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220 Die Quellen unserem jetzigen Kenntnisstand noch offen bleiben, wahrscheinlich handelt es sich hier aber um einen literarischen Topos. Der Text ist im Codex Alexand. Patriarch. 169 saec. XV, 67r-112r berliefert, daneben auch in den Handschriften I. Gyrnnas. Aren. Mytil. a. 1569, 109v-126r und im Ottobon, gr. 410 saec. XVI, 110r-120r 563 . Die Erinnerung an ein Gespr ch, das die Beteiligten etwa ein Jahr sp ter gef hrt haben wollen, macht den Inhalt der dritten antij dischen Abhandlung des Theodores Agallianos aus. Der Text tr gt die berschrift Του αΰτοϋ (μητροπολίτου Μήδειας θεοφάνους Λόγος) προς αυτούς (έλλογίμους των Ιουδαί- ων) μετ ' ένιαυτόν εις δεύτερον σφιγμένους όμιλίαν, er ist lediglich im Alexandrin. Patriarch. 169 saec. XV, 112v-126v und im Codex Ottobon, gr. 410 saec. XVI, 120r-123v berliefert 564 . Die Auseinandersetzung mit dem Judentum scheint f r die Bekenner der Griechischen Ortho- doxie in der Folge an Attraktivit t verloren zu haben, die vielf ltigen Impulse, die das j dische Leben beispielsweise ab dem 16. Jahrhundert nach der Eingliederung der aus Spanien vertrie- benen sephardischen Juden in das Osmanische Reich erfahren hat, waren, wie man dem Handschriftenbestand im allgemeinen entnehmen kann, f r die gleichfalls als Minderheit lebenden Christen kein Grund, der antij dischen Literatur durch Neukomposition von Texten oder aber die vermehrte Tradierung von vorhandenen Werken eine „neue Bl te" zu bescheren; wenn berhaupt, so war es eher ein Gebot der Stunde, sich mit den Anh ngern des Islam kritisch auszutauschen. II. DIE SPRACHE DER ANTIJ DISCHEN DIALOGE Die hier vorgestellten Vertreter der byzantinischen antij dischen Dialogliteratur sind ber einen Zeitraum von mehr als eintausend Jahren hinweg entstanden, einen Zeitraum, in der auch die griechische Sprache mancherlei Ver nderungen unterworfen war 565 : die ltesten Texte, etwa der des Ariston von Pella, soweit dies aus den erhaltenen Fragmenten zu erkennen ist, oder der des Justin Martyr sind in der κοινή gehalten, der Volkssprache des Hellenismus und der Sp t- antike. Diese hatte bereits mit dem Verlust der Quantit ten und der Umgestaltung des Lautsystems die entscheidenden Ver nderungen gegen ber der Sprache des Altertums erfahren; das attische -ττ- war durch -σσ- ersetzt, den i-Laut gaben nun auch -ei- und -η- wieder, w hrend -οι- zun chst wie -υ- zu " wurde, bevor die Vokale ab dem zehnten Jahrhundert gleichfalls zu „i" wurden, -αϊ- fiel mit -ε- zusammen, -η- vor -p- wurde zu „e". Verschiedene 563 Vgl. Ch.G. Patrinelis, Ό θ€0δωρος Άγαλλιανός, 46. 564 Vgl. Ch.G. Patrinelis, Ό θ€0δωρος ' Αγαλλιανός, 46. 565 Die folgenden Ausf hrungen k nnen notgedrungen nur einen berblickscharakter haben, detaillierte Sprach- und Stiluntersuchungen zu jedem der hier n her behandelten Texte w rden den Rahmen unserer Studie bei weitem sprengen, w ren an sich aber ein lohnender Forschungsgegenstand. Brought to you by | Ohio State University Libraries (Ohio State University Libraries) Authenticated | 172.16.1.226 Download Date | 6/29/12 2:14 PM

