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Digitale Verwaltung: Fit für die „Wir-Ökonomie“? Wirtschaft rüstet sich für vernetzte Servicewelten – Bürgerinnen und Bürger werden Behörden an den neuen digitalen Möglichkeiten messen

Digitale Verwaltung: Fit für die „Wir-Ökonomie“?€¦ · ebenso wie für Behörden liegt also darin, sich nicht länger im eigenen Kreis zu dre-hen, sondern sich in größeren

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Digitale Verwaltung: Fit für die „Wir-Ökonomie“? Wirtschaft rüstet sich für vernetzte Servicewelten – Bürgerinnen und Bürger werden Behörden an den neuen digitalen Möglichkeiten messen

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Digitale Verwaltung: Fit für die „Wir-Ökonomie“? Wirtschaft rüstet sich für ver-netzte Servicewelten – Bürgerinnen und Bürger werden Behörden an den neuen digitalen Möglichkeiten messen.

Die Ansprüche von Bürgerinnen und Bürgern an die Qualität digi-taler Verwaltungsdienstleistungen sind über alle Altersgruppen hinweg hoch: 84 Prozent der Deutschen haben dieselben oder sogar höhere Erwartungen an digitale Verwaltungsdienstleis-tungen als an die digitalen Ser-vices von kommerziellen Anbie-tern. Leider werden die meisten enttäuscht: Nur knapp ein Viertel der hierzulande Befragten (23%) ist heute mit den digitalen Ser-viceangeboten ihrer Verwaltung zufrieden. Bei der Generation der 18- bis 29-jährigen „Digital Natives“ ist es sogar nur jeder Zehnte. Damit belegt Deutsch-land im internationalen Vergleich den letzten Platz. Das ergab die jüngste Public Services Studie von Accenture1, für die der Management-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister 6.624 Erwachsene in sieben Ländern befragte.

„Die Ergebnisse sind aus zwei Gründen alarmierend“, sagt Catrin Hinkel, Leiterin des Bereichs Öffentliche Verwaltung und Gesundheitswesen bei Accenture: „Nach wie vor sind wir trotz vieler Mühen nicht so erfolgreich wie andere Länder darin, Strukturen zu konsolidieren und eine digi-tale Revolution in der Verwaltung zu ent-fesseln. Zudem birgt die große Lücke zwi-schen Erwartung und Leistung – vor allem in der Gruppe der jungen Nutzer – das Risiko, dass Staat und Verwaltung den Anschluss an die digitale Gesellschaft ver-passen. Denn für die digitale Generation existiert nur ernstzunehmend, wer online und vernetzt ist.“

In Deutschland nutzen heute drei Viertel aller Befragten (73%) digitale Verwal-tungsdienstleistungen. Dies ist der nied-rigste Wert in der Umfrage (z.B. Frank-reich: 88%; UK: 87%). Allerdings wollen überdurchschnittlich viele - insbesondere junge - Bürgerinnen und Bürger hierzu-lande mehr Behördengänge digital erledi-gen. Das Problem: Knapp die Hälfte der Befragten fühlt sich nicht ausreichend informiert, welche digitalen Verwaltungs-services verfügbar sind. Bei den 18- bis 29-Jährigen beklagen dies sogar 58 Pro-zent. Und jeder Zweite dieser jungen Ziel-gruppe (49%) hat bereits erlebt, dass die von ihm gewünschten Verwaltungsdienst-leistungen digital nicht verfügbar waren.

Ein Weckruf„Nicht vorhanden, nicht bekannt, nicht gut: Vielen digitalen Verwaltungsdienst-leistungen fehlt in Deutschland die Spit-zenklasse – und das Problem wird eher größer als kleiner“, weiß Hinkel. „Die Wirt-schaft rüstet sich bereits für die nächste digitale Ära – und damit wachsen auch die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger sprunghaft.“ Künftig arbeiten erfolgreiche Organisationen nicht mehr als isolierte Einheiten, sondern vernetzt – Hand in Hand mit Kunden, Lieferanten, Wettbe-werbern, Branchenfremden. Jeder trägt zum Gemeinsamen bei, wird beteiligt. „Wir steuern in eine digitale ‚Wir-Ökonomie‘, mit digitalen Plattformen und vernetzten Systemen, in der bisherige Grenzen zwi-schen den Rollen und Spielern verschwim-men“, sagt Hinkel. Ein neues digitales

Ökosystem entsteht, in dem Vernetzungs-fähigkeit und Kollaboration Trumpf sind. Die Herausforderung für Unternehmen ebenso wie für Behörden liegt also darin, sich nicht länger im eigenen Kreis zu dre-hen, sondern sich in größeren digitalen Zusammenhängen zu bewegen2.

