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AetlLylglycolamid, Aethylylycocoll, Aethoxacetamid. 21 Drei neue absolnt isomere Horper, das Aethyl- glycolamid, AethylglycocolI und Aethoxacetamid; yon W. Heintz"). Das Interesse, welches die Lehre von der absoluten Isomerie namentlich in ihrem Zusammenhange mit der von der chemischen Structur in neuester Zeit erlangt hat, gab mir Veranlassung, zu versuchen, neben die schon fruher gegebenen Beispiele von zweifacher absoluter Isome- rie, wie Glycocoll und Qlycolamid, Diglycolamidsaure und Diglycolaminsiiure, Aethoxacetsaureamyliither und Amox- acetsaureathyliither u. s. w., ein neues dreifacher absoluter' Isomerie zu stellen. Dies ist mir in der That ge- Der mich leitende Gedankengsng war der, dass, wie aus Glycolsaureather durch Ammoniak Glycolamid, so durch Aethylamin Aethylglycolamid entstehen musse, dass ferner wie aus Ammoniak und Monochloressigsaure Gly- coco11, so durch Einwirkung von Aethylamin auf dieselbe Siiure Aethylglycocoll musse ereeugt werden konnen, und dass endlich der Aether der Aethoxacetsiiure durch Am. moniak in Aethoxacetamid iibergehen miisse, drei Korper, welche sainmtlich bis dahin noch niaht bekannt waren, und welche nach meiner siuh auf die Lehre von der chemischeu Structur stiitzenden Neinung verschiedene Eigenschaften haben miissen, obgleich sie gleich eusam- mengesetzt sind, und zwar nicht nur dieselbe Atomenzahl der Elemente, sondern auch dieselben Radicale in der- selben Amah1 enthalten. Die Gleichungen, welche die Bildung dieser drei Korper ausdrucken, sind niimlich folgende (wobei H = 1, C = 12, 0 = 16 angenommen wurden): gliickt. *) Im Separatabdruck aus den Ann. der Ctem. u. Phsrm. 129. Bd. eingesanclt. D. R.

Drei neue absolut isomere Körper, das Aethylglycolamid, Aethylglycocoll und Aethoxacetamid

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AetlLylglycolamid, Aethylylycocoll, Aethoxacetamid. 21

Drei neue absolnt isomere Horper, das Aethyl- glycolamid, AethylglycocolI und Aethoxacetamid;

yon

W. H e i n t z " ) .

Das Interesse, welches die Lehre von der absoluten Isomerie namentlich in ihrem Zusammenhange mit der von der chemischen Structur in neuester Zeit erlangt hat, gab mir Veranlassung, zu versuchen, neben die schon fruher gegebenen Beispiele von zweifacher absoluter Isome- rie, wie Glycocoll und Qlycolamid, Diglycolamidsaure und Diglycolaminsiiure, Aethoxacetsaureamyliither und Amox- acetsaureathyliither u. s. w., ein neues dreifacher absoluter' Isomerie zu stellen. Dies ist mir in der That ge-

Der mich leitende Gedankengsng war der, dass, wie aus Glycolsaureather durch Ammoniak Glycolamid, so durch Aethylamin Aethylglycolamid entstehen musse, dass ferner wie aus Ammoniak und Monochloressigsaure Gly- coco11, so durch Einwirkung von Aethylamin auf dieselbe Siiure Aethylglycocoll musse ereeugt werden konnen, und dass endlich der Aether der Aethoxacetsiiure durch Am. moniak in Aethoxacetamid iibergehen miisse, drei Korper, welche sainmtlich bis dahin noch niaht bekannt waren, und welche nach meiner siuh auf die Lehre von der chemischeu Structur stiitzenden Neinung verschiedene Eigenschaften haben miissen, obgleich sie gleich eusam- mengesetzt sind, und zwar nicht nur dieselbe Atomenzahl der Elemente, sondern auch dieselben Radicale in der- selben Amah1 enthalten.

Die Gleichungen, welche die Bildung dieser drei Korper ausdrucken, sind niimlich folgende (wobei H = 1, C = 12, 0 = 16 angenommen wurden):

gliickt.

*) Im Separatabdruck aus den Ann. der Ctem. u. Phsrm. 129. Bd. eingesanclt. D. R.

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22 Heintz,

CO CH2, I C2H5 \CH2t0 co I C2H5I0 H io9"O+N\H = N H i ! + H

C"4 ( H / ~ ~ € 1 5 H

GlycolAxe- + Aethylaniiu = Aethylglycol- + Alkohol. iither. amid.

CH2 GW i C 0

CO I 11. CH2/ \

C l \ O ( ; + 2 N l H = N H \ +N(CzH5,133( HI €1 C2H5 CI \

H Mouochloressig- f Aethyl- = Aethylglycocoll + ChlorPthyl-

s5iure. amin. ammonium.

Aetlioxacetsaurer + Ammoniak = Aetloxacet- + Alkohol. Aether. amid.

Aus den Formeln wird ersichtlich, dass die drei neuen Korper wirklich eine gleiche Anzahl derselben Ra- dicale enthalten, namlich diese drei CO, CH2, CzH5 und zwar von jedern nur ein Atom.

Ausser der erwahnten ersten Veranlassung eu dieser Untersuchung fuhrten mich dazu noch andere untergeord- nete Grunde:

Das Aethylglycocoll hat das Interesse, dass es niit dern Sarkosin homolog ist, welches vor Kureem von Vol- h a r d *) aus Monochloressigsiiure und Methylamin kiinst- lich dargestellt worden ist und das daher eigentlich Me- thylglycocoll heissen muss. Es schien mir nicht unwich- tig, die Eigenschaften dieses Korpers n i t denen des Sarkosins einerseits und des Glycocolls andererseits zu vergleichen, welche drei Korper homolog sind.

Ich hoffte ferner neben dem Aethylglycocoll eine Aethyldiglycdamidsaure bei dieser Umsetzung als h'eben- product zu erhalten.

*) Annal. der Chetn. u. Pharm. CXXIII. 261".

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Aethylglycolantid, Aethylglycocoll, Aetliomcetanlid. 23

Ausserdern glaubte ich, falls sich die Vermuthung der Existena eines Aethoxacetamids bestatigte, eben darin einen weiteren Grund fur die Richtigkeit meiner schon friiher geausserten Ansicht zu finden, dass die Oxacet- sauren init den Aethersauren nicht in eine Qrnppe ge- bi-acht werden diirfen.

