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Dresdner Stahlbaufachtagung 2015 – Stahl- und Verbundkonstruktionen im Hoch- und Brückenbau Die Dresdner Stahlbaufachtagung 2015 fand am 26. März im großen Hörsaal des Potthoff-Baus an der Techni- schen Universität Dresden statt. Die nunmehr 9. Auflage der Veranstaltung unter der Überschrift „Stahl- und Verbundkonstruktionen im Hoch- und Brückenbau“ war mit über 200 Teilnehmern wieder gut besucht. Die Orga- nisation übernahmen wie in den vergangenen Jahren das Institut für Stahl- und Holzbau der Technischen Univer- sität Dresden und die Bauakademie Sachsen. Die Tagung wurde unterstützt von bauforumstahl, der FOSTA, der Ingenieur- und der Architektenkammer Sachsen, dem Verband Beratender Ingenieure (VBI), dem Verlag Ernst & Sohn und der Baukammer Berlin. Die diesjährige Fachtagung widmete sich den Themen Brückenbau, Geschossbau in Stahl- und Verbundbauweise sowie Dach- und Wandsysteme in Stahlleichtbauweise. Der Schwerpunkt der Beitragsthemen lag auf der Ent- wicklung und Anwendung europäischer Bemessungs- und Ausführungsnormen. Daneben wurden bei der Fachta- gung Themen – wie die Nachhaltigkeit und Ökobilanzierung von Tragkonstruktionen oder die Nachrechnung und Instandhaltung bestehender Bauwerke – sowie Ergebnisse aktueller Forschungsvorhaben vorgestellt. Zu den je- weiligen Fachthemen trugen ausgewiesene Referenten aus Forschung, Industrie und Verbänden vor. Herr Prof. Richard Stroetmann, Direktor des Instituts für Stahl- und Holzbau der TU Dresden, eröffnete die Ver- anstaltung und begrüßte die Teilnehmer. Anschließend sprach Herr Dipl.-Ing. Ralf Luther, Vorstand bauforumstahl, in seinen Grußworten kurz über das breite Themenspektrum der Tagung und merkte an, dass die Dresdner Stahlbaufachtagung die bedeutendste ihrer Art in den Neuen Bundesländern ist. In einer kurzen Erörte- rung wies er darauf hin, dass beim Bauen neben den zu lösenden Ingenieuraufgaben immer auch kaufmännische und vertragsrechtliche Aspekte zu beachten sind. Da Konstruktionen im Stahlbau im Allgemeinen gut zugänglich und inspizierbar sind, erfolgt eine Prüfung und Aufdeckung etwaiger Mängel häufig erst sehr spät. Durch lang- wierige juristische Überprüfungen kann manchmal der Eindruck hervorgerufen werden, dass der Stahlbau eine fehlerbehaftete Bauweise sei. Herr Luther betonte, dass Gerichte die Probleme nicht lösen. Vielmehr seien der Planungssicherheit dienende Handlungsrichtlinien erforderlich. So könne z. B. die Inaugenscheinnahme von Stahlbaukonstruktionen bereits in der Werkstatt zu erheblicher Kostenminderung bei Nacharbeiten und Terminsi- cherheit führen. Herr Dr. Gregor Nüsse von der Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V. (FOSTA) übernahm anschließend die Moderation und führte sachkundig durch die folgenden Themenkomplexe. Der erste widmete sich dem Ver- bundbau. Herr Prof. Wolfgang Kurz von der TU Kaiserslautern erläuterte in seinem Vortrag zunächst das 2014 erfolgte „Systematic Review“ zum Eurocode 4, das vor dem Hintergrund der anstehenden Überarbeitung des Eurocodes durchgeführt wurde. Die Auswertung ergab unter anderem, dass es einen Bedarf an der Regelung wei- terer Verbundmittel neben den Kopfbolzendübeln im Eurocode 4 gibt. Außerdem werden nun Änderungsvor- schläge zur Verbunddeckenbemessung, Regelungen zu Stegöffnungen und auch die Frage diskutiert, ob das Bau- en mit Fertigteilen als weiterer Regelungsinhalt in die Norm aufgenommen werden soll. Bei einer vollständigen Übernahme der Ergänzungsvorschläge wird der Umfang von Eurocode 4 erheblich zunehmen. Aus der Resonanz zur erfolgten Überprüfung leitete Prof. Kurz eine hohe Zufriedenheit mit dem Regelwerk ab. Bei der Ausgestal- tung der Norm wies er außerdem auf die unterschiedlichen Vorstellungen der Beteiligten in Europa bezüglich der anzustrebenden Regelungstiefe und der vorausgesetzten Vorqualifikationen der Normanwender hin. Im zweiten Teil des Vortrags stellte Prof. Kurz zahlreiche neue Deckensysteme in Stahl-Beton-Verbundbauweise einschließ- lich der Neuentwicklungen in den vergangenen Jahren vor. Bild 1. Dr. Gregor Nüsse, Ulrich Werner, Prof. Richard Stroetmann und Ralf Luther im fachlichen Austausch. Bild 2. Pausengespräche und Information über Produkte und Dienstleistungen an Ständen Bild 3. Prof. Dr.-Ing. Richard Stroetmann

