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1 Standortbestimmung DIGITALER RADIOEMPFANG IM FAHRZEUG Untersuchung bestehender Netzinfrastrukturen für DAB+ und die Webradio-Übertragung Stand: 28.08.2014 Herausgeber: Connect/WEKA Media Publishing in Zusammenarbeit mit P3 communications GmbH

DIGITALER RADIOEMPFANG IM FAHRZEUG · 3 . 1. Digitaler Radioempfang . 1.1 Medium Radio . Radio findet nach wie vor seine Hörer . Radio war und ist ein wichtiger Unterhaltungs- und

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Standortbestimmung

DIGITALER RADIOEMPFANG IM FAHRZEUG Untersuchung bestehender Netzinfrastrukturen für DAB+ und die Webradio-Übertragung

Stand: 28.08.2014

Herausgeber: Connect/WEKA Media Publishing in Zusammenarbeit mit P3 communications GmbH

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Inhalt

1. Digitaler Radioempfang 1.1 Medium Radio 1.2 Digitale Übertragung 1.3 DAB+ und Webradio 1.4 Vom analogen zum digitalen Radio 1.5 Ziele der Empfangsuntersuchungen (DAB+ und Webradio)

2. Pre-Test DAB+ Empfang 2.1 Ziel und Methodik 2.2 Ablauf des Pre-Tests 2.3 Allgemeine Erkenntnisse aus dem Pre-Test 2.4 Streckenprofile der Testfahrten 2.5 DAB+ Empfangsqualität in den Pre-Tests

3. DAB+ Empfangsmessungen im Drivetest 3.1 Ziel und Methodik der DAB+ Empfangsmessungen 3.2 Messaufbau und Setup der DAB+ Empfangsmessungen 3.3 DAB+ Empfang entlang der Teststrecken 3.4 Empfangsprognose und SNR-Messwerte im Vergleich 3.5 Pegelverteilung der DAB+ Empfangsmessungen 3.6 DAB+ Empfang in Großstädten und Ballungsräumen 3.7 Empfangsunterschiede Städte und Routen 3.8 Praxisbezogener Nachtest 3.9 Zusammenfassung SNR-Empfangsmessungen und Nachtest

4. Webradio als DAB+ Alternative im Fahrzeug 4.1 Webradio-Empfangsqualität im Fahrzeug 4.2 Weitere Webradio-Verfügbarkeitstests 4.3 Zusammenfassung - Webradio-Empfang im Auto 4.4 Webradio als Massenmedium fürs Fahrzeug

5. Chancen DAB+ und Webradio 5.1 Argumente für den DAB+ Ausbau 5.2 Argumente für Webradio über Mobilfunk 5.3 Erfolgsfaktoren für DAB+ als UKW-Nachfolger

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1. Digitaler Radioempfang

1.1 Medium Radio Radio findet nach wie vor seine Hörer Radio war und ist ein wichtiger Unterhaltungs- und Informationskanal. Besonders als Begleitmedium während der Arbeit und bei Autofahrten werden die Programmangebote der öffentlich-rechtlichen und der privaten Sender intensiv genutzt.

Der jüngsten Media-Analyse zufolge (Quelle: agma, Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse vom 08.07.2014) hört im Schnitt jeder Bundesbürger täglich 3 Stunden und 14 Minuten die Sender seiner Wahl. Die Hördauer hat sich in den letzten Jahren auf diesem hohen Niveau eingependelt.

1.2 Digitale Übertragung Digitale Übertragung ist Stand der Technik Das Internet basiert auf digitalen Technologien, moderne Unterhaltungselektronik ebenfalls. Selbst der Umstieg auf die digitale Fernsehübertragung via Antenne (DVB-T für terrestrisch); Breitbandkabel (DVB-C) und Satellit (DVB-S) ist in weiten Teilen schon lange vollzogen.

In diesem Umfeld kommt die analoge, terrestrische Ausstrahlung der Radioprogramme via UKW einem Anachronismus gleich. Auch die Radiosender werden ihre Angebote früher oder später digital verbreiten (müssen).

Hauptvorteile der digitalen Rundfunkübertragung gegenüber UKW-Ausstrahlung

• bessere Übertragungsqualität, geringere Störanfälligkeit (klarer, rauscharmer Empfang) • höhere Übertragungseffizienz gegenüber UKW (leistungsfähige Codecs wie HE-AAC v2

ermöglichen gute Tonqualität bei vergleichsweise niedrigen Bitraten) • größere Programmvielfalt und höhere Reichweiten möglich (Bundes-Multiplex; Webradio) • (interaktive) text- und bildbasierende Zusatzdienste

Die Frage ist nicht, ob, sondern wann sich die digitale Verbreitung der Radioprogramme auf breiter Ebene durchsetzen wird. Offen ist zudem, welche Technologie letztlich das Rennen machen wird.

1.3 DAB+ und Webradio DAB+ (Digital Audio Broadcasting), auch unter der Bezeichnung „Digitalradio“ vermarktet Digitaler Übertragungsstandard für die terrestrische Ausstrahlung der Radioprogramme über Sendeantennen. Für den Empfang der digitalen Angebote sind neue DAB+-Radiogeräte erforderlich. Abgesehen von dem obligatorischen Rundfunkbeitrag ist der DAB+-Empfang kostenfrei. Weitere Informationen unter www.digitalradio.de.

Webradio Übertragung der Radioangebote im Live-Streaming-Verfahren über eine (mobile) Internetanbindung. Beim Webradio sind alle Sender weltweit über internetfähige Geräte wie Smartphones, Tablets, Notebooks oder PCs nutzbar. Dazu genügt die Installation einer entsprechenden Radio-Anwendung

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(App). Empfangsqualität und Kosten hängen unter anderem auch entscheidend von der Leistungsfähigkeit der (mobilen) Internetverbindung ab.

