Upload
vivaconagua
View
217
Download
3
Embed Size (px)
DESCRIPTION
Viva con Agua - Drop! Magazin mit spannenden Infos zum Thema Wasser! Blue Uganda Projektreise, u.v.m.
Citation preview
Special
UGANDAAuf dem Weg vomTrauma zur Hoffnung
Viva con Agua - Das Magazin
PROJEKTREISE:BLU UGA
WASSER-PRIVATISIERUNG
VIVA CON AGUA
BILDUNG
EDITORIALEin Jahr ist es her, dass der letzte DROP!veröffentlicht wurde. Ein Jahr, in dem sich das Magazin komplett gewandelt hat.
Angefangen hatte alles mit einem Workshop, in dem wir das Projekt
„DROP!“ analysierten und festlegten, was besser gemacht werden sollte
und wo wir letztlich mit dem Heft hinwollten. Auf der Wunschliste standen auf
einmal Dinge wie: mehr inhaltliche Tiefe, mehr Platz und vor allem redaktionelle und
graphische Professionalisierung. In den darauffolgenden Monaten stellten wir die Organisati-
onsstruktur neu auf, machten einen genauen Plan und suchten mehr Leute für das Team. Her-
ausgekommen ist eine wunderbare Mischung aus Ehrenamtlichen, die ihr Know-how und ihre
Energie in das vorliegende Heft gesteckt haben.
Die auffälligste Änderung: das Format. Aus A5 wurde A4 und überhaupt hat das Magazin eine
cleanere Optik verpasst bekommen, wie es so schön heißt - ein modernes Layout ohne viel
Schnickschnack. Geblieben ist die bunte Vielfalt an Themen, die Viva con Agua ausmacht. Der
neue DROP! informiert nach wie vor über die Aktionen und Projekte des Viva con Agua-
Netzwerks und liefert zudem verstärkt Hintergrundinformationen: zu Themen, die im Zusam-
menhang mit Wasser und Viva con Agua interessieren und ein besseres Gesamtbild liefern. Ein
Beispiel ist der „blaue Faden“ dieser Ausgabe: Uganda.
Ein vielschichtiges Land, das sowohl von Flüchtlingsproblemen und Korruption als auch von
modernem, erfolgreichem Unternehmertum gekennzeichnet ist. Unsere Titelautorinnen Kati
Borngräber und Sünje Nicolaysen haben eine Übersicht zu dem Land am Victoriasee verfasst
und sich dabei zwischen Trauma und Hoffnung bewegt. Ihren Bericht lest ihr ab Seite 9.
Von Uganda nach Deutschland: Auch hier ist Bildung der Schlüssel zu einer positiven Entwick-
lung. Worum es bei den Bildungsprojekten von Viva con Agua geht, erfahrt ihr in dem Inter-
view mit dem Viva con Agua-Bildungsbeauftragten ab Seite 24. Auch neu an dieser Ausgabe ist
übrigens, dass sich die Leser mit der Redaktion in Verbindung setzen können. Wir freuen uns
auf Feedback zum neuen Magazin und Meinungen zu den Artikeln dieses DROP!‘s unter drop-
Herzlichst,
Euer DROP!-Team
Die aktuelle Ausgabe ist nun auch als PDF-Version erhältlich.
Der DROP! auf Abruf unter http://www.vivaconagua.org/index.htm?presse.
Bundesstraße 107 · Hamburg Eppendorf/Eimsbüttel · Telefon 040 401281 · www.kaifu-lodge.de · /kaifulodge
DEIN
WIRD HÖHERSCHLAGEN
+ 2.500 m! ab Sommer 2013
DEINE STADT. DEIN KÖRPER. DEIN CLUB.
ED
ITO
RIA
LD
RO
P!
SPENDENINFO
21 MAL DROP!Portraits unseres Teams
WIR FRAGEN EUCH …Was bedeutet Wasser für Euch?
TITELSTORY UGANDAEin Land auf dem Weg vom Trauma zur Hoffnung
ES KÖNNTEN ALLE SATT WERDENTheo Riedke von der Welthungerhilfe im Interview
VOM BECHER ZUM BRUNNENVcA zu Gast in Uganda. Ein Reisebericht
UNSER WASSER, UNSER LEBENEine Kolumne zur Wasserprivatisierung
EINE FÜLLE AN IDEENWASH-Konferenz der Welthungerhilfe
BILDUNG IST DER SCHLÜSSEL
IMPRESSUM
LASS LAUFENDemo in Berlin am Weltwassertag 2013
TERMINE
AUF EIN WASSER MIT …... dem Rapper Chaoze One
INHALT VIVA CON AGUA SAMMELT GERN SPENDEN AUF UNGE-WÖHNLICHE WEISE.
NUR EIN BEISPIEL:Vom 23. bis 25. Mai 2013 konnten sich über 40 Künstler auf
mehr als 2500 qm in der ersten sozialen Kunstgalerie in einem
Fußballstadion schöpferisch voll ausleben.
Das Besondere an der von Viva con Agua
initiierten MILLERNTOR GALLERY:
Die gesamten Einnahmen aus dem Kunstverkauf
fließen in die Wasser- und Bildungsprojekte von
Viva con Agua de Sankt Pauli e.V.!
SIE KÖNNEN NATÜRLICH AUCH AUF BEWÄHRTE UND BEQUEME ART SPENDEN. HIER ALLE WICHTIGEN INFORMATIONEN:
DeutschlandBankinstitut Hamburger SparkasseBLZ 20050550Konto 1268 135 181
InternationalSwift-Code (BIC-Code): HASPDEHHXXXIBAN-Code: DE58200505501268135181Hinweis: Unter Angabe dieser Codes ist es möglich, aus Euro-Ländern Überweisungen zu den jeweiligen
Inlands-Bankgebühren auszuführen.
Onlinevivaconagua.org/spenden ODER vivaconagua.org/foerdermitglied
SpendenquittungenUnsere Organisation ist in Deutschland von den Finanzbehörden als gemeinnützig anerkannt. Bei Spenden
bis zu 200 ! gilt der vom Kreditinstitut bestätigte Einzahlungsbeleg als Spendenquittung. Auch bei kleineren
Beträgen stellen wir gerne eine gesonderte Spendenbescheinigung aus. Zur Zusendung benötigen wir Ihre
vollständige Anschrift. Wir versichern Ihnen, dass wir Ihre Daten vertraulich behandeln und nicht an Dritte
weitergeben.
SPEN
DEN
INFO
RM
AT
ION
DR
OP
!
4
522
9
6
14
825
18
29
30
31
INH
ALT
DR
OP
!
5
24
28
21 MAL DROP!
ULRIKE JÄCKELTILMAN VON BERLEPSCH ULF FISCHER
SINA CLASEN SONJA TANNER SÜNJE NICOLAYSENPETRA RINKLAKE SANDRA VOLLBACH
KATI BORNGRÄBER LINDA GÖCKING OLE RÖNTGENJANNES VAHL
ANNE QUADFLIEG ANN-MARIE RAJDA BIRGITT FILATZEK CHRISTIAN SOBIELLA
CLAUDIA KAMPETER DANIELA SCHWABEL FRANZISKA HANSEL FRIEDERIKE LIEMANDTCHRISTIAN WIEBE
Uff, geschafft! In diesen DROP! haben viele Menschen eine Menge Energie gesteckt. Sie haben ehrenamtlich Texte geschrieben, Geschichten illustriert, am Layout gewerkelt, korrigiert – und wir sind froh über dieses brandneue Heft!
TEA
M D
RO
PD
RO
P!
6
!"!#$%&'$#()#$!"*+*'$,#'-
Auf dem Weg vom Trauma zur Hoffnung
UGANDAEs ist ein gebeuteltes Land. Flüchtlingsprobleme, Korruption und Kriege haben Uganda zuge-setzt. Doch es ist auch ein Land mit Zuversicht. Es herrscht Frieden, mit der Wirtschaft geht es aufwärts. Noch gilt es, viele Probleme zu lösen. Doch vor allem Ugandas wichtigste Res-source macht Hoffnung: seine Menschen.
Es ist ein Schauspiel von nur wenigen Minuten,
wenn die Sonne in den frühen Morgenstunden
in Uganda aufgeht. Hier in direkter Äquatornähe
legt der kreisrunde Feuerball einen steileren Weg
hin und wandert flink über den Himmel. Auch das
Klima ist durch die Nähe zum Äquator bestimmt und
vergleichsweise milde, und so wechseln sich grüne
Teeplantagen und sumpfiger, undurchdringlicher
Regenwald mit flachem Buschland und vulkanischen
Hügellandschaften ab. Eben diese landschaftliche Viel-
falt war es auch, die den britischen Premierminister
Winston Churchill faszinierte. Nach einer Reise
verlieh er in seinem 1908 erschienenen „My African
Journey“ dem im Hochland des Kontinents liegen-
den Uganda den Beinamen „Perle Afrikas“. Ein Titel,
der ein Jahrhundert später immer noch zahlreiche
Berichte und Reisereportagen ziert. Das ostafrikani-
sche Land ist reich an fruchtbaren Böden, aber fast
zwei Jahrzehnte lange Militärdiktaturen, Bürgerkriege
und anhaltende Korruption und Konflikte zwischen
ethnischen Gruppen haben deutliche Spuren hin-
terlassen. Uganda zählt zu den ökonomisch ärmsten
Ländern der Welt. Über 75 Prozent der ugandischen
Einwohner leben laut Bertelsmann Transformation
Index 2012 unterhalb der Armutsgrenze und somit
von weniger als zwei Dollar am Tag.