Disputationes graecae contra ludaeos Volume 5227 (Untersuchungen zur byzantinischen antijüdischen Dioalogsliteratur und ihrem Judenbild) || II. Die Sprache der antijüdischen Dialoge

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220 Die Quellen

unserem jetzigen Kenntnisstand noch offen bleiben, wahrscheinlich handelt es sich hier aber umeinen literarischen Topos. Der Text ist im Codex Alexand. Patriarch. 169 saec. XV, 67r-112r

berliefert, daneben auch in den Handschriften I. Gyrnnas. Aren. Mytil. a. 1569, 109v-126rund im Ottobon, gr. 410 saec. XVI, 110r-120r 563. Die Erinnerung an ein Gespr ch, das dieBeteiligten etwa ein Jahr sp ter gef hrt haben wollen, macht den Inhalt der dritten antij dischenAbhandlung des Theodores Agallianos aus. Der Text tr gt die berschrift Του αΰτοϋ

(μητροπολίτου Μήδειας θεοφάνους Λόγος) προς αυτούς (έλλογίμους των Ιουδαί-ων) μετ ' ένιαυτόν εις δεύτερον σφιγμένους όμιλίαν, er ist lediglich im Alexandrin.Patriarch. 169 saec. XV, 112v-126v und im Codex Ottobon, gr. 410 saec. XVI, 120r-123vberliefert564.

Die Auseinandersetzung mit dem Judentum scheint f r die Bekenner der Griechischen Ortho-doxie in der Folge an Attraktivit t verloren zu haben, die vielf ltigen Impulse, die das j discheLeben beispielsweise ab dem 16. Jahrhundert nach der Eingliederung der aus Spanien vertrie-benen sephardischen Juden in das Osmanische Reich erfahren hat, waren, wie man demHandschriftenbestand im allgemeinen entnehmen kann, f r die gleichfalls als Minderheitlebenden Christen kein Grund, der antij dischen Literatur durch Neukomposition von Textenoder aber die vermehrte Tradierung von vorhandenen Werken eine „neue Bl te" zu bescheren;wenn berhaupt, so war es eher ein Gebot der Stunde, sich mit den Anh ngern des Islamkritisch auszutauschen.

II. DIE SPRACHE DER ANTIJ DISCHEN DIALOGE

Die hier vorgestellten Vertreter der byzantinischen antij dischen Dialogliteratur sind ber einenZeitraum von mehr als eintausend Jahren hinweg entstanden, einen Zeitraum, in der auch diegriechische Sprache mancherlei Ver nderungen unterworfen war565: die ltesten Texte, etwa derdes Ariston von Pella, soweit dies aus den erhaltenen Fragmenten zu erkennen ist, oder der desJustin Martyr sind in der κοινή gehalten, der Volkssprache des Hellenismus und der Sp t-antike. Diese hatte bereits mit dem Verlust der Quantit ten und der Umgestaltung desLautsystems die entscheidenden Ver nderungen gegen ber der Sprache des Altertums erfahren;

das attische -ττ- war durch -σσ- ersetzt, den i-Laut gaben nun auch -ei- und -η- wieder,

w hrend -οι- zun chst wie -υ- zu „ " wurde, bevor die Vokale ab dem zehnten Jahrhundertgleichfalls zu „i" wurden, -αϊ- fiel mit -ε- zusammen, -η- vor -p- wurde zu „e". Verschiedene

563 Vgl. Ch.G. Patrinelis, Ό θ€0δωρος Άγαλλιανός, 46.564 Vgl. Ch.G. Patrinelis, Ό θ€0δωρος ' Αγαλλιανός, 46.565 Die folgenden Ausf hrungen k nnen notgedrungen nur einen berblickscharakter haben, detaillierte Sprach-und Stiluntersuchungen zu jedem der hier n her behandelten Texte w rden den Rahmen unserer Studie bei weitemsprengen, w ren an sich aber ein lohnender Forschungsgegenstand.

