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Sozioökonomischer Strukturwandel im historischen Kontext Vortrag im Rahmen des Seminars Einführung in die Sozialstrukturanalyse an der Universität Hildesheim (SS2009) Dr. Olaf Lobermeier

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Sozioökonomischer Strukturwandel im historischen

Kontext

Vortrag im Rahmen des Seminars Einführung in die Sozialstrukturanalyse an der Universität

Hildesheim (SS2009)Dr. Olaf Lobermeier

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Systeme sozialer Schichtung

• Warum sind bestimmte Gesellschaftsgruppen reicher und mächtiger als andere?

• Wie ungleich sind moderne Gesellschaften?• Wieviele Chancen hat jemand, der aus einem

bescheidenen Milieu kommt, in das wirtschaftliche Spitzenfeld vorzudringen?

• Warum gibt es in den wohlhabenden Ländern heute noch immer Armut?

• Die Analyse der sozialen Ungleichheiten ist eine der wichtigsten Aufgaben der Soziologie, weil die materiellen Ressourcen, zu denen Menschen Zugang haben, ihr Leben und Zusammenleben beeinflussen

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Systeme sozialer Schichtung

• Sklaverei

• Das Kastenwesen

• Stände

• Klassen

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Sklaverei

• Extreme Form der Ungleichheit, bei der bestimmte Individuen im Eigentum anderer Menschen stehen

• Die Systeme der Sklavenzwangsarbeit haben sich immer wieder als instabil erwiesen, denn hohe Produktivität kann nur durch ständige Überwachung und brutale Strafen erreicht werden

• Systeme, die auf Sklavenarbeit beruhen, brechen einerseits wegen der Konflikte, die sie hervorrufen, auseinander, und andererseits, weil wirtschaftliche oder andere Anreize wirksamer motivieren als direkter Zwang

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Das Kastenwesen

• Kaste bedeutet „reine Rasse“• Das varna besteht aus vier verschiedenen

Rängen sozialer Ehre; sozial nachgeordnet sind die „Unberührbaren“

• Jene, die dem höchsten varna angehören, die Brahmanen, stehen im höchsten Grad der Reinheit, die Unberührbaren im niedersten

• Man glaubt, dass Individuen, die nicht an den Riten und Pflichten ihrer Kaste festhalten, bei ihrer nächsten Inkarnation in einer niedrigern Stellung wiedergeboren werden

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Stände

• Stände haben sich überall dort ausgebildet, wo es eine auf der adeligen Abstammung beruhende traditionelle Aristokratie gab.

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Ständegesellschaft in Westeuropa

• Es dominieren Familien-, Herkunfts- und Gruppenbindungen

• Das Individuum ist durch seine Stellung in einer Hierarchieordnung definiert

• Die unmittelbare Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft bietet einen Schutz, der von der Stärke dieser Gemeinschaftsbindungen abhängt

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Vorindustrielle Gesellschaften

• Bäuerliche Gemeinschaften, aber auch städtische Berufskörperschaften (Gilden, Zünfte, Genossenschaften) sind solide Systeme die Zwang und Schutz zugleich bedeuten

• Sie garantieren ihren Mitgliedern durch engmaschige Netze Sicherheit um den Preis der Abhängigkeit von der Gruppe

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Outlaws/Landstreicher

• Landstreicher gelten als bindungslose Individuen, die weder einen festen Wohnsitz haben noch einer geregelten Arbeit nachgehen.

• Das „Landstreicherproblem“ war die große soziale Frage dieser Gesellschaften.

• Sie löste unzählige, vor allem repressive Maßnahmen aus, mit denen man – allerdings vergeblich – versuchte, die Gefahr der inneren Subversion und die Bedrohung der alltäglichen Sicherheit auszurotten.

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Individuen ohne Bindung

• Robert Castel: „Wollte man eine Geschichte der Unsicherheit und ihrer Bekämpfung in den vorindustriellen Gesellschaften schreiben, würden der Landstreicher, der stets als potentiell bedrohlich betrachtet wurde, und seine offen gefährlichen Varianten in Gestalt des Räubers, Banditen und outlaws die Hauptrolle spielen. Bei all diesen Figuren handelt es sich um Individuen ohne Bindungen, die die Gefahr physischer Aggression und sozialer Ablösung verkörpern, weil sie außerhalb eines Systems kollektiver Regelungen existieren und agieren.“

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Von der Stände- zur Klassengesellschaft(Lorenz von Stein, Karl Marx, Max Weber)

• Umschichtungen in der Sozialstruktur des 19. Jh.)

