzdem noch keine Zurückweisung seitens der berufenen Vertreter des Waldes in dem norddeutschen Organ erfahren i)abm. Aufgabe der einschlägigen Presse wäre es gewesen, hier ausklärend zu wirken, allerdings habe Dr. S t ö | e r die wenig fchmeichel-hafte, aber doch zutreffende Außerung getan, daß bei der großen Masse der Forstbeamten ein volles Verständnis sür die von M a r t i n behandelten Gegenstände kaum vorauszuseien sei!

Auch den sorstlichen Interessentenkreisen liegen aber Pflichten gegen¬ über ihrer Fachpresse ob: jene einer entsprechenden Mitarbeit und der materiellen Unterstülung. Jn ersterer Beziehung ist eine rege Beteiligung namentlich auch der Männer des praktischen Lebens nötig, und bei dem großen Anteil des Privatbesi|es an den deutschen Forsten ist es un¬ erwünscht, daß seine Vertreter sich so wenig an dieser Mitarbeit be¬ teiligen. Und was die Verbreitung der Zeitschristen betrifft, so ist die¬ selbe nach den dem Nedner bekannt gewordenen Zahlen eine viel zu ge¬ ringe, sehr viele Forstbeamte erhatten sie nur als Mitglieder von Lese¬ zirkeln, die nur selten eine „normale Verdauung" gestatten; jeder Forst¬ mann sollte wenigstens ein eigenes Fachbtatt dauernd erhatten! E s ist gewiß eine kurzsichtige Sparsamkeit, wenn Staats- und Privatforftver-

*) Professor Dr. M a r t i n aa r leiber nidjt antoesenb, ran bie i.)n 311m Teil jd)arf angreifenben Sufjerungen ö. S e n t l j e i m ' 2 prüdtoeisen unb toibertegen ju tonnen.

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waltungen ihren Beamten nicht die nötigen Fortbildungsmittel zur Ver--fügung stellen — eine produktivere Ausgabe läßt sich kaum denken.

Nedner verzichtet daraus, irgend welche Nesolution zu stellen — er wolle deren Fassung geschickteren Händen überlassen und sich damit ge¬ nügen lassen, eine Vorarbeit für solche geleistet zu haben.

Jn der anschließenden Debatte ergreift zunächft Oberforstrat Dr. v. Fürst bas Wort als einziger anwesender Nebafteur einer forstlichen Zeitschrift. E r erkennt die Nichtigkeit der Forderungen Bentheim'! , welche an bie sachliche Presse zu stellen seien, an unb hosst, in seinem Blatt insbesonbere jener der Unabhängigkeit, Wahrhaftigkeit und Wo|lansiänbigkeit stets genügt zu haben. Aus die Vorwürfe v. Benthe im ' S gegen ein von ihm zwar nicht genanntes, aber doch deutlich genug bezeichnetes Blatt zu antworten, habe er feine Veranlassung. Hinweisen möchte aber auch er einerseits aus bie notwendige Unterstützung ber Fachpresse burch eut> sprechenbe Mitarbeit — ber Jnhalt unserer Zeitschristen gibt ein Spiegel-Mlb bes geistigen Lebens, bas in unseren sorstlichen Kreisen pulsiert —, anbererseits barauf, wie wünschenswert unb notwenbig auch bie Unter-stü|ung durch größere Verbreitung der Zeitschriften sei, bie doch im Jnteresse ber Fortbildung bes Forsipersonales seitens der Negierungen tunlichst gesörbert werben sollte. E s lasse sich nicht in Abrebe sieEen, daß nach dieser Nichtung hin namentlich in Norddeutfchlanb viel zu wenig geschehe, inbem bie Haltung von Zeitschristen lediglich bem Forst¬ personal, bas sich zu Lesezirkeln vereinigt, überlassen bleibe.

Oberlandsorstmeisier Dr. Stöfeer bebauert die Angrisse, weiche Bent¬ heim gegen ben nicht anwesenden Professor Dr. M a r t i n gerichtet habe, unb erklärt gegenüber ben Äußerungen über bie Gefährlichkeit ber An-nienbung ber Neinertragslehre aus bie preußischen Staatswalbungen, baß sich berartige Fragen selbstverständlich nicht innerhalb einer kurzen Ge-legertheitsbebatte erledigen ließen; wolle man bie Frage erörtern, so würde notwendig sein, sie als eigenes Thema aus die Tagesordnung der beut-schen Forsiverfammlung zu fe|en.

Nachdem bas Wort nicht weiter begehrt würbe, schloß ber Präpbent die Versammlung mit warmen Worten bes Abschiebs unb ber Hoffnung aus srohes Wieberfehen in Straßburg!

Zum Schlüsse sei auch noch ber Exkursionen gedacht, welche — gleich dem gesamten übrigen Arrangement sür die Versammlung — vortrefflich vorbereitet waren unb, vom Wetter fast burchaus begünstigt, unter sehr Zahlreicher auch aus bie Nachejfursionen sich, erftrecfenber Beteiligung ebenso angenehm wie anregenb verliefen.