1.4 Vom analogen zum digitalen Radio Die Verzögerungen beim digitalen Umstieg haben mehrere Ursachen.

• Die für 2015 geplante UKW-Abschaltung wurde auf unbestimmte Zeit verschoben (laut Beschluss des dt. Bundestags vom 27.10.2011)

• DAB+ und Webradio setzen eine leistungsfähige, flächendeckend verfügbare Infrastruktur voraus, die zu Hause und vor allem unterwegs (im Auto) durchgängig einen lückenlosen, störungsfreien Empfang der favorisierten Sender ermöglicht

• DAB+ Empfang erfordert neue Endgeräte

1.5 Ziele der Empfangsuntersuchungen (DAB+ und Webradio) Die Telekommunikationszeitschrift connect begleitet den Ausbau und die Weiterentwicklung der Mobilfunk- und Breitbandnetze im deutschsprachigen Raum seit Jahren mit intensiven Tests.

In ausgiebigen DAB+/Webradio-Testfahrten hat connect insgesamt über 10.000 km zurückgelegt. Gemeinsam mit dem Partner P3 communications GmbH wurde jetzt erstmals auch die Empfangsqualität des DAB+-Netzes untersucht. Die Ergebnisse dieser ersten Tests stehen im Fokus dieser Standortbestimmung, in deren Verlauf auch auf den Aspekt Webradio-Nutzung im Auto näher eingegangen wird. Um festzustellen wie es derzeit um den DAB+ Ausbau steht, hat das connect-Testlab zunächst einmal in einem praxisorientieren Pre-Test Empfangsfahrten durchgeführt (siehe Kapitel 2). In einem zweiten Schritt wurden dann die für die Mobilfunktests verwendeten Messfahrzeuge der P3 communications GmbH um DAB+-fähiges Empfangs- und Analyse-Equipment erweitert. Im Rahmen unabhängig gewählter Testfahrten wurden hier die DAB+-Empfangspegel entlang der Strecke kontinuierlich gemessen und ortsbezogen gespeichert (siehe Kapitel 3).

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2. Pre-Test DAB+-Empfang (Connect-Testlab)

2.1 Ziel und Methodik

Ziel Unabhängig durchgeführte Pre-Tests zur Bewertung der Verfügbarkeit des DAB+-Programmangebots

Vorgehensweise Die Erkenntnisse wurden bei Testfahrten mit DAB+-fähigen Fahrzeugen gewonnen. Der verwendete DAB+ Empfänger war fester Bestandteil der in den Fahrzeugen integrierten Infotainment-Systeme. Das Kriterium für DAB+-Verfügbarkeit war ein störungsfreier Empfang. Dessen Qualität wurde anhand des Höreindrucks bewertet.

Rahmenbedingungen Verwendete Fahrzeuge mit Ausstattungsoption DAB+ (ab Werk): Audi A3 Ford Focus Mercedes C-Klasse Opel Ampera Opel Insignia VW eUp VW Polo Teststrecken willkürlich gewählte, nicht mit dem Auftraggeber abgestimmte Routen Länge der Testrouten (nur Pre-Tests) 4.250 km Gewählte Sender u.a. Absolute Relax (bundesweite Ausstrahlung im Kanal 5C)

2.2 Ablauf Pre-Test Während der Testfahrten wurden in den Infotainment-Systemen der Fahrzeuge bevorzugt Sender gewählt, die ausschließlich über DAB+ verfügbar waren. Die Multifunktionsdisplays zeigten bei der automatischen Umschaltung auf UKW-Empfang einen entsprechenden Hinweis an. Auf Streckenabschnitten, in denen laut Display nur UKW-Empfang möglich war oder die DAB+-Wiedergabe stumm blieb, wurde die DAB+-Qualität und/oder Verfügbarkeit als nicht mehr ausreichend bewertet.

Störungen oder Ausfälle wurden während der Testfahrt protokolliert und anschließend mit der Verfügbarkeitskarte unter http://www.digitalradio.de/index.php/de/empfangneu abgeglichen.

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2.3 Allgemeine Erkenntnisse aus dem Pre-Test DAB+-Empfang im Fahrzeug nur auf Sonderwunsch DAB+ scheint für die Mietwagenanbieter und die Fahrzeughersteller (noch) kein Thema zu sein. Die größten Fahrzeugverleiher wussten mit dem Begriff DAB+ nichts anzufangen und konnten keine Auskunft geben, ob und welche ihrer Fahrzeuge mit dieser Option ausgestattet waren. Die Pressestelle eines renommierten Autobauers äußerte sich gegenüber der Redaktion dahingehend, dass „aktuelle Testfahrzeuge nicht mit dieser Option ausgestattet sind, weil es eh nirgendwo zu empfangen ist“ (Gedächtnisprotokoll). Die Stuttgarter Hauptniederlassung eines weiteren Fahrzeugherstellers äußerte sich ähnlich.

Hybrid-Endgeräte für DAB+ und UKW-Empfang Der Umschaltvorgang zwischen DAB+ und UKW (FM) erfolgte im Testfahrzeug so sanft, dass hier keine Störgeräusche feststellbar waren. Bis zu einem flächendeckenden Digitalradio-Ausbau, der in Bayern derzeit bis Ende 2016 geplant ist und bis zur Abschaltung der UKW-Ausstrahlung (in 5 bis 10 Jahren denkbar) bieten Hybridempfänger, die wahlweise die Programmangebote von UKW, DAB+ und DAB wiedergeben können, den Radiohörern alle Möglichkeiten. Radiogeräte für DAB+ und UKW-Empfang gibt’s derzeit ab etwa 40 Euro. Bei Neufahrzeugen sind DAB+-fähige Infotainment-Systeme meist nur als Sonderausstattung gegen Aufpreis (ab ca. 100 bis 200 Euro) erhältlich.

Attraktive, exklusive Digitalprogramme und Zusatzdienste erleichtern den DAB+ Einstieg Programmangebote wie Dradio Wissen werden eher den Kaufimpuls auslösen als die „Bestandssender“, die bis auf weiteres parallel auch via UKW verfügbar sein werden.

Die bereits empfangbaren Zusatzdienste wurden subjektiv von unspektakulär (statische Einblendung von CD-Covern) bis interessant (wechselnder Nachrichtenblock) bewertet. Hier sieht das connect-Testlab weiteres Potenzial und Differenzierungsmöglichkeiten.