• Stände sind relativ scharf umrissene, durch Tradition, Sitte und Recht festgelegte Gruppierungen

• Standeszugehörigkeit wird durch Geburt (selten durch Verdienst) erworben und ist mit bestimmten Verpflichtungen, Privilegien oder Benachteiligungen verbunden, die die gesamte Lebensführung umgreifen

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Ständegesellschaft im 18. Jh.in Europa

• Adel

• Geistlichkeit

• Bürger

• Bauern

• Unterbäuerliche bzw. unterbürgerliche Schichten (Arme, Nichtsesshafte, Juden)

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Auflösung der Ständeordnung zu Beginn des 19. Jh.

• Ständische Korporationen verloren an Gewicht• Privilegien der Zünfte und Gilden wurde

gebrochen• Auf dem Land verschwanden die feudalen

Abhängigkeiten• Im Zuge der Durchsetzung der kapitalistischen

Produktionsweise verlor die grundlegende Unterscheidung von städtisch-bürgerlicher und ländlich-bäuerlicher Bevölkerung an Bedeutung

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Entwicklungslinien der Klassengesellschaft

• Die Zugehörigkeit zu Klassen und die Stellung einer Klasse in der Sozialstruktur sind in erster Linie von ökonomischen Faktoren abhängig: von der Stellung im Produktionsprozess, von Besitz und Einkommen.

• Wir können eine Klasse als eine große Gruppe von Personen bezeichnen, die über gleiche wirtschaftliche Ressourcen verfügen, wodurch ihre Lebensweise nachhaltig geprägt ist. (Giddens)

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Klassengesellschaft im 18. Jahrhundert

• Grundbesitzender Adel • Kapitalbesitzendes Großbürgertum

(Großindustrielle und Großbankiers)• Akademisches Bildungsbürgertum• Wohlhabendes Besitzbürgertum• Handwerker, Händler, Bauern („alte

Mittelstände“)• „Neuer Mittelstand“ (Angestellte, kleine und

mittlere Beamte• Verarmte Unterschicht (Industriearbeiter)

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Das Großbürgertum (Bourgeoisie)(Oberschicht)

• Das Großbürgertum kann als „Modernisierungsklasse beschrieben werden, weil sie den Prozess der konsequenten Durchsetzung der Industrialisierung stark vorangetrieben hat.

• Für ihre Söhne strebten sie „adlige“ Verwaltungs- und Offizierskarrieren an und suchten durch Heiratsverbindungen die verwandschaftliche Verschmelzung mit dem Adel.

• Gemeinsam mit dem Adel trat das Großbürgertum für eine Abwehr der Ansprüche der neuen Unterschichten ein.

• Historische Rolle ist eher konservativ bei gleichzeitigem Streben nach Staatsnähe.

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Das Bildungsbürgertum (Oberschicht)

• Ca. 6% der 65 Mio Reichsdeutschen verfügte über akademische Ausbildungen (Hochschulexpansion)

• Höhere Beamte, Geistliche, Freie Berufe (Ärzte, Anwälte, Apotheker) – später auch Manager, Ingenieure und Naturwissenschaftler

• Träger liberaler Ideen

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Unternehmer, Kaufleute, Handwerker (Mittelstand)

• Von der Industrialisierung profitierende Besitzbürger müssen von den ärmeren Kleinbürgern (kleine Handwerker, Händler und Bauern) unterschieden werden.

• Marx/Engels prophezeiten diesen „Mittelständen“ eine proletarische Zukunft.

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Bäuerliche Mittelstände

• Nach der „Bauernbefreiung“ entwickelte sich eine Schicht selbstständiger und ökonomisch stabiler Bauern; etliche mussten aber ihre Höfe wegen Überschuldung aufgeben.

• Starke Zunahme „unterbäuerlicher“ Kleinstellen, die kaum lebensfähig waren („Kümmerexistenzen“).