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Die Quellen 221

unregelm ige Substantive wurden durch regelm ige Synonyme ersetzt, etwa ναϋς durchπλοίου, ΰς durch χοίρος oder ϋδωρ durch νηρόν. Die medialen Formen wurden seltener, dasMedium des Aorist beispielsweise durch das Passiv ersetzt. Der Dativ, der zugleich die Funk-tionen von Instrumentalis und Lokativ besessen hatte, geriet zunehmend au er Gebrauch undwurde durch Pr positionen ausgedr ckt566. So ist bereits die im dritten vorchristlichen Jahr-hundert in Alexandreia angefertigte Septuaginta in der κοινή gehalten, sp ter auch die Schriftendes Neuen Testamentes. Bei diesen ohne jeden rhetorischen Anspruch verfertigten Texten wirdaber bereits offenbar, da die κοινή keine einf rmige und gleichbleibende Sprache war, davielmehr durchaus stilistische Unterschiede nachzuweisen sind - so stehen die Briefe desApostels Paulus auf einem h heren literarischen Niveau als die Evangelien, innerhalb derer aberLukas besser schrieb als Markus; der Verfasser der Apokalypse scheint gar nur unvollkommeneGriechischkenntnisse gehabt zu haben567. Die einfache Textgestalt der Heiligen Schriften regtezahlreiche Theologen zur Nachahmung an, die Volkssprache mit ihrer leichten Verst ndlichkeitwurde von vielen christlichen Schriftstellern bewu t verwendet. Doch daneben versuchtenschon bald vereinzelte Pers nlichkeiten wie beispielsweise Klemens von Alexandreia (um 150 -ca. 215 n.Chr.), nicht zuletzt durch die infolge der j dischen Verweigerungshaltung notwendiggewordene neue Zielrichtung der christlichen Mission, die Rhetorik der „Heiden" f r ihreeigenen Zwecke zu gebrauchen, die Anwendung einer h heren Stilistik war notwendig, um diechristliche Glaubensbotschaft berhaupt an einen weiten Personenkreis heranzutragen undangemessen pr sentieren zu k nnen. Diese Haltung verst rkte sich, als das Christentum mehrund mehr in den gebildeten Schichten angenommen wurde; die gro en Theologen des viertenJahrhunderts, Basileios der Gro e (um 330-379 n.Chr.), Gregor von Nazianz (gestorben 390n.Chr.), Gregor von Nyssa (gestorben 394 n.Chr.) oder Johannes Chrysostomos (gestorben407 n.Chr.), die allesamt in der klassischen Tradition aufgewachsen waren, schrieben ihreWerke in der sogenannten Kirchensprache, die antikisierend und wesentlich „attischer" war alsdie κοινή. Hier wurden Zitate aus der Septuaginta oder dem Neuen Testament bewu t alsZierart, als Texte einer anderen Sprachebene eingebautS68. Die christlich-theologische Literaturbekam so durch das Nebeneinander von Volks- und Hochsprache einen diglossalen Charakter.Es sei an dieser Stelle nachdr cklich betont, da die in unserer Studie besonders interessieren-den Texte der byzantinischen antij dischen Dialogliteratur allesamt der Volkssprache zuzurech-

566 Grundlegend zu dieser Thematik S.G. Kapsomenos, Die griechische Sprache zwischen Koine und Neugrie-

chisch, Berichte zum XI. Internationalen Byzantinistenkongre M nchen 1958, Bd. II, M nchen 1958, H; R.

Browning, Medieval and Modem Greek, Cambridge u.a. 2/1983, besonders 19-52 „Greek in the Hellenistic world

and the Roman empire", 53-68 „The Greek language in the early middle ages (6th century - 1100)" und 69-87

„The Greek language in the later middle ages (1100-1453)"; in knapper Auflistung der wesentlichen Ph nomene

O. Mazal, Handbuch der Byzantinistik, Graz 1989, 98-106 „Die griechische Sprache in byzantinischer Zeit".367 R. Browning, Medieval and Modern Greek, 49f.568 Vgl. R. Browning, Medieval and Modem Greek, 50.