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2.4 Streckenprofile der Testfahrten

Testfahrt 1 Stuttgart – Reutlingen – Biberach – Memmingen – Illertissen – Heidenheim – Donzdorf – Geislingen – Merklingen – Stuttgart

Streckenlänge 420 km Dauer der Fahrt 6 h 10 min

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Testfahrt 2 Stuttgart – Augsburg – München – Nürnberg – Heilbronn

Streckenlänge 763 km Dauer der Fahrt 6 h 52 min

Testfahrt 3 Stuttgart – Untergruppenbach

Streckenlänge 96,2 km Dauer der Fahrt 1 h 31 min

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Testfahrt 4 Stuttgart – Bayreuth

Streckenlänge 546 km Dauer der Fahrt 5 h 39 min

Testfahrt 5 Duisburg– Dresden

Streckenlänge 590 km Dauer der Fahrt 5 h 33 min

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Zusätzliche Testfahrten in Innenstädten der Ballungszentren: ca. 250 km

Die in den Pre-Tests gefahrenen Testrouten summieren sich zu einer Länge von rund 4250 km.

2.5 DAB+ Empfangsqualität in den Pre-Tests

Gleichbleibend gute Klangnoten im Empfangsgebiet Schwankungen in der akustischen Qualität waren in Bereichen, in denen die eingestellten Sender zu empfangen waren, kaum festzustellen. Wie gut die Klangqualität letztlich ist, hängt auch davon ab, mit welcher Bitrate und welchem Audio-Codec die digitalen Programme ausgestrahlt werden. Die DAB+-Angebote im Bundes-Multiplex verwenden meist den effizienten Codec HE-AAC v2 und Bitraten von 72 kBit/s. Die Ermittlung der Tonqualität stand nicht im Fokus der Pre-Tests, kann in der Summe aber als durchaus gut bewertet werden.

Besser als erwartet: Empfang in Übergangsbereichen Im Stresstest wurden die Fahrzeuge gezielt über den prognostizieren Empfangsbereich (siehe Netzabdeckungskarte unter www.digitalradio.de) hinaus bewegt. Auffällig war hierbei, dass selbst nach dem Erreichen der fiktiven Grenzen, die Störungen im eingestellten DAB+-Sender „Absolut Relax“ zunächst nur kurzzeitig auftraten. In den Übergangsbereichen war damit die Empfangsqualität

Testfahrt 6 Stuttgart – Dresden – München – Heilbronn – Nürnberg - Heilbronn

Streckenlänge 1.589 km Dauer der Fahrt 15 h 2 min

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häufig besser als in der Prognose vorhergesagt.

Gute Ergebnisse im Empfangstest entlang der Autobahn Entlang der Autobahnstrecken agierte DAB+ auffällig unauffällig. Probleme wie Empfangslücken waren nicht zu notieren, das Programmangebot grundsätzlich vielfältig, wobei sich diese Aussage auf eine Testfläche mit einem groben Umriss von 200 x 200 km bezieht. Im Großraum Stuttgart wurden – abgesehen von minimalen Aussetzern im Bereich der A81 - keine Störungen protokolliert. Im Bereich um Bayreuth herum spielte es keine Rolle, ob das Fahrzeug auf der Autobahn oder abseits davon bewegt wurde. Problematischer schien der Empfang in ländlichen Gebieten. Allerdings traten die hier dokumentierten Störungen in Regionen auf, in der die Empfangsprognose unter www.digitalradio.de ohnehin keine DAB-Netzabdeckung vorhersagte.

Es geht voran: Verbesserte DAB+ Netzabdeckung in den Pre-Tests feststellbar Insgesamt präsentierte sich das DAB+-Angebot gegenüber früheren, redaktionell ausgelösten Untersuchungen deutlich verbessert.

Im Streckentest lag der absolute Ausfall (inklusive Stresstest) der getesteten Sender bei 2,02 %, der relative – mit der Empfangsprognose abgeglichene – bei lediglich 0,47 %. Oder anders ausgedrückt: Entlang der willkürlich gewählten Testrouten war in 97,98 % aller Fälle DAB+-Empfang bereits möglich. Bei der Bewertung der zufällig ausgewählten 10 Standorte erreichte DAB+ in der Summe 35 Punkte. Die zugrunde gelegten Anforderungen des connect-Testlabs (> 89 % im Streckentest, > 25 Punkte im Stichprobentest) wurden somit deutlich übertroffen.

Fazit Pre-Test Die Empfangsprognose bzw. der Verfügbarkeitsrechner unter www.digitalradio.de darf anhand der Erkenntnisse aus den Pre-Tests als sehr zuverlässig bewertet werden.

Anmerkung zu den Pre-Tests: Eine Aussage über die generelle flächendeckende Verfügbarkeit von DAB+ lässt sich aus den Pre-Tests nicht ableiten.

3. DAB+ Empfangsmessungen im Drivetest Unabhängig durchgeführte Messfahrten für eine erste, detailliertere Bewertung der Verfügbarkeit des DAB+-Programmangebots im Bundesgebiet

3.1 Ziel und Methodik der DAB+-Empfangsmessungen

• Ermittlung der aktuellen DAB+-Versorgungslage anhand von Empfangsmessungen • Überprüfung des DAB+-Empfangs im Fahrzeug • Verifizierung bzw. Falsifizierung der in den Pre-Tests gewonnenen Erkenntnisse • Messtechnische Überprüfung der Empfangsprognose unter

http://www.digitalradio.de/index.php/de/empfangneu auch in Bezug auf die Unterscheidung zwischen Outdoor-/Indoor-Empfang

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• Weiterführende Erkenntnisse für die Entwicklung eines fundierten Messverfahrens zur Beurteilung der DAB+-Verfügbarkeit

Die unter www.digitalradio.de veröffentlichte Netzabdeckungskarte beruht auf mathematischen Berechnungen. Die publizierte Empfangsprognose unterscheidet zwischen der Möglichkeit, DAB+ mit höherer Wahrscheinlichkeit zu Hause, also in geschlossenen Räumen (Indoor) und unterwegs, beispielsweise im Auto (Outdoor) zu empfangen.

Die realen Bedingungen können in Abhängigkeit der örtlichen Gegebenheiten von den Empfangsvorhersagen abweichen. Letztlich erlaubt die Prognose keine verbindlichen Aussagen über die tatsächliche Empfangsqualität vor Ort. Inwieweit die Prognose zutrifft, sollte anhand der in den Messfahrten aufgezeichneten Empfangswerte geklärt werden.

