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Übersichten Trauma Berufskrankh 2016 · [Suppl 4]: 18:S346–S352 DOI 10.1007/s10039-016-0153-6 Online publiziert: 29. April 2016 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 M. Kalbitz · F. Gebhard Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Ulm, Ulm, Deutschland Distale Radiusfraktur Konservativ versus operativ Hintergrund Die distale Radiusfraktur ist mit bis zu 20 % die häufigste Fraktur des älteren Menschen, in Deutschland sind dies ins- gesamt über 100.000 Fälle pro Jahr. Bei der distalen Radiusfraktur gibt es 2 Al- tersgipfel, der eine liegt im jugendlichen Alter von ca. 9 bis 18 Jahren, der zweite liegt bei > 50 Jahren und betri 80 % der Frakturen. Es besteht eine steigen- de Inzidenz der distalen Radiusfraktur mit dem Alter [2]. Das Lebenszeitrisiko für das Auſtreten einer Radiusfraktur ist bei Frauen mit 15 % deutlich höher als bei Männern (2 %). Insgesamt handelt es sich um eine osteoporotische Indikator- fraktur. Es besteht eine Assoziation mit erniedrigter Knochendichte [3]. Je nach Frakturtyp sind ligamentäre Begleitver- letzungen zu erwarten [4, 5]. Ziele der Behandlung sind die Wieder- herstellung der Anatomie und das Wie- dererlangen einer guten Funktion. Die Frage, mit welcher erapie (operativ oder konservativ) dieses Ziel am bes- ten erreicht werden kann, wird kontro- vers diskutiert. Schon historische Berich- te zeigten, dass gute bis befriedigende Er- gebnisse trotz suboptimaler Reposition bei konservativer erapie beim älteren Menschen zu erzielen sind [6]. Ein syste- matischer Review von insgesamt 21 Stu- dien mit über 2000 Patienten erbrach- te, dass das funktionelle Ergebnis bei Patienten über 60 Jahre bei operativer und konservativer erapie vergleichbar war [1, 7, 8]. Das funktionelle Ergeb- nis wurde anhand des Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand Scores (DASH) ermittelt [9]. Hinsichtlich der Kompli- kationsrate zeigten sich jedoch deutli- che Unterschiede. Bei Patienten, die mit Gipsimmobilisation therapiert wurden, waren die wenigsten Komplikationen zu verzeichnen. Die palmare Plattenosteo- synthese war am häufigsten mit Kom- plikationen assoziiert. Darunter waren Schmerzen und Nervenläsionen sowie die Durchtrennung oder Adhäsion der M.-flexor- und M.-extensor-pollicis-lon- gus-Sehnen, gefolgt vom Karpaltunnel- syndrom am häufigsten [7]. Fragestellung Ziel dieses Beitrages ist es, die Vor- und Nachteile der operativen und konserva- tiven erapie aufzuzeigen. Außerdem sollen verschiedene klinische Beispiele herangezogen werden, um besondere Herausforderungen bei der operativen erapie zu verdeutlichen. Ergebnisse Klinischer Anspruch: anatomische Rekonstruktion Das Ziel der erapie der distalen Radi- usfraktur stellt die Wiederherstellung der radiokarpalen Gelenkfläche und die Ver- meidung von Komplikationen dar. Der physiologische Inklinationswinkel in der a.-p.-Ebene (. Abb. 1b) beträgt ca. 30°, der dorsopalmare Winkel in der seitli- chen Ebene (. Abb. 1a) beträgt ca. 10°. Die Länge der beiden Unterarmknochen ist variabel. Neben der Neutralstellung (. Abb. 1a), bei der Ulna und Radius dis- tal auf gleicher Ebene enden, gibt es eine Ulna-plus-und eine Ulna-minus-Varian- te mit jeweils zum distalen Radiusende verkürzter oder verlängerter Ulna. Bei der Beurteilung des erapieer- folges gelten eine radiale Kippung von 10°, eine palmare/dorsale Kippung von 5° sowie eine intraartikuläre Stufenbil- dung von höchstens 2 mm als tolerabel; außerdem wird eine achsgerechte Stel- lung des distalen Radius in allen Ebenen zur Metaphyse des Radius mit einer Tole- ranz von maximal 5 mm radialem Versatz toleriert. Eine Kongruenz des distalen Radioulnargelenkes mit einem Ulnavor- schub von < 4 mm soll wiederhergestellt werden [10]. Frakturklassifikation nach AO- Klassifikation Um eine optimale Behandlung der dis- talen Radiusfraktur in Abhängigkeit der Frakturmorphologie zu erzielen, ist eine einheitliche Klassifikation von entschei- dender Bedeutung. Im deutschsprachi- gen Raum hat sich die AO (Arbeits- gemeinschaſt für Osteosynthesefragen)- Klassifikationfürdie Einteilung derdista- Infobox 1 Indikation zur ope- rativen Therapie der distalen Radiusfraktur 4 Absolute Operationsindikation j Offene Frakturen j Irreponible Frakturen j Durchblutungsstörungen nach Reposition j Komplexe Begleitverletzungen der Handwurzel j Nervenverletzungen j Sekundäre Dislokation 4 Relative Operationsindikation j Beidseitige Frakturen j Mehrfachverletzte j Mehretagenverletzung S346 Trauma und Berufskrankheit Suppl 4 · 2016