Der Griff nach dem Land
Das fruchtbare Land Ugandas ist kostbar und so
liegen Segen und Fluch nah beieinander, denn der
lohnende Boden ist begehrt. Mittellose Kleinbauern,
die auf wenigen Hektar großen Plantagen Süßkartof-
feln, Mais oder Maniokpflanzen anbauen, um mit dem
kleinen Erlös ihre Familie ernähren und die Kinder
zur Schule schicken zu können, werden ohne Ent-
schädigung von ihrem Land vertrieben. Entscheidet
die Regierung in Uganda, das Land an große Agrar-
konzerne und Staaten wie China oder die Golfstaa-
ten zu verpachten, müssen die Bauern Platz machen
zum Beispiel für großflächig angelegte Plantagen mit
Kaffeepflanzen. Oder es werden riesige Gewächs-
häuser errichtet, in denen Schnittblumen für den
Export in Industrieländer angebaut werden. Dieser
Griff nach dem Land, das so genannte Land Grabbing,
stellt Kleinbauern und nomadische Viehzüchter vor
ein massives Problem.In den letzten Jahren wurden
Zehntausende Menschen vertrieben. Landstücke, die
meist jahrzehntelang bewirtschaftet wurden – teils
formal abgesichert, teils durch Gewohnheitsrechte
einer Familie zugeordnet – wurden zwangsgeräumt.
Eine finanzielle Entschädigung oder alternative An-
bauflächen? Fehlanzeige!
Die Gier nach Wasser
Der Verkauf des Landes an Dritte hat einen weite-
ren lukrativen Hintergrund, denn Land Grabbing ist
„Wasser – ich trinke es gerne aus der Leitung. Weil es
hier zum Glück so sauber ist. Und weil es überhaupt da
ist. Davon können andere auf der Welt
nur träumen. Aber daran muss ich
mich auch immer wieder erinnern,
statt über den verregneten
Sommer zu jammern. Bei uns
ist es grün und fruchtbar.
Bei uns im Schreber-
garten nutze ich
das Regenwasser in
den Tonnen dafür,
unsere Pflanzen
zu gießen. Denn
Leitungswasser ist
wirklich viel zu schade
dafür.“
Gitta, 43, Hamburg
„Ich mache mir über die Qualität von Wasser Gedanken,
seit ich ein Kind habe. Hier in Leipzig ist die Qualität
des Leitungswassers angeblich sehr gut. Trotzdem kaufe
ich Mineralwasser im Supermarkt, man weiß ja nie. Ich
achte aber darauf, dass es in Glasflaschen abgefüllt ist.“
Alexandra, 33, Leipzig„Bei uns in Deutschland ist Wasser ja kein knappes
Gut, von daher mache ich mir nur Gedanken, wenn ich
durstige Menschen in Afrika im Fernsehen sehe. Dass
nicht alle auf der Welt sauberes Trinkwasser zur Verfü-
gung haben, beschämt mich dann irgendwie.“
Michael, 41, München
„Ich trinke Wasser ausschließlich aus der Leitung. Dass
man Wasser in der Flasche kaufen soll, ist doch nur
oft ein dreister Marketing-Schachzug der Industrie. Vor
kurzem war wieder zu lesen, dass auch einige bekannte
Marken einfach Wasser aus dem Hahn abfüllen und
teuer verkaufen. Wenn ich Flaschenwasser kaufe, achte
ich auf regionale Herkunft.“
Britta, 22, Hamburg
„Wasser erschreckt mich gerade ziemlich. Ich bin dabei,
Freunden zu helfen, ihre Wohnung leerzuräumen, weil
die Elbe überläuft. Wasser hat Macht! Sorry, für eine
längere Antwort hab´ ich gerade keine Zeit …“
Chris, 34, Dresden
„Ich kaufe Wasser nur in Glasflaschen. Ich wundere mich
immer an der Supermarktkasse, wie viele Leute – auch
junge! – Plastikwasser nach Hause schleppen. Bei mir
rattert es dann im Kopf: Plastik wird aus Öl gemacht,
Plastik verschmutzt die Umwelt, Plastik gelangt in Un-
mengen in die Meere. Hallo, gehts noch?“
Anne, 30, Hamburg
„Wir Deutschen sparen immer
mehr Wasser ein – dabei
haben wir genug davon.
Das geht schon so weit,
dass die Wasserwerke
dazu aufrufen, mehr
zu verbrauchen, weil
sonst die Leitungen nicht
mehr freigespült werden.
Andere verdursten und
werden krank, wir sollen es
verschwenden – das ist schon
ein bisschen krank.“
Jörn, 19, Berlin
„Ich achte eigentlich darauf, Wasser zu sparen. Beim
Duschen zum Beispiel drehe ich den Hahn zu, wenn
ich mich einseife. Andererseits gehe ich im Sommer in
meinem Garten recht verschwenderisch damit um. Das
sollte ich vielleicht mal ändern.“
Robert, 34, Köln
„Wasser ist in meinem Leben einfach unverzichtbar. Ich
bin im Sommer fast jedes Wochenende am See. Und
im Winter gehe ich drei Mal die Woche schwimmen im
Hallenbad. Das Element Wasser finde ich unglaublich!“
Michaela, 22, München
WIR FRAGEN EUCH …Kostbare Ressource oder nur etwas, das einfach aus der Leitung kommt? Der DROP! hat Menschen gefragt, was Wasser für sie bedeutet.
WIR
FR
AG
EN
EU
CH
DR
OP
!
UG
AN
DA
DR
OP
!
8 9
eng verbunden mit den wertvollen Wasserressourcen und
der Gier nach diesen. Kein Wunder, schließlich nimmt die
Verknappung von Süßwasser global zu, wenn rund 70 Prozent
des verfügbaren Süßwasservorkommens weltweit für agrarin-
dustrielle Produktion verwendet wird. Meist ist es daher nicht die
Fruchtbarkeit des Landes, um die es den Investoren geht, sondern
die mit den Landverträgen verbundenen Verfügungsrechte über
Grundwasser oder das Wasser der angrenzenden Seen oder
Flüsse. Die gesicherte Bewässerung ist für die industrielle
Landwirtschaft Voraussetzung und so wird Wasser zum In-
vestitionsobjekt. Leidtragend ist die Bevölkerung in den ländli-
chen Gebieten. Dass durch das Abpumpen des Grundwassers
wiederum den benachbarten Kleinbauern die Bewässerung
und somit ihre Lebensgrundlage entzogen wird, das wird für
die Investoren zur Nebensache.
Trinkwasser
In Uganda ist der Mangel der natürlichen Ressource Wasser
oftmals gegenwärtig, bedenkt man, dass nur 61 Prozent der
Bevölkerung Zugang zu sauberem Wasser hat. Gerade in den
ländlichen Gebieten, aber auch in den städtischen Randbezirken,
begegnet man auf den unebenen Wegen vielen Frauen und
Kindern. Wasserversorgung ist hier ihre Sache. Sie balancieren
Kanister auf dem Köpfen, bis zu 20 Kilogramm wiegt einer
der Behälter. Die Last transportieren sie von den Brunnen
kilometerweit über staubige Pisten nach Hause. Das kostet
Zeit, in der Kinder nicht die Schule besuchen und Frauen
keiner regelmäßigen Arbeit nachgehen können.
Aber der mangelhafte Zugang zu sauberem Wasser ist ein
facettenreiches Problem, das durch Water Grabbing nur noch
größer wird. Die Ursachen für die schlechte Wasserversorgung
sind zahlreich: die veraltete, manchmal bereits defekte Infra-
struktur, das enorme Bevölkerungswachstum in Städten und
Stadtrandgebieten, die Verschmutzung lokaler Wasserquellen
und der Klimawandel. Dazu kommen fehlendes Know-how und
Korruption. Unzureichend ist auch die sanitäre Versorgung,
gerade mal acht Prozent der Einwohner sind an ein Abwasse-
rentsorgungssystem angeschlossen. Die Folgen sind katast-
rophal: Jedes 15. Kind stirbt in den ersten fünf Lebensjahren
und die Lebenserwartung der Menschen in Uganda liegt
gerade mal bei 47 Jahren. Dabei wären viele Krankheiten durch
sauberes Trinkwasser und eine sanitäre Versorgung vermeidbar.
Kindersoldaten
Im Norden Ugandas sind die Spuren eines Bürgerkriegs
allgegenwärtig. 1987 trat Joseph Kony als selbsternannter
UG
AN
DA
DR
OP
!
UG
AN
DA
DR
OP
!
10 11
UGANDA - ZAHLEN & FAKTEN
GEOGRAFIE Binnenstaat in Ostafrika
FLÄCHE 241.551 km! (davon 41. 743 km! Binnengewässer)
HAUPTSTADT Kampala (1,723 Mio. Einwohner)
BEVÖLKERUNG 36, 824 Mio. Einwohner
SPRACHE Amtssprachen Englisch und Suaheli
STAATSFORM Republik (Präsidial-System)
RELIGION überwiegend Christen (ca. 45 % katholisch, ca. 35 %
anglikanisch – Church of Uganda), ca. 10 % Muslime
WELTHUNGER-INDEX Index 16,1 – ernste Lage
WIRTSCHAFT Hauptexportgüter: Kaffee, Fisch und Erdölprodukte
BIP PRO KOPF 1.419 US-$
(Quellen: Auswärtiges Amt, Munzinger – Länder aktuell, Februar 2013, Ugan-da Bureau of Statistics (UBOS))
Führer der Lord’s Resistance Army (LRA) in einen
Krieg gegen die Regierung unter Präsident Yowe-
ri Museveni. Konys Ziel war die Errichtung eines
christlich-fundamentalistischen Gottesstaates,
aufgebaut auf den zehn Geboten der ethnischen
Gruppe der Acholi aus Norduganda. „Ich werde
durch den Heiligen Geist zu Museveni sprechen,
nicht durch das Telefon“, so Kony.
Er und seine Anhänger gingen brutal gegen die
Bevölkerung vor: Sie misshandelten, vergewaltigten,
töteten und entführten Erwachsene und Kinder.