3.2 Messaufbau und Setup der DAB+-Empfangsmessungen Der connect-Partner P3 communications hat im Vorfeld der anstehenden Testfahrten im Rahmen unserer Mobilfunknetztests zwei Fahrzeuge zusätzlich mit dem Mess- und Analyse-Equipment für DAB+-Empfangstests ausgestattet.

Legende Outdoor-Empfang Indoor-Empfang

+ + + Messfahrzeug Laptop Linux Client DAB+-Stick an

Dachantenne betrieben

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Die digitalen Radiosignale wurden über Dachantenne (Band III/VHF) und USB-fähige DAB+ Empfangs-Sticks erfasst. Für die messtechnische Analyse der DAB+-Verfügbarkeit wurde der Signal-Rauschabstand (SNR) gemessen und zusammen mit den geografischen Koordinaten des jeweiligen Empfangsortes gespeichert.

Rahmenbedingungen Messfahrzeuge 2 Stück Teststrecke willkürlich gewählte, im connect Mobilfunktest (Q1/14) vorgesehene Routen Testregion bundesweit DAB+ Empfang Bundes-Multiplex (bundesweite Ausstrahlung im Kanal 5C; bei 178 MHz) Messfrequenz 1 Wert/Sekunde Erfasste Samples 510.000 (Fahrzeug 1 & 2) Länge Teststrecke 3.100 km

Einordnung der Messwerte Das ortsabhängige Signal-Rausch-Verhältnis (SNR) bildet die Grundlage für die Beurteilung der DAB+ Empfangsqualität. Die Zuordnung zwischen den Messwerten und der Bewertung des Empfangs nach Höreindruck (guter Empfang, schlechter Empfang, kein Empfang) beruht auf Erfahrungswerten, die in Experimenten ermittelt wurden.

Kriterium für guten, störungsfreier DAB+-Empfang: SNR >= 15 dB Angenommene Kabeldämpfung zwischen Dachantenne und dem Empfangs-Stick im Fahrzeug: 6 dB

Empfangsschwelle guter Outdoor-Empfang (am DAB+-Stick) >= 9 dB

Klassifizierung Outdoor-Empfang Grün DAB+ gut empfangbar SNR > = 9 dB Gelb DAB+ mit Aussetzern (akzeptabler Empfang) 6 dB >= SNR < 9 dB Rot kein DAB+ Empfang (No Coverage) SNR < 6 dB

Klassifizierung Indoor-Empfang (Simulation) Da in dem beschriebenen Test-Setup die Durchführung von Indoor-Messungen nicht vorgesehen war, wurde zur Unterscheidung nach Indoor- und Outdoor-Empfang die Zuordnung an die erschwerten Empfangsbedingungen in Gebäuden angepasst.

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Dabei wurde eine zusätzliche Dämpfung durch eine Hauswand von 6 dB angenommen. Dieser Erfahrungswert entspricht dem Einfluss einer typischen Gebäudeaußenwand. Dementsprechend wurde für guten, störungsfreien Indoor-Empfang ein SNR >= 15 dB vorausgesetzt.

Empfangsschwelle guter Outdoor-Empfang (DAB+ Stick) >= 9 dB Dämpfung Gebäudeaußenwand 6 dB

Empfangsschwelle guter Indoor-Empfang >= 15 dB

Anmerkungen zum Messaufbau und der Auswertung Für die Testauswertung wurde experimentell ein DAB-typischer SNR-Wert von 15 dB (an der Antenne gemessen) als Kriterium für guten Empfang ermittelt. Störungsfreier DAB+-Empfang sollte bereits bei einem SNR >= 12 dB möglich sein.

Es wurden zusätzlich keine Sound-Samples zur Überprüfung der Empfangsqualität nach Höreindruck aufgenommen.

3.3 DAB+-Empfang entlang der Teststrecken

SNR-Messwerte und Empfangsprognose im Überblick

Bundesweite Empfangsprognose (www.digitalradio.de)

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Outdoor-Empfang

Indoor-Empfang

Kein Empfang

DAB+ Empfangsmessungen (Connect/ P3 communications)

entlang der gefahrenen Testrouten

Guter, störungsfreier Empfang (SNR >= 9)

Akzeptabler Empfang (6 dB >= SNR <9 dB)

Kein Empfang

Gesamtergebnisse der SNR-Messungen bei unterschiedlichen Empfangsschwellen

Fahrzeug 1 Fahrzeug 2 SNR = 9 SNR = 6 SNR = 9 SNR = 6 Empfang 50,0 % 64,5 % 67,1 % 78,9 % Kein Empfang 50,0 % 35,5 % 32,9 % 21,1%

SNR-Messwerte Fahrzeug 1

SNR-Messwerte Fahrzeug 2

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Ergebnisse

Die Messergebnisse entlang der Testrouten zeigen, dass der derzeitige DAB+-Ausbaustand über weite Strecken (Ø 72 %) die Voraussetzungen für akzeptablen Empfang (SNR >= 6 dB) erfüllt. Den SNR-Werten zufolge war in durchschnittlich 58,5 % der Messungen mit einem guten, störungsfreien Empfang (SNR >= 9) zu rechnen.

Im Vergleich zwischen Fahrzeug 1 und Fahrzeug 2 bestätigen die besseren Empfangsergebnisse des Fahrzeugs 2, dass der DAB-Ausbau in Süddeutschland insgesamt weiter vorangeschritten ist als in nördlichen und östlichen Regionen des Bundesgebiets.

Auffällig ist, dass die vereinzelten, rot gekennzeichneten Bereiche, in denen kein DAB+-Empfang mehr möglich war (SNR <6 dB), oft in gut erschlossenen Ballungsräumen liegen. Dort wird lt. Netzabdeckungskarte häufig sogar Indoor-Empfang vorausgesagt. Die Ursachen für diese Diskrepanz müssten in weiteren Schritten genauer analysiert werden.

Hinweise Aufgrund der hohen Anzahl an Messpunkten (510.000) überlagern sich in der gewählten Gesamtansicht die Farbpunkte. Für detailliertere Erkenntnisse müsste eine vergrößerte Kartendarstellung gewählt werden.