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Übersichten

Trauma Berufskrankh 2016 · [Suppl 4]:18:S346–S352DOI 10.1007/s10039-016-0153-6Online publiziert: 29. April 2016© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

M. Kalbitz · F. GebhardKlinik für Unfall-, Hand-, Plastische undWiederherstellungschirurgie, UniversitätsklinikumUlm, Ulm,Deutschland

Distale RadiusfrakturKonservativ versus operativ

Hintergrund

Die distale Radiusfraktur ist mit bis zu20% die häufigste Fraktur des älterenMenschen, in Deutschland sind dies ins-gesamt über 100.000 Fälle pro Jahr. Beider distalen Radiusfraktur gibt es 2 Al-tersgipfel, der eine liegt im jugendlichenAlter von ca. 9 bis 18 Jahren, der zweiteliegt bei > 50 Jahren und betrifft 80%der Frakturen. Es besteht eine steigen-de Inzidenz der distalen Radiusfrakturmit dem Alter [2]. Das Lebenszeitrisikofür das Auftreten einer Radiusfraktur istbei Frauen mit 15% deutlich höher alsbei Männern (2 %). Insgesamt handelt essich um eine osteoporotische Indikator-fraktur. Es besteht eine Assoziation miterniedrigter Knochendichte [3]. Je nachFrakturtyp sind ligamentäre Begleitver-letzungen zu erwarten [4, 5].

ZielederBehandlungsinddieWieder-herstellung der Anatomie und das Wie-dererlangen einer guten Funktion. DieFrage, mit welcher Therapie (operativoder konservativ) dieses Ziel am bes-ten erreicht werden kann, wird kontro-vers diskutiert. Schonhistorische Berich-te zeigten, dass gute bis befriedigende Er-gebnisse trotz suboptimaler Repositionbei konservativer Therapie beim älterenMenschen zu erzielen sind [6]. Ein syste-matischer Review von insgesamt 21 Stu-dien mit über 2000 Patienten erbrach-te, dass das funktionelle Ergebnis beiPatienten über 60 Jahre bei operativerund konservativer Therapie vergleichbarwar [1, 7, 8]. Das funktionelle Ergeb-nis wurde anhand des Disabilities of theArm, Shoulder andHand Scores (DASH)ermittelt [9]. Hinsichtlich der Kompli-kationsrate zeigten sich jedoch deutli-

che Unterschiede. Bei Patienten, die mitGipsimmobilisation therapiert wurden,waren die wenigsten Komplikationen zuverzeichnen. Die palmare Plattenosteo-synthese war am häufigsten mit Kom-plikationen assoziiert. Darunter warenSchmerzen und Nervenläsionen sowiedie Durchtrennung oder Adhäsion derM.-flexor-undM.-extensor-pollicis-lon-gus-Sehnen, gefolgt vom Karpaltunnel-syndrom am häufigsten [7].