„Es gilt, eine neue Generation an vernetz-ten digitalen Dienstleistungen zu entwi-ckeln“, so Hinkel. „Für Behörden in Deutschland stellt sich die Frage, wie sie Bürger, Unternehmen und Partner aus der öffentlichen Verwaltung in die Entwick-lung digitaler Services einbinden – und was sie von erfolgreichen Beispielen aus dem Ausland lernen können.“

Bürgerinnen und Bürger in die Gestaltung digitaler Services einbeziehenDie Public Services Studie von Accenture bestätigt: Der überwiegende Teil der in Deutschland Befragten möchte, dass ihre Wünsche und Bedürfnisse bei der Gestal-tung digitaler Verwaltungsdienstleistungen stärker berücksichtigt werden. 78 Prozent fordern eine Serviceentwicklung „aus Sicht des Bürgers“, um deren Effektivität und Komfort zu steigern3. Zwei Drittel möch-ten sich aktiv in die Servicegestaltung ein-bringen. Und sie haben konkrete Vor-schläge, wie dieses Mehr an Benutzer-freundlichkeit erreicht werden kann: • Digital verfügbare Informationen soll-

ten genauer auf spezifische Situatio-nen und Lebenslagen (Beispiel „Geburt eines Kindes“) zugeschnitten sein (fin-den 78%). Zwei Drittel wollen auch Empfehlungen erhalten, die auf sie persönlich zugeschnitten sind.

• Digitale Angebote sollten so klar sein, dass alle Fragen abschließend beant-wortet werden und Nutzer ihre Trans-aktion vorantreiben können (finden 91%).

• Dazu sollten digitale und nicht-digitale Kommunikationskanäle nahtlos inein-ander greifen (finden 57%).

• Es sollte möglich sein, auf einmal digi-tal angegebene Informationen weiter-hin zugreifen zu können – statt die eigenen Daten immer wieder neu ein-geben zu müssen (finden 67%).

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• Geschätzt wird jederzeitige Transparenz über den Status der Anfragen (finden 75%).

• Insbesondere die Jüngeren wollen die öffentlichen Verwaltungsdienstleistun-gen auch auf mobilen Endgeräten nut-zen können: Mehr als die Hälfte der 18- bis 29-Jährigen (54%) möchte das Smartphone nutzen und mehr als ein Drittel (35%) das Tablet.

Stichwort „Bürgerkonto“„Angesichts dieser Ergebnisse rückt einmal mehr das Thema Bürgerkonto in den Blick“, sagt Catrin Hinkel. Noch sei intensiv zu diskutieren, was das ist – welche Daten dort geführt werden und von wem, wer wie Zugang hat und für welche Anliegen es auf kommunaler, Länder- oder Bundes- ebene funktioniert. Viele der Aspekte – Personalisierung, Transparenz, Zugriff auf persönliche Informationen – seien jedoch über ein Bürgerkonto sehr gut zu regeln. Fest steht für Hinkel, dass den Bürgern für eine One-Stop-Dienstleistung auch eine Online-Zahlungsfunktion angeboten werden muss.

Stichwort „Crowd Sourcing“Die systematische Integration der Bürger in die Servicegestaltung stellt höhere Anforderungen an Partizipation. Crowd Sourcing und Open Innovation sind Prinzi-pien der digitalen Welt, die über Zufrie-denheitsabfragen, Anwendertests und Vor-schlagswesen hinausgehen. Doch auch sie müssten für die öffentliche Verwaltung relevant werden, findet Hinkel und ver-weist auf Erfolge mit dieser „Wir-Ökono-mie“: Die Open Government Plattform der NASA schaffe nicht nur Transparenz über die laufenden Aktivitäten und Fortschritte – sie lieferte allein in einem „Hackathon” 2013 mit über 9.000 Teilnehmern aus 44 Ländern 770 Open-Source-Lösungen für aktuelle Projekte. Das Norwegische Sozial- und Arbeitsministerium optimiere digitale Verwaltungsdienstleistungen in „Co-Crea-tion“ – über vier Jahre arbeiten Entwickler und Nutzer Schulter an Schulter, um den bestmöglichen Zugang zu den Services zu schaffen. Laut einer Accenture-Studie zur Digitalisierung von Polizeiorganisationen4 wollen 93 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland aktiv die Arbeit der Polizei unterstützen, 80 Prozent möchten Beiträge zur Verbrechensbekämpfung leis-ten. Sie wollen Lösungen, die diese Mitwir-kung ermöglichen.

„Auch der IT-Gipfel der Bundeskanzlerin oder der Zukunftskongress Staat & Verwal-tung bieten wichtige interdisziplinäre Plattformen, um digitale Herausforderun-gen mit Experten innerhalb und außerhalb der Verwaltung zu diskutieren“, so Hinkel. Es gelte aber, vom Reden auch ins Handeln zu kommen: „Wir müssen jetzt die digita-len Möglichkeiten der Verwaltung greifbar machen.“ Sonst erledige morgen wie heute nur die Hälfte der Deutschen (45%) mehr als 10 Prozent ihrer Verwaltungsangele-genheiten im Web – und den Behörden entgingen weiterhin die dringend erforder-lichen Synergie- und Skaleneffekte.