I . Aethylglycolantid. Von den drei Sier in Frage komrnenden Korpern

ist das Aethylglycolamid am schwersten rein darzustellen, es sei denn, dass man chemisch reinen Glycolsiiureiither und chemisch reines Aethylamin zu den1 Versuch ver- wendet.

Letzteres erhielt ieh aus Diiithyloxamid, das bei der Trennung der aus Salpetersaureather erzeugten drei Aethylamine mittelst Oxalsaureiither gewonnen wor- den war (s. Ann. d. Chem. u. Pharm. C'XXVII. 43). Erste ren stellte ich nach der friiher von inir beschriebenen Methode *) aus Monochloreasigsiiureiitlier und glycolsau- rein Natron dar.

Lbst man eine alkoholische Losung von Aethylamin auf Glycolsaureiither einwirken, so zersetzt sich dieser schon in der Kalte leicht und die Losung enthalt d a m das Aethylglycolamid. Lasst man dieselbe iiber Schwefel- saure verdunsten, so bleibt eine syrupartige Substanz zuruok, welche ich auf keine Weise zur Krystallisation zu bringen vermochte. In Wasser und Alkohol lost sich riamlich das Aethylglycolamid in jedem VerhaLtniss auf und bei Verdunstung des Losungsniittels bleibt es stets als Syrup zuruck. Schiittelt man aber das moglichst was- serfreie Aethylglycolamid mit Aether, so vermehrt sich das Volutn des ersteren etwa auf das Doppelte, wahrend auch ein Theil desselben in die Aetherlosung iibergeht.

Die nicht vollstandige Loslichkeit dieses Korpers in Aether wollte ich zu seiner Reinigung von etwa noch

**) Poggelld. Annalen, CXIV. 447*.

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24 Heintz,

vorhandenem Glycolsaureather benutzen. Allein seine Losung in dem gleichen Volum absoluten Alkohols triibte sich erst ncich Zusatz yon ausserordentlich vie1 Aether, und der dabei entstehende syrupartige Niederschlag war doch nur sehr gering.

Da nun ein Versuch gelehrt hatte, dass schon bei 1600 C. das Aethylglycolarnid ziemlich lebhaft, wenn auch ohne Kochen verdunstet, so unterwarf ich es der Destil- lation. Es kochte bei 266OC., zulotzt stieg jedoch der Kochpunct his 275oC. - Auch farbte sich die Flussig- keit dabei roth. Dennoch bestand sie auB fast ganz rei- nem Aethylglycolamid, denn beim Kochen derselben init Barythydrat entwickelte sich reichlich Aethylamin und im Ruckstande blieb glycolsanrer Bnryt, der leicht dureh aehwefelsaures Kupferoxyd in das schwerlosliche, in klei- nen blauen Krystallen krystallisirende glgcolsaure Kupfer- oxyd umgewandelt werden konnte.

Die mit jenem Destillat ausgefuhrte Eiementaranalyse lieferte freilich Zahlen, welche nicht mit den nach der empirischen Formel C4HgX02 berechneten ubereinstimmen.

Es wurden namlich erhalten: gefunden berecbnet

Kohlenstoff. . . . . . . 43,61 46,60 4 c' Wasserstoff. . . . . . . . 8,% 8,74 9 H Stickst off. . . . . . . . . . - 13,59 1 N Sauerstoff . . . . . . . . . -- 31,07 2 0

100,oo. Dies Resultat liess vermuthen, das Aethylglycolamid

habe bei der Destillation und wahrend des Aufbewahrens bis zur Analyse Gelegenheit gefunden, Wasser anzuzie- hen. Denn die Annahme, es sei glycolsaures Aethylamin, ist nicht haltbar, weil dieses nur 39,67 Proc. Kohle und dagegen 9,1 Proc. Wasserstoff enthalt.

Deshalb ward bei einem folgenden Versuche die Sub- stanz anhaltend bei 1200 C. im Luftstrome erbitzt. Das Resultat der Analyse war nun ein gunstiges. ZurStick- stoffbestirnmung musste aber wegen der leichten Zer-

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AethylgEpcoZamid, Aethylylycocoll, dethoxacetaniid. 25

setzbarkeit der Substanz durch Basen die Methode be- nutzt werden, welche ich *) schon friiher zur Analysc der Diglycolaminsaure und ihres Barytsalzes angewendet habe. In diesem Falle aber konnte der Stickstoff nicbt durch die Wlignng des aus dem Ammoniumylatinchlorid abge- schiedenen Platins bestimmt werden, weil sich beim Ein- dampfen des Aethylglycolamids mit Barythydratlosung nicht Ammoniak, sondern Aethylamin bildet. Ich mnsste zur Titrirmethode meine Zuflucht nehmcn. Aber auch bei Anwendung dieser Methode erhielt ich nicht die der Formel entsprechenden Zahlen. Da jedoch bei zwei Ver- suchen sehr rnerklich verschiedene Resultate gefunden wurden, so folgt daraus, dass der Grund dafur in der Methode selbst gesucht werden muss. Es ist m i r bis jetzt nicht gelungen, die Fehlerquelle bei derselben auf- zufinden. Eine Bestatigung aber der fiir das Aethylgly- colamid aufgestellten Formel ist in einer Bestimmiing des aus demselben erzeugten glycolsauren Baryts zu findeo.

0 ,2120 Grm. der getrockneten Substanz lieferten 0,3597 Urm. Kohlenehre und 0,1677 Grm. Wasser.

Kohlenstoff.. . 46,27 46,60 4 c Wasscrstoff. . . 8,79 8,74 9 H Stickstoff., . . . - 13,59 1 N Sauerstoff . . . . - 31,07 2 0.

0 ,7724 Grm. derselben gaben mit iiberschiissigem Aetz- baryt zur Trockne gebracht, nach Entfernung die- ses Tleberschusses durch Kohlensaure 1,0700 Grm. wasserfreien glycolsauren Baryts. Der Rechnung nach miissten 1,0761 Grm. erhalten wordcn sein.

Das Aethylglycolamid ist eine syrupartige, urn 250oC'. kochende Substanz, welche durch Basen in Aethylamin iind glycolsaures Salz iibergeht. Dies geschieht schon in der Kalte beim Zusatz selbst verdiinnter Kalihydratliisung. Durch Kochen mit Wasser wird es jedoch nicht zersetzt,

gefuuden berechnet

*) Annsl. der Chem. u. Pbwm. CXXVIII. 143*.