Fragestellung

Ziel dieses Beitrages ist es, die Vor- undNachteile der operativen und konserva-tiven Therapie aufzuzeigen. Außerdemsollen verschiedene klinische Beispieleherangezogen werden, um besondereHerausforderungen bei der operativenTherapie zu verdeutlichen.

Ergebnisse

Klinischer Anspruch: anatomischeRekonstruktion

Das Ziel der Therapie der distalen Radi-usfraktur stellt dieWiederherstellung derradiokarpalen Gelenkfläche und die Ver-meidung von Komplikationen dar. Derphysiologische Inklinationswinkel in dera.-p.-Ebene (. Abb. 1b) beträgt ca. 30°,der dorsopalmare Winkel in der seitli-chen Ebene (. Abb. 1a) beträgt ca. 10°.Die Länge der beiden Unterarmknochenist variabel. Neben der Neutralstellung(. Abb. 1a), bei der Ulna und Radius dis-tal auf gleicher Ebene enden, gibt es eineUlna-plus-undeineUlna-minus-Varian-te mit jeweils zum distalen Radiusendeverkürzter oder verlängerter Ulna.

Bei der Beurteilung des Therapieer-folges gelten eine radiale Kippung von10°, eine palmare/dorsale Kippung von5° sowie eine intraartikuläre Stufenbil-dung von höchstens 2 mm als tolerabel;außerdem wird eine achsgerechte Stel-lung des distalen Radius in allen EbenenzurMetaphyse desRadiusmit einerTole-ranzvonmaximal5mmradialemVersatztoleriert. Eine Kongruenz des distalenRadioulnargelenkes mit einem Ulnavor-schub von < 4 mm soll wiederhergestelltwerden [10].

Frakturklassifikation nach AO-Klassifikation

Um eine optimale Behandlung der dis-talen Radiusfraktur in Abhängigkeit derFrakturmorphologie zu erzielen, ist eineeinheitliche Klassifikation von entschei-dender Bedeutung. Im deutschsprachi-gen Raum hat sich die AO (Arbeits-gemeinschaft für Osteosynthesefragen)-KlassifikationfürdieEinteilungderdista-

Infobox 1 Indikation zur ope-rativen Therapie der distalenRadiusfraktur

4 Absolute OperationsindikationjOffene FrakturenjIrreponible FrakturenjDurchblutungsstörungen nachReposition

jKomplexe Begleitverletzungen derHandwurzel

jNervenverletzungenjSekundäre Dislokation

4 Relative OperationsindikationjBeidseitige FrakturenjMehrfachverletztejMehretagenverletzung

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Abb. 18 PhysiologischeWinkelamdistalenRadius.aA.-p.-Ansicht,b seitlich.Palmare Inklination (PI),Radiale Inklination (RI). (Mit freundl. GenehmigungDeutscher Ärzte-VerlagGmbH [1])

Abb. 28AO (Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese)-Klassifikation, Radius/Ulna, distal [27]

len Radiusfraktur nach der Frakturmor-phologie (. Abb. 2) durchgesetzt. Hier-mit wurden die Einteilungen nach Smith(1941) und Colles (1934), die besondersauf denUnfallmechanismus bezogenwa-ren, sowie die Einteilung nach Frykman[11],derzwischenintra-undextraartiku-lären Frakturen sowie derMitbeteiligungder Ulna unterschied, abgelöst. Die AO-Klassifikation unterteilt in:4 extraartikuläre A-Frakturen,4 partiell intraartikuläre B-Frakturen

und4 intraartikuläre/metaphysäre C-Frak-

turen.