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222 Die Quellen

nen sind, sollten die in ihnen enthaltenen Botschaften und Informationen den christlichen Glau-bensbrüdern doch mühelos verständlich sein.

Im Hinblick auf die Beurteilung der Stilstufen in der byzantinischen Literatur vermochte I.Sevöenko vor einigen Jahren die Bedeutung der bis in das ausgehende 18. Jahrhundert weit-verbreiteten und jüngst erst wiederentdeckten Rhetonca ad Herennium aufzuzeigen, die mit denKategorien „hoch", „mittel" und „niedrig" arbeitet und für die Einschätzung von Quellenzeug-nissen ungleich geeigneter ist selbst als die Bewertungsysteme, die die Byzantiner einst selbstangewendet haben, Systeme, die zumeist die Theorien des Hermogenes mit denen von Deme-trios und Dionysios von Halikamassos vermischten: ... a work in high style is one that usesperiodic structure; its vocabulary is recondite, puristic and contains hapax legomena made up ona classicistic template; its verbal forms, especially its pluperfects, are for the most part Attic; itsScriptural quotations are rare or indirect and its classical ones, plentiful. In a work of middlestyle, periods are rarely attempted and fill-words and cliches, more abundant; it requires the useof a patristic lexicon; and its Scriptural quotations are more frequent than its classical ones. Awork in low style uses largely paratactic structures; its vocabulary contains a fair number ofwords unattested in standard dictionaries or coming from languages other than Greek; its verbalforms are not Attic; its Scriptural quotations, more frequently than not, come from the NewTestament and Psalter etc. 569. Aus diesen Ausführungen ergibt sich, daß unsere disputationesgraecae allesamt der letztgenannten Kategorie zuzuordnen sind, als „opera in low style" ein-gestuft werden müssen; sie verzichten in der Regel auf seltene Wörter ebenso wie aufliterarische Stilmittel, Metaphern oder Figuren wie Alliteration, Anapher und Oxymoron. Soweitsich die Schriften überhaupt an die Juden richteten, sollten diess mehr durch theologischeArgumente als durch ausgefallene Redefiguren beeindruckt werden, die Anhänger des Juden-tums waren anders als die heidnischen Polemiker kaum durch dialektische Gewandtheit zugewinnen.

Um aber auf die Spachentwicklung zurückzukommen: zu einem nicht genau zu bestimmendenZeitpunkt 57° verlor die nun ebenfalls die Bindung an die gesprochene Sprache, sie warnicht mehr im Alltag der Menschen verwurzelt und mußte gleich der Hochsprache ebenfalls ersterlernt werden, ein Zustand, der die Entstehung von Mischformen begünstigte 571. In der nun-

mehrigen Volkssprache, der , die, von vereinzelten Vorläufern wie der Vita desheiligen Symeon Salos aus dem achten Jahrhundert abgesehen, erst ab dem zwölften Jahr-

5691. Sevienko, Levels of Style in Byzantine Literature, JOB Bd. XXXI/1 (1981), 289-312, 291.570 Mitverantwortlich hierfür ist unter anderem der durch die politischen Umwälzungen des siebten und achtenJahrhunderts bedingte Quellenverlust, das Versiegen der Papyri und Inschriften, die zahlreiche Anhaltspunkte fürdie gesprochene Sprache geliefert hatten.571 O. Mazal, Handbuch der Byzantinistik, 100.