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26 Hein te,

denn versetzt man eine gekochte wlsserige Losung lnit schwefelsaurem Kupfcroxyd und lasst sie verdunsten, SO

bilden sich keine Krystallchen yon glycolsaurem Kupfer- oxyd. Hat inan dagegen das Aethylglycolaniid mit Baryt- hydrat gekocht und die neutrale Losung durcli schwefel- saures Kupferoxyd zerlegt, so setzt die filtrirte Lbsung glycoleaures Kupferoxyd ab.

Durch Sauren wird es vie1 wcniger leicht zersetzt, als durch Hasen, vielmelir gelit es damit Verbindungen ein. Bis jetzt habe ich ~ i u r sein Verhalten zur Salzsiiure etwas nalier untersuclit.

Wird Aethylglycolamid init Salzsaure in1 Wasserbnde nbgedanipft, so bleibt eine Chlor enthaltende syrupartige RIasse, die mit kohlensaurem Natron gesiittigt und init schwefelsaurem Kupferoxyd veraetzt, selbst bei der lang- samsten Verdunstung bis zur Trockne kein glycolsaures Kupfcroxyd absetzt. Die Salzslurc ist also ohne zer- setzende Wirkung auf diesen Korper, vielmehr verbindet sie sich init demselben zu einer freilieh nur syrupartigen Masse. Ich habe friiher *) nachgewiesen, dass auch sclion das Ulyco!amid mit Salzsaure eine Verbindung eingeht, die aber durch Wasser zersetzt wird. Das Eintreten von Aetliyl an Stelle des einen Wasserstoffatonis des Glycol- aniids Lewirkt also die Bildung cines basischeren, in sei- nen Verbindungen mit Sauren etwas bcstandigeren Kor- pers, des Aetliylglycolamids.

Kocht inan Aetliylglycolaniid einige Zeit niit M'asser rind Kupferosydhydrat, so Iost sich zwar eine kleinc Menge des letzteren auf, indcni sich die Losung blass- blau fiirbt, aber gleichzeitig entwickeln sich ammonia- kalisclie Dainpfe, welche noch nach den1 Erkalteti cter Flussigkeit durch einen init Salzsiinre benetzten Glasstab leicht nachgewiesen werden konnen. Die Blaufiirbung der Flussigkeit erklart sich also durcli die Bildung von glycolsaurem Kupferoxyd. Das Aethylglycolaniid bildet

~

*) Aniial. der Ctlern. u. Pharm. CSXIII. 320".

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Aethylglycolaniid, Aethylglycocoll, -4ethoxacetaniid. 27

keine Verbindung mit dem Kupferoxyd, gleicht daher hierin vollkommen dem Glycolamid.

Aethylglycocoll (Aethylglycolaniidsazire). Dieser Korper entsteht durch Einwirkung von Aethyl-

aniin auf Monochloressigsaure. Zur Darstellung des erste- ren in reinem Zustande bediente ich mich diesmal der von W u r t z angegebenen Methode. Zu dem Ende unter- warf icli das durch Schmelzen von Cyankalium mit Men- nige erhaltene rohe cyansaure Kali in inniger Mischung niit Kthylschwefelsaurem Kali der Destillation. Das De- stillat ward niit Wasser geschiittelt und der Destillation unterworfen, wobei eine nicht unbedeutende Menge Cyan- athyl gewonncn wurde. I m Riickstande blieb etwas Cyan- slureather, der von der Fliissigkcit geschieden wurde. Letztere ward dann niit Natronhydrat gekocht und die entweichenden Dampfe in verdunnte Salzsaure geleitet. Hierbei saminelte sich auf der OberfIlche der Natron- lauge ein iiliger Korper an, der beim Erkalten erstarrte und ails Diathylcyanursaure bestand, welche in reich- licher Menge erhalten wurde.

Die Salzsaurelosung enthielt ausser Aethylan~rnonium- chlorid nuch reichliche Mengen Ammoniumchlorid, wel- ches durch absoluten Alkohol von jenem geschieden wurde. Das so gewonnene Aethylarnmoniumchlorid glaubte ich zunachst nach der von H of niann *) angegebenen und von niir**) verbesserten Methode auf eine Beimengnng von Di- und Triathylamin untersuchen zu mussen. Dampfe der vollkommen wasserfreien Basis wurden in einen Ueber- schuss von Oxalsaureather geleitet, wobei sich nur cine kleine Menge Diathyloxamid bildete. Nach anhaltendem Erhitzen der Mischung im Wasserbade ward dieselbe ebenfalls im Wasserbade der Destillation unterworfen. Es bildete sich allerdings ein alkalisch reagirendes Destillat.

*) Philos. Magazine, [4] XXII. 477”. **j Anualen der Chem. u. Pharm. CXXVII. 43*.

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28 Heintz,

Dieses ward mit Xatronlauge von Nenern destillirt und die DKmpfe in Salzsaure geleitet. Die salzsaure Ltisung hinterliess nach dem Verdunsten nur 0,0713 Grm. eines Salzes, welches 27,88 Proc. Chlor enthielt. Aethylainmo- niumclilor id kann dasselbe nicht gewescn sein, denn dic- ses entliiilt 43,56 Proc. Chlor. Da der Gehalt des Tri- iithglammoniurnchlorids an Ciilor 25,82 Proc. betrSigt, so muss jenes Salz ein Gemisch von vie1 dieses Kiirpers mit wenig Aethylammoniumchlorid gewesen sein. Es bildet sich also, auch wenn nach der Wurtz’schen Me- thode Acthylamin dargestellt wird, eine freilich nur sehr ltleine Menge Triathylamin.

Dagegen habe ich die Uegenwart des Diiithylamins nicht darthun konnen. Zunachst blieb, als die im Was- serbadc destillirte llasse niit Wasser erhitzt wurde, nichts ungelost, und als die von dein in der Kalte ausgeschie- denen Diathyloxainid gctrennte Flussigkeit niit Kalk neu- tralisirt wurde, elitstand nur Bthyloxaminsaurer Kalk. In dein Alkohol, womit dns getrocknete Salz gekocht wurdc, war nur eine Spur Kalk enthalten, oftenbar her- riihrend von dem iithylovaniinsauren Kalk, dcr in Alko- hol zwar fast ganz, aber niclit absolut unloslich ist, wah- rend der diathyloxaminsaure Kalk sich darin leicht lost.

13ei der nur iiusserst geringen Verunreinigung des gewonnenen Aethylammoniurnchlorids durch Triiithylam- moniunichlorid llielt ich cine Scheiduiig des daraus ge- bildeten Aethylamins von dem Triiithylamin nicllt fur erforderlich. Die unmittelbar diirch Destillation dessel- ben rnit Natronhydrat und Auffangen der Dampfe in W’asser gewonnene wiisserige Aethylaminlosung wnrde zu dem Versuch verwendet.