Klinischer Anspruch: funktionellesErgebnis

Neben den Anforderungen an das post-operative Röntgenergebnis werden na-türlich auch Anforderungen an daspostoperative funktionelle Ergebnis ge-stellt. Eine schmerzfreie Beweglichkeitspielt insbesondere bei jungen Patienten– ebenso wie Bewegungsumfang undKraft – eine besondere Rolle. Außerdemhat die Vermeidung der postoperativenArthrose bei jungen, berufstätigen Pa-tienten eine herausragende Bedeutung.Bei älteren Patienten kommen sozio-ökonomische Aspekte zum Tragen. Eineeingeschränkt einsetzbare obere Extre-mität kann bei Älteren den Verlust derSelbstständigkeit bedeuten. Unabhän-gig vom Alter sollte eine schmerzfreieBeweglichkeit des Handgelenkes erzieltwerden.

Röntgendiagnostik

Bei Patienten mit klinischem Verdachtauf eineVerletzung imBereichdesHand-gelenkes wird zunächst eine konventio-nelle Röntgenaufnahme in a.-p. und seit-lichem Strahlengang angefertigt. Hier-bei lassen sich Abweichungen von ana-tomischen Winkeln (. Abb. 1) bestim-men. Außerdem können der Frakturtyp(. Abb. 2) und die Dislokation bestimmtwerden.

Bei eingeschränkter Beurteilbarkeithinsichtlich der Beteiligung der Ge-lenkflächen und der Handwurzelkno-chen im konventionellen Röntgenbild(. Abb. 3a, b) kann die Diagnostik mit-

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tels Computertomographie (CT) erwei-tert werden (. Abb. 3d, f). Anhand derCT-Bildgebung kann bei bestehenderOperationsindikation eine detailliertepräoperative Planung stattfinden. Eine3-dimensionaleDarstellung desHandge-lenkes aus dem CT-Datensatz erleichtertdie Beurteilung der Frakturmorphologiezusätzlich (. Abb. 3c).

Indikation zur operativen Therapie

Die Indikation zur operativen Therapiewird anhand der Instabilitätskriteri-en nach Jupiter und dem Ausmaß derGelenkbeteiligung (AO-Klassifikation)gestellt. Instabilität besteht danach beimVorliegen einer dorsalen Trümmerzone,einer Mehrfragmentfraktur, einer Fle-xionsfraktur, dem Verlust der radialenLänge von mehr als 2 mm, einer Dor-salabkippung von mehr als 20°, demAbriss des Processus styloideus ulnaesowie bei einer radioulnaren Instabilität[12]. Zur den radiologischen Zeichender Instabilität zählen darüber hinausnoch eine Änderung der radialen Inkli-nation von mehr als 5° sowie der Verlustder Palmarabkippung von 10°. Außer-dem besteht eine Operationsindikationbei offenen Frakturen, intraartikulären,irreponiblen und sekundär disloziertenFrakturen (. Infobox 1). Bei komplexenBegleitverletzungenderNervenoderGe-fäße sowie bei Durchblutungsstörungennach Reposition besteht ebenfalls eineOperationsindikation. Relative Operati-onsindikationen stellen die beidseitigeFraktur,Mehretagenverletzungen,Mehr-fachverletzte sowie operationspflichtigelokale Zusatzverletzungen dar [13].