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Die Quellen 223

hundert in der Literatur regelm ig nachweisbar ist 572, kam es zu verschiedenen Ver nde-rungen, das hei t in der Regel Vereinfachungen, in Morphologie und Syntax. Erw hnenswertsind beispielsweise Ver nderungen des Wortstamms, so μητέρα als neuer Nominativ, gebildetber den gleichlautenden alten Akkusativ, als Ersatz f r das vormalige μήτηρ, weiterhin der

Verlust der Dualformen oder die Beseitigung von Unregelm igkeiten in der Steigerung.Adverbia wurden zunehmend auf -a gebildet, die Endung -ow durch -ωνω ersetzt, die Verbaauf -μι gegen ber denen auf -ω zur ckgedr ngt. Das Argument der Vergangenheitstemporaverschwand, so es nicht betont war, auch das -e- der Vorsilbe -εξ- ging zunehmend verloren,es entstand das .Pr fix" -ξ-, beispielsweise bei έξυπνώ - ξυπνώ oder έξεκοψα - ξέκοψα 573.Der Infinitiv wurde durch ίνα mit dem Konjunktiv ersetzt, der Optativ durch άφες, sp ter ας

mit Konjunktiv ausgedr ckt. F r den Conditionalis oder Potentialis konnte auch θα, entstandenaus θέλω 'ίνα, mit dem Indikativ Imperfekt oder Aorist gebraucht werden; neben den altensynthetischen Futurformen wurde zun chst έχω mit Infinitiv Aorist gebraucht, als dieseKonstruktion aber zu einer Ausdrucksm glichkeit des Perfekts geworden war, dessenklassische Formen verschwunden sind, wurde θα mit dem Konjunktiv blich 574, daneben invereinzelten F llen, etwa in der Doctrina Jacobi nuper baptizatt des „Sargis von Aberga", auchέχω mit dem nun sehr seltenen Infinitiv Futur575 oder ein einfacher Indikativ Pr sens mit einerzuk nftigen Bedeutung 576. F r den Aorist Passiv kam mit der δημοτική die neue Form θ~ηκ-αauf, die Verwendung des Genitivus absolutus nahm ab, die des Nominativus absolutus dagegenzu, die einzelnen Deklinationstypen verschmolzen miteinander57?.

Die hier beschriebenen Erscheinungen der gesprochenen Sprache sind allesamt ab einerbestimmten Zeit in den Texten der byzantinischen Adversus-Iudaeos-Literatur nachweisbar, einegenaue Scheidung zwischen den Schriften der κοιι/ή und denen der δημοτική ist indes nichtm glich, da alte und neue Formen einander nicht abrupt abl sten, sondern ber eine lange Zeithinweg nebeneinander bestanden haben. In vielen F llen sind auch Arbeitsweise und Sprachstildes Kopisten nicht von der originalen Vorgehensweise des Verfassers eines Textes zuunterscheiden, die gro en Unterschiede, die die einzelnen berlieferungstr ger der in mehrerenHandschriften erhaltenen antij dischen Dialoge aufweisen, etwa die im sechsten Jahrhundert

572 Zu nennen sind hier etwa die Werke eines Michael Glykas oder eines Theodoras Prodromes, vgl. R.Browning, Medieval and Modern Greek, 73.573 R. Browning, Medieval and Modern Greek, 58 mit weiteren Beispielen.574 Vgl. N. Banescu, Die Entwicklung des griechischen Futurums von der fr hbyzantinischen Zeit bis zur Gegen-wart, Bukarest 1915, zum Perfekt R. Browning, Medieval and Modern Greek, 94.373 Doctrina Jacobi I, 23, 22, TM Bd. XI (1991), 103.376 Doctrina Jacobi I, 23, 23, TM Bd. XI (1991), 103; III, 8, 40, ebd., 167; III, 12, 7, ebd., 171 und fter.577 O. Mazal, Handbuch der Byzantinistik, 103.

