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Die Weiterbildungsverlierer Weniger Weiterbildung für immer mehr atypisch Beschäftigte Marvin Bürmann 10. iga.Kolloquium Dresden, 16. März 2015

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Die Weiterbildungsverlierer Weniger Weiterbildung für immer mehr atypisch Beschäftigte

Marvin Bürmann

10. iga.Kolloquium

Dresden, 16. März 2015

»Die gute Entwicklung bei der Weiterbildung zeigt,

dass Deutschland sich zu einer lernenden

Gesellschaft entwickelt.«

Johanna Wanka

Bundesministerin für Bildung und Forschung

März 2013

Herausforderung: Mehr & wirksamer lernen, ein Leben lang

Zwei

Blick-

winkel

Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit: Wir brauchen Fachkräfte!

Demografischer Wandel: 6,5 Mio. weniger Erwerbspersonen bis 2025

Wirtschaftsstandort gefährdet: 2025 fehlen 1,8 Mio. Fachkräfte

Chance: Qualifizierung Geringqualifizierter (700.000 Fachkräfte könnten aus den heute Geringqualifizierten gewonnen werden)

Gesellschaftliche Chancengerechtigkeit: Jedem die Chance

auf Bildung geben!

7,5 Mio. “funktionale” Analphabeten in Deutschland

6,1 Mio. Erwerbspersonen ohne abgeschlossene Berufsausbildung

Chance: Bildung für Beschäftigungssicherheit und Teilhabe (Ohne Berufsabschluss ist das Arbeitslosigkeitsrisiko vierfach so hoch wie mit)

Quellen: Perspektive 2025: Fachkräfte für Deutschland, Bundesagentur für Arbeit, 2011; Level-One Studie 2010; BIBB REPORT Ausgabe 18/12

Einleitung

©Arne Weychardt / Bertelsmann Stiftung

1. Forschungsfragen

Wie häufig nehmen atypisch Beschäftigte im Vergleich zu

Normalbeschäftigten an Weiterbildung teil?

Wie hat sich ihre Weiterbildungsbeteiligung in den letzten Jahren

entwickelt?

Gibt es besonders benachteiligte Gruppen?

Wie erleben atypisch Beschäftigte selbst ihre Weiterbildungschancen?

2. Definitionen

Atypische Beschäftigung (eines oder mehrere der folgenden Merkmale):

Befristet beschäftigt

In Teilzeit beschäftigt (< 35 h/Woche)

In Zeitarbeit beschäftigt

Geringfügig beschäftigt (< 400 €/Monat; „mini-job“)

Vs. Normalbeschäftigung (keines der Merkmale liegt vor)

Prekäre Beschäftigung

Einkommen unterhalb des Erwerbsminimums (< 700 €/Monat)

Formale Weiterbildung

Sowohl formales als auch non-formales Lernen (organisierte Lernaktivitäten)

vs. Informelle Weiterbildung

3. Datenquellen und Methode

BIBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung

2005/2006 & 2011/2012 CATI Befragung mit n = 20.000 Teilnehmern

Berufsbezogene Weiterbildung in den letzten 2 Jahren (ja/nein)

Grundlage der meisten Analysen

Mikrozensus

2003 & 2009 CAPI Befragung mit n = 830.000 Teilnehmern

Berufsbezogene oder allgemeine Weiterbildung im letzten Jahr (ja/nein)

Analysen zu prekärer Beschäftigung und Arbeitslosen

Probit-Regressionen der Weiterbildungsbeteiligung und -zufriedenheit

Stichprobe: 15-64 Jahre, außer Studenten, Azubis, Wehr- und

Zivildienstleistende, Soldaten

Kontrollvariablen: Bildungsstand, Erwerbsstatus, Nationalität, Alter, West-

Ost, Branche

4. Relevanz des Themas

7,9 Millionen oder einer

von vier abhängig

Beschäftigten ist atypisch

beschäftigt

Das entspricht einem

Anstieg von knapp 30%

zwischen 2003 und 2011

Entwicklung atypischer Beschäftigung von 2003-2011

Ergebnisse

©Arne Weychardt / Bertelsmann Stiftung

1. Atypisch Beschäftigte liegen hinter Normalbeschäftigten

zurück und werden immer weiter abgehängt…

BIBB/BAuA

… selbst kontrolliert für Bildung, Branche, Alter & Nationalität.

