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DIENSTAG, 5. APRIL 2011 WISSEN / GESUNDHEIT 23 Streitfall Homöopathie: „Wirkung ist belegt“ JOSEF BRUCKMOSER Michael Frass ist Präsident des Dachverbandes österreichischer Ärztinnen und Ärzte für Ganz- heitsmedizin. An der Klinischen Abteilung für Onkologie am AKH Wien hat der Internist und Ho- möopath eine viel beachtete Stu- die über die ergänzende homöo- pathische Begleitung von Krebs- patienten durchgeführt. SN: Herr Doktor Frass, die Homöo- pathie ist umstritten. Was ist aus Ihrer Sicht die Wirkung? Frass: Die Wirkung der Homöo- pathie besteht darin, durch eine individuell verschriebene Arznei dem Körper des Patienten jene Information zu geben, mit deren Hilfe er wieder in der Stand ver- setzt wird, sich selbst zu heilen. Dabei werden also die Selbsthei- lungskräfte des Körpers aktiviert. Die Homöopathie wurde von Samuel Hahnemann (1755 bis 1843) entwickelt. Er bemerkte, dass er als Gesunder bei Einnah- me von pflanzlichen, minerali- schen oder tierischen Substanzen Krankheitssymptome entwickelte. Gleichzeitig beobachtete Hahne- mann, dass Kranke mit ähnlichen Symptomen mit eben dieser Subs- tanz geheilt werden konnten. Da- raus resultiert das Ähnlichkeits- gesetz der Homöopathie: Ähnli- ches wird durch Ähnliches geheilt. Ein Beispiel: Die Einnahme der Kamille (Chmomilla) kann bei Ge- sunden zu Magenbeschwerden führen. Umgekehrt kann ein kran- ker Mensch mit Magenbeschwer- den durch Kamille gesunden. SN: Ein Vorwurf an die Homöopa- thie ist, dass ihre Wirkung nicht durch Studien nachgewiesen sei. Frass: Es gibt mehrere Metaana- lysen, die einen Vorteil der Ho- möopathie gegenüber einem Pla- cebo – einem Scheinmedikament mit gleichem Aussehen, jedoch ohne Wirkstoff – zeigen. Insbe- sondere die im Jahre 2005 im „Lancet“ veröffentlichte Metaana- lyse von Shang und anderen hat bei genauer Betrachtung gezeigt, dass die Daten für eine Wirkung homöopathischer Arzneien spre- chen. Die hervorragenden Daten dieser Studie sind lediglich fehler- haft interpretiert worden. Ein Problem der Homöopathie liegt darin, dass das Design kon- ventioneller Studien auf homöo- pathische Studien nur bedingt an- wendbar ist, weil in der Homöo- pathie individuell vorgegangen wird. Es ist also nicht möglich, in einem solchen Studiendesign mehrere Faktoren zu berücksich- tigen. Trotz dieser sehr ungünsti- gen Voraussetzungen gibt es eine Reihe für die Homöopathie positi- ver Studienergebnisse. SN: Klassische Studien über die Wirkung von Medikamenten kön- nen eine große Fallzahl und eine Kontrollgruppe vorweisen. Die Ho- möopathie beruft sich auf Einzel- beobachtungen. Warum? Frass: Aus homöopathischer Sicht sind Einzelbeobachtungen deswe- gen so wichtig, weil Patienten mit gleicher konventioneller Diagno- se unter Umständen verschiedene homöopathische Medikamente er- halten. Die Homöopathie erfor- dert daher mehr Einfühlungsver- mögen. Es geht mehr darum, qua- litative Parameter zu beurteilen als quantitative. Komplementär. Die Homöopathie geht individuell vor und kann daher keine gängigen Studien vorweisen. Ihre Wirkung sei aber vielfach belegt, sagt Michael Frass, Onkologe und Homöopath am AKH Wien. Michael Frass, Onkologe und Homöopath am AKH Wien „Die Homöopathie erfordert mehr Einfühlungsvermögen.“ SN: Welche Bereiche sind der Ho- möopathie besonders zugänglich und welche nicht? Gibt es Fälle, in denen dringend abzuraten ist? Frass: Die Homöopathie ist eine medizinische Methode, die auf das Gemüt und den ganzen Kör- per wirkt, es ist also zunächst kei- ne Krankheitsform auszuschlie- ßen. Bekannt sind die Erfolge bei Hauterkrankungen, Kopfschmer- zen, Rheuma, Magen-Darm-Be- schwerden und anderen. Bei me- chanischen Erkrankungen, etwa Knochenbrüchen, ist die Homöo- pathie nicht die Methode der Wahl, sie kann aber begleitend oft viel bewirken. In Österreich dürfen nur Ärzte die Homöopathie ausüben. Daher ist durch den ganzheitlichen An- satz kein Nachteil zu erwarten. SN: Kann man Homöopathie mit konventioneller Medizin kombinie- ren oder schließt sich das aus? Frass: Homöopathie lässt sich mit konventioneller Medizin prob- lemlos kombinieren. Das ist bei Erkrankungen mit lebensnotwen- digen konventionellen Medika- menten unabdingbar. Durch die Ausbildung der Studenten gibt es einen konstruktiven Dialog zwi- schen konventionell und homöo- pathisch tätigen Medizinern. Lesen Sie morgen: Anwendungs- gebiete der Homöopathie von Kopf- schmerzen bis zur Intensivmedizin. SN-Diskussion mit Dr. Michael Frass, Dr. Klaus Connert und Barbara Stelzer am Montag, 11. April, um 19. Uhr im SN-Saal, Karolingerstr. 40, Salzburg Bild: SN/PRIVAT

DIENSTAG, 5. APRIL 2011 IM BLICKPUNKT Streitfall … · 2013-09-27 · Bild: SN/ARCHIV Streitfall Homöopathie: „Wirkung ist belegt“ JOSEF BRUCKMOSER Michael Frass ist Präsident

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Page 1: DIENSTAG, 5. APRIL 2011 IM BLICKPUNKT Streitfall … · 2013-09-27 · Bild: SN/ARCHIV Streitfall Homöopathie: „Wirkung ist belegt“ JOSEF BRUCKMOSER Michael Frass ist Präsident