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224 Die Quellen

entstandenen Abhandlungen Dialogus Timothei et Aquilae 578 und zuchDialogus de sacerdotioChristi 579 oder der im frühen siebten Jahrhundert niedergeschriebene Dialogus contra ludaeosdes Leontios von Neapolis 58°, zeugen von der beträchtlichen Freiheit, die sich die Abschreibergegenüber ihrer jeweiligen Vorlage herausgenommen haben. Die exzerpierende Bearbeitung derantijüdischen Dialoge, die alleine aufgrund ihrer Verwendung gegen die Ikonoklasten überliefertwurden, brachte mancherlei unklare Konstruktionen und mangelhafte Bezüge mit sich, etwa inder Formengebung von Substantiv und Adjektiv. Diesen Schriften stehen aber überaus gelun-gene Kompositionen wie die dem siebten Jahrhundert zuzurechnende ' loir

des Anastasios Sinaites oder eine eventuell im frühen zehnten Jahrhundert entstandeneanonyme Abhandlung gleichen Titels gegenüber 581; generell läßt sich das bereits innerhalb desNeuen Testamentes feststellbare unterschiedliche literarische Niveau der volkssprachlichenTexte über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg konstatieren.

Die Zitate aus der Heiligen Schrift wurden von den Autoren der antijüdischen Dialoge zumeistaus dem Gedächtnis getätigt, selten nur um des genauen Wortlautes willen der niedergeschrie-bene Text der Vorlage eingesehen 582; eine derartige Vorgehensweise vermag die verschiedent-lichen Abweichungen vom kanonischen Text, mancherlei falsche Zuschreibungen von Prophe-tenworten wie auch das häufig zu beobachtende Phänomen der Paraphrase hinlänglich zuerklären. So ein Dialog nicht in mehreren Handschriften überliefert ist, läßt sich der Anteil desKopisten an diesen Unregelmäßigkeiten freilich nicht abschätzen; gerade in bezug auf denletztgenannten Punkt ist bekannt, daß die Abschreiber vielfach recht frei mit ihren Vorlagenumgegangen sind. Insgesamt betrachtet gehörten die für die Textüberlieferung verantwortlichenPersonen in unserem Fall aber in aller Regel der Geistlichkeit an, besaßen damit eine engeVertrautheit mit den Heiligen Schriften, was die Fehlerzahl hier nicht allzu hoch werden ließ.

Kenntnisse der hebräischen Sprache haben die Autoren der antijüdischen Dialogliteratur kaumbesessen, nur sehr wenige Texte lassen sich auf die lingua sacra des Anderen ein, versuchenetwa etymologische Erklärungen für bestimmte zentrale Begriffe zu liefern. Der anonyme Dia-logus Timothei et Aquilae deutet beispielsweise das Wort Emmanuel, Anastasios Sinaites genau

578 Vgl. hierzu R.G. Robertson, The Dialogue of Timothy and Aquila, 1-49 „Chapter I. Introduction: The Text

and its Witnesses". Siehe auch oben sub voce.579 Es sei hier nur an das Nebeneinander von üblicher Dialogform und der im Vat. Ottob. 408 saec. XVI enthal-tenen Textgestalt erinnert, vgl. oben sub voce.380 Die unterschiedlichen Formen werden in der Edition von V. Döroche, L' Apologie contre les Juifs de Liontios

de Noapolis, TM Bd. XII (1994), 45-104 überaus deutlich, vgl. oben sub voce.381 Vgl. oben sub voce „14. Anastasios Sinaites" und „23. Anonymes, Dissertatio contra ludaeos".582 Diese Arbeitsmethode war im Mittelalter durchaus üblich und begegnet beispielsweise auch in den byzantini-

schen Pilgertexten, vgl. A. Külzer, Peregrinatio graeca in Terram Sanctam, 62-66 „Anmerkungen zu Sprache und

Stil der Quellen".

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Die Quellen 225

wie die ausf hrlichen Versionen der Αντί βολή Παπίσκου die Termini Ιουδαίος, Εβραίος

und ' Ισραηλίτης, doch d rfte es sich hier eher genau wie bei den vereinzelten Bemerkungendes Theophanes von Nikaia um R ckgriffe auf die literarische Tradition, nicht um wirklicheSprachfertigkeiten handeln 583. Der ohne Verfasserangabe berlieferte Dialogus cum ludaeis ausdem sechsten Jahrhundert ist mit seinem wiederholten Verweis auf den hebr ischen Originaltextder B cher des Alten Bundes eine seltene Ausnahme 584, eine wirkliche Vertrautheit mit demHebr ischen d rfte aber allenfalls Nikolaos von Otranto zugestanden werden, doch blieb dessenantij discher Dialog f r die weitere Geschichte der Textgattung bezeichnenderweise bedeu-tungslos und ohne eine wirkliche Rezeption585.