Operationsverfahren: palmarePlattenosteosynthese

Bei der Plattenosteosynthese des dista-len Radius haben sich winkelstabile Im-plantate durchgesetzt [14]. Der palmareZugang wird nicht zuletzt wegen der we-sentlichen Vorteile der guten Weichteil-deckung mit geringerer Sehnenirritationund des geringeren operativen Traumasbevorzugt. Der operative Zugang erfolgthierbei nach Henry [15]. Dabei wird ra-dial der M.-flexor-carpi-radialis (FCR)-Sehne zugegangen, um den R. palma-

Zusammenfassung · Abstract

Trauma Berufskrankh 2016 · [Suppl 4]: 18:S346–S352 DOI 10.1007/s10039-016-0153-6© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

M. Kalbitz · F. Gebhard

Distale Radiusfraktur. Konservativ versus operativ

ZusammenfassungDie distale Radiusfraktur ist die häufigsteFraktur des älteren Patienten. In Abhängigkeitder Frakturmorphologie undder Komorbiditätbestehen verschiedene Therapieoptionen.Konservative und operative Therapiekonkurrieren hinsichtlich des anatomischenund funktionellen Ergebnisses. Bei derkonservativen Therapie handelt es sich umein bewährtes und komplikationsarmesVerfahren. Jedoch kann die geschlossene Re-position und Retention im Gips bei Frakturenmit Gelenkbeteiligung oder bei instabilenFrakturen nur begrenzt angewandt werden.Der Patientenkomfort ist bei 6-wöchigerGipsbehandlung der operativen Therapieunterlegen. Die winkelstabile palmarePlattenosteosynthese bietet die Möglichkeit

der anatomischen Rekonstruktion derradialen Gelenkfläche sowie einer frühzei-tigen physiotherapeutischen Behandlung.Auf der anderen Seite ist die operativeTherapie häufiger mit Komplikationen wieSehnenirritationen, Nervenkompression oderInfekten assoziiert. Zusammenfassend ist diepalmare winkelstabile Plattenosteosynthesedes distalen Radius bei Beachtung derFrakturmorphologie, der Kontraindikationenund der Komorbidität ein sicheres underprobtes Verfahren.

SchlüsselwörterKomorbidität · Gips · Plattenosteosynthese ·Physiotherapie · Komplikationen

Distal radius fractures. Conservative versus operative

AbstractDistal radius fractures are the most frequentfractures in elderly patients. Differenttreatment strategies are available for distalradius fractures depending on the fracturemorphology and patient comorbidities.Conservative and operative treatmentstrategies are in competition concerninganatomical and functional outcome.Conservative therapy is a well-provenprocedure associatedwith low complicationrates; however, closed repositioning andretention in a plaster cast have only a limiteduse for fractures with joint involvement orunstable fractures. A 6-week treatment in aplaster cast is inferior to operative treatmentwith respect to patient comfort. Angle stable

palmar locking plates provide the possibilityof anatomical reconstruction of the wristjoint combined with early physiotherapy.In contrast, operative treatment is morefrequently associated with complications,such as nerve compression, tenovaginitis andinfections. In summary, angle stable palmarlocking plates are a safe and well-establishedprocedure for distal radius fractures iffracture morphology, contraindications andcomorbidities are taken into account.

KeywordsComorbidities · Plaster cast · Bone plates ·Physiotherapy · Complications

ris des N. medianus zu schonen. DiePlattenlage darf die sog.Watershed-Linie(. Abb. 4) nicht überschreiten [16].

Hiermit wird eine Irritation der Beu-gesehnenamHandgelenkvermieden[17,18]. Weitere Komplikationen bei palma-rer Plattenosteosynthese stellen bei zulang gewählten Schrauben oder durchBohren das Eindringen in das Extenso-renkompartiment und bei zu distal plat-zierten Schrauben eine Penetration indas Radiokarpalgelenk dar [17]. Bei aus-geprägter Dorsalabkippung und dorsa-ler Trümmerzone (. Abb. 5a, b) ist nachgeschlossener Reposition die Retention

im Gips oft nicht möglich (. Abb. 5c, d).Durch volare winkelstabile Plattenosteo-synthese lässt sich hierbei ein sowohl ra-diologisch (. Abb. 5e, f) als auch funktio-nell gutes Ergebnis erzielen. Somit stelltdiese ein sicheres und effizientes Ver-fahren bei instabilen Frakturen und beiVerlust der palmaren Inklination dar [19,20].