3.4 Empfangsprognose und SNR-Messwerte im Vergleich

In den folgenden Tabellen werden die Empfangsprognosen unter Digitalradio.de entlang der Teststrecken den Messergebnissen gegenübergestellt. Dabei wurden zwei unterschiedliche Empfangsschwellen berücksichtigt. Für akzeptable DAB+-Empfangsqualität (Outdoor) wird ein SNR >= 6 dB zugrunde gelegt. Für guten, störfreien Empfang gilt als Schwellenwert ein SNR >= 9 dB. Bei Indoor-Empfang wurden die Schwellenwerte jeweils um 6 dB angehoben.

Die Prozentzahlen geben für alle denkbaren Szenarien an, wie sich die jeweiligen Prognosen in den Messergebnissen widerspiegeln. Hinweis Die Messwerte des Indoor-Empfangs entsprechen einer Untermenge des Outdoor-Empfangs.

Fahrzeug 1

EMPFANGSPROGNOSE MESSUNGEN

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Fahrzeug 2

Zwischen der Empfangsprognose und den Messergebnissen ergeben sich markante Unterschiede. Um die möglichen Ursachen näher zu beleuchten, wären weiterführende Untersuchungen

notwendig.

3.5 Pegelverteilung der DAB+-Empfangsmessungen Die folgenden Diagramme veranschaulichen, in welcher Häufigkeit (vertikale Achse) die jeweiligen SNR-Werte (horizontale Achse, in dB) gemessen wurden. Auch hier wird zwischen den beiden

Empfangsschwelle SNR >= 6 Indoor-Empfang % Outdoor-Empfang % Kein Empfang %

Indoor-Empfang prognostiziert 31,08 55,47 34,17

Outdoor-Empfang prognostiziert 3,39 9,00 1,27

Kein Empfang prognostiziert 0,01 0,06 0,04

EMPFANGSPROGNOSE MESSUNGEN Empfangsschwelle SNR >= 9

Indoor-Empfang % Outdoor-Empfang % Kein Empfang %

Indoor-Empfang prognostiziert 20,41 44,00 45,64

Outdoor-Empfang prognostiziert 1,61 6,00 4,27

Kein Empfang prognostiziert 0,00 0,02 0,07

EMPFANGSPROGNOSE MESSUNGEN Empfangsschwelle SNR >= 6

Indoor-Empfang % Outdoor-Empfang % Kein Empfang %

Indoor-Empfang prognostiziert 45,49 65,67 20,43

Outdoor-Empfang prognostiziert 6,70 12,56 0,67

Kein Empfang prognostiziert 0,46 0,63 0,04

EMPFANGSPROGNOSE MESSUNGEN Empfangsschwelle SNR >= 9

Indoor-Empfang % Outdoor-Empfang % Kein Empfang %

Indoor-Empfang prognostiziert 34,40 56,57 29,52

Outdoor-Empfang prognostiziert 4,07 10,01 3,22

Kein Empfang prognostiziert 0,13 0,52 0,15

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Fahrzeugen bzw. Teststrecken unterschieden. Messfahrzeug 1 war im gesamten Bundesgebiet unterwegs und legte dabei eine größere Teststrecke zurück. Fahrzeug 2 war vorwiegend in Süddeutschland unterwegs.

Fahrzeug 1 (Teststrecke im gesamten Bundesgebiet)

SNR in dB

Fahrzeug 2 (Teststrecke im südlichen Bundesgebiet)

SNR in dB

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Bei Fahrzeug 2 ist der Anteil höherer SNR-Werte signifikant. Dementsprechend müssten die für einen störungsfreien Indoor-Empfang erforderlichen höheren Pegel (SNR >= 15 dB) in Süddeutschland häufiger erreicht werden als im Norden und im Osten Deutschlands.

3.6 DAB+-Empfang in Großstädten und Ballungsräumen Im Rahmen der Testfahrten wurde der DAB+-Empfang in Großstädten und Ballungsräumen intensiver untersucht. Während der Messungen befanden sich die Fahrzeuge zwar in derselben Stadt, jedoch nicht am selben Ort, damit nicht ein Fahrzeug die Messungen des anderen verfälscht. Beide fuhren eine ganze Reihe von in kurzen Abständen vorgegebenen Zielen ab. Daneben standen auch etwa einstündige Pausen in sogenannten Areas of Interest (AoI) mit ausgeprägtem Publikumsverkehr auf dem Programm. Als Ziel für die stationären Messungen dienten Verkehrsknotenpunkte wie Hauptbahnhöfe und Flughäfen, aber auch gern genutzte Erholungsgebiete und dicht besiedelte Wohngegenden. In der Regel sind die AoIs zwischen den Testfahrzeugen aufgeteilt, auch die Listen anzufahrender Punkte können sehr unterschiedlich sein, wodurch auch die Kurse stark variieren.

Gutes Beispiel - Mannheim

Mannheim (Fahrzeug 2)

Messungen im Fahrzeug 1

Messungen im Fahrzeug 2

(Fast) alles im grünen Bereich, was DAB+ angeht: Die Resultate der intensiven Stadttestfahrten mit den beiden Messfahrzeugen stellen Mannheim in Bezug auf den DAB+ Empfang insgesamt ein gutes Zeugnis aus. Eine vergleichbar hohe DAB-Verfügbarkeit wie in der kurpfälzischen Metropole konnte in einigen anderen Großstädten nicht gemessen werden.

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Beispiel Berlin

Die Messungen in Berlin führten zu lokal stark unterschiedlichen Messergebnissen. In den analysierten nördlichen und östlichen Bezirken waren die gespeicherten Empfangspegel wie erwartet hoch und deckten sich dementsprechend mit der Empfangsprognose. In Berlin-Mitte fielen die ermittelten SNR-Werte zu gering aus für guten DAB+-Empfang. In einigen anderen Großstädten ergab sich den Messungen zufolge unabhängig von den verwendeten Testfahrzeugen ein ähnliches Bild.

Möglicherweise verursacht die dichte Bebauung und viele hohe Gebäude, wie sie für die Stadtkerne der Millionenstädte typisch sind, lokale Abschattungen. Eine mögliche weitere Ursache könnte auch in der mangelnden Frequenzselektion des verwendeten Empfänger-Eingangsteils liegen. Beispielsweise können Einstreuungen durch starke UKW-Sender (87,5 -108 MHz) die SNR-Messungen im Kanal 5C (178 MHz) beeinflussen.