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Mittelständische Handwerker

• Mit Aufhebung der Zunftbindungen setzten Verelendungstendenzen ein, da Zulassungsbeschränkungen wegfielen und viele Branchen überbesetzt wurden.

• Die Industrialisierung verschärfte die Situation, weil viele Produkte schneller, billiger und präziser hergestellt werden konnten.

• Berufsgruppen wie Weber, Schneider, Schuhmacher, Schreiner wurden verdrängt.

• Andere Gruppen profitierten wie das Baugewerbe, Bäcker, Metzger.

• Neue Berufe entstanden: Landmaschinenmechaniker, Elektriker, Installateure, Kfz-Schlosser.

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Angestellte (Mittelstand))• Kaufmännische Angestellte in Handelshäusern,

Warenhäusern und Banken• Techniker, Werkmeister und Verwaltungsangestellte in der

Industrie• Arbeitsplätze waren sicherer, Arbeitsbedingungen besser,

besser qualifiziert, höhere Einkommen, bessere Aufstiegschancen als Arbeiter

• Abgrenzung vom Proletariat• Waren bestrebt, ihren Kindern durch Bildung den Aufstieg ins

Bürgertum zu ermöglichen• Einkommensverhältnisse und Arbeitsbedingungen nähern

sich denen der Arbeiter zum Ende des 19. Jhdt. an, nicht aber die Mentalitäten (Diskrepanz zwischen objektiver Klassenlage und Selbstverständnis)

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Unterschichten

• Gemeinsam war allen „Proletariern“, dass sie über kein Eigentum verfügten.

• Das Proletariat setzte sich aus verschiedensten Lebensbedingungen und Mentalitäten zusammen: Landarbeiter, Fabrikarbeiter, Gesinde auf Bauernhöfen, Dienstpersonal der feinen Bürgerhäuser, Handwerksgesellen, Heimarbeiter, Tagelöhner auf dem Bau und Gelegenheitsarbeiter, Vagabunden, Asylbewerber und Prostituierte

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Entstehung der Industriearbeiterschaft: Verelendung, Entfremdung, Ausbeutung

• 1860 arbeiteten nur 7% der preußischen Erwerbstätigen in Industrie und Bergbau

• Zwischen 1882 und 1907 verdoppelte sich die Zahl der Arbeiter in Industrie und Gewerbe auf 8,6 Mio und bildete im Jahr 1907 22% der deutschen Erwerbstätigen.

• Harte Arbeits- und Lebensbedingungen: laute Fabrikhallen mit kasernenmäßiger Disziplin, niedrige Löhne, 13 und mehr Arbeitsstunden pro Tag, schlecht bezahlte Frauen- und Kinderarbeit, enge und überbelegte Wohnungen in schmutzigen Mietskasernen.

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Die Theorie von Karl Marx

• Marx versteht unter Klasse eine Gruppe von Menschen, die zu den Produktionsmitteln – den Mitteln, mit denen sie ihren Lebensunterhalt verdienen – eine gemeinsame Beziehung haben.

• 2 Klassen: Diejenigen, die über die Produktionsmittel verfügen (Kapitalisten) und diejenigen, die durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft ihren Lebensunterhalt verdienen (Arbeiterklasse).

• Das Verhältnis zwischen den Klassen ist eines der Ausbeutung.

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Produktion von Mehrwert

• Im Laufe eines Arbeitstages produzieren Arbeiter mehr, als die Arbeitgeber für ihr Entgelt aufwenden.

• Dieser Mehrwert ist die Quelle des Profits, den Kapitalisten für ihre eigenen Zwecke nützen können.

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Komplexität des Klassensystems

• Obwohl es nach Marx zwei große Klassen gibt, erkennt er an, dass wirkliche Klassensysteme weitaus komplexer sind:– Konflikte in der Oberschicht zwischen Bankiers und

Industriellen– Interessenkonflikte zwischen Kleinunternehmern und

solchen, die große Firmen besitzen– In der Arbeiterklasse sind die Bedingungen

Langzeitarbeitsloser schlechter als die der Mehrheit der Arbeiter

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Schichtungstheorie nach Max Weber

• Nach Weber sind die Klassenunterschiede nicht nur in der Kontrolle bzw. der mangelnden Verfügbarkeit über die Produktionsmittel begründet, sondern auch in Unterschieden, die sich nicht direkt aus den ökonomischen Verhältnissen herleiten (Qualifikationen, akademische Titel, Fertigkeiten).