Die Liste der Gräueltaten ist lang. Da die Rebel-
lengruppe kaum Rückhalt in der Bevölkerung fand,
zwangsrekrutierte sie Kindersoldaten, ihrer Mei-
nung nach leichter zu formen als Erwachsene. Nach
Angaben von Human Rights Watch wurden schät-
zungsweise 30.000 Kinder ihren Familien entrissen.
Das unbeschreibliche Vorgehen der LRA trieb etwa
zwei Millionen Menschen in die Flucht, sie mussten
ihre Dörfer verlassen und in Camps für Vertriebene
ziehen.
20 Jahre dauerte der Krieg, dem im Norden Ugandas
unzählige Menschen zum Opfer fielen. Erst 2007 han-
delten die Parteien einen Friedensvertrag aus, der
aber bis heute von Joseph Kony nicht unterzeichnet
wurde. Trotz der ergebnislosen Friedensverhandlun-
gen zog sich die LRA aus Uganda zurück. Der Inter-
nationale Strafgerichtshof in Den Haag erließ bereits
2005 gegen den Rebellenführer und fünf seiner
Kommandanten Haftbefehle, unter anderem wegen
des Verdachts auf Verbrechen gegen die Menschlich-
keit. Der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan
erklärte, dass „diese Haftbefehle weltweit klarstellen,
dass die Urheber solcher Verbrechen zur Verant-
wortung gezogen werden“. Heute ist Kony auf der
Flucht und seine Rebellentruppen terrorisieren auch
in Ugandas Nachbarländern, dem Südsudan, in der
Zentralafrikanischen Republik und in der Demokrati-
schen Republik Kongo die Zivilbevölkerung.
Es ist also ein brüchiger Frieden, aber es ist Ruhe
eingekehrt. Zurück bleiben das Trauma und die ver-
loren gegangene Kultur. Mittlerweile sind die Vertrie-
benen in ihre Siedlungen heimgekehrt. Die Kinder
und Jugendlichen, die nach jahrelanger Gefangen-
schaft bei der LRA in ihre Dörfer zurückkommen,
sind traumatisiert. Es sind Kinder, die andere Kinder
töten mussten, und es sind Mädchen, die von den
Soldaten über Jahre als Sexsklavinnen gehalten und
geschwängert wurden, um Nachwuchs zu produzie-
ren. Teenager-Mädchen, die mit ihren ungewollten
Kindern in das Dorfleben zurückkehren müssen. Und
vielen Heimkehrern bleiben nicht nur die Erinnerun-
gen an die Grausamkeiten, die ihnen angetan wurden,
sondern auch jene Erinnerungen an das, was sie
unter Drohungen anderen antun mussten.
Schwierig ist es für Familien und Dorfbewohner, die
zurückgekehrten Kindersoldaten wieder aufzuneh-
men. Sie wurden gekidnappt, ihren Familien entrissen
und verschleppt, um andere Menschen zu töten und
zu peinigen. Soll man die Gräueltaten verurteilen oder
den Heimkehrern verzeihen? Versöhnung, Akzeptanz
und die Rückkehr in den Alltag sind die großen Her-
ausforderungen.
Das Erbe des Bürgerkriegs wird noch lange bestehen,
die verloren gegangene Kultur der Vertriebenen und
die Trauma-Bewältigung der Kindersoldaten werden
zur Herausforderung. Aber es gibt viele hoffnungsvolle
Zeichen in Uganda, und es sind auch die vielen kleinen
und großen, nationalen und internationalen Hilfspro-
jekte, die eine Entwicklung des Landes voranbringen:
Viva con Agua unterstützt wichtige Wasserprojekte
der Welthungerhilfe. Die international tätige Or-
ganisation World Vision betreibt in Nord-Uganda
Rehabilitationszentren für ehemalige Kindersolda-
ten, um ihnen nicht nur Zuflucht zu bieten, sondern
den Traumatisierten auch bei der Verarbeitung des
Erlebten beizustehen. Der Verein Schenke eine Ziege
e.V., sammelt Spenden, die ugandischen Kleinbauern
den Aufbau einer Ziegenzucht ermöglichen. Und da
ist auch das soziale Unternehmen Solar Sister, das
die Bevölkerung mit Solarlampen versorgt, um teure
und giftige Kerosinlampen zu ersetzen. Es sind viele
wegweisende Projekte, die Hoffnung auf eine bessere
Zukunft in Uganda machen.
Weitere Infos zu den Organisationen unter
www.schenke-eine-ziege.de
www.solarsister.org
www.worldvision.de
DIE NACHTPENDLER
Dass der Konflikt überwiegend auf dem Rücken der
Kinder ausgetragen wurde, zeigen auch die Erinne-
rungen an die so genannten Night Commuters, die
Nachtpendler. Um dem Risiko der drohenden Über-
griffe durch die Rebellen während des Bürgerkriegs
zu entgehen, wanderten über Jahre mit Beginn der
Dämmerung zehntausende Kinder Abend für Abend aus
den umliegenden Dörfern in Städte wie Gulu, Kitgum
oder Kalongo. Wer eine besaß, nahm eine Decke zum
Schlafen unter den Arm, und so liefen die Kinder den
kilometerlangen Weg, da ihnen die eigenen Eltern und
Familien in den Hütten keine Sicherheit mehr geben
konnten. In den Stadtzentren suchten die Nachtpend-
ler einen (verhältnismäßig) sicheren Schlafplatz in
Notunterkünften, Kirchen oder öffentlichen Gebäuden,
um der Gefahr nächtlicher Entführungen durch die LRA
zu entkommen. Mit aufgehender Sonne ging es dann
die lange Strecke wieder zurück in die Dörfer, um zur
Schule zu gehen oder der Familie bei der Feldarbeit
helfen zu können.
KONY 2012
Es sind unvergessene Bilder. Bilder bewaffneter Kin-
dersoldaten, Bilder von Erwachsenen und Kindern mit
entstellten Gesichtern, Menschen, denen durch die Re-
bellen Verstümmelungen zugefügt wurden, deren Ohren,
Lippen und Nasen fehlen. Es sind Bilder hunderter, dicht
an dicht schlafender Kinder, die als Night Commuters
nächtliche Zuflucht in einem überfüllten Lager suchen.
Und da ist der Satz des ehemaligen Kindersoldaten
Jacob, den man nicht mehr vergisst: „Ich wäre lieber tot
als auf dieser Welt." Vor einem Jahr bestimmte das Video
der amerikanischen Organisation Invisible Children den
virtuellen Austausch der Netzgemeinde. Das halbstündi-
ge Video „Kony 2012“, das die Gräueltaten der LRA und
die Leiden der Kindersoldaten schilderte, wurde rasant
via Facebook, Youtube und Twitter verbreitet. Der Clip
ging unter die Haut, rüttelte wach und richtete die Bli-
cke in Richtung Ostafrika. Plötzlich war der Rebellenfüh-
rer Joseph Kony aus Uganda in aller Munde, Tausende
forderten seine Ergreifung. Heute sind es knapp 100
Millionen Aufrufe, doch bis heute konnte Kony nicht
gefasst werden.
Was bleibt, sind die emotionalen Bilder aus dem Film,
aber auch kritische Fragen nach der Aktualität und der
stark vereinfachten Darstellung der Situation in Uganda
– war der Bürgerkrieg zum Zeitpunkt der Veröffentli-
chung doch bereits seit Jahren beendet, die Darstellung
des Konfliktes in Uganda im Video nur einseitig. Auch
Kritik an der Verwendung von Spendengeldern wurde
laut: Geld, das vom Unternehmen Invisible Children in
große Marketingkampagnen gesteckt wurde und nie bei
Hilfsprojekten in Uganda ankam.
KORRUPTION
Uganda gehört zu den korruptesten Ländern
Afrikas. Immer wieder neu aufgedeckte Korrup-
tionsfälle in großem Stil schüren nicht nur die
Frustration der Bevölkerung über die Politik der
Regierung, auch die wirtschaftliche Entwicklung
des Landes wird stark gehemmt. Aufgrund gras-
sierender Korruption haben nach der UN-Nach-
richtenagentur IRIN internationale Geber 2012
zugesagte Entwicklungshilfe-Mittel von mindes-
tens 260 Millionen US-Dollar zurückgehalten.
UG
AN
DA
DR
OP
!
UG
AN
DA
DR
OP
!
12 13
In verzwickten Fällen ist Theo Riedke der richti-
ge Mann vor Ort. Und manchmal ist er eine Art
Weltenerklärer. So wie kürzlich. Da musste er den
irritierten Ugandern versichern, dass die Sache mit
dem Totenkopf-Logo schon in Ordnung geht. Diese
Deutschen seien halt „Fußballfanatics“. Fussballver-
rückte? Ach so, na gut, das gibt’s in Uganda auch.
Mehr als über den FC St. Pauli weiß Riedke aber
über Entwicklungszusammenarbeit, Wasser und
Brunnenbau. Seit über 25 Jahren arbeitet der 59-Jäh-
rige für die Welthungerhilfe. Er war in Afghanistan, im
Sudan und im Jemen. Seit dreieinhalb Jahren arbeitet
er in seinem Traumjob: Als Koordinator der Region
„Große Seen“ bereist er Uganda, Ruanda und Bu-
rundi. DROP! hat Theo Riedke gefragt: Uganda und
Entwicklungszusammenarbeit – wie geht das und wie
sinnvoll ist das überhaupt?
Herr Riedke, beschreiben Sie doch mal, was Sie an
Uganda fasziniert?
Uganda ist unwahrscheinlich schön und ein Land mit
einer faszinierenden Geschichte. Die erste Frau, die
vor der UN-Vollversammlung eine Rede halten durf-
te, war die Außenministerin von Idi Amin! Der lange
Bürgerkrieg, der Wiederaufbau – das hat das Land
zu einem spannenden Ort in Ostafrika gemacht. Und
die Gesellschaft ist sehr offen. Als Ausländer ist man
gern gesehen, man kommt schnell in Kontakt. Uganda
hat ein hohes Potenzial: die Ölfunde, die Landwirt-
schaft und natürlich der Nil.