Zur Verifizierung könnte in einem weiteren Schritt beispielsweise die Empfangsqualität an kritischen Stellen anhand der akustischen Wahrnehmung untersucht werden. Diese Tests wurden in mehreren Großstadtzentren bereits durchgeführt (siehe auch 3.8) Ebenfalls sinnvoll wären zusätzliche SNR-Messungen mit anderen, frequenzselektiveren Empfangskomponenten (Antenne/DAB+-Empfänger) sowie tiefergehende Untersuchungen der Eigenschaften der in den Tests verwendeten DAB+-Empfangs- und Messtechnik.

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3.7 Empfangsunterschiede Städte und Routen Aus den Balkendiagrammen geht hervor, wie die gemessenen und klassifizierten SNR-Werte prozentual verteilt sind. Die Aufteilung der drei Empfangsklassen wird in der horizontalen Achse für verschiedene Großstädte, Verkehrsverbindungen und kleinere Städte dargestellt.

Fahrzeug 1 (Bundesweite Testroute):

Legende: störungsfreier, guter Empfang akzeptabler Empfang kein Empfang

Fahrzeug 2 (Süddeutsche Testroute):

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Legende: störungsfreier, guter Empfang akzeptabler Empfang kein Empfang

Großstädte In den untersuchten Großstädten waren markante Empfangsunterschiede auszumachen. Beispielsweise sind die Städte Krefeld und Mannheim den Messergebnissen zufolge bereits nahezu flächendeckend sehr gut ausgebaut. In Dortmund und Nürnberg dagegen lagen die gemessenen SNR-Werte in großen Bereichen unter der Empfangsschwelle von 6 dB. Starke Unterschiede bei der SNR-Verteilung innerhalb einer Großstadt zwischen den beiden Testfahrzeugen, können auf lokale Empfangslücken oder auch störanfällige Empfangsteile hinweisen. So hat Fahrzeug 2 in Köln bei ca. 68 % aller Messungen die gewünschten hohen SNR-Werte ermittelt. Fahrzeug 1 war ebenfalls in Köln, aber in anderen Stadtgebieten unterwegs. Hier wurde nur in ca. 11 % aller Messungen die geforderte SNR-Schwelle für guten Empfang überschritten.

Routen Entlang wichtiger Verkehrsverbindungen schwanken die SNR-Werte weniger stark als in den Großstädten. Zudem bewegen sich die SNR-Werte auf einem insgesamt höheren Niveau, so dass die DAB+-Verfügbarkeit im Auto hier über weite Strecken die Anforderungen für guten Digitalradio-Empfang bereits erfüllen dürfte.

Kleinere Städte Die gemessenen SNR-Werte bewegen sich auf hohem Niveau. Freising untermauerte beispielsweise den weit vorangeschrittenen DAB+-Ausbau in Bayern. Mit einem Anteil von über 95 % bei SNR-Werten >= 9 dB setzten sich Speyer, Rüsselsheim, Delmenhorst und Troisdorf an die Spitze der Städte, die den Messungen zufolge nahezu flächendeckenden DAB+-Empfang erwarten lassen. Hinweis: In den kleineren Städten wurden deutlich weniger Messungen durchgeführt als in den Großstädten.

3.8 Praxisbezogener Nachtest Zur Verifizierung der ermittelten SNR-Werte und auch zur Absicherung der Pre-Test-Ergebnisse hat das connect-Testlab weite Teile der Messrouten mit zwei verschiedenen Fahrzeugen (VW Polo, Opel Insignia) zu unterschiedlichen Zeiten abschnittsweise mehrmals erneut befahren. Dabei wurde das Testprocedere an die Vorgehensweise bei den Pre-Tests (siehe 2.2) angelehnt. Entscheidendes Kriterium zur Beurteilung der Empfangsqualität war die akustische Wahrnehmung. Ausfälle wurden während der Testfahrten festgehalten. Die Nachtests umfassten noch einmal knapp 1.000 km. Dabei wurde verstärkt auf die Empfangsqualität in den Stadtzentren der Ballungsräume geachtet. In Großstädten wie München und Nürnberg wurden auch innerhalb der Zentren die Teststrecken gezielt so gewählt, dass sich deren Verlauf mit den Routen, die bei den Messungen zurückgelegt wurden, deckte. Die ausgiebigen Innenstadtraster sollten zur Klärung der teilweise abweichenden Ergebnisse zwischen Pre-Test und den SNR-Messungen beitragen.

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Nachtest 1: Keine protokollierten Ausfälle entlang der Autobahn und in der Stadt. Prognostizierter, flächendeckender DAB+-Empfang für Nürnberg hat sich bestätigt.

Nachtest 1 Stuttgart – Heilbronn – Nürnberg

Streckenlänge 225 km + Innenstadtraster Nürnberg 40 km

Nachtest 2 Stuttgart – Ulm – München

Streckenlänge 232 km + Innenstadtraster München 40 km

Nachtest 3 Stuttgart – Heilbronn – Feucht – München

Streckenlänge 274 km Dauer der Fahrt 3 h 52 min

Nachtest 2: Auf der gesamten Strecke waren keine Empfangslücken zu verzeichnen. Im Innenstadt-raster München ist die gute Empfangsprognose ebenfalls eingetroffen.

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Nachtest 3: Keine DAB+ Ausfälle oder Empfangslücken feststellbar.

Nachtest 4: Keine hörbaren Ausfälle.

3.9 Zusammenfassung SNR-Messungen und Nachtests Gerade in Großstädten und Ballungsräumen mit hohem Verkehrs- und Stauaufkommen müsste vorrangig ein störfreier DAB+ Radioempfang sichergestellt sein. Laut Empfangsprognose unter www.digitalradio.de ist diese Forderung für die Metropolregionen bereits erfüllt. Die Auswertung der messtechnisch ermittelten SNR-Werte in wichtigen Bereichen wie beispielweise den Großstädten lässt jedoch auf weiteren Ausbaubedarf schließen.