Der dritte Theil derselben wurde mit Monochlorcssig- saure gesattigt und nun die iibrigen zwei Drittel hinzu- gethan. Uiese Mischung ward in einen Kolben gebracht und dieser n i t eincm Liebig’schen Kiihler so verbunden, dnss die darin sich VerdichtendenDiimyfe in den Kolben zuruckfliessen mussten, die aber etwa entweichendenAethy1-

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Aethylglycola?nid, Aethylglycocoll, Aethoxacetamid. 29

amindampfe in Wasser aufgefangen wurden. Na& vier- stundigem Kochen war die Flussigkeit in1 KoIben noch stark alkalis&. Jetzt ward das iibergegangene Aethyl- amin durch Hitze zum griissten Theil wieder in die im Kolben befindliche erkaltete Fliissigkeit zurtickgetrieben und von Neuem vier Stunden gekocht, welche Operation noch einmal miederholt ward.

Die so im Ganzen 12 Stunden gekoehte Fliissigkeit wurde nun mit iiberschiissigem Bleioxydhydrat der De- stillation unterworfen, urn das darin enthaltene Aethyl- amin wieder zu gewinnen. Endlich ward die Masse im Wasserbade bis zur Trockne gebracht. Als dieser Ruck- stand nun mit Wasaer gekocht wurde, resultirte eine braun gefarbte Liisung, aus der Kohlensaure eine nur kleine Menge Bleioxyd priicipitirte. Dieses ward getrennt und die Lijsung im Wasserbade eingedampft. Es blieb eine braune syrupartige Fliissigkeit zurlick, aus der sich nur beirn anhaltenden Abdampfen eine kleine Menge einer krystallinischen Substanz ausschied. Absoluter Al- kohol loste die sarnmtliche Substaoz auf und beirn Erkal- ten der Losung schieden sich kleine Krystnlle aus, die durch Unikrystallisiren aus absolutem Alkohol leicht voll- konimen farblos erhaltcn werden konnten. Diese Sub- stanz ist das Aethylglycocoll.

In dem wasserigen Auszuge der unloslichen Bleiver- bindung war aber noch ein anderer, nicht aus Alkohol krystallisirbarer Korper enthalten, der auch dann nicht zum Krystallisiren gebracht werden konnte, als seine Losung durch Schwefelwasserstoff von dem darin noch enthaltenen Blei befreit worden war. Die Fliissigkeit war nun sauer geworden und lieferte auch nach Slitti-, gung mit Kalk keinen aus Wasser oder Alkohol krystol- lisirbaren Korper. Augenblicklich durch den Umzug des chemischen Instituts in das neu fiir dasselbe hergerich- tete Gebaude auf Monate an jeder experimentellen Unter- suchurig gehindert, behalte ich mir weitere Mittheilungen uber den darin enthaltenen Korper vor.

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30 Hein tz,

Dasselbe gilt von der organischen Substanz, welche in dem in Wasser nnloslichen Blcisalz enthalten ist, und die daraus durch Zersetzung mit Schwefelwasserstoff' oder Schwefelsaure, Neutralisiren mit Kalk, Eindunsten und Estrahiren mit absolutem Alkohol, in Form eines im letzteren unloslichen Kalksalzes gewonnen wird. Ich zweifele aber schon jetzt keinen Augenblick, dass die Saure in deniselben nichts andcres als Aethyldiglycol- amidsaure ist.

Das Aethylglycocoll bildet aus Alkohol krystallisirt kleine farb- und geruchlose, siisslich und etwas scharf und beinshe metallisch schmeckende, blatterige Krystalle, deren Form unter dem Mikroskop nicht deutlich erkannt werden kann, weil stets die Ecken derselben abgerundet erscheinen. Dies riihrt offenbar davon her, dass wahrend des Uebertragens der in der Mutterlauge vertheilten Kry- stiillchen auf das Objectglaschen der Alkohol derselben W'asser anzieht, welches das Aethylglycocoll ausscrordent- lich leicht lost.

Lasst man dagegen einc wiisserige syrupdicke Lo- sung dessclben uber Schwefelsaure langere Zeit stehen, so bilden sich darin cbenfalls und zwar zuerst auf der Oberflache sehr kleine Krystallbllittchen, die unter dem JIikroskop als rechtwinkcligc Tafelchen mit abgestumpften b k e n erscheinen. Von den acht Winkclh dieser Tafel- chen betragen vier 1280 bis 1290, die vier anderen 1410 his 1420.

Das Aethylglycocoll erhalt man in etwas grosseren Krystallen, wenn man es in wenig absoluten Alkohols kochend lost und die beim Erkalten ganz erstarrende Losung einige Zeit der Luft aussetzt.

Wird das Aethylglycocoll erhizt, so schmilzt es bei 1:jOOC. nicht und verandert sich auch nicht. Zwischen 150 und 1600 braunt es sich, aber ohne zu schnielzen iind erst bei noch hoherer Temperatur schmilzt es zu einer braunen, weisse Diimpfe ausstosscnden Flussigkeit. Geschieht die Erhitzung bis 1600 in einem Ulasrohr, so

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Aethylg l~~colnn~id , .letlylylycocoll, Aetlioxacetani id. 3 1

zeigt sich eine freilich nur ausserst geringc Menge eines iiadelforrnigen Sublimats.

Liisst man es an der Luft liegen, so zieht es Feuch- tigkeit an und zerfliesst schnell zu eiuem farblosen Syrup. Diese Fliissigkeit reagirt eigentlich nicht deutlich alka- lisch, doch scheint das rothe Lackmuspapier einen gana schwach blaulichen Schein anzunehmen.

Lost man das Aethylglycocoll in Salzsaure und dampft die Losung zur Trockne ein, so bleibt ein farbloser Riick- stand, der im Wasser leicht loslich ist, aber aus .coneen- trirter Losung in grossen, farblosen, nicht zerfliesslichen, Chlor enthaltenden Krystallen anschiesst. Diese Kryshlle. sind offenbar das salzsaure Aethylglycocoll. In heissem absolutem Alkohol losen sich dieselben. Eine rlerartigc heisse concentrirte Losiing erstarrt beim Erkalten voll- kommen. Aus verdiinnten Losungen schiesst es in klei- nen Krystiillchen an.