BIBB/BAuA

2. Weiterbildungschancen von prekär & atypisch

Beschäftigten sind noch schlechter als die von Arbeitslosen

Mikrozensus

2009

3. Geringqualifizierte sind besonders benachteiligt

BIBB/BAuA

2011/12

Zur Erinnerung: 6,1 Mio. Erwerbspersonen ohne abgeschlossene Berufsausbildung

haben ein 4-faches Arbeitslosigkeitsrisiko wie solche mit Berufsausbildung

4. Atypisch Beschäftigte sind unzufriedener

BIBB/BAuA

2011/12

5. Lichtblick informelle Weiterbildung

BIBB/BAuA

2005/06

Fazit

©Arne Weychardt / Bertelsmann Stiftung

1. Ist atypische Beschäftigung eine Sackgasse?

Manchmal ist atypische Beschäftigung wünschenswert

z.B. Teilzeitarbeitslösungen während der Kindererziehung oder im Rahmen

der (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt nach Arbeitslosigkeit

Aber sie bringt auch erhebliche Nachteile mit sich

z.B. Lohneinbußen und niedrigere Rentenansprüche

Atypische Beschäftigung sollte daher möglichst nur zum Einstieg in den

Arbeitsmarkt genutzt werden, nicht als Dauerlösung.

Vor allem ohne ausreichende Weiterbildungsmöglichkeiten kann atypische

Beschäftigung aber sogar zu einem Teufelskreis werden:

Weniger Weiterbildung

Geringere Aufstiegschancen

Verfestigung der sozialen Situation

Prekarisierung

Fehlende Informationen

zu Lernangeboten

Unzureichende

Kompetenz der Lehrer

Lernangebote vorbei an

Bedarfen der Zielgruppe

Schlechte

Lernerfahrung

Negative Einstellungen

gegenüber Lernen

Fehlendes Wissen um

den Nutzen von Lernen

Fehlende Vorbilder für

Lernen

Soziale Stigmatisierung

von Lernen

Fehlende Gelegenheiten

um zu Lernen

Persönliche Gründe Soziale Gründe Institutionelle Gründe

2. Formale Weiterbildungsabstinenz

Formaler (Weiter-) Bildungsweg häufig keine Alternative

Aber auch ohne formale Weiterbildung:

• Lernen findet häufig informell statt

• Kompetenzen sind vorhanden, nützen aber ohne Anerkennung wenig

3. Kompetenzen bei Geringqualifizierten

Aus: Heisig/Solga (2013) Kompetenzen und Arbeitsmarktchancen von gering Qualifizierten in Deutschland

Kompetenzen zahlen sich bei GQ Männern nicht im Sinne einer Reduktion des

Nichterwerbsrisikos aus – ganz im Gegensatz zum Ausland 2

Bisherigen Verfahren zur

Kompetenzanerkennung gelingt es mit

Fallzahlen von unter 30.000/Jahr im

Wesentlichen nicht Geringqualifizierten

hier einen echten Weg zu bauen.

Schöpf (2014) Die Situation in Deutschland: Die Anerkennung der

Ergebnisse informellen und non-formalen Lernens bei formal

Geringqualifizierten: Status Quo und Perspektiven

Ausblick:

Aktivitäten

der

Stiftung

©Arne Weychardt / Bertelsmann Stiftung

Negativerfahrung

(schulisches)

Lernen

Informations-

& Motivations-

defizit

Hohe formale

Hürden und

Sackgassen

Maßgeschneidertes

Lernen

Lebensnahe

Beratung

Anerkennung von

Kompetenzen

Pädagogisch geschulte WB-Lehrkräfte

Lernlust via Lernspiele & -community

Schnelle Lernerfolge durch individuelle

Anspruchsniveaus

Zeitlich/räumlich flexibles Lernen

Individuelle Ansprache (Beratung

geht von individuellen Stärken aus)

Planung der Bildungslaufbahn

Transparente Angebote vor Ort

Modularisierte (Aus)bildung

Zertifizierung von Praxiserfahrung

Durchlässigkeit zwischen Berufen

Flexibilisierung des Systems

Problem Lösung Umsetzung

Modellprojekt:

Potentialanalyse in der

Migrationsberatung

Modellprojekt:

wb-web.de Informationsportal

für Lehrkräfte in der Weiterbildung

Studien:

Kompetenzanerkennung

in Deutschland und Europa

Lösungsansatz: Das System an das Individuum anpassen,

nicht umgekehrt

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Marvin Bürmann

Project Manager

Programm Lernen fürs Leben

Carl-Bertelsmann-Straße 256 | 33311 Gütersloh

Telefon: +49 5241 81-81296 | Fax: +49 5241 81-681296

[email protected]

www.bertelsmann-stiftung.de