DIENSTAG, 5. APRIL 2011 WISSEN / GESUNDHEIT 23

Umgang mit Medien will gelernt sein

Jeden Tag gehen wir mit unseren Kindernaus dem Haus oder fahren im Straßenver-kehr mit dem Auto spazieren. Wir nutzendie Vorteile der Mobilität und bereitenunsere Kinder von klein auf darauf vor,sich im Straßenverkehr richtig zu verhal-ten. Niemand von uns käme auf die Ideezu sagen: „Geh nicht aus dem Haus, dakönnte dir etwas passieren!“Ganz anders beim Thema Fernsehen:

Die simple Idee vieler Eltern ist es, denKindern das Fernsehen oder natürlichauch andere Medien einfach zu verbieten– ganz nach demMotto: das ist schlecht,möglichst wenig davon ideal! GenaueStundenanzahlen werden benannt odernur bestimmte Sendungen erlaubt. Prob-lematisch wird es dann, wenn es in „Aus-nahmefällen“ doch sein darf – dann näm-lich, wenn es den Eltern gelegen kommt,wenn man ein Nickerchen machen will,einen Freund zu Besuch hat oder das Te-lefon läutet. Dadurch bewirken die Ver-

bote ums Fernsehen meist das Gegenteil.Die „Kiste“ wird noch interessanter undman findet sich mit seinen Kindern in ei-nem Dauerkampf um die Grenzen wieder.Medienerziehung sollte da ansetzen,

wo man Kinder in ihrem Fernsehverhal-ten positiv unterstützt. Das heißt etwa,gemeinsam Sendungen auszuwählen, mit-einander vor dem Fernseher zu sitzen(und damit auch zu wissen, was die eige-nen Kinder überhaupt sehen) und überdie Inhalte im Fernsehen zu sprechen –darüber was einen freut, ärgert, belustigt.

Vielfach hat die Wahl des Programmsauch mit dem Alter und dem Geschlechtzu tun. Die meisten kleinen Kinder finden

hauptsächlich Zeichentrickfilme interes-sant, Volksschülern gefallen Lernsendun-gen wie „Willi will’s wissen“ oder „DieSendung mit derMaus“ und ältere Kindersehen sich je nach Interessen Sport-sendungen oder Soaps an, in denen es um„gewisse Beziehungsdynamiken“ geht,mit denen sie sich in der Pubertät auchgerade auseinandersetzen.Eltern sollten nicht einfach verbieten,

sondern Fernsehen als eine Möglichkeitvon vielen sehen, durch die man Spaß ha-ben, etwas lernen oder informiert wer-den kann. Die Eltern sollten aber auchvermitteln, dass es dafür noch andereMöglichkeiten gibt: Spiele, gemeinsameUnternehmungen und Bücher lesen.

Manuela Oberlechner arbeitet als Psychologin,Trainerin und Coach. Sie ist die Begründerindes Konzepts „Family Support“ – Training fürliebevolle Erziehung und Beziehung.wwww.family-support.net

Verbote um das Fernsehen und andere „Guckkästen“ bewirken meist das Gegenteil – und schon ist manmit seinen Kindern im Dauerkampf um die Grenzen des Medienkonsums.

Bakterien gegen Feuerbrand

IM BLICKPUNKT

BERN (SN, sda). Ein Bakteriumaus Nordamerika kann mögli-cherweise helfen, den Feuer-brand zu bekämpfen. Apfel- undBirnenbäume könnten damitauf biologische Weise geschütztwerden. Zurzeit untersucht dieForschungsanstalt AgroscopeChangins-Wädenswil (ACW) dieWirkung des Bakteriums Pan-toea agglomerans.In den USA, in Kanada und Neu-seeland sind Pflanzenschutzmit-tel auf der Basis dieses Bakteri-

ums erfolgreich im Kampf gegenden Feuerbrand. Das Bakteriumverschwindet nach der Blüte ausder Obstanlage. Früchte und Bo-den sind frei davon, die Apfel-qualität wird nicht beeinflusst.Bislang wird Feuerbrand auch inÖsterreich mit streptomyzinhal-tigen Pflanzenschutzmitteln be-kämpft. So mussten etwa in derSteiermark im Jahr 2010 vonrund 5000 Hektar Obstkulturen346 Hektar mit dem Antibioti-kum behandelt werden.

Zerstörte Triebe eines Apfelbaums. Bild: SN/ARCHIV

Streitfall Homöopathie:„Wirkung ist belegt“

JOSEF BRUCKMOSER

Michael Frass ist Präsident desDachverbandes österreichischerÄrztinnen und Ärzte für Ganz-heitsmedizin. An der KlinischenAbteilung für Onkologie am AKHWien hat der Internist und Ho-möopath eine viel beachtete Stu-die über die ergänzende homöo-pathische Begleitung von Krebs-patienten durchgeführt.

SN: Herr Doktor Frass, die Homöo-pathie ist umstritten. Was ist ausIhrer Sicht die Wirkung?

Frass: Die Wirkung der Homöo-pathie besteht darin, durch eineindividuell verschriebene Arzneidem Körper des Patienten jeneInformation zu geben, mit derenHilfe er wieder in der Stand ver-setzt wird, sich selbst zu heilen.Dabei werden also die Selbsthei-lungskräfte des Körpers aktiviert.Die Homöopathie wurde von

Samuel Hahnemann (1755 bis1843) entwickelt. Er bemerkte,dass er als Gesunder bei Einnah-me von pflanzlichen, minerali-schen oder tierischen SubstanzenKrankheitssymptome entwickelte.Gleichzeitig beobachtete Hahne-mann, dass Kranke mit ähnlichenSymptomen mit eben dieser Subs-tanz geheilt werden konnten. Da-raus resultiert das Ähnlichkeits-gesetz der Homöopathie: Ähnli-ches wird durch Ähnliches geheilt.Ein Beispiel: Die Einnahme der

Kamille (Chmomilla) kann bei Ge-sunden zu Magenbeschwerdenführen. Umgekehrt kann ein kran-ker Mensch mit Magenbeschwer-den durch Kamille gesunden.

SN: Ein Vorwurf an die Homöopa-thie ist, dass ihre Wirkung nichtdurch Studien nachgewiesen sei.