Dresdner Stahlbaufachtagung 201 5 – Stahl- und ... · Instandhaltung bestehender Bauwerke – sowie Ergebnisse aktueller Forschungsvorhaben vorgestellt. Zu den je-weiligen Fachthementrugen

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Dresdner Stahlbaufachtagung 2015 – Stahl- und Verbundkonstruktionen im Hoch- und Brückenbau

Die Dresdner Stahlbaufachtagung 2015 fand am 26. März im großen Hörsaal des Potthoff-Baus an der Techni-schen Universität Dresden statt. Die nunmehr 9. Auflage der Veranstaltung unter der Überschrift „Stahl- und Verbundkonstruktionen im Hoch- und Brückenbau“ war mit über 200 Teilnehmern wieder gut besucht. Die Orga-nisation übernahmen wie in den vergangenen Jahren das Institut für Stahl- und Holzbau der Technischen Univer-sität Dresden und die Bauakademie Sachsen. Die Tagung wurde unterstützt von bauforumstahl, der FOSTA, der Ingenieur- und der Architektenkammer Sachsen, dem Verband Beratender Ingenieure (VBI), dem Verlag Ernst & Sohn und der Baukammer Berlin.

Die diesjährige Fachtagung widmete sich den Themen Brückenbau, Geschossbau in Stahl- und Verbundbauweise sowie Dach- und Wandsysteme in Stahlleichtbauweise. Der Schwerpunkt der Beitragsthemen lag auf der Ent-wicklung und Anwendung europäischer Bemessungs- und Ausführungsnormen. Daneben wurden bei der Fachta-gung Themen – wie die Nachhaltigkeit und Ökobilanzierung von Tragkonstruktionen oder die Nachrechnung und Instandhaltung bestehender Bauwerke – sowie Ergebnisse aktueller Forschungsvorhaben vorgestellt. Zu den je-weiligen Fachthemen trugen ausgewiesene Referenten aus Forschung, Industrie und Verbänden vor.

Herr Prof. Richard Stroetmann, Direktor des Instituts für Stahl- und Holzbau der TU Dresden, eröffnete die Ver-anstaltung und begrüßte die Teilnehmer. Anschließend sprach Herr Dipl.-Ing. Ralf Luther, Vorstand bauforumstahl, in seinen Grußworten kurz über das breite Themenspektrum der Tagung und merkte an, dass die Dresdner Stahlbaufachtagung die bedeutendste ihrer Art in den Neuen Bundesländern ist. In einer kurzen Erörte-rung wies er darauf hin, dass beim Bauen neben den zu lösenden Ingenieuraufgaben immer auch kaufmännische und vertragsrechtliche Aspekte zu beachten sind. Da Konstruktionen im Stahlbau im Allgemeinen gut zugänglich und inspizierbar sind, erfolgt eine Prüfung und Aufdeckung etwaiger Mängel häufig erst sehr spät. Durch lang-wierige juristische Überprüfungen kann manchmal der Eindruck hervorgerufen werden, dass der Stahlbau eine fehlerbehaftete Bauweise sei. Herr Luther betonte, dass Gerichte die Probleme nicht lösen. Vielmehr seien der Planungssicherheit dienende Handlungsrichtlinien erforderlich. So könne z. B. die Inaugenscheinnahme von Stahlbaukonstruktionen bereits in der Werkstatt zu erheblicher Kostenminderung bei Nacharbeiten und Terminsi-cherheit führen.