Vermischt man die Losung dieser Krystalle mit Pla- tinchlorid, dampft dic Mischung eur Trockne ein nnd zieht den Riickstand mit Aether enthaltendem Alkohol aus, so bleibt ein orange gef3rbtes krystallinisches Pulver ungelost, das mit jeneni Lijsungsmittel gewaschen das reine Aethplglycocollplatinchlorid darstellt. Diems lost sich leicht in Wasser nnd krystallisirt beim freiwilligen Vtrdunsten der Losung in sehr schonen, grossen, orange- rothen, priamatische~ Krystallen.

Werden 8qiiivalente Mengen von AethylgIycocolf und Schwefelsaure in Wasser gelost und die Losung ver- dunstet, so resnltirt einc syrupartige Fliissigkeit, die diirch absoluten Alkohol nicht wie das schwefelsaure Sar- kosin in fester Gestalt gefAllt wird. Selbst diireh Aether wird aus dicser Losung nur eine syrupnrtigc Flussigkeit prkcipitirt.

Bringt man in eine concentrirte kalte Losung von Quecksilberchlorid etwas festes Aethylglycocoll, SO lost es sich schnell auf, sofort aber scheiden sich farblosc

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33 Hei,atz,

riadelformige Krystalle der Quecksilberchorid - Verbin- dung aus.

Kocht man eine Losung von Aethylglycocoll mit Kupferoxydhydrat, 80 lost sich lctzteres auf, und die Flus- sigkeit nimmt eine schone, tiefblaue Farbe an. Ueber- lasst man die concentrirte Losung der Kupferverbindung der freiwilligen Verdunstung, so schiesst dieselbe in sehr grossen, aufs Tiefste blau gefarbten Krystallen an.

Alle diese Verbindungen nahcr zu untersuchen muss ich niir fiir spater vorbchalten. Die Bildung derselben giebt abcr schon den Beweis der Aehnlichkeit dieser Substanz in ihren Eigenschaften sowohl mit dem Glyco- coll, als mit dem Sarkosin. Auch dieses letztere giebt dine Zweifel eine sch6n blaue, krystallisirbare Verbin- dung mi t Kupferoxy d.

Den schliesslichen Beweis aber, dass die untersuchte Substanz Aethylglycocoll ist, liefert die Elementaranalyse, welche zu folgenden Zahlen gefiihrt hat:

0,2201 Grm. der bei 110 bis 1200 getrockneten Sub- stanz (bei welcher Temperatiir die uber Schwefel- saure aufbewahrte Substanz fast gar nicht an Ge- wicht verlor) lieferten 0,2063 Grm. Platin.

0,3397 Grm. derselben gabcn 0,4075 Grnm. Kohlensiiure und 0,1929 Grin. Wasser.

Hieraus folgt folgcnde Zusammensetzung : gefriiiden berechnet

Kohlenstoff.. . . . 46,36 46,60 4 c Wasserstoff. , . . . 8,94 8,74 9 H Stickstoff'. . . . . . . 13,32 13,59 1 N Sauerstoff . . . . , . 31,38 31,07 2 0

100,OO 100,00.

Aethoxacetaniid. Zur Uewinnung dieses Kijrpers war zunachst die

Darstellung des Aethers der Aethoxacetsaure erforderlich. Diesen hatte ich *) bis jetzt uur in kleiner Menge bei

*) Poggend. Anu. CXTV, 473*.

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Aethylglycoianzid, Aethylglycocoll, Aethoxacetamid. 33

Destillation des Hydrats der Aethoxacetsiiure als Zer- setzungsproduct erhalten.

Jetzt habe ich ihn durch Einwirkung von athoxacetsau- rem Natron auf Jodathyl in etwas grosserer Menge darge- stellt. Ersteres gewann ich aus dcr reinen Saure, welche aus dem Kupfersalz derselben durch Schwefelwasserstoff in wssseriger Losung gewonnen war, durch Neutralisation mit koblensaurem Natron. Durch Abdatnpfen erhKlt man das Salz in fester Form.

Schon die WLrnie des Wasserbades geniigt, urn e8 vom Wasser ganz zu befreien, dcnn es verliert dann bei 1200 C. nicht mehr an Gewicht und hintcrlasst gegluht die Menge kohlensauren Natrons, welche der Theorie nach das wasserfreie athoxacetsaure Natron hinterlassen muss*).

Eine Mischung von aquivalenten Mengen Ton Jod- athyl und von diesem Salz ward mit etwas Alkohol in ein starkes Glasrohr eingeschmolzen und vierzehn Tage in eineni Wasserbade liegen gelassen. Das Gemisch ward darauf vorn Alkohol durch Erhitzen in1 Wasserbade befreit und dem Ruckstande wasserfreier Aether beige- mischt. Der dadurch entstehende flockige voluminose Xiederschlag ward abgeprcsst und nun versucht, die Lo- sung durch Destillation vom Aether zu befreien. Dabei schied sich jedoch ein weisses Salz (Jodnatrium) aus und bewit kte so heftiges Stossen, dass ich die Operation unter- Brechen musste.

Deshalb schiittelte ich diese Losung oft mit wenig Wasser, wobei das Jodnatrium in das Wasser iiberging. Jetzt ward die Aetherlosung durch Chlorcalcium entwiie- sert, dann der Aether abdestillirt und der Ruckstand endlich bei hoherer Temperatur destillirt. Durch mehr- fache fractionirte Destillation ward cine farblosc, leicht bewegliche, eigenthumlich susslich schmeckendo, nicht ge- rade angenehm, aber auch nicht auffallend unangenchm

*) 0,3960 Grni. hinterliessen 0,1673 Grm. kohleusauren Xatrous, Die Rechnung verlangt 42,06 Proc.

Arch. d.Pharm.CLXIX. Rds. 1. u. 2. Hft. entsprechend 42,25 Proc.

3

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34 Heintz,

atherisch riechende, bei 1 5 3 C., also bei derselben Tem- peratur wie der Glycolsaureather, kochende Fliissigkei t gewonnen, die sich in vielem Waeser lost, in einer kleinen Menge aber theilweise ungelost bleibf dagegen im Alko- hol und Aether in jedem Verhaltniss 1Sslich ist. Sie ist leichter als Wasser, schwimmt also auf demselben.