Frass: Es gibt mehrere Metaana-lysen, die einen Vorteil der Ho-möopathie gegenüber einem Pla-cebo – einem Scheinmedikament

mit gleichem Aussehen, jedochohne Wirkstoff – zeigen. Insbe-sondere die im Jahre 2005 im„Lancet“ veröffentlichteMetaana-lyse von Shang und anderen hatbei genauer Betrachtung gezeigt,dass die Daten für eine Wirkunghomöopathischer Arzneien spre-chen. Die hervorragenden Datendieser Studie sind lediglich fehler-haft interpretiert worden.Ein Problem der Homöopathie

liegt darin, dass das Design kon-ventioneller Studien auf homöo-pathische Studien nur bedingt an-wendbar ist, weil in der Homöo-pathie individuell vorgegangenwird. Es ist also nicht möglich,in einem solchen Studiendesignmehrere Faktoren zu berücksich-tigen. Trotz dieser sehr ungünsti-gen Voraussetzungen gibt es eine

Reihe für die Homöopathie positi-ver Studienergebnisse.

SN: Klassische Studien über dieWirkung von Medikamenten kön-nen eine große Fallzahl und eineKontrollgruppe vorweisen. Die Ho-möopathie beruft sich auf Einzel-beobachtungen. Warum?

Frass: Aus homöopathischer Sichtsind Einzelbeobachtungen deswe-gen so wichtig, weil Patienten mitgleicher konventioneller Diagno-se unter Umständen verschiedenehomöopathische Medikamente er-halten. Die Homöopathie erfor-dert daher mehr Einfühlungsver-mögen. Es geht mehr darum, qua-litative Parameter zu beurteilenals quantitative.

Komplementär. Die Homöopathie geht individuell vor und kanndaher keine gängigen Studien vorweisen. Ihre Wirkung sei aber vielfachbelegt, sagt Michael Frass, Onkologe und Homöopath am AKH Wien.

Michael Frass, Onkologe undHomöopath am AKH Wien

„Die Homöopathieerfordert mehrEinfühlungsvermögen.“

SN: Welche Bereiche sind der Ho-möopathie besonders zugänglichund welche nicht? Gibt es Fälle, indenen dringend abzuraten ist?

Frass: Die Homöopathie ist einemedizinische Methode, die aufdas Gemüt und den ganzen Kör-per wirkt, es ist also zunächst kei-ne Krankheitsform auszuschlie-ßen. Bekannt sind die Erfolge beiHauterkrankungen, Kopfschmer-zen, Rheuma, Magen-Darm-Be-schwerden und anderen. Bei me-chanischen Erkrankungen, etwaKnochenbrüchen, ist die Homöo-pathie nicht die Methode derWahl, sie kann aber begleitend oftviel bewirken.In Österreich dürfen nur Ärzte

die Homöopathie ausüben. Daherist durch den ganzheitlichen An-satz kein Nachteil zu erwarten.

SN: Kann man Homöopathie mitkonventioneller Medizin kombinie-ren oder schließt sich das aus?

Frass: Homöopathie lässt sich mitkonventioneller Medizin prob-lemlos kombinieren. Das ist beiErkrankungen mit lebensnotwen-digen konventionellen Medika-menten unabdingbar. Durch dieAusbildung der Studenten gibt eseinen konstruktiven Dialog zwi-schen konventionell und homöo-pathisch tätigen Medizinern.Lesen Sie morgen: Anwendungs-gebiete der Homöopathie von Kopf-schmerzen bis zur Intensivmedizin.SN-Diskussion mit Dr. Michael Frass,Dr. Klaus Connert und Barbara Stelzeram Montag, 11. April, um 19. Uhr imSN-Saal, Karolingerstr. 40, Salzburg

NEW ORLEANS (SN, APA). Natur-katastrophen können noch Jahredanach die Gesundheit der Be-troffenen beeinträchtigen. DieEinwohner der US-KüstenstadtNew Orleans haben nach demHurrikan Katrina drei Mal soviele Herzinfarkte wie zuvor,besagt eine Studie der TulaneUniversity von New Orleans.Gleichzeitig seien bei den Pati-enten psychische Probleme wieDepressionen, Schizophrenieund Angstzustände gestiegen.Mediziner sprechen vom „Post-Katrina-Belastungssyndrom“.Katrina hatte im August 2005

New Orleans schwer verwüstet.1600 Menschen kamen ums Le-ben. Viele haben noch immerexistenzielle Sorgen und kön-nen sich kaum um ihre Gesund-heit kümmern. Experten for-dern jetzt, nach Naturkatastro-phen stärker auf Gesundheits-vorsorge zu setzen.

Stress-Syndromnoch Jahre nachNaturkatastrophe

MANUELA OBERLECHNER

Bild: SN/PRIVAT

DIENSTAG, 5. APRIL 2011 WISSEN / GESUNDHEIT 23

Umgang mit Medien will gelernt sein

Jeden Tag gehen wir mit unseren Kindernaus dem Haus oder fahren im Straßenver-kehr mit dem Auto spazieren. Wir nutzendie Vorteile der Mobilität und bereitenunsere Kinder von klein auf darauf vor,sich im Straßenverkehr richtig zu verhal-ten. Niemand von uns käme auf die Ideezu sagen: „Geh nicht aus dem Haus, dakönnte dir etwas passieren!“Ganz anders beim Thema Fernsehen:

Die simple Idee vieler Eltern ist es, denKindern das Fernsehen oder natürlichauch andere Medien einfach zu verbieten– ganz nach demMotto: das ist schlecht,möglichst wenig davon ideal! GenaueStundenanzahlen werden benannt odernur bestimmte Sendungen erlaubt. Prob-lematisch wird es dann, wenn es in „Aus-nahmefällen“ doch sein darf – dann näm-lich, wenn es den Eltern gelegen kommt,wenn man ein Nickerchen machen will,einen Freund zu Besuch hat oder das Te-lefon läutet. Dadurch bewirken die Ver-

bote ums Fernsehen meist das Gegenteil.Die „Kiste“ wird noch interessanter undman findet sich mit seinen Kindern in ei-nem Dauerkampf um die Grenzen wieder.Medienerziehung sollte da ansetzen,

wo man Kinder in ihrem Fernsehverhal-ten positiv unterstützt. Das heißt etwa,gemeinsam Sendungen auszuwählen, mit-einander vor dem Fernseher zu sitzen(und damit auch zu wissen, was die eige-nen Kinder überhaupt sehen) und überdie Inhalte im Fernsehen zu sprechen –darüber was einen freut, ärgert, belustigt.