Die praktischen Erfahrungen des connect-Testlabs in den Pre-Tests und Nachtests zeigten klar, dass sich die nach Höreindruck ermittelte Empfangsqualität entlang der Testrouten und damit auch in den Großstädten sehr gut mit der Empfangsvorhersage deckt. Möglicherweise wurden bei den Messungen die Pegelschwellen für Indoor-/ Outdoor-Empfang zu hoch angesetzt. An dieser Stelle müssten tiefergehende Untersuchungen zu dem verwendeten Test-Equipment und dem Messverfahren durchgeführt werden.

Weitere Schritte zur Entwicklung eines fundierten Verfahrens für DAB+ Empfangsmessungen

• Durchführung der Messungen auf zusätzlichen Teststrecken • Wiederholung der Messungen zu unterschiedlichen Zeiten und für verschiedene

Programmangebote/ Kanäle • Messtechnische Untersuchung der verwendeten DAB+-Empfängers in Bezug auf Störsicherheit • Verwendung von frequenzselektiven Empfängern, die für Messanwendungen spezifiziert sind • Gegebenenfalls Anpassung der SNR-Schwellenwerte für einwandfreien Indoor-/ Outdoor-

Empfang • Zusätzliche Speicherung von Sound-Samples entlang der Teststrecken

Nachtest 4 Stuttgart – Augsburg

Streckenlänge 164 km Dauer der Fahrt 1 h 49 min

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4. Webradio als DAB+ Alternative im Fahrzeug

4.1 Webradio-Empfangsqualität im Fahrzeug

In empirischen Testfahrten hat connect die Webradio-Qualität im Fahrzeug überprüft. Die Radio-Datenströme werden von Webservern digital über Internetverbindungen via Mobilfunknetz auf ein Smartphone ins Auto übertragen. Für den Empfang der Webradio-Kanäle wurde auf dem Sony Xperia Z1 die beliebte Anwendung TuneIn-Radio installiert. Die Anbindung an das Infotainment-System des Fahrzeugs erfolgte kabellos über die Bluetooth-Technologie.

Das connect-Testlab hat die Qualität des Live-Streaming-Empfangs anhand der akustischen Wahrnehmung beurteilt und die Ausfälle dokumentiert.

Ziel Das connect Testlab wollte herausfinden, inwiefern Webradio in Bezug auf die Empfangsqualität im Fahrzeug eine Alternative zu der DAB-Technologie sein kann.

Versuchsaufbau Testfahrzeug Ford Focus Teststrecken siehe Karten auf den Folgeseiten Webradio-Empfänger Smartphone Sony Xperia Z1 Anbindung an das Infotainment-System im Fahrzeug über Bluetooth Webradio-App Tune-In Radio für Android (über 50 Millionen Downloads) Streaming-Bitrate 128 kBit/s Pufferzeit 30 Sekunden

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Teststrecke 1: Stuttgart – Heilbronn – Bruchsal – Pforzheim - Stuttgart

Im Detail Ausfallzeit/ Fahrzeit Ausfallrate

Teilstrecke Leonberg – Sinsheim A81/A6: 3 Minuten/ 49 Minuten 6,12 % Teilstrecke Sinsheim – Pforzheim über Land- und Bundestraßen 9 Minuten/ 74 Minuten 12,20 %

Teilstrecke Pforzheim – Leonberg: 2 Minuten/ 25 Minuten 8,00 %

Testfahrt Datum der Testfahrt 15.Februar 2014 Strecke 262 km Fahrzeit 168 Minuten

Gesamtausfallzeit-Webradio 14 Minuten Gesamtausfallrate 8,33 %

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4.2 Weitere Webradio-Verfügbarkeitstests

Teststrecke 2: Berlin - Hof

Auf dieser Strecke wurden die verfügbaren Download-Datenraten via Mobilfunk als Kriterium herangezogen. Dabei wurde der Teil der Fahrzeit ermittelt, währenddessen die für Webradio-Empfang vorausgesetzte Bandbreite überschritten wurde. Das Ergebnis: Auf der gesamten Fahrzeit von 160 Minuten lagen die Datenraten nur 15 Minuten lang über EDGE-Niveau. Typische Smartphones der EDGE-Klasse 10 können bei Verwendung dieser GSM-Übertragungstechnologie maximal mögliche Download-Datenraten von 220 kBit/s erreichen. Dieser Richtwert sollte unseren Praxiserfahrungen zufolge für störungsarmes Webradio-Streaming (128 kBit/s) im Fahrzeug eingehalten werden. Demzufolge wäre auf der Strecke zwischen Berlin und Hof eine deutlich höhere Webradio-Gesamtausfallzeit zu erwarten als auf Teststrecke 1.

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Teststrecke 3: Heilbronn – Schnelldorf – Langenau - München

Auf dieser Strecke wurde Live-Streaming über die Mobilfunknetze einem Praxistest unterzogen und die akustisch wahrgenommene Empfangsqualität nach Streckenabschnitten beurteilt.

Streckenabschnitt Webradio-Empfang Heilbronn – Schnelldorf akzeptabel Schnelldorf – Langenau große Unterbrechungen, inakzeptabel Langenau – München akzeptabel, hinter Augsburg weitgehend ohne Ausfälle

4.3 Zusammenfassung Webradio-Empfang im Auto

Radio via Streaming über die Mobilfunknetze kann bei den derzeitig verfügbaren Netzkapazitäten und der noch geringen Anzahl an Nutzern, die im Auto bereits Webradio hören, akzeptablen Empfang bieten. Das gilt vor allem entlang der Autobahnen, die durch Regionen mit gut ausgebauter Mobilfunkinfrastruktur führen. Dort fiel die Gesamtausfalldauer vergleichsweise niedrig aus. Und wenn Störungen wahrnehmbar waren, traten diese nur kurzzeitig auf.

Ein anderes Bild ergab sich bei den Überlandfahrten. Massive, als ungenügend zu bewertende Störungsphasen und inakzeptable Programmunterbrechnungen führten hier häufiger dazu, dass die Radiosendungen nicht mehr verfolgt werden konnten. Abhilfe kann hier der Ausbau der Datenkapazitäten und die Modernisierung der Mobilfunknetze im Hinblick auf Audio-Streaming - zum Beispiel mit der LTE-Erweiterung für Multicast-Übertragung (eMBMS) schaffen.