Wird dieser Aether mit iiberschiissigem Kalkhydrat in der Warme zersetzt und die Fliissigkeit durch Kohlen- saure neutral gemacht, so enthalt sie iithoxacetsauren Kalk, der sich im Wasser sehr leicht lost, auch in abso- lutem AIkohol namentlich in der Kochhitze loslich ist, aber aus letzterer Losung krystallisirt erhalten werden kana, namentlich wenn derselben etwas Aether hinzu- gesetzt wird. Der athoxacetsaure Kalk krystallisirt in ausserst feinen, oft concentrisch gruppirten rnikroskopi- schen Nadeln, die zwischen 110 und 120QC. schmelzen, aber bei dieser Teniperatur vollkommen vom Krystall- wasser befreit werden konnen, wovon er ein Mol. enthalt. Denn das lufttrockene Kalksalz verlor bei dieser Tempe- ratur 13,71 Proc. Wasser, wahrend die Rechnung 12,77 Procent verlangt. Dass das Salz wirklich lthoxacetsaurer Kallr war, ergiebt sich aus einer Kalkbestimmung des wasserfreien Salzes, wonach darin 22,60 Proc. Kalk ent- halten sind, wlhrend der berechnete Gehalt davon 22,76 Procent betragt.

Diese Versuche geben schon die Gewissheit, dass der untersuchte Korper der reine Aethoxacetsaureather war. Ich habe ihn aber auch noch der Elementaranalyse unterworfen, die folgende Zahlen ergab :

I. 0,2255 arm. lieferten 0,4479 Grrn. Kohlensaure und

11. 0,2226 Grm. lieferten 0,4408 Grm. Kohlensaure und 0,1843 Grm. Wasser.

0,1822 Grm. Wasser. Hieraus foIgt folgende Zusammensetaung :

I. 11. berechnet Kohlenstoff.. . 54,17 54,Ol 54,55 6 C Wasserstoff.. . 9,08 9,09 9,09 12 H Sauerstoff.. . , 36,75 36,90 36,36 3 0

100,oo 100,oo 100,oo.

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Aethylglycolamid, Aethylglycocoll, Aethoxacetnniid. 35

Endlich habe ich das specifische Gewicht des Dam- pfes dieses Korpers bestimmt, welches nach folgenden Daten :

Nehrgewicht des mit Dampf gefulltenBallons = 0,8979 Temperatur dee Paraffinbades ........... = 2060,s Temperatur der Luft bei den Wiigungen = 2OOC. Barometerstand ...................... = 0,7618 fir. Capacitat des Ballons . . . . . . . . . . . . . . . = 422 CC. Zuriickgebliebene Luft.. . . . . . . . . . . . . . . . = 5,5 CC.

sich =4,560 ergiebt, wahrcnd die fur eine Condensation zu' 2 Vol. (aus dem Verhlltniss der Atomgewichte nnd dem specifischen Gewichte des Sauerstoffs = 1,1056) be- rechnete Zahl 4,559 ist.

Mischt man den Aethoxacetsaureatber mit uberschus- siger wasseriger Ammoniakflussigkeit, der etwas Alkohol beigegeben ist, und liisst die klare Losung freiwillig oder uber Schwefelsaure verdunsten, SO trocknet sie vollstandig zu grossen prismatischen Krystallen ein, welche das Amid der Aethoxacetsaure sind, wie sich, abgesehen von den weiter tinten zu erwahnenden Eigenschaften, aua den hier folgenden Resultaten der Elementaranalyse derselben er- giebt :

0,2139 Qrm. der geschmolzenen Substanz gaben 0,3638 Grm. Koblensaure und O,i688 Grm. Wssser.

0,208 Gnn. lieferten 0,195 Grm. Platin.

gefunden berechnet Hieraus folgt folgende Zusammensetzung :

Kohlenstoff.. ... 46,30 46,60 4 c Stickstoff.. ..... 13,32 13,59 1 N Sauerstoff.. . . . . 13,52 31,07 2 0

Wasserstoff.. ... 8,7 7 8,74 9 H

100,00 100,oo. Das Aethoxacetamid ist in Wasser sehr leicht los-

lich, zerfliesst aber an derLuft nicht, wenn es ganz rein ist. Auch in Alkohol lost es sich leicht auf, wird auch aus dieser Lijsung durch Aether nicht gefiillt, selbst wenn dieselbe so concentrirt id, dass ohne Aetherzusatz

3'

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36 Heintz,

bein1 vollstandigen Erkalten das Aethoxacetamid krystal- lisiren wurde. In reinem Aether lost es sich daher auch nanientlich beim Kochen ziemlich leicht auf. Es ist fast geruchlos und von schwachem, etwas kuhlendem, durch- aus nieht sussem Geschniack. Schon unter 1000C. schmilzt es zu einer farblosen Flussigkeit, die beim Erkalten sehr schon krystallinisch erstarrt. Erhitzt man es llngere Zeit bei dieser Temperatur, SO verfluchtigt es sich lang- Sam. Geschieht diem Erhitzung in einem Glasrohre, SO

sublimirt es in nadelfijrmigen Krystallen. Obgleich das Rethoxacetamid leicht in grossen pris-

inatischen Krystallen anschiesst, so ist es mir doch nicht gelungen, die Forin derselbcn zu erinitteln. Sie sind namlich an den Enden fast nie auch nur einigerinaassen deutlicli ausgebildet, und selbst die Prismenflachcn sind meist dermaassen gestreift, dass nicht einmal der Sei- gungswinkcl der Flachen des Prismas gemessen werden kann. Doch glaube ich als gewiss angeben zu konnen, dass derselbe kein rechter Winkel ist, obgleich er dem- selben ziemlich nahe kotnmt.

Wird das Aethoxacctamid in Salzsaure gelost, so wird cs zersetzt. Vcrdunstet man n#mlicli die Losung uber Schwefelsaure, so bleibt eine dicke syrupartige Flue- sigkeit, RUS welcher sich Krystalle ausscheiden. Aether lost erstere und lasst letztere ungelost. Die Krystalle sind nicht zerfliessliche, an Chlor reiche Wurfel, rind cntwickeln auf Zusatx von Kalihydrat Animoniak in Menge. Sie bestehen also a m Salniiak. Jene Aetherlosung ent- halt Aethoxacetsaure ; denn wird sie mit Barythydrat gc- sattigt und die Losung genau durch schwefelsaures Kupfer- oxyd zersetzt, so findet sich in dein Filtrat Sithoxacet- saures Kupferoxyd, welches bei freiwilliger Vordunstung in der charakteristischen Form desselben anschiesst. Leitet man salzsaures Gas uber nicht erwarnites, trockenes Aethox- acetamid, so wird es nicht absorbirt. Bei dem angestell- ten Versuohe nahni das Gewicht von 0,2422 Grm. Aethos- acetamid allerdings um 0,0033 Grm. zu; allein als das

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Aethylglycolnmid, Aethylylycocoll, Aetkoxacetanzid. 37

Rohr mit dem so behandelten Amid 72 Stunden iibcr Schwefelsiiure gelegen hatte, war bis auf einigc Zehntol Milligrammen sein fruheres Qewicht wieder hergestellt, Offenbar war etwas Salzsaure durch Feuchtigkeit ver- dichtet worden und diese mit der Salzsaure iiber Schwe- felsiiure wicder verdunstet.