Die erste, kleinere Ejfursion führte am Nachmittag bes ersten

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Siijungstages in langer Wagenreihe die Teilnehmer zuerst nach dem tgl. Schlosse Oliva, durch dessen schonen, eine große Zahl herrlicher alter Koniferen, Eroten jeder Art, enthaltenden Park die Versammlung unter sachkundiger Führung wanderte, um bann die Oberförsterei O l iva zu durchfahren, bas eine Neihe fchöner unb interessanter Watbbestänbe, überwiegenb Kiefern in Mischung mit Buche unb Eiche bot. Von einem Aussichtspunkt genoß man eine herrliche Aussicht aus bas Meer unb das vielbesuchte Seebad Zoppot, in welchem bie Versammlung ben Abenb in genußreicher Weise verlebte.

Die zweite (Haupt-) Erfttrston sollte ben Teilnehmern einen Einblick in bie Arbeit ber Dünenausforstung gewähren unb sührte bieselben aus den unter dem Namen der Frischen Gehrung bekannten schmalen Land¬ streifen jenseits des Frischen Haffs, zur Oberförsterei Stegen gehörig. Eine längere Eisenbahnsahrt brachte uns zuerst nach ber Stadt Elbing, bort wurden 2 Dampfer bestiegen und eine schöne Fahrt über das Hass führte hinüber nach der Anlegestelle Schmergrube, von welcher aus eine etwa 2—3 stündige Wanderung durch bie Dünen sührte unb diese in allen Stadien — von der flüchtigen Wanderdüne bis zur durch Kiefernkultur bereits vollständig gefestigten Düne — zeigte. Die Art und Weise der Aufforstung, Herstellung des schulenden Neisigbesiecks, Fertigung ber Psknzstellen unter Düngung mit Hasfschlic! unb Bepflanzung berfelben mit je 4 einjährigen Kiefern würbe burch bie bort verwenbeten Straf¬ gefangenen vorgeführt. Jnteresse erregte insbesondere auch bie charafte-ristische Sandstora, die an paffender Stelle übersichtlich vereint war unb immerhin 33 Arten umfaßte.

Die Schiffe führten fobann bie Teilnehmer hinüber nach dem eben¬ falls auf der Düne, aber inmitten älteren und zum Tei l recht gut-wüchsigen Fohrenbestandes gelegenen emporblühenben Seebad Kahtberg, WO vielen vielleicht zum erstenmal Gelegenheit zu herrlichem Seebad gegeben war. Nach gemeinsamer Mahlzeit brachten Dampfer und Eifen-bahn uns in spater Abenbsiunbe jurüc! nach Danzig.

Damit war die Hauptversammlung abgeschlossen, aber wie schon be¬ rührt, erfreuten sich auch die Nacherkursionen regster Teilnahme, und ins¬ besondere gilt dies von der ersten, die tjinüBer nach der Halbinsel Heia sührte. Der Vormittag des 24. August war der Besichtigung von Danzig gewidmet: Dem schönen Nathause, dem hochinteressanten Artushof, ber mächtigen Marienkirche, endlich dem reichhaltigen Provinziatmuseum, in welchem vier Bernstein geschäste in sehr bankenswerter Weise eine Aus¬ stellung ihres Materials — vom rohen Bernsteinsiüii jeber Größe, wie es bort im Sanbe gefunben wirb, bis zur feinsten Verarbeitung — ver-

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anstaltet hatten. Um 12 Uhr aber würbe ein mächtiger Dampfer be= stiegen, ber in zweistünbiger, herrlicher Fahrt über bie bewegte, blau--schimmernbe Ostsee hinüber nach ber Halbinsel Heia führte; bort schloß sich eine Wanderung burch bas originelle Schisferbörfchen Heia, bann burch bie anstoßenden bewaldeten unb baburch gefestigten Sanbflächen an, beren Bestocfung Kiefern unb Erlen — biefe in allen etwas tieferen Lagen — hüben unb einen unerläßlichen Schul gegen ben Eingriff bes Winbes bieten. Der Leuchtturm gewährte einen prächtigen Blick über bie Halbinfel unb bas bewegte Meer, wie hinüber nach bem Fest-lanb, nach welchem bie Teilnehmer in fpäter Stunbe hoch&esrtebtgt heim¬ lehrten.

Die leite Nachegkursion enblich galt ber sogenannten kassubischen Schweiz (Obersörsterei Karthaus), bie ihren Namen ber bort oben seltenen stark hügeligen Beschaffenheit bes Terrains mit zahlreichen zwischenliegen¬ ben Seen verbankt unb eine Neihe lanbschastlich sehr hübscher Bilber bietet. Die Bestoclung, überwiegenb Kiesern mit reicher Beimischung ber Buche unb teilweise auch Fichte, ist eine sehr wechsetnbe unb bot mancherlei interessante Bestanbsbilber. Aus einem oberhalb breier Seen reizenb gelegenen Frühstücksplal sanb bie bisher vom besten Wetter begünstigte Exkursion unb damit auch bie Versammlung ihren feuchtfröhlichen Ab¬ schluß — halb nachher se|te Negen ein unb in tunlichst rascher Fahrt eilte man nach bem gastlichen Stäbtchen Karthaus zurück, von wo aus bie Exkursion begonnen hatte.

Gerne aber werben bie beutschen Forstmänner ber Versammlung in bem schönen unb interessanten Danzig gebenken, bankbar ber erfolgreichen Arbeit ber Geschäftsführung unb nicht minber bankbar ber liebenswürbigen Aufnahme seitens ber Stabt, bie ihren Gästen insbesonbere auch noch einen ebenso genußreichen wie gemütlichen Abenb in ben weiten unb schönen Kellerräumen bes einstigen Franziskanerklofters geboten hatte!

t.