Uganda ist ein sehr wasser-
reiches Land. Trotzdem gibt
es viele Gegenden, in denen
die Menschen keinen Zugang
zu Trinkwasser haben.
Sie sagen es schon: 2009 wur-
den große Öl- und Gasvorkommen
entdeckt. Die Wirtschaft prosperiert.
Warum zählt Uganda trotzdem zu den
ärmsten Ländern der Erde?
Man darf nicht vergessen, der Bürger-
krieg ist erst seit 1986 zu Ende. Danach
hat Uganda im Norden unter den Kony-
Rebellen sehr gelitten. Ruhe und Sicherheit
gibt es erst seit 2006. Bis dahin haben die
Menschen in Flüchtlings-camps und Wehr-
Camps gelebt, nachts von der Armee bewacht.
2007 sind die Menschen in ihre Dörfer zurückge-
kehrt. Aber die sozialen Strukturen wie Kranken-
häuser, Schulen und die Trinkwasserversorgung sind
total zusammengebrochen. Prosperierend ist vor
allem der Süden. Eigentlich ist Uganda dreigeteilt: Da
ist das Post-Bürgerkriegsgebiet im Norden, wo sich
Viva con Agua engagiert. Dann gibt es den florieren-
INT
ER
VIE
WD
RO
P!
Vor Ort
„ES KÖNNTEN ALLESATT WERDEN“Theo Riedke ist als Auslandsmitarbeiter der Welthungerhilfe Auge, Ohr und Stimme von Viva
con Agua in Uganda. Im Interview spricht er über die Fehler der Politik bei der Entwicklungs-
zusammenarbeit und wie Afrika es schaffen kann, sich selbst zu helfen.
DAS INTERVIEW FÜHRTE BIRGITT FILATZEK
14 15
den Süden/Westen. Der Osten ist dagegen Halbwüs-
te und völlig abgeschottet. Da wurde bis vor zwei
Jahren noch Nahrungsmittel-Nothilfe verteilt.
Entwicklungszusammenarbeit steht immer wieder in der
Kritik. In Deutschland hat der Film „Süßes Gift“ fatale
Beispiele aus Afrika dokumentiert. In Kenia fordert der
Ökonom James Shikwati, die Hilfe sofort einzustellen.
Sonst komme Afrika niemals auf die Beine. Machen wir
alles falsch?
Ich habe ein Problem mit so einem Argument. Afrika
ist kein Land, sondern ein Kontinent mit sehr unter-
schiedlichen Problemen im Set-up. Wer sagt, wir soll-
ten die Entwicklungszusammenarbeit einstellen, muss
auch mit Lösungsmöglichkeiten aufwarten.Natürlich
wurden in der Vergangenheit viele Fehler gemacht.
Da wurden etwa Potentaten aus politischen Grün-
den unterstützt. Auch das Argument von der Neh-
mermentalität ist sicherlich richtig. Aber wer fordert,
dass alle NGOs abziehen, muss auch sagen, wie er
das Gesundheitssystem zum Beispiel für Malaria-
oder HIV-Kranke aufrecht erhalten will. Wir fordern
bei unserer Arbeit einen konkreten Eigenbeitrag der
Bevölkerung ein, entweder beim
Brunnenbau oder
beim Ma-
te-
rial. Und später bei Unterhalt und Verwaltung. Wir
stellen nicht einfach einen Brunnen hin, und wenn
der kaputt ist, kommt die Welthungerhilfe und repa-
riert. Außerdem bohren wir nur auf Grundstücken,
die für alle frei zugänglich sind. Also nicht neben der
Kirche oder im Hinterhof des Bürgermeisters.
Im Film wird auch gezeigt, wie mit Entwicklungshilfegeld
in Wahrheit deutsche Firmen subventioniert werden. Wir
geben das Geld und verkaufen die benötigte Technik
gleich mit.
Bei uns wird die Technik von lokalen Privatunter-
nehmern geliefert, die dann auch die technische
Überwachung übernehmen. Die Pumpen werden auf
der ganzen Welt verwendet. Sie stammen aus Indien
und werden von der UNO propagiert. Das hat einen
Grund: Es gibt dafür einen Ersatzteilmarkt. Das heißt,
der Brunnentechniker, den wir ausbilden, kann die
Ersatzteile im Laden um die Ecke kaufen. Wir haben
die Absicht, uns überflüssig zu machen. Die Welthun-
gerhilfe hat gerade ihr 50-jähriges Jubiläum gefei-
ert. Und wir haben gesagt: Nochmal 50 Jahre
muss es uns nicht geben. Was die Entwicklung
Afrikas viel mehr behindert als unsere Ar-
beit, ist die Abschottung der europäischen
Märkte oder die Subventionierung von
EU-Agrarexporten.
Sie meinen unsere Art der Wirtschaft. Jean Ziegler,
der ehemalige UNO-Sonderberichterstatter für das
Recht auf Nahrung, nennt sie „Raubtierkapitalis-
mus“. Er sagt: „Es kommt nicht darauf an, den
Menschen in der Dritten Welt mehr zu geben,
sondern ihnen weniger zu stehlen“.
Ich bin ein großer Fan von Jean Ziegler
(lacht). Auch von Stéphane Hessel. Sein
Buch „Empört Euch!“ habe ich letztes Jahr
gleich meinen Kindern gekauft und gesagt:
Lest das mal!
Wenn Sie nur einen Punkt nennen dürften: Was
muss als erstes gestoppt werden? Das Land
Grabbing durch multinationale Konzerne, die Bör-
senspekulation auf Grundnahrungsmittel, Bio-Sprit
oder die EU-Subventionen?
Alles zusammen. Das Problem ist unser Wachstum-
sideal. Solange Banken wie die Deutsche Bank noch
gute Gründe für die Spekulation auf Nahrungsmittel fin-
den und behaupten, dass dies auch den kleinen Bauern
helfe, solange wir so einen Quatsch glauben, passiert
nicht so richtig was. Nur: Mit Vorschlägen zum Verzicht
auf Profit bekommen sie als Politiker keine Stimmen.
Darum fehlt der politische Wille, etwas zu ändern. Wir
bräuchten einen Marshallplan, bei dem sich alle der Be-
kämpfung des Hungers verschreiben. Wenn ich lese, dass
in den entwickelten Ländern 50 Prozent der Lebensmit-
tel verschwendet werden und sehe, dass im südlichen
Afrika 40 Prozent der Ernte anschließend verloren geht,
also etwa durch falsche Lagerung, dann weiß ich: Es
könnten alle satt werden!
Herr Riedke, vielen Dank!
BUCHVERLOSUNG
Unter allen, die sich weiter ins Thema einle-
sen wollen, verlost DROP! jeweils ein Exem-
plar von Theo Riedkes Lieblingsbüchern. Die
Hamburger Buchhandlung „Lesesaal“ un-
terstützt uns dabei und stiftet Jean Zieglers
neuestes Buch „Wir lassen sie verhungern“
sowie Stéphane Hessels kleines Lesebänd-
chen „Empört Euch!“. Wir bedanken uns
sehr herzlich beim „Lesesaal“. Teilnahme:
Schreibt bis zum 30. September 2013 eine
E-Mail mit dem Betreff „Gewinnspiel“ an
[email protected] (Rechts-
weg ausgeschlossen). Kaufen kann man die
Bücher natürlich auch beim www.lesesaal-
hamburg.de. Viel Glück!
WHH-MITARBEITERIN BRENDA APLO
WHH-MITARBEITER - ISAAC AYENA
„Wir bräuchten einen Mar-shallplan, bei dem sich alle
der Bekämpfung des Hungers verschreiben.“
INT
ER
VIE
WD
RO
P!
1716
Krasse Eindrücke! Unglaublich, die Gastfreundschaft
der Menschen! Uganda ist ein so wunderschönes
Land – Worte, die man häufig von den Teilnehmern
der Projektreise hört. Rapper wie Marteria waren
mit dabei, Maeckes von der Hip-Hop-Gruppe Or-
sons, der Fotograf Paul Ripke, Streetartler Achtern
von Los Piratoz, das Duo strassenkoeter, alles
Künstler, die vor Ort erfahren durften, warum
sie für Viva con Agua sprayen, fotografieren
oder sich auf den Bühnen der Festivals mit
Pfandbechern bewerfen lassen. „Es ging
bei der Reise auch darum, den Kreis-
lauf aufzuzeigen vom Pfandbecher bis
hin zu den Brunnenbauten in den
Projektgebieten“, erklärt Marcel
Eger, der zusammen mit Michael
Fritz als Vertreter von VcA in
Uganda war.
Wie Kunst die Tür für die
gute Sache öffnen kann,
konnte die Truppe gleich
am ersten Abend feststellen.
Trotz 13-stündiger Anreise
marschierte man schnurstracks
zum größten Club der Stadt – und
hat für vier Bier und freien Eintritt
an einer freien Wand der Diskothek
mit Streetartkunst für VcA geworben.
„Da haben wir gemerkt: Mit Theater, Fußball
oder eben Kunst kommt man ganz schnell in Kon-
takt mit den Leuten, selbst wenn Sprache und Kultur
noch so unterschiedlich sind.“
Doch wieso eigentlich Brunnen in Uganda? Bei der
Ankunft in Kampala erschien dem Team das Land
sehr grün, es fragte sich, wie es sein kann, dass nicht
genügend sauberes Wasser für alle da ist? Die Fahrt
in das Projektgebiet im Norden beantwortete diese
Frage. Hier ist es trocken. Extrem trocken. Speicher
für Wasser gibt es nicht, der Zugang zu sauberem
Trinkwasser ist sehr schwierig, es gibt zudem keine
sanitären Anlagen.
