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Stefan Aufenanger | Universität Mainz https://aufenanger.de | [email protected] |@aufenanger Digitalisierung und Bildungspolitik Was kennzeichnet die Digitalisierung? De-materialisierung des Alltags Stalder: Kultur der Digitalität Technologisierung der Kultur 3 Formen der Digitalität: - Referentialität: Vernetzte Informationen - Gemeinschaftlichkeit: Vernetzte Kommunikation und soziale Beziehungen - Algorithmizität: allgegenwärtige Algorithmen

Digitalisierung und Bildungspolitik 0519 · ICILS-Studie 2014 Anteile der deutschen Bevölkerung an den technologiebezogenen Kompetenzstufen (PIAAC) ... Digitale Bildung und der Erwerb

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Stefan Aufenanger | Universität Mainz

https://aufenanger.de | [email protected] |@aufenanger

Digitalisierung und Bildungspolitik

Was kennzeichnet die Digitalisierung?

De-materialisierung des Alltags Stalder: Kultur der Digitalität

•Technologisierung der Kultur

•3 Formen der Digitalität:- Referentialität: Vernetzte Informationen- Gemeinschaftlichkeit: Vernetzte Kommunikation und soziale Beziehungen- Algorithmizität: allgegenwärtige Algorithmen

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Die ‚nächste‘ GesellschaftSchrift

Dirk Baecker 2007

Buchdruck

Möglichkeit des kritischen Vergleichs

Beteiligung von Abwesenden

an Kommunikation

Computer

Beteiligung von Maschinen an Kommunikation

„Gesellschaftliche Strukturen müssen entwickelt werden, in denen die überschüssige Sinnproduktion aufgefangen, verarbeitet und normalisiert werden kann“ (Baecker 2007, 81)

Innovationen produzieren

überschüssigen Sinn

Quelle: ARD Mediathek

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Digitale Bildung als die Befähigung in einer digital geprägten Welt souverän und sozial

verantwortlich handeln zu können und in Würde zu leben.

Bildungspolitische Etappen • 1995 KMK: Medienpädagogik in der Schule

• 1996 KMK: Neue Medien und Telekommunikation im Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland

• 1998 Schulausschuss der KMK: Rolle der Medienpädagogik, insbesondere der Neuen Medien und der Telekommunikation in der Lehrerbildung

• 2012 KMK: Medienbildung in der Schule

• 2013 Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft

• 2016 KMK: Bildung in der digitalen Welt

• 2019 DigitalPakt Schule

Medienpädagogik in der Schule muss von einer grundsätzlichen Offenheit gegenüber der

Medienwelt ausgehen und mit angemessenen Unterrichtsmethoden bzw. Arbeitsformen auf die vielfältigen und z. T. disparaten Erfahrungen und

Handlungsmuster der Heranwachsenden im Umgang mit Medien reagieren. Dies setzt die

Bereitschaft der Lehrkräfte voraus, sich mit den Medienerfahrungen der Heranwachsenden

auseinanderzusetzen.

Die Neuen Medien sind zu betrachten als

1. Gegenstand von Lehren und Lernen 2. Hilfsmittel für den Unterricht

3. Feld für berufliche Qualifizierung 4. Mittel für das Fernlernen.

„Grundsätzliche Anforderungen an die medienpädagogische Lehrerbildung

Für das Leben, Lernen und Arbeiten in der Informationsgesellschaft nimmt die Schule einen

doppelten Auftrag wahr:

sie macht Schülerinnen und Schüler im umfassenden Sinn medienkompetent und sie befähigt sie, sich in den Medienwelten selbstbewusst und verantwortungsvoll zu

bewegen;

sie nutzt Multimedia und Telekommunikation verstärkt für das Lernen und Erziehen. Medienpädagogische

Ausbildungsinhalte müssen daher integraler Bestandteil der Ausbildung für alle Schularten und in allen

Fachbereichen sein.