Wird aber das Aethoxacetamid geschmolzen und bei einer Ternperatur von circa 60OC. mit trocknem salesau- rem Gas behandclt, SO absorbirt es diescs reichlich. In 25 Minuten hatten jene 0,2422 Grm. 0,0660 Grm. Chlor- Gasseretoff aufgenommen. Hatte sich die ganze Menge des Amids in die salzsaure Verbindung verwandelt, so hatte der Gewichtszuwachs 0,0858 Grm. betragen miissen. Offenbar war die vollkommenc Sattigung nicht erreicht worden.

Ich habe nicht versucht, die Sattigung zu vollenden, meill ich voraussetzte, dass es mir eben SO wenig gelin- gen wiirde, sic zu erreichen, als bei den ahnlichen Ver- suchen mit Glycolamid. Die Beschaffenheit des Rohren- inhalts war durchauj verschieden von der des geschniol- sen gewesenen und wieder erkalteten Aethoxacetamids. Dieses erstarrt ausserordentlich schijn krystallinisch, breite glanzende Flachen bildend. Der Rohreninhalt war swar such weiss uiid krystallinisch, aber nur undeutlich nade- lig. Die Lo- sung war sauer und gab beim Verdunsten KrystalIe von Salmiak, die in einer syrupdicken Flussigkeit vertheilt waren.

Aus diesem Versuche geht rnit Bestimmtheit hervor, dass das Aethoxacetamid rnit Salzszure sic11 verbinden kanri, dass aber diese Verbindung durch Wasser zersetzt wird.

Schiittelt man Aethoxacetamid mit Barytwasscr, so lost es sich darin auf, die Lasung riecht aber bald deut- lich nach Ammoniak, welches sowohl durch iiber die Mischung gehaltenes feuchtes Lackmuspapier, als durch einen mit Salzsaure befeuchteten Glasstab bestimxnt nach-

I m Wasser loste er sich ganz klar auf.

Es verhalt sich also wie das Glycolamid.

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38 Heintz,

gewiesen werden kann. Dampft man die Losung mit iiberechiissigem Barythydrat zur Trockne ein, entfernt durch Kohlensaure den iiberschussigen Baryt und fallt endlich durch die aquivalente Menge schwefelsauren Kupfer- oxyds den Baryt heraus, so erhiilt man eine blaue Lo- sung, welche beim Verdunsten Krystalle von athoxacet- saurem Kupferoxyd absetzt.

Eine kochende Losung von Aethoxacetamid lost keine Spur Kupferoxydhydrat suf.

Die Existenz eines Aethoxacetamids scheint mir mehr als nlles Andere dafur zu sprechen, dass der Atomconi-

plex giiE '1 0, das Radical der Aethoxacetslure, als

ein einatomiges Kadical angesehen werden muss, in wel- cheiu allerdings ausserdem das Radical Aethyl enthalten ist. Ich glaube also in dieser Verbindung noch eine be- deutende Stiitze fiir die friiher von mir *) ausgesprochene Ansicht, dass die Aethoxacetsiiure und die iibrigen Oxa- cetsauren nicht als den Aethersauren entsprechend ange- selien werden diirfen, gefunden zu haben. Die Aether der wahren zweibasischen Sauren gelien bekanntlich durch die Einwirkung des Ammoniaks nicht in solche Ainide iiber, welche noch ein Atom des Alkoholradicals zuriick- halten. Freilich kann man die Formel der Aethersauren gerade so schreiben, wie die der Oxacetsauren oder um- gekehrt. Allein dies berechtigt nicht, diese beiden Grup- pen von Korpern in eine zusammenzuwerfen. Dam ist man erst befugt, wenn die Zersetzungen und TJmsetzun- gen beider Gruppen von Korpern die gleichen sind. Dass dies nicht der Fall ist, dafur giebt die Existenz eines Amids der Aethoxacetsaure einen neuen eclatanten Be- weis.

Mir ist es nicht begreiflich, wie man nach Feststel- lung solcher Unterschiede dieser beiden Sauregruppen, wie ich sie in meinem fruheren Aufsatze iiber die Con-

*) Poggend. A n d . CXIV. 44%

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Aethylglycolamid, Aethylglycocoll, Aetltozacetarnid. 39

stitution der Oxacetsauren und jetzt von Neuem geschil- dert habe, nun noch dabei beharren kann, sie in eine Gruppe zusammenzufassen. Wiirde wohl ein Botaniker oder Zoolog, wo er solche Unterschiede bei Pflanzen- oder Thiergruppen fande, j e die Meinung aufstellen, diese Gruppen durften in eine zusammengezogen werden? Wir Cheiniker sind freilich leider in der Regel nicht so strenge Systematiker, wie jene!

Das lasst sich sndererseits nicht Ieugnen, dass die Oxacetsauren den Aethersauren in ihrer Constitution nid her stehen, als z. B. den Alkoholen oder den Ainiden u. s. w. Dass es anders sei, habe ich aber noch nie be- haup te t.

Die chetnische Structur dcr Aethersiiuren und der Oxacetsauren ist insofern verschieden, ale die zweiatomi- gen Saurcn, aus denen jene entstehen, zwei von dem zweiatomigen Radical gleich stark angezogene Wasser- stoffatome enthalten, wahrend die beiden Wasserstoffatome der Glycolsaure, welche zu den Oxacetsauren in dersel- ben Beziehung steht, wie die Aethersauren zu jenen zwei- atomigen Sauren, nicht gleich stark von dem Atorncom- plex CzH2 0 gefesselt werden.

Die vorstehende Untersuchung hat ergeben, dass die theoretisch vorausgesetzten drei Korper wirklich existi- ren, und dass sie, wie die Theorie vorhergesagt hat, von cinandcr durchaus verschieden Bind.