Herr Dr. Gregor Nüsse von der Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V. (FOSTA) übernahm anschließend die Moderation und führte sachkundig durch die folgenden Themenkomplexe. Der erste widmete sich dem Ver-bundbau. Herr Prof. Wolfgang Kurz von der TU Kaiserslautern erläuterte in seinem Vortrag zunächst das 2014 erfolgte „Systematic Review“ zum Eurocode 4, das vor dem Hintergrund der anstehenden Überarbeitung des Eurocodes durchgeführt wurde. Die Auswertung ergab unter anderem, dass es einen Bedarf an der Regelung wei-terer Verbundmittel neben den Kopfbolzendübeln im Eurocode 4 gibt. Außerdem werden nun Änderungsvor-schläge zur Verbunddeckenbemessung, Regelungen zu Stegöffnungen und auch die Frage diskutiert, ob das Bau-en mit Fertigteilen als weiterer Regelungsinhalt in die Norm aufgenommen werden soll. Bei einer vollständigen Übernahme der Ergänzungsvorschläge wird der Umfang von Eurocode 4 erheblich zunehmen. Aus der Resonanz zur erfolgten Überprüfung leitete Prof. Kurz eine hohe Zufriedenheit mit dem Regelwerk ab. Bei der Ausgestal-tung der Norm wies er außerdem auf die unterschiedlichen Vorstellungen der Beteiligten in Europa bezüglich der anzustrebenden Regelungstiefe und der vorausgesetzten Vorqualifikationen der Normanwender hin. Im zweiten Teil des Vortrags stellte Prof. Kurz zahlreiche neue Deckensysteme in Stahl-Beton-Verbundbauweise einschließ-lich der Neuentwicklungen in den vergangenen Jahren vor.

Bild 1. Dr. Gregor Nüsse, Ulrich Werner, Prof. Richard Stroetmann und Ralf Luther im fachlichen Austausch.

Bild 2. Pausengespräche und Information über Produkte und Dienstleistungen an Ständen

Bild 3. Prof. Dr.-Ing. Richard Stroetmann

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Bild 4. Dipl.-Ing. Ralf Luther Bild 5. Dr. Gregor Nüsse M.Sc. Bild 6. Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Kurz

Herr Prof. Richard Stroetmann von der TU Dresden sprach im zweiten Vortrag über die Nachhaltigkeit von Trag-konstruktionen für Bürogebäude in Stahl- und Verbundbauweise. Dazu stellte er das kürzlich abgeschlossene interdisziplinäre AIF-FOSTA-Forschungsprojekt P881 vor, das richtungsweisende Ergebnisse und Erkenntnisse zum Thema ökologisch und ökonomisch nachhaltige Bürogebäude lieferte. Neben einem hohen Energiestandard eines Gebäudes wurde als wesentlich für die ökologische Nachhaltigkeit eine lange Nutzungsdauer bei gleichzei-tig geringem Aufwand für Errichtung, Umbau und Instandhaltung identifiziert. Daher sollten die Gebäudestruktu-ren eine hohe Flexibilität und Umnutzungsfähigkeit gewährleisten. Gebäude in Stahl- und Verbundbauweise ha-ben hier Vorteile gegenüber Gebäuden in anderen Bauweisen, da deren Tragkonstruktionen u. a. größere Spann-weiten, geringe Raumbedarfe, Konstruktionsgewichte und Baustoffmassen erfordern sowie eine deutlich bessere Recyclingfähigkeit aufweisen. Ausgehend von definierten Objektanforderungen zeigte Prof. Stroetmann in sei-nem Vortrag, wie durch geschickte System- und Baustoffwahl, Variation der Konstruktions- und Stützenraster und weiterer Parameter die Tragkonstruktionen unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien optimiert werden können.

Bild 7. Dr.-Ing. Ralf Podleschny Bild 8. Dr.-Ing. Thomas Misiek Bild 9. Dipl.-Ing. Hagen Urban