• Unterschiede zwischen sozialen Gruppen liegen auch im Status (Ansehen) begründet.

• Privilegierte Statusgruppen sind Gruppen von Menschen, deren Prestige innerhalb einer bestehenden sozialen Ordnung hoch ist.

• Während die Klasse objektiv gegeben ist, richtet sich der Status nach der subjektiven Bewertung der sozialen Unterschiede.

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Verbesserung von Lebensbedingungen

• Verdopplung der Reallöhne• Verringerung der durchschnittlichen Arbeitszeit• Arbeitslosenquote von unter 3%• Milderung der Not durch Bismarcksche

Sozialgesetze, Gewerkschaften und Vereine• Produktionssteigerung in der Landwirtschaft und

Verminderung von Hungersnöten

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Kontinuität sozialer Ungleichheit

• Obwohl es den Deutschen in Folge der Industrialisierung im Kaiserreich besser ging, nahm die gravierende Ungleichheit der Lebenschancen weiter zu.

• Der Abstand zwischen Ober- und Unterschicht nahmen vergrößerte sich, die Verteilungsunterschiede nahmen zu.

• Aber auch innerhalb der Arbeiterschaft gab es erhebliche soziale Unterschiede – Eine sozial homogene Arbeiterklasse mit gleichgerichteten Interessen entstand nicht.

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Wachstum, Mobilität, Verstädterung

• Die Industrialisierung im 19. Jahrhundert war vom größten Bevölkerungswachstum in der deutschen Geschichte begleitet.

• Auf dem gebiet des Deutschen Reiches gab es zwischen 1816 und 1850 eine Bevölkerungszunahme um 40% von 24,8 Mio auf 35,5 Mio; 1910 waren es 65 Mio.

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Wachstum, Mobilität, Verstädterung

• Das Landvolk wurde zum Stadtvolk: Die ländlich-dörfliche Gesellschaft veränderte sich nach und nach in eine städtische Industriegesellschaft

• Städte galten zu dieser Zeit als „Treibhäuser einer krassen sozialen Ungleichheit“ (Wehler 1995)

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Wandel im Bildungssystem

• Das Bildungsniveau steigt im Laufe des 19. Jahrhunderts an: Die Masse der Bevölkerung kam in den Genuss einer elementaren Grundausbildung und die kleine Minderheit mit höheren Bildungsabschlüssen wurde etwas umfangreicher.

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Wandel im Bildungswesen

• Das System der Bildungseinrichtungen wurde differenzierter (Ausbau des Volksschulwesens).

• Seit den 1880er Jahren lag der Schulbesuch faktisch bei 100%.

• Ende des 19. Jahrhunderts etablierten sich zwischen den Volksschulen und den Gymnasien die Mittelschulen (1911:3,5%).

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Wandel im Bildungswesen

• Der großen Masse der Bevölkerung mit elementarer Volksbildung steht eine kleine Bildungselite gegenüber, die 1911 nur etwa 3% der Bevölkerung umfasste.

• Aus der Arbeiterschaft stammten ca. 3% der Studierenden.

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Literatur• Castel, Robert (2005): Die Stärkung des Sozialen. Leben

im neuen Wohlfahrtsstaat. Hamburger Edition HIS Verlag: Hamburg.

• Geißler, Rainer (2008): Die Sozialstruktur Deutschlands. Zur gesellschaftlichen Entwicklung mit einer Bilanz zur Vereinigung. 5., durchgesehene Aufl. VS-Verlag: Wiesbaden.

• Giddens, Anthony (1999): Soziologie. 2. überarbeitete Aufl. Nausner & Nausner: Graz-Wien.

• Marx, Karl: Ökonomisch-philosophische Manuskripte. Zitiert nach: Fromm, Erich (1977): Das Menschenbild bei Marx. 7.unveränd. Aufl. Europäische Verlagsanstalt: Frankfurt/Main

• Weber, Max (1988): Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie I. Mohr: Tübingen.