Vielfach hat die Wahl des Programmsauch mit dem Alter und dem Geschlechtzu tun. Die meisten kleinen Kinder finden

hauptsächlich Zeichentrickfilme interes-sant, Volksschülern gefallen Lernsendun-gen wie „Willi will’s wissen“ oder „DieSendung mit derMaus“ und ältere Kindersehen sich je nach Interessen Sport-sendungen oder Soaps an, in denen es um„gewisse Beziehungsdynamiken“ geht,mit denen sie sich in der Pubertät auchgerade auseinandersetzen.Eltern sollten nicht einfach verbieten,

sondern Fernsehen als eine Möglichkeitvon vielen sehen, durch die man Spaß ha-ben, etwas lernen oder informiert wer-den kann. Die Eltern sollten aber auchvermitteln, dass es dafür noch andereMöglichkeiten gibt: Spiele, gemeinsameUnternehmungen und Bücher lesen.

Manuela Oberlechner arbeitet als Psychologin,Trainerin und Coach. Sie ist die Begründerindes Konzepts „Family Support“ – Training fürliebevolle Erziehung und Beziehung.wwww.family-support.net

Verbote um das Fernsehen und andere „Guckkästen“ bewirken meist das Gegenteil – und schon ist manmit seinen Kindern im Dauerkampf um die Grenzen des Medienkonsums.

Bakterien gegen Feuerbrand

IM BLICKPUNKT

BERN (SN, sda). Ein Bakteriumaus Nordamerika kann mögli-cherweise helfen, den Feuer-brand zu bekämpfen. Apfel- undBirnenbäume könnten damitauf biologische Weise geschütztwerden. Zurzeit untersucht dieForschungsanstalt AgroscopeChangins-Wädenswil (ACW) dieWirkung des Bakteriums Pan-toea agglomerans.In den USA, in Kanada und Neu-seeland sind Pflanzenschutzmit-tel auf der Basis dieses Bakteri-

ums erfolgreich im Kampf gegenden Feuerbrand. Das Bakteriumverschwindet nach der Blüte ausder Obstanlage. Früchte und Bo-den sind frei davon, die Apfel-qualität wird nicht beeinflusst.Bislang wird Feuerbrand auch inÖsterreich mit streptomyzinhal-tigen Pflanzenschutzmitteln be-kämpft. So mussten etwa in derSteiermark im Jahr 2010 vonrund 5000 Hektar Obstkulturen346 Hektar mit dem Antibioti-kum behandelt werden.

Zerstörte Triebe eines Apfelbaums. Bild: SN/ARCHIV

Streitfall Homöopathie:„Wirkung ist belegt“

JOSEF BRUCKMOSER

Michael Frass ist Präsident desDachverbandes österreichischerÄrztinnen und Ärzte für Ganz-heitsmedizin. An der KlinischenAbteilung für Onkologie am AKHWien hat der Internist und Ho-möopath eine viel beachtete Stu-die über die ergänzende homöo-pathische Begleitung von Krebs-patienten durchgeführt.

SN: Herr Doktor Frass, die Homöo-pathie ist umstritten. Was ist ausIhrer Sicht die Wirkung?

Frass: Die Wirkung der Homöo-pathie besteht darin, durch eineindividuell verschriebene Arzneidem Körper des Patienten jeneInformation zu geben, mit derenHilfe er wieder in der Stand ver-setzt wird, sich selbst zu heilen.Dabei werden also die Selbsthei-lungskräfte des Körpers aktiviert.Die Homöopathie wurde von

Samuel Hahnemann (1755 bis1843) entwickelt. Er bemerkte,dass er als Gesunder bei Einnah-me von pflanzlichen, minerali-schen oder tierischen SubstanzenKrankheitssymptome entwickelte.Gleichzeitig beobachtete Hahne-mann, dass Kranke mit ähnlichenSymptomen mit eben dieser Subs-tanz geheilt werden konnten. Da-raus resultiert das Ähnlichkeits-gesetz der Homöopathie: Ähnli-ches wird durch Ähnliches geheilt.Ein Beispiel: Die Einnahme der

Kamille (Chmomilla) kann bei Ge-sunden zu Magenbeschwerdenführen. Umgekehrt kann ein kran-ker Mensch mit Magenbeschwer-den durch Kamille gesunden.

SN: Ein Vorwurf an die Homöopa-thie ist, dass ihre Wirkung nichtdurch Studien nachgewiesen sei.

Frass: Es gibt mehrere Metaana-lysen, die einen Vorteil der Ho-möopathie gegenüber einem Pla-cebo – einem Scheinmedikament

mit gleichem Aussehen, jedochohne Wirkstoff – zeigen. Insbe-sondere die im Jahre 2005 im„Lancet“ veröffentlichteMetaana-lyse von Shang und anderen hatbei genauer Betrachtung gezeigt,dass die Daten für eine Wirkunghomöopathischer Arzneien spre-chen. Die hervorragenden Datendieser Studie sind lediglich fehler-haft interpretiert worden.Ein Problem der Homöopathie

liegt darin, dass das Design kon-ventioneller Studien auf homöo-pathische Studien nur bedingt an-wendbar ist, weil in der Homöo-pathie individuell vorgegangenwird. Es ist also nicht möglich,in einem solchen Studiendesignmehrere Faktoren zu berücksich-tigen. Trotz dieser sehr ungünsti-gen Voraussetzungen gibt es eine

Reihe für die Homöopathie positi-ver Studienergebnisse.

SN: Klassische Studien über dieWirkung von Medikamenten kön-nen eine große Fallzahl und eineKontrollgruppe vorweisen. Die Ho-möopathie beruft sich auf Einzel-beobachtungen. Warum?

Frass: Aus homöopathischer Sichtsind Einzelbeobachtungen deswe-gen so wichtig, weil Patienten mitgleicher konventioneller Diagno-se unter Umständen verschiedenehomöopathische Medikamente er-halten. Die Homöopathie erfor-dert daher mehr Einfühlungsver-mögen. Es geht mehr darum, qua-litative Parameter zu beurteilenals quantitative.

Komplementär. Die Homöopathie geht individuell vor und kanndaher keine gängigen Studien vorweisen. Ihre Wirkung sei aber vielfachbelegt, sagt Michael Frass, Onkologe und Homöopath am AKH Wien.

Michael Frass, Onkologe undHomöopath am AKH Wien

„Die Homöopathieerfordert mehrEinfühlungsvermögen.“

SN: Welche Bereiche sind der Ho-möopathie besonders zugänglichund welche nicht? Gibt es Fälle, indenen dringend abzuraten ist?