Erste Station war ein Ort, an dem schon Brunnen
errichtet worden sind. Für die Künstler wie auch
das Fernsehteam von ZDFkultur, das die Reise
dokumentierte, war das „ein Flash, der tief ging“, so
einer der TV-Leute. Weil der Empfang der Menschen
so herzlich war. Weil die Totenkopffahne aus dem
Vorjahr von den Bewohnern gehisst wurde. Weil die
VcA-Gruppe mit Musik, Tanz und Gesang begrüßt
wurde. „Wir haben uns gleich in die Menge
gestürzt und mitgemacht.“ Es
wirkt vielleicht wie ein
Klischee, die lachenden
Kinder und ausge-
lassenen Menschen.
Doch das lässt sich
nicht inszenieren:
„Die Lebensfreu-
de und Herz-
lichkeit der
Menschen war
einfach über-
wältigend“,
erinnert sich
Michael Fritz.
Später, im großen
Kreis mit Dorfbe-
wohnern, ging es um
den Sinn hinter der Reise.
Mitarbeiter der Welthunger-
hilfe, Organisatoren der Reise,
zeichneten die Gespräche auf und stellten den Ablauf
sicher. Erst sprach der Dorfälteste über die Erfah-
rungen mit dem Brunnen, dann wurden die aktuellen
und künftigen Projekte vorgestellt.
Nach dem offiziellen Teil gab es eine Theaterauffüh-
rung von den Menschen aus dem Dorf, die deutschen
Rapper haben freestyle gerappt und das Team wurde
zum Essen eingeladen. Es gab Reis Posho – landes-
typischen Maisbrei mit Gemüse, für manchen Euro-
päer hat es „sehr interessant geschmeckt.“ Interes-
sant waren auch große Eimer mit einer Flüssigkeit,
Eine bunte Truppe aus Musikern, Streetartkünstlern und Vertretern von Viva con Agua reiste im Februar nach Uganda. Sie besuchten Ortschaften mit fertiggestellten Brunnen, rappten mit den Einheimischen und stellten sogar ein kleines Festival auf die Beine. Ein Reisebericht.
Ungewöhnliche Dreharbeiten auf dem Autodach: Paul Ripke (in Rückansicht) dreht mit deutschen und ugandischen Rappern das BLUE UGANDA Musikvideo. Kleines Bild rechts: Der langjährige VcA-Unterstützer Marteria.
BLU
UG
AD
RO
P!
19
PROJEKTREISE UGANDA VOM BECHER ZUM BRUNNEN
18
AUFGEZEICHNET VON CHRISTIAN SOBIELLA
in der undefinierbare Brocken herumschwammen.
Ob es stimmt, dass die Dorfälteste reinspuckte,
damit der Gärungsprozess Fahrt aufnimmt, konnte
das VcA-Team nicht herausfinden. Doch das Bier à la
Uganda hat allen geschmeckt. Und auch die Wirkung
des Alkohols nach einem ganzen Tag in der Sonne
war durchaus wohltuend ...
Es folgte der Höhepunkt der Reise: Der Konzert-
abend vor dem Goethe-Institut in Kampala. Schon
tagsüber gestalteten Achtern und strassenkoeter
einen Container, die Rapper nahmen im Studio mit
ugandischen Musikern einen Song für Viva con Agua
auf. Im Container zeigte eine kleine Ausstellung die
Arbeit der Gesellschaft für Internationale Zusam-
menarbeit und Viva con Agua in Bildern und Texten.
Am Ende besuchten 400 Menschen Ausstellung und
Konzert. Und tanzten zum Sprechgesang der verei-
nigten Rapper aus Uganda und Deutschland.
Den Abschluss der Reise – wie kann es anders
sein – bildete ein Fußballspiel, um für Viva con Agua
zu werben. Das VcA-Team trat gegen die Kampala-
Allstars an, eine Mannschaft aus Journalisten vor Ort.
Sie sollen in Zukunft die Idee hinter VcA im Land
verbreiten. Und sie zeigten sich gastfreundlich wie
alle Menschen im Land: Deutschland siegte gegen
Uganda 5 : 3. „Wir haben den ersten Sieg in einem
Freundschaftsspiel auf afrikanischem Boden eingefah-
ren“, freut sich Marcel Eger. Gewonnen haben sie auf
der Reise noch viel mehr...
Durch Viva con Agua-Spenden ermöglicht: Brunnen in Odonoyere. Seit 2010 unterstützt VcA Wasserprojekte im Norden Ugandas. Damit wird für mehr als 200.000 Menschen der Zugang zu saube-rem Trinkwasser langfristig sichergestellt.Bild rechts: Backstreets of Kampala
20 21
Wie oft am Tag drehen wir einen Wasserhahn
auf? Wie oft bedienen wir uns des kühlen
Nass? Wir tun es immerzu und wie selbstverständ-
lich. Das Leitungswasser in Deutschland ist günstig
und fast überall von sehr guter Qualität. Wenn wir
am Wasserhahn drehen, müssen wir uns keine Ge-
danken machen, ob sich daran etwas ändern könnte.
Oder doch? Was passiert zurzeit mit unserer Was-
serversorgung in der EU- und Deutschland-Politik?
Und was bedeutet diese Politik für uns?
Es ist Zeit, einen Blick auf die Wasserversorgung zu
werfen. In Deutschland ist die Wasserversorgung
eine Pflichtaufgabe der öffentlichen Hand, die auf
kommunaler Ebene verortet ist. Dabei ist es den
Kommunen freigestellt, verschiedene Organisations-
und Rechtsformen zur Erfüllung dieser Aufgabe zu
nutzen. Seit den 1990er Jahren wird die öffentliche
Wasserversorgung zunehmend – unter Beibehal-
tung der Kommunalaufsicht – privatisiert. Dabei gibt
es verschiedene Modelle: Kommunen können sich
entscheiden, ihre öffentlichen Wasserbetriebe oder
Stadtwerke teilweise oder ganz zu verkaufen oder
aber die Dienstleistung der öffentlichen Wasserver-
sorgung per Konzession an öffentliche oder private
Dritte abzugeben.
Mit diesen Schritten erhofften sich Kommunen
effizientere Betriebe, steigende Qualität und schnel-
le Einnahmen, um ihre Haushalte auszugleichen. In
Deutschland funktioniert dieses System. Mehr als 40
Prozent der über 6.200 (2011) Betriebe und Un-
ternehmen in Deutschland im Bereich der Wasser-
versorgung sind heute privatrechtlich organisiert.
Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Wasser-
versorger existieren gleichberechtigt unter kommu-
naler Aufsicht. Jeder Bürger hat jederzeit Zugang zu
einwandfreiem Trinkwasser.
Doch die Hoffnung auf eine qualitativ hochwerti-
ge und günstigere Wasserversorgung mit privaten
Anbietern hat sich im europäischen Ausland nicht
überall erfüllt. Versagt die Kontrolle der privaten
Wasserdienstleister durch die Behörden, geht das
schnell zu Lasten der Kunden.
In Portugal stiegen die Preise nach der Privatisie-
rung in wenigen Jahren um 400 Prozent, während
die Qualität abnahm. In England, das seine gesamte
Wasser-Infrastruktur privatisiert hat, kommt es
immer wieder zu Lecks in den Leitungen. Aufgrund
dieser Erfahrungen findet auch in Deutschland, oft
auf Druck von Bürgerinitiativen hin, eine verstärkte
Rekommunalisierung der Wasserversorgung statt.
Zum Beispiel hat die Stadt Berlin die Absicht, den
Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe an Veolia
und RWE rückgängig zu machen. Paris und andere
französische Städte haben die Wasserversorgung
bereits wieder in staatliche Hände genommen, nach-
dem die Preise unter Beteiligung von Privaten stark
gestiegen waren.
Die EU-Kommission beabsichtigt nun unter der Fe-
derführung des französischen Binnenmarktkommis-
sars Michel Barnier durch die „Europäische Richtli-
nie zur Konzessionsvergabe“ europaweit einheitliche
Regeln zu schaffen, wann und wie Konzessionen
zukünftig ausgeschrieben werden müssen. Was be-
deutet das für unsere Wasserversorgung?
Kommunen, die sich dazu entscheiden, ihre Wasser-
versorgung an Dritte abzugeben, haben sich bei der
Ausschreibung an eine europaweit einheitliche Re-
gelung zu halten. Bislang ist es den Kommunen selbst
überlassen, wie und an wen sie die Konzession ver-
geben. Dieser Prozess soll nun europaweit einheit-
lich gestaltet werden. Und transparent. Einen Zwang
zur Privatisierung stellt die EU-Richtlinie nicht dar.
Wohl aber eine Umstellung auf ein europäisches
UNSER WASSER,UNSER LEBEN EIN KOMMENTAR
VON ANN-MARIE RAJDA
Die genaue Beurteilung der 98-seitigen Richtlinie
der EU-Kommission im Hinblick auf den juristischen
Inhalt und ihre praktischen Auswirkungen auf die
Lebenswirklichkeit aller EU-Bürgerinnen und Bürger
ist nicht einfach, berührt sie doch komplexe Themen
unseres politischen und wirtschaftlichen Systems.
Entsprechend hohe Wellen schlägt die Debatte. Die
bisher geäußerten Meinungen zu der EU-Richtlinie
reichen von „Antikorruptions-Bemühungen gegen
national-kommunalen Klüngel“ bis hin zum „Privati-
sierungszwangs-Gesetz“, mit dem wir bald nur noch
teure, braune Brühe aus unseren Wasserleitungen
begrüßen dürfen.
Die Kampagne www.right2water.eu hat bisher un-
glaubliche 1,4 Millionen Unterschriften gesammelt
und ist auf dem besten Weg, die erste erfolgreiche
Bürgerinitiative auf EU-Ebene zu werden.