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4.4 Webradio als Massenmedium fürs Fahrzeug

Soll Webradio während der Fahrt eins zu eins die UKW-Übertragung ersetzen, stünden die heutigen Mobilfunknetze vor einer gigantischen Herausforderung wie die folgende Beispielrechnung verdeutlicht.

Eckdaten

43 Millionen Autos in Deutschland ca. 55 % der Berufspendler legen im Mittel täglich mehr als 10 km ; ca. 25% mehr als 25 km zurück

Hierzulande nutzen laut statista rund 45 % der Bevölkerung täglich ein Auto, weitere 24 % an mehr als einem Tag pro Woche.

Angenommene durchschnittliche Fahrzeit: 30 Minuten

Autonutzung pro Woche 45 % x 43.000.000 Autos x 30 Min. x 7 Tage = 4.063.500.000 Minuten + 24 % x 43.000.000 Autos x 30 Min. x 3,5 Tage = 1.083.600.000 Minuten ________________________________________________________________________________

= Autonutzung pro Woche 5.147.100.000 Minuten

oder 308.826 Millionen Sekunden

Zusätzliche erforderliche Datenmenge für die Webradio-Nutzung Annahme: Jeder Autofahrer hört während der Fahrt Webradio im Auto

308.826 Millionen Sekunden x 128 kBit/s = 4.712.311 GByte/Woche ________________________________________________________________________________

Datenmenge für Webradio pro Jahr = 245 Millionen GByte

Würde Webradio den UKW-Radioempfang komplett ersetzen, müssten die Mobilfunknetze – vorwiegend entlang der Verkehrsverbindungen - neben der bisher anfallenden Datenmenge allein für die mobile Webradio-Nutzung im Fahrzeug pro Jahr zusätzliche 245 Millionen GigaByte durchschleusen. Zum Vergleich: Im Jahr 2013 haben die Mobilfunknetze insgesamt ein Datenvolumen von 267 Millionen GigaByte übertragen.

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Entwicklung des Datenvolumens im Mobilfunk in Deutschland von 2005 bis 2013 (in Millionen Gigabyte)

Quelle: © Statista 2014

Frühestens in 2 bis 3 Jahren werden die Mobilfunknetze die zusätzlichen Datenvolumina für den Webradio-Empfang im Fahrzeug voraussichtlich bereitstellen können. Die connect Erfahrungen aus den Mobilfunknetztests, die den Netzausbau seit Jahren auch messtechnisch dokumentieren, lassen nicht erwarten, dass die für Audio-Streaming in guter Qualität benötigten Datenraten in den Jahren 2016/2017 bereits flächendeckend verfügbar sein werden.

Beim Webradio-Empfang via Live-Streaming müssen die Sender die Datenströme derzeit separat zu jedem Hörer übertragen (Unicast, Übertragung vom Sender zu einem Empfänger). Dadurch werden die Netzkapazitäten der heutigen Mobilfunkinfrastruktur (unnötig) stark belastet. Innerhalb einer Mobilfunkzelle kann ohnehin nur eine bestimmte Anzahl an Endgeräten gleichzeitig versorgt werden. Gerade bei Staus können dadurch auch beim Radioempfang häufiger Kapazitätsengpässe auftreten.

Die Broadcast-Ausstrahlung digitaler Radioprogramme über terrestrische Sendeanlagen nutzt die vorhandenen Übertragungskapazitäten deutlich effizienter. Hier werden alle verfügbaren Angebote rund um die Uhr innerhalb des abgedeckten Sendegebiets verteilt. Die übertragene Datenmenge hängt nur von der Anzahl der Programme und Zusatzdienste ab, bleibt ansonsten immer gleich – unabhängig davon, wie viele Hörer die Programme an ihren DAB-Empfänger jeweils verfolgen. Gerade in Bezug auf die Frequenzökonomie hat Audio-Broadcasting Vorteile gegenüber der Webradio-Übertragung in den heutigen Mobilfunknetzen.

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Ein aktuelles Gutachten* der Technischen Universität München, School of Management, kommt im Vergleich der jährlichen Übertragungskosten für DAB+ und Webradio über Mobilfunknetze (LTE) in Bayern zu dem Schluss, dass die digitale Radioversorgung über DAB deutlich kostengünstiger zu erreichen wäre. Deren Beispielberechnung zufolge wäre der Betrieb einer DAB+-Infrastruktur mit 24 Programmen um den Faktor 35 günstiger als ein webradiotauglich gemachtes Mobilfunknetz.

* Broadcast oder Broadband? Gutachten zur Radioübertragung über DAB+ oder LTE in Bayern – ein Kostenvergleich der Bereitstellung; März 2014

5. Chancen DAB+ und Webradio

5.1 Argumente für den DAB+ Ausbau

• Effizientere Frequenznutzung als UKW-Sender • Bestehende UKW-Senderstandorte können weiterverwendet werden • Stabilere, rauschärmere Tonqualität im Vergleich zur analogen Radioübertragung • Gute Eignung für mobilen Empfang im Auto (auch bei höheren Geschwindigkeiten) • Hohe Frequenzökonomie durch echtes Broadcasting • Ein Teil der Programme (1 Ensemble, Bundes-Multiplex) ist bundesweit zu empfangen (kein

Frequenzwechsel mehr notwendig) • Kostengünstigere Übertragung im Vergleich zu Webradio • Vom Internet unabhängige Infrastruktur

5.2 Argumente für Webradio über Mobilfunk

• höhere Programmvielfalt, Sender sind weltweit verfügbar • Rückkanal für interaktive Zusatzangebote • In der Regel vorhandene Geräte (Smartphones...) als Empfänger verwendbar

5.3 Erfolgsfaktoren für DAB+ als UKW-Nachfolger

• DAB+ fähige Infotainment-Systeme im Fahrzeug müssen so schnell wie möglich vom Ausstattungsextra zum „Standard-Autoradio“ werden (nicht nur in der Premium-Klasse)

• Ausstrahlung vielfältiger, wenn möglich umfassender exklusiver DAB+ Programmangebote und Zusatzdienste (z.B. aktuellere, umfassendere Verkehrsinformationen via TPEG)

• Flächendeckende DAB+-Versorgung - zügiger Netzausbau mit Fokussierung auf mobile Nutzung