Abschlie end sei kurz auf die Werkbezeichnungen der Judendialoge eingegangen, so sie ber-haupt berliefert sind. Ein betr chtlicher Teil der in vorliegender Studie behandelten Autoren,Ariston von Pella586, Gregentios von Saphar587, Anastasios Sinaites, der sogenannte Johannesvon Thessalonike, Arethas von Kaisareia, der anonyme Schreiber der Dissertatio contraludaeos, Nikolaos von Otranto sowie Pseudo-Georgios Sphrantzes haben den TerminusΔιάλεξις verwendet, der in der Bedeutung „Diskurs" bereits bei Aristophanes im f nften undvierten Jahrhundert vor Christus begegnet, w hrend er in der Vita Sophistarum des demzweiten/dritten nachchristlichen Jahrhundert zuzurechnenden Philostratos im Sinne „ ffentlicherVortrag" oder „Losung" steht588. In der Fragmentensammlung des um 215 n.Chr. verstorbenenKlemens von Alexandreia begegnet das Wort dagegen genau wie in der Homilia XXX inGenesim des Johannes Chrysostomos, Et erat omnis terra labium unum, et vox una omnibus,Gen. XI, l, als „Gespr ch, Unterhaltung" 589. Diese Bedeutungsweite, die sich im heutigenGriechisch ebenfalls gehalten hat 59°, erlaubte die Verwendung von Διάλεξις sowohl f r Textemit st rker monologischem Element wie im Falle von Anastasios Sinaites als auch f r dieDialoge im engeren Sinne, die etwa durch Gregentios von Saphar oder Nikolaos von Otrantorepr sentiert werden. Theodoros Abu Qurra verzichtete dagegen auf den Gebrauch einesSubstantives, er griff zur Werkbezeichnung auf das bereits bei Homer verwendete entsprechen-

583 Vgl. oben sub voce „6. Dialogus Timothei et Aquilae", „14. Anastasios Sinaites", „19. Anonymes, Dialogus

Papisci et Philonis ludaeorum cum quodam monacho (Anastasio)" und „32. Theophanes von Nikaia".584 Dialogus cum ludaeis V, 264f und 297-299; vgl. oben „10. Anonymes, Dialogus cum ludaeis".585 Vgl. oben sub voce „29. Nikolaos von Otranto". Verweise auf das Hebr ische finden sich unter anderem aufFolio 2r, 15v, 24r, 42r, 47r, 48r-v, 59v, 70v, 72v, 83r, 85r und 87v.586 Dies ist aus den Scholia in librum de mystica theologia des Maximos Confessor bekannt, vgl. oben sub voce.587 Vgl. H.G. Th mmel, Die Fr hgeschichte der ostkirchlichen Bilderlehre, 332.588 H.G. Liddell - R. Scott, A Greek-English Lexicon, Oxford 9/1940, repr. 1985, 401 sub voce.589 G.W.H. Lampe, A Patristic Greek Lexicon, Oxford 1961, 356 sub voce.590 A.A. Tsoukanas, Neov 'Ελληνογερμανικόΐ' Λεξικόν, Teil II Ελληνικά - ΓερμαΐΊκά, Athen (1964), 153fsub voce „Vortrag, Gespr ch".