Tritt die EU-Richtlinie in Kraft, werden die kom-
munalen Verwaltungen in Deutschland gefragt sein,
sie umzusetzen und klug, das heißt im Sinne der
deutschen Wasserverbraucher, zu gestalten. Um
diesen Prozess sicherzustellen, sind zum einen fähige
Kommunalpolitiker und Verwaltungsangestellte
gefragt, welche ihr juristisches Handwerk verstehen
als auch ihr politisches Wirken in den Dienst der
Daseinsvorsorge ihrer Wählerinnen und Wähler in
Bezug auf Wasser stellen. Eine selbstbewusste und
handlungssichere Kommunalaufsicht gegenüber Drit-
ten ist Voraussetzung für den Schritt, die öffentliche
Wasserversorgung an Private abzugeben. So hat es
sich bisher in Deutschland verhalten und so soll es
auch weiterhin sein.
Zum anderen sind wir selbst herausgefordert, offen
zu sein und unsere eigene Verantwortung zu verste-
hen und zu leben. Zum Beispiel die Machterteilung
durch unsere Stimme bei der Kommunalwahl nicht
zu unterschätzen! Wen wähle ich da eigentlich? Bin
ich weiterhin einverstanden mit ihm oder ihr?
Gehe ich überhaupt zur Wahl?
Wer in einer ‚Die da oben, wir hier unten‘-Mentali-
tät verharrt und sich durch eine ‚meine Stimme hat
eh keinen Einfluss‘-Einstellung davor immunisiert,
den eigenen Gestaltungsspielraum anzuerkennen,
der stilisiert sich in einer Opferideologie, aus der
es mit gesundem
Menschenverstand
kein Entrinnen gibt.
Lieblingsargument ge-
gen politische Mündigkeit
lautet: „Das ist naiv!“
Es ist naiv zu glauben, dass
Unternehmen aus dem Bereich
der Wasserversorgung KEINE knallharten wirt-
schaftlichen Interessen hätten, wenn sie versuchen
im europäischen Ausland Marktanteile zu gewinnen.
Tatsache ist aber auch, dass die Kommunen nicht
in die Privatisierung unserer Wasserversorgung
gezwungen werden!
Es liegt an uns, Einfluss auf unsere Politik zu neh-
men, damit diese in erster Linie uns dient und nicht
allein wirtschaftlichen Interessen. Ganz besonders,
wenn es um ein so wertvolles Gut wie Wasser geht,
welches eine so wichtige Rolle in unserer Daseins-
vorsorge spielt!
Du bist der Tropfen! Es ist Dein Leben, Deine Dusche,
Dein Glas Wasser, das Deinen Durst löscht. Lass es Dir
nicht aus der Hand nehmen. Scheißegal war gestern!
NEU: DROP!-LESERBRIEFE
SAG UNS DEINE MEINUNG!
Die Redaktion behält sich Kürzungen
vor. Bitte gebt Namen und Anschrift an.
!
KO
MM
EN
TA
RD
RO
P!
KO
MM
EN
TA
RD
RO
P!
22 23
Ich hatte die große Ehre, zur ersten regionalen
WASH-Konferenz der Welthungerhilfe für Afrika in
Addis Abeba eingeladen zu sein. Addis Abeba ist die
Hauptstadt Äthiopiens und wird auch „Hauptstadt
Afrikas“ genannt, da die Afrikanische Union hier
ihren Sitz hat.
Planen für dauerhaften Erfolg
Auf der WASH-Konferenz erlebte ich Experten, die
täglich vor der Herausforderung stehen, praktische
Lösungen für Projekte in der Trinkwasserversorgung,
Abwasserentsorgung oder für Hygieneschulungen zu
finden. Über 20 Auslandsmitarbeiter der Welthunger-
hilfe aus neun afrikanischen Ländern präsentierten
Projekte aus ihren Ländern, die zu dem Konferenz-
Motto passten: „Planning for Permanence“.
Die Präsentation von Jowola Diggs aus Liberia war
ein gutes Beispiel dafür. Zusammengefasst lässt sich
sagen: Der Schlüssel zu einem erfolgreichen und
nachhaltigen Projekt ist Bewusstseinsschärfung,
Erwerb von Know-how und regelmäßiges Training in
der Gemeinschaft zur praktischen Umsetzung des
Erlernten. Das ist noch viel wichtiger als die „Hard-
ware“, die im Rahmen eines Entwicklungsprojekts
natürlich auch gebaut wird
Kreative Kampagnen für Hygiene
In dem Fall aus Liberia handelte es sich um den Bau
von Brunnen mit Handpumpen und vor allem Hand-
wascheinrichtungen mit Seifenspendern. Auf den
ersten Blick also ein ganz klassisches WASH-Projekt.
Was mein Herz höher schlagen ließ, war die Fülle
an Ideen für Hygiene-Aufklärungskampagnen. Zum
Beispiel die WASH FOCUS GROUPS. Sie bestehen
aus „Wanderpredigern“, die in kleinen Gruppen von
Haus zu Haus gehen, die Bewohner über die richtige
Art des Händewaschens informieren und darüber
Filme machen. Diese werden bei Events wie lokalen
„Movie Nights“ gezeigt. Im besten Fall dienen sie
als unterhaltsame Lehrfilme. So werden nach und
nach immer mehr Einwohner des Projektgebiets zu
Hygiene-Lehrern.
Oder auch die YOUTH HYGIENE GROUPS: In Schu-
len gründen sich Hygieneclubs, die Wasserqualität
im Unterricht testen, Zeichen- und Malwettbewerbe
zum Thema veranstalten oder Theaterstücke auffüh-
ren. Des Weiteren wird Hygiene in Schülerzeitungen
besprochen und es gibt Disco-Music von „WASH-
Radio“, eigenen Radioprogrammen der Schulen, die
sich Hymnen geben wie „Wash, wash, wash my hands
/ Make them nice and clean. Rub the bottoms, and
the tops / And fingers in between.“
Ich war sehr angetan vom Ideenreichtum der prä-
sentierten Projekte und freute mich, dass mit den
vorgestellten Methoden sicher sehr viele Menschen
erreicht werden und somit zur Verbesserung ihrer
Lebensumstände beitragen. Die nächste WASH-Kon-
ferenz wird aller Voraussicht nach 2015 stattfinden.
Viva con Agua freut sich schon jetzt darauf, wieder
Teil dieses besonderen Welthungerhilfe-Spirits zu
sein!
Christian Wiebe ist bei Viva con Agua Bereichsleiter Wasserprojekte. Er berichtet von der regionalen WASH-Konferenz der Welthungerhilfe, die im April in Afrika stattfand.
BER
ICH
T A
US
AD
DIS
AB
EB
EB
AD
RO
P!
24
BERICHT AUS ADDIS ABEBA EINE FÜLLE AN IDEEN
Sebastian, warum ist Bildung so wichtig für VcA?
Für viele steht die Arbeit von Viva con Agua für
Pfandbecher, Festivals, Musiker und andere Künstler.
Aber VcA setzt bewusst einen Schwerpunkt seiner
Tätigkeiten in dem Bereich Bildungsprojekte. Bildung
ist der Schlüssel, um bei den Erwachsenen von mor-
gen schon heute ein verantwortungsvolleres globales
Bewusstsein anzuregen. Bei den Jugendlichen sollten
wir ansetzen, um die Gesellschaft nachhaltig positiv
zu gestalten.
Wie können wir das erreichen? Wenn ein Schüler
Viva con Agua begegnet, soll er mit mehr Verständnis
für die sozialen und globalen Themen dieser Zeit aus
dieser Begegnung gehen. Sowie der Erkenntnis, dass
jeder Einzelne die Entwicklung positiv beeinflussen
kann. Wir wollen den Schülern nicht nur globale Pro-
BILDUNG IST DER SCHLÜSSEL
bleme und Ungerechtigkeiten aufzeigen, sondern sie
in den Veränderungsprozess miteinbeziehen. Ihnen
Möglichkeiten an die Hand geben, auf einfache und
schöne Weise aktiv zu werden. Sie sollen motiviert
werden, zu einer langfristigen Veränderung beizu-
tragen, indem man ihnen zeigt, wie einfach es sein
kann zu helfen. Und dass jeder etwas tun kann. Es
ist für uns entscheidend, dass jegliche Kooperation
mit einer Schule kein Diktat von oben ist, sondern
die Schüler sowohl bei der Entscheidung über eine
Zusammenarbeit als auch bei deren Gestaltung ein
Mitspracherecht haben.
Was bedeutet das? VcA ist es wichtig, bei der
Bildungsarbeit neue Wege zu gehen. Wir begegnen
Jugendlichen auf Augenhöhe und wollen konkrete
Hilfe erlebbar machen und mit Spaß und Leichtigkeit
Bildung – was für ein großes Wort. Was für eine Aufgabe. Für einige eine Lebensaufgabe: DROP! sprach mit Sebastian Bensmann, dem Bereichsleiter Bildungsprojekte von Viva con Agua, über den Satzungszweck des Vereins und das neue Free-Teacher-Konzept.
BIL
DU
NG
IST
DER
SC
HLÜ
SSEL
DR
OP
!
25
DAS INTERVIEW FÜHRTEN ULRIKE JÄCKEL UND JANNES VAHL
vermitteln. Wir wissen auch nicht alles, wir wollen
aber gemeinsam die richtigen Fragen stellen und uns
Antworten erarbeiten. Es ist uns daran gelegen, Part-
nerschaften nachhaltig zu gestalten. Zum Beispiel mit
Modulen, die auf mehrere Schuljahre angelegt sind.
Wir wollen den Schülern über einen längeren Zeit-
raum vermitteln, was Sie erreichen können und auch
im Nachhinein Ergebnisse aus Aktionen präsentieren.
Bestenfalls sind alle Ebenen der Schule involviert und
stehen der Kooperation positiv gegenüber, also auch
Schulleitung, Lehrerkollegium, Schülervertretung und
Schülerschaft.