Frass: Die Homöopathie ist einemedizinische Methode, die aufdas Gemüt und den ganzen Kör-per wirkt, es ist also zunächst kei-ne Krankheitsform auszuschlie-ßen. Bekannt sind die Erfolge beiHauterkrankungen, Kopfschmer-zen, Rheuma, Magen-Darm-Be-schwerden und anderen. Bei me-chanischen Erkrankungen, etwaKnochenbrüchen, ist die Homöo-pathie nicht die Methode derWahl, sie kann aber begleitend oftviel bewirken.In Österreich dürfen nur Ärzte

die Homöopathie ausüben. Daherist durch den ganzheitlichen An-satz kein Nachteil zu erwarten.

SN: Kann man Homöopathie mitkonventioneller Medizin kombinie-ren oder schließt sich das aus?

Frass: Homöopathie lässt sich mitkonventioneller Medizin prob-lemlos kombinieren. Das ist beiErkrankungen mit lebensnotwen-digen konventionellen Medika-menten unabdingbar. Durch dieAusbildung der Studenten gibt eseinen konstruktiven Dialog zwi-schen konventionell und homöo-pathisch tätigen Medizinern.Lesen Sie morgen: Anwendungs-gebiete der Homöopathie von Kopf-schmerzen bis zur Intensivmedizin.SN-Diskussion mit Dr. Michael Frass,Dr. Klaus Connert und Barbara Stelzeram Montag, 11. April, um 19. Uhr imSN-Saal, Karolingerstr. 40, Salzburg

NEW ORLEANS (SN, APA). Natur-katastrophen können noch Jahredanach die Gesundheit der Be-troffenen beeinträchtigen. DieEinwohner der US-KüstenstadtNew Orleans haben nach demHurrikan Katrina drei Mal soviele Herzinfarkte wie zuvor,besagt eine Studie der TulaneUniversity von New Orleans.Gleichzeitig seien bei den Pati-enten psychische Probleme wieDepressionen, Schizophrenieund Angstzustände gestiegen.Mediziner sprechen vom „Post-Katrina-Belastungssyndrom“.

Katrina hatte im August 2005New Orleans schwer verwüstet.1600 Menschen kamen ums Le-ben. Viele haben noch immerexistenzielle Sorgen und kön-nen sich kaum um ihre Gesund-heit kümmern. Experten for-dern jetzt, nach Naturkatastro-phen stärker auf Gesundheits-vorsorge zu setzen.

Stress-Syndromnoch Jahre nachNaturkatastrophe

MANUELA OBERLECHNER

Bild: SN/PRIVAT

Page 2: DIENSTAG, 5. APRIL 2011 IM BLICKPUNKT Streitfall … · 2013-09-27 · Bild: SN/ARCHIV Streitfall Homöopathie: „Wirkung ist belegt“ JOSEF BRUCKMOSER Michael Frass ist Präsident

MITTWOCH, 6. APRIL 2011 WISSEN / GESUNDHEIT 19

Von Kopfschmerzen bis zur Intensivmedizin

Im zweiten Teil des SN-Gesprächs mitdem Onkologen und Homöopathen Mi-chael Frass, AKHWien, geht es um dieAnwendungsbereiche der Homöopathie:

SN: Welche Bereiche sind der Homöopa-thie besonders zugänglich? Welche nicht?Gibt es Fälle, in denen abzuraten ist?

Frass: Die Homöopathie ist eine medizi-nische Methode, die auf das Gemüt undden ganzen Körper wirkt, es ist also zu-nächst keine Krankheitsform auszu-schließen. Bekannt sind Erfolge bei Haut-erkrankungen, Kopfschmerzen, Rheuma,Magen-Darm-Beschwerden und vielesandere. Bei mechanischen Erkrankungen,etwa Knochenbrüchen, ist die Homöopa-thie nicht die Methode der Wahl, sie kannaber begleitend viel bewirken.In Österreich darf die Homöopathie

nur von Ärzten ausgeübt werden. Daherist durch den ganzheitlichen Ansatz keinNachteil zu erwarten.

SN: Sie sind Internist und Intensivmedizi-ner. Ist dort die Homöopathie hilfreich?

Frass: Gern setze ich die Homöopathiebei schweren fieberhaften Zuständen, beiVersagen der Atmung, bei Lebererkran-kungen und nach Sauerstoffmangelzu-ständen zusätzlich zur konventionellenBehandlung ein.

SN: Können Homöopathika gegen Neben-wirkungen konventioneller Pharmaka ein-gesetzt werden?

Frass: Ja, als bekanntestes homöopathi-sches Arzneimittel kann in diesem Zu-sammenhang wohl Nux vomica genanntwerden, das nach Medikamentenintoxi-kation im Repertorium angeführt ist. Esist ja übrigens auch ein berühmtes Kater-mittel, letztendlich ist übermäßiger Alko-holkonsum auch eine Form der Medika-mentenintoxikation.

SN: Sie haben homöopathische Mittel er-gänzend zur Chemotherapie und Bestrah-lung bei Krebspatienten eingesetzt. Was istdas Ergebnis?

Frass:Wir behaupten nicht, dass die ho-möopathische Begleittherapie eine direk-te Wirkung auf die Tumorerkrankung alssolche hat. Es wird aber eine bessere Ge-samtkonstitution geschaffen, durch dieman mit dem Tumor leichter fertig wer-den kann. Die Homöopathie stärkt diekörperliche Verfassung. Dadurch werdenKräfte frei, die der Körper zur Abwehrgegen den Tumor mobilisieren kann.Insgesamt haben die additiv behandel-

ten Patientinnen und Patienten ihre Si-tuation besser eingeschätzt. Auffallendwar, dass bei den homöopathisch beglei-teten Patienten die Schmerzen um einFünftel geringer wurden, bei der Kon-trollgruppe sind sie dagegen gestiegen.Ähnlich verhielt es sich mit der Klageüber mehr oder weniger Müdigkeit.Morgen: Homöopathie, die über- und unter-schätzte Heilkraft. – Der erste Teil des Inter-views mit M. Frass ist am Dienstag erschienen.

Streitfall Homöopathie (II): Bekannt sind Erfolge bei Hauterkrankungen, Kopfschmerzen, Rheuma.Aber auch in der Intensivmedizin wird Homöopathie zusätzlich zur konventionellen Behandlung eingesetzt.