Eine besondere Herausforderung beider operativen Therapie stellt die AO-Typ-C3-Fraktur dar. Diese zeichnet sichdurch eine mehrfragmentäre Situationder Gelenkfläche und der metaphysären

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Abb. 38AO-Typ-C3-Fraktur. Konventionelles Röntgena seitlich undb a.-p. c3-D-RekonstruktiondesHandgelenkes aus CT-Datensatz. CT desHandgelenkesd sagittal, e frontal und f transversal

Abb. 58 a Verkürzung im a.-p.-Röntgen, Repositionsversuch imGips undbAusgeprägteDorsalabkippung im seitlichenStrahlengang c a.-p. undd seitlich.e, fPostoperatives RöntgendesHandgelenkesmit Darstellungderpalmar liegendenwin-kelstabilen Platte und aufgerichteter Fraktur

Zone aus, was eine ausgeprägte Instabi-lität bedingt (. Abb. 6).

Eine weitere Herausforderung bei derpalmaren Plattenosteosynthese stellenosteoporotischeFrakturendar(. Abb.7).

Indikation zur Metallentfernungder palmaren Platte am Radius

Nach knöcherner Konsolidierung istin der Regel nach ca. 6 Monaten eineMetallentfernung der palmaren winkel-

stabilen Platte möglich. Irritation derBeugesehnen mit Tendovaginitis, Im-plantatversagen, sekundäre Dislokation,Pseudarthrose und die postoperativeInfektion stellen weitere Operationsin-dikationen dar [21]. Es konnte gezeigtwerden, dass bei symptomatischen Pa-tienten mit volar prominenter Platte inHöhe der Watershed-Linie eine elekti-ve Metallentfernung nach knöchernerKonsolidierung der Fraktur das Risi-ko einer Ruptur der Flexorensehnen

Abb. 48Watershed-Linie (Pfeil). Pronator Qua-dratus Linie (PQ), Flexor Tendon (FT ) = Beuge-sehne. (Mit freundl. GenehmigungWolters Klu-wer VerlagGmbHDeutschland [17])

minimiert [22]. Bei jungen Patienten,implantatassoziierten Beschwerden oderaufWunsch des Patienten kann eine vor-gezogeneMetallentfernung in Erwägunggezogen werden.

Konservative Therapie

Die konservativeTherapie besteht aus ge-schlossenerRepositionundRetention imGips (. Abb. 8).

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Übersichten

Abb. 68 aDistaleRadiusfrakturAO(Arbeitsgemeinschaft fürOsteosynthesefragen)-Typ-23-C3.bZweitzeitigeoperativeVer-sorgung, zunächstmit Fixateurexterne.c,dNachKonsolidierungderWeichteile palmarewinkelstabilePlattenosteosyntheseunter Belassung des Fixateur externe zur zusätzlichen Stabilisierung (c a.-p. undd seitliches Röntgenbild). e PostoperativeKontrolle der radialenGelenkflächemittels Computertomographie

Abb. 79Osteoporotischedistale Radiusfraktur AO-Typ-23-A3. A.-p.-Röntgena prä- und c postoperativ.Seitliches Röntgenbprä-undd postoperativ.Win-kelstabile Plattenosteosyn-these amdistalen Radiusund an der distalenUlna