Medienpädagogik als Aufgabe aller Fächer sollte verpflichtender Bestandteil sowohl der allgemein

erziehungswissenschaftlichen als auch der spezifisch fachdidaktischen Ausbildung in der ersten und in der

zweiten Phase der Lehrerausbildung sein.

Schaffung ‚digitaler Bildungsinfrastrukturen’Digitale Kompetenz ist deshalb von entscheidender Bedeutung: für jeden und jede Einzelne, um digitale

Medien selbstbestimmt und verantwortungsvoll nutzen zu können und um gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu

haben; und für die Gesellschaft, um Demokratie und Wohlstand im 21. Jahrhundert zu erhalten. Schulen

müssen deshalb überall auf schnelles Internet zurückgreifen können und sollten über entsprechende Anzeigegeräte wie interaktive Whiteboards verfügen.

Lehrerinnen und Lehrer müssen gut qualifiziert sein, um digitale Medien nutzen und digitale Kompetenzen

vermitteln zu können. Mit dem DigitalPakt Schule bringen Bund und Länder beides entscheidend voran.

ICILS-Studie 2014 Anteile der deutschen Bevölkerung an den technologiebezogenen Kompetenzstufen (PIAAC)

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0

10

20

30

40

Stufe >I Stufe I Stufe II Stufe III

Aufgabe nicht gelöst

Einfache Aufgabe bezgl. Email und

Webbrowser

Komplexe Navigation/Online-Formular ausfüllen

Lösungswege selbst suchen und

abwägen

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12,5

25

37,5

50

16-19 Jahre 20-29 Jahre 30-39 Jahre 40-49 Jahre 50-59 Jahre 60-65 Jahre

> Stufe I Stufe I Stufe II Stufe III

Prozentuale Verteilung technologiebezogener Kompetenzen in Bezug auf Altersgruppen (PIAAC-Studie ) Strategie der Kultusministerkonferenz

„Bildung in der digitalen Welt“ (2016)

Sechs Kompetenzbereiche

• Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren

• Kommunizieren und Kooperieren

• Produzieren und Präsentieren

• Schützen und sicher agieren

• Problemlösen und Handeln

• Analysieren und Reflektieren

1.1. Suchen und Filtern1.2. Auswerten und BewertenSpeichern und Abrufen

1. Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren

2. Kommunizieren und Kooperieren2.1. Interagieren2.2. Teilen2.3. Zusammenarbeiten2.4. Umgangsregeln kennen und einhalten 2.5. An der Gesellschaft aktiv teilhaben

6.1. Medien analysieren und bewerten6.2. Medien in der digitalen Welt verstehen und reflektieren

6. Analysieren und Reflektieren

5.1. Technische Probleme lösen5.2. Werkzeuge bedarfsgerecht einsetzen5.3. Eigene Defizite ermitteln und nach Lösungen suchen5.4. Digitale Werkzeuge und Medien zum Lernen, Arbeiten und Problemlösen nutzen5.5. Algorithmen erkennen und formulieren

5. Problemlösen und Handeln

4.1. Sicher in digitalen Umgebungen agieren4.2. Persönliche Daten und Privatsphäre schützen4.3. Gesundheit schützen4.4. Natur und Umwelt schützen

4. Schützen und sicher Agieren

3.1. Entwickeln und Produzieren3.2. Weiterverarbeiten und Integrieren3.3. Rechtliche Vorgaben beachten

3. Produzieren und Präsentieren

Bildung in der digitalen Welt (KMK 2016)

Digitale vernetzte

Welt

Phänomene, Gegenstände und Situationen

Gesellschaftliche Perspektive Wie wirkt das?

Anwendungsbezogene PerspektiveWie nutze ich das?

Technologische PerspektiveWie funktioniert das?