Bunga Bunga gab’s immerAb heute, Mittwoch, muss sichder italienische PremierministerSilvio Berlusconi wegen Sex mitder 17-jährigen ProstituiertenRuby – angeblich auf einer sei-ner Bunga-Bunga-Partys – vorGericht verantworten.

Berlusconi ist in der Ge-schichte beileibe nicht der einzi-ge Machthaber mit einem aus-schweifenden Privatleben. Ja esscheint sogar sozu sein, dass esfrüher noch tol-ler zugegangenist. Macht und Ausschweifunggehen eben stets Hand in Hand.

Im alten Indien, Ägypten oderBabylon zum Beispiel botenTempeldienerinnen im Nameneines Gottes oder einer GöttinSex an. Dessen durften sichselbstverständlich nur die Ho-noratioren der jeweiligen Stadtbedienen. Die Gelage entzogensich jeder Moral und wurden da-

her geheim gehalten. Nach au-ßen hin wurde argumentiert,man wolle nur einen Fruchtbar-keitsritus durchführen – zumWohl der Stadt.Auch aus den griechischen

und römischen Orgien, die ur-sprünglich religiösen Charakterhatten, entwickelten sich mit zu-nehmender Dekadenz der Ge-sellschaft lasterhafte Feste, bei

denen ge-schlemmt, ge-trunken und ge-tanzt wurde so-

wie Mädchen und Knaben derlüsternen Gesellschaft feilgebo-ten wurden. Auch die WienerStadtchronik berichtet von aus-schweifenden Gelagen in derBabenbergerzeit (976–1246). Dieedlen Markgrafen luden bei ent-sprechenden Festen bei Hofesämtliche Huren der Stadt ein,damit diese die illustren Gästeaufs Feinste unterhielten. BM

Antikes Mosaik aus Palermo (Italien) zeigt Mänade, die laszive Begleiterindes Satyrs, der ihr – wie man sieht – recht unverblümt nachstellt. Bild: SN/WIKI

Wissen Hintergrund

Sorge wegen resistenterAidserreger wächst

KÖLN (SN, dpa). Experten sehen dieGefahr, dass der Aidserreger HIVresistent gegen bisher erfolgreichangewendete Medikamente wer-den könnte. Die deutsche Bundes-zentrale für gesundheitliche Auf-klärung (BZgA) warnte anlässlichdes Weltgesundheitstages mor-gen, Donnerstag, davor, dass auchdieses Virus bei nicht richtig ge-steuerter Therapie gefährliche Re-sistenzen entwickeln könne.

Dieses Risiko resistenter Aids-erreger sei in Ländern mit einerhohen Infektionsrate wesentlichgrößer als in Ländern mit einerniedrigen Rate. Medikamentefehlten dort oft und könnten nichtregelmäßig genug eingenommenwerden. Resistente Erreger kön-nen damit von Mensch zu Menschübertragen werden. Weltweit le-ben laut UN-Schätzungen 33,4Millionen HIV-Infizierte.

Der diesjährige Weltgesund-heitstag steht unter dem Motto„Antibiotikaresistenzen verhütenund bekämpfen“. Die Weltge-

sundheitsorganisation (WHO)will mit ihrer Kampagne dieWirk-samkeit von Medikamenten etwagegen Malaria, HIV/Aids oder Tu-berkulose auch für künftige Gene-rationen erhalten.

Die Entwicklung von Bakterien,die nicht mehr auf Antibiotika an-sprechen, ist in den vergangenenJahren rasch vorangegangen. Je-des Jahr sterben nach Schätzun-gen allein in den Ländern derEuropäischen Union rund 25.000Menschen an schweren Infektio-nen mit resistenten Bakterien, diesie in einer Gesundheitsein-richtung, etwa einem Kranken-haus, erworben haben. Auch

Warnung. Die Wirkungslosigkeit von Antibiotika hat zuletzt raschzugenommen. Auch der Aidserreger HIV könnte resistent werden.

WHO

LebensbedrohlicheInfektionen undLungenentzündung.

Österreich ist hier trotz einervergleichsweise recht guten Situa-tion keine „Insel der Seligen“mehr.In vielen EU-Ländern seien

Antibiotika nicht verschreibungs-pflichtig. Oft würden keine Datenzu antibiotikaresistenten Infektio-nen erhoben, sodass das Ausmaßder Schwierigkeiten nicht doku-mentiert werde, sagt die WHO.

Weltweit kommt es allein beider Tuberkulose derzeit zu440.000 Erkrankungsfällen, diedurch vielfach resistente Keimeverursacht werden. 150.000 Pati-enten sterben pro Jahr an solchenErkrankungen, weil etwa einemultiresistente Tuberkulose ext-rem schwierig zu behandeln istund in den meisten Ländern dazudie Mittel fehlen.Resistenzen gibt es auch gegen

viele der Malaria-Medikamentewie Chloroquin oder Sulfadoxin-Pyrimethamin. Das ist in den tro-pischen Ländern eine Bedrohungfür Millionen Menschen.

WISSEN KOMPAKT

Windräder könntenzwei Drittel liefernHANNOVER (SN, AFP). Knapp zweiDrittel des deutschen Strombe-darfs (390 Terrawattstunden)könnten durch Windenergie ge-deckt werden, teilte am Dienstagin Hannover der BundesverbandWindenergie (BWE) mit. Diedeutschen Atomkraftwerke habenim Jahr 2010 rund 23 Prozent desStroms in Deutschland erzeugt.Rund acht Prozent der Fläche derBundesrepublik könnte grund-sätzlich für den Bau von Wind-kraftanlagen genutzt werden. Beiden Berechnungen sei man abervon „realistischen“ zwei Prozentnutzbarer Fläche ausgegangen.

Podiums- undPublikumsdiskussionüber Homöopathie – Hintergrün-de, Forschung, Wirkung.

Auf dem Podium:Michael Frass, UniversitätsklinikInnere Medizin, AKH Wien, Präsi-dent des Dachverbands für Ganz-heitsmedizin (siehe Kolumne);Klaus Connert, Sprengelarzt undGanzheitsmediziner, Köstendorf;Barbara Stelzer, Homöopathin,Heilpraktikerin, SN-Kolumnistin,Bad Reichenhall.

Montag, 11. April, 19.00 Uhr, imSN-Saal, Karolingerstraße 40,5021 Salzburg.Eintritt frei.