Bei älteren Patienten erfolgt die Re-position vornehmlich durch den Aus-hang im „Mädchenfänger“, während beijüngeren Patienten ohne osteoporotischeTrümmerzone eine manuelle Repositi-on ggf. in Bruchspaltanästhesie erfor-derlich sein kann. Kann hierdurch keinzufriedenstellendes Repositionsergebniserreicht werden oder erweist sich Re-tention im Gips mit erneuter Fraktur-dislokation als unzureichend, stellt dasin der Regel ebenso eine Operations-indikation dar. Bei Osteoporose erhöhtsich die Gefahr einer sekundären Dis-lokation nach geschlossener Repositionund Gipsanlage auf 30–50% [23]. Wie-derholte Repositionsmanöver verbietensich im Hinblick auf Weichteilschädi-gungundaufgrunddesZusammenhangsmit der Entstehungdes komplexen regio-

nalen Schmerzsyndroms („complex re-gional pain syndrome“, CRPS).

Zunächst wird bis zum Abschwellender Weichteile eine Gipsschiene, die inAbhängigkeit vom Frakturtyp dorsaloder palmar angebracht wird, oder eingespaltener Gips angelegt. Nach Ab-schwellen der Weichteile kann dann aufeinen zirkulären Gips gewechselt wer-den. Engmaschige Röntgenkontrollenermöglichen ein frühzeitiges Erkenneneiner sekundären Dislokation [24].

Diskussion

In den letzten Jahren ist eine deutlicheZunahme der operativen Therapie zuverzeichnen, dennoch werden weiterhin70% der distalen Radiusfrakturen kon-servativ therapiert [25]. Ein Vorteil der

konservativen Therapie ist, dass sie ubi-quitär verfügbar ist. Sozioökonomischattraktiv sind die geringen Kosten unddie Möglichkeit einer ambulanten Be-handlung. Nachteilig sind der geringerePatientenkomfort aufgrund der Not-wendigkeit einer 6-wöchigen Gipsruhig-stellung, die im Vergleich zur operativenTherapie erhöhte Re-Dislokationsgefahrund die der Immobilisation der Ge-lenke im Gips geschuldete schlechtereGelenkfunktion bei Gipsabnahme durchKapselschrumpfung.

Demgegenüber bietet die operativeTherapie mittels einer palmaren win-kelstabilen Platte die Möglichkeit einerraschen Übungs- und Belastungssta-bilität. Nachteilig sind hier die zumTeil erforderliche stationäre Behand-lung und das Risiko operationsassozi-

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a b

Abb. 88 aGeschlosseneRepositionderdistalenRadiusfraktur imAushangmit „Mädchenfänger“undbRetention imgespal-tenenUnterarmgips

ierter Komplikationen. Außerdem istdas operative Verfahren insgesamt teu-rer – dies nicht zuletzt aufgrund dermöglichen Metallentfernung, die nacheiner 2013 publizierten Studie bei 34%durchgeführt wird [21]. Revisionsbe-dürftige Komplikationen wie Infekteoder Nervenkompression nach palma-rer winkelstabiler Plattenosteosynthesevon AO-Typ-C-Frakturen traten in einerMulticenterstudie („open reduction andinternal fixation versus casting for highlycomminuted intraarticular fractures ofthe distal radius“, ORCHID) nicht auf[26].

Fazit für die Praxis

4 Zusammenfassend stellt die palmarewinkelstabile Plattenosteosynthesebei distaler Radiusfraktur ein erprob-tes, erfolgreiches und komplikati-onsarmes Osteosyntheseverfahrendar.

4 Dies hat in den letzten Jahren zueiner großen Akzeptanz der Indikati-

onsstellung der operativen Therapieder distalen Radiusfraktur geführt.

4 Der Patient sollte allerdings prä-operativ über die Alternative deskonservativen Verfahrens aufgeklärtwerden.

Korrespondenzadresse

Dr. med. M. KalbitzKlinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wie-derherstellungschirurgie, UniversitätsklinikumUlmAlbert-Einstein-Allee 23, 89081 Ulm,[email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. M. Kalbitz und F. Gebhardgebenan, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Dieser Beitragbeinhaltet keine vondenAutorendurchgeführten Studien anMenschenoder Tieren.

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