Du bist der Tropfen! Wie viele Tropfen kümmern sich
bei VcA um den Bereich Bildung? Neben Hauke und
mir arbeiten wir bundesweit mit rund 120 freien und
ehrenamtlichen Helfer/ -innen. Was wir da machen
ist eine Lebenseinstellung. Da zählen die einzelnen
Stunden nicht. Es ist einfach toll, dass das komplette
Netzwerk wächst und mit dem Netzwerk die Mo-
tivation, immer weiter zu gehen. Insgesamt hat VcA
mittlerweile circa 3.000 Unterstützer.
Wo kann man denn etwas von euch lernen? Das ist
das Gute an unserem System: Jeder kann mitmachen.
VcA bietet Vorträge an Kitas, Schulen und Univer-
sitäten an. Manche Schulen sind seit sieben Jahren
dabei, wie in Hamburg das Gymnasium Kaiser-Fried-
rich-Ufer, die Grundschule Hoheluft, die Bismarck-
schule Elmshorn, die Stadtteilschule Harburg und
das Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium. Die Lüneburger
Leuphana-Universität hat derzeit ein drei Semester
langes Projekt. Die Schulen kommen teilweise schon
mit konkreten Ideen auf VcA zu, andere haben allge-
meine Anfragen nach Informationen und Workshops.
VcA hat mit Free Teacher ein neues Konzept ent-
wickelt. Wie sieht das aus? Neben sechs weiteren
Methoden (siehe Infokasten rechts) ist das Free-
Teacher-Konzept eine Ausbildung für volljährige Un-
terstützer von Viva con Agua. Durch die Ausbildung
soll eine deutschlandweite, dezentrale und autonome
Umsetzung des Bildungskonzeptes von Viva con
Agua im ehrenamtlichen Rahmen ermöglicht werden.
Momentan können wir aufgrund mangelnder per-
soneller Kapazität nur 30 Prozent der von Schulen
und Schülern gestarteten Anfragen bearbeiten und
durchführen.
INFOKASTEN HOW TO DO BILDUNG:
DER VORTRAG kann in verschiedenen Formen, Größen und Lokalitäten stattfinden.VcA-Vertreter zeigen auf, in welchem Rahmen die Schüler an der eigenen Schule aktiv werden können.
DER WORKSHOP beschäftigt sich mit den Themen des VcA-Inhaltskonzeptes. Jugendliche erarbeiten sich die Themen unter Anleitung der Referenten so selbstständig wie möglich. Eine zusätzliche Fotoausstellung besteht aus einem Spektrum von Motiven aus den VcA-Projektge-bieten. Sie dient vor allem der Sensibilisierung der Schüler vor einer größeren gemeinsamen Aktivität.
DER FILMABEND zeigt Dokumentationen über die Projektreisen von VcA in Afrika, Latein-amerika und Asien. Durch das Aufstellen einer VcA-Pfandtonne haben Schüler und Lehrer die Möglichkeit, ihre PET- Flaschen für sauberes Trinkwasser zu spenden.
Beim SPONSORED WALK laufen die Schüler, die Lehrer reichen ihnen Wasser gegen den Durst. Am Ende hat die gesamte Schule einen Betrag für sauberes Trinkwasser erlaufen.
”Hierzulande läuft das Wasser, wenn am Hahn gedreht wird – sauber, frisch und in schier endlosen Mengen. Andere Länder kennen diesen Luxus nicht.Trinkwasser ist in vielen Ländern ein knappes Gut, schwer zugänglich, teuer oder aufgrund von Ver-schmutzungen ungenießbar.“
Benjamin Adrion, Initiator Viva con Agua de Sankt Pauli
Die Bereichsleiter
Bildungsprojekte
Sebastian Bensmann (30, Diplom im Fachbereich So-
zialwesen) ist seit Anfang 2007 ehrenamtlicher Helfer,
seit Oktober 2007 ein festes Mitglied im Brunnenbüro
in Hamburg. 2008 ist er Bereichsleiter Bildungsprojekte
geworden. Neben dem Sozialwesen hat er Erziehungs-
wissenschaften, Psychologie und Soziologie studiert.
Hauke Schremmer (27, Magister in Sportwissenschaf-
ten) ist seit 2008 ehrenamtlicher Helfer. Er war bei VcA
in Kiel und Organisator des Tramprennens. Seit dem 1.
April 2013 ist er Vollzeit mit an Bord als Bereichsleiter
Bildungsprojekte in Hamburg.
Ansprechpartner:
Sebastian Bensmann
Viva con Agua de Sankt Pauli e.V.
Neuer Kamp 32
20357 Hamburg
Mail: [email protected]
Info: http://vivaconagua.org/index.htm?bildung
Wie kann man sich die Ausbildung vorstel-
len? Wir bilden Free Teacher Junior und
Senior aus. Der „Junior“ absolviert drei
Module, der „Senior“ aufbauend auf den
dreien nochmals zwei. Diese Module sind der
Grundlagen-Workshop, das Online-Learning
und ein Praxistest, der „Senior“ macht noch
einen Vertiefungs- und einen Transformations-
Workshop, damit er zukünftig Junioren ausbil-
den darf.
Was sind die Inhalte von diesen Modulen?
Der Grundlagen-Workshop bespricht die Basics,
Ziele und Werte der Viva con Agua-Bildungsarbeit
und vermittelt Basiswissen in Methodik und Di-
daktik und in der Kommunikation mit Lehrern und
Schülern. Beim Online-Learning eignet man sich
an der Hand eines hauptamtlichen Mitarbeiters
Grundlagenwissen aus unserem VcA-Intranet an.
Im Vertiefungs-Workshop geht es um konkretes
inhaltliches Wissen, Evaluierung, Kommunikations-
mechanismen,Teamführung und Ehrenamtsma-
nagement. Im Transformations- Workshop geht
es darum, dem ausgebildeten „Senior“ die nötige
Fachkompetenz zu vermitteln, um neue Junioren
auszubilden.
Und die Praxistests? Da steht einem natürlich ein
Ausbilder zur Seite.
Haben wir noch etwas Wichtiges vergessen?
Bevor zum Beispiel eine Schule Geld für ein Was-
serprojekt spendet, gibt es immer erst einen allge-
meinen Aufklärungsworkshop zum Thema Wasser,
Bildung und VcA. Außerdem ist es zweitrangig, ob
eine Schule aus einem finanziell besser gestellten
Stadtteil 5000 Euro oder eine Schule aus einem
sozial schwächeren Stadtteil 500 Euro spendet.
Das Engagement wird jedem gleich gedankt.Wie
schon gesagt: Du bist der Tropfen!
Was ist Deine Hauptmotivation, weshalb Du im
Bildungsbereich tätig geworden bist?
Ein Vortrag in einer Aula vor 900 Schülern kann
dir mehr Motivation geben als drei Wochen
Urlaub. Es gibt nichts Emotionaleres, als zu sehen,
wie begeistert die Kids dabei sind.
2726
BIL
DU
NG
IST
DER
SC
HLÜ
SSEL
DR
OP
!
BIL
DU
NG
IST
DER
SC
HLÜ
SSEL
DR
OP
!
AZ_drop_VS_210x148,5+3mm.indd 1 11.06.13 17:24
Ein kalter, trotziger Freitagnachmittag in Berlin. Ein
paar Dutzend Gestalten mit Winterjacken und Ther-
moskannen tummeln sich am S-Bahnhof Friedrich-
straße und warten gespannt. Aus allen Richtungen
trudeln Banner, Fahnen, Schilder und ihre Träger ein.
Voller Wiedersehensfreude fallen sich die aus ganz
Deutschland und sogar der Schweiz Angereisten um
den Hals. Alle sind mit dem einen Ziel gekommen:
„Wasser für Alle – Alle für Wasser“. Es dauert nicht
lange, da ertönt das Megaphon und die Versammlung
wird offiziell eröffnet: „Wir sind heute hier,
um ein Zeichen zu setzen, für die Was-
serproblematik weltweit.“
783 Millionen Menschen ohne
Zugang zu sauberem Trinkwasser.
2,5 Milliarden Menschen ohne
sanitäre Grundversorgung. Ganze
Landstriche, denen Konzerne oder
Staaten das Wasser weggrabschen,
ohne Rücksicht auf Menschenrechte.
Privatisierung der Wasserversorgung mit den
damit verbundenen Auswirkungen auf den Preis und
die Qualität droht in Europa. Fakten, die dazu führen,
dass verschiedene Akteure und Menschen ein Bünd-
nis schließen, um sich gemeinsam für die wichtigste
aller Ressourcen einzusetzen. Gemeinsam mit der
German Toilet Organisation, UNICEF und Ingenieure
ohne Grenzen hat Viva con Agua zur Demonstration
„LassLaufen“ aufgerufen. Auch Mitglieder von Ver.di
und dem Berliner Wassertisch sind vor Ort.
Nachdem der Zug sich in Bewegung gesetzt hat,
strömen von überall her Kleingruppen, die sich der
Demonstration anschließen.
Den ganzen Tag über haben in Berlin und der Welt
Aktionen zum Thema Wasser stattgefunden.
So haben zum Beispiel im Labyrinth Kindermuse-
um Berlin mittels ästhetisch-kultureller Bildung
viele kleine „Nachwuchs-Tropfen“ Schilder für den
„Erwachsenen-Umzug“ gebastelt. Spürt man auf
der Friedrichstraße noch etwas Zögern,
ist spätestens in Kreuzberg das Eis
gebrochen. Solidaritätsbekundungen
für und von dem Refugee-Camp am
Oranienplatz und den mittlerweile
dazu gestoßenen Trommlern brin-
gen den blauen Mob in Stimmung.
Der Hall der Megaphone in den Häu-
serschluchten wird immer lauter und
weiter getragen. Mit euphorisch grinsen-
den Gesichtern läuft der Zug auf den Platz der
Abschlusskundgebung. Die zwei bronzenen Admiräle
auf einer Sanduhr in der Mitte des Platzes erinnern
daran, dass das dunkle Kapitel der Kolonialzeit schon
eine Weile her ist. Die Demonstrierenden darunter
zeigen, dass es mit der Gerechtigkeit aber wohl noch
eine Weile dauert.