Stichwort „Datensicherheit“Bei allen neuen digitalen Lösungen erwar-ten die Menschen in Deutschland laut Accenture Public Services Studie, dass ihre sensiblen, personenbezogenen Daten zuverlässig geschützt werden (89%). „Interessant ist, dass es beim Datenschutz in unserer Studie keinen wesentlichen Unterschied bei den Altersgruppen gibt“, sagt Catrin Hinkel. Und das, obwohl man den Jüngeren gerne nachsage, sie würden mit ihrer Privatsphäre im Web mitunter freizügig umgehen. „Die Gewährleistung von Sicherheit und Datenschutz ist also jetzt und in Zukunft wesentlich für die Akzeptanz digitaler Verwaltungsdienstleis-tungen und muss bei entsprechenden Pro-jekten von Anfang an mitgedacht werden.“

Was machen andere Länder besser?Australien und Großbritannien zeigen der-zeit vorbildlich, wie der Wille zu konzer-tierter Transformation, gepaart mit jeder Menge Transparenz, zu einer neuen Quali-tät, Verbreitung und Akzeptanz digitaler Verwaltungsdienstleistungen führt.

Australien setzt zum 1. Juli 2015 ein „Digi-tal Transformation Office“ ein. Die neue E-Government-Einheit definiert derzeit Standards für digitale Verwaltungsdienst-leistungen und steuert deren Umsetzung mit Hilfe von „Digital Transformation Coordinators“ in jeder Behörde. Demnach müssen vor der Servicegestaltung die Bedürfnisse der Zielgruppe bekannt sein. Die Entwickler müssen auf neue Technolo-gien setzen, statt in alte Systeme zu inves-tieren. Sie müssen Lösungen agil und ite-rativ erstellen, fortlaufend testen und kontinuierlich weiterentwickeln. Digitale

Services müssen mit Offline-Kanälen inei-nandergreifen und es gibt einheitliche Design-Vorgaben, die auf allen Browsern und Endgeräten funktionieren müssen. Sämtliche Codes sind wiederverwendbar und anderen Behörden frei zugänglich zu machen. Und nicht zuletzt müssen die Ser-viceleistungen gemessen und ihre Perfor-mance-Daten veröffentlicht werden.

Großbritannien macht die Performance digitaler Verwaltungsdienstleistungen auf einem öffentlichen Web-Portal für alle transparent. Angezeigt werden in den Rankings für digitale Verwaltungsdienst-leistungen sowohl deren Transaktionskos-ten als auch Nutzungshäufigkeiten, Quo-ten für den Anteil online abgeschlossener Vorgänge, Zufriedenheitswerte und ande-res mehr. So können sich Bürgerinnen und Bürger nicht nur über die Qualität und Effizienz des Angebots informieren – sie sehen auch auf einen Blick, welche digita-len Services es gibt, und können sich von hier über „Lebenslagenpfade“ zur jeweili-gen Behörde durchklicken.

Gesellschaftlich relevant bleibenDeutlich wird: Bürgerinnen und Bürger gewöhnen sich bereits an die „Wir-Ökono-mie“. Sie definieren schon heute mit, was Qualität in E-Government ist. Und sie wer-den die vernetzte Welt, in der Unterneh-men, Lieferanten und Kunden Ressourcen flexibel bündeln und gemeinsam an Pro-dukten und Services arbeiten, auch zum Maßstab für digitale Verwaltungsdienst-leistungen machen. Behörden werden vor die Herausforderung gestellt, gemeinsam mit Nutzern und Partnern vernetzte Dienstleistungen zu gestalten. Dienstleis-tungen, die Kollaboration und Partizipation nutzen – und technisch über alle Kanäle nahtlos und sicher verfügbar sind, um als Staat und Verwaltung gesellschaftlich relevant zu bleiben. Gemeinsinn, Entschie-denheit und agiles Vorgehen haben in anderen Ländern bereits die Schlüssel zur digitalen Revolution geliefert.

1Accenture Public Services Pulse Survey, Dezember 20142Accenture Technology Vision 20153Accenture Citizen Pulse Survey 20144Accenture Citizen Pulse Survey on Policing 2014

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Über Accenture

Accenture ist ein weltweit agierender Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister mit rund 323.000 Mitarbeitern, die für Kunden in über 120 Ländern tätig sind. Als Partner für große Business-Transformationen bringt das Unternehmen umfassende Projekt-erfahrung, fundierte Fähigkeiten über alle Branchen und Unternehmensbereiche hinweg und Wissen aus qualifizierten Analysen der weltweit erfolgreichsten Unternehmen in eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit seinen Kunden ein. Accenture erwirtschaftete im vergangenen Fiskaljahr (zum 31. August 2014) einen Nettoumsatz von 28,6 Mrd. US-Dollar. Die Internetadresse lautet www.accenture.de.

Ihre Ansprechpartner:

Catrin HinkelGeschäftsführerin und Leiterin Öffentliche Verwaltung und Gesundheits-wesen Deutschland, Österreich, [email protected]

Boris von ChlebowskiMitglied der GeschäftsführungDeutschland, Österreich, [email protected]

Weitere Informationen

Erfahren Sie mehr über zukunftsorientierte öffentliche Dienstleistungen unter www.accenture.de/Gov

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