Homöopathie:Glaube und Globuli

KLAUS CONNERT,PRAKTISCHER ARZT

BARBARA STELZER,HOMÖOPATHIN

LONDON (SN, AP). Schon vor demMeteoriteneinschlag vor 65 Mil-lionen Jahren, der das Ende derDinosaurier einläutete, gab es dieHauptgruppen der heutigen Läu-se. Das bedeutet, dass auch ihreWirte unter den Vögeln und Säu-gern sich damals bereits entwi-ckelt hatten, heißt es in einem Be-richt der Royal Society.Britische und US-Wissenschaf-

ter haben genetische Daten von 69lebenden Läusearten verglichenund einen Stammbaum entwi-ckelt. Dabei fanden sie, dass sichdieser Stammbaum deutlich vorder Grenze zwischen Kreide- und

Tertiärzeitalter verzweigt hatte.Zu dieser Zeit, vor 65 MillionenJahren, starben die Saurier aus.Wenn es vor mehr als 100

Millionen Jahren die vierHauptgruppen der Läuse gege-ben hat, so hatten sich wahr-scheinlich auch viele Vorfahrenihrer Wirte, darunter Vögel undSäugetiere, bereits entwickeltund den Meteoriteneinschlagüberlebt. Die wenigen frühenFossilfunde hatten bisher da-rauf hingedeutet, dass sich Säu-ger und Vögel erst nach demVerschwinden der Saurier ent-wickelt hätten.

Läuse älter als angenommenIhre Wirte haben Meteoriteneinschlag überlebt

MICHAEL FRASS

MITTWOCH, 6. APRIL 2011 WISSEN / GESUNDHEIT 19

Von Kopfschmerzen bis zur Intensivmedizin

Im zweiten Teil des SN-Gesprächs mitdem Onkologen und Homöopathen Mi-chael Frass, AKHWien, geht es um dieAnwendungsbereiche der Homöopathie:

SN: Welche Bereiche sind der Homöopa-thie besonders zugänglich? Welche nicht?Gibt es Fälle, in denen abzuraten ist?

Frass: Die Homöopathie ist eine medizi-nische Methode, die auf das Gemüt undden ganzen Körper wirkt, es ist also zu-nächst keine Krankheitsform auszu-schließen. Bekannt sind Erfolge bei Haut-erkrankungen, Kopfschmerzen, Rheuma,Magen-Darm-Beschwerden und vielesandere. Bei mechanischen Erkrankungen,etwa Knochenbrüchen, ist die Homöopa-thie nicht die Methode der Wahl, sie kannaber begleitend viel bewirken.In Österreich darf die Homöopathie

nur von Ärzten ausgeübt werden. Daherist durch den ganzheitlichen Ansatz keinNachteil zu erwarten.

SN: Sie sind Internist und Intensivmedizi-ner. Ist dort die Homöopathie hilfreich?

Frass: Gern setze ich die Homöopathiebei schweren fieberhaften Zuständen, beiVersagen der Atmung, bei Lebererkran-kungen und nach Sauerstoffmangelzu-ständen zusätzlich zur konventionellenBehandlung ein.

SN: Können Homöopathika gegen Neben-wirkungen konventioneller Pharmaka ein-gesetzt werden?

Frass: Ja, als bekanntestes homöopathi-sches Arzneimittel kann in diesem Zu-sammenhang wohl Nux vomica genanntwerden, das nach Medikamentenintoxi-kation im Repertorium angeführt ist. Esist ja übrigens auch ein berühmtes Kater-mittel, letztendlich ist übermäßiger Alko-holkonsum auch eine Form der Medika-mentenintoxikation.

SN: Sie haben homöopathische Mittel er-gänzend zur Chemotherapie und Bestrah-lung bei Krebspatienten eingesetzt. Was istdas Ergebnis?

Frass:Wir behaupten nicht, dass die ho-möopathische Begleittherapie eine direk-te Wirkung auf die Tumorerkrankung alssolche hat. Es wird aber eine bessere Ge-samtkonstitution geschaffen, durch dieman mit dem Tumor leichter fertig wer-den kann. Die Homöopathie stärkt diekörperliche Verfassung. Dadurch werdenKräfte frei, die der Körper zur Abwehrgegen den Tumor mobilisieren kann.Insgesamt haben die additiv behandel-

ten Patientinnen und Patienten ihre Si-tuation besser eingeschätzt. Auffallendwar, dass bei den homöopathisch beglei-teten Patienten die Schmerzen um einFünftel geringer wurden, bei der Kon-trollgruppe sind sie dagegen gestiegen.Ähnlich verhielt es sich mit der Klageüber mehr oder weniger Müdigkeit.Morgen: Homöopathie, die über- und unter-schätzte Heilkraft. – Der erste Teil des Inter-views mit M. Frass ist am Dienstag erschienen.

Streitfall Homöopathie (II): Bekannt sind Erfolge bei Hauterkrankungen, Kopfschmerzen, Rheuma.Aber auch in der Intensivmedizin wird Homöopathie zusätzlich zur konventionellen Behandlung eingesetzt.

Bunga Bunga gab’s immerAb heute, Mittwoch, muss sichder italienische PremierministerSilvio Berlusconi wegen Sex mitder 17-jährigen ProstituiertenRuby – angeblich auf einer sei-ner Bunga-Bunga-Partys – vorGericht verantworten.

Berlusconi ist in der Ge-schichte beileibe nicht der einzi-ge Machthaber mit einem aus-schweifenden Privatleben. Ja esscheint sogar sozu sein, dass esfrüher noch tol-ler zugegangenist. Macht und Ausschweifunggehen eben stets Hand in Hand.