Nach einer kurzen Kaffeepause widmete sich der zweite Vortragsblock dem Thema Dach- und Wandsysteme. Herr Dr. Ralf Podleschny, Geschäftsführer des IFBS - Internationaler Verband für den Metallleichtbau - in Kre-feld referierte über die europäische Normung und Konstruktion von metallischen Dach- und Wandsystemen. Da-bei ging er zunächst auf die europäische Baukultur im Industriebau ein. Obwohl die Architektur in diesem Be-reich europaweit sehr ähnlich ist, führen in den Ländern uneinheitliche Vorgaben, wie unterschiedliche Festle-gungen zulässiger Wärmedurchgangskoeffizienten, Luftdichtigkeitsanforderungen und Mindeststärken von Zink-überzügen, zu länderspezifischen Konstruktionen und nationalen Regelungen. Dr. Podleschny erläuterte Inhalte der europäischen Normen EN 14509, EN 14782 und EN 1090, die bei der Planung und Berechnung von Dach- und Wandsystemen eine zentrale Rolle spielen. Anschließend berichtete Herr Dr. Thomas Misiek von Breinlinger Ingenieure in Tuttlingen ausführlich zur normengerechten Bemessung von Stahltrapezprofilen, Stahlkassettenpro-

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filen und Sandwichelementen. Neben wichtigen Bemessungsgrundlagen und -annahmen erläuterte er zahlreiche Hintergründe, auch solche, die derzeit im Rahmen der europäischen Normungsarbeit diskutiert werden. Als nütz-liche Hilfsmittel präsentierte Dr. Misiek zudem zahlreiche geprüfte und mit der DIN EN 1993-1-3 kompatible Typenblätter mit Tragfähigkeitswerten und Nachweisen für Schubfelder nach verschiedenen Verfahren. Den Themenkomplex Dach- und Wandsysteme rundete Herr Dipl.-Ing. Hagen Urban von der Firma Züblin Stahlbau in Hosena mit seinem Vortrag ab, in dem er die praktische Umsetzung anhand von Projektbeispielen präsentierte. Zu diesen Beispielen gehörten u. a. die mit Trapezblech eingedeckte Eissport- und Ballspielhalle im Ostragehege Dresdens und Kassettenfassaden von Großkraftwerken. Letztere sind charakterisiert durch hohe Profilabmessun-gen und Spannweiten sowie vielschichtige funktionale Anforderungen. Dabei stellt die Erfüllung des geforderten Schallschutzes eine besondere Herausforderung dar, die mit modernen, bis zu 8 m frei spannenden Kassettenele-menten wirtschaftlich bewältigt werden kann. Herr Urban berichtete außerdem von Erfahrungen bei der Projektie-rung, den Genehmigungsprozessen und der Ausführung der Fassadensysteme.

Der dritte Vortragsblock am Nachmittag befasste sich mit aktuellen Themen des Brückenbaus. Herr Prof. Josef Fink von der TU Wien sprach in seinem zweiteiligen Vortrag über ausgewählte Problemstellungen zur Ermüdung sowie zur Modellbildung des dynamischen Verhaltens von Eisenbahnbrücken. Im ersten Teil analysierte und verglich Prof. Fink das Ermüdungsverhalten von geschweißten und geschmiedeten Hängeranschlusskonstruk-tionen anhand von Spannungskonzentrationsfaktoren. Für die geschweißte Variante stellte er eine optimierte Ge-ometrie vor, die mit numerischen Parameterstudien ermittelt wurde. Die als Alternative vorgestellte geschmiedete Ausführungsform bietet Vorteile bezüglich des Ermüdungswiderstands, die sich im Wesentlichen auf den im „Stauchschmiedeverfahren“ ausgeführten sanfteren Steifigkeitsübergang zurückführen lassen. Dabei gehen Hängerrundstahl und spatenförmige Aufweitung bis zum Knotenblechanschluss kontinuierlich ineinander über. Der zweite Teil des Vortrags von Prof. Fink behandelte den Einfluss des Schotterbettes auf das dynamische Ver-halten von Eisenbahnbrücken und dessen Erfassung in Berechnungsmodellen. Neben Messungen an einer Be-standsbrücke wurden dazu an der TU Wien Versuche mit einer Laborbrücke im Maßstab 1:5 durchgeführt. Weite-re Versuche in einer neuen Anlage mit dem Versuchsmaßstab 1:1 und der Möglichkeit zum Vereisen des Schot-terbettes sollen folgen.