Dagstuhlerklärung; Gesellschaft für Informatik 2016

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Digitale Kompetenzen EU Europäischer Rahmen für die Digitale Kompetenz Lehrender (DigCompEdu)

https://ec.europa.eu/jrc/sites/jrcsh/files/digcompedu_leaflet_de_2018-01.pdf

DigCompEdu

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Koalitionsvereinbarung 2016 RLPDigitale Bildung entscheidetDigitale Bildung und der Erwerb digitaler Kompetenzen entscheiden über Berufs- und Lebenschancen. Sie sind für uns von zentraler Bedeutung. Online Lehren und Lernen soll Standard werden an allen weiterführenden Schulen. Wir werden unsere Schulen bei der Vermittlung digitaler Bildung weiter unterstützen und dabei das erfolgreiche Landesprogramm „Medienkompetenz macht Schule“ fortentwickeln. Dabei wird neben der Hardwareausstattung die digitale Bildung in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften intensiviert und die Vermittlung digitaler Kompetenzen insbesondere in den Grundschulen ausgeweitet.

Medienkompetenz und BürgermedienMedienkompetenz ist eine Grundvoraussetzung für den selbstbestimmten und souveränen Umgang mit Medien. Wir wollen den Erwerb von Medienkompetenz als integralen Bestandteil von Bildung in allen Bildungseinrichtungen und für alle Lebensphasen verankern. Medienkompetenz für Eltern und Kinder ist eine wichtige Voraussetzung auch für den Jugendschutz und Selbstdatenschutz. Daher ist es unser Ziel, selbstbestimmtes und sozialverantwortliches Handeln gerade von Kindern und Jugendlichen im Umgang mit den digitalen Medien zu ermöglichen.

SPD Wahlprogramm 2019

„Die Digitalisierung bietet das Potenzial, unseren Alltag angenehmer zu gestalten, Familie und Beruf besser zu vereinbaren und Arbeit selbstbestimmter zu gestalten. Körperlich schwere Arbeiten können an Roboter abgegeben werden, Krankheiten durch künstliche Intelligenz früher und zuverlässiger erkannt, individuelle Bildung ermöglicht und ganz neue Mobilitätskonzepte entwickelt werden.“ (40)

Grüne Wahlprogramm 2019

Die Digitalisierung kann uns helfen, effizienter und ökologischer zu handeln, Informationen leichter zu verbreiten und mehr Transparenz herzustellen. Wir wollen den digitalen Wandel demokratisch, ökologisch, sozial und feministisch gestalten. Wir wollen die Chancen ergreifen, um Arbeit zu erleichtern, um die Vereinbarkeit von Beruf und Care-Arbeit zu verbessern genauso wie die medizinische Versorgung, Ressourcen zu sparen, Verkehrsunfälle zu vermeiden und Bildungschancen zu erhöhen sowie Innovationen zu fördern. Durch die Macht der Lügen und Unwahrheiten bröckelt der gesellschaftliche Zusammenhalt. Um dem entgegenzuwirken, wollen wir den investigativen Journalismus genauso stärken wie die Medienbildung in Schule und Weiterbildung, damit sich Bürger*innen kritisch mit den Wirkungsweisen und Dynamiken sozialer Medien auseinandersetzen können.

FDP Wahlprogramm 2019Wir brauchen mehr europäische Bildungsangebote und weniger nationale Hürden, gerade auch in Schule und Berufsausbildung. Ein Umzug in ein anderes EU-Land in der Schulzeit oder fehlende Ausbildungsplätze im Heimatland dürfen nicht länger das eigene Vorankommen bremsen. Führen wir die Bildungsfreizügigkeit ein und schaffen wir digitale Bildungsplattformen, zu der jede und jeder in der Europäischen Union Zugang hat. Europäische Bildung muss die Chancen digitaler Bildung nutzen Wir Freie Demokraten wollen, dass niemand in der digitalen Entwicklung abgehängt wird. Deshalb unterstützen wir die Einrichtung von digitalen Bildungsplattformen, zu der alle Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrem formellen Bildungsgrad, Zugang bekommen sollen. Die Digitalisierung ist eine historische Chance, Wissen und Bildung weit über Klassenräume und Lehrsäle hinaus zugänglich zu machen. Nach dem Vorbild der „Open University“ sollten digitale Bildungsplattformen in allen Sprachen der Europäischen Union ihre Bildungsinhalte in Form von „Massive Open Online Courses“ (MOOCs) über das Netz zur Verfügung stellen.