DER BLAUE MOB
LASS LAUFEN!Am Weltwassertag im März demonstrierten mehrere hundert Aktivisten von Viva con Agua zusammen mit Partner-
organisationen aus dem deutschen WASH-Netzwerk. Ihre Forderungen beim Marsch durch die Berliner
Innenstadt: Das Menschenrecht auf Wasser muss umgesetzt und Water Grabbing verboten werden.
IMPRESSUM
DROP! Das Magazin von Viva con Agua.
Viva con Agua ist ein international tätiges Netzwerk.
Ziel der Organisation ist es, die Versorgung mit sauberem
Trinkwasser und sanitären Anlagen in Entwicklungslän-
dern nachhaltig zu verbessern.
HERAUSGEBER Viva con Agua de Sankt Pauli e.V.
Vereinsregister: VR 19145 / Neuer Kamp 32 20357
Hamburg / Tel: +49 (0) 40 41 26 09 15
V.i.S.d.P. Christian Wiebe
Chefredakteurin: Daniela Schwabel
Redaktion / Anzeigen / Vertrieb: Christian Wiebe, Linda
Göcking, Friederike Liemandt, Birgitt Filatzek, Tilman von
Berlepsch, Ulrike Jäckel, Jannes Vahl, Ulf Fischer,
Christian Sobiella, Ann-Marie Rajda, Anne Weyrauch,
Sina Clasen, Petra Rinklake, Claudia Kampeter,
Kati Borngräber, Michael Ruf, Philipp Bensmann, Sünje
Nicolaysen und Ole Röntgen
Gestaltung: Franziska Hansel, Sandra Vollbach und
Sonja Tanner / Illustrationen: Anne Quadflieg
Wir danken Aveda, fritz-kola, KAIFU-LODGE, der Buch-
handlung Lesesaal und Viva con Agua Wasser GmbH für
ihre Unterstützung!
Wir danken folgenden Fotografen: Michael Fritz, Robin
Janosch, Miriam Böttner, mittenimwald, Paul Ripke, Re-
belzer, Robert Gensch, Tanja Djordjevic und der Welthun-
gerhilfe für die wunderbaren Bilder!
29
IMP
RESS
UM
DR
OP
!
LA
SS L
AU
FEN
DR
OP
!
AUTOR TILMAN VON BERLEPSCH
11. Juli, 20:15 Uhr und 21:15 Uhr: BLUE UGANDA auf ZDFkultur. An diesem Abend wird Fernseh-
geschichte geschrieben, denn erstmals wurde eine komplette Wasserprojektreise von VcA – im Februar dieses Jahres
nach Uganda – von einem ZDF-Team begleitet. Herausgekommen sind satte 120 Minuten Dokumentation, verteilt auf
zwei Folgen. Im ersten Teil wird der Fokus auf das Thema „Wasser“ gelegt und exemplarisch der Weg von der Becher-
spende bis ins Projektgebiet nach Uganda gezeigt. Der zweite Teil steht dann unter dem Motto „Freestyle in Kampala“:
Die Reiseteilnehmer Marteria und Maeckes luden gemeinsam mit den einheimischen Musikern Abramz und Sylvester in
der Hauptstadt Kampala zum Viva con Agua-Konzert, garniert mit Kunstausstellungen von Los Piratoz und strassenkoe-
ter. Viva con Agua entert die Primetime – unbedingt einschalten!
16. - 30. August: Tramprennen Jeden Sommer geht es für etwa zwei Wochen raus auf die Straße. In sechs
Etappen reisen die Teams bestehend aus zwei bis drei Personen gut 2500 Kilometer durch Europa zum gemeinsamen
Zielpunkt. Im Vorfeld sucht sich jedes Team Sponsoren, die für jeden getrampten Kilometer einen bestimmtem Betrag
an Viva con Agua spenden. Im vergangenen Jahr lautete das gemeinsame Ziel Rumänien. Wo geht die Reise 2013 hin?
Mehr Infos zur Route und Teilnahme unter tramprennen.org
8. - 11. Oktober: Budapest Water Summit In Ungarns Hauptstadt treffen sich Vertreter der UN-
Mitgliedsstaaten, UN-Organisationen sowie Wirtschafts- und Sozialpartner, um Ziele und Leitlinien für die dringlichsten
Themen der globalen Wasserwirtschaft auszuarbeiten. Neben Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung geht es
um Nachhaltigkeitsziele zum Thema Wasser, internationale Wasserkooperationen und neue, innovative Wassertechnolo-
gien. Und das Beste: Viva con Agua ist auch eingeladen!
19. November: World Toilet Day Dieser von der World Toilet Organisation ins Leben gerufene Tag ruft
mit Unterstützung der Vereinten Nationen, diverser Prominenter, bewusst provokanten Slogans wie „I give a shit,
do you?“ und zahlreichen Aktionen rund um den Globus den Leuten die Tatsache ins Gedächtnis, dass heutzutage im-
mer noch über 2,5 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberen und sicheren Toiletten haben.
///////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////
TERMINENeben der Festivalsaison und dem Ziel, einen neuen Pfandbechersammelrekord aufzustellen,
gibt es das ganze Jahr über zahlreiche weitere wichtige Termine und Aktionen rund um das
Thema WASH (Water Sanitation Hygiene) – hier eine kleine Auswahl:
Jan, für den WASSERMARSCH! 2008 warst du das
erste Mal mit Viva con Agua unterwegs. Wie wur-
dest du damals auf die Aktion aufmerksam? Als ich
von der Wassermarsch-Aktion hörte, hab ich mich
einfach in den Zug gesetzt und in Offenbach nach
dem hölzernen Lastenfahrrad Aus-
schau gehalten. Ich bin dann
bis Ludwigsburg mitgelaufen
und hab mir das Benefiz-
Fußballspiel in Stuttgart an-
gesehen. Ich war unglaublich
beeindruckt von der Art,
wie Sensibilität für das Thema
geschaffen wurde, ohne auf die
Tränendrüse zu drücken.
Du spielst nicht nur bei VcA-Konzerten, sondern
warst auch Teilnehmer der ersten Projektreise 2011
nach Uganda. Wie hast du den Einsatz vor Ort er-
lebt? Für mich war es neben der Chance, die Arbeit
von VcA anzuschauen, eine spannende Möglichkeit,
ein fremdes Land mal auf eine andere Weise ken-
nenzulernen. Diese Einblicke hätte ich als Tourist
nie bekommen. Auch wenn das jetzt hoch gegriffen
klingt: Viva con Agua hat mich als Mensch im Laufe
der Jahre verändert. Ich war oft eher resigniert über
die ungerechten Zustände in der Welt. VcA hat mir
gezeigt, wie ich Dinge bewegen und mir über kleins-
te Fortschritte ein Loch in den Bauch freuen kann.
Als Musiker bist du viel unterwegs, hauptberuflich
arbeitest du als Logopäde. Wie schaffst du es, beides
zu vereinbaren? Das ist alles ein Ding der Betrach-
tung. Ich glaube der Mensch sehnt sich nach sinn-
voller Beschäftigung, von daher bin ich sowohl mit
meinem Job als Logopäden als auch als Musiker sehr
zufrieden. Die Kinder, mit denen ich mehrheitlich
arbeite, erwarten, dass ich authentisch bin und zu-
AUF EIN WASSER MIT...
CHAOZE ONE
verlässig. Das erdet auf jeden Fall ein gutes Stück. Und
für den Ausgleich, den Rock ‘n‘ Roll, setz ich mich dann
am Wochenende ins Auto und fahre kreuz und quer
durch die Lande, um Musik zu machen.
2012 bist du einen Marathon ge-
laufen, um damit Spenden für
Viva con Agua zu sammeln.
Unterstützen dich Freunde und
Familie bei solchen Aktionen?
Klar, viele meiner Freunde und
meine Familie haben mich krass
unterstützt, als ich trainiert habe.
Mein Ziel war, einen Brunnen zu
finanzieren. Dafür habe ich in den sozi-
alen Netzwerken gefragt, wer mich unterstützt
und konnte so fast 4000 Euro sammeln. Ich war
echt überwältigt!
Seit Februar bist du offiziell Fördermitglied von VcA.
Warum hast du dich erst jetzt registriert?
Das hab ich mich auch gefragt. Ich fürchte, es ist immer
untergegangen und irgendwann war ich der Meinung,
ich sei schon ein Mitglied. Dabei sind Fördermitglied-
schaften eine tolle Sache: Sie finanzieren direkt die Ver-
einsarbeit. Weil diese Kosten damit fast gedeckt sind,
müssen von jedem gespendeten Euro für VcA nur 6
Cent als Verwaltungsanteil abgezwackt werden. Das ist
ein verschwindend kleiner Betrag im Vergleich zu vielen
anderen Hilfsorganisationen. Das meiste Geld geht also
direkt in die Projekte.
Wie sehen deine persönlichen Zukunftspläne aus? In
den letzten Monaten ist die Musik ein bisschen kurz
gekommen. Ich habe aber Inspiration für neue Songs
gesammelt. Worin das alles münden wird? Sicher ist,
dass es bald etwas Neues von mir geben wird.
Das Interview führte Linda Göcking.
Der Musiker und Rapper Chaoze One ist schon seit 2008 für VcA aktiv. Unter seinem bürgerlichen Namen Jan Hertel engagiert er sich auch als VcA-Fördermitglied. Längst überfällig also, den Mannheimer einmal auf ein Wasser zu treffen.
„AUCH WENN DAS JETZT VIELLEICHT HOCH GEGRIFFEN KLINGT: VIVA VON AGUA HAT
MICH ALS MENSCH IM LAUFE DER JAHRE VERÄNDERT!“ A
UF
EIN
WA
SSER
MIT
DR
OP
!
3130