Herr Prof. Karsten Geißler von der TU Berlin erläuterte in seinem Fachvortag Konzepte zur Bewertung und Er-tüchtigung bestehender Stahl- und Verbundbrücken. Dazu schilderte er zunächst die Ausgangssituationen bei Straßen- und Eisenbahnbrücken, die sich wesentlich durch die zeitliche Entwicklung der Verkehrseinwirkungen voneinander unterscheiden. Während die aktuellen Vertikallasten aus Eisenbahnverkehr noch vergleichbar mit jenen von vor über einhundert Jahren sind, lassen sich über einen kürzeren Zeitraum massive Steigerungen der Lasten aus dem Straßenverkehr in Bezug auf ihre Häufigkeit und Höhe beobachten. Allein daraus resultieren bereits verstärkt Ermüdungsprobleme bei älteren Straßenbrücken in filigraner Stahlbauweise. Prof. Geißler erläu-terte anschließend die Vorgehensweise bei der Bewertung von Bestandsbrücken. Dazu gehören die Bestandserfas-sung, die Festlegung der zu verwendenden Normen und Verfahren für die Nachrechnung und der Nachweis der Tragsicherheit und Restnutzungsdauer. Optional können zur besseren Erfassung des Tragverhaltens Bauwerks-messungen durchgeführt werden. Mögliche Ertüchtigungsmaßnahmen stellte er anhand von zahlreichen Beispie-len vor.

Bild 10. Prof. Dr.-Ing. Josef Fink Bild 11. Prof. Dr.-Ing. Karsten Geißler

Bild 12. Prof. Dr.-Ing. Dieter Ungermann

Im abschließenden Vortrag sprach Herr Prof. Dieter Ungermann von der TU Dortmund über das Feuerverzinken als Methode des Korrosionsschutzes auch für ermüdungsbeanspruchte Bauteile im Brückenbau. Obwohl die Feu-

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erverzinkung seit langem im Stahlhochbau langlebigen und widerstandsfähigen Korrosionsschutz bietet, wird diese im Brückenbau bislang nur für untergeordnete und vorwiegend ruhend beanspruchte Bauteile angewendet. Als Grund gab Prof. Ungermann den bisher nicht ausreichend bekannten Einfluss der Feuerverzinkung auf das Ermüdungsverhalten des Stahls an. Der Ermüdungsnachweis von verzinkten Bauteilen ist in der geltenden DIN EN 1993-1-9 nicht geregelt. Das Anwendungspotential der Feuerverzinkung und die wirtschaftlichen und ökolo-gischen Vorteile über die Lebensdauer im Vergleich zu organischen Beschichtungen motivierten das FOSTA-Forschungsvorhaben P835 zur Beurteilung bemessungsrelevanter Kerbfälle für feuerverzinkte Bauteile im Brü-ckenbau. In diesem kürzlich abgeschlossenen Projekt wurden neben Untersuchungen zum Korrosionsschutz durch Feuerverzinkung im Brückenbau umfangreiche Ermüdungsversuche an feuerverzinkten Proben und Bauteilen durchgeführt. Als wesentliches Ergebnis hielt Prof. Ungermann fest, dass der Abfall der Ermüdungsfestigkeit durch die Feuerverzinkung häufig gering ist und in vielen Fällen zu keiner Erhöhung der Stahlmenge führt. So ist der Einfluss der Verzinkung bei konstruktionsbedingt bereits stärker gekerbten Bauteile häufig kaum feststellbar, während bei nicht oder schwach gekerbten Bauteilen eine Herabstufung um eine Kerbfallklasse erforderlich wird. Ausblickend wies er auf die Umsetzung der Forschungsergebnisse bei einer bereits geplanten feuerverzinkten Brücke über die Autobahn 44 in Nordhessen als Demonstrator-Bauwerk sowie ein kürzlich begonnenes For-schungsvorhaben zum Ermüdungsverhalten von Verbunddübelleisten mit Feuerverzinkung hin.

Die Teilnehmer der Fachtagung nutzten die Pausen intensiv zu vertiefenden Fachdiskussionen und zur Informati-onsbeschaffung an den Ständen ausstellender Firmen und Ingenieurdienstleister im Foyer. Sowohl die Besucher als auch die Referenten beurteilten die diesjährige Dresdner Stahlbaufachtagung wieder sehr positiv. Die interes-sante Mischung von Themen aus Wissenschaft und Praxis wurde als sehr gelungen empfunden. Die Veranstalter wollen im nächsten Jahr die Reihe der Dresdner Stahlbaufachtagungen fortsetzen und hoffen auf eine ähnlich gute Resonanz.

Dr.-Ing. Jörn Scheller (Bericht) Dipl.-Ing. Lars Sieber (Fotos) Technische Universität Dresden Institut für Stahl- und Holzbau