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226 Die Quellen

de Verbum διαλέγομαι zur ck 591. Dies leitet zu der hnlich h ufig gebrauchten BezeichnungΔιάλογος ber, die sich bei Justin Martyr findet, in den anonymen Dialogen Timothei etAquilae, De sacerdotio Christi sowie cum ludaeis, im ersten Fragment des Hieronymos vonJerusalem 592 und bei Andronikos Komnenos Dukas Palaiologos; sie meint stets das „Ge-spr ch", den Dialog im engeren Sinne und kaum je den Diskurs 593. Gennadios Scholarios hatden Terminus mit dem Wort Έλεγχος, „Widerlegung", kombiniert, eine recht seltene Vorge-hensweise, gen gte doch in aller Regel die Verwendung nur eines Begriffes zur Klassifizierungeines Werkes. Da es hierbei durchaus zu Auffassungsunterschieden kommen konnte, verdeut-licht das Beispiel des nur fragmentarisch berlieferten antij dischen Dialoges des Leontios vonNeapolis aus dem fr hen siebten Jahrhundert - die Ausz ge wurden vereinzelt als Διάλογοςbezeichnet, in den Konzilsakten von 787 dagegen genau wie bei Johannes Damaskenos alsΛόγος 594; dieses Wort mit seiner enormen Bedeutungsweite unterstreicht schon in der DrittenRede des dem vierten vorchristlichen Jahrhundert angeh renden Aischines das monologischeElement einer Darlegung 595, wird in der Ersten Apologie des Justin Martyr als „Diskurs"verstanden, bei Gregor von Nazianz einengend als „Predigt" 596 und ist im Falle des Leontiosvon Neapolis durch den Charakter der jeweiligen Fragmente bedingt. Gleichwohl findet es auchim Dialog des Pseudo-Athanasios von Alexandreia mit dem Juden Zacch us, bei NiketasStethatos, hier wiederum in der Kombination mit "Ελεγχος, bei Theophanes von Nikaia,Johannes VI. Kantakouzenos sowie bei Theodoros Agallianos Anwendung, eventuell in einerBetonung des jeweils dominierenden Gespr chsanteiles der christlichen Seite. Gegen ber dendrei Termini Διάλεξις, Διάλογος und Λόγος treten alle anderen Werkbezeichnungen in denHintergrund; vereinzelt begegnet der einfache Ausdruck Κατά ' ' Ιουδαίων oder Κατά ' Εβ-ραίων 59?, so in Teilen der Leontios- berlieferang, bei Stephanos von Bostra und MatthaiosBlastares. Die Worte'Εξήγησις, „Erkl rung", von klassisch έξηγεομαι „erkl ren, den Wegweisen", bei Pseudo-Anastasios von Antiocheia, Διδασκαλία, „Unterweisung", bei „Sargisvon Aberga" odeΓΆvτι oλή, schon im Altertum als „Diskussion" verstanden 598, in einer ano-nymen Abhandlung des siebten - achten Jahrhunderts stehen dagegen alleine und sind auf denspezifischen Romancharakter dieser Abhandlungen zur ckzuf hren.

591 Προς ' Ιουδαίων ό αυτός διαλέχθη, vgl. H.G. Liddell - R. Scott, A Greek - English Lexicon, 400f.592 Das zweite Fragment gebraucht die seltene Bezeichnung φιλοπονία, w rtlich „Flei ", die bei J.P. Migne als„commentario" wiedergegeben wird, PG XL, 859f.593 So bereits bei Platon, vgl. H.G. Liddell - R. Scott, A Greek - English Lexicon, 402.594 V. Deroche, L' Apologie contre les Juifs de LeOntios de Niapolis, TM Bd. XII (1994), 47.595 H.G. Liddell - R. Scott, A Greek - English Lexicon, 1057-1059, 1058, V.4.596 G.W.H. Lampe, A Patristic Greek Lexicon, 807 sub voce.597 Zu den Bezeichnungen f r die Juden, ό Ιουδαίος, ό Εβραίος und ό Ισραηλίτης, vgl. oben „14. Anasta-sios Sinaites".598 H.G. Liddell - R. Scott, A Greek - English Lexicon, 154 sub voce.

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