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AfD Wahlprogramm 201912.5 Kinder sind keine Versuchskaninchen – weder analog noch digital! Da die Folgen eines komplett digitalisierten Unterrichts noch nicht abschließend erforscht sind, befürchten wir negative Folgen für das Kindeswohl. Einen mit der Digitalisierung verbundenen Einzug von Werbung in den Unterricht lehnen wir genauso ab wie die Ökonomisierung des Bildungsprozesses an sich oder eine Monopolisierung der Lehrmedien und deren Inhalte. Der Lehrer ist und bleibt die wichtigste Bezugsperson für alle Schüler, er muss deshalb die Verantwortung und Kontrolle für das Bildungsgeschehen im Klassenzimmer behalten. Digitalisierung betrifft nicht nur die Zukunft von Arbeit und Produktion. Sie greift tief in Kultur, Bildung und persönliche Verhältnisse ein. Deshalb ist es wichtig, dass in Schulen und Universitäten der Umgang mit digitalen Medien erlernt wird und diese sinnvoll genutzt werden. Darüber hinaus sind digitale Medien in den Schulen und Universitäten unverzichtbare Hilfsmittel für die schnelle Informationsbeschaffung und -aufbereitung, für die Anschaulichkeit von Sachverhalten und für die Präsentation. Abzulehnen sind alle Bestrebungen, den Unterricht selbst zu digitalisieren, die Erarbeitung von Wissen aus dem analogen Lernprozess herauszulösen, um die Lehrerpersönlichkeit durch das Medium zu ersetzen. Die von der EU vorgestellten Konzepte zur Förderung der Digitalisierung dürfen nicht in die Bildungssouveränität der Mitgliedsstaaten eingreifen – auch nicht über finanzielle Förderungen.

Akteure im Bereich Digitalisierung und Bildung

• Gewerkschaften/GEW

• Stiftungen (Bertelsmann Stiftung/Deutsche Telekom Stiftung/Robert Bosch Stiftung/Hertie Stiftung etc.)

• Bündnisse für Bildung (Bündnis für Bildung/D21/Digitaler Bildungspakt)

• Alternative Bündnisse (Aufwach(s)en mit digitalen Medien)

• Fachverbände (GMK/Sektion Medienpägaogik der DGfE/„Initiative keine Bildung ohne Medien“)

• Forschungsförderung durch BMBF (Qualitätspakt Lehrerbildung/Digitalisierung im Bildungssystem)

• Informelle Lernangebote

• Unternehmen

Informelles Lernen Khan Academy

Non-profit organization ca. 20.000 Lernvideos

10 Mio. eingeschriebene Nutzer Jährlich 100 Mio. Nutzer

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Bündnisse für Bildung

Förschler, A.: Das „Who is who?" der deutschen Bildungs Digitalisierungsagenda-eine kritische Politiknetzwerk-Analyse . In: Pädagogische Korrespondenz, 35/2018

Alternative Bündnisse

Kommerzialisierung von Bildung

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Problemfelder• Nachhaltigkeit

• Technologische Entwicklung

• Föderalismus

• Forschung

• Kommerzialisierung versus Open Educational Ressources

• Lehrer*innenbildung

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

www.aufenanger.de | [email protected] | @aufenanger

Digitalisierung verändert Familienleben

– Sugata Mitra, Newcastle -

Zum Lernen benötigt man immer einen Lehrer.

Aber nicht jeder Lehrer muss ein Mensch sein.

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Potenziale von KI für das Lernen

Learning Analytics

Personalisiertes Lernen

Unterstützte Kommunikation im Inklusionsbereich

Learning Analytics

Personalisiertes Lernen Translator/unterstützte Kommunikation

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Augmented/Virtual Reality

Pokémon GO Oculus Rift/Google Cardboard

Was passiert mit unseren Daten?

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