Die Theorie aber konnte noch mehr vorhersagen, was sich bei der Untersuchung wirklich bestatigt hat. Aus ihr kann der Schluss abgeleitet werden, dass das Aetliylglycolamid Sich nicht als Saure verhalten, sich also nicht mit Basen verbinden kann. Es enthllt eben kei- nen durch Metal1 vertmtbaren Wasserstoff, wie e5 schon die Fomel ergiebt. D e m das eine Wasserstoffatom, wel- ches im Waseertypus atisserhalb des Radicals steht, iat darin nicht mit einem Saure-, sondern mit einem Alko- holradical vereinigt.

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40 IIe in tz,

’ co Die Formel ist ja eben N

H hungweise aber dieses Korpers lasst keine andere For- me1 m. An die Stelle des Aethyls und des dazu geho-

rigen Sauerstoffs, des Glycolsaureathers

einfach der Rest des Acthylamins, der iibrjg bleibt, wenn 1 Atom Wasserstoff desselben mit jenem Aethyl und Sauer- stoff zu Alkohol susammentritt.

Dagegen sagt die Theorie vorher, dass sich das Aethylglycolamid recht wohl uncl sicherlich leichter uncl inniger, als das Glycolamid, mit Sauren muss verbindcn konnen, weil durch Eintreten von Aethyl an die Stelle eines dem Ammoniaktypus angehorenden Wasserstoff- atoms stets die basische Natur eines Ammoniaks erhoht wird. Der Versuch hat die Richtigkeit dieser Vorher- sagung dargethan.

Anders verhalt es sich mit dem Aethylglycocoll. Die Bildung desselben lehrt, dass das einzige darin enthal- tene extraradicale und dem Wassertypus angehorige Was- serstoffatom darin rnit einem Saureradical, dem Carbonyl, vereinigt ist. Auch dics geht bei richtiger Betrachtung der Formeln aus der Bildnngsgleichung hervor. Zwar mag es willkurlich scheinen, dass in der Einleitung die- ses Aufsatzes dieselbe wie folgt geschrieben ist :

1 CEi1z}o } { C2H5

+ 2 N H = N +N(C2E15,H3) co I

H H c1

Wahrend in der Formel der hlonochloressigsaure das Carbonyl von dem extraradicslen Wasserstoff am weite- sten entfernt ist, findet man es in der Formel des Aethyl-

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Aethylglycolamid, Aethylglycocoll, Aefhoxncetnniid. 41

glycocolls demselben zunachst. Dies wird aber leicht verstandlich, wenn man bedenkt, dass unsere Art, die Formeln auf der Ebene des Papiers niederzuschreiben, uns eben an die Eb e n e bindet, daher unvollkommen sein muss, wenn sie ein Bild geben sol1 von der Starke, mit der die Elemente oder Radicalc eines k or p e r li ch e n Moleculs an einander gefesselt sind, so zwar, dass die Entfernung, in welcher in der Forniel die Elemente der Radicale bei einander stehen, im Verhaltniss ELI dieser Anziehung stehen 6011. Denken a i r uns z. B. die Ebene, auf welche die Formel fur die Monochloressigsaure ge- schrieben ist, zu einem Cylinder aufgerollt, so kommt das Carbonyl zu dem extraradicalen Wasserstoff in die- selbe Eahe, in welcher wir es in der Formel des Aethyl- glycocolls wiederfinden.

Auch hindert die Theorie nicht, die Formcl dcr Mo- nochloressigsaure

CHJ CH2 co I Cl H}O

CO odcr H}O { c1' H

zu schreiben, wodurch die Zusammengehorigkeit des Car- bonyls und des extraradicalen Wasserstoffs, die sich in der Formel des Aethylglycocolls zeigt, schon in der jener Saure ersichtlich ware.

1st aber wirklich das einzige extraradicale, im Was- sertypus stehende Wasserstoffatom des Aethylglycocolls darin zunachst mit einem Saureradical verbunden, dann, sagt die Theorie, muss es durch Metal1 ersetzbar sein. Der Versuch hat dies wirklich ergeben.

Wie das Aethylglycolamid muss aber das Aethyl- glycocoll, und awar aus. denselben Griinden, als eine Ba- sis auftretcn, wie ebenfalls aus den obigen Versuchen

Ganz anders, so sagt die Theorie voraus, verhklt es sich mit dem Aethoxacetamid. Dies muss namlich dern Glycolamid in seinen cbernischen Eigenschaften ganz nahe

folgt.

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42 Ludwig,

stehen, weil es, wie dieses, noch zwei dem Ammoniak- typus angehorige Wasserstoffatome enthalt und sich nur dadurch Ton ihm unterscheidet, dass das niit dem Me- thylenyl (CH2) combinirte, im Wassertypus stehende Was- serstoffatom durch Aethyl vertreten ist. Durch dieses Aethyl kann, weil es zunachst nicht im Ammoniaktypus, sondern im Wassertypus steht, die basische Natur der Verbindung nicht wesentlich erhoht werden. Daher be- wirken Sauren die Zersetznng desselben, und nur wenn die Slure irn wasserfreien Zustande auf das ebenfalls wasserfreie Aethoxacetamid einwirkt, entstetit eine Ver- bindung, die aber durch Wasser sofort zersetzt wird. Xlit Basen kann es sich naturlich noch weniger leicht verbinden, als das Glycolainid, weil es gar kein im Was- sertypus steliendes, extraradicales Wasserstoffatoni enthiilt.

Ueber den Bitterstoff der Sennesblgtter ; von

H. L II cl w i g.

Die ersten sorgfaltigen Untersuchungen der Sennes- bliitter haben H. F e n e u l l e und J. 13. L a s s a i g n e an- gestellt und in den Aimales de Chimie et de I’ha~macie, Toni. X V L png. 58 und Journ. de Pharnt. 1824. Tom. X . pag. .58 veroffentlicht. Ein Auszug ihrer ersten Arbeit findet sich ini Berlinischen Jahrbuch fur Pharmacie, 1822, I. 85. Sie fanden in den alexandrinischen Sennesblgttern (von Cassia acutifolia Lamark) sogenanntes Cathartin, braungelben Farbstoff, atherisches Oel, fettes Oel, Chlo- rophyll, Eiweiss, Schleim, Aepfelsiiure (theilweise an Kalk gebunden), weinsauren und phosphorsauren Kalk, essig- saures Kali und Pflanzenzellgewebe.

Das C a t h a r t i n d e r S e nn e s b 1% t t e r (Seiennecathar- t in) stellten sie wie folgt dar: Die wasserige Abkochung der Sennesbliitter wnrde mit Bleizuckerlosung gefallt, der Niederschlag abtiltrirt, durch das Filtrat Schwefel-