Im alten Indien, Ägypten oderBabylon zum Beispiel botenTempeldienerinnen im Nameneines Gottes oder einer GöttinSex an. Dessen durften sichselbstverständlich nur die Ho-noratioren der jeweiligen Stadtbedienen. Die Gelage entzogensich jeder Moral und wurden da-

her geheim gehalten. Nach au-ßen hin wurde argumentiert,man wolle nur einen Fruchtbar-keitsritus durchführen – zumWohl der Stadt.Auch aus den griechischen

und römischen Orgien, die ur-sprünglich religiösen Charakterhatten, entwickelten sich mit zu-nehmender Dekadenz der Ge-sellschaft lasterhafte Feste, bei

denen ge-schlemmt, ge-trunken und ge-tanzt wurde so-

wie Mädchen und Knaben derlüsternen Gesellschaft feilgebo-ten wurden. Auch die WienerStadtchronik berichtet von aus-schweifenden Gelagen in derBabenbergerzeit (976–1246). Dieedlen Markgrafen luden bei ent-sprechenden Festen bei Hofesämtliche Huren der Stadt ein,damit diese die illustren Gästeaufs Feinste unterhielten. BM

Antikes Mosaik aus Palermo (Italien) zeigt Mänade, die laszive Begleiterindes Satyrs, der ihr – wie man sieht – recht unverblümt nachstellt. Bild: SN/WIKI

Wissen Hintergrund

Sorge wegen resistenterAidserreger wächst

KÖLN (SN, dpa). Experten sehen dieGefahr, dass der Aidserreger HIVresistent gegen bisher erfolgreichangewendete Medikamente wer-den könnte. Die deutsche Bundes-zentrale für gesundheitliche Auf-klärung (BZgA) warnte anlässlichdes Weltgesundheitstages mor-gen, Donnerstag, davor, dass auchdieses Virus bei nicht richtig ge-steuerter Therapie gefährliche Re-sistenzen entwickeln könne.

Dieses Risiko resistenter Aids-erreger sei in Ländern mit einerhohen Infektionsrate wesentlichgrößer als in Ländern mit einerniedrigen Rate. Medikamentefehlten dort oft und könnten nichtregelmäßig genug eingenommenwerden. Resistente Erreger kön-nen damit von Mensch zu Menschübertragen werden. Weltweit le-ben laut UN-Schätzungen 33,4Millionen HIV-Infizierte.

Der diesjährige Weltgesund-heitstag steht unter dem Motto„Antibiotikaresistenzen verhütenund bekämpfen“. Die Weltge-

sundheitsorganisation (WHO)will mit ihrer Kampagne dieWirk-samkeit von Medikamenten etwagegen Malaria, HIV/Aids oder Tu-berkulose auch für künftige Gene-rationen erhalten.

Die Entwicklung von Bakterien,die nicht mehr auf Antibiotika an-sprechen, ist in den vergangenenJahren rasch vorangegangen. Je-des Jahr sterben nach Schätzun-gen allein in den Ländern derEuropäischen Union rund 25.000Menschen an schweren Infektio-nen mit resistenten Bakterien, diesie in einer Gesundheitsein-richtung, etwa einem Kranken-haus, erworben haben. Auch

Warnung. Die Wirkungslosigkeit von Antibiotika hat zuletzt raschzugenommen. Auch der Aidserreger HIV könnte resistent werden.

WHO

LebensbedrohlicheInfektionen undLungenentzündung.

Österreich ist hier trotz einervergleichsweise recht guten Situa-tion keine „Insel der Seligen“mehr.In vielen EU-Ländern seien

Antibiotika nicht verschreibungs-pflichtig. Oft würden keine Datenzu antibiotikaresistenten Infektio-nen erhoben, sodass das Ausmaßder Schwierigkeiten nicht doku-mentiert werde, sagt die WHO.

Weltweit kommt es allein beider Tuberkulose derzeit zu440.000 Erkrankungsfällen, diedurch vielfach resistente Keimeverursacht werden. 150.000 Pati-enten sterben pro Jahr an solchenErkrankungen, weil etwa einemultiresistente Tuberkulose ext-rem schwierig zu behandeln istund in den meisten Ländern dazudie Mittel fehlen.Resistenzen gibt es auch gegen

viele der Malaria-Medikamentewie Chloroquin oder Sulfadoxin-Pyrimethamin. Das ist in den tro-pischen Ländern eine Bedrohungfür Millionen Menschen.

WISSEN KOMPAKT

Windräder könntenzwei Drittel liefernHANNOVER (SN, AFP). Knapp zweiDrittel des deutschen Strombe-darfs (390 Terrawattstunden)könnten durch Windenergie ge-deckt werden, teilte am Dienstagin Hannover der BundesverbandWindenergie (BWE) mit. Diedeutschen Atomkraftwerke habenim Jahr 2010 rund 23 Prozent desStroms in Deutschland erzeugt.Rund acht Prozent der Fläche derBundesrepublik könnte grund-sätzlich für den Bau von Wind-kraftanlagen genutzt werden. Beiden Berechnungen sei man abervon „realistischen“ zwei Prozentnutzbarer Fläche ausgegangen.

Podiums- undPublikumsdiskussionüber Homöopathie – Hintergrün-de, Forschung, Wirkung.

Auf dem Podium:Michael Frass, UniversitätsklinikInnere Medizin, AKH Wien, Präsi-dent des Dachverbands für Ganz-heitsmedizin (siehe Kolumne);Klaus Connert, Sprengelarzt undGanzheitsmediziner, Köstendorf;Barbara Stelzer, Homöopathin,Heilpraktikerin, SN-Kolumnistin,Bad Reichenhall.

Montag, 11. April, 19.00 Uhr, imSN-Saal, Karolingerstraße 40,5021 Salzburg.Eintritt frei.

Homöopathie:Glaube und Globuli

KLAUS CONNERT,PRAKTISCHER ARZT

BARBARA STELZER,HOMÖOPATHIN

LONDON (SN, AP). Schon vor demMeteoriteneinschlag vor 65 Mil-lionen Jahren, der das Ende derDinosaurier einläutete, gab es dieHauptgruppen der heutigen Läu-se. Das bedeutet, dass auch ihreWirte unter den Vögeln und Säu-gern sich damals bereits entwi-ckelt hatten, heißt es in einem Be-richt der Royal Society.Britische und US-Wissenschaf-

ter haben genetische Daten von 69lebenden Läusearten verglichenund einen Stammbaum entwi-ckelt. Dabei fanden sie, dass sichdieser Stammbaum deutlich vorder Grenze zwischen Kreide- und

Tertiärzeitalter verzweigt hatte.Zu dieser Zeit, vor 65 MillionenJahren, starben die Saurier aus.Wenn es vor mehr als 100

Millionen Jahren die vierHauptgruppen der Läuse gege-ben hat, so hatten sich wahr-scheinlich auch viele Vorfahrenihrer Wirte, darunter Vögel undSäugetiere, bereits entwickeltund den Meteoriteneinschlagüberlebt. Die wenigen frühenFossilfunde hatten bisher da-rauf hingedeutet, dass sich Säu-ger und Vögel erst nach demVerschwinden der Saurier ent-wickelt hätten.

Läuse älter als angenommenIhre Wirte haben Meteoriteneinschlag überlebt

MICHAEL FRASS